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Nur dem Herzen verpflichtet

von

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Flucht in den Sherwood Forest

Disclaimer: siehe Kapitel 1
 

Kapitel 2: Flucht in den Sherwood Forest
 

Nachdem ihr Entschluss einmal gefasst war, zögerte Marian nicht länger. Zum Schutz gegen die abendliche Kälte, legte sie sich lediglich ihren langen Mantel um die Schultern, denn sie hatte sich zuvor noch nicht für die Nacht ungekleidet. Nichts nahm sie mit außer der Kleidung, die sie am Leibe trug. Was kümmerte dieses Leben sie noch? Es war nichts weiter als ein goldener Käfig. Ganz gleich, ob er aus Gold war oder nicht, ein Käfig war und blieb ein Käfig. Doch sie wollte keine Gefangene sein. Sie würde in die Freiheit entfliehen, solange sie noch die Möglichkeit dazu hatte.
 

Auf leisen Sohlen verließ Marian die kleine Kammer und stahl sich zur Treppe. Zwar war sie bemüht, so lautlos wie möglich aufzutreten, aber jedes Mal, wenn eine Stufe unter ihren Füßen knarrte, blieb sie wie angewurzelt stehen und hielt den Atem an. Nicht auszudenken, wenn ihre Eltern ihren Fluchtversuch bemerkten! Jede Hoffnung auf ein Entkommen wäre dahin!

Ängstlich lauschte die junge Frau auf ein Geräusch aus der Kammer, doch alles blieb still. Wahrscheinlich waren ihre Eltern bereits zu Bett gegangen. Erleichtert setzte sie ihren Weg fort und gelangte ungesehen zur Tür. Bevor sie hinaus auf die Straße trat, verbarg sie ihr langes, blondes Haar unter der Kapuze ihres Mantels. Gewöhnlich war sie sehr stolz auf ihre Haarpracht, aber bei ihrem Vorhaben, war sie viel zu auffällig. Jeder Einwohner von Nottingham, der sie nur einmal sah, würde sich sofort an sie erinnern und dass würde die Suche nach ihr umso einfacher machen. Dieses Risiko konnte Marian auf keinen Fall eingehen.

Nachdem sie sich nochmals überzeugt hatte, dass wirklich keine Strähne mehr unter dem Stoff hervorschaute, öffnete sie die Tür des Gasthauses und schlüpfte hinaus in die Abenddämmerung.
 

Draußen blieb Marian einen Moment lang stehen und atmete die frische Luft tief ein. Ein bislang nie gekanntes Gefühl der Befreiung überkam sie, als sie nun nicht länger von beengenden Wänden oder Steinmauern umgeben war. Aber noch war sie nicht in Sicherheit. Sie mußte fort von hier, bevor sie wirklich noch jemand sah. So schnell sie nur konnte, lief die junge Frau die Straße entlang, die um diese Tageszeit bereits verlassen dalag, bis sie den Stadtrand erreichte. Sobald sie die letzten Häuser hinter sich gelassen hatte, verlangsamte Marian ihre Schritte und ging langsam, fast andächtig auf den Waldrand zu. Schon sehr bald würde sie frei sein. Im Schutz der Bäume konnte sie sich gut verstecken und niemand würde sie jemals finden. Endlich hatte sie alle Verpflichtungen und Zwänge hinter sich gelassen.
 

Gerade als die Abendsonne ihre letzten blutroten Strahlen über die Wipfel der Bäume schickte, erreichte Marian den Saum des Waldes. Erleichtert, aber auch ein wenig ängstlich trat sie in die Schatten von Sherwood Forest. Inzwischen war es so dunkel geworden, dass kein Licht mehr durch die Baumkronen drang und der Wald bereits in tiefe Dunkelheit gehüllt war. Die junge Frau konnte sich nur Schritt für Schritt vorantasten, denn ihre Augen vermochten graue Zwielicht kaum zu durchdringen. Immer wieder schreckte sie unwillkürlich zusammen, wenn ein herunterhängender Ast ihren Arm streifte oder ein unbekannter Laut aus dem Unterholz erklang.

Langsam aber schmerzhaft deutlich wurde ihr bewußt, welch weiter und beschwerlicher Weg noch vor ihr lag. Bis zu diesem Tag hatte sie ein Leben in Wohlstand und Geborgenheit geführt, umgeben von Menschen, die sie liebten, sie umsorgten und ihr jeden Wunsch von den Augen ablasen. Wie sollte sie, die niemals zuvor für sich allein hatte sorgen müssen, sich nun in den Wäldern zurechtfinden?
 

