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Bitter Taste

I died when your Instinct was born
von

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PLAY

„Was wünschen Sie, mein Herr?“

„Wie bitte?“, fragte ich verwirrt, als mich eine junge Frau mit einem Tablett und einer Schürze ansprach. Ich schaute ihr ins Gesicht und blinzelte mehrere Male, um aus meinen Gedanken in die Realität zurückzukehren.

Sie schenkte mir ein Lächeln und wiederholte ihr Frage: „Was wünschen Sie, mein Herr? Haben Sie schon entschieden, was Sie bestellen möchten?“

„Ich … äh …“, ich blickte von ihrem Gesicht hinunter auf den Tisch, an dem ich saß, und in die aufgeschlagene Menükarte. Wie lange ich schon dort hineinstarrte, konnte ich nicht sagen. Ich hatte mir ja noch nicht einmal die Mühe gemacht, wirklich nach etwas zu suchen, was ich haben wollte. Überhaupt war ich eigentlich nur in diesem Café, weil … weil ich einfach nur weg wollte. Nicht nach Hause, wo ich mit meinen Gedanken und Erinnerungen allein sein würde, sondern raus und unter Menschen, die mich vielleicht ablenken konnten.

„Benötigen Sie noch etwas Zeit?“, hakte die Kellnerin nach.

„Nein … nein“, beeilte ich mich zu antworten, „ich nehme einen Kaffee.“

„Sehr wohl. Möchten Sie noch etwas dazu? Ein Stück Kuchen vielleicht? Wir haben verschiedene Sorten zur Auswahl und mit Verlaub – der Schokoladenkuchen ist der beste weit und breit.“

„Äh … ja … bringen Sie mir ein Stück“, sagte ich abwesend und hängte noch ein höfliches „Bitte“ an.

„Sehr wohl“, antwortete sie, verbeugte sich kurz und drehte sich dann um, um meine Bestellung zu bearbeiten. Kuchen. Ich und Kuchen! Aber mir war im Moment so einiges egal. Und Schokolade sollte doch bekanntlich glücklich machen. Wenn es stimmte, dann konnte es mir nur helfen. Nicht wahr?
 

Kaum, dass sie weg war und ich die Karte in den dafür vorgesehenen Halter zurückgestellt hatte, wurde meine Aufmerksamkeit erneut auf etwas gezogen. Zwei Tische weiter saßen ein Mädchen und ein Junge im Highschoolalter sehr eng beieinander und hielten unter dem Tisch Händchen.

Sie kicherte, als er immer wieder leicht mit der Nase gegen ihre Wange stieß und gleichzeitig den freien Arm um ihre Taille wand: „Was machst du denn da?“

„Versuchen dich zu küssen“, antwortete er ungeniert und machte weiter.

„Aber doch nicht hier!“

„Wieso nicht?“

„Weil uns jeder sehen kann!“

„Ist doch nicht so schlimm.“
 

Ich riss mich von dem Anblick los, fuhr mir mit der Hand erst über das Gesicht und dann durch die Haare. Was hatte ich mir da nur eingebrockt? Ich saß in einem Café und wartete auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Keins von beidem würde irgendetwas besser machen. Keins von beiden würde mich aus meiner beschissenen Situation befreien. Und ich hatte nicht den leisesten Schimmer einer Ahnung, wer oder was mir helfen konnte.

Mein Herz lag in Scherben. Aus meiner Brust gerissen, in den Staub geworfen und niedergetrampelt. Von einem Menschen, von dem ich es nie erwartet hätte: Hyde.
 

„Was machst du da, Ga-chan?“

„Ich … wollte dich nur küssen.“

„Dir ist schon klar, dass uns alle sehen können?“

„War ja nur ein Scherz.“
 

War es auch – auf eine gewisse Art und Weise. Ich hatte ihn tatsächlich küssen wollen, aber nicht weil ich ihn liebte, sondern weil ich neugierig gewesen war. Neugierig auf diese Lippen und diese Zunge, mit denen er ständig spielte und einem dadurch das Gefühl gab, dass er permanent flirtete.

Ich hatte es interessant gefunden, wie in einem Menschen zwei so verschiedene Wesensarten stecken konnten: Auf der einen Seite nett, zuvorkommend, höflich und schon fast schüchtern, aber andererseits auch so verspielt und herausfordernd. Ich hatte herausfinden wollen, was sich wirklich in ihm verbarg, welcher dieser Züge der stärkere war.

Dabei gewisse Grenzen zu übertreten, war allerdings ein absolutes No-Go für mich gewesen, sodass ich ihn in Ruhe gelassen hätte, wenn er es von mir verlangt hätte. Aber an diesem Tag in Taiwan schien er sich dazu entschieden zu haben, dass ich diese Grenze wirklich bis aufs Äußerste ausreizen durfte.
 

„Ein Scherz?“, hakte er nach und zog seine berühmte Schnute. „Du willst mich also gar nicht wirklich küssen? Das verletzt mich, Ga-chan. Dabei hab ich doch extra versucht, dass dich dazu zu kriegen.“

„Tatsächlich?“ Ich zog schmunzelnd eine Augenbraue hoch und lehnte mich ein wenig zurück, hockte mich vor dem Klappstuhl, auf dem Hyde es sich bequem gemacht hatte, ins Gras, damit ich ihm nicht zu sehr auf die Pelle rückte. Allerdings war ich mir bereits kurz darauf nicht mehr so sicher, ob ihn das überhaupt gestört hätte. Er schien ebenfalls auf eine kleine Spielerei aus zu sein.

„Tatsächlich. Ich meine, wer würde das nicht wollen?“ Er biss sich spielerisch auf die Unterlippe und sah mich mit seinen großen, dunklen Augen eindringlich an. Zweifelsfrei etwas, was nichts mit normaler Mimik zu tun hatte – er machte das absichtlich! „Schließlich bist du der große Gackt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich ernsthaft jemand von der Bettkante stoßen würde.“

„Bei der Bettkante sind wir doch auch noch gar nicht. Sondern nur beim Küssen.“

„Was nicht ist, kann ja noch werden, oder?“ Während er dies sagte, umspielte ein leichtes Grinsen seine Lippen und seine Augen begannen zu funkeln. Ich hingegen war für einen Moment ein wenig erstaunt, denn ich hatte nicht gedacht, dass er tatsächlich so weit gehen und zu solchen Argumenten greifen würde. Ich hatte ihn für einen Tick zu schüchtern gehalten, um sich wirklich auf solch unterschwellige Angebote einzulassen, selbst wenn es nur im Scherz war.

