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Schweinehunde unter sich

von

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Cal und Gibbs zielten aufeinander

Der Schuss war kaum verklungen, da hörte Gibbs auch schon Schritte, die davoneilten.

Verdammt – eigentlich war er sich sicher gewesen, den Angreifer getroffen zu haben. Und so hetzte er ihm hinterher. Seine Beine trugen ihn, hämmerten auf den Asphalt und er war sich sicher, Traceless fangen zu können. Die enge Gasse, durch die er rannte, war sicherlich nicht in der Lage, diesem Verbrecher genügend Unterschlupf zu bieten. Inzwischen lief er wie auf Automatik. Die Hand war zu der Waffe geglitten, die er bei sich trug, er hatte sie gezogen und brachte sie so vor sich, dass er im Zweifelsfalle nur noch schießen musste.

Die Enge der Gasse wich einer großen, breiten Straße, die direkt vor ihm von links nach rechts verlief und in der eine Menge Verkehr war.

Hier würde ihn vermutlich keine Überraschung erwarten – allerdings würde es ihn nicht wundern, wenn genau dies doch eintrat. Er war nun schon viel zu lange dabei – ob beim Corps, dem NCIS oder seinem Vorgänger, dem NIS.

Dennoch – als er die Straße erreichte, war seine erste Reaktion sich an die Backsteinwand zu pressen und einen Blick um die Ecke, auf die große Straße zu wagen.

Die verdatterten Blicke eines älteren Ehepaares, das sich vermutlich gerade seinen Einkäufen widmete, waren ihm sicher und bewusst.
 

Ziva war die Erste, die reagierte. Sie war, nachdem Gibbs einen Schuss in die Gasse abgefeuert hatte und Traceless gefolgt war, zum offenbar bewusstlosen Captain gegangen, neben ihm in die Hocke und hatte nach seinem Puls getastet.

„Er ist nur ohnmächtig.“, sagte sie dann, einen Blick zu Tony und McGee gerichtet, die gerade ihre Waffen zogen und auf den Bewusstlosen zielten.

Die Stimme Tonys hatte eine, von ihr bis dato nicht gekannte Autorität und Sorge um ihr Wohlbefinden angenommen und sie konnte sehen, wie er Cal – so es denn Cal war – über den Lauf seiner Waffe hinweg anschaute, die Augen zugekniffen und bereit, im richtigen Moment zu schießen, sollte er auch nur einmal falsch husten.

Ziva warf dem Special-Agenten einen Blick zu, als würde sie seinen Geisteszustand in Frage stellen und blickte dann zum Ohnmächtigen, auf den diese Zustandsbeschreibung just in diesem Moment nicht mehr zutrag. Cal schlug die Augen auf, blickte verwirrt in die Runde und murmelte: „Frohes neues Jahr.“

„Frohes neues Jahr?“, echote Ziva und Cal schaute sie an. Jetzt erst konnte die hübsche Israeli sehen, dass er leicht schielte, etwas, dass man hier als „cross-eyed“ bezeichnete.

Er versuchte sich, auf sie zu konzentrieren, was bei dem Schielen und dem leicht dämlichen Lächeln auf den Lippen eher so wirkte, als sei er Betrunken oder noch benommen. Dann hob er einen Finger und deutete auf einen Fixpunkt neben ihr: „Ich sehe überall Feuerwerk. Muss also Neujahr sein. Frohes… neues.“

Dann wurde das Schilen schlimmer, die Augen rollten nach oben und er schloss sie wieder, mit einem schläfrigen Seufzen.

„Wow, eine echte Gefahr.“, murmelte Ziva sarkastisch und schaute zu Tony herüber, „Er denkt tatsächlich, es wäre Neujahr. Also – das ist ja mal wirklich ein ziemlich gefärhlicher Typ.“

Damit stand sie auf, den Blick immer noch auf den Halbitaliener gerichtet, ging den einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange: „Danke, mein starker Held.“

Sie zwinkerte ihm zu, legte dann eine Hand auf den Lauf der Waffe und drückte sie leicht nach unten. Die Pistole folgte und allzubald deutete sie auf den Boden.

Ziva bemerkte zwar, wie Tim sie ein wenig ungläubig anblickte, schaute dann zu ihm und zwinkerte ihm amüsiert zu.

„Komm, sag Agatha bescheid, dass wir ihren Freund hier haben. Da werden ihr tausend Steine von der Lunge fallen.“

„Herz, Ziva.“, korrigierte Tony und grinste sie frech an, „Das heißt „Tausend Steine vom Herzen fallen“.“ Nun rollte die hübsche Israeli ihre braunen Augen und schenkte Tony ein genervtes Grinsen: „Musst Du mich immer korrigieren?“

Tony beugte sich nach vorne, sodass seine Lippen beinahe ihr Ohr berührten und hauchte: „Immer.“

Lächelnd lehnte sich Ziva an den Halbitaliener, berührte mit der rechten seinen Oberarm, fuhr ihn bis zur Schulter empor, glitt dann über den Nacken, wo sie ihn sanft mit ihren Fingernägeln kitzelte, erreichte den Hinterkopf und schlug mit einem lauten „Patsch“-laut zu.

DiNozzo zuckte zusammen und schaute sie überrascht an, als ihr genervtes Grinsen sehr frech und spielerisch wurde: „Ich nehme an, dann muss ich das hier auch immer tun.“

Tim räusperte sich, was Ziva und Tony dazu brachte, auseinanderzufahren, als habe der Blitz zwischen ihnen eingeschlagen. DiNozzo bedachte McGee mit einem wütenden Blick, während Ziva kurz zu Boden blickte, und dann mit der Hand ein in ihr aufsteigendes Lachen unterdrücken musste. Sie mussten wohl zu komisch ausgesehen haben.

„Ja, McGee?“, versuchte sie, wieder ernst zu werden.

Der Romancier zuckte mit den Schultern: „Hat einer von euch einen Kommunikator mitgenommen oder wie soll ich Agatha darauf hinweisen, dass wir ihren Schatz gefunden haben?“
 

Gibbs rannte wieder. Seine Beine trugen ihn mit der Eleganz und Geschwindigkeit eines Marathonläufers, was eigentlich nicht verwunderte. Beim Corps und NCIS musste man top-fit sein. Aber – dieser Gegner, gegen den er anging, war heimtückisch, immer in seinem Rücken und darauf aus, ihm ein Bein zu stellen. Und damit meinte er nicht Traceless, sondern, das Alter, das ihn immer wieder einholte. Er mochte zwar immer noch nicht zum alten Eisen gehören, aber er bemerkte, an diversen Stellen, dass er auch nicht mehr der junge Spund war, der damals zum Corps gegangen war. Gunnery Sergeant Gibbs. Gunny. Er war aus Überzeugung, Gerechtigkeitsempfinden und Vaterlandsliebe zum Corps gegangen, wollte sein Land vor Schurkenstaaten beschützen. Er hatte einen großen Teil dazu beigetragen, dass sein Land sicher war… und es hatte ihn die Frau und die Tochter gekostet.
 

Jetzt beschütze er Amerika und seine Alliierten auf andere Weise und…

Musste seufzen.

Wann immer er in dieser patriotisch-melancholischen Stimmung war, stellte er fest, dass er tatsächlich gealtert war. Inzwischen schrieb man das Jahr 2011 – in knappen 5 Monaten würde ein neues Jahr anbrechen, mit allen möglichen Katastrophen, die auf sie noch hereinbrechen würden. War der Tod Kellys inzwischen wirklich schon 20 Jahre her?
 

Erneut seufzte er und bemerkte, dass er inzwischen ziemlich weit gelaufen war. Sein Startpunkt lag knapp anderthalb Meilen hinter ihm und er bemerkte, wie sein Alter ihn wieder einholte. Seitenstechen plagte ihn, die Sicht verschwamm und er spürte deutlich, wie das Raubtier „Zeit“ hinter ihm auf einen Moment der Schwäche lauerte. Aber nicht mit ihm. Nicht mit Leroy Jethro Gibbs. Kurz hatte er sich gekrümmt, stand dann wieder stolz aufrecht und würde sich nicht unterkriegen lassen.
 

Traceless – der andere Jäger, der hinter ihnen her war und der tatsächlich einen Plan verfolgte, ganz im Gegensatz zur Zeit, die einfach nur ablief – war hier irgendwo. Nun hatte er auch Gelegenheit, sich genauer umzusehen.

Es war eine Gasse – nicht mehr so schmal, wie die, in der er Traceless angeschossen hatte, aber auch nicht unbedingt etwas, was man in die Washington-DC-Sightseeing-Tour mitaufnehmen sollte. Es würde ihn nicht wundern, wenn hier irgendwelche Banden ihr Unwesen trieben und er sich bald verteidigen müsste.

Kaum, dass er diese Erkenntnis getroffen hatte, hätte ihn beinahe etwas Anderes getroffen. Knapp hinter ihm fiel ein Eisenrohr zu Boden. Er blickte nach oben, und sah dort jemanden die Feuerleiter hochklettern. Der braune Haarschopf, der gerade aus seinem Sichtfeld verschwand, kam ihm ziemlich bekannt vor und so setzte er Traceless hinterher.
 

„Es geht mir gut.“, knurrte ein genervter Calvin Nathan Cat, als Ziva seinen Kopf betrachtete: „Ich bin keine Medizinerin, aber ich würde nach diesen Wunden zu urteilen, behaupten, dass das eine Lüge wäre.“

Sie lächelte ihn charmant an, richtete sich auf, stemmte die Hände in die Hüften und warf einen Blick zu Tony: „Also, ich würde sagen, wir schaffen ihn ins Krankenhaus.“

„Bekloppt geworden?“, fragte der Captain, richtete sich auf und verzog das Gesicht. Offenbar verschwamm vor seinen Augen die Sicht etwas, denn er versuchte, mit beiden Fingern, der nach vorne gestreckten Hände, irgendwie einen Referenzpunkt zu schaffen, damit er wieder klarer sehen konnte.

Tony konnte nicht anders, er musste grinsen. Das hatte unterschiedliche Gründe. Zunächsteinmal war die Tatsache, dass Ziva – seine Ziva – plötzlich mehr oder weniger die Florence Nightingale herauskehrte, einfach nur faszinierend. Sie war süß, wenn sie versuchte, sich um andere zu kümmern. Und er wusste, dass sie dies in den letzten Jahren zwar mit steigender Häufigkeit getan hatte, es ihr anfangs allerdings eventuell ein wenig unangenehm sein konnte. Zumal sie sich da um Menschen kümmerte, die sie gar nicht kannte. Tony bezweifelte, dass die hübsche Israeli nie zu Mitgefühl fähig gewesen wäre, denn sie hatte ihm schon oft erzählt, wie sie, wann immer Eli tatsächlich einmal krank zu Bett gelegen hatte, ihren Vater gepflegt hatte.

