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Lebe dein Leben egal was passiert

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Erster Arbeitstag

6. Erster Arbeitstag
 

Als Genzo zu Karl kam waren die Anderen schon dort und warteten gespannt auf ihn.
 

„Und wie ist sie so? So wie früher wieder?“, wollte Juan direkt wissen.
 

„Alter lass Genzo doch erst mal reinkommen, ein Bier nehmen und sich setzen.“, erwiderte Kaltz, dem die Neugierde aber ebenfalls ins Gesicht geschrieben stand.
 

„Auch Tag allerseits und ja sie ist im großen und ganzen so wie früher, aber auch viel erwachsener und ausgeglichener als damals. Sanae strahlt eine innere Ruhe ab, so was hab ich noch bei keiner Frau gesehen und das nach allem was sie erlebt hat. Gerade eben hat sie die Überraschung von ihren drei Patenonkels bekommen lief wie von der Tarantel gestochen auf ihren Dachboden und rief immer wieder „Die sind verrückt!“, weil sie ihr einen schwarzen Flügel geschenkt haben und ihren Dachboden in das reinste wohlfühl Musikzimmer verwandelt haben. Sie saß Tränen überströmt am Klavier und spielte mir eine wunderschöne Melodie vor. Und sie hat mir bisher als einzigen von ihren Freunden ihren vollständigen Geburtsnamen verraten.“, erzählte Genzo und nahm einen großen Schluck von seinem Bier.
 

„Das hätte ich auch gern gehört!“, sagte Louis ein wenig enttäuscht.
 

„Tja da müssen wir bestimmt noch ein bisschen drauf warten, immerhin kennt sie uns ja noch nicht.“, erwiderte Stefan dem Franzosen.
 

„Was habt ihr sonst noch so gemacht gestern und heute?“, fragte Karl-Heinz neugierig nach.
 

„Naja gestern nachdem Sanae in Ruhe ausgepackt hat, hab ich ihr ein wenig Bremen gezeigt und bin abends mit ihr schick essen gegangen. Und heute bin ich erst ab Nachmittag zu ihr gegangen, da sie heute den ganzen Tag damit beschäftigt war ihre Kartons, welche aus Japan gekommen sind, auszupacken und einzuräumen. Naja und dann kam ein Bote der einen Brief für Sanae hatte, indem das Klavier erwähnt wurde. Kurz darauf hab ich sie für heute erstmal für sich allein gelassen. Denn ich fürchte an Ruhe wird sie nicht mehr denken, wenn sie euch Chaoten alle kennen lernt.“, berichtete der Japaner seinen Freunden grinsend.
 

„Haha Wakabayahi!“, kam es von Kaltz.
 

„So schlimm sind wir nun auch nicht!“, fügte Juan hinzu.
 

Der Abend verlief ruhig ab. Die jungen Fußballer redeten über dieses und jenes und kugelten sich teilweise vor lachen auf dem Boden, als Genzo ihnen alte Kinderstorys aus seiner und Sanaes Kindheit in Nankatsu erzählte.
 

„Also eins muss man ihr lassen Feuer muss sie wohl haben, bei deren Temperament. Klingt fast wie eine Südländerin.“, sagte Juan.
 

„Liegt vielleicht daran das sie Halbspanierin ist, wie ich heute erfahren habe.“, bestätigte Genzo seinem argentinischem Freund.
 

„Oha viva la espana!“, lachten Louis und Stefan im Chor.
 

„Euer Abwehrspieler Ishizaki scheint wohl früher sehr oft eins von ihr über die Rübe gezogen bekommen zu haben!“, sagte Karl-Heinz schmunzelnd.
 

„Nur früher! Hah das macht sie heute noch! Der lernt es nie Sanae nicht zu reizen!“, erwiderte Genzo prustend.
 

„Ne oder? Das ist ein Scherz oder?“, fragte Kaltz.
 

„Nöö, mein voller ernst. Also überlegt es euch gut, ob ihr sie als Ärztin gegen euch aufbringen wollt!“, scherzte Genzo.
 

„Ganz bestimmt nicht Alter!“, erwiderte Stefan gelassen. Und so alberten sie noch bis um Mitternacht weiter. Allerdings verabschiedete sich ab da an jeder und gingen nach Hause in ihr eigenes Bett. Besonders Wakabayashis Kumpels hingen noch ihren Gedanken nach.
 

