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Changing Hearts

von

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Auf in die Stadt! Und in die Vergangenheit...

Liebe Leser,

vielen Dank für bereits 18 Favoriteneinträge! Und danke an diejenigen, die so lieb waren, einen Kommentar zu hinterlassen!

Ich hoffe, ihr habt weiterhin Spaß am Lesen!
 

Hörbuch Kapitel 7: http://www.youtube.com/watch?v=wdoVGwUVfOU
 

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"Auf Wiedersehen, junger Herr!!", krähten Meirin, Finny und Bard aus vollem Halse, als Ciel aus der Tür des Anwesens trat. Die drei standen hinter ihm in der Eingangshalle und verbeugten sich höflich zum Abschied. Er nickte leicht und ging hinüber zur Kutsche, wo ihm Sebastian die Stufen hinauf half.

Ernst wandte sich der Butler an die drei Angestellten.

"Bitte beschützt das Anwesen, wie ihr es immer getan habt. Und bitte -", er machte eine theatralische Pause, schloss die Augen für einen Moment und öffnete sie wieder mit einem flehenden Ausdruck. "Bitte, stellt nichts an, werft nichts um, lasst den Garten, wie er ist, keine Waffen in der Küche! Wenn wir in ein paar Tagen wieder kommen, soll alles noch genau so aussehen wie jetzt! Verstanden?"

Die drei duckten sich unter Sebastians drohendem Blick und salutierten dann.

"Ja, Sir!"
 

Ciel mochte die Stadt nicht. Es war voll, laut, stickig und man kam in den Straßen nur im Schneckentempo voran. Er gehörte nicht zu den Leuten, die sich täglich mit ihren Freunden trafen, um über den Grafen von Soundso und die Lady Siewissenschon zu tratschen. Auch ging er nicht gerne zum Einkaufen (das tat er auch nie) und wenn er einmal das Theater oder die Oper besuchte, dann nur aus einer gesellschaftlichen Verpflichtung heraus, beispielsweise aufgrund einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Dann war er eben ein Einsiedler, aber er fand nichts an großer Gesellschaft. Er brauchte keine 'Freunde', die ihm hinten drein krochen, ihm erzählten, wie intelligent er wäre und wie gut aussehend. Er wollte sich nicht anpassen, wenn es nicht unbedingt erforderlich war. Sicher, er war sehr gut darin, eine freundliche Maske aufzusetzen und das Spiel der Gesellschaft mitzuspielen, aber seinen Alltag verbrachte er doch am liebsten auf seinem Anwesen zusammen mit seinem Butler.

Hmmmm, zusammen mit seinem Butler? Was dachte er denn da? Ciel versuchte unauffällig aus den Augenwinkeln einen Blick auf Sebastian zu werfen, der ihm gegenüber in der Kutsche saß und ruhig aus dem Fenster schaute. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen - und das schon den ganzen Morgen. Seit Sebastian seinen Herrn mit diesem merkwürdig belustigtem Ausdruck im Gesicht geweckt hatte, grübelte Ciel, ob der Dämon etwas von seinen nächtlichen Aktivitäten wusste. Den Gedanken, dass Sebastian sogar direkt etwas damit zu tun haben könnte, erlaubte er sich nicht.

Ciels Augen tasteten sich über das Gesicht des Älteren, wanderten den Hals hinab und blieben an den Händen hängen, die im Schoß des Butlers ruhten. Selbst durch die weißen Handschuhe hindurch war leicht zu erkennen, wie schlank und feingliederig die Finger waren. Das Äußere ließ einen nicht ahnen, welche Stärke diese Hände besaßen. Aber gleichzeitig konnten sie auch so unendlich sanft über die Haut gleiten, wenn sie mit einem Schwamm den Rücken hinab strichen.

Völlig in seinen Fantasien versunken, wanderte sein Blick wieder höher, die Arme hinauf bis zu dem schönen Gesicht des Dämons. Wie sich wohl die Haut dort anfühlte? Er hatte Sebastian zwar schon des Öfteren geohrfeigt, aber dabei lässt sich die Haut schlecht spüren. Ob sie glatt war? Oder leicht rau? Von Bartstoppeln war nie etwas zusehen, vielleicht wuchsen einem Dämon keine Haare am Kinn.

Die Lippen sind so glatt, man sieht keine Rillen - ob man wohl welche ertasten könnte? Und ob die Nasenspitze wohl eher weich oder doch fest ist? Und diese langen Wimpern... sie sehen so weich aus... und diese roten Augen, wenn sie einen direkt ansehen. Wie heute Nacht, als ich mich...

