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King of my Castle

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Kapitel: 5/6
 

Disclaimer: Alle handelnden Personen gehören nur sich selbst – ich habe sie mir nur für die Geschichte ausgeborgt x)
 


 

King of my Castle
 


 

Kapitel 5
 

Uruha. Er war der erste, der am morgen erwachte und sich langsam aufrappelte. Seine Augen wollten sich gar nicht richtig öffnen und drohten immer wieder zuzufallen. Wie spät es wohl war? Sein Blick glitt über die drei anderen Bewohner des eigentlichen Esszimmers: jeder lag in einer anderen Ecke und Atsushi war weit von ihnen weggerutscht. Umso näher lagen die beiden anderen beieinander.
 

Irgendwie muss man das hier ja durchstehen und sich trösten - sagte Uruha sich und stand auf. Er brauchte dringend eine Dusche und musste aus diesem stickigen Raum heraus. Angst hatte er schon lange nicht mehr - wenn er erwischt werden würde, würde er vielleicht bei Ruki landen. Er sehnte sich nach ihm und seinen kleinen divenhaften Allüren, die ihn sonst ab und an in den Wahnsinn trieben. Das Gefühl jemanden zu vermissen war wirklich ein schmerzliches.
 

Nun schlich er aus dem Zimmer und zu seinem im Westflügel, in dem er freilich mit Ruki zusammen genächtigt hatte, bevor er ihm entrissen worden war. Was genau geschehen war wusste Uruha nicht und es fraß ihn fast auf, dass er so einen tiefen Schlaf hatte. Und dann war er am nächsten Morgen aufgewacht - allein. Das hatte es schon ein paar Jahre nicht mehr gegeben und ihm war gleich klar gewesen, das etwas nicht stimmte. Uruhas persönlicher Verdacht war schnell auf Atsushi gefallen, doch als auch dessen Sohn verschwand, musste er sich etwas anderes einfallen lassen. War es vielleicht jemand ganz anderes, den sie bislang noch gar nicht kannten? Oder steckten Yuuki und Kazuki unter einer Decke? Und selbst wenn es so war: mit welchem Grund würden sie es tun? Außerdem war in der Nacht nichts passiert und auch die beiden schliefen selig. Wahrscheinlich war das alles eine böse Verschwörung - oder er wurde gewaltig aufs Kreuz gelegt.
 

Uruha betrat den hellen Duschraum und zog sich rasch aus. Gerade ging er in den hinteren Teil des Raumes und wollte das Wasser aufdrehen, als er sich beobachtet fühlte. Hektisch fuhr er herum. Sein Blick suchte die detaillierte Inneneinrichtung ab, aber da war nichts. Er schluckte seine langsam aufsteigende Panik hinunter und versuchte sich selbst zu beruhigen. Gerade wollte er sich noch glaubhaft machen, dass es ihm nichts ausmachen würde, wenn er der nächste wäre. Im Praktischen sah das natürlich wieder einmal etwas anderes aus.
 

Ganz ruhig, Uruha. Wer soll denn hier schon sein? - Manchmal sollte es ja helfen, wenn man sich selbst gut zuredete, aber gerade als er sich wieder umdrehen wollte, sah er aus dem Augenwinkel heraus, wie ein dunkler Schatten an der Tür vorbeihuschte. Halluzinierte er? Nein! Er war sich ganz sicher: da war jemand!
 

»Hallo? Ist da jemand?«, rief er und zog die Stirn in kriegerische Falten. Er würde sich schon zu wehren wissen, wenn er jetzt, an helllichten Tage angegriffen werden würde. Mit ihm würde dieser perverse Täter sicher nicht so leichtes Spiel haben! Rasch glitt Uruhas Blick über die Gegenstände des Zimmers und was er im Notfall als Waffe verwenden konnte. Das Inventar bestand eigentlich nur aus leichten, unbedrohlichen Sachen - Handtücher und kleine Dekoration. Aber da - in der Ecke stand ein Besen. Der würde schon hilfreich sein, obwohl die Vorstellung, wie er mit einem Besen hinter wem auch immer her rannte und ihm Prügel androhte, reichlich grotesk war.
 