„Haido, du ...“, setzte ich an, um mir ein wenig mehr Zeit zu verschaffen, in der mir hoffentlich eine passende Antwort einfallen würde.

Er jedoch begann zu lachen, patschte mir zwei oder drei Mal auf den Kopf und sagte: „Nimm nicht immer alles so ernst. Das ist auch dein Problem in Talkshows: Du sitzt einfach viel zu steif da. Man kann eben nicht jeden Wettstreit gewinnen. Ich geh jetzt was essen. Willst du auch was?“

„Äh …“, stammelte ich schon fast, „ich komm gleich nach …“

„Okay. Dann bis dann.“ Er lächelte noch einmal, erhob sich aus seinem Stuhl und ging schon mal vor. Ich musste zugeben, dass er mich diesmal wirklich in die Schranken gewiesen hatte.
 

Ich hätte nicht auf ihn hören dürfen. Ich hätte mein Herz schützen können, wenn ich es nicht getan hätte. Aber Hyde hatte mir mit seiner Bemerkung signalisiert, dass er – wie auch ich – nur Spaß gemacht hatte. Außerdem hätte ihm in meiner Lage wohl jeder geglaubt, denn hatte er etwas Wahres gesagt: Ich hatte schon von vielen zu hören bekommen, dass ich doch einmal mehr lächeln und nicht immer so ernst sein sollte, wenn ich in irgendeiner Show zu Gast war. Und was meinen Perfektionismus anging … nun, dazu bekannte ich mich schuldig. Wenn das also alles stimmte, dann musste doch auch der Rest seiner Worte der absoluten Wahrheit entsprechen.

Aber es war weniger Spaß gewesen, als ich gedacht hatte, wie sich später herausgestellt hatte. Nur ein paar Stunden später.
 

„Was machst du da, Haido?“, fragte ich etwas gepresst, weil besagte Person sich an meinen Hals klammerte und mich zu erwürgen drohte, wenn er so weitermachte. Es hatte schon etwas Ironisches an sich, dass ich haargenau dieselbe Wortwahl verwendete wie er. Aber eigentlich gab es in solchen Situationen kaum Variationsmöglichkeiten. Und ich hatte jetzt auch nicht unbedingt die Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, da Hyde schon wieder versuchte, mir einen feuchten Schmatzer aufzudrücken.

„Siehste doch, dich kü-küssn. Was'n sonst?“

„Du bist betrunken!“, warf ich ihm an den Kopf, bugsierte ihn in den Fahrstuhl hinein, der uns hinauf zu unseren Hotelzimmern bringen würde, und drückte den Knopf für das entsprechende Stockwerk. Dort wollte ich ihn in sein Bett verfrachten und ihn seinen Rausch ausschlafen lassen.

„Na un? Macht doch deshalb nich weniger Schbaß.“

„Hör bitte auf, Haido. Du bist verheiratet“, versuchte ich an seine Moral zu appellieren.

„Ach, spiel doch nich den Moralapo- … Apo- … den Moralmenschen! Was Meg nich weiß, macht sie nich heiß. Aber ich bin jetz ganz heiß! Un du auch!“ Diesmal war es eindeutig kein Scherz. Noch mit seinen Worten schob er mich gegen die Wand des Fahrstuhls und sich direkt vor mich – so plötzlich, dass ich nicht mehr hatte reagieren können und ihn einen Augenblick später auch direkt vor mir hatte, seine wachsende Erregung an meinem Oberschenkel spüren konnte. Solche Handlungen hatte ich ihm gar nicht zugetraut; besonders nicht, da er ungefähr doppelt so viel getrunken hatte wie ich und dadurch schon ziemlich dicht war.

Und trotzdem war ich nicht in der Lage, ihn von mir wegzudrücken und auf Abstand zu kriegen. Ich bekam ja noch nicht einmal seine Hände zu fassen, die mich an allen möglichen und unmöglichen Stellen zu befummeln schienen.

„Haido, lass das endlich!“, protestierte ich, nun wirklich etwas ungehalten werdend. „Woher willst du überhaupt wissen, dass ich scharf auf dich bin?!“

„Weil ich's weiß“, gab er mir darauf zur Antwort, „und weil ich's seh … du würdest mich am liebsten auffressen.“

„Das stimmt nicht.“

„Doch, tut es. Ich zeig's dir“, waren seine letzten Worte, ehe er mir unverschämt in den Schritt griff und gleich ziemlich fest zupackte. „Siehst du?“

Ich konnte nicht anders, als ob seiner 'Berührung' aufzustöhnen.

„Tut gut, ne?“

„Es ist nicht r-richtig“, presste ich gerade so heraus, während Hyde seine Behandlung an mir fortsetzte. Und je weiter er ging, desto schwächer wurden meine Proteste. Ich versuchte kaum noch, seine Hände wegzuschlagen, auch wenn ich sie jetzt womöglich wesentlich einfacher zu fassen bekommen würde. Eine von beiden hielt ich zwar fest, fühlte mich aber nicht im Stande, sie in ihrem Tun zu unterbrechen. Es war die Hand, mit der er mich befriedigte.

„Ist egal, denn es ist gut“, schnurrte er mir ins Ohr, biss kurz hinein und fuhr dann fort, verdrehte mir langsam aber sicher den Kopf. „Wir sind jetzt seit fünf Monaten hier und ich hab nicht einmal gesehen, dass du irgendjemanden abgeschleppt hast. Du hattest seit mindestens fünf Monaten keinen Sex mehr, hab ich Recht?“ Er drückte noch einen Tick fester zu, worauf ich wieder stöhnte und nickte. Und wie Recht er hatte! Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wann und mit wem ich zuletzt Sex gehabt hatte. Das lag zum Teil auch daran, dass mich das hier gerade ziemlich einnahm und alles andere aus meinem Bewusstsein verdrängte.

Und nicht nur damit lag er richtig. Wie oft hatte ich mich in letzter Zeit dabei ertappt, dass ich mir vorstellte, wenn Hyde sich mit hingeben würde. Obwohl er verheiratet war, obwohl er vermutlich noch nicht einmal auf Männer stand. Nun, zumindest Letzteres hatte sich hiermit erledigt. Ohne Zweifel: Ich begehrte ihn.