„Ich bin ja mal gespannt wie sie aussieht und wie sie so vom Charakter her ist. Nach Genzos Beschreibung hin muss sie eine umwerfende junge Frau sein.“, dachten sich Schneider, Kaltz, Levin, Diaz und Napoleon in dieser Nacht, bevor sie auch in den Schlaf der Gerechten fielen.
 

Am nächsten Morgen erwachte Sanae schon früh, stand auf und ging erstmal duschen. Sie wollte auf gar keinem Fall gleich an ihrem ersten Tag zu spät in die Klinik kommen. Grundsätzlich war sie froh, dass sie jetzt erstmal auf der chirurgischen Station der Klinik arbeiten sollte, und erst gegen Nachmittag Bekanntschaft mit den Profifußballern machen. Wakabayashi hatte ihr die größten Sorgen gestern in der Küche zwar ausgeredet, aber ein bisschen Befangenheit war immer noch da vor diesen Fußballgrößen ihres Alters und sie hoffte die mit der Zeit im Klinikum zu verlieren.

 

Fröhlich und beschwingt verließ Sanae das Haus. In der Klinik wurde sie zwar von vielen komisch beäugt, gelangte jedoch nach einiger Durchfragereien zu Professor Dr. Bauer, der sie zwar noch nicht erwartet hatte, dafür aber höchst erfreut über ihr über pünktliches Kommen war.

 

„Fräulein Nakazawa Gomez, ich freue mich, dass sie hier sind. Herzlich Willkommen in Deutschland und in dieser Klinik.“, begrüßte er seinen Schützling.

 

„Danke Herr Professor Dr. Bauer.“, erwiderte Sanae lächelnd.

 

„Nichts zu danken, ich bin froh, dass sie hier sind.“, entgegnete ihr der Professor.

 

Freundlich unterhielt sich der Professor fast eine geschlagene Stunde mit Sanae, bis er zu einem Patienten gerufen wurde, wohin er Sanae gleich hin mitnahm. Diese fühlte sich im ersten Augenblick etwas fehl am Platz und wich zur hinteren Wand des Behandlungszimmers zurück, da man ihr weder ein Namensschild, noch einen Kittel gegeben hatte, wirkte sie wie ein Fremdkörper in einer homogenen Masse aus weißen Kittelträgern. Außerdem hatte sie keiner vorgestellt und ausnahmsweise traute sich die sonst so mutige Sanae Nakazawa Gomez nicht das Wort zu ergreifen.

 

Mitten in der Behandlung viel auch dem Professor auf, dass sein kleiner, japanischer Schützling ganz schweigsam in der Ecke stand und sie nur aufmerksam beobachtete, anstatt aktiv mitzuhelfen. Erst da fielen ihm seine Versäumnisse auf.

 

„Ich bin aber auch ein ignoranter Dummkopf! Entschuldigen Sie Fräulein Nakazawa Gomez, dass ich nicht vorher bemerkt habe, dass wir sie ja noch gar nicht vorgestellt und entsprechend eingekleidet haben. Verzeihen sie einem alten Mann seine kleinen Fehler. Schwester Stefanie, bringen sie dem Fräulein bitte einen Kittel, ein Stethoskop, einen Kugelschreiber, eines unserer stationären Telefone und natürlich ein leeres Namensschild, wenn sie die Güte hätten. So und jetzt stelle ich sie erstmal ihren Kollegen vor: Der Herr hier zu meiner rechten ist Dr. Grey, der zu meiner linken Dr. Schreiber und der dort am Fenster ist Dr. Sobianto. Unser junger AIPler, der ihnen sicherlich schon aufgefallen sein müsste, heißt Robin Heinrich und unsere derzeitige Studienpraktikantin heißt Lena Meyer.“, stellte der Professor seine Mitarbeiter der Reihe nach vor.

 

Sanae nickte allen verlegen zu, die sie jetzt erwartungsvoll ansahen. Augenscheinlich wollten sie, dass sie sich selbst vorstellte, denn manche nickten ihr vertrauensvoll und aufmunternd zu.

