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In den Fängen der Raubkatze

von

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Prolog

„Du musst sie fangen! Und zwar schnell, langsam geht mir nämlich die Geduld aus!“ Wütend sah er Mortimer an, seine Hände klammerten sich krampfhaft an den Stuhllehnen fest, Mortimer konnte deutlich sehen wie seine Knöchel durch den Druck ganz weiß wurden. Es war ein schlechter Versuch von ihm sein Temperament zu zügeln.

Nur all zu gut wusste Mortimer, dass dies vergebene Müh war. Wenn es erst einmal soweit war, würde seine Wut nur noch stärker und brutaler zum Vorschein kommen. Mortimer hoffte inständig zu diesem Zeitpunkt nicht in seiner Nähe sein zu müssen.

„Ja mein Herr. Schon bald werden sie in ihrem Besitz sein.“

Die blauen Augen seines Gegenübers funkelten gefährlich, es war definitiv an der Zeit den Auftrag so schnell wie möglich abzuschließen. Und das würde er auch, denn seine neue Strategie würde aufgehen, daran hatte er keinerlei Zweifel…

Pia lehnte sich an die Lehne ihres Stuhls und schloss die Augen, sie konnte nicht glauben, dass ihr Chef ihr diesen Fall zugeschoben hatte. Schon seit einem halben Jahr versuchten sie die Besitzer der kleinen Siedlung, die mitten im Wald zirka 100km von Berlin gelegen war, zum Verkauf zu bewegen. Bisher waren jedoch alle Bemühungen umsonst, jedes Angebot wurde abgelehnt. „Und nun soll ich das schaffen, was den anderen in den letzten Monaten nicht gelungen ist…“ Seufzend richtete sie sich auf und machte sich wieder an die Arbeit, ein neues Angebot musste erstellt werden, dass hoffentlich überzeugen konnte.

Sollte dies nicht der Fall sein, dürfte Pia von ihrer Beförderung weiterhin nur träumen – wenn sie den Job danach noch hatte. Ihr Kollege Mark, der den Fall vorher bearbeitete, musste bereits gehen. Warum genau sie diese Siedlung aufkaufen sollte und weshalb es kein anderer Ort sein durfte, wusste Pia nicht. Alles was sie bisher erfuhr war, dass in dieser kleinen Siedlung nicht einmal 10 Leute lebten, weit abseits von allem.

Pia sah auf die Uhr, es war bereits 20 Uhr, Zeit Feierabend zu machen. Sie packte schnell ihre Sachen zusammen und beeilte sich aus dem Büro zu kommen, auch wenn sie wusste, dass sie zu Hause niemand erwartete und sie höchst wahrscheinlich nur weiter über ihren neuen Fall nachdenken würde; wie sie die Bewohner der Häuser zum Verkaufen bringen könnte und somit nicht nur ihren Job retten, sondern vielleicht auch eine Beförderung bekommen könnte.
 

Daheim angekommen sah sie sich noch einmal die Informationen über die Siedlung an, die ihr Chef Mortimer ihr gegeben hatte. Viel war es nicht, sie konnte dadurch lediglich in Erfahrung bringen, dass die Siedlung aus sechs Häusern bestand, in denen Anscheinend nur ledige Männer wohnten. Das konnte ja was werden, wie sollte sie allein sechs Männer, die anscheinend partout nicht verkaufen wollten, von ihrem Angebot überzeugen? Sie konnte sich schon bildhaft vorstellen, wie sie sie aus der Siedlung jagen würden. Seufzend legte Pia die Unterlagen bei Seite und sah sich um. Ihre Wohnung, in die sie vor einem Jahr eingezogen war, sah immer noch völlig kahl aus. Keine Fotos hingen an den Wänden, keine Dekoration verzierte die Regale und auch keine weichen Kissen ließen das Sofa gemütlicher wirken. Pia begann zu überlegen, weshalb sie die Wohnung nie wohnlicher gestaltet hatte, weshalb sie sie so kühl wirken ließ. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie nur zum Schlafen zu Hause war und den Rest der Zeit mit ihrer Arbeit verbrachte. Genau wegen ihres momentanen Jobs war sie nach Berlin gezogen, hatte ihre Familie und ihre wenigen Freunde in einem kleinen Ort vor Kiel zurück gelassen. Wenn sie sich nun fragte, ob der Job dies wert war… sie wusste es nicht. Sie hatte sich vieles ganz anders vorgestellt. Niemals hätte sie gedacht, dass ihre Tätigkeit daraus bestehen wird, Leute davon überzeugen zu müssen ein Haus zu verkaufen. Sollte es nicht eigentlich anders herum sein? Bereits einige Male hatte sie das Gefühl, dass etwas nicht mit ganz korrekt ablief, allerdings hatte sie auch schon oft genug davon gehört, dass sehr wohlhabende Leute sich des Öfteren Gebäude aussuchten und diese in ihren Besitz bringen wollten, die nicht zum Verkauf standen. Dann mussten die Makler die Besitzer also davon überzeugen, zu verkaufen. Es war ganz sicher nicht das, was Pia eigentlich tun wollte und bisher wusste sie auch noch nichts von möglichen Interessenten, die die kleine Siedlung kaufen wollten. Sie entschloss, dass dieses Grübeln sie nicht weiter bringen würde, bereits am nächsten Morgen müsste sie sowieso zu der Siedlung fahren und dort das neue Angebot präsentieren. Eigentlich bräuchte sie hierfür einen Termin mit den Besitzern, doch Mortimer warnte sie - sollte sie sich ankündigen, würde niemand dort anzutreffen sein.