Und Hyde schien mich zu begehren, denn er drückte seine Hüfte nun nicht mehr nur gegen mich, um mich zu fixieren, sondern begann damit, sich an mir zu reiben. Ich fühlte, wie die Beule in seiner Hose immer größer und mir immer wärmer wurde. Oh Gott, er traf genau den wunden Punkt in mir, ließ mich spüren, wie verzweifelt ich war und wie nötig ich es hatte!

Auch wenn wir das hier nicht durften, ging ich meinem Verlangen doch nach. Ich beugte mich zu Hyde hinunter und küsste ihn endlich, öffnete augenblicklich die Lippen, um seine Zunge zu empfangen, die meiner fast ebenso augenblicklich entgegenkam. Gott … Erleichterung … ahhh …

Und dann gab es einen Ruck, der den Fahrstuhl zum Stehen brachte. Hyde musste irgendeinen der Knöpfe gedrückt haben, um dies zu bewerkstelligen … und um uns etwas Ungestörtheit zu verschaffen. Ich ahnte, worauf dies hier hinauslaufen würde – ich hatte es irgendwie schon geahnt, als wir in den Fahrstuhl eingestiegen waren.

„Ga-chan~“, säuselte er in einem vor Verführung triefenden Tonfall, nachdem er sich kurz von mir gelöst hatte. Doch er ließ uns beiden nur einen winzigen Moment Zeit, ehe er mich wieder vollkommen einnahm. Er dominierte den Kuss eindeutig, genau so wie er alles unterhalb meiner Gürtellinie dominierte. Das Einzige, was ich noch tun konnte, war sein Handgelenk endlich loszulassen und dafür meine Hose zu öffnen, um ihm zu zeigen, was ich wollte. Und als seine Hand ein paar Sekunden später in meiner Unterwäsche verschwand, stöhnte ich gedämpft in seine Mundhöhle hinein.

Wie ich ihn doch wollte; wie ich doch wollte, dass wir-
 

„Bitte sehr, mein Herr, ihre Bestellung.“

Ich schreckte aus meiner Erinnerung an mich und Hyde in diesem Fahrstuhl auf: „Was?!“

„Ihr Kaffee und der Schokoladenkuchen“, informierte mich die Kellnerin, die meine Wünsche vorhin aufgenommen hatte, und stellte einen kleinen Teller mit einem Stück Kuchen darauf und eine Tasse Kaffee vor mir auf dem Tisch ab.

„Oh … ja … vielen Dank.“

„Bitte sehr. Lassen Sie es sich schmecken“, erwiderte sie lächelnd, bekam darauf allerdings einen etwas ernsteren Gesichtsausdruck, „aber … sagen Sie, geht es Ihnen gut? Sie wirken ein wenig verschreckt.“

„Nein, nein, alles in Ordnung“, teile ich ihr mit, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach. Ihre Beschreibung traf da eigentlich schon eher auf mich zu – verschreckt … wenn nicht gar verstört. „Ich war nur in Gedanken.“ Zumindest das stimmte. „Danke der Nachfrage.“ Und um ihre Meinung, dass es mir ganz und gar nicht gut ging, nicht noch weiter zu festigen, nahm ich mir die kleine Gabel, die neben dem Kuchen lag, trennte eine Ecke von eben diesem ab und schob es mir in den Mund. Das Mädchen schien verstanden zu haben und verbeugte sich wie schon das letzte Mal, ehe sie ging, um sich um die anderen Gäste zu kümmern.

Und sobald sie weg war, war ich wieder bei meinem Problem. Dabei stocherte ich ziemlich lustlos in dem Kuchen herum, da er mir – wie es zu erwarten gewesen war – nicht wirklich schmeckte, weil ich Süßigkeiten nicht mochte. Und eigentlich war im Moment sowieso nicht dazu aufgelegt, auch nur irgendetwas zu essen. Wie hatte ich mir das nur antun können?
 

Natürlich war es nicht von Anfang an schlecht gewesen. Jedenfalls hatte ich es nicht so empfunden, als ich noch mittendrin gesteckt hatte. Die Sache im Fahrstuhl … es war tatsächlich so verlaufen, wie ich es vorausgesehen hatte: Sex. Nur mit dem kleinen Haken, dass nicht ich die Oberhand über Hyde gehabt hatte, sondern anders herum. Er war es gewesen, der mich an irgendeinem Punkt unseres Tuns plötzlich hart herumgerissen, mir die Hose bis zu den Knien heruntergezogen und mich schließlich genommen hatte. Selbstverständlich mit der nötigen Vorbereitung, soweit dies in einem Fahrstuhl möglich gewesen war. Und ich hatte es protestlos hingenommen und sogar in vollen Zügen genossen. Das erste Mal und auch das zweite Mal, was schon kurze Zeit später auf der Couch seiner Suite stattgefunden hatte. Er war so gut dabei gewesen, dass ich noch nicht einmal versucht hatte, ihn zu dominieren. Ich hatte nur genommen, was er mir gegeben hatte, und ihm gegeben, was er verlangt hatte.

Zu diesem Zeitpunkt war noch alles gut gewesen … aber so im Nachhinein betrachtet, hätte ich wissen müssen, dass das alles zum Scheitern verurteilt gewesen war. Aber ich hatte die Zeichen, die es da schon gegeben hatte, ignoriert und war einfach nur ein notgeiler Idiot gewesen!

Besonders zwei Dinge hätten mich stutzig machen müssen: Erstens mochte ich Hyde, er war ein Freund und ich konnte es nicht mehr als One-Night-Stand mit einem Fremden verbuchen. Es würde mich also definitiv nicht kalt lassen, was er von mir dachte und wie er mit mir umging. Und zweitens, dass er sich eigentlich schon lange für den Menschen, zu dem er gehören wollte, entschieden hatte: Megumi. Sie stand dafür, dass aus mir und Hyde nie etwas werden könnte.

Durch genau diese beiden Tatsachen steckte ich in dieser verfluchten Zwickmühle, war hin und her gerissen zwischen meinen beiden Möglichkeiten, obwohl doch keine von beiden funktionieren würde. Ich konnte Hyde weder einfach ignorieren, noch etwas mit ihm anfangen. Ich hing in der Luft. Und was passiert mit einem Menschen, der so in der Luft hängt? Genau! Er stürzt ab, weil Menschen nicht fliegen können. Natürlich wählte ich den falschen Weg.
 