 

„Mein Name ist Sanae Juanita Nakazawa Gomez, ich studiere ab heute hier in Bremen Sportmedizin im dritten Semester und komme ursprünglich aus Japan.“

 

Alle kamen auf sie zu und schüttelten ihr nacheinander die Hand, wie es augenscheinlich in Deutschland üblich war. Dann kam auch schon Schwester Stefanie zurück und Sanae zog sich den Kittel über, verstaute alle wichtigen Utensilien in ihrer Tasche und beschriftete ihr Namensschild.

 

Ihre Kollegen waren alle ausnahmslos sehr nett zu ihr und versuchten ihr alles beizubringen, was sie wussten und ihr den Tagesablauf in der Klinik einprägsamer zu machen. Besonders der AIPler Robin und die Studienpraktikantin Lena gaben sich alle Mühe, da sie in Sanae eine Gefährtin sahen, mit der sich wunderbar zusammenarbeiten ließ. Mit ihnen arbeitete es sich von anfang leicht und locker und irgendwie erinnerte Robin Sanae an Misugi, mit dem sie gestern Abend noch telefoniert hatte. Robin war manchmal genauso schweigsam und verschlossen wie Jun und manchmal sprühte er genauso vor Lebensenergie wie Jun. Schon nach wenigen Stunden bildeten wir ein eingespieltes Team.

 

Professor Dr. Bauer betrachtete die Arbeit seines Schützlings mit großem Wohlwollen und freute sich schon darauf Sanae am Nachmittag das Stadion und die Spieler vorzustellen. Das würde erst die wahre Herausforderung werden, denn als Leiter der medizinischen Abteilung des Clubs kannte er eigentlich ausnahmslos alle Spieler ziemlich genau und wusste, wie unterschiedlich sie auf eine fremde Frau in ihrer Mitte reagieren würden. Wenn Sanae mit ihren Superstarpatienten würde umgehen können, dann hatte sie wirklich gute Chancen einmal eine ausgezeichnete Sportmedizinerin zu werden, denn sie durfte sich von diesen Fußballspielenden Diven nicht von ihrer Arbeit ablenken lassen. Da sie aber mit Wakabayashi schon befreundet ist seit ihrer Kindheit dürfte sie eigentlich keine Probleme mit den Jungs bekommen. Immerhin war sie an die rauen Umgangstöne im Fußball schon gewöhnt durch ihre ehemalige Tätigkeit als Mannschaftsbetreuerin. Und er hoffte, dass sie seine Erwartungen nicht enttäuschte, auch wenn sie vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben so viele Stars auf einen Haufen sah.
 

Zusammen mit Professor Dr. Bauer und Dr. Grey machte Sanae sich am Nachmittag auf den Weg zum Weserstadion, um beim Training der Jungs zuschauen zu können.

Gemeinsam führten Dr. Grey und Professor Dr. Bauer sie durch die heiligen Hallen des Weserstadions, durch die VIP Bereiche des Stadions und die Gästekabinen, da die anderen derzeit von den Spielern selbst belegt waren. Auch der gesamte Bereich, der für die Regeneration diente wurde Sanae bis in den letzten Winkel gezeigt und näher erläutert. Sogar einen kurzen Abstecher in das „Wusuem“ erlaubten sie sich um ihrem Schützling auch wirklich alles sehenswerte zu zeigen. .

 

„Dr. Grey wird dir jetzt erstmal einen Kittel holen gehen und ich muss noch ein paar Blutwerte und so holen, dann treffen wir uns am besten direkt am Trainingsgelände 8. Du kannst es eigentlich gar nicht verfehlen, da trainieren nämlich unsere lieben Profis heute. Normalerweise würdest du auch gleich den Security Ausweis brauchen, aber heute geht es auch erstmal so, weil Training unter Ausschluss der Öffentlichkeit ist. Warte einfach da auf uns.“, sagte Herr Prof. Dr. Bauer und ging Richtung Labor.

 

Sanae war es unangenehm, dass ein erfahrener Arzt für sie einen Kittel holen sollte, deswegen beeilte sie sich zu versichern, dass sie es auch durchaus selbst holen könnte, was Dr. Grey nur mit einer wegwerfenden Handbewegung quittierte.

