Einige alte Bekannte
„Und damit beginnt das Finale des diesjährigen Oliviana City Wettbewerbs!“, kommentierte die Moderatorin und hob den Finger. „Wie es der Zufall so will, stammen beide unserer Finalisten aus der Sinnohregion.“
Einige Pfiffe und Jubel erklangen aus dem Publikum.
„Hikari, aus Zweiblattdorf, und Nozomi aus dem kalten Blizzach!“ Immer noch streckte die rothaarige Frau in dem blauen, mit Glanzsteinen besetzten Kleid den Finger empor. „Ihr habt fünf Minuten Zeit! Beginnt!“ Damit zeigte sie auf das Feld in der Mitte der Wettbewerbshalle, an dessen Rändern sich die beiden Mädchen gegenüberstanden.
Beide hielten jeweils zwei Pokébälle in den Händen.
„Altaria! Pachirusu!“ Hikari, selbst in einen grünblauen Kimono gekleidet, um sich der Stimmung im altertümlichen Johto anzupassen, warf ihre Pokébälle in die Höhe und diese öffneten sich – kleine Wölkchen und Herzchen ausstoßend – ehe Pachirisu gekonnt, wenn auch etwas übereifrig, auf dem Rücken des blauen Flugpokémons landete.
Auch Nozomi warf ihre Pokébälle. „Charmian! Farbaegle! Ich zähl auf euch!“
Die beiden Mädchen sahen sich lächelnd an. Es war das erste Mal seit zwei Jahren, dass sie sich in einem Wettbewerb gegenüberstanden. Denn obwohl sie beide an den Johtowettbewerben teilnahmen, war es bisher nie soweit gekommen, nachdem Nozomi beim Viola City Wettbewerb gegen eine Herausforderin aus Kanto im Halbfinale verloren hatte.
Im Gegensatz zu Hikari trug das Mädchen aus Blizzach keine altertümliche Kleidung, sondern einen weißen Anzug mit einer dunkelblauen Krawatte, die mit glitzerndem Faden bestickt war.
„Altaria!“, begann Hikari schließlich. „Weißnebel!“
Und mit einem melodischen Heulen warf das Drachenpokémon seine flauschigen Flügel zurück und ein dichter, funkelnder Nebel breitete sich über der Kampffläche aus.
„Jetzt, Pachirisu! Sternschauer!“, wies das Mädchen ihr Pokémon an, obwohl sie dieses selbst im Nebel nicht sehen konnte.
Doch ein Leuchten im Nebel verriet, dass das Pachirisu den Befehl gehört hatte und einen Moment später wirbelten viele kleiner Sterne um den Nebel herum und lösten diesen nach und nach auf, so dass schließlich auch das Publikum sehen konnte, dass die Attacke getroffen hatte.
Nozomi wurden Punkte abgezogen, auch wenn Charmian und Farbeagle sofort wieder in ihrer Ausgangsstellung waren. Und es verblieben noch vier Minuten.
„Altaria! Setz' Schnabel ein!“, fuhr Hikari ohne zu warten fort. „Pachirisu, spring auf Altarias Rücken!“
„Pachi!“ Begeistert wie eh und je lief das Elektropokémon neben seinen Partner her, während dessen Schnabel von einem hellen Schimmer umgeben wurde, und sprang schließlich ab und auf seinen Rücken.
„Bist du nicht ein wenig ungeduldig?“, fragte Nozomi. „Charmian, setz' Eisenschweif ein!“
Sofort sprang das katzenhafte Pokémon in die Luft und sein langer Schweif streckte sich, nun wie Altarias Schnabel von Licht umgeben.
Im nächsten Moment trafen beide Attacken aufeinander und Altaria wurde unsanft zu Boden geschleudert, was Hikaris Punktestand nun ebenfalls reduzierte. Derweil wurde Pachirisu in die Luft geschleudert.
„Pachirisu, jetzt!“, befahl Hikari, als das Pokémon beinahe den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreicht hatte. „Funkensprung!“
„Pachi-Pa!“, rief Pachirisu weiterhin begeistert aus und blaue Funken begannen über sein Fell zu tanzen, während es sich drehte, so dass es nun mit dem Kopf voraus auf Charmian zuraste.