Verdammte Scheiße! Wie hatte das nur passieren können?! Mit jeder Minute, die ich über das nachdachte, was geschehen war, wuchsen nicht nur meine Schuldgefühle, sondern auch der Ekel vor mir selbst. Ich hatte mir doch geschworen, dass ich nie wieder so gedankenlos sein würde, wenn es um Sex ging. Ich hatte es nie wieder geschehen lassen wollen. In meiner Jugend hatte ich so einige Dummheiten angestellt und jede Menge Herzen gebrochen, nur um an meine eigene Befriedigung zu gelangen. Ich war die Wände hochgegangen, wenn ich sie nicht täglich bekommen hatte. Die lange Liste von Menschen, die von mir ausgenutzt worden waren, hätte nie wieder um einen weiteren Namen erweitert werden dürfen. Und doch gehörte Hyde nun dazu. Ich hatte die Beherrschung verloren und gezeigt, wie viel Schwäche noch in mir steckte. Ich schämte mich einfach nur und es war mir dabei ganz egal, wie gut der Sex mit Hyde gewesen war. Nichts konnte so atemberaubend sein, dass es meine Schuldgefühle übertünchen würde.

Drei Tage war die Sache nun her. Drei volle Tage, in denen ich erfolglos versucht hatte, mich auf meine Arbeit anstatt auf Hyde zu konzentrieren. Aber natürlich war das von vorn herein zum Scheitern verurteilt gewesen – meine Arbeit bestand schließlich zu einem großen Teil daraus, bei ihm zu sein, mit ihm umzugehen und mich zu einem gewissen Grad auf ihn einzulassen.

Hyde schien alles ziemlich locker zu nehmen, denn er benahm sich genau so wie er es immer tat: Nett, höflich, ein paar Scherze, ein paar Flirts. Er redete auch mit mir, als ob nie etwas geschehen wäre. Entweder konnte er die Sache wirklich gut verarbeiten oder er war der beste Schauspieler dieser Welt. Oder es machte ihm einfach nichts aus. Ich hoffte wirklich, dass es die erste der drei Möglichkeiten war, denn irgendwie behagten mir die anderen beiden nicht. Ich wollte weder, dass er es verbarg und in sich hineinfraß, wenn ihn unser Ausrutscher doch kümmerte, noch dass es ihm schlichtweg egal war. Ich hatte nicht das Recht, irgendwelche Ansprüche zu stellen, und doch missfiel mir der Gedanke, dass Hyde so etwas wie Sex mit jemandem, den er mochte, einfach so ignorieren könnte.

Ich war auch irgendwie erleichtert, als er dann in einer Drehpause mit ernster Miene zu mir kam und um ein Gespräch bat. Natürlich fühlte ich mich dabei nicht sonderlich wohl; es war eher die Art von Erleichterung, etwas endlich hinter sich zu bringen. Aber so schlimm war es dann im Endeffekt gar nicht.

„Ga-chan“, begann Hyde ruhig, nachdem er sich neben mir in den Sand gesetzt und sich eine Zigarette angezündet hatte, „ich sag es ungern, aber du siehst zum Kotzen aus.“

„...“ Ich erwiderte nichts, obwohl ich sonst wohl sofort protestiert hätte. In jeder anderen Situation, aber nicht in dieser.

„Ich vermute mal, dass es damit zu tun hat, dass wir Sex hatten. Hab ich Recht?“, fragte Hyde dann gerade heraus, als ich ihm keine Antwort gab.

Ich seufzte leicht, stricht mir durch die Haare und machte mir selbst klar, dass ich ja doch irgendwann etwas dazu sagen müsste. Hyde konnte die Sache nicht allein klären, weil wir da beide drinsteckten.

„Natürlich“, entgegnete ich schließlich, „was sollte es sonst sein?“ Ich sah ihn an, sah ihn rauchend vor mir sitzen, immer noch mit diesem ernsten Gesichtsausdruck. Und es machte mir Hoffnung darauf, dass wir eine vernünftige Lösung für dieses Problem finden würden.

„Es scheint ziemlich an dir zu nagen.“ Ob er es nur riet oder mir von der Stirn ablesen konnte, wusste ich nicht. Auf alle Fälle stimmte es und ich nickte. Auch er nickte, nahm noch einen kräftigen Zug von seiner Zigarette und stieß den Rauch langsam wieder aus.

„Hör mal, Ga-chan. Es ist nun mal passiert, Reue nützt also nichts. Und was erst recht nichts nützen würde, wäre ein schlechtes Verhältnis zwischen uns. Du hast viel Arbeit in dieses Projekt gesteckt. Zur Hölle nochmal, du hast dir sogar jede Menge Mühe gemacht, mich ins Boot zu holen. Ich will auch heute noch nicht wissen, was du alles für Blumen und Abendessen und Sprit wegen mir ausgegeben hast. Jetzt mach dir das doch nicht zunichte, indem du dich bis zum Ende der Dreharbeiten mir gegenüber so gezwungen verhältst.“

„Hm … du hast Recht.“ Natürlich hatte er Recht, ähnliche Gedanken waren mir ja auch schon gekommen. Allerdings wusste ich trotzdem nicht, ob das gut gehen würde, besonders da … „Aber was ist mit dir? Was machst du, wenn hier Schluss ist und du nach Hause kommst? Was wird Megumi dazu sagen?“ Ich betete schon fast darum, dass er nicht wieder mit 'Was Megumi nicht weiß, macht sie nicht heiß' antwortete.

„Das geht schon in Ordnung“, war seine Erwiderung, was vielleicht nicht unbedingt besser war.

„Wirst du es ihr erzählen?“, hakte ich nach, auch wenn es mich nicht unbedingt etwas anging. Eigentlich war es seine Sache, wie er das mit seiner Frau klärte. Aber auf der anderen Seite wollte ich nicht, dass da noch irgendetwas offen war. Allein deshalb nicht, weil solche Geheimnisse und Fehltritte später immer zu Vorwürfen wurden, wenn die Situation im Streit eskalierte. Nicht, dass ich vorhatte, mich mit Hyde so sehr zu streiten, dass er zu solchen Mitteln greifen würde, aber … nun ja.