 

„Solange wir uns hier um unsere Jungs kümmern, sind wir nicht so förmlich. Wir sind ein Team und das gilt nicht nur für die Spieler. Im Fußball müssen schließlich auch alle Mal ohne zu murren die Drecksarbeit übernehmen, wenn Not am Mann ist. Macht dir also darüber keine Gedanken.“, erwiderte er ihr.

 

Erleichtert machte Sanae sich auf den weg zum erwähnten Trainingsgelände. Strenge Hierarchien hatte sie noch nie gemocht und dieses lockere, kameradschaftliche Verhältnis gefiel ihr ausnehmend gut. In Japan war alles so ganz genau unterteilt und da hätte ein Vorgesetzter niemals einem Studenten einen Kittel geholt. Aber andere Länder, andere Sitten und Sanae fühlte jetzt schon heimisch, dass sie sich mit diesen Sitten sehr leicht würde arrangieren können.

 

Lässig hatte Sanae sich auf eine der Tribünen gesetzt, die normalerweise am Trainingsgelände für die wartenden Fans aufgebaut worden waren. Mit einem Mal legte sich eine Hand auf ihre Schulter und Sanae musste sich fast den Nacken verrenken um zu sehen, wessen Hand es war.

 

„Ah, Cherié, wir haben heute kein öffentliches Training, du darfst hier leider nicht zuschauen.“, sagte ihr blonder junger Mann, der ihr irgend woher bekannt vor kam.

 

Sanae wollte gerade erwidern, dass sie auch nicht in diesem Sinne zuschauen wollte, sondern arbeiten musste, also Napoleon auch schon weiter sprach.

 

„Ich weiß, ich weiß, du bist wahrscheinlich von weit her gekommen, nur um uns zu sehen, aber Regeln sind Regeln, daran muss man sich halten, auch wenn ich für dich gern eine Ausnahme machen würde, Cherié, aber ich denke mein Trainer würde es mir nicht erlauben.“, sprach er erbarmungslos weiter.

 

Noch immer schien Napoleon nicht bemerkt zu haben, dass Sanae eigentlich schon die ganze Zeit widersprechen wollte, denn er redete munter weiter auf sie ein mit seinem französischen Akzent und in seiner übertriebenen Selbstverliebtheit bemerkte er noch nicht einmal, wie Sanae sich suchend nach Genzo umschaute, von dem sie hoffte, dass er bald käme. Und tatsächlich wurden Sanaes Gebete recht schnell erhört und erfüllt sich in Form von Schneider, Wakabayashi, Levin und Kaltz, die auf den Rasen zu trotteten.

 

„Hey Napoleon, mit wem redest du denn da?“, fragte der Hüne Kaltz nach.

 

Kaltz, Schneider und Levin die Sanae bisher noch nicht kennen gelernt hatten gingen als erstes auf die beiden zu. Genzo hielt sich im Hintergrund, amüsiert über die verzweifelten Blicke, die Sanae ihm zuwarf. Hier war sie ja gleich an den richtigen Charmeur geraten.

 

„Ah, Kaltz, dass kann ich dir gar nicht so genau sagen, denn mein liebes Mäuschen hier hat mir ihren Namen noch nicht verraten, nicht wahr, Cherié? Wie heißt du?“, fragte Louis unverblühmt nach.

 

Wenn dieser eingebildete Kerl sie noch einmal Cherié nannte, das wusste Sanae, würde sie ihn auf der Stelle umbringen. Ohne zu zögern und ohne Rücksicht auf Verluste, denn Napoleon ging ihr gehörig auf die Nerven. Genzo, der sah, dass Sanae langsam die Geduld mit dem charmanten Franzosen verlor, mischte sich elegant ins Gespräch ein.

 

„Ach Sanae, schön dass du da bist, ich dachte schon du kämst zu spät, um uns beim Training zuzuschauen, wie war es im Krankenhaus?“, fragte er scheinheilig nach.

 

Hätten Blicke töten können, so wäre Wakabayashi in diesem Moment tot umgefallen, denn Sanae erprobte ihren giftigsten Blick an ihm. So hatte sie sich ihre Rettung nun wahrlich nicht vorgestellt.

 

„Das ist sie also, Genzo?“, fragte Stefan baff nach.

 

„Oh ja,das ist sie, nicht wahr Cherié?“

 

Fing der jetzt auch noch damit an. Noch ein weiteres Wort und Sanae konnte für nichts mehr garantieren.

