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Zehn Fragen - Zehn Oneshots

One Shot Sammlung
von

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Fische oder Kanarienvögel?

Fische oder Kanarienvögel?
 

Annabelle Suliman saß in ihren Räumen, die sie im Palast des Königs erhalten hatte. Sie langweilte sich fürchterlich. Ohne Hin war ihr Leben nicht mehr dasselbe. Man konnte über diesen verräterischen Hund sagen, was man wollte, aber ihr Leben hatte dieses kleine Fellknäul wirklich bereichert und sie selbst auf Trab gehalten.

Hin war ein wundervoller Spion. Er war unauffällig und zuverlässig. Viele Leute unterschätzten den Hund und viele der Personen, auf die Madam Suliman ihren kleinen Spion angesetzt hatte, nahmen ihn sogar aufgrund seines Alters mit nach Hause.

Obwohl die ältere Dame ihr Haustier deswegen geschätzt hatte, so hatte sie ihn für eine Treue und die Lebenslust, die er in ihr weckte geliebt.. Doch ihr lieber Hin hatte sie verlassen. Sie konnte ihn sogar verstehen. Bat doch das Leben bei Hauro und seinen Freunden mehr Aufregung und Spannung, als die täglichen Spaziergänge, die sie mit Hilfe eines Pagen, mit dem Hund machte.

Sie hatte es schon allein deswegen gewusst, weil Hin sich so lange nicht meldete. Er weigerte sich standhaft, Madam Suliman den Aufenthaltsort des wandelnden Schlosses und des schwarzhaarigen Magiers preiszugeben. Doch die alte königliche Ratgeberin war nicht wütend oder traurig deswegen. Nein, denn jetzt, wo sie Hauros Weigerung in diesem Krieg mitzukämpfen verstand und seine Mitwirkung an der friedlichen Lösung des Konflikts anerkannte, wusste Madam Suliman, dass ihr kleiner Hin eine gute Menschenkenntnis hatte.

Er war damals Sophie gefolgt um bei ihr zu sein, dass begriff die alte Zauberin. Am Anfang dachte sie noch, der Hund wäre dem Mädchen aus eigenen Stücken gefolgt, um ihr Informationen über Hauro zu bringen, um ihr zu helfen ihn zu inhaftieren, doch schnell hatte sie verstanden , dass er dem Mädchen gefolgt war, weil er sie mochte.

Es tat fast weh, sich eingestehen zu müssen, dass dieses braune, bepelzte Etwas ihr einziger, richtiger Freund war. Den anderen Menschen hier im Palast vertraute Annabell nicht wirklich. Selbst ihre goldblonden Pagen waren ihr suspekt. Eigentlich vor allem diese. Auf den König konnte man nicht wirklich zählen.

Sie hatte ihn zwar unterrichtet, seitdem er ein kleiner Junge war, doch konnte der jetzige König nicht mit seinem Vater mithalten. Er war sehr aufbrausend und immer nur all zu gern bereit einen Krieg zu führen. Ein vernünftiger Diplomat hätte auf die Behauptung, sein Land wäre für die Entführung und Geiselnahme des Prinzen des Nachbarlandes besonnener reagiert. Er hätte jegliche Beteiligung an diesen schweren Verbrechen abgestritten und alles nur Menschenmögliche dafür getan, den Prinzen zu finden.

Doch der regierende König fühlte sich beleidig, durch diese Aussage und so ließ er sich auf den Krieg ein. Das Nachbarland behauptete sie wären für das Verschwinden des Thronfolgers verantwortlich und ihr eigenes Königreich verhielt sich wie ein kleines, stures Kind. Keiner hatte sich um den verschwundenen Edmund gekümmert. Keiner hatte ihn gesucht.

Welch Ironie es doch war, dass ausgerechnet Sophie ihn gefunden hatte und ihn zu dem einzigen Magier in diesem Land gebracht hatte, der sich von Anfang an gegen den Krieg ausgesprochen hatte.
 

All diese Zusammenhänge wurden Madam Suliman aber erst bewusst, als Hin ihr endlich Bericht erstattete. Viel zu spät, wie sie feststellen musste. Erst als sich die ganze Angelegenheit in kleinem Kreis aufgelöst hatte.

