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Ausdauer!?

von

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Liebeskummer

Wenn du dich verfolgt fühlst, doch Niemanden siehst und ein kalter Schauer deinen Körper durchfließt...

Im Licht kannst du ihn sehn. Man kann sich wenden und sich drehen.

Die wahre Bedrohung wird er niemals sein. Sei nicht so ängstlich, er tut dir schon nichts.

Im Grunde bist du es. Nur dein Schattenlicht. Hihihi. Er ist der Schattenmann... Hahaha.

(Titel: Schattenmann , Künstler: Sebastian Hämer, Album: Schattenmann)
 


 

13. Januar (Freitagnacht)
 

Draußen hatte die Dunkelheit zugenommen. Wolken verhangen mittlerweile die zuvor für Ran noch hell funkelnden Sterne am Firmament. Nur ein schwacher Schein gelang noch an den Gardinen vorbei in die Schlafzimmer der zweiten Etage.
 

Die aus Osaka stammende Oberschülerin lag hellwach auf dem Rücken im Bett.

Kazuha konnte immer noch nicht einschlafen. Viel zu sehr machte sie sich Gedanken. Nicht nur wegen Heiji zerbrach sie sich den Kopf. Auch um ihre Freundin, hatte sie begonnen sich allmählich Sorgen zu machen, desto später es wurde.

Es war bereits 2:25 Uhr. Wie ein erneuter Blick auf ihr Handy der Polizeibeamtin im Praktikum klar machte. Und das, obwohl sie Morgen noch einmal zur Arbeit musste und eigentlich ausgeruht sein sollte.

Wo war Ran nur? Warum war sie immer noch nicht nachhause gekommen? Kazuha fragte sich gequält, wo sie nur steckte.
 

Bei Aoko oder Sonoko war sie jedenfalls nicht gewesen. Keine der Beiden hatte seit Tagen von ihr gehört.

Sonoko hatte zuletzt am Mittwoch mit ihr per Handy geschrieben. Das hatte Kazuha erfahren, als sie sie gegen 23:34 Uhr angerufen hatte. Sonoko war zwar verärgert gewesen, weil sie bereits geschlafen hatte, hatte dann aber bereitwillig Auskunft gegeben, als Kazuha ihr den Sachverhalt beschrieben hatte.
 

Das letzte Treffen mit Aoko hingegen war in ihrem Beisein vor zwei Wochen gewesen. Danach hatte sie mit Ran zusammen auf dem Heimweg im Zug neben ihr gesessen und sich mit ihr zusammen überlegt, wie sie Aoko wohl helfen könnten, die wegen Kaito irritiert war. Ähnlich wie auch ihre Freunde war Kaito Aokos Schilderungen nach irgendwie anderes gewesen, als sie es von ihm kannte.

„Es ist, als würde er sich irgendwie … ach ich weiß auch nicht genau … sich irgendwie von mir distanzieren!“, hatte Nakamoris Tochter ihnen ihren Kummer mitgeteilt.

Kaito war im Gegensatz zu Heiji schon immer eher der verschlossene, eigenbrötlerische Typ gewesen. Jedenfalls was sein intimes Innenleben anbelangte. Auch, wenn er nach außen hin stets ausgelassen und galant erschien, er hing wie Shinichi seine Liebesgefühle nicht gerade an die große Glocke. Das wusste nicht nur Aoko, sondern auch ihre Freundinnen mittlerweile.
 

Kazuha musste unweigerlich an ihren Heiji denken. Nein. Momentan zumindest war er nicht ihr Heiji. Wie sie erneut keine andere Wahl hatte, als sich ihre Niederlagen, bezüglich sich mit ihm auszusprechen, seufzend einzugestehen. Und da war er wieder. Dieser Stich, welcher sich erneut tief in ihr Herz bohrte.

Den Schmerz gefühlt, zuckte sie sich auf die Seite umgedreht, zusammen. Wieder stiegen ihr die Tränen in die Augen: „Heiji“, murmelte sie ihn beim Namen nennend.

Sie wollte ihn wieder haben. Ihr war wirklich buchstäblich zum Heulen zumute. Doch sie riss sich zusammen. Sie wollte nicht weinen. Jedenfalls nicht jetzt.
 

Toyamas Tochter schob die düsteren Gedanken an Hattori beiseite. Wo Ran war, war in diesem Moment jetzt um ein vielfaches wichtiger: „Ran!?“, flüsterte sie verzagt verzweifelt in die Dunkelheit des ihr allzu leer vorkommenden Zimmers.

Sich gerade jetzt besonderes einsam fühlend schaute sie auf das unbenutzte Bett ihrer Freundin gegenüber. Wo konnte sie nur sein?

Aoko hatte leider auch nicht gewusst, wo sie hätte sein können. Wie sie aus ihrer SMS, welche um 0:04 Uhr bei ihr eingegangen war, entnommen hatte.

Kazuha hoffte inständig, dass ihrer Zimmergenossin nichts passiert war. Allmählich gelang es ihr immer weniger die Horrorszenarien, die sich mit immer weiter fortschreitender Stunde immer mehr in ihrem Kopf festsetzten und zunehmend Gestalt, sowie realistische Züge annahmen, unter Kontrolle zuhalten und zu unterdrücken.

Was wenn Ran vielleicht entführt worden war? Oder noch schlimmeres? Ihre Gedanken drifteten erneut zu ihrer Freundin.

Von ihrer Mutter würde Ran die Hölle heiß gemacht bekommen, wenn sie sich traute hier wieder aufzutauchen. Soviel war klar. Arme Ran, dachte sie.

Regungslos und beklommen blieb Kazuha liegen. Sie hatte wirklich Angst um ihre Freundin. Auch ich mache ihr die Hölle heiß, wenn ich sie treffe, beschloss sie mit aufeinander gebissenen Zähnen und den Händen zu Fäusten geballt stumm.
 

Auch Eri konnte nicht schlafen. Sie fragte sich ebenfalls, wo ihre Tochter die ganze Nacht steckte. Sie hatte wirklich kein Verständnis dafür wie ihr Mann, das so gelassen hatte sehen können: „Sie ist bestimmt nur bei irgendeiner Freundin, die sie uns nicht vorgestellt hat und übernachtet dort. Mach dir doch nicht gleich so viele Gedanken. Sie wird schon nicht entführt worden sein“, hatte Kogoro sie zu beruhigen versucht, als sie zu Bett gegangen waren.
 

Im Gegensatz zu ihm konnte sie nicht einfach so schlafen. Sie glaubte zwar auch nicht wirklich, dass Ran etwas Ernsthaftes passiert war, aber typisch war es für ihre Tochter nun mal nicht einfach über Nacht auszubleiben, ohne zuvor mitgeteilt zu haben, wo sie sich aufhielt. Vielleicht war sie ja wirklich bei Sonoko oder dieser Aoko, überlegte sie.

Zu allem Überfluss hörte die Anwältin erneut in der Dunkelheit des Schlafzimmers das dröhnende Schnarchen ihres Ehemannes.

Davon maßlos genervt zog sie sich das Kopfkissen enger, um den Krach zu mildern, welcher in ihren Ohren widerhallte. Diese Eigenschaft hasste sie wirklich an ihrem Mann. Eri wusste wirklich nicht, was schlimmer war Kogoros Schnarchen wie ein Holzfäller oder das sie nicht wusste, wo sich ihre Tochter aufhielt.

Vielleicht war sie ja spontan auf Shinichi getroffen? Wenn ja, so hoffte sie, dass Ran ihm gehörig die Leviten las. Wie auch immer … Sie spürte, wie ihre Lieder schwerer wurden. Zwar war Akamaru mittlerweile, was die Nächte betraf ziemlich umgänglich, aber trotzdem …, wenn das Baby schlief, taten auch seine Eltern gut dran zu schlafen.

Was Eri auch kurzum beschloss jetzt auch einfach zu machen. Schließlich musste sie bereits zeitig in der Kanzlei sein. Mit Ran war schon alles in Ordnung, sagte sie sich entschlossen.

Auch wenn das keinen Abbruch daran tat, dass sie ihr schon sagen würde, was sie davon hielt. Aber nun … Eri gähnte. Das musste wirklich bis Morgen warten.
 

Nichts von alledem ahnend konnte auch Heiji nicht mehr schlafen. Ihm ging es keinen Deut besser. Wie seine Ex-Freundin war er nicht in der Verfassung dazu. Auch er machte sich Sorgen. Allerdings aus anderen Gründen.

Zunächst hatte er am Abend wach gelegen, bis er schließlich doch eingeschlafen und nach einem Alptraum aus dem Schlaf hochgeschreckt war. Seitdem hatte auch er kein Auge mehr zugetan.
 

Ohne es zu ahnen, lag er wie Kazuha wach mit Blick auf das leere Bett, welches auch in seinem Zimmer stand. Er hoffte wirklich, dass es Shinichi gut ging, dass er wieder nachhause kam und sie sich vertrugen.

Hoffentlich konnten sie sich aussprechen, wenn das schon mit Kazuha nicht möglich war. Was er insgeheim zutiefst bedauerte. Aber es war besser so, machte er sich mit deutlichem Nachdruck klar. Er verbat sich weiterhin strikt auch nur eine Spur von Schwäche seiner Ex-Freundin gegenüber zu zeigen. Er rückte keinen Zentimeter von seinem felsenfesten Entschluss ab.

Auch wenn es ihm, wie jedes Mal, wenn er jetzt auch nur daran dachte, erneut das Herz zerriss.

Es musste Shinichi ganz genauso Scheiße gehen wie ihm, dachte er. Wenn er sich nicht noch viel schlimmer fühlte, als er selbst.
 

Der Sohn des Polizeipräsidenten aus Osaka seufzte schwer.

Für einen Moment erwog er seinen Vater anzurufen und doch kleinlaut um Hilfe zu bitten. Doch genauso schnell verwarf er diesen Gedanken auch wieder.

Er wollte nun mal keine besserwisserischen Ratschläge, die er von seinem Vater garantiert zuhören bekommen hätte. Ganz von der Predigt abgesehen was er sich nur dabei dachte so verantwortungslos zu sein.

Heizo hatte es schließlich generell noch nie gerne gesehen, wenn er sich aus väterlicher Sicht gesehen unvorsichtig oder allzu voreilig verhalten hatte.

Aber nun musste Heiji sich selbst gegenüber eingestehen, hatte er immer so gehandelt. Nie hatte er sein zuweilen hitziges und spontanes Temperament und seine große Neugier, sowie seine große Klappe jemals infrage gestellt.