Auch konnte er ahnen, dass sie sich Michael Rivkin gegenüber immer sehr fürsorglich gezeigt hatte, ebenso Ray. Irgendwie fuchste es ihn, dass er noch nie in den Genuss ihrer Fürsorge gekommen war, aber – er war sich sicher, wenn sie beide einander ihre Gefühle endlich eingestanden hatten, würde sich dies auch ändern. Der Fakt, dass sie sich so freundlich um Cal kümmerte, war auch etwas, dass ihn ein wenig auf die Palme brachte und einer der beiden Gründe, weswegen er grinste.

Wie konnte er, nachdem er erlebt hatte, wie sie ihn – Tony - liebte, immer noch eifersüchtig auf den Captain sein? Das war doch Blödsinn. Der Offizier hatte eine Freundin und er bezweifelte, dass er das aufs Spiel setzen würde.
 

Der andere Grund betraf ebenfalls den Captain. Er stand da, wie Jack Sparrow, der immer diesen leicht schwankenden Schritt draufhatte und immer extrem angeschickert wirkte. So sah auch Cal aus und es amüsierte Tony.

Als die nussbraunen Augen Zivas ihn fokussierten, merkte er, wie sein Atem heftiger ging. Er schaute sie an, versuchte ein Lächeln, doch irgendwie scheiterte er.

„Krankenhaus, natürlich.“, brachte der Halbitaliener hervor, zog sein Handy und wollte gerade die Nummer wählen, als Cal sich räusperte: „Wie wärs denn hiermit?“

Dies fragte er und zog eine kleine Brosche – einen Kommunikator, wie Tony inzwischen wusste – aus der Hosentasche.

Ziva blickte ihn verblüfft an: „Moment mal, du hast einen Kommunikator und lässt uns darüber nachdenken, wie wir Dich nach Hause kriegen, Cal?“

Zur Verblüffung gesellte sich eine gehörige Portion Wut.

Der Captain zuckte mit den Schultern: „Hey, ich war bis gerade eben ohnmächtig, wenn das als Entschuldigung zählt?“

Ziva seufzte.
 

Gibbs schnitt eine Grimasse.

Tony DiNozzo hätte jetzt wirklich seinen Spaß gehabt. Einerseits hatte Jethro immer noch seine Worte „STOP! ICH HAB LAUFSCHUHE AN!“ im Ohr und war sich sicher, dass der Halbitaliener genau diese Worte jetzt ausrufen würde. Zum Teufel, er selbst war geneigt, sie nun auszurufen. Zum Anderen würde DiNozzo ihm spätestens jetzt in den Ohren liegen, wie sehr „Casino Royale“ diese Szene war. Und es stimmte. Gibbs hatte sich den Bondfilm mit Daniel Craig einmal angesehen und konnte sich nicht helfen – er müsste Tony zustimmen. Der Mann, den er da gerade jagte, rannte, wie von der Tarantel gestochen, nahm jedes Hindernis das ihm im Weg stand zum Anlas, darüber zu springen, unter ihm herzurutschen, einen Sprung zur Seite zu machen und an der Wand entlang zu rennen oder einfach über das Hindernis zu laufen, zu balancieren oder es auf Gibbs zu werfen.

Es war tatsächlich wie bei dem vorletzten Bond-Film, in dem der von Daniel Craig portraitierte blonde Bond einen Terroristen quer durch eine Stadt jagte und sich beide dabei in der Trendsportart „Parcour“ betätigten. Dabei durfte jedes Hindernis als Teil der Strecke gewertet, und übersprungen, unterrutscht oder sonstwie miteingebaut werden. Und der Mann vor ihm, der gerade rannte, als sei der Leibhaftige hinter ihm her, war so gut in Form, dass mit jedem Schritt, den er machte, die Identität des Mannes klar war. Es musste Traceless sein.Erneut hatte sich die Szenerie geändert, sie waren nun nicht mehr in einem der ärmeren Vierteln DCs, sondern befanden sich in einer Shopping-Mall. Dies war ein Fakt, den Gibbs auch erst bemerkte, als er mitten im Foyer stand, direkt neben einem Springbrunnen und einem Postkartenstand, der Fotografien der Sehenswürdigkeiten Washingtons anpries.

In dem Moment, in dem er wieder zu sich zurückfand und feststellte, dass er mitten in diesem Foyer stand, die Sig so haltend, dass er niemanden direkt bedrohte, aber bald feuern konnte, bemerkte er, dass sein Gegenspieler einfach weiterrannte, die Treppe hoch. Dann stoppte er kurz, schenkte seiner Umgebung einen Blick, drehte sich zu ihm um und sah ihn an.

Irgendwas war da in seinen Augen. War es Furcht? Panik? Einfach nur Wahnsinn? Gibbs wusste es nicht, aber er räusperte sich, schaute zu dem Flüchtenden empor und sagte: „Kommen Sie. Das hat doch keinen Sinn.“

„Für dich nicht, Traceless, für mich schon!“, schrie der Flüchtende, hatte seinen Phaser gezogen und gefeuert. Direkt neben Gibbs spritzte sengendheiße Erde auf. Eine Druckwelle schleuderte ihn zur Seite, und warf den Postkartenständer um. Und während Fotografien der Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt auf Gibbs niederregneten, kamen die umstehenden Passanten auf die nahezu grandiose Idee, lauthals aufzukreischen und sich in eine flüchtende Menschenmenge zu verwandeln.

Traceless brüllte etwas von oben, hatte einen Phaser in der Hand und …
 

Doch da war Gibbs auf den Beinen, zielte und schoss. Der Kriminelle wurde getroffen, taumelte, mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck, zur Seite und stürzte die Treppe herunter.

Erleichtert richtete der Special-Agent sich auf und wollte gerade zu Traceless gehen, als sich ihm jemand in den Weg stellte.

„Danke, sie haben uns gerettet.“, stellte eine hübsche Rothaarige in seinem Alter fest. Er lächelte ihr freundlich zu, doch als er an ihr vorbeiblickte war Traceless wieder verschwunden.
 

McGee hasste den Moment des Transportes. Er wusste natürlich aus den unterschiedlichen Fernsehserien, die sich der Thematik „Erforschung des Weltalls durch die Föderation der vereinten Planeten“ verschrieben hatten, dass der Effekt nach aussen hin extrem cool aussah. Es war, als verschwinde – oder erschiene – man in einem Regenschauer. Allerdings war der Vorgang der Teleportation jedes Mal alles andere als cool. Immer wieder kam er sich vor, als würde er sterben – besonders, wenn dieser Sekundenbruchteil der absoluten Leere stattfand. In der Realität dauerte dieser Augenblick vermutlich nicht einmal eine Nanosekunde, aber Tim glaubte, jedes Mal zu spüren, wie sein Bewusstsein einer alles umfassenden Dunkelheit wich. Und jedes Mal schimpfte er sich für seine Angst einen Idioten. Dieses mal allerdings nicht. Denn kaum, dass er auf der Platform rematerialisiert war, fand er sich umzingelt von Offizierinnen und Offizieren die ihre Phaser auf den Captain richteten. Dieser blinzelte kurz überrascht.

„Schulde ich irgendwem von euch noch Geld?“, fragte er, mit einem schüchternen Lächeln in die Runde und zuckte zusammen, als Jill Menacer ihm den Phaser direkt vor die Nase hielt.

Sie funkelte ihn an: „Okay, Freundchen. Keine Zicken, mitkommen.“

Der Mann, von dessen Identität Tim immer noch nicht ganz überzeugt war, schluckte unbehaglich, betrachtete dann Jill und hob dann gehorsam die Hände.

Gleichzeitig sagte er: „Die Uniform ist normal, sie ist keine sexy Bauchfrei-Variante der Starfleetkluft – das heißt, Du, Jill, kannst eigentlich nur Du sein.“

Tim räusperte sich: „Aber… Captain, wir wissen nicht, wer Sie sind.“

Über das Gesicht des Offiziers – wenn er denn der Offizier war – lief ein strahlendes Lächeln: „ACH SO!“

Damit wandte er sich Jill zu: „Eigentlich sollte ich beleidigt sein, du untreue Tomate. Ich meine – gab es hier nicht mal was von wegen „Unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist?“

„Ja“, nickte die taktische und Sicherheitsoffizierin, „Aber bei Traceless haben wir eine stehende Order. Keine Risiken eingehen. Heißt – entweder, du kommst jetzt artig in deine Arrestzelle, Pussy, oder aber wir bringen dich persönlich dorthin.“

„Pussy?“, hob Cal eine Augenbraue und zuckte mit den Schultern: „Naja, besser als Garfield.“

Damit wandte er sich zu Ziva, Tony und McGee um und winkte ihnen zu: „Ihr könnt mich gleich sicherlich im Knast besuchen. Ich glaube nämlich, dass Gibbs Traceless verfolgt.“

„Weiter gehen.“, sagte Jill und gab ihm einen unsanften Stoß in den Rücken. Der Captain taumelte nach vorne, kam neben Agatha zum Stehen, die ihn anblickte.

„Et tu, mon amour?“, fragte er und seine XO zuckte mit den Schultern: „Traceless ist einfach gut. Wir wissen es doch. Nicht mal seine Schwester könnte ihren Exfreund von ihrem Bruder unterscheiden, wenn der Bruder wie der Exfreund aussieht. Und das is Famillisch .“

„Ich verstehe“

Cal zuckte mit den Schultern, wandte sich dann an Jill und schaute sie an: „Darf ich mich noch eben von meiner Freundin verabschieden?“

„Keine Tricks.“, sagte die Sicherheitsoffizierin, was Cal zu einem freundlichen Lächeln und einem Kopfschütteln brachte: „Wie werde ich denn?“

Damit trat er auf die hübsche Rothaarige zu, schaute ihr in die Augen und gab ihr einen langen Kuss. Die XO erwiderte dieses Lippenbekenntnis, ehe sie sich von ihm löste und ihm in die Augen sah: „Schatz, geh mit, ehe die Sache hässlich wird.“
 

Ziva sah zu Agatha herüber und nickte anerkennend. Die Schwächen des Gegners ausspielen, um ihn zu kriegen – nicht schlecht.

Sie trat von der Teleportationsplattform und auf Agatha zu, die nun die Hände hinter dem Rücken verschränkte und hinter Cal hinterherblickte, der gerade abgeführt wurde. .