Schnell zog Uruha sich wieder Shorts und Jeans an und griff nach dem Besen. Trau dich du Missgeburt - fluchte er in Gedanken und pirschte sich an die Tür heran. Würde dort jemand auf ihn warten und ihm vielleicht gleich etwas über den Kopf ziehen? Uruhas Herz klopfte nervös und er schluckte hart, doch als er die Tür erreichte vernahm er nur rasche, sich entfernende Schritte. Der Täter floh!
 

»Bleib stehen du Bastard!« Ohne nachzudenken hetzte Uruha ihm hinterher. Wenn es sein musste würde er ihn durch das ganze Haus jagen, bis er mit seinen Kräften am Ende war. Uruha selbst war gut durchtrainiert und würde sicher nicht so schnell schlapp machen, aber sein Ziel war wirklich flink und war schneller auf und davon, als Uruha es für möglich gehalten hatte. Auf dem Ostflügel verlor er ihn und sein Ziel flüchtete über die Terrasse in die tiefen Wälder. Mehr als ein dunkler Schatten war es aber nicht - zu dumm aber auch!
 

»Verdammt!«, schrie Uruha und warf den Besen in die nächste Ecke, wo er laut polternd zu Boden ging. Wer war dieses kleine Miststück und warum rannte er davon, statt auch ihn zu überwältigen? Anscheinend war er wirklich ein Feigling - aber immerhin war Uruha so wieder vollkommen bei Verstand und sein Kummer vorerst nicht mehr vorherrschend in seinem Kopf.
 

»Was ist denn hier los?« Eine Stimme hinter ihm ließ ihn kurz zusammen zucken. Die anderen kamen herbei geeilt und sahen ihn fragend und etwas misstrauisch an.
 

»Ich hab ihn verloren«, sagte Uruha und verschränkte die Arme vor der stolzen, wenn auch nackten Brust. Ein wenig cool schien er sich schon vorzukommen, schließlich war er nicht erwischt worden und noch immer auf freiem Fuß. Was war das nur für ein Täter der davon lief? Was steckte dahinter?
 

»Was ist denn passiert?« Kazuki klang ganz aufgeregt und sah ihn mit seinen eigentlich so hübschen, dunklen Augen forschend an.
 

»Ich wollte duschen, als diese hirnrissige Kreatur auf mich losgehen wollte. Ich habe ihn in der Tür gesehen und bin ihm hinterher gerannt.« Seine Schultern zuckten gleichgültig, aber ihm wurde durchaus bewusst, dass er sich in größere Gefahr gebracht hatte als jemals zuvor. »Wer auch immer es ist scheint es nicht mit mir aufnehmen zu wollen. Und er ist verdammt flink - ich habe ihn vom Bad bis hierher verloren und er ist über die Terrasse getürmt.«
 

»Wer war es?«, fragte Atsushi und trat an ihn heran. Seine Augen sahen ein klein wenig wahnsinnig aus und er schnaubte böse, als Uruha wieder nur die Schultern hoch zucken ließ. Zornig wandte er sich ab.
 

»Ich habe nur einen Schatten gesehen und gehört, wie er davongelaufen ist. Vielleicht ist er ja ein Feigling und traut sich nur an andere heran, wenn sie ihn nicht bemerken.« Besonders Kazuki nickte und konnte sich das offenbar gut vorstellen. Zumindest passte das zu seinen Gedanken gegenüber Jin. Sicher war es nicht so einfach es von Angesicht zu Angesicht mit ihm aufzunehmen. Wahrscheinlich war auch er hinterrücks überrumpelt und niedergestreckt worden und um das alles zu vertuschen hatte der Täter die Bodenmatte umgedreht. Durchaus ergab das Sinn. In Luft aufgelöst konnte sich das Opfer aber dennoch nicht.
 

»Du hättest nicht allein gehen sollen«, mischte Yuuki sich ein. Sein starrer Blick lag auf Uruha, der sogleich die Augen verdrehte und die Hände in die nackten Seiten stützte - er trug ja noch immer kein Oberteil.
 