Bis jetzt jedenfalls! Jetzt lag der Oberschüler aus Osaka wach und war bleich, wie die Wand neben der er auf dem Laken unter der Decke zugedeckt lag.

Jetzt kam er nicht mehr umhin, als sich zu fragen, ob er nicht allzu unbedacht gehandelt und die Dinge zu leichtfertig angegangen war.

Er kam bei all seinem Grübeln darüber zu dem Schluss, dass es so war! Die Erkenntnis schmerzte ihn. Sein Verhalten hatte ihn nicht nur unwiderruflich Kazuha gekostet, sondern jetzt vielleicht auch noch seinen Freund.
 

Shinichi, dachte Heiji traurig, sobald es ihm gelungen war, hart geschluckt, den Gedanken an die Oberschülerin, die er heimlich immer noch liebte, von sich zuschieben. Was sollte er nur tun, um diese Misere irgendwie zu verbessern? Es war doch alles einfach nur …

″Argh!″, aufgebracht schlug er in seiner ohnmächtigen Wut mit der Faust feste auf den Teil des Kissens neben seinem Kopf. Er hatte den Impuls aus dem Bett zuspringen, bevor er doch bewegungslos darin liegen blieb.

Er hätte Kaito anrufen können. Seid sie einander, von ihren Freundinnen, damals vorgestellt worden waren als Heiji Hattori und Kaito Kuroba, als zwei ganz normale Oberschüler und beide nur als die Freunde ihrer Freundinnen, hatte sich ihre freundschaftliche Bindung immer weiter verbessert.

Davon abgesehen, dass sie eigentlich von Berufswegen natürliche Gegner waren, sahen sie das mittlerweile privat gelassen.

Selbst Shinichi hatte kein echtes Problem damit. Mit der Zeit war das Band zwischen ihnen dreien auch allmählich enger geworden.

Ran, Kazuha und Aoko hatten ihnen auf ihre unbekümmerte Art ganz einfach vorgelebt, dass auch für sie einfach nur Freunde sein trotz Allem möglich war.
 

Und da war auch noch die Sache, dass auch Kaito wegen der Organisation nun ebenfalls in den Fall mit den Männern in Schwarz verwickelt worden war. Was bedeutete, dass sie zumindest einen übergeordneten Feind gemeinsam hatten.

Zwar hatte er wie auch Kaito Wodka oder gar Gin noch nie persönlich gegenübergestanden, dafür aber Shiho. Sie sprach nicht mehr mit ihm. Was Heiji ebenfalls bekümmerte. Nicht mal sie konnte er anrufen um sich auszuheulen.

Denn danach war ihm. Auch wenn es mehr als unmännlich empfand und es offen auch nie zugeben hätte: Er fühlte so. Und Shihos Schwester Akemi und Chiyoko… wie das geendet hatte…
 

Heiji erging es wie Ran Stunden zuvor.

Er schüttelte seine Gänsehaut energisch ab. Auch er wollte sich nicht weiter darüber den Kopf zerbrechen. Auch er war müde, wenn auch mehr im geräderten Sinn.

Ihm viel es wesentlich schwerer das Ganze restlos abzuschütteln.

Nicht mal für den Moment wollte es ihm so recht gelingen. Er kam einfach nicht dazu sich selbst abzulenken, weil er immer wieder das letzte Bild seines Traumes vor Augen hatte, wie er zusammen mit Kaito Shinichi in der kleinen Gestalt von Conan nur noch in einer Blutlache hatte vorfinden können. Nachdem sie ihn gemeinsam gefühlt stundenlang gesucht hatten.

Einige Meter von ihnen entfernen hatte ein schwarzer Schatten mit Umhang gestanden. Dessen lange Haare hatten sich vom Wind bewegt. Heiji wusste zudem noch, dass es kalt gewesen war. Entsetzt hatte er in die gefährlichen funkelnden Augen und das dreckige Grinsen gesehen.

Wo Shiho, Kazuha oder auch Ran waren, hatte keiner von ihnen gewusst.

Erneut schüttelte es ihn bei der Erinnerung. Eiskalt lief es ihm den Rücken herunter.

Er war froh, als nach der schier ihm endlos vorgekommenen restlichen Nacht endlich sein Wecker schellte und er aufstehen konnte.
 

Wie ihm erging es auch Kazuha, die sich ebenfalls wie er immer noch mit einem mehr als beklommenen Gefühl langsam und zögerlich aus ihrer Bettdecke schälte.

Die kühlere Temperatur des Zimmers brachte auch sie kurz dazu zu schaudern.

Getrennt von ihrem Ex, machte auch sie sich ohne etwas gefrühstückt zu haben, fünfzehn Minuten später auf den Weg zur Arbeit.
 

Heiji hatte hingegen, noch träger als sie, nicht mal knappe zehn Minuten gebraucht. Er hatte kaum Hunger. Bedrückt hatte er nur einen Schluck aus dem Wasserharn in der Küche getrunken. Dann hatte er wie auch sie nur eine Kleinigkeit als Bento zusammengeklaubt und sich ebenso deprimiert wie sie auf den Weg ins Revier gemacht. Das konnte ja heiter werden, dachte er genervt an die Standpauke seiner Kollegen von Gestern zurück. Man war das ätzend, dachte er weitergehend die Straße überquerend.

Er bog auf die nächste Straße ein. Nun war er fast am Präsidium. Wieder so ein eintöniger Tag, dachte er seufzend, das große Gebäude betretend.
 

Eri hatte eine Stunde nach den beiden Teenagern das Haus ebenfalls verlassen, ohne ihre Tochter zuvor gesprochen zu haben.

Wie auch Kazuha hatte sie ihr noch einmal eine Nachricht auf Band gesprochen.

Während die Anwältin sich gleich in die Unterlagen ihres ersten heutigen Falles einlas, waren sowohl Kazuha, als auch Heiji viel zu früh dran. Keinem der Beiden blieb etwas anderes übrig, als noch eine Runde um den Block zu drehen an diesem nebeligen und eisigen Morgen von nur knappen fünf Grad.
 

Im Hause Kudo (13. Januar, Freitagmorgen)
 

Ran wurde durch ihr eigenes Magengrummeln geweckt. Als sie noch müde spontan grummelte, öffnete sie ihre Augen.

Zunächst wusste sie nicht so recht, wo sie sich befand. Sie lag nicht in ihrem Bett und ihr Zimmer war das auch nicht.

Erst als sie sich behutsam gähnend aufsetze, fiel es ihr wieder ein. Sie hatte Yusaku, welcher fest schlief, neben sich entdeckt.

Oh, seufzte sie tonlos: „Ach ja…“, sprach sie es sich selbst gegenüber laut aus.
 

Ihre Erinnerungen waren mit einem Schlag wieder da.

Rans Magen zog sich krampfartig zusammen. Sie und er hatten sich gestern hier verkrochen.

Er um Yukiko zu vergessen und sie… Auch sie hatte sich hier vor der Realität verstecken wollen. Bei ihm. Dem Vater ihres zurzeit abwesenden Ex-Freundes und zugleich besten Freundes.

Mit einem traurigen Lächeln bedachte Ran den leise, aber ruhig atmenden Mann neben sich. Wenigstens schien er einen friedlichen Schlaf zu haben. Sie wusste, dass er unter der ganzen Situation mit seinem Sohn und vor allem seiner Noch-Frau litt.

Wie sie selbst hatte er Liebeskummer. Ran nahm sogar insgeheim an, dass es ihm schlimmer ging, als ihr selbst. Deshalb war sie auch sehr froh, dass er, da er schlief, den traurigen Tatsachen noch, wenn auch nur eine kleine Weile länger, entgehen konnte.

Weswegen sie den kurz aufgekommenen Gedanken ihn zu wecken und ihm Frühstück ans Bett zu bringen sofort wieder verwarf. Er sollte ihrer Meinung nach ruhig noch etwas weiter schlafen. Sie freute sich insgeheim für ihn und gönnte es ihm.

Zudem hatte sie nach wie vor den Eindruck, dass er auch immer noch erkältet war. Was ein zusätzlicher Grund für sie war ihn vorerst ganz in Ruhe zu lassen. Er konnte auch später noch etwas essen. Das Frühstück lief schließlich nicht weg.
 

Vielleicht hatte er gar keinen Appetit? Sie wollte versuchen ihm was Leckeres zu zaubern. Doch bei dem Gedanken an Essen hatte sie hingegen keine andere Wahl mehr. Sie seufzte bedauernd.

Gerne wäre auch sie noch etwas länger liegen geblieben. Sie richtete sich weiter auf und schlug den Teil ihrer Decke zur Seite, um sich bis ans Ende der Matratze vorgearbeitet, mühevoll aufzustehen.

Kickchen ließ sie durch einen für ihren Geschmack zu festen Tritt wissen, dass auch ihre ungeborene Tochter wach war.

Reflexartig fasste sie sich an den Bauch und beschwerte sich leise bei ihrem Kind: „Hey, kannst du nicht Rücksicht nehmen? Sonst veranlasse ich, dass du vorzeitig ausziehen musst, hast du verstanden!“

Doch ein paar Schritte gelaufen konnte sie ihrer Tochter nicht wirklich lange böse sein. Sie konnte sie schließlich verstehen. Wie sie musste auch sie überaus hungrig sein.

Ran bereute entschieden, dass sie gestern doch einfach ohne etwas gegessen zu haben einfach ins Bett gegangen war. Ihr war wirklich schier schlecht vor Hunger. Ran bezweifelte ernsthaft, dass ihr jemals, abgesehen von ihren ersten Schwangerschaftsmonaten, so übel gewesen war.
 

Auf dem Polizeipräsidium
 

Endlich war es soweit, dass Dienstbeginn war. Wie auch seine Ex hatte er draußen auf seiner extra Runde gefroren.

Heijis Blick sprach Bände, als er sie die Treppe hochkommen sah: Sprech mich bloß nicht an!

„Keine Sorge“, blaffte Kazuha ihn dagegen verbal an: „Das habe ich ganz sicher nicht vor. Ich laufe dir bestimmt nicht weiter hinterher!“ Sie machte auf dem Absatz kehrt

und ging selbstbewusster davon, als sie tatsächlich war.

Auch wenn sie durch seine andauernde Ablehnung erneut schwer gekränkt war, sie wollte ihm das sicherlich nicht auch noch auf die Nase binden.

„Das kommt mir ja gelegen“, konterte er bitter, wenn auch weniger laut als sie. Er war sich nicht sicher, ob Kazuha ihn noch gehört hatte. Aber ihm war es egal, sollte er nur mit sich selbst gesprochen haben. Es war das gewesen was ihm durch den Kopf gegangen war.