„Vermutlich war das nicht einfach, oder?“, fragte die Israeli, was durch ein Kopfschütteln der XO bestätigt wurde. Beide Frauen sahen einander in die Augen und Ziva konnte erkennen, dass sich in den Augen Agathas Tränen bildeten.

„Er ist mein Freund.“, erklärte die XO, „Wie soll es für mich einfach sein, ihm zu mißtrauen und jedes Wort auf die Goldwaage zu legen?“

Ziva zuckte mit den Schultern, legte ihr eine Hand auf den linken Arm und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln: „Ich bin sicher, wenn Gibbs den richtigen Cal jagt, dann wird er froh sein, dass Du so schnell geschaltet hast. Und wenn dieser Captain tatsächlich der Echte ist, dann kann man davon ausgehen, dass ihr irgendwann darauf zurückblickt und darüber lacht.“

„Ich weiß, du hast recht, huschte ein kleines, trauriges Lächeln über die attraktiven Züge der Rothaarigen, „und wenn man bedenkt, wie lange wir uns schon kennen – wir haben viele Abenteuer erlebt, auf die wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurückblicken können. Er ist ja mehr oder weniger ein Freund der Familie.“

„So gut kennt ihr euch?“, fragte Ziva und Agatha zuckte mit den Schultern, ehe sie zu Tim und Tony blickte: „Warum steht Ihr beiden da eigentlich so rum, wie bestellt und nicht abgeholt?“

Der Halbitaliener schaute zum Romancier, zuckte mit den Schultern und sagte: „Komm, wir gehen, ehe uns Ziva auch betäubt.“

„Da stehst Du doch drauf.“, grinste McGee, was ihm einen bösen Blick und ein „Was war das, Bambino?“ eintrug.
 

Aufgeben zählte seit jeher zu keiner Charaktereigenschaft, die Leroy Jethro Gibbs für sich verbuchte. Im Gegenteil – wenn er eine Spur hatte, wurde er hartnäckig und verbiss sich in ihr, wenn er keine Spur hatte, hörte er auf sein Bauchgefühl, aber… aufgeben stand definitiv ausser Frage.

Und selbst wenn dieser Typ ihm wieder entkommen war – dieses mal hatte er drei Kugeln im Körper Traceless versenkt, es konnte nicht all zu schwer sein, der Blutspur zu folgen. Und als er am Fuß der Treppe, die Traceless heruntergestürzt war, anlangte, stellte er fest, dass die Blutspur schön deutlich zu sehen war. Sehr gut. Von den Blutspritzern, die von der Lache aus Richtung Westausganges der Mall führten, konnte er einige Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand seines Gegners ziehen. Momentan war er sich sicher, dass der Gesuchte schwer verwundet war und eines seiner Beine nicht mehr vollständig belasten konnte. Auch fiel ihm an der Wand neben ihm ein roter Handabdruck auf – sehr wahrscheinlich von einer blutverschmierten Hand.

Mit vorgehaltener Waffe folgte er der Blutspur, bis er sah, dass sie vor einem Aufzug endete.

Es konnte natürlich sein, dass Traceless ihn jetzt sofort hinter der noch geschlossenen Aufzugtür erwartete, entweder in guter Kampfverfassung oder von Blutverlust geschwächt und kollabiert.

Es war allerdings auch möglich, dass der Verbrecher sich in einem der Shops auf der zweiten Etage der Mall versteckte, oder in einem der Büros, die noch ein Stockwerk höher angesiedelt waren. Oder aber er befand sich auf dem Dach.
 

Die Turbolifttür glitt auf und Jill betrat, energisch schreitend und mit einem selbstbewussten Lächeln auf den vollen Lippen, die Brücke. Sie wandte sich an ihre befehlshabende Offizierin: „Ich melde gehorsamst: Das Subjekt befindet sich in der Arrestzelle. Keine Schwierigkeiten, keine Ausbruchsversuche.“

„Hm“, machte die XO, „Dann melde das mal zu Gibbs. Er soll Cal ausfindig machen und dann zum Navy Yard fahren. Wir holen den Captain dann dort ab und kümmern uns endlich, endlich darum, das Motiv des Mordes an Captain Stone herauszuarbeiten.“

„Alles in Ordnung?“

Jill sah von ihrer Konsole auf und die XO von der Seite an. Diese drehte sich zu Jill um, zuckte mit den Schultern und streckte sich: „Ja – ich bin nur… ich bin nur fertig mit der Welt. Das is alles. Mein Freund ist da unten und wird von Gibbs gejagt, Ginas Bruder hat sich als mein Freund ausgegeben und hätte wer-weiß-was tun können und wir haben einen Mordfall an den Hacken. Alles ein bischen viel.“

„Ich kann dir zur Hand gehen.“, schlug die taktische Offizierin vor, „Ich meine, ich kann dir helfen. Also – wenn du willst.“

Agatha schüttelte den Kopf: „Nein, ich … ich muss das alleine machen.“

„Du bist genau wie dein Freund.“, stellte die Blonde fest, „Ihr seid beide gleich stur. Warum denn auch Hilfe annehmen, hm?“

Seufzend lehnte sich die XO wieder in ihren Sessel zurück: „Ich nehme an – Hilfe ersuchen kommt für mich nicht in Frage. Habe ich nie. Ich hab immer alles alleine gemacht.“

Damit blickte sie ihre Freundin an, stand auf und ging zu ihr herüber: „Und irgendwie vermisse ich das.“

„Was?“, fragte Jill, „Du vermisst… was? Deine Kindheit? Deine Jugend? Liebelein, es tut mir leid, es dir so knallhart sagen zu müssen, aber – da kann ich nicht mitreden. Über deine Kindheit und Jugend hast Du immer ein großes Geheimnis gemacht. Ich weiß so gut wie gar nichts über dich, bevor du zur Academy kamst.“

„Kann es sein, dass es dich als Sicherheitsoffizierin fuchst, dass Du nicht weißt, wer der zweite Kommandant des Schiffes ist?“, ließ nun Agatha eine Frage erklingen, in die sie ein charmantes, gewitztes Lächeln einflocht.

Jill betrachtete ihre Freundin kurz, zuckte dann mit den Schultern und meinte: „Kann sein. Ich meine – was ist deine Lieblingsfarbe?“

Die XO überlegte kurz, schenkte ihr ein geheimisvolles Lächeln und flüsterte ihr die Antwort ins Ohr.

„Aber pssst.“, machte sie, nachdem sie sich normal neben Jill positioniert hatte, „Das weiß niemand. Nicht einmal Cal.“

Jill nickte und legte sich eine Hand auf die Brust: „Ich werde das Geheimnis in meinem Herzen verwahren.“

Ein Räuspern von der Navigationskonsole ließ die beiden Frauen Alex verwundert anschauen, der amüsiert dreinblickte: „Meint Ihr beiden Grazien nicht, dass Ihr für eine ordinäre Sache wie ‚Meine Lieblingsfarbe’ ein wenig zu sehr auf Mission: Impossible macht?“

Agatha lächelte ihm zu: „Vielleicht – vielleicht auch nicht.“

Damit klopfte sie der taktischen Offizierin auf die Schulter: „Und jetzt gib Gibbs bescheid.“

„Mach ich.“
 

Weder die Boulettenbraterei aus Illinois, noch das Jeans-Fachgeschäft waren der Aufenthaltsort Traceless gewesen. Das hatte Gibbs festgestellt, nachdem er der Blutspur gefolgt war. Sie führte zu einem Treppenhaus und der Special Agent war sich sicher, dass er bald Traceless haben würde. Gibbs näherte sich langsam der Tür, griff nach dem Griff und …
 

Die Tür flog auf.

Traceless, immer noch mit dem Gesicht von Cal, warf sich Gibbs entgegen und der NCIS-Agent brauchte ihn nicht einmal näher herankommen zu lassen. Er drückte ab. Wieder drangen die Kugeln in den Körper des Verbrechers ein, der zu Boden taumelte und liegenblieb.

Mit auf Traceless gerichteter Waffe trat Gibbs auf ihn zu, kickte den Phaser ausser Reichweite und griff nach seinem Handy, das in diesem Moment zu klingeln begann. Die Nachricht ließ den Chefermittler ein wenig stutzen, dann schaute er auf den am Boden liegenden Verbrecher, dessen Wunden sich merkwürdigerweise nicht heilten.

„Jill“, setzte Gibbs an, „Ihr habt tatsächlich den Richtigen. Erfasst mein Handysignal und beamt mich sofort, mit eurem Captain, auf die…“

Weiter kam er nicht, denn plötzlich war Cal wieder auf den Beinen, wirkte nicht mehr so angeschlagen wie vorher und schlug dem Chefermittler das Handy aus der Hand, ehe er sich daran machte, fortzulaufen.

Gibbs seufzte. Nahm das denn nie ein Ende?
 

Wenn es sich bei dem Captain um einen größeren Menschen gehandelt hätte, wäre die Situation bestimmt sogar ein wenig unheimlich gewesen. Der Mann stand hinter einem Kraftfeld, Handschellen fesselten seine Hände vor dem Bauch und ein Grinsen war auf seinem Gesicht zu sehen. Dieses Grinsen erweiterte sich, als er Ziva sah, die den Raum betrat.

„Hi, Ziva.“, sagte er und seine Stimme verriet eine gewisse Unbekümmertheit, „Wie geht’s Tony? Wo ist er?“

Die Israeli bedachte ihn mit einem mißtrauischen Blick. Sie merkte, wie in ihrem Geist, die Frage, ob dies wirklich der Captain, oder doch Traceless war, eine immer prominentere Position einnahm. Sie schaute ihn an, studierte jeden Zentimeter seines Gesichts und fühlte sich an ihre Zeit beim Mossad erinnert, in der sie lediglich anhand Mimik, Gestik und Sprachduktus der befragten Zielperson herausfinden musste, ob sie die Wahrheit sagte, oder nicht. Und obwohl sie diese Tests hasste, wusste sie um ihren Sinn und immer recht gut in ihnen gewesen.

Die Augen – so war ihnen eingebläut worden – waren der Schlüssel zum Gelingen der Operation. Als „Fenster zur Seele“ konnte man an ihnen am Ehesten ablesen, ob jemand log, wenn man wusste, wonach man zu suchen hatte und derjenige, den man überprüfen will, nicht geübt darin ist, sein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Für solche Menschen gab es dann andere Wahrheitsfindungsmethoden – aber für eine freundliche Unterhaltung, bei der derjenige, der überprüft wurde nicht wusste, dass er überprüft wurde, reichte es durchaus aus.
 