»Klar - das nächste Mal sag ich dir bescheid wenn jemand auf mich losgeht«, meinte Uruha deutlich ironisch. »Ich kann doch auf mich selbst aufpassen, Dad«, zog er Yuuki auf und rollte mit den großen, dunklen Augen. »Wenn ich ihn erwischt hätte könnten wir es jetzt aus ihm herausprügeln, wo die anderen sind.« Er schlug die Faust in die andere Handfläche. Eigentlich wirkte er alles andere als gewalttätig, aber Verzweiflung trieb wohl auch ihn zu ungewöhnlichen Handlungen. Niemand in der Runde wäre überhaupt auf die Idee gekommen, dass ausgerechnet Uruha sich einer Hetzjagd hingab und jetzt so euphorisch reagierte.
 

»Oder wir wären nur noch zu dritt«, sagte Yuuki trocken und drehte sich um. Sein Interesse war schon wieder eingeschlafen und er wollte gehen. Uruha sah ihm nach und erhob dann endlich wieder die Stimme.
 

»Ich werde die Polizei holen.« Er sah zu Atsushi und Kazuki. »Mir reicht es schon lange und scheinbar werden wir allein nicht mit ihm fertig. Ich ziehe los und hole Hilfe - sonst haben wir wirklich verspielt.« Die Idee war durchaus eine gute und Kazuki fragte sich, warum sie nicht schon früher darauf gekommen waren. Genauso gut hätten Byou und Manabu darauf kommen können, doch von ihnen gab es bisher auch kein Lebenszeichen.
 

»Zu Fuß wirst du ewig unterwegs sein«, moserte Yuuki noch aus der Ferne, aber das überhörte Uruha geschickt. Mit den beiden anderen ging er zu seinem Zimmer und zog sich ein paar frische Sachen an. Hoch motiviert schien er ja zu sein. Zur Vorsicht nahm er auch sein Handy mit. Vielleicht würde er ja endlich Empfang haben, wenn er ein Stück von dem Anwesen und dem Wald entfernt wäre. Kurz besprach er sich noch mit Kazuki und versicherte ihm, dass er sich so sehr beeilen würde wie es nur ging. Es würde alles gut gehen, nicht wahr? Er, Yuuki und Atsushi mussten nur die Stellung halten und aufpassen, dass ihnen nichts passierte. Das konnte doch gar nicht so schwer sein, oder?
 

~*~
 

Schließlich ging Uruha wirklich und machte sich eilig auf den Weg, um Hilfe zu holen. Wahrscheinlich war sein Tempo aber eher darin zu ergründen, dass der Himmel sich immer mehr zuzog und eine bedrohlich dunkle Färbung angenommen hatte. Das Wetter passte wirklich perfekt zur Stimmung und drückte diese mit jedem weiteren Grollen noch weiter in den Keller. Bestimmt würde es bald regnen und ein fürchterliches Unwetter geben. Im Moment konnte man an der Farbe des Himmels nicht mal die Tageszeit erkennen. Es sah eher so aus als würde die Nacht hereinbrechen, dabei war es noch nicht einmal ganz Mittag. Normalerweise mochte Kazuki es, wenn es gewitterte. Es war einfach unglaublich gemütlich - solange man im Haus, am besten in seiner gemütlichen Wohnung war. Dann fehlte nur noch ein heißer Tee zum Glück - und vielleicht ein Mann, an den man sich kuscheln konnte. Leider hatte Kazuki im Moment nichts davon in Aussicht. Zwar war Yuuki anwesend, aber an gemütliche Kuschelstunden durften sie gerade nicht denken.
 

Kaum war Uruha verschwunden, sorgte Kazuki sich ein wenig um ihn und verschränkte die Arme nachdenklich vor der Brust. Hoffentlich ging das gut… aber eigentlich war er ja erwachsen genug und würde schon wissen was er tat. So viel Vertrauen musste er wohl einfach aufbringen. Damit würde er wenigstens das Ende dieses Albtraums auslösen. Kazuki sehnte sich so nach seinem Zuhause und seiner kleinen, heilen Welt und er erkannte, dass sein Leben bisher recht unproblematisch verlaufen war - wenn man einmal von seinem Pech in der Liebe absah, aber das ging immerhin vielen, wenn nicht sogar den meisten so.
 