„Sehr gut vorausgedacht“, kommentierte die Moderatorin, die zuvor erstaunlich ruhig gewesen war. „Hikari hat die Energie der aufgehaltenen Attacke genutzt, um Pachirisu in die Luft schleudern zu lassen! Und jetzt fällt es wie ein blauer Meteor auf Charmian herab.“
Doch obwohl sie erneut Punkte verlor lächelte Nozomi. „Charmian, setz' Mogelhieb ein!“
Ohne ein Zögern reagierte ihr Pokémon auf den Befehl und sprang dem fallenden Pachirisu entgegen, welches, wenn es gekonnt hätte, seinen Fall wohl gebremst hätte, so jedoch aus dem Fall mit Charmians Klauen kollidierte und wie Altaria zuvor unsanft am Boden aufkam.
Auch Charmian wurde zurückgeworfen, doch hatte sich nun die Ladung von Pachirisus Fell auf das seine übertragen, weshalb ihm nun, wie Pachirisu zuvor, kleine Funken über sein dunkles Fell wanderten.
„Auch von Nozomi ein guter Zug“, moderierte die vermeintliche Gastgeberin weiter. „Nicht nur, dass Charmian die Attacke gestoppt hat, nein, sein Fell hat sich mit Pachirisus Elektrizität aufgeladen und lässt es nun majestätisch erstrahlen.“ Ein weiterer Punkteverlust für Hikari. „Und wenn wir auf die Anzeige schauen, sehen wir, dass bereits die Hälfte des Finales verstrichen ist.“
Dies stimmte, tickte nun die Uhr unaufhaltsam weiter und hatte schon beinahe die zwei Minuten Grenze erreicht.
„Nun bist du dran, Farbeagle!“, rief Nozomi. „Setz' Nachahmer ein!“
„Was?“ Hikari sah auf das einem Affen nicht unähnlich sehende Pokémon, das nun emporsprang und mit seinem buschigem Schwanzende durch die Luft wedelte, den Blick starr auf Pachirisu gerichtet.
Im nächsten Moment begann auch sein Fell zu leuchten und mit dieser aufgenommenen Ladung sprang es nun auf Altaria zu, welches sich gerade wieder in die Luft erhob.
„Altaria, setz' Lichtschild ein!“, befahl Hikari, die für den Erfolg von Nachahmer weitere Punkte verloren hatte, so dass sich ihr Gesamtpunktestand auf ein gutes Viertel reduziert hatte, während Nozomi noch etwas mehr als die Hälfte hatte.
„So etwas sieht man nicht oft!“, rief die Moderatorin, als Farbeagle auf das Drachenflugpokémon traf, wessen Körper in gelblich schimmerndes Licht gehüllt war. „Hikaris Altaria setz' Lichtschild ein und schafft es so, die Attacke abzuwehren.“
„Pachirisu, jetzt!“ Hikari sah zu ihrem Elektropokémon, welches bereits wieder auf den Beinen war und sofort zu Farbeagle sprang, das noch immer etwas verwirrt zu sein schien, zumal Altaria mittlerweile zu hoch geflogen war, als das seine Attacken es noch hätten erreichen können. Dafür leuchtete das Lichtschild des Pokémon unter der Sonne, die durch das offene Hallendach fiel, nur noch mehr und sorgte dafür, dass nun Nozomi erneut Punkte verlor.
Pachirisus Zähne leuchteten derweil nun ebenfalls auf, ehe es eben diese in den Schwanz Farbeagles versenkte.
„Farbe!“, kreischte das andere Pokémon auf und wirbelte herum.
„Farbeagle, setz' Eisenschweif ein!“, befahl Nozomi und das irritierte Pokémon gehorchte.
Der Schwanz leuchtete auf und wirbelte Pachirisu herum, da Farbeagel es offenbar auf den Boden schleudern wollte, doch Hikari reagierte, bevor dies passieren konnte.
„Pachirisu! Lass los!“, rief sie und als hätte es darauf gewartet reagierte das Elektropokémon, so dass es nicht zu Boden, sondern in die Höhe geschleudert wurde, wo Altaria nur darauf wartete es aufzufangen.
„Und Pachirisu ist erneut auf Altarias Rücken, außerhalb der Reichweite von Nozomis Pokémon. Was wird sie tun?“ Weiter kam die Moderatorin ihrer Aufgabe nach, während sie nach der Uhr nur wenig mehr als eine Minute verbleibend hatten.
„Charmian! Lass dich von Farbeagle zu ihnen hinaufwerfen und setz' Dunkelklaue ein!“, rief Nozomi, deren Punktestand nun in etwa auf mit dem Hikaris gleichgezogen war, und ihr Charmian zögerte nicht zu gehorchen.