Auch wenn Heiji seiner Meinung nach darüber erleichtert sein sollte und es auch war, war es auch irgendwie wieder nicht.
 

Resigniert seufzend begab er sich, hinter ihr her, in das Großraumbüro auf seinen Platz. Hoffentlich ließen ihn die Anderen heute in Ruhe. Obwohl ihn die Arbeit heute nicht im geringsten interessierte, bemühte er sich um kein Aufsehen bei seinen Kollegen zu erregen wenigstens darum so zu tun, als würde er sich mit den nun vor sich aufgeschlagenen Akten beschäftigen.

Wenn er sich nicht selbst weiter wegen Kazuha fertig machte, die ihm auch ohne das er zu ihr herübersah, weiter im Kopf herum spuckte, dann könnte es sehr gut möglich sein das Shiratori im Verbund mit dem stets bestätigend nickenden Takagi im Schlepptau mit Yumi und Chiba auftauchen und das übernehmen würde.
 

Was musste Yumi auch immer in ihrer Mittagspause bei den Männern herumhängen? Seitdem ihre Freundin Sato wegen des Babys noch freihatte, hatte sie sich an die Polizeibeamten geheftet.
 

Shiratori war zuweilen der Einzige außer Heiji selbst, dem Yumi mit ihrer Sonoko-Art die sie zuweilen vermochte an den Tag zu legen, doch zumindest zeitweise nervte.

Shiratori war allgemein in letzter Zeit nur während seiner aktiven Dienstzeit geistig anwesend.

In den Pausenzeiten hatte er vermehrt begonnen sich von den anderen abzusetzen.

Heiji hatte den Eindruck das ihn etwas beschäftigte, da er aber mit seinen eigenen Problemen vordergründig Kazuha auf Distanz halten, beschäftigt gewesen war, hatte er sich für dessen Belange nicht weiter interessiert.

Es sei denn als er ihn, aber auch nur einmal noch, wegen Yusaku angesprochen hatte, weil dieser sich bei ihm nicht gemeldet hatte.
 

Takagi hingegen war zusammen mit Chiba stets, schon beinahe ekelhaft, guter Dinge seit er Vater geworden war. Unentwegt erwähnte er mehrfach täglich, wenn man wie Heiji nicht bewusst irgendwann weghörte, wie toll es doch war Vater zu sein. Wie toll das Baby war und was für eine fantastische Mutter Sato doch geworden war: „Häuslich, aber trotzdem immer noch sie selbst“, hatte er erst letzte Woche mit ihr geprallt.

Heiji konnte mittlerweile jedes derartige Lob in Gedanken mitsprechen.

Denn um sich von seiner eigenen fehlenden Beziehung abzulenken hatte er tatsächlich, wenn auch nur für einen sehr kurzen Zeitraum, versucht sich von Takagi ablenken zu lassen. Was natürlich kläglich hatte scheitern müssen. Soviel Glück, da konnte man sich ja nur abwenden.
 

Wenn die Polizeibeamten vorhatten ihre Vorträge von gestern in die nächste Runde von wegen er solle Kazuha nicht so vergraulen einläuten wollten, dann so beschloss er entschlossen, er würde sich krankmelden.

Und naja… Gut fühlte er sich wirklich nicht. Allerdings nicht auf diese Weise, die eine Krankmeldung im eigentlichen Sinne rechtfertigte.

Aber sollten sie wieder mit dem Thema kommen… Er würde es tun!
 

Nu ja,… das immerhin einzig Gute: Seit letzter Woche war Megure nach seinem, wenn auch nicht allzu schweren, Herzinfarkt auf seinen Chefposten im Polizeirevier zurückgekehrt und hatte wieder das Regiment übernommen.

Er stand auf dem Standpunkt, dass er die Reha absolviert hatte und wieder fast, so drückte er sich aus: „Wie neu war.“

Wenn auch zum Leidwesen seiner Frau, die ihn eindringlich am ersten Arbeitstag aufgesucht hatte, um nach ihm zu sehen, ihm sein vergessenes Mittagessen nachzutragen und ihn auf klassische Weise stilvoll daran zu erinnern, dass er eben:

„Nur fast wie Neu sei“ und sich doch noch schonen müsse. Wolle er nicht gleich wieder im Krankenhaus enden.

Insgeheim hatte sie sich mit seinem Vorschlag wieder zu arbeiten nur angefreundet, weil er ihr mit seiner mittlerweile permanenten Langeweile auf den Zeiger gegangen war. Somit war sie froh, dass sie ihn nun wieder stundenweise los war und zu Hause ihre Ruhe hatte. Auch wenn sie natürlich nicht wollte, dass er sich überarbeitete und einen weiteren Infarkt bekam.

Nun sie hatten sich so geeinigt, dass Megure langsam machen würde und sie ihm dafür nicht besorgt hinterher telefonieren würde fünfmal am Tag. Das wiederum so hatte er festgestellt: „Würde sein Herz tatsächlich zum Stottern bringen.“

So hatten beide es einvernehmlich beim Abendbrot vor einigen Wochen entschieden sich auf dreimal am Tag zu einigen: Morgens, mittags und noch einmal kurz vor Feierabend. In einer Ehe müssen Ehepartner zuweilen schließlich beide kompromissbereit sein und auch verhandeln können.
 

Heiji wusste das deshalb so genau, weil insgeheim getratscht worden war. Für ihn selbst war Megures Rückkehr insoweit gut, dass er zum einen dessen Stellvertreter nicht sonderlich mochte und zum anderen, weil der Inspektor es vermochte ihn so mit Arbeit zu überhäufen, dass er tatsächlich dadurch abgelenkt nicht zum Nachdenken kam: „Hier werden keine Maulaffenfeil gehalten!“, hatte er ihm gleich an seinem ersten Tag die Leviten gelesen, nach einer Auseinandersetzung die er mit Kazuha nur auf nonverbale Weise ausgetragen hatte.

Was weniger angenehm gewesen war, dass auch ihm nicht entgangen war, dass Heiji unkonzentrierter und gereizter und auch irgendwie traurig gewesen war.

Nur hatte Megure wenigstens nur einmal versucht, wenn auch gerade zu väterlich, nachzufragen was los war.
 

Erst hatte er befürchtet, er würde seinen Vater informieren. Aber das hatte er wohl nicht getan. Sonst hätte dieser sich wohl bereits längst gemeldet. Oder wenn nicht er persönlich, dann doch zumindest Otaki in seinem Namen.
 

Im Hause Kudo
 

Aber nicht nur der Hunger lag Ran schwer im Magen, wie sie das Zimmer verlassen feststellen musste. Die Sache mit dem Vater ihrer Tochter und das ganze Drumherum lagen ihr zudem auch wie ein Zentner Steine.

Sie erinnerte sich wage über den Flur gehend daran, dass sie sich gestern irgendwie emotional noch wesentlich stabiler gefühlt hatte.

Klar auch gestern hatte der erste Schock es in sich, aber dann hatte sie sich doch gefasst gehabt.

Umso verwirrter war sie nun die Treppe nehmend über sich selbst: Warum fühlte sie sich nur, als habe man ihr den Boden unter den Füßen weggerissen?

Ran konnte es immer noch nicht verstehen, als sie sich unten in der Küche ihre aus dem 24Stundensupermarkt mitgebrachte Instand-Nudelsuppe in der Mikrowelle erwärmte.
 

Für einen irrwitzigen Moment wunderte sie sich darüber überhaupt Strom zu haben, aber sie konnte sich die Antwort selbst geben. Keiner der Beiden weder Shinichi noch Yusaku mussten den Dauerauftrag die Stromrechnung betreffend storniert haben.

Wahrscheinlich war es sein Vater, der nach wie vor bezahlte: Wie konnten sie nur so unvorsichtig sein!? Wer von der Organisation hätte doch nur mal herkommen müssen, um zu bemerken, dass es hier Strom gab.

Wie leichtsinnig! Dachte sie, als ihr die Zornesröte ins Gesicht stieg.

Auch wenn sie sich denken konnte, warum Yusaku den Strom nicht hatte abstellen lassen. Shinichi war schließlich, wenn er doch mal groß gewesen war, hierhin zurückgekehrt. Er hatte sie schließlich auch mal selbst- ganz zu Anfang-

ins Haus immerhin bis in den Flur kommen lassen.

Er selbst hatte wohl auf der Treppe gestanden. Damals war es ebenfalls Winter gewesen. Allerdings war das Licht nicht eingeschaltet gewesen.

Erneut überkamen sie Erinnerungen an das Schulfest: „Schwarzer Ritter“, zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen aufgewühlt und aufgebracht hervor: „Von wegen!“

Mit dem Gedanken an Shinichi verzog sich Rans Gesicht zu einer bitteren, wutverzerrten Miene.
 

Erneut hatte sich ihre Magengegend dermaßen zusammengezogen, dass sie sich am liebsten übergeben hätte. Was sie augenblicklich auch tat. Kurzum die Spüle dafür benutzt spülte sie wenige Augenblicke später den leeren Mageninhalt durch den

Siphon hinunter.

Sobald sie mehrmals tief durchgeatmet ihren Brechreiz soweit unter Kontrolle hatte, dass sie sicher war, dass nichts mehr hinterherkam, spülte Ran sich über das Becken gelehnt den Mund mit dem Wasser aus dem Wasserharn aus.

Doch statt einer Erleichterung stellte sie fest, dass das Leitungswasser ekelig schmeckte. Sie war sich nicht sicher, ob es an dem Nachgeschmack des Erbrochenen lag oder daran, dass die Leitung wohl ewig nicht mehr benutzt worden war.

Wenn einer von der Organisation daraus trinkt, dann wird er sich sicher sein, dass hier Niemand mehr wohnt, dachte sie sarkastisch.
 

Mit fest aufeinander gepressten Lippen nahm Kickchens Mutter knapp eine Minute später die Fertigmahlzeit bereits heraus und knallte lauter als beabsichtigt die Klappe zu.

Sie hielt es einfach nicht mehr länger aus. Sie musste etwas essen. Jetzt! Dringend! Bevor sie ohnmächtig umkippte.

Egal ob die Suppe fertig war oder nicht. Trotz, dass die Nudeln noch halb roh waren, schlang sie die ersten Bissen nur so herunter. Nur mit dem Erfolg sich gleich noch einmal erbrechen zu müssen.
 