Und dann wollte auch Atsushi die Runde plötzlich verlassen. Er sagte, dass er seine Ruhe brauchte und ein wenig Zeit mit sich allein verbringen müsse. Selbst seine freundliche und höfliche Art hatte klein bei gegeben und war jetzt eher zynisch und selbstbesessen. Er wirkte gebrochen und schien keinerlei Hoffnungen zu hegen, dass Taa noch am Leben war - wahrscheinlich war er sich auch selbst vollkommen egal. Es gefiel Kazuki nicht, dass sich noch jemand absonderte, aber darin hindern konnte er ihn freilich nicht und musste mit ansehen, wie er einen der langen Gänge nahm und wahrscheinlich in seinem Schlafzimmer verschwand.
 

So trat er mit Yuuki den Weg zurück zum Esszimmer an und er folgte dem Blonden, als er in die Küche ging und die Besteckkästen aufzog.
 

»Was tust du da?«, fragte der Rothaarige und lehnte sich in den Türrahmen. Skeptisch war eine seiner schmalen Brauen in die Höhe gewandert.
 

»Wir sollten uns irgendwie verteidigen können, meinst du nicht?« Er sah Kazuki mit einem leichten Grinsen an und versuchte bei ihm eine abscheuliche Gänsehaut. Verteidigen? Kazuki sollte sich mit einem Messer gegen diesen kranken Täter behaupten? »Aber irgendjemand hat vorgesorgt.« Kazuki trat näher zu ihm und sah, dass die Kästen beinahe leer waren. Ein paar im Moment unnütze Dinge lagen noch darin wie Flaschenöffner und ein paar Holzlöffel - nicht gerade überzeugend oder bedrohlich. Yuuki schien davon aber nicht wirklich verunsichert zu sein. Stattdessen nahm er Kazuki mit zu seinem Zimmer und holte einen länglichen Gegenstand heraus, der mit Stoff verpackt worden war. Schnell entfernte er diesen und zum Vorschein kam ein scharfes, langes Küchenmesser mit kühl leuchtender Klinge.
 

»Ist das dein Ernst?«, fragte Kazuki und zog eine Braue in die Höhe. Es wurde wirklich immer verrückter und makaberer - und das spiegelte sich auch in Form einer widerlichen Gänsehaut auf seinem Körper wieder. Nur keine Panik - sagte er sich und schüttelte den Kopf. Schon bald würde er auch verschwinden können und vielleicht, wenn alles gut ging, in ein paar Wochen oder Monaten darüber herzlich lachen.
 

»Ich konnte mir denken, dass so was passiert und habe vorgesorgt, als dein Freund verschwand.« Zumindest ein positiver Aspekt, denn einen Moment war Kazuki davon ausgegangen, dass der Blonde immer mit einer Waffe durch das Leben spazierte.
 

»Bitte erinnere mich nicht dran«, seufzte Kazuki und fuhr sich durch das rote Haar. »Bleib einfach bei mir - ich glaube ich könnte so ein Ding nicht bei einem Menschen einsetzen.« Es musste einfach ein schreckliches Gefühl sein, wenn man jemandem ein Messer in die Brust jagte und Kazuki verstand nicht, wie Mörder es über sich brachten so etwas zu tun. War Yuuki dazu im Stande so etwas zu tun? Auf jeden Fall traute er es ihm eher zu als sich selbst.
 

Gerade philosophierte Kazuki noch etwas darüber, als es plötzlich dunkel um sie herum wurde und das Licht ausfiel. Sofort war er wieder ganz nah bei Yuuki und presste sich an ihn heran. »Was war das?«, flüsterte Kazuki und versuchte seine Augen dazu zu zwingen sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
 

»Jemand will anscheinend nicht, dass wir sehen mit wem wir es zutun haben.« Amüsierte Yuuki das etwa? Kazuki kämpfte schon wieder mit der kalten Flüssigkeit in seinem Körper und seinem sich umstülpenden Magen. Ihm gefiel das alles ganz und gar nicht.
 

»Hast du auch den Verdacht, dass Atsushi hinter all dem steckt?« Der Gedanke kam Kazuki, als ihm einfiel, dass dieser sich abgesondert hatte. Wahrscheinlich war das wirklich ein perfider Plan und vor allem Absicht, dass sie jetzt im Dunklen standen.
 