„Ich weiß noch nicht“, sagte er nach kurzem Überlegen und einem weiteren Zug von seiner Zigarette.

„Ich finde, dass sie die Wahrheit verdient.“

„Tut sie auch.“

„Aber?“

„Ich weiß es eben noch nicht.“

Dann herrschte wieder ein wenig Stille, in der Hyde seine Zigarette aufrauchte und ich nur danebensaß und nichts tat. Und als er den Stummel im Sand ausgedrückt hatte, durchbrach Hyde diese schließlich erneut.

„Aber du musst schon zugeben, dass es nicht schlecht war“, bemerkte er und grinste ein wenig schelmisch. „Ich hatte meinen Spaß und dir schien es auch gefallen zu haben … jedenfalls soweit ich mich daran erinnern kann. Ich hatte ja schon einiges intus.“

Ich starrte ihn an und zog eine Augenbraue in die Höhe: „Und was für eine Antwort erwartest du jetzt von mir.“

„Eine ehrliche vielleicht?“

„Na ja … schlecht war es wirklich nicht.“ Ich hatte schließlich schon seit über einem halben Jahr keinen Sex mehr gehabt. Fünf Monate davon hatten wir hier in Taiwan verbracht und ich war auch nicht auf die Suche nach jemandem gegangen.

„Na also, hatten wir doch beide was davon. Und weißt du was?“ Ich kam noch nicht einmal dazu, ihn zu fragen, was ich denn wissen sollte, da kam er mir schon entgegen und drückte mir die Lippen auf den Mund. Nur für einen kurzen Moment, ehe er sich wieder zurücklehnte und mich anstrahlte. Dafür legte er mir allerdings die Arme auf die Schultern und verschränkte die Hände in meinem Nacken. „Du kannst echt gut küssen. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich dich letztens einfach machen lassen, anstatt dich aufzuziehen.“ Äh … ja …

„Danke“, kam es aus meinem Mund, „du allerdings auch.“

„Freut mich.“ Er strahlte fast noch mehr und beugte sich wieder etwas näher zu mir. „Weißt du Ga-chan, ich hab dich echt gern und es ist mir wirklich wichtig, dass es gut zwischen uns läuft. Ich will nicht, dass da etwas ist, was uns jedes Mal so stocksteif dastehen lässt. Bleib einfach locker und alles wird bestens laufen. Vertrau mir, Ga-chan, ich sorge dafür.“ Er gab mir einen weiteren, sanften Kuss – diesmal allerdings nur auf die Stirn, was sich irgendwie ein wenig … komisch anfühlte.

„Wir sind doch Freunde.“ Und diese Bemerkung fühlte sich sogar noch seltsamer an, als ob sie nicht richtig wäre. Dabei stimmte sie doch! Wir waren Freude. Gute Freunde, die auch so eine Nacht nicht auseinander bringen würde. Ich hatte mir doch nicht umsonst in den letzten drei Tagen solche Vorwürfe und Gedanken gemacht.

Ich nickte und schenkte ihm ein Lächeln … und einen Kuss, bei dem ich es mir allerdings fast schon verkneifen musste, auf Hydes Lippen zu zielen, und ihn stattdessen auf seine Nase pflanzte. Nur Freunde.

In der Woche darauf landeten wir schon wieder zusammen im Bett.
 

Ich hatte mich in ihn verliebt, ohne es wirklich zu bemerken. Vermutlich zu genau diesem Zeitpunkt. Das war der einzige Grund, wieso ich meinen Schwur erneut gebrochen hatte. Für ihn gebrochen hatte. Und ich schien unbewusst die Entscheidung getroffen zu haben, die Megumi-Sache zu ignorieren, um mich auf Hyde einlassen zu können.

Aber was hätte ich auch tun sollen? Er hatte es mir nicht gerade einfach gemacht, ihm zu widerstehen, indem er immer wieder zu mir gekommen war und mich allein mit seiner Präsenz in seinen Bann gezogen hatte. Es hatte nur ein paar seiner süßen Worte bedurft und schon war ich auf ihn angesprungen – augenblicklich und jedes Mal.
 

„Ga-chan, bitte behalt das Hemd für immer an“, säuselte Hyde, nachdem er mich direkt nach der letzten Klappe des Tages vom Set weggezerrt und in eine dunkle Ecke etwas abseits geschleppt hatte, „du siehst damit echt zum Anbeißen aus!“ Dann küsste er mich einfach.

„Gern“, gluckste ich noch, ehe ich ihn empfing, uns noch weiter in die Ecke drängte und mich dann gehen ließ. Zwei oder drei Minuten ging das so, in denen von uns nur leise Seufzer und das Rascheln von Stoff, der aneinander gerieben wurde, zu hören waren.

Erst als wir uns zum Luftschnappen lösten, konnte ich meine Einwände erheben: „Es ist allerdings voller Kunstblut.“

„Waschen wir“, antwortete er knapp und hing schon wieder an meinem Hals. Mein persönlicher, kleiner Vampir.

„Und was zieh ich an, wenn es in der Wäsche ist?“

„Och, dieses hautenge, schwarze Shirt war auch nicht zu verachten. Das kannst du nehmen. Außerdem kann einen Gackt doch nichts entstellen.“

„Findest du?“

„Natürlich. Und jetzt komm mit, hier ist immer noch so viel los.“

„Jep.“
 

Ich hatte diese gemeinsamen Momente mit Hyde wie nichts anderes genossen. Sie hatten zu den schönsten meines Lebens gehört und wenn ich daran zurückdachte, wurde mir trotz allem noch immer ganz warm.

Jetzt würde ich so etwas nie mehr mit ihm erleben.
 

„Ah~ Haido~“, stöhnte ich, als er meine Beine noch ein Stück weiter auseinander drückte und sich noch enger an mich presste, „Haido … Hai...do ...“ Mehr brachte ich nicht zustande, er machte mich einfach wahnsinnig.

„Gut so?“, fragte er und versetzte mir einen Stoß.