Tränen der Frustration vor allem über ihre aktuelle Situation kullerten über Rans Wagen. Zwischen den Zähnen zusammengepresst, sich immer noch über das Spülbecken gebeugt, verfluchte Ran den Vater ihrer Tochter: „Verdammt Shinichi! Dieser Idiot. Du Arschloch!“, haute sie mit der Faust auf die Arbeitsplatte.

Sobald Shinichis Ex-Freundin nicht mehr das akute Gefühl hatte, sich weiter übergeben zu müssen, betätigte sie erneut den Wasserhahn. Schnell drehte sie diesen zu, bevor ihre zitternden Beine nachgeben konnten.
 

Mit Bedacht ließ die werdende Mami sich auf den Küchenboden sinken. Aber nicht nur ihre Beine hatten ihr den Halt versagt. Auch ihr Kreislauf schien ihr einen gehörigen Streich zu spielen. Sie zitterte am ganzen Körper. Trotz, dass ihr noch immer

Speiübel war ließ sie ihren Zusammenbruch hilflos über sich geschehen.

Ran konnte es sich selbst nicht erklären. Was ist nur los mit mir? fragte sie sich selbst verwirrt.

Warum ging es ihr denn jetzt auf einmal nur so schlecht? Sie wusste nicht, ob es davon kam, dass sie einfach halt nur nichts gegessen hatte oder… oder…

Sie konnte gar nicht mehr aufhören. Tränen liefen ihr ununterbrochen und unaufhaltsam übers Gesicht. Sie wollte diese Gefühle nicht haben. Sie wollte weder die Angst noch die Wut noch den Schmerz spüren.

Sie hatte nicht mit dem Aufbrechen solch starker Emotionen und ihrer noch heftigeren Reaktionen darauf gerechnet. „Shinichi!?“, konnte sie nur fassungslos vor sich hin stammeln. Wo zum Teufel war nur ihre ganze Selbstbeherrschung hin!?

Wo war ihre ganze Zuversicht von gestern Nacht? Warum? fragte sie sich kleinlaut.

Sie hatte einen regelrechten Weinkrampf. So sehr Ran auch versuchte sich wieder einzukriegen gelang es ihr nicht.
 

Ran kochte vor Wut, war maßlos enttäuscht, schier verzweifelt und hatte regelrechte Panik.

Am liebsten wäre sie zu Yusaku zurückgestürmt, hätte ihn geweckt und sich in seine starken, väterlichen Arme geworfen und ihn tröstend auf sie einreden lassen, bis sie sich beruhigen könnte.

Aber nein! Das konnte sie doch nicht tun? Oder? Nein! Sie wollte ihn nicht auch noch damit behelligen. Sie wollte ihn absolut nicht wecken.

Es musste ihr doch selbst irgendwie gelingen sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Irgendwie…

Ran wurde von einer erneuten, bebenden Welle überrollt, welche sie erneut mit heftigem Schluchzen und Weinen quittierte.

Jedes Mal, wenn sie glaubte, es würde besser, wurde sie von Neuem erfasst, sodass sie schier das grässliche Gefühl bekam, unter ihren Tränen ersticken zu müssen. Letztlich gab sie schließlich auf und ergab sich. Unter weiterem Weinen, Schluchzten und Beben wurde sie von Hustenanfällen geschüttelt.
 

Erst nach etwa 15 Minuten ebbten ihre Gefühle langsam auf ein immer erträglicheres Maß ab.

Rans Atemzüge wurden endlich allmählich ruhiger. Erst mit der sich zunehmend einstellenden Mattigkeit nahm sie wahr, dass sie immer noch mit Rückgrat und Hinterkopf an der Küchenzeile an dessen Holz lehnte.

Die Kühle der Fliesen unter ihrem Po fühlte sich angenehm an.

Innerlich nun ruhiger schloss sie die Augen.

Wo vorhin noch in ihrem Inneren die zahllosen Emotionen getobt hatten, war nun nichts. Nichts weiter mehr als nur noch ein Gefühl der Leere. Es fühlte sich beruhigend und zugleich irgendwie fremdartig an.

Nach wie vor begriff Kazuhas Freundin nicht was das gewesen war geschweige denn wie ihr das hatte von jetzt auf gleich passieren können.

Es hatte keinerlei Ankündigung für ihren Gefühlsausbruch gegeben. Ganz im Gegenteil. Sie war von sich selbst hinterrücks einfach überfallen worden.

Ob es an ihrer Schwangerschaft lag? versuchte Ran es sich selbst zu erklären: Oder hatte sie einen zeitverzögerten Schock? Sie hatte sowas manchmal bei einer Mordfallaufklärung gesehen, dass Menschen im wahrsten Sinne urplötzlich zusammengebrochen waren.

Sie wusste auch ungefähr, wie sowas psychologisch zustande kam. Jedenfalls so pi mal Daumen, sinnierte sie weiter.

Aber hatte sie denn auch sowas? War das für sie immer noch verwirrend!

Sie hatte gestern doch alles ganz gut gepackt, wie sie selbst mit sich zufrieden und auch eigentlich von sich überzeugt nach wie vor fand.

Jedenfalls hatte sie nach der ersten Zeit nicht das Gefühl neben sich gestanden zu haben. Ganz im Gegenteil. Eigentlich war sie doch ganz rational an die Sache herangegangen. Jedenfalls wusste Ran, als sie ins Bett gegangen war, noch ziemlich genau, war sie den Umständen entsprechend doch ganz zuversichtlich gewesen.

Was war das nur? Stellte sie sich, immer noch über sich selbst ratlos, die Frage an sich selbst. Sie hatte wirklich nicht den Eindruck gehabt unter Schock gestanden zu haben. Aber vielleicht konnte man das ja selbst auch gar nicht merken? überlegte sie weiter.

Sie würde es recherchieren oder Yusaku fragen müssen entschied sie letztlich.
 

Zerknirscht ihren übermächtigen Hunger erneut mit einer so plötzlichen Heftigkeit spürend, dass es Ran glatt von den Füßen gezogen hätte, wenn sie nicht eh bereits säße, griff sie mit der Hand tastend nach oben. Die Suppe gefunden, nahm sie diese zu sich herunter.

Da es ihr an körperlicher Kraft mangelte und sie sich auch zu unsicher war aufzustehen, hatte sie keine Gelegenheit die Nudeln erneut in die Mikrowelle zu stellen. Sie musste sie kalt essen. Was in Anbetracht der Umstände okay für die werdende Mami war. Bedeutend vorsichtiger, gar übervorsichtig aß Ran sehr langsam und zögerlich, bis sie erleichtert bemerkte, dass die Nudeln diesmal drin blieben und sie keinen erneuten Brechreiz verspürte.
 

Erst als sie schon halb aufgegessen hatte, wurde sie mutiger und traute sich größere Bissen zu. Letztlich hatte sie die letzte Nudel verspeist.

Es war wirklich nichts mehr, wie es war.

Kickchens Mutter musste erkennen, dass sich ihre komplette Weltsicht um hundertachtzig Grad gedreht hatte.

Es war schier ein Wunder, dass Yusaku nichts gehört hatte und doch heruntergekommen war, dachte sie nun. Sie war schließlich wie sie sich denken konnte in ihrer

Heul-Panikattacke nicht gerade leise gewesen.

Was für sie ein Zeichen dafür war, wie erschöpft wohl auch Yusaku war.

Obwohl auch sie jetzt maßlos erschöpft war, war in ihr der Entschluss gereift, dass es so besser war. Nun war sie froh, dass sie es immerhin geschafft hatte sich soweit unter Kontrolle zu halten, dass sie nicht wie ein kleines, verängstigtes Kind zu ihm gerannt war.
 

Mittlerweile weitere 15 Minuten später traute sie sich auch sich behutsam an dem Küchenschrank langsam hochzuziehen und ihre steifen Knie durchzustrecken, um aufstehen zu können.

Leicht schwindelig hielt sie sich an der Theke fest. Unschlüssig was sie nun tun sollte blieb sie halb daran gelehnt stehen.

Sie war müde! Zu Yusaku ins Bett wollte sie jedoch nicht zurück. Sie traute sich zudem das Erklimmen der Treppe nicht wirklich zu. Zu stürzen hätte ihr und sicher auch ihm gerade noch gefehlt.

So schaute sie sich kurz überlegend um, bis sie sich entschied sich ausgestreckt auf die Couch im Wohnzimmer zu legen…
 

Auf dem Polizeirevier (Vormittag)
 

Heiji schaute von seinen Unterlagen auf aus dem Fenster. Er seufzte.

Wenn er ehrlich war: Er vermisste Otaki. Sogar ziemlich! Wie gerne wäre er bei ihm in Osaka und würde Ermittlungen in seiner Begleitung auf eigene Faust durchführen.

Heiji musste zugeben, dass er sich gründlich geirrt hatte. Die alltägliche Routine ohne spannende Fälle, nur Akten durchgehen, wenn es hoch kam Zeugenaufnahmen aufnehmen und beratende Funktionen hauptsächlich zu übernehmen waren nicht wirklich sein Ding.

Ihm war das Ganze viel zu trocken! Es fehlte die Spannung. Um es in einem Wort auszudrücken, die Arbeit auf dem Revier langweilte ihn von Tag zu Tag mehr.

Sie war ihm schlichtweg zu trist.

Eine weitere Seite desinteressiert überfliegen sah er tief in seinem Inneren ein, dass er nun mal ein Privatdetektiv war. Kein Beamter! Als Privatdetektiv konnte er immerhin selbst über die Fälle entschieden, die er annahm und war zugleich auch sein eigener Herr. Geschweige denn jemandem wie Megure oder Shiratori, dem er zurzeit direkt unterstellt war, untergeben.
 

Was für ein Mist! Heiji warf den Kugelschreiber zur Seite.

Er starrte deprimiert und frustriert schon wieder aus dem Fenster: Wenn doch schon Mai wäre oder wenigstens April, dann wäre er wieder in Osaka. Zurück zu Hause, dachte er. Warum vermisste er ausgerechnet jetzt das Essen seiner Mutter?

Wohl, weil er nun doch Hunger hatte. Eine Sache die er ebenfalls bereute: Er hätte frühstücken sollen. Er kramte in seiner Tasche. Lustlos aß er das Bento bereits vor der Mittagspause.

Es war gerade mal 10:14 Uhr. Es war ihm egal.
 

Was ihm nicht egal war und ihn zudem mehr als nur traurig stimmte war, als ihm die Tatsache bewusst wurde, dass Shinichi und auch Kaito in Tokio lebten.

Wäre er wieder zurück in Osaka wären sie doch ziemlich weit auseinander und könnten sich wesentlich weniger sehen.