»Er macht sich aus dem Staub und kurz danach fällt der Strom aus - verdächtig, oder?« Gleich gefror dem Rothaarigen bei seinen eigenen Worten das Blut erneut in den Adern. Das ergab viel zu viel Sinn und er kam mittlerweile als einziger Schuldiger noch in Betracht. Aber warum tat er das seinem eigenen Sohn an? Warum fügte er ihm Schmerzen zu? Und warum Ruki und Jin, die ihm absolut nichts böses getan hatten? Dahinter konnte ganz klar nur Geisteskrankheit stecken. Oder verbarg sich noch eine viel düstere Geschichte dahinter?
 

Kazuki schluckte und versuchte die aufkeimende Angst herunter zu würgen. Es war einfach widerlich zu wissen, mit dem Täter in einem Raum geschlafen zu haben. Wahrscheinlich waren sie nur zu viele gewesen und er musste damit rechnen, dass die verbliebenen Drei ihm einen Strich durch die Rechnung machten. Dagegen sprach jedoch ganz entscheidend, dass Uruha den Täter durch das Haus gehetzt hatte und Atsushi zu dem Zeitpunkt bei Yuuki gewesen war. Vielleicht litt Uruha aber auch nur an Wahnvorstellungen und war seiner Hoffnung nachgeeilt, dieses Albtraum beenden zu können. Oder war es doch Uruha selbst? Immerhin war er nicht mehr da und niemals in seiner Nähe gewesen, wenn etwas passiert war.
 

Fragen über Fragen und keine verschaffte Kazuki ernsthaft Klarheit - im Gegenteil, denn sie verwirrten ihn nur noch mehr. Nun aber packte Yuuki seine Schultern und schob ihn die Ecke des Zimmers hinter dem Schrank, um ihn dann auf den Boden zu drücken, damit er sich hinsetzte. Stark und zwingend waren seine Hände zu ihm.
 

Mittlerweile hatte auch der Regen eingesetzt und der stürmische Wind heulte und zerzauste die Bäume draußen. Ein leises Rauschen erfüllte die sonst so unangenehme Stille - eigentlich ein so schönes Geräusch, aber eben nicht jetzt.
 

„Du bleibst hier – hast du mich verstanden?“, redete Yuuki eindringlich auf ihn ein und in einer Tonlage, die Kazuki von ihm einfach nicht kannte. Er konnte sie nicht einmal einordnen – nur die Angst, die er selbst in sich spürte, fand er nicht - seine eigene staute sich dagegen in seinem Brustkorb zusammen. Yuuki war so vollkommen anders als er, beinahe gleichgültig und ohne Scheu. Wie konnte man nur so sein? Die Bezeichnung Mysterium erschien Kazuki als die plausibelste, wenn auch furchteinflößendste, denn er wusste nicht, welche düsteren Geheimnisse sich vielleicht noch in ihm verbargen. Wahrscheinlich wollte der Einzelgänger aber nur nicht jedem zeigen, wie er wirklich war. Erst recht nicht in dieser Lage.
 

»Du kannst mich doch nicht allein lassen!«
 

»Ich muss - und du wirst hierbleiben und aufpassen, dass deinem hübschen Hintern nichts passiert.« Kazuki mochte das nicht. Yuuki sollte sich nicht in Gefahr bringen und sich seinem Verdächtigen ausliefern. Dennoch nickte er rasch, denn er wusste, dass er es ihm nicht ausreden konnte und nahm das Messer zittrig entgegen, welches Yuuki ihm zur Selbstverteidigung überließ und ihm fest in die Hand drückte. Er musste einfach fühlen können, wie Kazuki bebte. Seine Hände lagen auf denen des Rothaarigen und sie sahen sich fest in die Augen - so gut die Dunkelheit es zuließ. Wie konnte ein Gewitter es nur so dunkel machen? Es fühlte sich an als wäre es bereits Nacht.
 

„Falls dir jemand etwas tun will, dann nutze es.“ Nochmals schnelle Kazukis Kopf auf und ab. Er schluckte laut und trocken ohne die wirkliche Aussage zu begreifen und seine Unfähigkeit richtig einzuschätzen. Dieses Gefühl war mit erstickender Nervosität bestens zu vergleichen - als würden sich seine Organe zu einem winzigen Knäuel zusammen schnüren und ihre eigentliche Funktion vergessen. Absolut kein Gefühl welches man sich oder einem anderen wünschte.
 