Calvin Cats Augen jedoch… entweder wusste Traceless, sich zu verstellen, oder aber es war wirklich Cal, denn in diesen Augen fanden sich eine bunt-gemischte Vielzahl an Emotionen, die der Agentin die Identität des Befragten nahezu entgegenschrien. Freude, Sorge, Neugierde, Ironie – all das fand sie vor und hoffte, dass sie nicht allzu falsch lag, als sie zum Kommunikationsterminal ging und sagte: „David an Silverbird? Komm mal bitte in die Arrestzelle.“
 

Einige Minuten später befanden sich, sowohl Agatha, als auch Jill zusammen mit Tony, McGee und Ziva in der Arrestzelle und schenkten ihre ungeteilte Aufmerksamkeit der hübschen Israeli.

Diese hatte ihnen gerade ihre Überlegungen mitgeteilt und Agatha konnte sich nicht helfen, als sie als ziemlich logisch zu bezeichnen. Schließlich hatte sich das Verhaltensmuster des gejagten Captain mehr oder weniger als das von Traceless herausgestellt. Was bedeutete: Cal befand sich hinter dem Kraftfeld. Sie warf einen Blick zur taktischen Offizierin, der vermutlich die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen und streckte ihre Hand nach dem Kontrollpanel aus, das wenige Sekunden später das Kraftfeld kollabieren ließ. Cal trat vor, streckte die Hände aus, sodass Jill ihn befreien konnte, und blickte von ihr zu seiner Freundin und XO.

„Jetzt gilt es.“, schoss es Agatha durch den Kopf, „Jetzt wird sich zeigen, ob der Cal, den wir hier haben, der Echte ist.“

Diesem Gedanken folgte: „Und wenn dieser hier der Falsche ist, wird er sich garantiert wieder daran machen, das Schiff zu erobern. Dann wissen wir aber, woran wir sind.“

Der Captain trat auf sie zu, blieb allerdings ausserhalb ihres persönlichen Bereiches und lächelte sie schief an: „Sag mal, Schatz, musstest Du da tatsächlich erst Ziva kommen lassen, um mich einwandfrei identifizieren zu können?“

Er zwinkerte: „’N bischen schwach, oder?“

Agatha merkte, wie Zorn ihre Gedanken umwölkte.

„Ach ja?“, sagte sie, „Ich werde dich daran erinnern, wenn er sich das nächste mal meinen Körper aussucht, um ihn zu immitieren.“

Verwundert hob der Kommandant der Dragonfly eine Augenbraue, schaute dann zu Jill, danach wieder zu Agatha und kratzte sich nachdenklich am Kopf: „Sorry, das war vielleicht ein bischen zu vorlaut?“

„Ein bischen?“, fragte seine Freundin und schüttelte den Kopf: „Ich bin durch eine emotionale Vorhölle gegangen, du unsensibler Holzklotz.“

„Das Gefühl kenn ich.“, sagte der Captain und trat näher, „Als Traceless dich im Gang niedergeschossen hat… ich… ich dachte, ich hätte…“

Und dann, so als hätte er komplett vergessen, wo er sich befand, ging er den letzten Schritt auf sie zu und schloss sie in seine Arme, den Kopf gegen ihre Schulter gelehnt.

„Gott“, schluchzte er, „Ich dachte wirklich, ich hätte dich verloren. Ich dachte wirklich, er hätte dich erschossen.“

Dies war ein Novum. Nicht, dass er ihr nicht schon oft gesagt hätte, dass er sich um sie Sorgen mache – aber meistens war es so, dass sie sich gut ihrer eigenen Haut erwehren konnte. Dieses mal war sie jedoch in einen Hinterhalt geraten und – gerade als sie getroffen wurde – hatte sie sich dafür verflucht. Sie benötigte einige Sekunden um sich zu fangen, dann schlang sie ihre Arme um ihn, ließ die Hand sanft über seinen Rücken streichen und gab ihm einen Kuss, den er zärtlich erwiderte und sich weiter an sie schmiegte.
 

Tony blickte zu dem Liebespaar und wandte sich dann an Ziva, die ihn anblickte.

„Hey, komm nicht auf den Gedanken, mich jetzt auch küssen zu wollen.“, sagte sie mit trockenem Humor in der Stimme. Der Halbitaliener stockte kurz, schaute sie verblüfft an und grinste dann. Sie war einfach … sie war schon klasse, die gute Ziva. Und nach dem Ende dieser Mission würde er sie zum Essen einladen – nicht so, wie er es bis jetzt immer gemacht hatte, mit dem Ziel eine Frau ins Bett zu kriegen, sondern mit dem Ziel, Ziva für sich zu gewinnen. Natürlich wäre er auch nicht abgeneigt, mit ihr zu schlafen, aber es ging ihm hier nicht nur um den körperlichen Aspekt. Obwohl sie so attraktiv wie exotisch war, war es nicht seine Lendenregion, die ihn leitete, sondern das immer schneller schlagende Herz des Agenten.

„Keine Sorge.“, sagte er, „Ich werde mich benehmen.“

Dies brachte Ziva und McGee dazu, den Agenten verblüfft anzusehen. Das bemerkte er allerdings erst nach einigen Nanosekunden, widmete seinen Mitarbeitern dann seine volle Aufmerksamkeit und schaute sie fragend an: „Was ist los?“

„Du willst dich benehmen, Tony?“, fragte Ziva und tastete nach seiner Stirn: „Bist Du krank?“

„Das machst Du doch sonst nie.“, sekundierte McGee, ehe er mit Ziva einen vielsagenden Blick wechselte und der Agentin die Schlusspointe gab. Sie betrachtete den Halbitaliener und lächelte dann: „Das kann nur heißen, dass Du Traceless bist.“

Augenblicklich hatten Cal, Agatha und Jill ihre Phaser gezogen und sie auf Tony gerichtet. Der Captain trat einen Schritt nach vorne und knurrte: „Dann werde ich dich umbringen müssen.“

Und gerade, als Tony überlegte, ob es sinnvoll wäre, entweder abzuhauen oder den Irrtum zu erklären, grinste der Offizier, zwinkerte ihm zu und sagte: „Peng.“

„Sehr witzig.“, murrte Tony und wollte etwas sagen, doch Zivas bezauberndes, hypnotisierendes Lächeln ließ all seine Gedanken verfliegen.
 

Gibbs hätte nie gedacht, dass ein einziger Mann ausgereicht hätte, um ihn in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. Inzwischen war Traceless aus der Shopping Mall geflohen und war – verfolgt von Gibbs – auf eine der offeneren Straßen gerannt.

In Gedanken konnte der Senior Special Agent wieder nicht umherkommen, dem Verbrecher seinen Respekt zu zollen. Die breite Straße und die große Menschenmenge war definitiv ein großes Plus. Und – das musste man hier auch mal sagen – es war Gibbs unmöglich, seine Waffe abzufeuern. Schließlich musste er dazu die komplette Menschenmenge zwischen sich und Traceless informieren wer sowohl er war, als auch derjenige der gejagt wurde, und spätestens nach dem geschrienen „BUNDESAGENTEN“ war für Gibbs klar, dass die Menschenmenge ihn erst einmal komplett verdattert ansehen würde. Und bis er diesem Konglumerat aus ihm unbekannten Personen erklärt hatte, was er vorhatte und warum er sich so laut identifiziert hatte und eine Waffe bei sich trug – das würde dauern.

So ließ er die Waffe erst einmal stecken und versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen. Wo konnte sich Traceless verstecken?

Eigentlich kam jede Ecke als mögliches Versteck in Frage, aber – so, wie er den kriminellen Verkleidungskünstler einschätzte, war er sich sicher, dass dieser sich einen der höchsten Punkte dieser Gegend aussuchen würde.

Hätte er an seiner Stelle auch gemacht. Von diesem höchsten Punkt hatte man in der Regel einen guten Überblick, stand über den Dingen und war vor allem vor Angriffen von der Seite geschützt, wenn sich der potentielle Angreifer unter ihm befand.Und auf der Straße, auf der er war, gab es nur ein sehr großes Gebäude, das von jedem Ort gesehen werden konnte. Die Zweigstelle der Goliath National Bank.

Praktischerweise strebte die Straße geradewegs auf den kreisrunden Platz zu, auf dem die GNB der weit sichtbare höchste Punkt war. Also mobilisierte Gibbs noch einmal alle Kraftreserven für einen Sprint, der ihn zu eben diesem Gebäude tragen würde.
 

Die Tür zur Astrometrie glitt auf und Ran Sato fuhr überrascht herum, als plötzlich Calvin Nathan Cat, Agatha Silverbird und Jill Menacer, sowie drei Mitglieder des Teams von der Erde im Raum standen.

Jill deutete auf die große holografische Karte hinter der schlanken Asiatin, die sich immer wieder aktualisierte: „Hatte ich Dir nicht gesagt, dass Du dein Projekt „Catsghost“ in der Nachtschicht erledigen sollst?“

„Ja, schon.“, sagte die Asiatin, „Aber … ich hatte gerade einen sehr guten Lauf, mit den verbesserten Sensoren und… es tut mir leid.“

Damit verneigte sie sich in einem bestimmten Winkel und Cal runzelte die Stirn: „Was ist Projekt ‚Catsghost’ eigentlich nochmal genau?“

Agatha blickte zu ihm, zuckte mit den Schultern und lächelte dann: „Keine Ahnung – aber Du hast es genehmigt. Ich dachte, du wüsstest es.“

„Eigentlich nicht. Ich meine – Gina hatte gesagt, es wäre eine gute Sache, also…“, rechtfertigte sich der Captain, ehe er Ran anschaute: „Aber ‚Catsghost’ klingt irgendwie – ich weiß auch nicht…“

Die hübsche Asiatin trat auf den Offizier zu, lächelte ihn an und sagte dann, in einem sehr sanften, sehr höflichen Tonfall: „Keine Sorge, Sir. Es ist nur ein kleines Familienprojekt. Ich verspreche Ihnen, es wird die Schiffsfunktionen und die Abläufe nicht beeinträchtigen.“

Cal legte den Kopf schief, so, als ob er überlegen würde, zuckte dann mit den Schultern: „Wenn das so ist…“

Damit wandte er sich an seine XO und schaute sie ratsuchend an. Diese machte eine Handbewegung, als wolle sie sagen „Is dein Schiff, mach Du deine eigenen Fehler“ und verschränkte dann die Arme vor der Brust.