Die roten Augen sahen Ciel direkt ins Gesicht.

Das Herz setzte aus.

Der Atem stand still.

Ciel wurde heiß und kalt zugleich, die Röte stieg ihm ins Gesicht und der Schreck fuhr ihm in die Glieder, als er sich des Blickes seiner Butlers bewusst wurde. Mit starrer Miene und weit geöffneten Augen wandte er sein Gesicht schnell ab in Richtung Fenster.

Sebastian hatte ihn dabei ertappt, wie er ihn gründlich gemustert hatte. Und wie gründlich!

Was ist nur in mich gefahren?, dachte Ciel zornig und verwirrt. Er war wütend auf sich selbst, weil er sich so vor Sebastian bloß gestellt hatte. Was musste der Dämon jetzt nur von ihm denken? Wahrscheinlich lachte er sich innerlich tot! Der süße, kleine Menschenjunge, nicht mal er kann den Anziehungskräften eines Dämons widerstehen, auch wenn dieser ein Mann ist!

Ciel schämte sich seiner eigenen Gedanken und war im nächsten Moment schon wieder sauer, weil er sich schämte. Er schluckte einmal, schloss kurz die Augen und atmete tief ein.

"Geht es Euch nicht gut, mein Herr?", fragte der Butler mit besorgter Stimme, doch auf seinem Gesicht hatte sich ein süffisantes Grinsen breit gemacht.

"Grins nicht wie ein Irrer, Sebastian. Sag mir lieber, wann wir endlich da sind. Ich halte es nicht mehr lange in dieser schrecklichen Kutsche aus."

"Ich hoffe doch sehr, dass das nichts mit meiner Anwesenheit zu tun hat." Ciel machte das scheinheilige Lächeln seines Butlers beinahe rasend. Was bildete sich der Kerl ein?

Erst schleicht er sich in meine Träume, dann hat er die Frechheit das auch noch zu bemerken und jetzt reizt er mich mit unnötigen Bemerkungen! Ich hasse ihn!

Er bedachte seinen Butler mit vor unterdrückter Wut funkelnden Augen.

"Nein, es hat überhaupt nichts mit dir zu tun. Zumindest war es so bis eben. Du könntest auch einfach mal deinen Mund halten und mich in Ruhe lassen."

Sebastian beugte sich etwas vor und schaute seinen Herrn von unten herauf an.

"Ist das ein Befehl, junger Herr?"

"J-Ja, sei einfach still."

Verdammter Butler! Schon wieder hatte er die Hitze in seinen Wangen gespürt. Und wann sie nun endlich ankommen würden, hatte er auch nicht erfahren.
 

Sebastian lehnte sich lächelnd zurück und schlug die Beine übereinander. Seit der letzten Nacht hatte er ein paar interessante Entdeckungen machen dürfen.

Ciel reagierte sehr empfindlich, wann immer Sebastian ihm körperlich oder auf verbaler Ebene zu nahe trat. Berührten seine Hände den Körper des Jungen, beschleunigte sich dessen Herzschlag, seine Atmung wurde flacher und seine Wangen nahmen eine unmissverständliche rote Färbung an. Der Körper seines Herrn war dieser Nähe definitiv nicht abgeneigt. Ganz anders stand es mit Ciels Einstellung. Er war sehr stolz und verbarg seine Schwächen, so gut er konnte, selbst vor seinem einzigen wirklichen Vertrauten. Und wann immer Sebastians Bemerkungen diesen Schutzwall zu durchbrechen drohten, war Ciel erst peinlich berührt, dann wütend, er befahl ihm, den Mund zu halten und setzte dann wieder eine kalte, abweisende Miene auf. Das war schon immer so gewesen, aber heute war sein Herr besonders sensibel. Und dank seines kleinen Experiments in der Nacht wusste Sebastian nun auch ganz genau, weshalb: Selbst der kalte, zuweilen grausame und gefühllose Ciel Phantomhive konnte sich den dämonischen Reizen seines Butler nicht erwehren. Dessen war sich Sebastian nun sicher. Wie es allerdings um Ciels tatsächliche Gefühlswelt stand, wusste er noch nicht. Aber seine bisherigen Erkenntnisse würde er dazu verwenden, nach und nach zu Ciel vorzudringen.

Nach außen würde er natürlich weiterhin den unterwürfigen Butler präsentieren.

Was im Übrigen auch wieder notwendig wurde; die Kutsche hatte ihr Ziel erreicht.