Verflucht. Der Prinz war verflucht worden. Aller Wahrscheinlichkeit nach von jemanden, der unbedingt diesen Krieg gewollt hatte. Wer es war, wusste nur Prinz Edmund und nur er allein, war dazu berechtigt, diesen Missetäter zu bestrafen.

Langsam schlich sich ein Lächeln auf das Gesicht der älteren Dame. Sie hatte das Interesse des Prinzen an dem silberhaarigen Mädchen bemerkt. Während ihrer gemeinsamen Friedensverhandlungen hatte der blonde Jüngling sich häufig nach Sophie erkundigt. Ob sie – die Beraterin des Königs – nicht wüsste, wo man denn das Schloss finden könnte.

Das Lächeln in ihrem Gesicht, kam daher, das sie sich fragte, ob Hauro es wohl schaffen würde für seine große Liebe zu kämpfen. Dies würde bestimmt die größte Herausforderung für den jungen Zauberer sein. Er hatte ja noch keine wirkliche Erfahrung darin, Gefühle zu zeigen und es gab auch niemanden mehr, den er hätte fragen können.

Madam Suliman war gespannt, wie er sich wohl in diesem Kampf schlagen würde. Der Gedanke an die Einwohner des wandelnden Schlosses, brachte sie wieder zurück zu Hin. Sie musste sich jetzt wohl oder übel ein neues Haustier besorgen.

Obwohl sich alles in ihrem Inneren dagegen wehrte, denn Annabell war klar, dass kein anderes Wesen ihren kleinen Spion ersetzen konnte. Auch wenn sie es niemanden gesagt hatte, so hing ihr Herz doch sehr an dem Hund.

Ein leises Klopfen an der Tür, erlöste sie für kurze Zeit von ihrem Wehmut. Sie öffnete die Tür, doch alles was sie vorfand war eine große Kiste. Aus den Augenwinkeln konnte sie einen der Pagen um eine Ecke verschwinden sehen. „Bleib hier. Was hat dies zu bedeuten?“, rief sie ihm hinterher, doch der Junge war schon weg.

„Seltsam, seltsam…“, murmelte Madam Suliman vor sich her. Der obere Teil des Paketes war mit silbernen Klammern an dem Boden befestigt. Darunter schien eine Art kleines Podest zu sein. Madam Suliman stellte das Paket auf einem kleinen Tisch in ihrer Nähe ab und öffnete die Klammern.

Ein kleiner Brief glitt langsam zu Boden, während sie den oberen Teil entfernte. Wie die königliche Beraterin vermutet hatte, befand sich darunter ein kleines Podest mit einer Einsenkung. Darin gebetet stand ein mit Schnörkeln verzierter Messingkäfig. Einzelne der Drahtstäbe waren zu kleinen Blüten geformt. Im Inneren des Käfigs saßen zwei Vögel und begannen in genau den Moment zu singen, als das helle Licht des Raums auf sie fiel.

Mit einer kleinen Handbewegung, ließ Madam Suliman den Brief in ihre Hand fliegen. Wer schenkte ihr denn Tiere? Vor allem gerade dann, als sie sich ihrer Einsamkeit ohne Hin bewusst wurde? Sie las die wenigen Zeilen, die auf einem blütenweißen Stückchen Papier, in sauberer Handschrift, geschrieben standen.
 

Liebe Madam Suliman,
 

dies ist mein kleines Geschenk an Sie.                 Ich habe lange überlegt, ob ein kleines Aquarium mit Fischen oder zwei bunte Kanarienvögel wohl ein passendes Geschenk wären. Dann hat das Mädchen, das mir mein Herz zurückgebracht hatte mich auf diese Idee gebracht.                                    

Viel Freude an den beiden Nachtigallen. Dies ist der Dank für die Jahre, die Sie mit meiner Ausbildung verbracht haben.                          Hochachtungsvoll

Hauro
 

Liebevoll blickte sie auf die kleine Karte. Die beiden Vögel sangen eine sanfte und herzzerreißende Melodie und die ältere Dame hoffte, dass ihr letzter und liebster Schüler sein Glück halten konnte.



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