Erneut warf der Captain einen Blick auf den Bildschirm, schaute dann zu Ran und sagte schließlich, mit einer Lockerheit in der Stimme, die verriet, dass es möglich wäre, dass er gar nichts verstanden hatte: „Dann is ja okay. Aber dennoch müssten wir dein kleines Projekt mal kurz abbrechen. Wir brauchen die Sensoren, um wichtige Arbeit zu erledigen.“

„Ich habe verstanden.“, erklärte Ran, wandte sich zur Konsole um und gab einen kurzen Befehl ein: „Ich werde den Suchlauf speichern und danach die Arbeitsstation für Sie frei geben, Captain..“

„Danke, Ran.“, nickte der Kommandant und schaute ihr bei ihrer Arbeit zu: „Aber… vielleicht könntest Du mir wirklich erklären, worum es geht?“

Die Asiatin betätigte eine Taste und wandte ihren Blick dann zum Captain: „Sir… es ist lediglich ein familieninternes Projekt. Ich beobachte die Flugbahnen verschiedener Raumschiffe, die den Planeten Erde über die letzten Jahre und Jahrhunderte angeflogen haben.“

Fasziniert hob Cal beide Augenbrauen: „Und wie machst Du das?“

„Das ist der schwere Teil. Wissen Sie, Sir“, sie beendete das Programm, wandte sich dann voll und ganz dem Captain zu und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, sodass sie fast schon dozierend da stand: „Raumschiffe die in den letzten Wochen in diesem System waren, können wir natürlich durch Ionensignaturen erkennen. Wenn die Besuche ihre Jahrhunderte her sind, ist dies nahezu unmöglich, da diese Ionen recht schnell flüchtig sind.“

„Das ist“, unterbrach McGee die hübsche Asiatin, deren Stimmmelodie ihre Herkunft deutlich verriet, „Wie in ‚Broken Bow’, dem Pilotfilm zu ‚Enterprise’.“

Jill, Agatha, Cal und Ran schauten ein wenig verdattert zum Compterexperten herüber. Dieser bemerkte, was er da gerade gesagt hatte, rollte überlegend mit den Augen und sagte dann: „Die erste Mission der NX-01. Captain Archer hat doch ein Schiff der Suliban in einen Gasriesen verfolgt. Erinnern Sie sich?“

Cal schaute McGee ein wenig schräg an, wandte sich dann an Ran und machte eine wegwerfende Handbewegung: „Bevor Du fragst – anscheinend sind die Geschehnisse der Expeditionen von Archer, Kirk, Picard, Sisko und Janeway den ‚Erdlingen’ durchaus bekannt.“

Damit warf er wieder einen Blick zu McGee, der ein amüsiertes Funkeln in den Augen des Captains zu sehen glaubte: „Die mutigen Abenteuer der USS Dragonfly und ihres heroischen Captains, Calvin Nathan Cat, allerdings werden nirgendwo erwähnt.“

Tim grinste: „Ich könnte mich ja anbieten, über euch eine Fanfiction zu schreiben. Wobei – vielleicht passiert dies ja gerade. Irgendwo auf der Erde? Ein Junge mit viel zu viel Freizeit sitzt vor seinem Laptop und hämmert gerade sinnlose Wortfetzen in die Tastatur.“

„Sinnlos?“, echote Cal, „Die Abenteuer der Dragonfly? Niemals.“

Dann grinste er, wandte sich wieder Ran zu und schaute auf den Bildschirm: „Dann könnten wir damit doch sicherlich auch Raumschiffe ausfindig machen, die in den letzten Tagen über Baltimore geschwebt sind, oder?“

Die Asiatin nickte, nachdem sie kurz überlegt hatte.

„Gut, dann machen wir das.“, riss nun Agatha das Wort an sich und trat neben Cal, ihm eine Hand auf die Schulter legend. Der Captain sah beide – also die Hand und die XO – ein wenig verblüfft an. Sie schenkte ihm einen leicht genervten Blick und wandte sich dann an die Asiatin: „Wir müssen jetzt allerdings ein paar Sachen klären.“

„Oh, kein Problem. Ich hab sowieso Dienstfrei.“, erklärte Ran und wandte sich zur Tür.

Cal schaute ihr kurz hinterher, runzelte verblüfft die Stirn und wandte sich an Jill und Agatha: „Süß – aber extrem merkwürdig. Ist sie immer so?“

„Nein, erst seit wir sie kennen gelernt haben.“, seufzte Agatha trocken und drehte sich nun zu McGee, Ziva und Tony um: „Ihr hättet ruhig etwas sagen können.“

Der Halbitaliener deutete ein wenig verblüfft auf das große Hologramm vor ihnen allen.

„Das ist ja…“
 

Auf dem Dach des GNB-Gebäudes öffnete sich eine Tür, die das Treppenhaus von jenem Dach trennte. Es war Gibbs klar, dass dies der wahrscheinlich logischste Aufenthaltsort war, wenn man sich versuchen wollte, zu orientieren. Also war es mehr oder weniger logisch, dass sich auch Traceless, sollte er sich einen Überblick verschaffen wollen, genau hier aufhielt. Und tatsächlich saß, mit den Beinen über dem Abgrund baumelnd, die Gestalt Calvin Nathan Cats dort und starrte in die Ferne. Als Gibbs näher trat, zog der Andere die Beine an, stand auf und drehte sich zu ihm um.

„Interessante Verkleidung, Traceless.“, sagte der Offizier dann und wenn sein Hemd nicht vollkommen rot, von dem ganzen Blut gewesen wäre, hätte Gibbs ihm tatsächlich geglaubt, dass er Cal war.

„Mich legen Sie nicht rein.“, sagte er daher nur und nickte in Richtung des Hemdes.

Traceless – oder besser: Der Mann, von dem Gibbs dachte, dass es Traceless sei – schaute an sich herunter und nickte: „Ja – ich weiß. Das sieht sicherlich ein wenig merkwürdig aus.“

Er zuckte mit den Schultern: „Ich meine, Du wirst wissen, wie das passiert ist, mein Freund und Kupferstecher. Aber – ich tu mal für einen Moment so, als wärest Du tatsächlich der, für den Du dich ausgibst.“

„Und warum tust du das?“, fragte Gibbs.

Traceless zuckte mit den Schultern: „Einer muss in dieser Szene die Exposition übernehmen und unseren Lesern erklären, was los ist.“

Dann räusperte er sich: „Ich tu mal so, als wärest Du Gibbs. Also:“

Er blickte kurz zu Boden, zuckte dann zusammen und sein Kopf ruckte hoch – mit einem gehetzten Gesichtsausdruck. Dann nahm der Mann Gibbs wahr, hob die Hände und sagte, in einem sehr hektisch hervorgepressten Duktus: „Bitte – nicht schießen. Ich… ich bin ich. Ich bin Cal.“

Er deutete auf sein Hemd: „Das? Das ist… das war Traceless. Er… er hat mir ein Serum injiziert. Es… es heilt einen automatisch. Bitte, glauben Sie mir.“

Gibbs blickte sein Gegenüber über den Lauf der Waffe hinweg an und wenn Traceless auch nur halb so gut in der Kunst des sogenannten „Cold readings“ war, also darin, Menschen auf Anhieb zu durchschauen, dann wusste er, dass der Special Agent Traceless kein Wort glaubte.

Erneut änderte sich die Körperhaltung Cals – oder Traceless. Der Mann blickte über die Kante des Daches, hinab in den Abgrund der Straße unter ihnen.

„Das Zeug, dass Du mir gespritzt hast, ist… naja, man kann ihm eine gewisse Coolness nicht absprechen, Tracy-boy.“, sagte er dann, „Ich könnte mich hier vom Gebäude fallen lassen – nachdem das Genick gebrochen ist, heilt alles wieder. Es ist zwar tierisch schmerzhaft, wenn die Knochen wieder in die richtige Richtung gedreht werden, aber – irgendwie isses cool. Deswegen passiert mir auch nichts, wenn du hier wie Gibbs auftrittst und mich über den Haufen knallen willst.“

Der Grauhaarige atmete einmal tief durch und mit einer Stimme, die deutlich verriet, dass er kurz davor war, den legendären „Lethal-Weapon-Satz“ „Ich bin zu alt für diesen Scheiß“ zum Besten zu geben, sagte er: „Ich bin Gibbs, nicht Traceless.“

Der Mann an der Dachkante stockte kurz, runzelte fragend die Stirn und lächelte dann: „Hey, das is ja clever. Sehr clever. Ich meine, ich kann nicht feststellen, ob Du wirklich Gibbs bist, oder nicht – so gut kenne ich den Special Agent nun auch nicht.“

„Und ich kenne den Captain nicht gut genug, um zu beweisen, dass sie Traceless sind.“, sagte Gibbs und zuckte mit den Schultern: „Klingt nach einer Patt-Situation.“

Sein Gegenüber nickte: „Japp, das tut es wohl.“
 

„Japp, das ist ein Hologramm von Washington.“, sagte Cal in diesem Moment und ließ seine Finger über die Tastatur der Astrometrie fliegen. Agatha schaute ihn an, und für einen Bruchteil einer Millisekunde war da tatsächlich etwas wie Bewunderung zu erkennen, fand Ziva. Der Captain zuckte mit den Schultern: „Zehn-Finger-Blind-System. Was man gelernt hat, hat man gelernt und kriegt es nie wieder von der Platte. Genau wie Shakespeare.“

Er pausierte, um mit gelangweilter Stimme zu intonieren: „ Wie ich auch den Wald durchstrich – kein Athener zeigte sich.…

Ziva wusste erst, dass sie es getan hatte, als sie es getan hatte. Ihre Hand hatte sich sozusagen verselbstständigt und dem Captain mit voller Wucht auf den Hinterkopf geschlagen. Ein lautes Klatschen war zu hören und Cal zu ihr herumgefahren: „Ich glaub, die Tendenz zum Gibbs-en liegt im Team, oder?“

Erneut ein lautes Klatschen, dieses mal drehte sich Cal zu Agatha um: „Oder auch nicht.“

Die XO deutete auf die Tastatur: „Mach hinne. Wir wissen nicht, wo Traceless sich – zusammen mit Gibbs aufhalten könnte.“

„Ja, ich scanne nach dem großen Boss.“, meinte Cal dann noch und hackte weiter auf die Tastatur ein.

Ziva lehnte sich mit dem Rücken gegen die Konsole, mit vor der Brust verschränkten Armen und schaute Cal ins Gesicht, in dem sie tatsächlich Anstrengung und den leisesten Hauch einer Ahnung, was er da tat, vorfand. Irgendwie beruhigte es sie, dass ein Captain eines Raumschiffes tatsächlich eine entfernte Ahnung von seinen Tätigkeiten hat. Das entspannte sie kollosal.

