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Wenn der Mond fällt

Die Freiheit der Wölfe
von

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Wenn der Mond fällt

Nori senkte den Blick vom Mond wieder auf die Stadt. Sie schien zu schlafen, nur ihre Gerüche schliefen nicht. Sie mochte ihre beißenden Gerüche nicht, die sie nicht kannte und auch nicht erklären konnte.

„Gibt es keinen anderen Weg?“, fragte die graue Wölfin zum wiederholten Male und bekam keine Antwort von ihrem Gegenüber außer einem genervten Kopfschütteln.

Immer näher kamen sie den seltsamen Bauten und dann huschte der Rüde wie ein Schatten in die Dunkelheit in den engen Zwischenräumen, und die kleinere Wölfe hatte Mühe, ihm zu folgen.

Unten in der Stadt war der Gestank noch unerträglicher und machte es ihr unmöglich irgendetwas zu wittern, so dass sie sich nur auf das Gehör und die Augen verlassen musste – Es war kein schönes Gefühl, sie fühlte sich hilflos und fremd.

Sie hielten sich in der Dunkelheit, und nur zu oft mussten sie über allerlei Unraten klettern. Nori blieb nervös, sie erinnerte sich an die Menschen in ihrem Gehege mit den Stöcken, die einen Wolf von den Beinen reißen konnten – hinter jedem Mauervorsprung konnte sich einer von ihnen verbergen und sie konnte es nicht riechen…

Einmal hörten sie Menschen reden und duckten sich sogleich auf den Boden, doch die Stimmen verklangen wieder und die Wölfe atmeten auf.

„Wie groß ist so einen Stadt?“, fragte Nori schließlich ihren Begleiter, der auch keine Antwort zu wissen schien.

Die ganze Nacht lang folgte sie dem russischen Rüden, bis ihre Pfoten von dem Laufen über den unnatürlichen harten Boden schmerzten.

Sie nahm die Umgebung kaum wahr, weil sie ihr so fremd war und sie nicht in der Lage war die Architektur der Menschen zu verstehen und dann begann der Mond zu schwinden und die Sonne sich zu zeigen.

„Misha…“, sagte sie und reckte den Kopf um die Sonne zu sehen, doch die Häuser waren zu hoch.

Neben ihnen zog sich der dreckige Kanal hindurch, der einen verschmutzten Bach durch die Stadt leitete und tiefer und vor allem schneller wa, als man dachte.

Immer noch zeigte sich kaum ein Mensch auf den Straßen, in diesen Zeiten war es gefährlich in der Dunkelheit sein Haus zu verlassen und diese Menschen hatten Angst.

Doch davon wussten die Wölfe nichts, und es war kein Ende dieses Menschenlandes in Sicht.

„Wir werden hier schlafen.“, bestimmte der Rüde und sah sich um, selbst er wusste, dass er nicht mitten auf der schmalen Straße schlafen konnte, sie mussten sich einen anderen Ort suchen.

Mühsam kletterten beide über einen ehemaligen Vorgartenzaun, hinter dem ein verlassenes Haus stand, die Tür aus den Angeln gerissen, das Glas in den Fenstern fehlte ganz. Gerümpel und Müll lagen im inneren weit verteilt und aus einem alten, verrosteten Rohr tropfte schmutziges Wasser auf das ebenso schmutzigen Boden.

Nori wandte den Kopf zu allen Seiten, überall lagen staubige Sachen, die sie nicht zuordnen konnte, Menschensachen. Es waren zwei umgeschmissene Sessel, viele Bilder, die eine kleine Familie zeigten und nun zersplittert am Boden lagen, ein Tisch, dem ein Bein fehlte und die dazugehörigen umgekippten Stühle, etwas weiter das Gerüst eines Bettes, alles von Wert war bereits geklaut worden.

Die graue Wölfin schluckte, wo waren die Menschen hin verschwunden? Waren sie einfach weggegangen? Der Wind zog durch das Haus und pfiff gespenstisch, doch das war es nicht, was ihr Angst machte.

„Woher weißt du, dass hier niemand lebt, Misha?“, fragte sie, doch sie bekam erneut keine Antwort, denn der russische Wolf war schon auf einen der umgekippten Sessel gesprungen und rollte sich zusammen.