Es sprang auf Farbeagle zu, das eine Art Räuberleiter machte und es so in die Luft warf, während die Klauen des Katzenpokémons nun beide von einer dunklen Aura umgeben wurden, von der einzelne Ausläufer auch den Körpers des Unlichtpokémons umspielten, was Hikari weitere Punkte kostete.
„Pachirisu, Bitterkuss!“, rief Hikari, was das Pokémon unter einigen „Pa! Pa! Pa!“-Rufen ausführte, so dass ein Ring aus Herzen um die beiden Pokémon in der Luft bildete.
„Altaria!“, fuhr das Mädchen fort. „Flieg durch den Ring hindurch und setz' Wirbelwind ein!“
Auch diesen Befehl leistete Altaria Folge und weiterhin in sein Lichtschild gehüllt flog es ein weiteres Stück hinauf und schlug mit seinen Flügeln, was die Herzen Charmian entgegenwarf.
„Eine hervorragende Teamarbeit von beiden Duos!“, kommentierte die Moderatorin erneut, während Nozomi weitere Punkte abgezogen wurden.
„Char!“, rief das katzenhafte Pokémon und schaffte es noch einige der wirbelnden Herzen mit Dunkelklaue abzuwehren, doch schließlich wurde es getroffen und fiel zu Boden zurück.
„Charmian!“, rief Nozomi aus, während ihre Punkte sich erneut verringerten und Charmian sich nur mühsam wieder aufkämpfte.
Doch bevor sie einen weiteren Befehl geben konnte, sprang die Uhr auf Null und ein Hupen erklang.
„Und damit ist das Finale des Oliviana City Wettbewerbs vorbei!“, jubelte die Gastgeberin. „Und mit einem geringen Vorsprung gewinnt...“ Sie machte eine dramatische Pause und alle Augen wanderten zur Punkteanzeige. „Hikari aus Zweiblattdorf!“
Das Publikum applaudierte.
„Dies ist Hikaris drittes Band der Johtoregion, womit sie wohl mit ihrer Kontrahentin gleichzieht, die ebenfalls bereits drei Bänder gewonnen hat.“
Bei diesen Worten landete Pachirisu fröhlich in Hikaris Armen und auch Plinfa kam aus dem Publikum auf sie zugesprungen.
„Danke ihr beiden!“, flüsterte sie schließlich, als auch Altaria neben ihr landete, und machte sich auf dem Weg zur Moderatorin, um ihr drittes Band entgegen zu nehmen.
„Hikari-chan!“, rief eine begeisterte Stimme, als das Mädchen die Garderobe verließ und im nächsten Augenblick fand sich Plinfa in der Mitte einer stürmischen Umarmung wieder.
„Plinfa!“, protestierte es wütend, wurde aber ignoriert, während das Mädchen, selbst mit rotem Gesicht „Shi-Shirona-sa... Shirona“ stotterte.
Die blonde Trainerin und ehemalige Champion von Sinnoh sah sie glücklich an. „Das war ein toller Kampf... Wettbewerb. Herzlichen Glückwunsch.“ Und ehe sich Hikari dagegen wehren konnte, drückte sie ihre Lippen auf die ihren.
„Ich würde mir wünschen, wenn du es nicht ganz so übertreiben würdest...“, murmelte sie nun noch röter im Gesicht, als sich Shirona endlich von ihr löste und auch dem eifersüchtigen Plinfa wieder etwas Raum ließ.
„Plinfa! Pli-Plinfa!“, schimpfte dieses weiter ungehalten, während sich ein Pokéball an Hikaris Gürtel öffnete und mit einem Gähnen sich Evoli am Boden ausstreckte.
Zu diesem gesellte sich im nächsten Moment ein Fulipurba, welches das Jungtier aufmerksam betrachtete. Jedoch ließ es zu, dass Hikaris Evoli, welches sie von dem Kimonomädchen aus Teak City bekommen hatte, den kleinen Kopf an seinem grünlichen Hals rieb.
„Fuli“, gab es mit einem schnurrenden Laut von sich und stupste Evoli mit der Schnauze an, ehe im nächsten Moment eine weitere Stimme nach dem Mädchen rief.
„Hikari!“
Koordinatorin und Trainerin drehten sich zusammen mit den Pokémon um und sahen Nozomi, die nun ebenfalls aus den Umkleiden herausgekommen war, in ein rotes T-Shirt und eine Jeans gekleidet.
„Das ist doch...“, setzte das Mädchen aus Blizzach an und sah die beiden an. „Das ist doch Shirona-san. Unsere ehemalige Champion.“ Für einen Augenblick schwieg sie selbst mit leicht geröteten Wangen. „Ihr...“ Ohne Frage hatte sie den Kuss zuvor gesehen.