Diese Heimlichtuerei war ein weiterer Grund, weswegen sie bei all dem ein mulmiges Gefühl hatte. Irgendetwas stimmte hier nicht.
 

Lukas spitzte die Ohren, er konnte ein Fahrzeug hören, das langsam aber sicher immer näher kam. Schnell drehte er sich um, verschwand in dem Schatten der Blätter, die die gesamte Siedlung umgaben. „Mike, schnell. Es kommt jemand.“, zischte er seinem Gegenüber entgegen. „Meinst du es ist wieder dieser Makler?“ Zorn war in Lukas’ Augen deutlich zu sehen und es bedurfte keiner weiteren Bestätigung, um Mike zu Antworten. „Die geben wohl niemals auf.“ – „Nein, also los, wir wollen ihn doch nicht warten lassen. Sag du den anderen Bescheid, damit sie sich bereit machen.“ Seufzend sah Mike seinem älteren Bruder nach, der genauso schnell wie er eben neben ihm aufgetaucht war, wieder im Gebüsch verschwand. Bereits sechs Monate kam mindestens einmal die Woche ein Makler vorbei, der immer aufdringlicher wurde. Nun hatten sie zwei Wochen keinen Besuch mehr gehabt und gehofft, dass all dies endlich vorbei war, doch sie hatten sich anscheinend geirrt.
 

Gerade als Lukas aus dem Schatten der Bäume hervortrat fuhr ein Auto durch das steinerne Tor auf den großen Innenhof, der von den anderen Häusern umringt war. Etwas war diesmal anders, bereits die Geräusche des Autos hätten es Lukas sagen sollen, doch die Wut über die ständigen Besuche dieses Maklers hatte ihn das eindeutige Überhören lassen – dies war ein anderes Auto. Und nun, wo es auf dem Hof hielt, konnte Lukas deutlich sehen, dass hinter dem Steuer nicht der Makler der letzten Monate saß. Obwohl die Morgensonne sich auf der Frontscheibe des Autos spiegelte und das Gesicht nicht erkennbar war, konnte er durch die Silhouette deutlich ausmachen, dass es sich um eine Frau handelte. Das, für seine Ohren laute, Dröhnen des Motors erlosch und die Autotür ging auf. Hinaus stieg eine schlanke junge Frau, Lukas schätzte sie auf Mitte 20. Ein schwarzer Hosenanzug verhüllte ihre Figur, doch Lukas konnte trotzdem ihre Rundungen erkennen – und ihm gefiel, was er sah.
 

Prüfend sah Pia sich um, sie konnte jetzt – wo sie im Innenhof der kleinen Siedlung stand – noch weniger als zuvor verstehen, weshalb sie die Bewohner vom Verkauf überzeugen sollte. Ihr Blick schweifte von dem steinernen Tor, durch welches sie gefahren war, zu den einzelnen Häusern, alle waren in keinem all zu guten Zustand. Die alten Mauersteine zerfielen teilweise und Teile davon waren bereits abgebröckelt. Zwischen jedem Haus lagen nur wenige Meter, die jedoch völlig von Büschen und Bäumen zugewachsen waren. Plötzlich bemerkte Pia, dass jemand sie beobachtete. Sie war sich sicher, dass mindestens ein Augenpaar auf sie gerichtet war und sie intensiv musterte. Pia sah sich um, wandte ihren Blick von den Häusern ab, suchte nach der sie beobachtenden Person.

Als sie die Person erblickte, stellten sich sämtliche Haare auf ihrem Nacken auf. Ein etwa 1,90 Meter großer Mann, breitschultrig und von oben bis unten mit Muskeln bepackt stand etwa zehn Meter von ihr entfernt. Ihre innere Stimme sagte ihr, dass dieser Mann etwas Gefährliches an sich hatte, etwas dass sie nicht herausfordern wollte.