Sie wollte es ihm gleichtun, doch ihre Neugier trieb sie weiter in die nächsten Räume, es bot sich überall ein ähnliches Bild. Gelangweilt wendete sie sich ab, als sich Zähne um ihren rechten Hinterlaufen schlossen und sie mit einem gewaltigen Ruck nach hinten und von den Beinen rissen. Sie jaulte auf und zappelte, versuchte ihr Bein aus dem eisernen Biss zu befreien, wodurch der Schmerz nur noch schlimmer wurde. Sie wand sich und drehte ihren Hals, so dass sie in der Dunkelheit schemenhaft und verschwommen einen massigen Kopf eines Hundes erkennen konnte, kein Wolf, und der verstärkte seinen Biss nur noch weiter und wie lange würde es noch dauern bis…

Der Schmerz machte Nori rasend, und sie fuhr herum, was den Schmerz in ihrem Bein nur noch verstärkte. Völlig verdreht schnappte sie ziellos zu, spürte Fleisch und schmeckte Blut, doch der Hund gab immer noch keinen einzigen Laut von sich, und nachdem er ihr Bein kurz voller Überraschung losgelassen hatte, schüttelte er die Wölfin ab. Was für ein jämmerliches Wesen, dachte er und ohne zu zögern packte er die zappelnde Graue am Hals und drückte die Zähne…

Instinktiv zappelte Nori weiter, versuchte den schweren Hund irgendwie in Schach zu halten, bis er ihr an die Kehle ging – Verzweifelt trat Nori ihn mit den Hinterbeinen in den Bauch, der Schmerz war nicht mehr wichtig, sie grub ihn die Krallen in den weichen Bauch und versuchte sich zu entwinden, dann schlossen sich die Zähne um ihre Kehle.

Ebenso leise wie der Hund gekommen war, kam nun der schwarze Wolf angesprungen und warf sich mit seinem Gewicht gegen die Schulter des Hundes und verbiss sich in seinem Nacken. Der Hund taumelte tatsächlich zurück und Nori kam frei, würgte und spuckte Blut und kam irgendwie auf die Beine, wobei das verletzte Hinterbein einknickte.

Der schwarze Wolf sprang sofort zurück, als der Hund sich wieder gefasst hatte und Misha wieder die Zähne zeigte.

Der Hund blutete aus Wunden an Brust, Schulter und Bauch, doch es schien ihn nicht zu kümmern. Er knurrte nicht, er drohte nicht, er sprang nur und zielte diesmal auf Misha, der fluchtartig rückwärts sprang.

„Nori, LAUF.“, knurrte er und wirbelte wieder herum, sprang zurück, und wich dem Hund aus.

Nori zögerte, jetzt erst konnte sie die Bestie erkennen. Sie hatte Misha stets für riesig gehalten, doch neben dem Wolf wirkte er wie ein Jährling. Der Hund hatte eine kürzere Schnauze als der Wolf, doch der Kopf war noch größer, das Gebiss noch viel kräftiger und der Körper viel breiter als der eines Wolfes.

Selbst der russische Wolf könnte dieses Ungeheuer nicht töten, da war sie sich sicher.

Der Wolf duckte sich und er und der Hund schienen sich zu mustern, kalt. Wer würde zuerst springen?

„Nori, ich brauche nicht noch ein Problem. Hau ab und warte irgendwo auf mich. VERSCHWINDE.“, brüllte er sie nun an, und in dem Moment sprang der Hund und Nori erkannte, das Misha nie vorgehabt hatte gegen ihn zu kämpfen. Er sprang zur Seite und ließ den Angriff dieses Ungeheuers ins Leere laufen, und Nori konnte nicht mehr. Sie lief, so schnell es ihr das Bein erlaubte und lief zu der Tür, Misha folgte ihr bald, und der Hund folgte ihm in schnellen Sprüngen. Der Hund mochte schwer sein, doch er schien gut rennen zu können. Misha sprang in die eine Richtung, Nori in die anderen und der Hund zögerte. Wen sollte er verfolgen? Der Rüde war zwar jung, aber er besaß den messerscharfen Verstand seiner Vorfahren.