Ihm verging der Appetit wieder. Niedergeschlagen legte er das Essen zurück und widmete sich nun doch notgedrungen, alleine um einen erneuten Ablenkungsversuch zu starten, seiner lesenden Tätigkeit.
 

Um sich wenigstens etwas die Beine zu vertreten dachte er im Stillen:

Nun… den langen Flur seines Arbeitsbereiches entlang gehend.

Er benötigte einen zweiten Ordner, welchen er aus dem Regal hatte nehmen müssen: Einen Mordfall brauchte er nicht unbedingt. Nicht nach dem Alptraum von letzter Nacht. Aber vielleicht so ein kleiner Überfall ohne Verletzte vielleicht oder von ihm aus auch ein Fahrraddiebstahl?

Alles war besser als schon wieder der Berg Akten vor ihm. Er schaute raus in den Restnebel dieses Wintermorgens, bevor er sich mit einem weiteren, diesmal schweren, seufzten auf seinen Bürostuhl zurück sinken ließ, um die Akten miteinander abzugleichen.
 

Und da war sie wieder.

Kazuha.

In seinen Gedanken. Er hatte aus den Augenwinkeln registriert, wie sie ihn beobachtet hatte.

Natürlich hatte sie sofort weggesehen, als ihr klar geworden war das er es bemerkt hatte.

Er seufzte erneut schwer. Wieder niedergeschlagen.

Er schüttelte den Kopf. Das war ein zu unangenehmes Gefühl um sich damit zu beschäftigen.

Dann doch lieber der langweilige Papierkram. So beugte er sich vor um weiterzulesen. Da wie Heiji bereits erwartet hatte ihn die Unterlagen nicht fesseln konnten, fiel ihm neben seinem Liebeskummer auch noch der Alptraum erneut wieder ein. Er schüttelte sich nur bei dem bloßen Gedanken daran.
 

Als wäre das nicht schon genug gewesen, spürte er aus dem Nichts auch noch sein Handy vibrieren. Wer war das denn jetzt?

Hoffnungsvoll holte er es so unauffällig wie möglich aus seiner linken hinteren Hosentasche heraus: Vielleicht eine Nachricht von Shinichi?

Seine Enttäuschung wäre ihm anzusehen gewesen. Zu seinem großen Glück hatte keiner der Anwesenden des Großraumbüros in diesem Moment hin gesehen.
 

Es war nur Kaito, welcher im Geschichtsunterricht saß und sich gelangweilt hatte:

10:29Uhr: Hey, wie geht`s?
 

Heiji antwortete ihm:

10:30 Uhr: Ich hasse mein Leben!
 

Kaito, schrieb interessiert gleich zurück.

10:31: Warum? Liebeskummer?
 

Heiji zögerte:

10:33 Uhr: Ja.
 

Kaito:

10:33 Uhr: Das tut mir leid für dich!
 

Heiji:

10:35 Uhr: Das ist nicht witzig!
 

Kaito:

10:36 Uhr: So habe ich das nicht gemeint.
 

Heijis Ärger verflog allmählich:

10:38 Uhr: Also was ist?
 

Kaito:

10:38 Uhr: Nichts Besonderes. Ich dachte, wir könnten heute Abend was zusammen unternehmen. Immerhin ist Freitag. Kino?
 

Heiji:

10:39 Uhr: Keine Lust.
 

Kaito:

10:44 Uhr: Ach, komm! Du klingst so, als wenn etwas Ablenkung nicht schadet.
 

Heiji:

10:49 Uhr: OK, von mir aus. Was läuft denn?
 

Kaito:

10:52 Uhr: Zombies.
 

Heiji:

10:52 Uhr: Zombies? Dein Ernst?
 

Kaito:

10:53 Uhr: Warum nicht? Also was ist, kommst du?
 

Heiji dachte kurz darüber nach. Während er das tat, zuckte er plötzlich auf seinem Stuhl zusammen. Beinahe wäre er von Megures Stellvertreter erwischt worden.

Hastig tippte er um 10:55 Uhr ein knappes: Klar. Ehe er sein Handy schleunigst zurück in seiner Hosentasche verstaute und weiterarbeitete.
 

Einen Moment später, nachdem er die letzte Mitteilung seines Freundes gelesen hatte, hatte der Zauberer nicht so viel Glück. Erwischt worden musste er der Lehrerin sein Handy aushändigen.
 

Im Hause Kudo (Mittag)
 

Ran murrte, als sie erwachte: „Musst du so einen Radau machen?“, tadelte sie ihr Töchterchen. Kickchen hatte ihre Mutter mit einem kräftigen Tritt aufgeweckt.

Müde sah Ran sich vom Sofa aus um, dann streckte sie sich ausgiebig und gähnte. Danach blieb sie für eine kurze Weile still liegen.
 

Alles war ihr wieder eingefallen. Sie war hier, weil sie hinter Shinichis Geheimnis und damit hinter das Geheimnis der Organisation gekommen war.

Wie spät war es eigentlich, fragte sie sich.

Da sie keine Uhr sehen konnte, kramte sie nach ihrem Handy. Es war aus. Schnell schaltete sie es ein.

11:24 Uhr zeigte die Displayuhr neben der Akkubalkenanzeige an. Es piepste warnend. Ran blieb nur die Zeit ihre Nachrichten zu überfliegen.

Eine von Sonoko und vier von Kazuha.
 

Zuerst die ersten beiden von Kazuha:

22:30 Uhr: Ran wann kommst du nachhause?
 

Dann die von Sonoko:

23:51 Uhr: Hey, Ran. Kazuha hat mich angerufen. Wo bist du? Ist alles ok bei dir?
 

Kazuha:

23:55 Uhr: Ran wo bist du?
 

0:26 Uhr: Ran, wo bist du? Ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Bitte melde dich!
 

Und die letzte um 01.34 Uhr: Ran! WO BIST DU? Jetzt melde dich endlich. Ich drehe sonst noch durch vor Sorge!
 

„Ach du Weh!“, rief die Gemeinte aus, nachdem sie die Mitteilungen durchgelesen hatte. Das hatte ich ja total vergessen. Ich bin hier eingeschlafen und habe total vergessen zu sagen, wo ich bin!

Ein weiteres schrilles Piepen das auf den so gut wie leeren Akku aufmerksam machte.
 

Gehetzt deswegen tippte Ran schnell eine Antwort an Sonoko:

Es geht mir gut. Alles OK.
 

Dann tippte sie zügig eine knappe Antwort an ihre Freundin aus Osaka:

Hey, sorry! Es tut mir leid, aber mir geht es gut. Ich habe bei Yusaku zu Hause geschlafen. Ich bin hinter das Geheimnis gekommen. Alles wird gut. Heiji liebt dich noch! Wir sehen uns heute Abend. Dann erzähl ich dir alles, OK. Mein Akku ist fast leer.
 

Kaum auf Senden gedrückt war das Handy auch schon aus.

Erleichtert darüber Bescheid gegeben zu haben atmete sie tief durch.

Das Piepen war verstummt und so wurde es still im Wohnzimmer des Kudohauses.

Wie Ran so da lag, immer noch auf dem Sofa, hatte sie nun die Zeit alles erneut Revue passieren zu lassen.

Niedergeschlagen seufzte sie.

Selbst wenn sie das Geheimnis jetzt kannte und ihre Freundin somit die Chance hatte wieder mit Heiji zusammenzukommen… Kazuha würde sicher um ihn kämpfen.

Aber wollte sie auch um Shinichi kämpfen?

Ran war sich da nicht sicher. Sie war noch immer stinksauer auf ihn.
 

Auf dem Präsidium
 

Kazuha hatte bereits sofort nach Eintreffen der SMS bemerkt, dass sie diese bekommen hatte. Sie traute sich jedoch nicht das Handy aus ihrer vorderen Hosentasche hervorzukramen. Sie wollte nicht auch wie Heiji beinahe erwischt werden.

So blieb ihr nichts anderes übrig, als bis zur Mittagspause zu warten und inständig zu hoffen, dass die Nachricht von Ran war. Unauffällig spähte sie auf die große Bürouhr ihr gegenüber. Zu ihrem Glück würde sie nicht mehr lange warten müssen.
 

Kudohaus
 

Aus ihren Gedanken gerissen horchte Ran auf.

Sie hatte ein Geräusch gehört. Erschrocken hielt sie den Atem an und lauschte.

Es kam von oben her. Schritte waren zu hören. Sie schienen die Treppe herunterzukommen: Es war Yusaku.

Als Ran ihn registriert hatte, setzte sie sich erleichtert auf. Doch zu ihrer großen Verblüffung wünschte er ihr keinen guten Morgen. Er war einfach an ihr und dem Sofa vorbei in die Küche abgebogen.

Als Ran aufgestanden und ihm in die Küche nachgegangen war, sah sie ihn in den Schränken suchen: „Du kannst es gleich sein lassen!“

Ran hatte ihn erschreckt. Sie stand im Türrahmen: „Ich habe schon vor dir gesucht. Ihr hattet sowieso nichts hier“, erklärte sie sachlich schlicht mit einer ausladenden Handbewegung die Geste untermauernd: „Heute Nacht schon“, ergänzte sie aufgrund seines irritierten Gesichtsausdruckes: „Trinken schon am Vormittag ist unanständig!“

„Ist Trinken aus dem Grund wie ich es vorhabe nicht immer unanständig?“, konterte er zynisch.
 

Immerhin er hatte trotz allem noch wenigstens Humor, dachte sie.

Auch wenn der schwarz war. Wie sie zu ihrer eigenen Situation feststellte. Sie schluckte. Ihre Gesichtsfarbe war einen Augenblick später blasser als zuvor: „Außerdem wäre das total unfair. Weil ich mich nicht betrinken kann“, spielte sie auf ihre Schwangerschaft an. Das zog! Yusaku schloss die Türe des Hängeschrankes, welche er gerade geöffnet hatte. Mit schlechten Gewissen sah er die Mutter seiner zukünftigen Enkelin an.
 

Er sah, wie sich ihr Minenspiel von enttäuscht-verbittert in ermutigend umschlug.

Ran hatte sich schnell wieder im Griff: „Hier!“, warf sie ihm seine Zigarettenpackung hin. Sie hatte die Packung und das dazu gehörige Feuerzeug in seiner Manteltasche ertastet und herausgeholt, als sie in der Nacht nach seinem Schussel gesucht hatte.

Sie hatte gleich gewusst, was es gewesen war. Auch ohne genau nachzusehen.

