Verlorener Mut
Stumm und sttarr blickst du aus dem Fenster. Nichts scheint dich mehr in dieser Welt zu halten, du wirkst wie tot, wie ausgestorben, keine Kraft mehr zum Leben.
Einst warst du fröhlich, vernügt und Lebensfroh, doch innerhalb weniger Tage verlorst du alles was dich ausmachte. Kein Lächeln, keine Emotion und kein Wort verließen mehr deine Lippen und ich kann nicht verstehen warum. Was war geschehen das du deine eigene Welt suchtest und die Welt in der du lebstest versuchst zu entkommen? Alles war schön, alles war gut, doch jetzt ist nichts mehr wie es mal war. Du fehlst mir so...
Mama und Papa haben dich hier hin eingeliefert, nachdem sie es nicht mehr ertragen konnten, wie du dich zu grunde richtest... Papa wird keine Rasierklingen mehr im Bad liegen lassen, so viel ist sicher, denn dein letztes Blut an den Wänden, hat ihm sämtlichen Spaß an der Rasur genommen.
Arme Mama... Sie hat die letzten Tage nur geputzt und geputz, als würde sie immer noch überbleibsel von deinem letzten Besuch im Bad sehen. Sie ist vollkommen fertigt mit der Welt, ich habe Angst das sie bald kollabiert ,wenn das so weiter geht. Es reicht schon, wenn einer von uns hier sein muss, ein weiters Familienmitglied ertrage ich nicht. Bitte wach doch endlich auf!
Ich weiß nicht wie viele Tränen ich schon geweint habe, wie oft ich dich angeschrieen haben mich anzusehen, doch nie hast du dich geregt, immer nur aus dem Fenster oder durch mich hindurch gestarrt. Matt wollte schon probieren ob die altgewohnte Methode vielleicht Wirkung zeigt, aber die Pfleger hatten uns ernsthaft davon abgeraten, ansonsten hätten wir dich nicht mehr besuchen dürfen.
Und das hätte mir entgültig das Herz gebrochen, denn irgendwie gebe ich die Hoffnung nicht auf, das du vielleicht doch irgendwann wieder aus deiner Trance erwachst und mit uns sprichst. Vielleicht nicht Heute, auch nicht morgen, aber in ein paar Wochen, Monaten oder Jahren, bin ich mir sicher kommst du wieder zurück zu uns.
Weißt du eigentlich, wie sehr dich Agumon vermisst? Jeden Tag fragt er nach dir, wann du ihn wieder besuchen kommst und jedes Mal müssen wir traurig den Kopf schütteln und ihm sagen, das du nicht kommen wirst. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie unsagbar traurig seine Augen dann werden. Wenn er könnte, würde er dich besuchen kommen, aber ich fürchte das ist unmöglich. Sie würden Agumon gar nicht reinlassen, geschweigedenn in der Gegenwart der anderen Insassen dulden. Doch in die Digiwelt kann ich dich auch nicht mitnehmen, du bist wie festegewachsen an der Stelle wo du stehst. An manchen Tagen wo ich dich besuchen kam, habe ich oft mit dir aus dem Fenster geblickt doch nie habe ich etwas gesehen, was von Bedeutung sein könnte. Meist schien die Sonne und Menschen gingen im Sonneschein mit ihren Liebsten spazieren, Hand in Hand, Lachend und unsagbar glücklich. Doch in deinem Gesicht sehe ich keine Regung, es berührt dich nicht! Früher hast du wenigstens ein flüchtiges Lächeln parat gehabt, auch wenn es nur geschauspielert war, weil es dir schmerzte Matt und Sora Hand in Hand zu sehen. Du hast sie geliebt, das war kaum zu übersehen, und doch wolltest du es immer verbergen, aus Stolz nehme ich mal an. Darum glaube ich an manchen Tagen irgendwie, dass das der Grund war, warum du zerbrochen bist. Du liebtest Sora, doch du wusstest das sie dich niemals lieben könne, weil sie schon Matt liebte. Die beiden glücklich zu sehen, war einfach zu viel stimmt´s? Ein gebrochenes Herz zu verleugnen ist einfacher als es zu heilen, doch du hast es versucht und bist dran gescheitert, glaube ich zu mindest. Doch sicher weiß ich das nicht, es gibt so viele Theorien warum du nicht mehr da bist, eine absurder als die andere, doch besser kann es keiner von uns wissen. Denn in Wahrheit weißt nur du allein, was wirklich mit dir selber ist.
Es regnet. Du hasst regen Tage, genau wie ich. Heute stehst du wieder vor dem Medikamentenausgaberaum und starrst durch die Scheibe hinein, hoch zur Decke. Ich frage mich schon lange, was dich daran so fasziniert, die kalkweiße Wand wird es mitsicherheit nicht sein, sowas war dir schon immer zu langweilig. Es sei denn, du hattest einen Fußball, mit dem du dagegen dreschen konntest, das hast du geliebt. Doch selbst das willst du nicht mehr... Davis hat dir vor ein paar Tagen einen Ball hergebracht und mit dir versucht auf dem Hof zu spielen, vergebens. Keine Reaktion. Er hat es eine Halbe Stunde versucht, doch dann hat selbst er aufgeben und enttäuscht den Kopf hängen lassen. War eigentlich klar, wir hatten es ihm alle gesagt, das es nicht klappen würde, doch insgeheim hatte ich doch gehofft das ich Unrecht behielt, vergebens.
Seufzend erhebe ich mich, die Besuchszeit ist mal wieder fast vorbei und du hast überhaupt keine Notiz von mir genommen, als wäre ich gar nicht hier, wie jeder andere hier im Raum. Jedenfalls werde ich wie immer gebeten jetzt zu gehen, aber eigentlich will ich gar nicht gehen. Will lieber bei dir sein, dir wieder näher kommen, so nah wie wir uns vor deinem Zusammenbruch standen. Irgendwie standen wir uns schon immer näher, als andere Geschwister in unserem Alter. Nie haben wir uns gezankt oder uns gegenseitig ausgespielt, wir waren das perfekt Paar...Manchmal zu Perfekt...
Doch selbst Das kann dir nicht helfen, ich kann dir nicht helfen, keiner kann das.... Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann das du wieder lachst. Ich brauche dein Lächeln mehr wie alles andere auf der Welt, es zieht mich aus der Dunkelheit, wenn ich es am meisten brauche und gibt mir die Geborgenheit, die ich so sehr benötige. Ich weiß nicht ob jemand das lied von Aha-Effekt – Du und Ich kennt, aber es trifft es auf den Punkt. Du bist die Sonne und ich brauch dein Licht, besser könnte ich es nicht formulieren. Denn ohne Sonne sterbe ich....
Ich drehe mich noch ein letztes Mal um, geb dir einen Abschiedskuss auf die Wange und flüstere dir meine letzten Worte ins Ohr, bevor ich mal wieder gehen muss. Ich hoffe das der morgige Tag wieder mehr Klarheit bringen und vielleicht doch einer von diesen Tagen sein wird ,wo im Regen die Sonne scheint und mein Mut zurückkehrt... Hoffentlich