Yuuki wollte sich gerade von ihm lösen und war im Inbegriff aufzustehen, da klammerte sich eine von Kazukis Händen an seinem Armen fest und zog ihn zurück. Ihre Blicke begegneten sich erneut und in einem Bruchteil einer Sekunde wog er ab, was er tun sollte.
 

„Pass auf dich auf!“, wisperte er mit belegter Stimme. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er hatte Mühe es hinunter zu würgen. Er schlang seinen Arm einfach um Yuukis Hals und drückte seinen Körper an ihn. Ihre Lippen trafen unvorbereitet aufeinander. Dies war ganz sicher nicht der rechte Zeitpunkt für zärtliche Küsse. Der Blonde legte aber auch die Arme um ihn und drückte ihn so sehr es nur ging an sich. Der Kuss war fest, aber viel zu kurz und schließlich löste Yuuki sich und sah Kazuki in die Augen, die leicht flackerten.
 

„Das soll nicht der letzte Kuss gewesen sein“, sagte der Rothaarige mit leicht zärtlichem Unterton und schaffte es ein bisschen zu lächeln. Vielleicht hatte er eine solch extreme Situation gebraucht, um ihm seine Gefühle zu zeigen. Dann entließ er Yuuki und sah ihm nach, wie er verschwand und die Tür wortlos hinter sich schloss. Allein blieb Kazuki zurück und sah noch lange Minuten zur Tür, durch die er verlassen worden war. Mit beiden Händen umklammerte er nun die Waffe in seinen Händen und lauschte seinem rasanten Herzschlag, der selbst den strömenden Regen übertönte. Er schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Wand und versuchte seine Ruhe halbwegs zurück zu gewinnen. Aber sowohl die bedrohliche Situation als auch der Kuss ließen das nicht zu. Er konnte es nicht einmal genau sagen warum sich dieses Pochen in seiner Brust nicht beruhigen konnte und was der wirkliche Auslöser war. Das Verarbeiten mußte er wohl erst einmal hinten anstellen.
 

Plötzlich hörte er ein dunkles Grollen und zuckte zusammen. Sofort presste er sich noch fester gegen die Wand und zog die Beine eng an seinen Oberkörper. Wie ein kleines Kind fühlte er sich, welches bei Gewitter Angst hatte und nach seinen Eltern schrie oder in deren Bett flüchtete. Nur war Kazuki stumm und drückte die Lippen so sehr aufeinander, dass sie darunter zu zwirbeln begannen.
 

Das war nur das Gewitter! Ganz ruhig! - versuchte er sich zu beruhigen. Doch als ein heller Blitz den Raum erleuchtete und merkwürdige Schatten über die Wände schickte, war es mit seiner Ruhe vorbei. Er musste einen Schrei erneut unterdrücken und klammerte sich an das Messer. Dabei übersah er, dass eine Hand mehr die Klinge als den Griff umschloss und sie sich sofort in seine Haut bohrte. Er zuckte zurück und blickte auf seine Hand. Warum nur war es so schrecklich dunkel? Erkennen konnte er seine Verletzung nicht - aber ein leichtes Pochen spürte er dennoch und wie es zu schmerzen begann. In seiner Hand sammelte sich etwas Blut und rann über sein Handgelenk zum Arm. Wie ungeschickt er doch war!
 

Es wurde von Minute zu Minute schlimmer, sein Herz raste und raubte ihm den Atem und die Wunde machte es auch nicht wirklich besser. Er wollte nicht mehr warten. Während er versuchte zu erkennen, wie sehr er sich verletzt hatte, musste er an Jin denken. Welch schreckliches Schicksal musste ihn ereilt haben? Und nun lief Yuuki vielleicht auch gerade Wegs in sein Verderben und er saß nur wie ein vom Donner gerührtes Kaninchen in seiner Ecke. Weder half er jemandem, noch konnte er sich selbst verteidigen.
 