 

Indem Moment tippte ihr Dr. Grey auf die Schulter und reichte ihr einen schneeweißen Kittel mit einem Namensschild, auf dem ihr Name stand.

 

„Dr. Grey, was machen sie denn hier?“, fragte Stefan nach.

 

„Ich bringe unserer neuen Ärztin ihren Kittel, siehst du das nicht? Darf ich euch allen vorstellen, dass ist Sanae Juanita Nakazawa Gomez und sie wird ab jetzt mit für euer gesundheitliches Wohl verantwortlich sein.“

 

„So Napoleon, jetzt kannst du dich wieder völlig normal verhalten.“, sagte Karl-Heinz.

 

„Als wäre ich sonst nicht normal, Schneider. Du bist doch hier unsere königliche Hoheit, der neue deutsche Kaiser. Aber jetzt will ich mich doch noch mal ordentlich vorstellen, Cherié. Ich bin, wie du wahrscheinlich schon weißt, Louis Napoleon. Die Presse nennt mich Napoleon Dynamite und meine Freunde einfach Louis. Ich hoffe du zählst zu den letzteren, denn wie ich gehört habe bist du ja mit Wakabayashi schon sehr gut befreundet. Diese jungen Herren sind meine Mannschaftskameraden und besten Freunde. Manfred Kaltz, Stefan Levin und unser Captain Karl-Heinz Schneider.“, stellte der blonde Franzose sich und die Anderen vor.

 

Jetzt musste auch Sanae grinsen, denn ob sie es wollte oder nicht, irgendwie war dieser eingebildete Bengel, der sie ständig Cherié nannte, doch sehr charmant. Eingebildet und recht nervtötend, aber charmant. Ein Franzose eben.
 

„Freut mich! Mein Name ist Sanae Juanita Nakazawa Gomez.“, stellte sie sich nun ebenfalls vor.

 

„Oh, aber ich darf dich doch weiterhin Cherié nennen, oder? Es passt so gut zu dir.“, strahlte er vor sich hin.

 

Aus unerfindlichen Gründen musste Sanae lachen. Napoleon war sicherlich etwas überheblich, aber hinter seiner Fassade schien sich auch sehr viel Humor zu verbergen. Er nahm sich selbst nicht ganz ernst und selbst der beste Casanova konnte sich von Louis’ Charme etwas abschauen, befand Sanae innerlich. Sie war auf jeden Fall geneigt ihn eher als Komiker anzusehen, denn als arroganten Franzosen, der keine Ahnung von der Welt hatte. Sie sah halt irgendwie meist immer das Gute im Menschen und gab nie die Hoffnung auf, auch nach ihrem eigenen Schicksalstag.

 

„Wenn es dir Spaß macht, Louis, dann bin ich die letzte, die dich daran hindert.“, antwortete sie ihm lächelnd. Sanaes Lächeln ließ Karl-Heinz einen Schauer über den Rücken laufen.

 

Abgehetzt und wie immer zu spät kam ein mittelgroßer, recht braungebrannter, junger Mann mit strahlendem Lächeln und strahlend weißen Zähnen auf die Gruppe zu und grüßte alle freundlich, als sein Blick an Sanae hängen blieb. Seine großen, dunkelbraunen Augen schienen sie intensiv zu mustern und Sanae fühlte sich seltsam beklommen. Irgendwie kam ihr dieser Mann, dem der Schalk scheinbar aus den Augenwinkeln blitzte, ihr bekannt vor. Sie konnte nur nicht genau sagen, woher sie ihn kannte, aber sicher war, dass sie sich schon einmal begegnet waren, vor einiger Zeit.

 

Augenscheinlich ging es dem Mann im grünen Trainingsanzug genauso, denn sein Blick blieb starr auf Sanae gerichtet, die ihre Augen ebenfalls nicht von ihm abwenden konnte.

 

„Ich kenne dich irgendwoher, aber ich weiß nicht, woher.“, stellte der für Sanae fremde Mann fest.
 