Wie auch Yusaku erkannte, kannte sie ihn gut: „Geh damit vor die Tür“, wies sie ihn kühl dann doch etwas missbilligend an: „Benutz die. Die sind zwar auch schädlich, aber immerhin schaden sie nicht dem Verstand. Auf einen zweiten Paps kann ich verzichten!“
 

Reumütig nahm er die Schachtel an sich und verschwand tatsächlich nach Draußen.

Ran war klar, dass er rauchte.

Sie überlegte kurz, ob er es wohl bei einer Zigarette belassen würde. Aber eigentlich war sie sich sicher, dass es wohl mindestens zwei oder drei werden würden.

Zurück zur Couch gegangen wartete sie darauf, dass er wieder reinkam. Sie wollte ihn alleine lassen. Zum einen, weil er sicher seine Ruhe wollte und zum anderen, weil sie auf den Zigarettenqualm wirklich gut verzichten konnte.
 

Polizeipräsidium
 

Kazuha sprang förmlich von ihrem Platz auf, als die Uhr 12 schlug.

Heiji, der nicht umhin kam es zu bemerken, stutzte aufgrund ihrer plötzlichen Eile.

Sie stürmte praktisch aus dem Großraumbüro heraus auf den Flur.

Was hat sie denn gestochen?, fragte er sich. Ehe er sich darüber ärgerte, dass er schon wieder an sie dachte. Mensch, war das denn so schwer? Konnte er sie nicht einfach ignorieren!
 

Ehe Chiba und Takagi ihm entgegenkommen konnten war auch er verschwunden.

Im Treppenhaus sah er Kazuha kurz.

Sein Blick traf ihren und sie sah schnell weg.

Als er sich wieder in Bewegung setzte die Treppen runter, sah sie ihm sehnsüchtig hinterher.

Sie hatte Rans SMS bereits gelesen. Ihr Herz pochte immer noch wie wild und wurde, während sie ihm nachschaute, noch um ein vielfaches schneller.

Er liebt mich, dachte sie voller Hoffnung immer noch ihr Handy umklammert haltend.

Sie konnte es kaum erwarten, bis sie Feierabend hatte und endlich, hoffentlich war Ran dann zuhause, mit ihr sprechen zu können.

Sie wollte schnellstmöglich alle Einzelheiten erfahren. Heiji liebte sie? War Ran sich da wirklich sicher?

Hatte sie etwa Indizien dafür gefunden oder gar einen Liebesbeweis wie einen geheimen Liebesbrief? Ein Geständnis, dass all sein merkwürdiges Verhalten erklärte?

Oh, das wäre der schiere Wahnsinn! Kazuhas Herz jubilierte.
 

Doch was war nur das Geheimnis?

Ran hatte ihr geschrieben, dass sie es herausgefunden hatte.

Was war es nur?

Die junge Frau, die Heiji insgeheim immer noch liebte, platze förmlich vor Ungeduld! Während sie voller Erregung und Nervenkitzel ihr Bento aufaß, versuchte ihr heimlicher Schwarm sich draußen durch körperliche Ertüchtigung von seinem Liebeskummer abzulenken.
 

Kudohaus
 

Es war nicht besonderes nett gewesen ihn mit ihrem Vater zu vergleichen. Auch wenn es stimmte: Männer und Alkohol. Da waren die doch irgendwie alle gleich. Jedenfalls die Männer, die sie kannte.

Rans Miene verfinsterte sich schlagartig. Wieder war ihr Shinichi eingefallen. Hatte er sich damals nicht auch betrunken? Wer weiß, ob er sonst mit ihr geschlafen hätte. Ob er das bereute? Sie war plötzlich verunsichert.

Zwar hatte er ihr versichert, dass er sie lieben würde.. Aber vielleicht hatte er sie ja nur benutzt? Ran schallt sich selbst für diese misstrauischen Gedanken. So einer ist er nicht! Sie ermahnte sich selbst.

Jedenfalls wollte sie sich nur allzu gerne an diese Hoffnung klammern. Er liebt mich.

Er hat nur eine verdammt schlechte Art das zu zeigen, ermutigte sie sich selbst.

Yusaku blieb ganz schön lange draußen, dachte sie nach einer Weile. Sie überlegte, ob sie nach ihm sehen sollte. Doch vorerst ließ sie ihm Zeit.
 

Er wiederum stand immer noch an die Wand neben der Haustüre angelehnt.

Ihm war kalt. Er hätte den Mantel überziehen sollen, aber daran hatte er nicht gedacht. Die Luft tat gut. Sie wirkte erfrischend auf Körper und Geist. Außerdem entsprach der Schmerz in den frierenden Fingern dem seines Gemütszustandes. Yusaku fühlte sich mies.

Nicht nur wegen Yukiko. Auch, weil ausgerechnet Ran ihn erwischt hatte. Im ersten Moment war er sauer auf sie gewesen, dass sie sämtliche Spirituosen weggeschüttet hätte. Schon komisch, dachte er. Eigentlich hätte Alkohol in der Küche sein müssen. Wo war der? Hatte Shinichi den sich etwa genommen für seine Rückverwandlungen?

Wie dem auch sei…
 

Wobei… Mehr als Wein zum Verfeinern von Speisen hatte er eh nicht erwartet.

Yukiko hatte früher gerne mal mit Wein gekocht.

Die Erinnerungen daran stoßen ihm sofort bitter auf. Bitterer als ein Schluck puren Schnapses.

Alles tat ihm einfach weh, wenn er nur an sie dachte und er musste wie jetzt schon wieder viel zu oft an sie denken.

Seit dem Streit mit Shiho und das Ran ihm das Geständnis bezüglich der Organisation entlockt und ihn damit für kurze Zeit abgelenkt hatte, hatte er seit ihrem komischen Kuss, immerzu an seine Frau denken müssen.

Was bitte sollte das? Fragte er sich auch jetzt erneut.

Was dachte Yukiko sich dabei nur? Sie konnte ihn doch nicht einfach küssen, dann sagen sorry und ihn einfach stehen lassen.

Und er war ihr wie der allerletzte Volldepp auch noch nachgerannt. Warum tat er sich das selbst denn auch immer wieder an?

Die Antwort war ihm allzu klar und umso sehr schmerzte es und stach in seiner Brust.

Er vermisste Yukiko. Er liebte sie! Immer noch sogar mehr als er gedacht hatte.

Er hatte wirklich gedacht, gehofft, dass er wenigstens etwas über sie bereits hinweg war. Aber weit gefehlt wie er doch daneben lag. Seinen Herzschmerz versuchend

wegzuatmen schloss er die Lider.

Ihr Bild vor und nach dem Kuss vor seinem inneren Auge lief ihm eine Träne aus dem Augenwinkel die Wange herunter. Er wischte sie nicht weg.
 

Ran wusste nicht, was sie machen sollte. Yusaku war immer noch nicht rein gekommen. Unentschlossen immer noch auf dem Sofa sitzend hörte sie ihren Magen knurren.
 

Nach einer halben Stunde hatte Yusaku sich soweit wieder im Griff, dass er wieder ins Haus gehen wollte. Die Kälte war es letztlich gewesen, die ihn wieder in die Realität zurückholte.

Die letzten Minuten war er von zwar schönen, aber umso schmerzhaften Erinnerungen an Yukiko in LA und auch hier im Haus heimgesucht worden. Erinnerungen an eine glückliche Zeit. Sie waren wirklich eine glückliche junge Familie gewesen.

Vermisste er nur die Erinnerungen oder machte er sich tatsächlich selbst so fertig, weil Yukiko ihm doch immer noch etwas bedeutete?

Die Antwort gab er sich gegenüber zwar zu, aber sie gefiel ihm nicht im Geringsten.

Wie einfach es doch gewesen wäre, würde er sie nicht immer noch abgöttisch lieben. Auch, wenn es wahrscheinlich wirklich keinen Sinn mehr machte an der Vergangenheit festzuhalten.

Die Yukiko, die er kannte, die gab es einfach nicht mehr! Aber… Er vermisste sie einfach so sehr.

Wie hatten sie sich nur so voneinander entfremden können? Klar. Er kannte auch diese Antwort. Seufzend zertrat er die Zigarette: Es war die Fehlgeburt gewesen.
 

Als Yusaku schließlich hereinkam, roch er bereits, dass Ran gekocht hatte.

Er kam stirnrunzelnd bis in die Küche.

Sie sah vom Esstisch auf.

Regelrecht verwundert schaute er in den Topf, der neben ihrem Teller auf dem Tisch stand: „Hühnersuppe?“, runzelte er fragend die Stirn.

„Ganz recht!“ Sie neckte ihn, um ihn versöhnlich zustimmen und zu überreden, dass er ihre Fürsorge annahm: „Du bist doch erkältet und da ist eine Hühnerbrühe doch genau das Richtige.“

In sein weniger begeistertes Gesicht sehend, gab sie ihm schnell einen kumpelhaften Kuss auf die Wange, als er sich dann doch neben sie setzte.

Sie schlang, für ihn überraschend, ihre Arme um ihn: „Ich habe dich lieb. Du bist mir wichtig. Bitte iss sie, ja?“, hörte Yusaku sie bitten.

Wie konnte er da anderes?

„Also gut.“ Er zeigte sich einverstanden.
 

Er wollte sich schon lösen. Doch ihre Umarmung hielt ihn fest. Er roch nach frischem Tabak. Aber das störte Ran nicht. Sie mochte den Geruch. Er war etwas, was sie kannte, dem sie vertraute in dieser Zeit, in der sie nicht wusste, wie es weitergehen sollte.

Erneut gab sie sich selbst und ihm ermunternd einen, diesmal entschiedenen, erneuten Kuss auf dieselbe Wange.

Ihre Umarmung intensiviert ließ sie ihn keck ebenso spontan los wie sie ihn gepackt hatte: „Los, komm“, trällerte sie spontan los: „Lass uns Essen!“

Geradezu jugendlich in ihrer jetzt unbeschwerten Art sah Shinichis Vater zu, wie sie schnell einen Löffel in den Mund schob und ihn breit angrinste und ihn dann einladend anlächelte.
 

Er konnte nicht anderes, als tatsächlich aufgemuntert, zurück zu lächeln. „Spiegelneuronen“, verkündete sie lächelnd, als sie das registriert hatte.

Stimmt, stellte er fest.

Wie immer scharfsinnig dachte er nun auch mit dem Essen beginnend.

Als sie seine interessierte Miene sah, fügte sie hinzu: „Ich habe in der Bibliothek gestöbert. Da bin ich über den Begriff gestolpert! Er klebte an deiner Schublade. Wofür hast du ihn gebracht?“, wollte sie von ihm neugierig wissen.