Diese Vorstellung war einfach nicht auszuhalten und ihm drehte sich bei dem bloßen Gedanken der leblosen Körper seiner Liebsten der Magen um. Eigentlich hatte Jins Blut schon gereicht, um die schlimmsten Vermutungen aufzustellen. Was war ihm nur zugestoßen? Nun war nur noch er und Yuuki übrig und das widerliche Wissen, wer es gewesen sein musste. Es konnte ein Zufall sein, dass Atsushi verschwand und nur Momente später der Strom ausfiel. Ihre einzige Hoffnung war Uruha und Kazuki betete, dass er bald mit der Polizei kommen würde und weder ihm selbst noch Yuuki etwas zustoßen konnte.
 

Die Panik kroch in dem großgewachsenen Mann schon wieder viel zu schnell hinauf und alle Versuche sich selbst ein wenig zu beruhigen bewirkten genau das Gegenteil und verschlimmerten seine Horrorvorstellungen noch. Er war allein. Allein in einem unheimlichen, riesigen Haus, in dem kein Licht mehr brannte. All seine Freunde hatte er verloren und er bezweifelte immer mehr, dass sie sich jemals wieder sehen würde. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis auch er gefunden wurde und ihm das gleiche widerfuhr, was auch mit Jin geschehen war - das wurde ihm mit einer einmalig tiefen Gänsehaut bewusst. Und er würde sich nicht wehren können – nicht einmal mit dem Küchenmesser. Er war einfach nicht dazu im Stande.
 

Angst stieg erneut in ihm hoch und drohte ihn zu erdrücken – die Luft in seinen Lungen wurde immer knapper. Was sollte er nur tun? Er konnte nichts erkennen, denn seine Augen wollten sich einfach nicht genug an die Dunkelheit gewöhnen. Selbst der Schmerz in seiner Hand schien von dem vielen Adrenalin in seinen Adern betäubt zu werden.
 

Alles was Kazuki noch wusste, war der Weg zum Ausgang und ehe er weiter nachdenken konnte sprang er auch schon auf. Und spätestens, als ein weiterer fürchterlich greller Blitz den unheimlichen Raum erhellte, rannte er auch schon los. Er hielt es einfach keine Sekunde länger aus und war dem Verlust seiner Nerven so entsetzliche Nahe, dass er beinahe schreien wollte.
 

Er musste verschwinden – er wollte einfach nicht sterben. Vielleicht war es selbstsüchtig, aber jetzt galt es einfach nur noch zu überleben. Manabu hatte Recht - Jin würde nicht wollen, dass auch er starb bei dem völlig wahnsinnigen Vorhaben den Täter zu stellen. Hastig eilte er zum Hauseingang und den eigentlich so hübschen Türen. Sie mussten einfach offen sein und Kazuki schaffte es gerade so noch abzubremsen um nicht dagegen zu schlagen. Seine Finger griffen zittrig nach den Griffen und zerrten sie auf - es war tatsächlich offen!
 

Nun trat Kazuki nach draußen und wurde sofort mit eisigem Regen und heulendem Wind begrüßt. War es hier wirklich besser als in dem Haus? Wer wusste schon, was hier noch alles auf ihn lauern würde? Kazuki erschauderte und rieb sich über die Oberarme. Das Wetter erschien ihm brutal und einsam und die grellen Blitze, die ab und zu den Himmel zerrissen ließen den jungen Mann schaudern.
 

Langsam setzte der Rothaarige einen Fuß vor den anderen und entfernte sich von dem Anwesen, in der er so viel Schlimmes erlebt hatte. Flucht war richtig, nicht wahr? Er musste doch flüchten, wenn er überleben wollte, Aber warum gehorchten seine Beine nicht und bewegten sich nur so langsam?
 

Innerhalb von Sekunden war Kazuki bis auf die Knochen durchnässt. Die Kleider klebten feucht und schwer an ihm und er fragte sich, wie weit er überhaupt kommen würde. Wohin sollte er laufen? Byou und Manabu waren mit großer Sicherheit zum Auto geflohen und damit davon gebraust. Außerdem besaß er ja nicht einmal einen Schlüssel für das Fahrzeug. Seine Orientierung und sein Mut waren gleich Null und er blieb einfach sehen. Es nützte nichts zu verschwinden. Und außerdem war da noch etwas. Etwas wesentlich wichtigeres als sein eigenes Wohl.
 