„Das... Das...“, stotterte Hikari, während Shirona sie von hinten umarmte, so als wollte sie deutlich machen, dass Hikari ihr Mädchen war.
„Plinfa!“, kam erneut ein wütender Kommentar von dem kleinen blauen Pinguin, der offenbar bereit war seine Trainerin ebenfalls als solche zu verteidigen.
„Sieht aus, als hätte jemand ein kleines Eifersuchtsproblem“, stellte Nozomi fest und kam nun schließlich zu ihnen hinüber, um Plinfa den Kopf zu tätscheln. „Wie...“, setzte sie dann an, während sich Fulipurba an ihr Bein schmiegte, doch nach einem Blick auf Hikari brach sie ab. „Ach, schon gut.“ Sie schenkte den beiden ein breites Lächeln. „Das war ein guter Kampf“, meinte sie dann zu Hikari.
„Danke“, erwiderte die Angesprochene noch immer hochrot und wandte sich schließlich an die Trainerin, die noch immer ihre Arme um ihre Schulter gelegt hatte. „Shirona-san!“
„Shirona!“, korrigierte diese nur, ließ sie jedoch los. „Wie wäre es, wenn wir deinen Sieg feiern“, schlug sie dann vor. „Ich habe einen Tipp bekommen. Ich lad' dich ein!“
„Wozu?“, fragte Hikari misstrauisch.
Die ehemalige Champion lächelte. „Überraschung.“ Dann sah sie zu Nozomi. „Wenn du magst, kannst du uns begleiten.“
„Danke“, erwiderte Nozomi, ebenfalls lächelnd.
Derweil hatte sich Plinfa schmollend von der Gruppe entfernt und stand nun mit verschränkten Flügeln an der gläsernen Eingangsfront der Wettbewerbshalle. Einen Schmollmund, oder besser: einen Schmollschnabel ziehend, sah es auf den im Westen sich langsam rötlich verfärbenden Himmel. „Plinfa!“, rief es auf einmal auf und rieb sich die Augen. Doch was immer es meinte gesehen zu haben, war offenbar schon verschwunden.
So gingen die drei jungen Frauen kurze Zeit später durch die gepflasterten Straßen der Hafenstadt auf eines der auffälligsten Gebäude, die man hier finden konnte, zu.
Das Gebäude war rund und relativ groß. Ein bronzener Ring schmiegte sich um es herum, während auf der ebenfalls abgerundeten Kuppel Gras, einige anderen Pflanzen und sogar einzelne kleine Bäume aneinander schmiegten.
Um die Beine der drei rannte Evoli, das immer wieder zu Nozomis Fulipurba zurückkehrte, um sich kurz an es zu schmiegen, während Plinfa offenbar noch immer schmollend in Hikaris Armen hing und jede Art der Zurede zu ignorieren versuchte.
„Warum gehen wir zur Arena?“, fragte Hikari misstrauisch und sah Shirona an.
„Weil die Oliviana City Arena die einzige Arena in Johto mit einem angeschlossenen Restaurant ist“, erwiderte die Angesprochene.
Und als sie näher kamen erkannte Hikari den ebenfalls runden Anbau, der etwa nur halb so groß wie die Arena selbst war und in diese überging.
„Ein Nudelsuppenrestaurant?“, fragte Nozomi.
„Man sagte mir, sie haben auch diverse andere traditionelle Gerichte“, entgegnete Shirona.
So gingen sie schließlich auf den Eingang des Restaurants zu, dessen Schiebetüren sich automatisch öffneten, als sie nah genug waren.
„Willkommen im Oliviana City Arenarestaurant!“, rief ein Paar vertrauter Stimmen ihnen entgegen. „Möchten sie im Lokal selbst oder in der Galerie über...“ Die Stimmen brachen ab und ihre Besitzer tauschten überrascht schockierte Blicke mit Hikari und Nozomi aus.
„K... Knirpse!“, keuchte eine der Stimmen, während Hikari den vermeintlichen Chefkoch nicht minder schockiert ansah.
„Das...“, brachte sie schließlich hervor. „Das ist doch wohl ein Witz!“
Auch Plinfa vergaß für einen Augenblick zu schmollen und starrte ihre Gegenüber an. „Plinfa!“
Einzig Shirona schien die Situation nicht ganz zu verstehen und sah fragend zwischen den beiden Seiten hin und her. „Stimmt etwas nicht, Hikari-chan?“ Doch es dauerte einige Momente, ehe sie eine Antwort erhielt.