Sogleich ging Sebastian seinem Herrn voran, um ihm die Stufen hinunter zu helfen. Ciel hatte sich wieder vollständig unter Kontrolle und so griff er mit eisiger Miene und ohne das geringste Zittern nach der angebotenen Hand.

Während Sebastian sich zusammen mit dem Kutscher um das Gepäck kümmerte, konnte der Butler sehen, wie sich Ciel angewidert in der Straße umsah. Der Junge hasste die Stadt und ihren Dreck, aber das ließ sich nun mal nicht ändern. Wenn Ciel überhaupt jemandem treu war, dann der Königin, und für seinen Auftrag würde er auch die lärmenden Kinder, die vielen Menschen, den Hundekot und die Obdachlosen ertragen. Zumindest befand sich die Villa in einem der besseren Viertel der Stadt, also würde der Junge weiterhin gut schlafen können.

Und wie er gut schlafen wird.

Obwohl er es sich selbst kaum erklären konnte, freute sich Sebastian auf die kommende Nacht und die Möglichkeiten, die sie mit sich brachte. Außerdem würden sein Herr und er allein in diesem Haus sein, lästige Angestellte gab es hier nicht.
 

Nachdem Sebastian ihm den Tee zubereitet hatte, schickte Ciel seinen Butler aus, um Erkundigungen einzuziehen. Sie mussten wissen, welchen Familien die drei Mordopfer angehörten, in welchen Kreisen sie sich bewegten und ob es dadurch eine Verbindung zwischen ihnen gab.

Nun allein gelassen, konnte Ciel sich endlich entspannen und in Ruhe nachdenken. Ihm war das merkwürdige Verhalten des Dämons nicht entgangen. Er schien jede Gelegenheit zu nutzen, um Ciel zu verärgern, indem er ihn reizte und verwirrte. Was zum Teufel bezweckte er damit?

Ob er all das mit voller Absicht tat? Einfach, weil er genau wusste, wie sehr es Ciel irritierte?

Sein Herzschlag beschleunigte sich, als ihm die vielen Gesten Sebastians durch den Kopf gingen. Ständig berührte er ihn unnötigerweise oder sagte Dinge, die ihm die Röte in die Wangen trieb. Dass es aber auch jedes verdammte Mal funktionierte!

Wieso fällt es mir bloß so schwer, Ruhe zu bewahren? Früher war es mir doch auch gleichgültig, wenn Sebastian mich nackt sah. Aber nun... Ich fühle mich wie ein junges Mädchen, das kurz vor seiner Hochzeitsnacht steht!

Der Puls des jungen Grafen ging rasend, als ihm klar wurde, was er gerade gedacht hatte. Ohne es verhindern zu können, gingen seine Überlegungen immer wieder in die eine Richtung. Es lief immer darauf hinaus, dass die Nähe seines Butlers ihn nervös machte und die verrücktesten Körperreaktionen in ihm hervor rief.

Nachdem er noch eine Weile Löcher in die Luft gestarrt hatte, erhob Ciel sich ruckartig aus seinem Sessel und begann fieberhaft nach Ablenkung zu suchen. Er war nicht oft in dieser Villa, also musste es doch irgendetwas geben, das ihm Abwechslung verschaffen konnte.
 

Eine Weile tapste er durch lange leere Flure, schlich durch dunkle Zimmer und blieb ab und zu vor dem einen oder anderen Wandgemälde stehen. Dieses Haus enthielt lange nicht so viele persönliche Erinnerungen wie das Anwesen außerhalb Londons. Und trotzdem bekam er immer dieses komische Gefühl von Wehmut und Nostalgie, wenn er in den alten, verlassenen Räumen umherlief.

Irgendwann gelangte der Junge in das Schlafgemach, das seine Eltern früher bei ihren Aufenthalten in London bewohnt hatten. Es hatte sich nicht viel verändert. An der einen Wand stand das große Himmelbett mit Nachttischen an beiden Seiten. Fenster an drei Wänden, es war ein Eckzimmer. Links von der Tür stand ein großer dunkler Eichenschrank mit vielen Türen und Schubladen.

Langsam ging Ciel auf diesen Schrank zu und öffnete hier und da eine Tür. Hinter der einen verbargen sich Papierstapel, hinter der nächsten türmten sich Stoffe in unordentlichen Haufen, die nächste Tür offenbarte Bücher und Alben.