Verwirrt nickte sie nur, um seine Behauptung zu bekräftigen. Es war ihr regelrecht unheimlich, auch wenn ihr Gegenüber gar nicht wirklich unheimlich schien. Im Gegenteil, er wirkte offen und freundlich auf sie, seine Körperhaltung kerzengerade, dafür aber kein bisschen angespannt. So locker und entspannt. Auch sein Körper war, wie es für einen Sportler wohl Pflicht war, die reinste Augenweide, genau definierte Muskeln, sonnengebräunte Haut und ein gewisses Selbstbewusstsein, das nur Erfolg verleihen konnte. Großer Erfolg. Und aus unerfindlichen Gründen, war er ihr, trotz seines bohrenden Blickes, sehr sympathisch.

 

„Ich störe eure augenscheinlich höchst interessante, aber wortlose Kommunikation nur höchst ungern, aber das Training hätte eigentlich schon vor längerem anfangen müssen und wenn wir nicht Strafrunden bis zum Ende unserer Tage laufen wollen, würde ich vorschlagen jetzt endlich anzufangen, bevor der Trainer Magath noch komplett die Geduld verliert.

Diaz, kommst du?“, sagte Schneider.

 

Erst als Schneider den Namen aussprach kamen Sanaes Erinnerungen urplötzlich zurück. Natürlich kannte sie den Mann vor ihr, es war Juan Diaz! Und sie hatte ihn bisher nicht nur im Fernsehen gesehen, sonder auch vor einigen Jahren bei der U-16 Weltmeisterschaft in Frankreich. Also, daher kannte er sie und sie ihn.

 

„Juan Diaz, jetzt weiß ich wieder, woher wir uns kennen. Damals, bei der U-16 Weltmeisterschaft, habt ihr Argentinier gegen die Japaner, gegen Tsubasa, gespielt. Und am Ende der Weltmeisterschaft-“, erzählte sie.

 

„- Gab es eine große Feier zu Ehren aller Teilnehmer. Und da haben wir miteinander getanzt. Ja, jetzt erinnere ich mich auch, natürlich, du hast Tsubasa an jenem Abend begleitet.“, beendete er für sie den Satz.

 

Diaz’ Gesicht begann zu leuchten, als er an die vergangene Zeit zurück dachte. Er spielte gerne für Argentinien, aber seine erste WM damals in Frankreich würde er wohl nie vergessen, genauso wenig wie die vielen talentierten Fußballer, gegen die er damals gespielt hatte und die er später als Menschen besser kennen gelernt hatte.

 

„Genau! Oh Gott, wie lange ist das jetzt schon wieder her.“, sagte Sanae leicht zitternd, aber mit einem strahlen in den Augen.

 

Beide strahlten und Karl-Heinz Schneider stand etwas säuerlich daneben. Nicht umsonst hatte er sie unterbrechen wollen, als sie sich so lange so intensiv in die Augen gesehen hatte. Auch Genzo war langsam unruhig neben ihm von einem Bein auf das andere getreten, als wäre ihm das alles furchtbar unangenehm. Und auf seinem Gesicht konnte Schneider lesen, dass Genzo bereits vorher gewusst haben musste, woher sie sich kannten, schließlich war er damals mit dabei gewesen. Doch aus irgendwelchen gründen hatte er sich entschlossen zu schweigen und es die beiden selbst herausfinden zu lassen.

 

Schneider gefiel es gar nicht, wie gut sich Juan und Sanae zu verstehen schienen. Von Napoleon, na ja, da ging keine wirkliche Gefahr aus, der wollte nur spielen, wollte zeigen, dass er ein Mann war, aber Diaz’, der fröhlich und recht offene Argentinier, schien genau Sanaes Geschmack zu sein und dann hatten sie augenscheinlich auch noch eine gemeinsame Vergangenheit.

 

Fröhlich verließen die Jungs Sanae und Dr. Grey um endlich dem Training ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken. Gemeinsam setzten sich die anderen beiden auf die Tribüne und sahen dem geschehen zu. Glücklicherweise verletzte sich keiner, so dass Sanaes erste Arbeitstag mit dem SV Werder Bremen ungewöhnlich ruhig von statten ging, was zufällig auch etwas damit zu tun hatte, dass das Training unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  wigge
2010-06-14T18:46:19+00:00 14.06.2010 20:46
ein sehr schönes und lustiges Kapitel schnell weiter schreiben bin gespannte schon wie es weiter geht und wer um Sanae Herz bekommte Grüß sarah


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