„Gute Frage“, antwortete er ihr etwas verdattert wahrheitsgemäß: „Das weiß ich selbst nicht mehr.“

„Echt nicht?“ Sie sah ihn ungläubig an.

„Echt nicht.“

Stillschweigend aß sie neben ihm weiter. Sie konnte erahnen, woran er gedacht hatte. Aber jetzt sah er ganz OK aus, wie sie fand.

Sie vermied es ihn gezielt auf Yukiko anzusprechen. Sie hatte nicht den Eindruck, als wenn er darüber wurde sprechen wollen.

Wenn sie ehrlich war, dann sah sie ihm an, dass er gerade über etwas zu brüten schien. Ein bisschen sah er auch aus, als habe er irgendwie ein schlechtes Gewissen. Vielleicht wegen vorhin, dachte sie.

Auch wenn sie irgendwo nachvollziehen konnte, warum er sich gerne betrunken hätte. Es war nun mal auch nicht die Lösung.

Und tatsächlich hatte er das. Aber ihn beschäftigte nun auch noch etwas anderes.
 

Immerhin, dachte sie jetzt, ist er besser gelaunt: Ich bin eine der wenigen Frauen, auf die er widerspruchslos hört. Ich kann das besser als Mama! Irgendwie war sie darüber amüsiert und auch etwas stolz. Auch wenn sie an ihrem eigenen Liebeskummer wegen Shinichis großer Dummheit ermessen, erahnte das es auch Yusaku wegen Yukiko immer noch ziemlich mies ging.

Sie wusste, dass er das jetzt brauchte. Wenigstens Zigaretten wollte sie ihm gönnen. Sie nahm sich vor ihm später dabei zu helfen, falls er wollte, das wieder bleiben zu lassen. Immerhin…, dass hier alles war irgendwie eine Ausnahmesituation.

Nicht nur für sie wegen dieser Wahrheit über die Organisation.

Yusaku und Yukiko hatten sich geküsst. Okay. Aber warum hatte Yukiko den Kuss erst begonnen, dann abgebrochenen und war dann ohne jede weitere Erklärung einfach abgehauen?

Wieso? Wie Yusaku verstand sie das beim besten Willen auch nicht.

Wie konnte sie ihn so vor den Kopf stoßen? Er tat ihr so leid.
 

Um ihn erneut aufzumuntern, fragte sie ihn: „Und was machen wir heute?“

Er schaute verständnislos von seiner Suppe auf: „Ich muss Shinichi abholen“, fiel in das Plausible rational ein.

„Ja“, stimmte sie ihm zu: „Aber das ist doch erst um 17:00 Uhr, oder?“, harkte sie nach. „Doch, schon.“ Er nickte.

„Und jetzt?“, fragte sie ihn: „Wir haben gleich erst 13 Uhr. Also …?“

Sie sah Shinichis Vater aus großen fragenden Augen an: „Verbringen wir den Tag mit Fernsehen oder was haben wir vor?“

„Du kannst gerne fernsehen“, meinte er: „Fühl dich hier ganz wie zuhause.“

„Das tue ich schon, seit ich gestern in deinem Bett geschlafen habe“, grinste sie ihn bereit neckend an.

„Na, wenn das so ist“, neckte er sie zurück: „Dann erzähl das mal bloß nicht Shinichi.“ „Du meinst, sonst kommt er noch auf falsche Gedanken? Na, eigentlich“, überlegte seine Ex laut: „Können wir das gerne machen. Er hätte es zumindest verdient.“

„Autsch, wie gemein du sein kannst, Ran.“

„Tja“, meinte sie nur: „Rache ist süß!“

„Okay.“ Yusaku sah sie zögerlich an, so als wäre er sich nicht sicher, als ob er dabei mitmachen wollte: „Ich möchte lieber nicht in seiner Haut stecken.“

„Ich glaube, dass will keiner“, räumte sie versöhnlicher ein: „Also was ist jetzt“, nahm sie auch seinen leeren Teller mit um ihn gleichfalls mit ihrem zur Spüle zu tragen: „Fernsehen, bis wir viereckige Augen haben!?“

Sie sah, dass er sich erhob: „Du kannst das gerne machen. Wie gesagt fühl dich hier wie zuhause.“

„Heißt das, dass du nicht mitmachst?“ Rans Stimme klang etwas verwirrt und enttäuscht. Sie war sich eigentlich sicher gewesen, dass sie ihn und auch sich selbst mit ein paar Quizshows oder so etwas hätte ablenken können. Alleine würde es nur halb so viel Spaß machen.

Sie sah zu, wie er die Küche verließ und durch das Wohnzimmer verschwand.
 

Gegen 14:00 Uhr wurde es Ran wirklich zu langweilig auf ihrem einsamen Platz auf dem Sofa. Die Soap war zwar spannend und auch sehr romantisch-kitschig gewesen, aber da sie jetzt aus war zappte Shinichis Ex-Freundin durchs Programm, aber sie fand nichts, was sie fesseln konnte.

So erhob sie sich, wegen ihres Schwangerschaftsbauches schwerfällig, aus ihrer liegenden Position von der Couch.
 

Ran ging, um zu sehen, was Yusaku machte.

Sie fand ihn in seiner Bibliothek. Wo auch sonst?, dachte sie mit einem Lächeln auf den Lippen.

Irgendwie passte das zu ihm, dass sie ihn ausgerechnet hier fand.

In der Bibliothek, erinnerte sie sich zurück, hatte sie ihn früher auch immer oft gesehen, als sie und Shinichi noch Grundschüler gewesen waren und sie hier bei ihm gespielt hatten.
 

Wie sie sich jetzt so daran zurückerinnerte musste sie feststellen, dass Yusaku immer sehr gutmütig und überhaupt nicht streng zu ihnen gewesen war. Sie hatten sogar hier spielen dürfen, während er an seinen Manuskripten arbeitete.

Wie lieb er doch war, dachte sie. Rans Augen füllten sich mit rührseligen Tränen. Er würde sicher einen tollen Großvater für ihre Kleine abgeben, die sie mal wieder zu kräftig zwischen die Rippen trat.

Reflexartig senkte sie ihren vor Glück und liebe strahlenden Blick, welchen sie immer noch auf den Vater des Vaters ihrer Tochter gerichtet hatte und rieb sich die Stelle, welche ihr den Schmerz verursachte.
 

Als sie wieder aufsah, ging sie auf den zukünftigen Großvater zu.

Doch Yusaku war so in Gedanken, dass er sie nicht bemerkte, bis sie sich hinter ihn gestellt und von hinten dankbar und voller Liebe umarmt hatte.

„Womit habe ich das verdient?“, drehte er sich überrumpelt, soweit es ihm möglich war, mit dem Gesicht zu ihr.

„Ach, einfach nur so!“ Ran lächelte ihn bereit mit strahlenden Augen an: „Weil du der beste Großvater sein wirst, den es gibt!“

„Danke“, gab er überrascht über dieses plötzliche Kompliment zu: „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, fragte er sie.

„Ach.“

Er hörte sie, an seinem Ohr, seufzten: „Ich habe einfach an meine Kindheit gedacht. Du warst immer so lieb zu mir und auch falls du manchmal daran zweifeln solltest“, sie drückte ihn fester: „Du bist der beste Vater für Shinichi, den er nur haben kann. Nicht nur jetzt auch früher schon. Er hatte immer seinen tollen Vater. Du hast ihn fast nie ausgeschimpft und falls doch mal, dann hatten wir es auch wirklich verdient.“

Als wenn sie seine Zweifel gerochen hätte, dachte er. Darüber hatte er sich tatsächlich wie auch vorhin schon mehrmals Gedanken gemacht und sich gefragt, ob er sich Shinichi gegenüber richtig und auch loyal genug verhielt.

Er hatte Ran immerhin verraten, was Shinichi so vergeblich über eine schiere Ewigkeit zu verbergen versucht hatte.
 

Er war dankbar für Rans Lob.

Ebenfalls voller freundschaftlicher Zuneigung erwiderte er ihre Umarmung, indem er sich enger an sie schmiegte.

„Ich bin auch froh, dass es dich gibt“, antwortete er laut auf ihre unausgesprochene Liebesbekundung.

Doch sie war abgelenkt. Was er zuerst an der Lockerung ihrer Umarmung bemerkte.

„Was ist?“, fragte er sie, während er zuließ, dass sie sich von ihm löste.

Er war zunächst irritiert und dachte, dass was mit ihr nicht stimmte, weil sich ihre Körperspannung geändert hatte. Sie hatte sich verspannt angefühlt. Was auf ihn wie ein krasser Kontrast wirkte im Gegensatz zu ihren geschmeidigen, entspannten Armen.

„Du recherchiert Zellteilung?“, hörte er ihre gleichfalls irritierte Stimme. Sie hatte sich nun vollends hinter ihm aufgerichtet.

„Äh, ja“, gab er etwas verdattert zu, als ihre Fragestellung bei ihm angekommen war.

„Wegen Shinichi!?“, schlussfolgerte sie sofort richtig.

Er nickte.

Für einen kurzen Moment überlegte er, ob er sie wegen seinem Selbstversuch bezüglich des Anti-APTX 4869 einweihen sollte. Doch dann entschied er sich dagegen. Sicher machte sie sich schon Sorgen um Shinichi. Da wollte er ihr nicht auch noch welche bereiten. Also behielt er es für sich. Sie musste schließlich nicht alles wissen, wie er fand.
 

Doch zu spät.

Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie plötzlich angefangen hatte zu weinen.

Die Tränen rollten ihr über das Gesicht und eine davon hatte seine Hand gestreift.

„Hey, wein doch nicht“, stand er schnell auf und umarmte sie.

„Ich kann nichts dafür, sorry! Ich bin einfach nah am Wasser gebaut.“

„Aber du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen. Ran: Alles wird gut. Du wirst schon sehen. Irgendwann kommen wir schon dahinter.“

„Und wenn nicht“, hörte er sie, an seiner Brust in sein Hemd, schluchzten.
 

Er hatte eigentlich etwas erwidern wollen. Doch Yusaku wusste nicht schnell genug was. So hörte er sie weiter sprechen und reagierte betroffen.

„Ich hatte dir das eigentlich gar nicht erzählen wollen“, gab sie immer noch unter Tränen zu.

„Was?“, wollte er eindringlicher wissen, als sie ihm nicht direkt antwortete und plötzlich still wie angewurzelt dastand, schwieg.