„Sag mal, Cal… wie soll das funktionieren?“

Erneut rasten die Finger des Captains über die Tastatur: „Also – wenn ich das richtig verstanden habe, was mir Scotty und Sam vor ein paar Jahren zu erklären versuchten, dann kann das Raumschiff nach spezifischen DNS-Strängen scannen.“

Agatha nickte und fuhr mit der Erklärung fort: „Natürlich nicht bei Traceless, das wäre ja auch zu schön um wahr zu sein, aber … euren Boss müssten wir finden können, genau so wie wir jeden unserer Vorfahren mit diesem Computer finden könnten – nur eben … nicht den auf den es ankommt.“

„Das wäre ja auch wirklich mal zu schön.“, seufzte Tony und man konnte hören, dass er es definitiv nicht ernst meinte.
 

Gibbs betrachtete sein Gegenüber über den Lauf seiner Waffe und war bereit, im Zweifelsfall zu schießen.

„Ich hab wichtigere Dinge zu tun, als zu beweisen, dass Sie Traceless sind, Traceless.“, sagte er und seine Waffe ruckte wieder hoch, als sich der Angesprochene ihm zuwandte.

Der Mann, von dem sich Gibbs sicher war, dass es sich dabei um den Verbrecher handelte, hob beide Hände und schaute ihn an – wenngleich ein wenig genervt.

„Meinen Sie wirklich, wenn ich Traceless wäre, würde ich mich von Ihnen quer durch die Stadt jagen lassen? Ich bitte sie. Ich würde schön oben, auf dem Schiff bleiben, von wo ich alles überwachen könnte.“

Damit setzte er sich: „Was ich gerade auch am Liebsten täte.“

Er ließ seine Hände über die Beine gleiten und verzog schmerzverzerrt das Gesicht: „Junge, das gibt einen Muskelkater. Au haua ha.“
 

Irgendwie erschien Gibbs der Gedanke, dass der Verbrecher, den er jagte, sich über einen Muskelkater beschweren würde, absurd, aber, wenn er im Laufe der letzten Tage eines gelernt hatte, dann war es, einerseits die neue Regel 52 zu befolgen und zum Anderen diesem Kriminellen nicht zu trauen. Man wusste schließlich nicht, was er sich jetzt wieder ausdachte.

Sein Großvater hatte ihm einmal erzählt, dass er den großen Harry Houdini persönlich getroffen hatte. Dieser wiederum hatte ihm ein Geheimnis anvertraut – die Kunst der Magie besteht zum großen Teil auch aus Ablenkung. Wenn ein Magier seine Zuschauer auffordert, der rechten Hand die volle Aufmerksamkeit zu widmen, dürfte sicher sein, dass er mit der linken Hand seinen Trick vorbereitet. Mit Traceless war es nicht anders, da war Gibbs sich sicher. Man musste ihn komplett im Auge behalten und immer auf der Hut sein, egal, ob er sich gerade als ein ihm mehr oder weniger unbekannter Starfleetoffizier, oder als Ziva David ausgab. Und auch, wenn er in einer Rolle zum charmanten Plaudern neigte, durfte man sich nicht in falsche Sicherheit lullen lassen. Und Gibbs wusste, dass – wenn der Mann vor ihm tatsächlich Traceless war – der Verbrecher eine neue Gemeinheit ausbrütete. Momentan hielt der Special Agent seine Pistole in Anschlag, aber wie lange würde das gut gehen?
 

Die Finger des Mannes, den Ziva als Captain Cat sah, glitten schnell über die Tastatur und bald hatten sie die Position Gibbs ausfindig gemacht. Schnell zoomte der Captain mit der Holografietechnologie heran und die hübsche Isaraeli konnte sich nicht helfen – es erinnerte sie frappant an die Technologie die heutzutage auf manchen Rechnern zu finden war, und mit der man unter Zuhilfenahme von Suchmaschinen und Satelliten auf ein bestimmtes Gebäude zoomen konnte.

„Na, da haben wir ihn ja.“, stellte Cal fest, zoomte näher und schüttelte den Kopf: „Das is nich zu fassen. Hat sich der Typ immer noch mein Gesicht geklaut?“

„Ich bin sicher, dass der Mann, den Gibbs da unten bedroht, ungefähr das Selbe über Dich sagt, Cal.“, warf Tony in den Raum, was den Captain dazu brachte, ihn verärgert anzusehen: „Deine Freundin hat mich von jeder Schuld befreit.“

„Nicht von jeder“, korrigierte Ziva, „Ich sage auch nicht, dass Du nicht Traceless bist, ich halte es nur für sehr unwahrscheinlich. Dafür sprechen zwei Dinge. Erstens kann ich mich auf meine Menschenkenntnis ziemlich verlassen und zum Anderen wird dieser Cal da gerade von Gibbs bedroht. Und wenn der da wirklich der Echte Cal wäre, hätte sich Gibbs mit ihm längst hochgebeamt und deinen traurigen Allerwertesten in die Krankenstation geprügelt.“

Cal blickte sie verdattert an: „Was is mit meinem Hintern?“

Agatha stöhnte genervt, drehte Cals Kopf zu ihr und sagte: „Warum interessiert es Dich was eine andere Frau über deinen Hintern denkt?“

„Er ist halt auch nur ein Mann.“, grinste Ziva und schaute an Cal vorbei zu Agatha, ihr gut gelaunt zuzwinkernd, „Und – sieh es mal so, damit wissen wir schon mal, dass er wirklich er ist.“

„Das is auch wieder wahr.“, murmelte Agatha und wandte sich an Cal: „Na, zoom näher ran. Wir müssen doch wissen, was da passiert.“

Cal sagte nichts und starrte auf den Bildschirm, was Agatha zum erneuten Augenrollen brachte: „Was ist? Sauer weil ich Dir Befehle gebe? Ich dachte, wir sind ein Team? Fifty Fifty?“

Erneut sagte der Captain nichts.
 

Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie waren all ihre Sinne angespannt. Ziva David merkte, dass sich irgendwas verändert hatte, dass der Raum plötzlich mehr oder weniger einer Falle glich, die im Begriff war, zuzuschnappen. Erst, als sie Agathas Stimme vernahm, die den Captain eine Spur lauter, als normal ansprach, bemerkte sie, dass der Offizier seine Freundin vollkommen zu ignorieren schien und einfach nur auf den Bildschirm starrte. Dann hörte sie das leise Zischen. Er erinnerte sie an Geschenkpapier, das sehr leise zerrissen wurde, oder an das entfernte Summen von Insekten oder an…

Sie warf einen Blick auf die Konsole und stellte fest, dass sich Cal gar nicht mehr bewegte. Stattdessen waren seine Hände auf den Tasten und wurden permanent von kleinen, blauen Blitzen getroffen.

„Das Surren von Elektrizität!“, schoss es ihr durch den Kopf.
 

„Ich werde eine EM-Ladung an diese Station schicken. Seven wird in Stase fallen, ob sie will, oder nicht.“

Tim McGee erinnerte sich, in dem Moment, in dem er das leise Zischen hörte, an diese Szene aus der Voyager-Folge „Euphorie“, in der eine sogenannte „Telepathische Werfer-Pflanze“ die Crew dazu brachte, Seven auszuschalten. Er erinnerte sich daran, zu sehen, wie blaue Blitze die zierlichen Hände der attraktiven Borg trafen, wie sie verwirrt einen Schritt zurücktaumelte und dann bewusstlos aufs Deck fiel.

So ähnlich passierte es hier. Cal blieb stocksteif stehen, erst als Agatha und Ziva einander zunickten und sich auf den Captain warfen, um ihn von der Konsole zu schubsen, taumelte er nach hinten und sank in sich zusammen.

Die XO war sofort bei ihm, tastete nach seinem Puls und schüttelte ihren Freund: „Schatz? Hey, komm, bleib wach!“

Offenbar waren die Augenlider bleischwer, denn sie schienen dem Captain immer wieder zuzufallen und die Konzentration auf Agathas Stimme war offenbar auch nicht unbedingt ein einfaches Unterfangen.

Er sank weiter zurück, in ihrem sanften Griff, ehe er auf den Holografischen Schirm deutete und etwas murmelte.

Dann erschlaffte er.
 

Die XO seufzte, stand auf und betätigte ihren Kommunikator, ehe sie langsam und sehr deutlich sagte: „Silverbird an Intrupper? Wir haben hier einen Fall von EM-Stase. Bring doch bitte eine Trage mit.“

„Ich verstehe.“, erklang die samtweiche Stimme der Italienerin aus dem Kommunikator, „Kann ich sonst noch etwas tun?“

„Das erzähle ich dir gleich.“

Damit wandte sie sich an Tim: „Stell Kontakt zu deinem Boss her. Sag ihm, er soll sich darauf vorbereiten, mit Cal an Bord zu beamen.“

„Mit… Cal?“, echote der Computergeek.

Ungeduldig sog Agatha scharf Luft ein, schlug auf ihren Kommunikator – ja, das würde einen blauen Fleck geben – und sagte zwar langsam, deutlich und konzentriert, allerdings mit einem Unterton von Wut und eben jener Ungeduld, die die gerade schon Tim gezeigt hatte: „Silverbird an Transporterraum. Erfassen Sie Special Agent Gibbs und den neben ihm stehenden Mann. Es handelt sich um den Captain.“
 

Gibbs und der Fremde materialisierten im Transporterraum der Dragonfly und wurden wie Helden begrüßt. Agatha, Ziva, Tony, McGee, Jill, Gina und Abby standen Spalier und salutierten. Der Captain und der Special-Agent schenkten sich einen verwunderten Blick, ehe Cal auf die Waffe, die immer noch auf ihn gerichtet war, schaute: „Hätten Sie nun die Güte, das Ding runter zu nehmen?“

„Offenbar sind Sie von dem Verdacht, Traceless zu sein, freigesprochen, hm?“, fragte der Special Agent dann, und ließ die Waffe sinken.