„Ah~ … ja … aber bitte … mehr, bitte mehr …“

„Wie du willst, mein Lieber“, gluckste er und setzte noch eins drauf, erfüllte mir damit alle Wünsche, die ich im Moment hatte. Ja, der große Gackt kriegte es von einem süßen, kleinen Hyde besorgt, wie der es frecherweise ausgedrückt hatte, nachdem wir das dritte Mal nebeneinander aufgewacht waren. Gute zwei Monate war das nun her und immer, wenn wir Sex hatten, kam es mir in dem Sinn. Und ich meine wirklich immer.

Aber er wusste eben, was er konnte, und seit unsere kleine Liaison begonnen hatte, hatte ich es nicht einmal geschafft, ihn unter meine Kontrolle zu bringen. Doch auch wenn es mich reizte, war die ganze Sache okay so, wie sie verlief. Ich mochte es, Hyde in mir zu spüren, seine Hand dabei in meinem Schritt, mich zusätzlich verwöhnend. Und seinen Küssen war ich mit Haut und Haaren verfallen, sowohl seiner forschen und gierigen Art, mit der er mir das Gefühl gab, dass er mir die Seele aussaugte, als auch dem sanften Streicheln seiner Zunge, wenn er seine liebreizenden Tage hatte. Egal, welche Phase es war und auf welche Weise er zu mir kam, ich liebte es, denn ich liebte ihn. Da gab es keine Zweifel mehr.
 

Ich denke nicht, dass es sonderlich viele gab, die in der Lage wären, sich seinem Charme zu widersetzen. Hyde war einfach ein Meister seines Faches und auch wenn mir regelmäßig gesagt wurde, dass ich auch ziemlich gut darin war, andere rumzukriegen, war ich doch nur ein ganz kleines Licht im Vergleich zu ihm. Sonst hätte ich mich doch nicht mit jedem Kuss und jeder Berührung noch mehr in ihn verliebt. Ich hätte dem ein Ende gesetzt, als es noch möglich gewesen war.
 

„Und wir sehen uns nächsten Freitag?“, hakte ich noch einmal nach, als wir auf dem Tokyoter Flughafen standen und unsere restlichen Koffer und Taschen vom Gepäckband genommen hatten. Die letzten beiden Tage, die wir alle mit Reisevorbereitungen zugebracht hatten, hatten mich ziemlich geschlaucht und auch der Flug von Taiwan zurück nach Japan hatte nicht sonderlich viel Entspannung gebracht. Außerdem steckte mir die letzte Nacht noch in den Knochen … oder eher im Hintern, Hyde war ziemlich gierig gewesen. Eigentlich brauchte ich nicht viel Schlaf, aber nach solch einer Nacht waren selbst für mich vier Stunden einfach nicht ausreichend. Besonders, wenn am nächsten Morgen die Abreise anstand. Aber wenigstens sah Hyde nicht minder erschöpft aus und das gab mir einen Funken Genugtuung.

„Freitag oder irgendwann am Wochenende“, beantwortete Hyde meine Frage, „ich muss erst sehen, was die anderen sich so für mich ausgedacht haben. Schließlich waren wir jetzt eine halbe Ewigkeit weg. Ich ruf dich spätestens Mittwoch Abend an und sag dir, was Sache ist.“

„Okay“, gab ich zurück, „Mittwoch dann, da ist noch genug Zeit, um den Tisch zu reservieren.“ Den letzten Teil hatte ich eher zu mir selbst gesagt, aber es war auch nichts Verwerfliches dran, wenn Hyde es trotzdem mitbekam. Der hielt jedoch mitten in der Bewegung inne, als er gerade dabei war, seine Reisetasche zu schultern, und sah mich überrascht an.

„Du willst ausgehen?“, fragte er perplex.

Ich zuckte mit den Schultern: „Ja, ich dachte schon. Haben wir doch bisher auch gemacht.“

„Ja, klar“, stimmte Hyde zu, schob allerdings gleich einen Einwand hinterher, „aber das war in kleinen Restaurants und in Taiwan – einem Land, in dem du und ich vermutlich wesentlich weniger Fans haben als allein in Tokyo. Wenn uns hier welche über den Weg laufen, kannst du den Rest des Abends vergessen.“ Ich war verblüfft von seiner Argumentation.

„Seit wann so viel Schwarzmalerei, Haido?“, scherzte ich. „Glaubst du ernsthaft, dass sie gleich in Scharen angelaufen kommen und uns dann quer durch die Stadt jagen, nur weil wir zusammen etwas essen gehen? Sie können nicht riechen, dass wir was miteinander haben.“

„Sie brauchen gar nicht zu wissen, dass wir was miteinander haben. Bei deren Phantasie reicht es aus, dass du einfach nur neben mir stehst. Hast du schon mal ins Internet geschaut?“

„Hab ich. Fanfictions über mich und You, mich und Ren, You und Chacha, Ren und Masa, über uns alle bei Orgien und so weiter … sogar mit Leuten, mit denen ich für gewöhnlich nichts zu tun habe. Wir können nichts tun, was unsere Zusammenarbeit bei Moon Child nicht sowieso auslösen wird. Außer früher damit anzufangen. Na los, Haido, lass uns eine neue Welle lostreten!“ Ich lachte, legte einen Arm um seine Taille und küsste ihn flüchtig auf die Stirn, nachdem ich mich kurz vergewissert hatte, dass niemand direkt zusah. Wir trugen zwar beide verspiegelte Sonnenbrillen, aber das musste nichts heißen.

Hyde raubte mir dann einen ebenso flüchtigen Kuss auf den Mund, ehe er glucksend erwiderte: „Hört hört, wer da so groß spricht! Wenn ich daran denke, wie unterwürfig du in gewissen Situationen sein kannst, mag man es gar nicht glauben, dass es Leute gibt, die dich für arrogant halten.“

„Von dir kann man auch nicht gerade behaupten, dass du ein schlichtes Gemüt bist“, schoss ich darauf zurück, löste mich wieder komplett von Hyde und nahm meine Taschen auf. „Also, was ist nun? Essen gehen oder uns gleich in ein stilles Kämmerchen zurückziehen?“

„Wir werden sehen, nach was mir am Mittwoch ist. Such aber schon mal ein Rezept raus, für das du nicht vier Tage lang in der Küche stehen musst.“

„Und ich dachte du vergötterst mein Curry“, schmollte ich gespielt.