„Was wolltest du mir nicht erzählen?“ Energisch hob er ihr Kinn an um ihr in die Augen sehen zu können: „Hey, Ran!“, forderte er sie streng auf.

Sie ihrerseits kam nicht umhin, als ihn anzusehen. Gefangen von seinem Blick hatte sie keine andere Wahl mehr. Die Wahrheit platzte aus ihr heraus: „Ich weiß auch nicht was das heute Morgen war. Ich … Ich glaube, dass ich so etwas wie einen kleinen Nervenzusammenbruch hatte.“

„Was?“ verwirrt von ihrem Geständnis drückte er sie behutsam auf seinen Schreibtischsessel: „Warum hast du mir das nicht gesagt?“

„Weil“, schluchzte sie: „ich … Ich wollte dich nicht wecken. Du hast doch selbst schon so viel um die Ohren. Da wollte ich dich nicht auch noch mit meinem Geheule kommen“, erzählte sie ihm.

„Aber Ran. Nicht doch“, reichte er ihr sein Stofftaschentuch, welches sie dankend nickend annahm.

Er suchte, sich zu ihr heruntergebeugt, Blickkontakt zu ihr: „Hör mir zu! Ganz gleich wie viel ich um die Ohren habe. Ich werde mir immer Zeit für dich nehmen.“

Er schaute sie eindringlich an: „So was musst du mir doch sagen. Das ist wichtig, Ran!“

Weil sie schwieg, schwieg auch er einen Moment zu lange. Denn ihm ging ein Gedanke durch den Kopf, den er auch zu Rans Glück laut aussprach: „Ich hätte dir gar nicht erst davon erzählen sollen.“

Sofort streckte sie ihre Hand verzweifelt nach ihm aus: „Nein!“, beteuerte sie energisch: „Ich bin doch so froh, dass du dein Wort gehalten hast und ich jetzt endlich weiß was Sache ist. Es ist nur so...“, geriet ihr Redefluss ins Stocken.

Yusaku hörte ihr zu.

„Das ich erst irgendwie für mich selbst klar kriegen muss wie ich zu all dem stehen soll. Ich war wohl kurz überfordert“, versuchte sie ihn davon zu überzeugen wie ernst sie es meinte.

Zur ihrer großen Erleichterung glaubte er ihr das: "Das nächste Mal, wenn du mich brauchst: Kommst du sofort."

Ran nickte mit einem Lächeln: "Ja!" Sie hatte immer noch Tränen in den Augen.

Mit einer weiteren Umarmung seinerseits war das Thema vom Tisch.

Sie tauschte den Platz wieder mit ihm und schaute ihm dabei zu, wie er seine Recherchearbeiten fortsetzte.

„Du kannst gerne wieder ins Wohnzimmer gehen“, meinte er nach einer Weile: „Das ist so trocken, dass müssen wir uns nicht beide geben.“

„Nein, ich möchte lieber bei dir bleiben“, erwiderte Ran, die immer noch hinter ihm stand: „Ich meine, wenn es dich nicht stört!“

Er drehte sich kurz halb zu ihr um: „Du störst mich sicher nicht. Nimm dir doch ein Buch und les was“, schlug der ehemalige Kriminalautor vor.
 

Die ganze Mittagspause lang joggen gewesen kam Heiji erst kurz vor knapp völlig aus der Puste und schwer atmend zurück am Polizeipräsidium an. Seine Lunge schmerzte von der kalten Luft, welche er eingeatmet hatte.

Sein anfänglicher Ärger über sich selbst war während des Rennens in Wut umgeschlagen, welche er erbarmungslos gegen sich selbst gerichtet hatte, sodass ihm jetzt keuchend, kaum mehr Luft blieb. Die Kraft war ihm ausgegangen und er kam nicht mehr hoch.

Sich resigniert auf die unteren Treppenstufen gesetzt kamen ihm nun doch die Tränen seiner nun vordergründigen Trauer.

Erst ein paar Minuten später registrierte er durch Megures Rufen, dass er schon wieder die Zeit komplett vergessen hatte. So sehr war er in seine eigenen Gedanken und den damit im Zusammenhang stehenden Schmerz vertieft gewesen.

„Ja, also Heiji! Was machst du denn da unten?“

„Ich … Ich komme schon!“, rief er und sprang zackig auf.
 

Er bemühte sich nichts anmerken zu lassen, als er an seinen Kollegen vorbeiging. Doch es misslang ihm.

Chiba und Takagi wafen ihm beide mitfühlende Blicke zu.

Und auch Shiratori bedauerte ihn stillschweigend. Innerlich seufzte er. Auch ihm ging es nicht anderes. Wieder geisterte die geheimnisvolle Frau ihm im Kopf herum. Er beschloss der Sache energischer nachzugehen. Irgendwo musste sie doch sein? Vielleicht hatte Herr Kudo ja mittlerweile etwas Neues in Erfahrung gebracht?

Er würde ihn nachher anrufen und sich dann abholen lassen. Jedenfalls war er alle Vermisstenanzeigen durchgegangen. Hier würde er wirklich nichts mehr finden. Vielleicht hatten seine Recherchen in der Kantoregion etwas ergeben? Es war so frustrierend… nicht zu wissen wo sie sich aufhielt.

Das Heiji sein Glück einfach so laufen ließ, dass konnte Ninzaburo beim besten, nachsichtigsten Willen für Teenagerdramen nicht begreifen.
 

Selbst Kazuha schaute auf, um seinen peinlichen Auftritt mitzubekommen.

Sie sah es bei dieser Gelegenheit mit eigenen Augen: Der Liebeskummer stand ihm mehr als deutlich ins Gesicht geschrieben.

Augenblicklich tat er ihr schon leid.

Selbst der beste Lügner. Und Heiji konnte lügen, wie er eindrucksvoll in den letzten Wochen und Monaten bereits so oft bewiesen hatte... Doch was er da jetzt unfreiwillig ihr gegenüber offenbarte in Ergänzung, mit dem was Ran ihr vertraten hatte...

Mit großer Erleichterung und schon recht siegesgewiss wollte sie zwar erst mit ihrer Freundin sprechen, aber so entschied sie, danach würde sie ihn mit der Wahrheit konfrontieren. Mit dem, was auch immer das Bedeutete, gelösten Geheimnis und damit, dass sie ihn, auch wegen seines Liebeskummers durchschaut hatte.

Sehr wahrscheinlich, mutmaßte sie scharfsinnig, wie es von Toyamas Tochter zu erwarten war, stand das besagte Geheimnis in direktem Zusammenhang mit seiner Ablehnung ihr gegenüber.

Vielleicht hatte Ran ja recht und er wollte sie nur vor irgendetwas schützen? Vielleicht hatte er ja als Detektiv Scheiße gebaut?

Ganz sicher war sie sich, dass wenn es so war und da es auch Ran direkt zu betreffen schien, es irgendetwas mit Shinichi zu tun haben musste. Sicher hatte er am Vormittag auch mit Heiji geschrieben. Auch wenn sie sich in diesem Punkt dann doch irrte, Kazuha war fest entschlossen ihren Heiji zurückzuerobern. Ganz gleich was sie würde dafür tun müssen…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Irischka25
2023-11-09T12:28:18+00:00 09.11.2023 13:28
Schöne Geschichte, ich fürchte nur, wir werden nie erfahren wie es zu Ende geht. Ich finde es schade😭, hab extra vorgenommen keine unbeendete Geschichten anzufangen. Jetzt weiss ich auch warum. Naja, bleibt zu hoffen...
Von:  Naru-chan12
2019-07-25T13:07:40+00:00 25.07.2019 15:07
Schönes Kapitel. Die Beziehung zw. Ran u. Yusaku beschreibst du so ausführlich, dass ich das Gefühl habe, die Beiden jetzt noch besser kennengelernt zu haben. Ehrlich gesagt finde ich Rans Worte ein wenig OOC, aber da sie schwanger ist u. damit alle Hormone verrückt spielen u. man sich eben etwas verändert, passt es wieder super rein u. macht es authentischer.
Und Kazuhas u. Heijis Beziehung kam auch sehr gut rüber. Vor allem, da man Einblick in Heijis gesamtes Gefühlschaos hatte.

Ich finde es total toll, dass du die gleiche Zeit noch mal aus der Sicht eines anderen Charakters schilderst.

Witzig, dass Kazuha bei Kaito an Heiji denken muss. Bestimmt hier eher im Kontext von „auch an ihren Freund denken“, aber ich finde schon, dass Kaito eine Mischung aus Heiji u. Shinnichi ist. Also vom Charakter her, nicht vom Aussehen. ^_-

Was mir gerade auffällt (wahrscheinlich, weil ich vor kurzem noch in Rans Zustand war), dass man doch bestimmt anders reagiert, wenn eine Hochschwangere vermisst wird, oder? Also ich meine, ich war noch nie in so einer Situation, aber würde man nicht losgehen u. sie suchen statt im Bett zu liegen u. nur rumzutelefonieren bzw. zu schreiben? Klar ist jeder anders und die Mentalität in Japan bestimmt anders, immerhin ist da die Kriminalitätsrate niedrig, aber es hätte doch auch ein Unfall sein können oder das die Geburt losgeht. (ich durfte bei meinen Schwiegereltern noch nicht mal die Badezimmertür abschließen ^^°)
Aber Kogoro hat mal wieder die Ruhe weg. Typisch. *seufz*

Wo bleibt eigentlich Akamaru, wenn Eri arbeiten ist? Bei Kogoro? Und der kommt mit dem kleinen Wurm klar? ^^°

Also Rans Nachricht an Kazuha ist für eine knappe Antwort aber doch sehr lang. Ran muss echt schnell schreiben können. ^_-

Ich hab, ehrlich gesagt, beim Lesen den vielen körperlichen Kontakt zw. Ran u. Yusaku als merkwürdig empfunden. Klar mögen sie sich u. das Alter spielt auch keine Rolle bei Freundschaften, aber dennoch war die Vorstellung für mich skurril. Vor allem, als Yusaku Rans Kinn hochgehoben hat. In anderen FFs wäre danach ein Kuss gekommen… Ich weiß auch nicht, wieso mich das so stört.
Aber witzig, wie du im Kapitel darauf eingegangen bist, als es hieß, dass Shinichi das zusammen im Bett schlafen falsch verstehen könnte. ^_^

Cool, dass Kazuha Heiji zurückerobern möchte. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob Heiji gut darauf reagiert, dass Kazuha ihn konfrontiert. Aber erstmal sehen, ob Ran überhaupt dazu kommt mit ihr zu sprechen.


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