Nachdem sie etwa eine Stunde ziellos durch den Wald gelaufen war, spürte Marian, wie die Aufregung aus ihrem Körper wich und einer großen Müdigkeit Raum machte. Die Anstrengungen des Tages forderten ihren Tribut. Außerdem hatte sie seit dem Mittag nichts mehr zu sich genommen und fühlte sich mittlerweile ganz schwach vor Hunger.

Zum ersten Mal kamen der jungen Frau Zweifel an ihrer Entscheidung. In den Sherwood Forest zu fliehen, um auf diese Weise den Fesseln ihrer Familie zu entkommen, war ihr zuerst so einfach erschienen. Keinen einzigen Gedanken hatte sie an die Probleme und Gefahren verschwendet, die ein ungebundenes Leben mit sich brachte. Wie sollte sie Nahrung finden? Sie wußte nicht einmal, welche Pflanzen sie essen durfte und auf die Jagd gehen konnte sie erst recht nicht. Wovon sollte sie leben? Wo sollte sie Schutz vor Regen und Kälte finden?
 

Die junge Frau blieb stehen und schaute sich ratlos um. Allem Anschein nach, würde sie diese Nacht wohl irgendwo im Dickicht verbringen müssen, denn inzwischen konnte sie vor Müdigkeit kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen. Nach anfänglichem Zögern legte sie sich deshalb im Schutz einiger Büsche, deren Zweige tief über dem Boden hingen, ins Gras. Hunger und Durst peinigten sie noch immer und auch der Nachtwind, der zu dieser Jahreszeit sehr kalt sein konnte, ließ sie frösteln. Warum nur hatte sie nicht wenigstens einen zweiten Mantel oder eine Decke aus ihrem Gepäck mitgenommen?

Ein schweres Seufzen entkam Marians Lippen. Die große Freiheit hatte sie sich anders vorgestellt. Schon als Kind hatte sie sich ein solches Leben immer sehr romantisch vorgestellt, hatte sich ausgemalt, wie wundervoll es sein mußte, von allen Zwängen frei zu sein. Nun mußte sie erkennen, dass die Wirklichkeit ganz und gar nicht ihrer Vorstellung entsprach. Das Leben in der Wildnis war geprägt von Hunger und Entbehrungen. Würde sie diese um ihrer Freiheit Willen ertragen lernen? Die junge Frau wußte jedoch allen Zweifeln zum Trotz, dass es für sie kein Zurück mehr gab. Sie hatte ihren Weg gewählt und würde nun auf Gedeih und Verderb die Folgen tragen müssen.
 

Bevor der Schlaf sie überwältigte, schweiften Marians Gedanken zu ihren Eltern. Hatten sie ihr Verschwinden inzwischen bemerkt? Machten sie sich Sorgen? Zürnten sie ihr?

Unwillkürlich und mit spürbarem Widerwillen mußte sie nun auch an Robert Huntington, ihren unbekannten Verlobten denken. Wie mochte er wohl auf ihre Flucht reagieren? Würde er nach ihr suchen lassen? Würde ihre offensichtliche Weigerungen, ihn zu heiraten, ihn so sehr in seiner Ehre kränken, dass er am Ende gar eine Familienfehde vom Zaun brach? Oder würde er genauso erleichtert sein wie sie, dass diese arrangierte Hochzeit nicht stattfinden würde? Sie konnte es beim besten Willen nicht sagen, immerhin wußte sie rein gar nichts über ihn. Wenn sie nur wüßte, was für ein Mensch er war...

Bevor sie jedoch noch weiter darüber nachdenken konnte, gewann ihre Müdigkeit die Oberhand und sie war kurz darauf fest eingeschlafen.
 

Fortsetzung folgt...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Holmes
2011-05-03T14:27:09+00:00 03.05.2011 16:27
Da ich Robin Hood, sowie so über alles liebe, musste ich einfach in deine FF reinlesen. Ich finde deinen Schriebstil wirklich sehr angenehm und man liest ohne weiteres immer weiter. Würde mich über eine Fortsetzung wirklich sehr freuen!

Kennst Du auch die Verfilmung mit Errol Flynn? *_*
Aber der Anime ist auch wirklich toll *_*


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