Noch während sie den Fremden regungslos ansah, kam dieser mit großen Schritten auf sie zu; Pia fühlte sich wie in einer Falle, zielsicher kam er ihr immer näher, ließ seinen Blick nicht von ihr ab. Erst einen guten Meter vor ihr blieb er stehen, sah sie jedoch noch immer genau an. Pias innere Unruhe wuchs, eine leichte Panik machte sich in ihr breit, als sie versuchte den Blicken des Fremden standzuhalten.

Als sich plötzlich ein Grinsen in seinem Gesicht abzeichnete, lief ihr ein Schauer den Rücken hinunter. Dieser Mann war mehr als gefährlich. Sie war sich nicht sicher, welcher Teil von ihm ihr das sagte – seine große, breite Statur, seine Katzenartigen grünen Augen, seine langen schwarzen Haare, die offen bis zu seinen Schultern fielen, oder doch sein Grinsen? Vielleicht lag das Gefährliche auch in seinen Bewegungen, der räuberischen Anmut, mit der er sich auf sie zu bewegt hatte, wie ein Jäger, der sich an seine Beute heranpirscht. Einmal tief einatmend sprach Pia sich innerlich Mut zu, sie war geschäftlich hier und sollte sich nicht einschüchtern lassen. Zumindest nicht bevor sie wenigstens ihr Angebot unterbreitet hatte.

„Guten Tag, mein Name ist Pia Carstensen, ich komme im Auftrag von Mortimer Immobilien und-“ Pia kam nicht einmal dazu ihren Satz zu beenden, da hatte der Fremde einen Satz auf sie zu gemacht, stand nun direkt vor ihr und beugte sich zu ihr herab. Der Blick in seinen Augen hatte sich verändert, nicht mehr musternd sah er sie an, sondern wissend. Plötzlich strich er mit seiner rechten Hand über ihre Haare, die zu einem Knoten gebunden waren. „Offene Haare würden dir besser stehen, Pia.“, murmelte er und begann mit einer Strähne, die sich gelöst hatte, zu spielen. Erschrocken wich Pia einen Schritt zurück und überlegte, wie ihr nächster Schritt aussehen würde. Distanziert und Professionell sollte sie erscheinen, doch mit dem aufdringlichen Verhalten ihres Gegenübers konnte sich dies als schwierig entpuppen. Ein Grinsen verriet Pia, dass sie ihn mit ihrem Zurückweichen geradezu herausgefordert hatte. „Gib mir dein Angebot, Pia.“, sprach er, doch obwohl der Satz als Bitte ausgesprochen wurde, war er als Befehl gemeint; und Pia war sich dessen bewusst. Einen Moment lang versuchte Pia in den Augen des Fremden zu lesen, zu verstehen, worauf er hinaus wollte – ganz sicher hatte er nicht vor sofort zu verkaufen. Wenn ihr Vorgänger bereits 6 Monate an dieser Siedlung gearbeitet hatte, und dies ohne jeglichen Erfolg, konnte das nun einfach nicht der Fall sein. Zögernd reichte sie ihm die schwarze Mappe, die sie in ihrer Linken Hand hielt, wartete auf seinen nächsten Schritt, der jedoch nicht kam. Das Angebot ignorierend wandte er sich wieder ihr zu, seine Augen begannen erneut sie zu durchbohren. „So etwas hier“, sprach er, die Mappe hoch hebend, „möchte ich nie wieder in deinen Händen sehen. Dich jedoch“, noch einen kleinen Schritt ging er näher auf sie zu, stand so dicht vor ihr, dass sein Atem ihr Gesicht streifte, „würde ich gerne öfter hier sehen.“ Ein leicht verzerrtes Grinsen blickte ihr entgegen. Es wirkte mehr animalisch, als menschlich. Erneut überkam Pia ein Gefühl von Unbehagen. Dieser Mann war gefährlich, selbst sein Grinsen spiegelte seine wilde Seite wieder. „Das eine lässt sich ohne das andere leider nicht vereinbaren.“ Schnell drehte Pia sich um, brennend darauf endlich etwas mehr Distanz zwischen sich und ihm zu schaffen, und begab sich zu ihrem Auto. Obwohl sie sich nicht umdrehte, war sie sich sicher, dass er ihr folgte. Gerade als sie die Autotür öffnen wollte stützte er seine muskulösen Arme daran ab, nagelte sie somit zwischen Auto und ihm fest. Langsam drehte sie sich um, wollte die erneute Konfrontation herauszögern, wollte ihm nicht erneut in die katzengrünen Augen sehen müssen. „Sieh mich an.“, befahl er, als wenn er genau wusste, was in ihrem Kopf vorging. Als sie erneut seinem Blick stand halten musste, wurde ihr erst klar wie nahe er ihr doch war. Sie konnte die Hitze spüren, die von ihm ausging, sah wie sich seine Brust bei jedem Atemzug hob und senkte. Eine Welle von Emotionen rauschte durch ihren Körper, die sie nicht genauer ausmachen konnte. Noch während sie versuchte herauszufinden, was dieser Tumult ihrer Gefühle zu bedeuten hatte, wurden ihre Gedanken unterbrochen. „Das erste Haus auf der linken Seite ist meins.“ Erneut warf er ihr sein wildes Grinsen zu, ehe er sich zurück zog und sie die Tür öffnen ließ. Ohne noch ein Wort zu verlieren sah er sie an, sein Blick sagte ihr, dass er dies aus einem bestimmten Grund erwähnte, drehte sich um und ging. Leicht außer Atem stand Pia noch immer an ihr Auto gelehnt, die Hitze, die sie umgeben hatte, brauchte einige Zeit um zu verfliegen und erst als dies geschehen war, war sie in der Lage ins Auto zu steigen und los zu fahren.