Der kommandierende Offizier der U.S.S. Dragonfly flächelte den leitenden Chefermittler des „Major Response Teams“ des NCIS an und nickte dann: „Offenbar.“

Sein Lächeln verschwand, er verzog das Gesicht schmerzvoll und ließ sich auf den Boden sinken: „Und das is auch gut so. Meine Beine bringen mich um. Ich glaube – ich kann keinen einzigen Schritt mehr laufen.“

„Keine Sorge.“, lächelte Gina und trat auf ihn zu, einen medizinischen Tricorder in die Hand nehmend, „Da hab ich das Richtige für Dich.“

Während die Ärztin einen Scan über den Körper des Captains laufen ließ, schaute Ziva zu Agatha und flüsterte: „Was hatte Traceless Dir eigentlich gesagt, bevor er ohnmächtig wurde?“

Die XO zuckte mit den Schultern: „Er sagte nur ‚Anführer’.“

Dann wandte sie sich an Ziva: „Aber irgendwie kommt mir das merkwürdig vor. Warum sollte sich Traceless so einfach schnappen lassen und uns mitteilen, wer der wirkliche Captain ist?“

„Macht mich auch ein wenig mißtrauisch.“, murmelte Ziva und schaute sie an: „Cal spielt nicht rein zufällig gern mal Wortspiele?“

„Hin und wieder – wenn ihm ein besonders Gutes einfällt.“, meinte die XO und ging dann an Ziva vorbei auf Gina zu. Die Israeli legte den Kopf schief, stützte ihren Kopf auf die linke Hand und lehnte sich gegen eine Wand. Vermutlich konnte man ihr ansehen, dass sie grübelte. Aber – irgendwas stimmte daran nicht.

Wirklich - warum sollte Traceless sagen, wo sich der wirkliche Captain aufhielte? Das war komplett sinnlos.

Und – vielleicht war es viel zu sehr um die Ecke gedacht, aber, vielleicht hatte das Wort „Anführer“ ja noch etwas Anderes zu bedeuten? Vielleicht hatte sie auch nur zu viele Conan-Mangas gelesen, wo die letzten Worte eines Sterbenden immer etwas zu bedeuten hatten. Gut – Traceless war nur bewusstlos, nicht tot, aber, irgendwie hatte sie das Gefühl, als ob sein letztes Wort noch etwas Anderes zu sagen hatte.
 

Agatha stand neben Gina, die gerade ihre Untersuchung des Captains beendet hatte.

Die Ärztin klappte den Tricorder zu, schaute alarmiert zu Agatha und dann zu Cal, ehe sie sagte: „Was ist mit Dir passiert?“

„Ach so.“, sagte der Kommandant, deutete auf sich und zuckte mit den Schultern: „Traceless hat mir irgend ein Serum verpasst, dass mich selbst heilt. Er hat mir gesagt, dass es meine DNS durcheinanderbringt und deswegen dein Tricorder Schwierigkeiten mit mir haben dürfte.“

Gina blickte zu Agatha, als es plötzlich laut knallte.
 

Verblüfft fuhr die Menge auseinander und gab den Blick auf Ziva frei, die ihre Pistole gezogen hatte. Rauch stieg aus dem Lauf auf und erneut knallte es.

Agatha merkte, wie ihr Herz aussetzte. Was geschah hier?

Sie drehte sich um, um in die Richtung zu blicken, in die der Schuss gegangen war und sah neben einem roten Fleck auf der Transporterplattform den entsetzten Gesichtsausdruck Cals, der gerade seine blutüberströmte Hand von seiner Brust nahm und sie anstarrte.

Er blickte Ziva an, hauchte ein „Wieso“ und taumelte nach hinten, als wieder ein Schuss fiel. Dieses mal wurde er ins Knie getroffen.

„Ziva!“, schrie Agatha und kam aus ihrer Starre, „Was tust du da?“

„Anführer.“, sagte die hübsche Israeli, zielte erneut auf Cal und schoss, „Dein Schatz spielte ein Wortspiel.“

„Du tötest ihn gerade.“, schrie Agatha und Panik tauchte in ihrer Stimme auf.

Die ehemalige Mossad-Agentin schüttelte den Kopf.

„Dein Schatz liegt in der Krankenstation. Er hier ist Traceless.“

Damit feuerte sie erneut. Die Kugel traf den Bauch des Captains, der nun gegen die Wand der Transporterkammer sackte und an ihr heruntersank. Eine rote Blutspur war zu sehen.

Agatha hatte genug. Sie zog ihren Phaser, richtete ihn auf Ziva und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen: „Ich hoffe, du hast eine glaubwürdige Begründung.“

„Anführer.“, erklärte Ziva und ließ die Waffe sinken, „Anführer – wie in „der, der anführt.“.“

Man konnte förmlich die Glühlampe sehen, die über Agathas Kopf aufleuchtete, als Erkenntnis in ihrem Gesicht auftauchte. Sie drehte sich zu dem blutenden Captain um und zielte auf ihn.

„Agatha, bist Du bescheuert?“, fragte Gina und Agatha grinste: „Das Wort „anführen“ ist ein Teekesselchen. Es bedeutet einerseits ‚leiten’, im Sinne von „Da geht’s lang.“ Man sagte früher aber auch „anführen“, für eine andere Tätigkeit, die wir heute sehr gerne, und etwas vulgärer, als ‚verarschen’, ‚verscheissern’, oder – etwas zivilisierter – ‚vergackeiern’ bezeichnen.“

Damit wandte sie ihren Kopf zu Gina, hielt den blutenden Mann allerdings mit ihren Augen im Blick: „Cal wollte nicht ausdrücken, dass der Mann, der mit Gibbs spricht, unser Anführer wäre – das wär auch ziemlich unlogisch, schließlich kennt Traceless Cals Führungsstil un dweiß, dass er zwar auf dem Papier unser Chef ist, aber wir es hier ein wenig anders Handhaben. Warum sollte Traceless diesen Mann dann als ‚Anführer’ bezeichnen?“

„Stattdessen“, sagte Ziva, „Wollte der Captain mitteilen, dass der Mann, der mit Gibbs spricht, der ‚Anführer’ ist, also der Betrüger.“

„Ist das nicht ein wenig weit hergeholt?“, fragte Gina und Agatha zuckte mit den Schultern: „Eigentlich schon, aber…“

„Cal liest auch gerne Mangas, oder? Ranma, Yu-gi-Oh, Detektiv Conan?“, zählte Ziva auf und nun nickte die XO: „Ja, stimmt. Er ist immer wieder fasziniert, dass Shinichi Kudo immer noch 17 ist.“

„Nun, bei Conan sind ja immer gerne solche kleinen Wortspiele eingebaut. Und warum sollte ein Conan-Fan, wenn er weiß, dass mindestens zwei Fans an Bord sind, nicht versuchen, den Hinweis so zu verklausulieren.“, erklärte die hübsche Israeli dann.

Traceless richtete sich auf.

„Hm, sollte ich ihn unterschätzt haben?“, fragte er und ehe Ziva oder Agatha feuern konnten schmolz die Gestalt in sich zusammen, wie ein Schneemann und floss durch einen Lüftungsschacht.

Verblüfft schauten die Offiziere dem Formwandler hinterher und Gibbs richtete seinen Blick dann auf Ziva: „Na, da können wir ja von Glück reden, dass hier zwei Conan-Fans an Bord sind. Aber – warum hat er nicht einfach gesagt „Ich bin ich“?“

Agatha zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, vielleicht wusste er, dass er bald das Bewusstsein verlieren würde und ein Satz wie ‚Ich bin…“ nicht unbedingt zur Klärung der Situation beitragen würde.“

Damit wandte sie sich an Ziva: „Ich glaube, dass Deine Methode, Traceless von anderen Menschen zu unterscheiden doch recht sinnvoll ist.“

„Das mag ja alles sein.“, meldete sich jetzt Jill zu Wort, „Aber darf ich mal anmerken, dass wir jetzt wieder einen Formwandler haben, der auf der Flucht ist?“

Tony rollte mit den Augen: „Müssen wir ihn jetzt schon wieder suchen?“

Wie zur Antwort piepste die Transporterkonsole. Jill eilte zu ihr, betätigte einige Tasten und schüttelte den Kopf: „Er ist schon wieder weg. Hat sich von einem anderen Transporterraum zur Erde gebeamt.“

„Na, dann beam uns hinterher.“, sagte Gibbs und nickte seinem Team zu. Doch gerade, als es Position bezogen hatte, schüttelte Jill den Kopf: „Ich krieg die Koordinaten nich raus.“

„Aber beim letzten Mal hat das doch geklappt.“, sagte Agatha verständnislos und Gina nickte, ehe sie schmunzelnd zu ihrer Freundin blickte: „Vielleicht hat der Captain da tatsächlich mal Kompetenz bewiesen und uns einen Hinweis hinterlassen.“

Die hübsche XO zuckte mit den Schultern: „Soll ja auch mal vorkommen, dass der Mann nachdenkt.“

Dann wandte sie sich an Jill: „Und du meinst, Tracy-boy ist nun von Bord?“

„Nach den Werten, die ich hier empfange, hat sich jemand von Bord teleportiert und das dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unser Freund und Kupferstecher sein.“, berichtete Jill, schaute dann zu Gibbs und lächelte: „Übrigens, gut gemacht, dass Sie sich nicht haben einwickeln lassen.“

Der Special Agent schaute sie einfach nur an und Jill hatte das Gefühl, nicht ganz feststellen zu können, ob er sich über dieses Lob freute oder nicht. Dann räusperte er sich und sie wusste, dass er sich der Aufmerksamkeit aller im Raum Befindlichen sicher sein konnte.

„Habt Ihr inzwischen die Privates Riker und Troi hochgebeamt?“, fragte er mit einem Hauch von Ungeduld in der Stimme, „Ich meine, Traceless ist hinter ihnen her, oder?“

„Vermutlich.“, sagte Agatha und schaute zu Jill: „Versuch, sie im Transporterfokus zu behalten und dann, wenn sie ins Bett gehen, hochzubeamen.“

„Troi hat eine Frau.“, schoss Tony die Information dazwischen und Agatha nickte: „Gut, dann beam sie auch gleich mit hoch. Wir werden alle drei schlafen schicken und solange hier behalten, bis die Sache ausgestanden ist. Bis dahin werden sie Urlaub nehmen.“

Erneut blickte die hübsche XO zu Jill: „Du veranlasst das, okay?“

„Klaro.“, lächelte die taktische und Sicherheitoffizierin, ehe sie den Raum verließ.
 

Gina betrat die Krankenstation und lächelte. Der Captain lag immer noch auf dem Bio-Bett, die Gesichtszüge völlig ernst und wie hingestreckt. Es war ihr klar, dass eine EM-Entladung mit anschließender Stasis keine Sache war, die man einfach so abschütteln konnte. Bei Seven of Nine war die Sache dadurch so einfach gewesen, weil sie eine Borg war und dadurch einen höheren Resistenzquotienten, als ein normaler Mensch aufwies. Cal würde noch für ein paar Stunden Kopfschmerzen haben und deswegen erachtete sie es als das Beste, ihn noch schlafen zu lassen. Sie betrat ihr Büro und traf die Vorbereitungen für Operation „Sandmännchen“ – also die Betäubung und „Lagerung“ des Privates Riker und des Ehepaares Troi.