Bei einer Schublade blieben seine Augen schließlich hängen. Vorsichtig zog er sie bis zum Anschlag heraus. Zum Vorschein kamen ein paar dicht beschriebene Blätter, zwei Fotografien und ein großes goldenes Medaillon. Ciel hatte das Gefühl, als wäre er soeben durch eine Tür geschritten, an der ein großes Schild mit der Aufschrift "Privat" hing. Seine Hände zitterten leicht, als er seine Beute zum alten Frisiertisch seiner Mutter trug und sich dort auf dem Schemel nieder ließ.

Zunächst besah er sich die Fotografien. Auf der ersten waren seine Eltern zu sehen, wie sie Arm in Arm vor irgendeiner Sehenswürdigkeit standen. Sie lächelten und ihre Augen funkelten. Ciel fühlte ein leichtes Ziehen in seiner Brust. Als er das Bild zur Seite legen wollte, sah er, dass auf der Rückseite etwas geschrieben stand:

'Vielen Dank für die schöne Zeit in London, mein Schatz.'

Ciel schluckte. Er versuchte sich vorzustellen, wie diese Worte aus dem Mund seiner Mutter geklungen hätten, aber alles, was er hörte, waren verzerrte Klänge. Er konnte sich nicht mehr richtig an ihre Stimme erinnern.

Schnell legte er das Bild weg und besah sich das andere. Auch hier standen seine Eltern vor irgendeinem geschichtsträchtigen Gebäude, aber diesmal war ein kleiner Junge bei ihnen, vielleicht fünf Jahre alt. Er saß auf dem linken Arm seines Vaters, der seinen Kopf an den des Jungen lehnte. Seine Mutter hatte ihre Hand auf die ihres Mannes gelegt. Alle drei strahlten glücklich.

Ciel schluckte hart. Zögernd drehte er auch dieses Foto herum.

'Du und Ciel, ihr seid alles für mich.'

Ciels Blick wurde starr. Ohne es zu merken, schloss er seine Hand krampfhaft, zerdrückte dabei das Papier.

Plötzlich sah er es wieder. Die Flammen. Die Gestalt seines Vaters an diesem Tisch. Es war so heiß.

Ciel schnappte nach Luft und warf das Bild von sich. Er atmete stoßweise und verdrängte die Erinnerungen aus seinem Kopf. Schnell griff er wahllos nach einem Papier und überflog den Text.

'... habe Angelina gebeten, bei ihrem nächsten Besuch in Paris... in diesem Restaurant, in dem wir damals waren... es war so schön, du hattest diese Blumen mitgebracht... ich vermisse dich, kommst du bald nach Hause? Ciel ist schon ein ganzes Stück gewachsen, du würdest ihn kaum wiedererkennen! Er scheint Lizzy aber nicht besonders zu mögen...'

Ciel griff nach dem nächsten Bogen - dieser offensichtlich von seinem Vater geschrieben.

'Ich vermisse dich auch, Liebling. Wie geht es Tanaka? Sag ihm, er soll sich nicht überarbeiten... ich habe ein schönes neues Spielzeug für Ciel, das wird ihm bestimmt gefallen! Mag er Lizzy wirklich nicht? Das wird schon... Denkst du es ist richtig, der Familie Middleford jetzt schon dieses Versprechen zu geben? Vielleicht sollten wir die Entscheidung Ciel überlassen... er soll glücklich sein...'

Plopp. Die Buchstaben verschwammen, die Konturen lösten sich auf.

Mit einem Ruck versteifte Ciel sich, zerknüllte das Papier, wischte sich hektisch über sein linkes Auge und versuchte, seinen Herzschlag zu beruhigen. Er war heillos verwirrt. Was war bloß passiert? Eben noch war er einfach nur durch die Zimmer gelaufen und jetzt saß er hier und heulte! Er versuchte den Kloß in seinem Hals hinunter zu würgen.

Dann tastete er wie betäubt nach dem Medaillon und nach ein paar unbeholfenen Versuchen klappte es schließlich auf. Ein kleines Bild war darin, nicht einmal so groß wie eine Haselnuss. Seine Mutter und sein Vater, festgehalten in dem intimen Moment eines Kusses.

Irgendwo in Ciels Herzen zerbrach etwas.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-11-24T13:11:23+00:00 24.11.2010 14:11
Wie immer super geschrieben! Du bringst die Gefühle der beiden einfach super rüber! :) Es hat mir schon lang nicht mehr so viel Spaß gemacht eine FF zu lesen!
Armer Ciel. Ich finde es schön wie du diese traurige, verletzte Art von ihm zeigst. Denn wir wissen ja alle, dass ihn seine Vergangenheit sehr mitgenommen hat. Und ich freu mich auch schon auf die nächste Nacht *hrhr*
XD


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