Mit einem Satz eilte er der verwundeten Wölfin hinterher, und er erreichte genau das, was er beabsichtigt hatte.

Misha schnellte herum, Nori würde diesem Jagdhund nie entgehen, und so jagte er hinter dem Hund der, der die humpelnde Wölfin bald einholen würde. Er kannte diese Hunde, doch er unterschätzte ihn. Erneut.

In einem Wirbel aus Zähnen und Krallen wirbelte der Hund herum, der gewusst hatte, dass er Nori nicht ihrem Schicksal überlassen würde und erfasste ihn und schmiss ihn zu Boden, wie Nori zuvor.

Die sah alles nur noch durch einen blutigen Schleier, als sie sich umdrehte. Sie hatte schon erwartet, dass der Hund im nächsten Moment über sie herfallen würde, doch nun hatte er Misha.

Sie solle ‚abhauen’, hatte er gesagt. Sie war nur ein weiteres ‚Problem’. Sie knurrte. Zum ersten Mal in ihrem Leben knurrte sie wirklich, voller Hass und mit der Drohung. Adrenalin floss durch ihr Blut und sie dachte nicht an ihr Bein, als sie zum Sprung ansetzte.

Misha wehrte sich geschickter als Nori, doch er war erschöpft und immer noch nicht ausgeheilt und der Hund drückte ihn zu Boden. Misha sank zu Boden, er hätte nie gedacht, dass er eines Tages aufgeben würde und doch tat er es. Vielleicht, weil der Kampf nicht mehr lohnte.

Nori war weder kräftig noch schwer, doch sie kam unerwartet und sie kämpfte mit den Instinkten ihrer Vorfahren.

Es war ihr Sturm, und sie nutzte ihn.

Irgendwie schaffte sie es den Hund von Misha herunterzudrängen und biss ihm in die Seite. Zwei Schritte noch…

Sie stieß dem Tier den Kopf in den ungeschützten Bauch, gleichzeitig schnappten die scharfen Zähne wieder zu.

Und dann fielen sie.

Zusammen fielen sie in den Kanal, und dann war da nur noch nasse Dunkelheit.

Und Nori versuchte sich kurz, zu halten, dann kehrte der ganze Schmerz zurück und die Erschöpfung des Blutverlustes…

Die Strömung zog sie fort.

Und sie wachte erst wieder auf, als sie Menschenhände aus dem trüben Wasser zogen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Cat-girl
2010-11-14T13:09:43+00:00 14.11.2010 14:09
Die Überschrift, der Story...
Ob sie an Mara gedacht hat...
Menschengestank würde ich sagen... *rümpft knurrend die Nase*
Warte doch auf sie, Misha...
Arme Nori... *würde ihr gern helfen*
Verdammte Menschen... *knurrt wütend*
Zum Glück gehen sie weg...
Städte sind immer unterschiedlich groß, Nori...
Tor überlässt Fenris den Platz....
Die arme Nori...
Angst vor den Wölfen...
Nein, auf der Straße würde ich auch nicht schlafen wollen...
Nori, was ist los?
Wer hat sie denn da gefangen, und warum?
Nori! *springt den Hund an* Lass sie los!
NORI!! Tor, nein!...
Oh Tor...
Wie grausam... Nori...
Dieser Hund erinnert mich an Sabre aus dem Buch „Füchse unter sich“ den hat auch keine Wunde gestört...
Das... das muss dieser braune Wolfshund sein... oh Tor...
Misha... sei vorsichtig... bitte...
Misha! MISHA!
Nori... sie wird ihm helfen... wie ein echter Wolf...
Misha! Wie kannst du es nur wagen aufzugeben! Wie kannst du nur?!
Oh nein... Nori...
Menschenhände. Bah! Pfui!

Der Anfang war okay... aber das mit dem Hund... die armen Wölfe... ich frag mich nur, wer der Hund war, dieses braune Ungetüm bestimmt nicht... der Kampf war grauenvoll, die Bilder in meinem Kopf und das Blut von Nori... aber sie hat gekämpft, wie eine tapfere, echte Wölfin, ich bin so stolz auf sie... dann der Sturz in den Kanal, und die Menschenhände, ich frage mich, wo sie ist, was sie jetzt tun wird und wer diese Menschen sind...


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