„Tu ich auch.“

„Aber?“

„Aber wenn ich dir Mittwoch Bescheid gebe, dass wir daheim bleiben, sehen wir uns auf jeden Fall erst Sonntag. Und das, mein Lieber, wirst du sicherlich nicht wollen.“

„Wo du Recht hast ...“

„Ich bin eben gut.“

„Übertreib es nicht.“

„Okay okay.“

„Ich liebe dich.“

„Nicht so laut!“, sagte er zwar und schlug mir mit der freien Hand, die er noch hatte, gegen den Arm, gab mir dann aber noch einmal einen schnellen Kuss, ehe wir uns auf den Weg nach Hause machten.
 

Ich war vergnügt und überglücklich am Point Of No Return vorbeigezogen und hatte mich mit wehenden Fahnen in mein Unglück gestürzt. Wenn ich doch nur nicht so blind vor Liebe gewesen wäre …

Am Tag unserer Rückkehr hätte ich mich noch einmal umwenden und den richtigen Weg nehmen können. Denn so rosig und gut auch alles in Taiwan gelaufen war, war es doch etwas völlig anderes, unsere Beziehung auch in Tokyo aufrechtzuerhalten. Dort waren wir die ganze Zeit zusammen und hatten niemanden, der uns großartig gestört hätte. Wir hatten nach Drehschluss und in den Pausen gemeinsam etwas unternehmen können, ob wir nun an den Strand, auf den Markt oder in ein Restaurant gegangen waren. Und wenn wir abends zu müde für irgendetwas außergewöhnliches gewesen waren, hatten wir uns in eins unserer Hotelzimmer zurückgezogen und einfach nur beieinander gelegen … oder uns mit uns selbst beschäftigt; je nachdem, wie es uns beliebte.

Hier jedoch wohnten wir zwar in derselben Stadt, allerdings in zwei völlig verschiedenen Gegenden und waren etliche Kilometer voneinander entfernt. Außerdem hatte jeder von uns wieder seinen eigenen Tagesplan und auch sein eigenes Umfeld. Wenigstens hatten wir noch einige Interviews und TV-Auftritte zu absolvieren.
 

„Komm schon, Haido, noch ein Kuss“, bat ich ihn inständig.

„Es kann jeden Moment jemand reinkommen, um uns ins Studio zu rufen“, wandte er ein und wich ein paar Zentimeter zurück, als ich mich zu ihm hinunter lehnte, „in zehn Minuten geht die Show los.“

„Nur ein Kuss, das geht schnell“, beharrte ich weiter.

„Du weißt aber schon, wie so was immer endet, Ga-chan?“ Konnte man es als Protest verbuchen, wenn er dabei schelmisch grinste?

„Und wo würdest du mich flachlegen wollen?“, stieg ich darauf ein.

„Hm … der Tisch da drüber sieht ganz bequem aus. Wird aber leider nichts.“ Damit stand er von der Couch auf und bewegte sich zur Tür. Ich wollte allerdings noch nicht locker lassen und folgte ihm auf dem Fuße.

„Nur ein Kuss“, raunte ich, als ich hinter ihm stand, die Arme um ihn schloss und dabei den Schlüssel in der Tür herumdrehte, „sonst lass ich dich hier nicht raus.“

„Ga-chan will Spielchen spielen.“

„Will Ga-chan nicht. Du weißt, was Ga-chan will.“

„Auf deine Verantwortung.“

Dann bekam ich meinen Kuss. Und was für einen! Er küsste mich genau so, wie er es immer tat, wenn er extrem scharf auf mich war. Für gewöhnlich war das kein Problem, aber dieses Mal … war ich echt froh, dass ich diese lange, dunkle Kutte für meinen bevorstehenden Auftritt trug, denn sonst hätte ich später mehr als nur ein kleines Problem vorzuweisen gehabt.

„Zufrieden?“, fragte er ein paar Sekunden später.

„Uhm ...“

„Wunderbar. Los jetzt, Süßer.“
 

„Sie wünschen?“, fragte die Kellnerin, die ich herangewunken hatte.

„Bitte noch einen Kaffee.“

„Sofort.“ Sie sammelte noch meine Tasse ein und lief dann los, um eine neue zu holen. Zu dem zerstochenen Kuchen, dem mittlerweile zwei Ecken fehlten, hatte sie nichts gesagt, obwohl ich gesehen hatte, dass ihr Blick für einen kurzen Augenblick daran hängen geblieben war.

Sie brauchte nicht lange, um mit meinem Kaffee zurückzukommen, fragte im gleichen Zug, ob ich meinen Kuchen noch essen wollte und nahm ihn mit, als ich dies verneinte. Dafür genehmigte ich mir gleich einen Schluck von dem schwarzen Kaffee; der war mir gerade wesentlich lieber als dieses süße Zeug. Er war bitter, genau wie das, was vor einer knappen Stunde erst passiert war …
 