Vermutlich würde man sie zunächst mit einem einfachen Anästhetikum betäuben müssen, ehe man ihre genauen Parameter erfuhr, und die Dosis der Schlafmittel genau auf sie abstimmen konnte. Im Grunde war es eine der einfachen Aufgaben, die sie auf der Academy immer mit Links gelöst hatte. Sie hatte schon damals gute Kopfrechenfähigkeiten bewiesen und – wenn man einmal die richtige Formel kannte, war es eigentlich eine einfache und logische Sache.

Das sie dafür nicht unbedingt gemocht wurde, war klar. Irgendwer nannte sie mal „Hermine Granger“, was sie erst verstand, als sie einen Blick in die Harry-Potter-Holodeck-Programme warf.
 

Das pneumatische Zischen der Eingangstür ließ Gina hochschrecken und sie stand auf. Sie ging in den Behandlungsbereich und seufzte. Cals Krankenbett war leer.
 

Agatha hatte ihre langen, femininen Beine gerade aus den Schaftstiefeln der Sternenflottenuniform und den Uniformhosen befreit, als der Kommunikator blipste.

„Menacer an Silverbird?“

Sie rollte mit den Augen, lies sich auf das Bett sinken, winkelte die Beine an und betätigte die Brosche: „Ja, Silverbird hier?“

„Gina hat gerade bescheid gesagt – offenbar ist Cal abgehauen.“

Agatha nahm das Kissen, auf das sie ihren Kopf gebettet hatte, drückte es gegen ihr Gesicht und schrie ihre Wut hinein. Dann nahm sie es von ihrem Kopf und seufzte hörbar: „Ich habe verstanden.“

Und sie konnte sich des Gedankens nicht erwehren, ob der Mann ihr nicht wenistens einmal einen ruhigen Tag gönnen konnte. Musste er jetzt wieder ziellos umherwandeln?

Sie kannte die Nebenwirkungen einer EM-Stasis sehr gut, schließlich hatte sie die Berichte darüber gelesen. Man war desorientiert, benommen, hatte ziemliche Kopfschmerzen und war müde. Einfach nur müde.

Und gerade, als sie einen Befehl geben wollte, glitt die Tür auf, Cal wankte auf sie zu, mit leerem Blick, wie ein Zombie aus diesen schlechten Filmen und krachte neben ihr, Kopf voran, ins Bett.

Ein leises Schnarchen war zu hören. Müdigkeit, Schlafen, das waren die letzten Merkmale einer EM-Stasis. Sie wusste, dass der Captain jetzt mindestens drei Stunden schlafen würde, wenn nicht noch länger.

Agatha betätigte ihren Kommunikator: „Silverbird an Menacer? Cal ist hier. Ich glaube, er schläft sich aus.“

Damit schlüpfte sie aus dem Bett, deckte den Captain zu und ging duschen.
 

Die komplette Geschichte, wie sie Gibbs geläufig war, mit dem Mord an Stone, den versuchten Morden an seinen Teamkollegen und der Jagd auf Traceless, mit dem Schutz der Privates Riker und Troi und der Frau des letztgenannten, das war eigentlich Stoff für drei Fälle. Aber es gab Tage, an denen kam alles sehr komprimiert. So war es seit Tagen. Er seufzte und ließ sich auf die Couch des Gästequartieres sinken. Jeder des NCIS-Teams hatte die Option, ein eigenes Quartier zu beziehen und Gibbs hatte diese Option in Anspruch genommen. Tony und Ziva – das erfuhr er aber erst dann – teilten sich ein Quartier, ebenso wie McGee und Abby. Damit war der leitende Chefermittler eigentlich nicht einverstanden gewesen, aber nachdem Jill ihm versichert hatte, dass sich jemand von der Dragonfly gebeamt hatte – und die Schätzungen waren vorsichtig optimistisch, dass dieser jemand Traceless war – hatte der grauhaarige Agent kein Problem mehr damit, dass sich seine Teammitglieder ein Quartier teilten.
 

Tim und Abby saßen in der schiffseigenen Kantine und gönnten sich ein Abendessen. Es war wirklich verblüffend, was ein Replikator alles herstellen konnte und was für Varianten eines einfachen Rezeptes der Computer kannte. Allein schon die Variationen eines einfachen Hamburgers reichten in den 10.000er Bereich. McGee wäre verblüfft gewesen, wenn er sich nicht in einer angeregten Konversation befunden hätte. Er und Abby diskutierten über das Für und Wider der ersten Direktive, jener Richtlinie, die die Einmischung in Belange einer Prä-Warp-Zivilisation verbot. Und die erste Temporale Direktive untersagte es, sich in vergangene Geschehnisse einzumischen.
 

Die Diskussion hatte damit begonnen, dass sich Tim einen Hamburger bestellt hatte und, als er sich zu Abby gesetzt hatte, hatte diese ihn angesehen und gefragt: „Meinst Du, Cal und Agatha kriegen Ärger?“

Gerade waren sie dabei die Argumente abzuarbeiten die gegen eine Einmischung in vergangene Geschehnisse sprachen, als die Tür aufglitt und Sam Carter hereinkam. Sie lächelte und trat näher: „Kann ich mich setzen?“

„Natürlich.“, nickte Abby und schaute sie an, „Was meinen Sie? Ist die Anwesenheit der Dragonfly in diesem Zeitrahmen ein Verstoß gegen die erste temporale Direktive?“

Sams Augen verengten sich kurz nachdenklich zu Schlitzen, als sie schluckte und dann wieder lächelte: „Eine Debatte über Temporalrecht beim Abendessen? Harter Stoff.“

Abby zuckte mit den Schultern: „Ich weiß, aber … die Frage muss gestellt werden.“

„Ja“, stimmte Sam zu, legte beide Hände auf den Tisch und begann dann, mit ihnen zu gestikulieren: „Also – ich weiß nicht. Wäre die Dragonfly hier, wenn es nicht einen guten Grund gäbe?“

„Verraten Sie es uns.“, sagte McGee und bedachte sie mit einem neugierigen Blick. Erneut lächelte sie ihr wunderschönes 10.000 Watt Carter-Lächeln, ehe sie den Romancier in den Blick nahm: „Ich weiß es nicht, ehrlich gesagt. Als sie das erste Mal in dieser Zeit aufgetaucht ist, wollte ihr Captain verhindern, dass eine Allianz der Borg und der Goa’uld die Erde angriff.“

Die Überaschung auf Tims Gesicht war deutlich zu erkennen.

„Eine Allianz der Borg und der Goa’uld?“

„Ja“, nickte Sam, „Die Goa’uld Hathor hatte sich im Jahr 1998 mit der Borg-Königin zusammengetan, und versucht, die Erde zu übernehmen. Dies versuchten, zwei Raumschiffe der Sternenflotte zu verhindern – die Dragonfly und die Voyager.“

„Oh, jetzt legen Sie uns rein.“, lächelte die schöne Forensikerin und schaute Colonel Carter mit Unglauben in den Augen an. Es war ungefähr so, als würden Kinder der Mutter zuhören, wie sie ein Märchen erzählte.

Sam schüttelte den Kopf: „Nein, nein – wirklich. Fragt Cal oder Agatha, wenn ihr sie seht. Fragt sie nach der Hathor-Mission. Das war noch, bevor wir mit diesem freundlichen Verbrecher in Kontakt kamen, der Traceless heißt.“

Und wieder konnten die strahlend blauen Augen der Astrophysikerin sehen, wie die Forensikerin und der Computerexperte in wortloses Staunen ausbrachen. Ein weiteres Lächeln legte sich über ihre vollen Lippen und sie begann, zu erzählen.
 

Es war wie in einem schlechten Scherz. Tony und Ziva befanden sich in ihrem Gästequartier, hatten sich ihrer Kleidung entledigt und standen nun, wie das höhere Wesen, an das sie glaubten, sie geschaffen hatte voreinander und wollten es sich gerade unter der Dusche gemütlich machen, als Ziva bemerkte, dass aus dem Duschkopf kein Wasser kam.

Stattdessen war seit knapp 5 Minuten, seit Ziva unglaublich anmutig und gelenkig aus dem Slip gestiegen war, ein sehr komisches Geräusch zu hören. Irgendwie hatte die hübsche Israeli ein ungutes Gefühl – vielleicht erinnerte sie sich auch nur an die Sache mit Cal in der stellaren Kartographie und vielleicht war es auch nicht so schlimm – aber sie konnte sich nicht helfen: Bewusstlos in der Dusche gefunden zu werden, nackt, neben einem nicht weniger ohnmächtigen Tony, war nicht wirklich nach ihrem Gusto.

Also zogen sie sich seufzend wieder an, gingen zum Kommunikatorpanel des Replikators und riefen Agatha.
 

Agatha Silverbird mochte die sonische Dusche. Sie schaffte es, jede Verspannung durch einen konzentrierten Schallstoß zu lösen und es hatte natürlich auch Vorteile, dass in dieser Dusche kein Wasser verwendet wurde. So konnte man schnell duschen und war dadurch wieder fit und konzentriert. Schnell konnte man wieder in die Uniform steigen und musste keinen Aufwand betreiben, um erst wieder Haut und Haare trocknen zu können. Als sie sich gerade ihrer Kleidung entledigt hatte, meldete sich aus dem Wohnbereich der Kommunikatorenbereich des Replikators. Sie bekam davon jedoch nichts mit, wurde sie doch gerade schallbestrahlt. Was los war, bekam sie auch erst mit, als es im Wohnbereich zu einigen unschönen Wortäußerungen kam. Schnell zog sie sich wieder an, kam nach draußen und sah ein ziemliches Durcheinander. Ziva, Tony und Gibbs standen im Zimmer, einige Einrichtungsgegenstände lagen im Raum verteilt und Cal auf dem Bett, allerdings mit dem Gesicht Richtung Gibbs und ziemlich wach.

„Was ist hier los?“, fragte Agatha verblüfft und sah, dass diese Wortäußerung einen ziemlich eindeutigen Erfolg zeitigte. Cal zog die Beine an, stieß sich vom Bett ab und schoss aus selbigem quer durch den Raum, wo er aufkam, sich abrollte und etwas ergriff.

Agatha seufzte. Es war ein Phaser, den der Captain gefunden und aufgenommen hatte.
 

Cal und Gibbs zielten aufeinander.



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