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Kapitel X

Für einen Wettbewerb..
von

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X

„Unverantwortlich war das von Ihnen.“, schimpfte er mit mir und versucht mir dabei nicht in die Augen zu schauen. „Bitte gehen Sie jetzt, wenn Sie Glück haben, wird Ihr Handeln keine weiteren Konsequenzen haben.“

Ohne ein Wort zu entgegnen, drehte ich mich um und ging. Ich spürte die Blicke der anderen in meinem Rücken. Wütend öffnete ich die Tür zum Gemeinschaftsraum und ging zum Fenster.

Es dauerte nur eine kleine Weile, bis er mir nachkam. Kaum, dass Andreas in der Tür stand, fuhr ich herum und plärrte ihn an: „Wie kannst du sowas sagen? Gerade du! Ich dachte immer, dass du Ideale hättest als Arzt. Ideale, die wirklich noch eurem Hippokratischen Eid entsprechen, aber davon ist wohl nicht mehr viel übrig!“

„Nein, bitte.. Sag sowas nicht.“, sagte Andrea leise. „Du weißt, dass das nicht stimmt.“

„Ach ja? Wieso hast ihr dann nicht geholfen, warum musste ich es tun? Du wusstest, dass ich nicht die Fähigkeiten dazu habe, aber du warst zu feige!“ Meine Wut steigerte sich mit jedem Wort, was meinen Mund verlies. Wie konnte er nur sich jetzt nur vor mich stellen und sagen, dass es unverantwortlich war und mich dazu noch vor der gesamten Belegschaft zur Rechenschaft ziehen? Natürlich, es ist riskant gewesen, aber das Leben dieses Mädchen hatte auf dem Spiel gestanden und es wäre gar nicht auszudenken gewesen, was geschehen wäre, wenn sie vor unseren Augen gestorben wäre, ohne dass wir etwas unternommen hätten. Tränen stiegen in mir hoch:

„Ich habe dir vertraut, aber was machst du?“ – „Julian, bitte. Du musst mir zuhör-…“

„NEIN! Ich will dir nicht mehr zuhören. Ich arbeite nun hier schon so lange in diesem Krankenhaus und hab dich schon viele Menschen retten sehen. Du hast es sogar bei denen versucht, wo es eigentlich aussichtslos gewesen wäre, aber diesem Mädchen hat niemand geholfen!“, schnitt ich ihm das Wort ab und heiße Tränen rannen mir in Strömen über die Wangen. Es war so viel Trauer, Wut und Hass in mir und das obwohl Andreas doch mein bester Freund geworden war während meiner Zeit hier. Er war für mich wie ein Held, ein Vorbild, jemand zu dem ich wirklich aufblicken konnte. „Dieses Mädchen! Sie hätte überlebt, aber ihr wolltet ihr nicht helfen und nur, weil sie geistig behindert war!“, brüllte ich nun, aber mein Atem reichte kaum aus, um noch einen weiteren Satz zu sagen. Es brannten noch so viele Worte in mir, aber spürte, wie mich meine Kräfte langsam verließen. „Bitte, du musst mir das glauben. Ich hätte diesem Mädchen wirklich gern geholfen, aber das Risiko war einfach zu groß. Du weißt, dass wir permanent überwacht werden und wenn jemand etwas davon erfahren hätte, dann…“ – „Was dann?“, ich wurde wieder etwas leiser. „Dieses Mädchen, man hätte sie weggeschickt und wir hätten noch größere Probleme bekommen.“

Urplötzlich machte sich eine Leere in mir breit. Eine Leere von Verständnislosigkeit und Angst, die urplötzlich drohte mich von innen heraus aufzufressen. Sie war fast noch schlimmer als das Gefühl vorher. „Julian, ich habe Angst um dich und alle Leute hier!“, sagte er und sein Blick flehte mich geradezu an. „Wir sind nicht herzlos oder böse, wir haben nur Angst.“

„Aber…“ flüsterte ich nun fast. Andreas legte mir die Hand auf die Schulter.

„Bitte, sieh mich an.“, sagte er. Ich hob langsam den Kopf und schaute ihm in die Augen.

„Bitte, bereue niemals einen Schritt in deinem Leben.. Besonders nicht diesen. Du hast das Ri-…“ Irgendwie gaben mir diese Worte den Rest. Ich konnte einfach nicht mehr. Ich wusste, dass er noch nicht ausgesprochen hatte, aber das war gerade alles zu viel für mich. Ich verließ das Zimmer und rannte durch den Flur, wo ich fast eine der Schwester umriss.

Ich beeilte mich so schnell wie möglich nach draußen zu kommen. Die Welt flog geradezu in diesem Moment, sie flog und blieb doch stehen, als würde ich nicht vom Fleck kommen und ewig in der gleichen aussichtslosen Situation verweilen. Ich verließ die Notaufnahme und gerade als ich in einer Seitengasse angelangt war, brach ich endgültig zusammen. Meine Tränen wollten einfach nicht aufhören. Es dauerte eine Weile bis ich wieder die Kraft hatte meine Umgebung wahr zu nehmen. Mein Blick fiel auf ein Hakenkreuz-Plakat.

Wütend stand ich auf, riss es von der Wand und warf es zerknüllt in die Dunkelheit der Gasse.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ekolabine
2010-05-20T13:33:20+00:00 20.05.2010 15:33
Wow... ich kann nur sagen: genial!
Ich bin ja ein kleiner Fan von geschichtlichen Sachen. Und wie du die Euthanasie hier für diesen Satz verwendet hast. Die inneren Emotionen des Arztes und der anderen Belegschaft. Wirklich toll rüber gebracht. Auch ein sauberer Lesefluss ist vorhanden. Ich bin wirklich begeistert ^^



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