tbc.
 

~~~ ** + ** ~~~
 

Muha, endlich geschafft x3 Das hier wollte ich schon seit 'ner halben Ewigkeit schreiben und hab's einfach nicht auf die Reihe gekriegt. Zwischendurch hab ich zig Protagonist-sitz-irgendwo-rum-und-erinnert-sich-an-seine-Lebensgeschichte-Fics aufkommen sehen und mich immer mehr geärgert, dass ich nicht auch endlich mal meinen Allerwertesten hochkrieg. Nun ja, das Konzept ist also nicht mehr das allerneuste, aber ich hoffe, dass das hier trotzdem ein bisschen anders als der ganze Rest ist. Ich scheine so langsam Freude an seltsamen GakuHai-Konstellationen zu bekommen ^^'

Die Kommi-Schreibstube ist ab jetzt wieder geöffnet ;3



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Akai-chan
2010-09-25T20:57:57+00:00 25.09.2010 22:57
Okay, hier nun auch mal ein wenig Senf von mir. Ich hab ja gesagt, wenn ich Lust und Laune und Zeit habe, lese ich es. Und kommentiere. Und ich stehe zu meinem Wort. ;3

Ich hab bisher auch nur dieses Kapitel hier gelesen. Die anderen nehm ich mir gleich vor. Oder später. Oder morgen. Mal sehen. xD" (Nur so als Info, dass ich noch nicht bis zum Schluss gelesen habe.)

Eh, ja... was fällt mir da spontan dazu ein? Gakuhai. (Dazu muss ich nichts weiter sagen, oder?) Mit Gackt im passiven Part ist allerdings selten anzutreffen. Sehr selten. Find ich persönlich immer recht schade, da ich dieses Seme-Uke-Gepresse einfach nicht mag. Sie hätten sich auch gern abwechseln können, aber ich hab den Eindruck, das hätte nicht zu diesem Hyde gepasst. Und Gackt muss irgendwie echt blind vor Liebe gewesen sein, das zuzulassen. Vielleicht nicht gleich von Anfang an, aber ja... ab einer gewissen Stelle definitiv. Wie sagt man noch? "Liebe macht blind." oder "Krank vor Liebe" Ich glaube, das würde recht gut auf Gackt passen.
Andererseits kann ich ihn auch wieder sehr gut verstehen. Wenn man verliebt ist, macht man sich eben so seine Hoffnungen. Man sieht die Realität nicht mehr. Man IST einfach blind vor Liebe. Blind fürs Wesentliche. Man denkt, man glaubt, man hofft, es könnte noch etwas passieren, das die Situation von grundauf ändert. Dass das nie etwas hätte werden können, sieht man dann leider immer erst hinterher, wenn es schon längst zu spät ist. Wenn man nicht mehr zurück kann und alles zerstört hat, was man vielleicht besser bewahrt hätte.
Oh, btw... Gackt und Kuchen? Ja, da hat er recht, DAS geht ja gar nicht. Ö_Ö Da muss echt was falsch bei ihm laufen. Richtig falsch. xD"

Mal zu Hyde... Man sieht ihn nur durch Gackts Augen, aber das hätte bei dir klar sein sollen, da du die Ich-Perspektive ja oft und gerne verwendest. xD (Hätte ich mir damit denken sollen. Als ich anfing zu lesen, war mein erster Gedanke: Oh, Ich-Perspektive. Hatte was anderes erwartet, aber ja.. is eigentlich logisch. xD") Jedenfalls kann es dadurch sein, dass er in gewissen Dingen anders auf ihn wirkt, als es eigentlich ist. Vielleicht ist er ja gar nicht so schlimm? Aber das wird sich zeigen. (bzw ich weiß, dass Hyde wohl noch sehr arschig wird?)
Aber Alter, ich hab den Eindruck, seine Ehe und Megumi interessieren ihn so absolut gar nicht mehr. O__O Dabei müsste das kurz nach der Hochzeit spielen. Wäre die Frage, ob es nicht vielleicht nur ne Art Zweckehe ist. Aber so, wie er mit der ganzen Affäre umgeht, halleluja. Ich hoffe nur, Megumi ist ihm nicht auch so verfallen wie Gackt. =___= Arsch, ey.

Ja, zum ersten Kommi...
Noch mehr Absätze? So nach jedem Wort, oder wie? xD"
Ich persönlich finde es vollkommen ausreichend so. ^-^v
Ich hab aber mal ein paar Sachen mit rausgesucht, die du dir nochmal anschauen könntest/solltest:

"ich hatte nicht den leisesten Schimmer einer Ahnung"
Klingt für mich unüblich. Entweder "nicht den leisesten Schimmer" oder "nicht die leiseste Ahnung". Aber so wirkt es auf mich irgendwie... plump.

"versucht, dass dich dazu zu kriegen."
Ich hab den Eindruck, das dass müsste da raus. Falls nicht, bin ich leider zu doof, den Satz zu verstehen. oO"

"wenn Hyde sich mit hingeben würde"
Naja, der Fehler sollte eindeutig sein. xD


In diesem Sinne... mal sehen, ob mich die Müdigkeit jetzt nicht noch so einnimmt, dass ich mich gleich hinlege. x_x"
Von:  chicchai
2010-09-13T18:35:06+00:00 13.09.2010 20:35
Hmm, was alle immer mit den Absätzen haben. Ich mag beides. Super viele und super wenige. Ich konnte das gut lesen. Zwar kam die Pointe der Fic irgendwie noch nicht zum Vorschein und ich hätte die Fic vermutlich ganz auf einmal hochgeladen, weil das Kapitel so etwas in der Luft hängt... Außerdem mag ich Uke-Gackt nicht, aber das ist ja generell so und hat nix mit der Fic zu tun. Hyde hat irgendwie einen merkwürdigen Charakter. Dass er diese zwei Seiten hat, das seh ich auch so, aber irgendwie wirkt er wie eine totale bitch, weil er Gackt gar nicht zu lieben scheint, und trotzdem nix dagegen hat, ihn so als "fuck-buddy" zu halten. Ich finde es auch irgendwie doof, dass es Gackt absolut nicht zu stören scheint, dass er "Uke" ist... grad in den letzten Monaten habe ich zusehends immer mehr das Gefühl bekommen, dass er es absolut hasst, die Kontrolle abzugeben, und na ja... naaah, egal, ich glaube, dass ich Uke-Gackt nicht mag, hab ich schon gesagt. Ich werd mal sehen, was für eine heftige Wendung (die ich jetzt erwarte :) im zweiten Kapitel kommt. Hyde muss ja was ziemlich Doofes machen.

Ach ja, da sind hier und da ein paar Tippfehler drin, aber ich hab sie jetzt nicht rausgesucht...
Von:  Ina-Tenshi
2010-09-13T10:41:32+00:00 13.09.2010 12:41
na wie gesagt, es war gute abendlektüre. XD
hab sogar irgendwas von gakuhai geträumt, nur WAS weiß ich nicht mehr. >_>
gehört die letzte szene zufällg zum "music station" auftritt vom 6.6.2003?
wegen der langen kutte und so...XDDD
find ich cool, das die sendung mal in einer FF auftaucht. *sie lieb*
okay, sie ist ja nciht wirklich vorgekommen, aber trotzdem ^_^
sehr interessante story. gackt macht einen sehr neugirig darauf, was denn bitteres passiert ist.
freu mich schon auf die fortsetzung!^^

Ina
Von: abgemeldet
2010-09-11T20:46:16+00:00 11.09.2010 22:46
Ha...Ich bin die erste.
Ich finde die Story klasse. Bin sowieso ein großer Fan von deinen Geschichten...
Allerdings könntest du beim nächsten mal vielleicht ein paar kleine Absätze zwischen den einzelnen Abschnitten lassen. Dann ist es einfacher zu lesen...
Mach weiter so

LG Kiriana


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