 

Yuuki.
 

Er war noch in der Villa! Allein! Wie hatte er ihn nur zurück lassen können?
 

„Verdammter Mist!“, verfluchte er sich und überlegte kurz. Er konnte Yuuki zurück lassen und ihn vielleicht dem Tod überlassen – oder umkehren und ihm beistehen und vielleicht mit ihm sterben. Er konnte nicht glauben, dass er diese Alternative in Erwägung zog. Aber es war Yuuki – und er liebte diesen Mann einfach zu sehr, um ihn auch noch zu verlieren. Allein der Gedanke, wie er niedergestreckt wurde, wollte ihm das Herz zerreißen. Wieder erinnerte er sich an die kurzen schönen Momente mit ihm und er war sich sicher, dass Yuuki ihn niemals allein zurück lassen würde. Kazuki beschloss lieber an seiner Seite zu sterben als ein Leben lang in Einsamkeit zu bereuen, was er getan hatte. Endlich schöpfte er wieder Mut und machte auf dem Absatz kehrt und stieß die Türen auf. Er ließ den Blick über das verlassene Foyer schweifen, bis hin zu den zerstörten Schiebetüren. Der Regen peitschte gegen die eine Seite und durchnässte auch die Schwelle und denn sonst so edlen Boden.
 

Am Anfang war Kazuki dieser Ort so wunderschön vorgekommen und minutenlang war er bewegungsunfähig gewesen und sich seiner Bewunderung hingegeben. Jetzt fühlte er nur noch Abscheu und die Bedrohung, die hinter den anliegenden Gängen und Türen lauern konnte. Aber einen Rückzieher würde Kazuki nun auch nicht mehr machen, denn sein Entschluss stand längst fest.
 

Rasch lief er zurück zu seinem Zimmer, doch eher er dort ankommen konnte, rannte er jemandem direkt in die Arme. Eine Hand presste sich auf seine Lippen und versiegelte sie mit festem Druck, während er nach hinten gezogen wurde. Er fand sich an einem Körper wieder, der ihn mit sich in die Dunkelheit zerrte. Ein Schrei wollte ihn verlassen, aber es ging nicht und er riss die Augen nur in tödlicher Angst auf.
 

Er war geliefert – es war vorbei! Dieser Irre hatte ihn gefunden. Mit panisch klopfendem Herzen fielen Kazuki die Lider zu – er erwartete den Schmerz, der ihm den Tob bringen würde. Er hatte den Kampf verloren…
 

Fortsetzung folgt



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  klene-Nachtelfe
2011-10-06T16:53:24+00:00 06.10.2011 18:53
AHHHH!!!
Das ist einfach zu spannend für meine empfindlichen Nerven!!!
Hoffentlich passiert Kazuki nichts...hoffentlich ist es noch nicht aus!!!
AHHHHHH ich verzeile vor spannung und krieg ständig gänsehaut!!!!
HORROR!!!
LG -^.^-
Von:  Toffelchan
2010-11-10T19:09:58+00:00 10.11.2010 20:09
WIE KANN YUUKI IHN DA SITZEN LASSEN????!!!!!????!!! OAO"
son arsch ;_____________;
ich wäre gestorben vor panik ;Ö;~
ich hätte mir sicher für mehrer augenblicke überlegt, ob ich mir nicht selbst das messer in dir brust rammen sollte oder nicht |DDD

spannend xD
auf zum letzten kapi 8DD
Von:  iLove_Fanfiktions
2010-11-02T01:27:40+00:00 02.11.2010 02:27
O________O ich les grade ma um halb drei morgens deine geschichte und wooow
ich frag mich einfach wieso es hier so wenig kommischreiber gibt xD die geschichte is einfach nur mega!! >o< sowas von spannend das man gar nicht aufhörern will zulesen xD omfg o.o ich kann nich bis nächsten dienstag warten >-< nyaa~ das is einfach mega aba so anfang von dem fünften kapitel hatte ich iwie den verdacht das taa und atsushi dahinter stecken könnten aba taa >.< das geeht doch nich nyaa naja bis zum nächsten kapitel *viel zu ungeduldig ist*

<3


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