„Ich verstehe das alles nicht.“ Noch immer konnte Pia ihre Gedanken nicht von dem morgendlichen Aufeinandertreffen losreißen; den ganzen Tag bereits versuchte sie nicht mehr darüber nachzudenken, was in der Siedlung passierte, wer der Fremde war und weshalb er ihr so gefährlich erschien, doch sie scheiterte kläglich.

Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu dem Unbekannten mit den Katzenaugen. Sie hatte heute sogar pünktlich Feierabend gemacht und lag nun in ihrer Badewanne, der Schaum reichte ihr bis zum Kinn, den Kopf an den Rand gelehnt versuchte sie sich zu entspannen, sich auf den morgigen Tag vorzubereiten.

Morgen… Sie würde morgen wieder zur Siedlung fahren, würde erneut versuchen ihr Angebot zu unterbreiten. „Hoffentlich ist dann jemand anderes da…“, murmelte Pia leise vor sich hin, während sie mit dem Schaum spielte, ihn von einer Hand in die andere gleiten ließ. Erneut schweiften ihre Gedanken zurück zu ihm. Die Art mit der er sie ansah, sie beobachtete konnte Pia nicht vergessen.

Er wirkte wilder, ungezähmter als jeder andere Mann, den sie je getroffen hatte. Und weshalb er ihr gesagt hatte welches Haus er bewohne war ihr ein weiteres Rätsel. Eines war Pia jedoch klar, sie würde dieses Haus am nächsten Tag definitiv nicht aufsuchen. Noch einmal würde sie sich ihm nicht aussetzen.

Pia blieb nur zu hoffen, dass die anderen Bewohner der Siedlung ihm nicht ähnlich waren. „Pia! Es ist nur ein Auftrag. Du musst den Mann danach nie wieder sehen. Warum beschäftigst du dich nur so sehr damit?“ Auf ihre selbstgestellte Frage wusste sie leider keine Antwort. Seufzend ließ sie sich hinunter gleiten und tauchte unter Wasser, um alle Gedanken zu verbannen.
 

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„Wie geht es voran?“ – „Gut mein Herr, die neue Beauftragte für das Projekt scheint Erfolgreich zu sein. Es geht voran. Schon bald werden sie in ihrer Macht sein, mein Herr. Dann hat das Warten für sie ein Ende und wir können mit der Operation 58247 beginnen.“ Ein Lächeln schlich sich in das Gesicht seines Gegenübers, so kalt wie er noch nie eines gesehen hatte. Ein Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Dieser Mann war zu allem fähig. Und er würde nicht eher ruhen, bis er alles erreicht hatte. Und er, Mortimer, würde ihm dabei helfen.
 

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Es war gerade einmal halb Zehn Uhr morgens, als sie durch das Tor in den Innenhof der Siedlung fuhr. Pia war sich nicht sicher, ob sie nicht doch hätte später losfahren sollen. Vielleicht waren die Bewohner Langschläfer und sie zu wecken würde ihr sicher keine Vorteile oder gar Sympathieboni einbringen.

Noch während sie ausstieg war sie innerlich hin und her gerissen, wusste nicht, ob sie vielleicht doch später wieder kommen sollte oder es jetzt versuchen sollte. Unsicher stand sie vor ihrem Wagen, überlegte noch ein, zwei Sekunden, ehe sie zu einem Entschluss kam. „Ich werde lieber später wieder kommen…“ – „Warum denn das?“ fragte plötzlich eine tiefe, ihr bekannte Stimme.

Erschrocken fuhr Pia herum und ihre Vermutung konnte nur bestätigt werden. Er war es, er stand direkt hinter ihr, nicht einmal einen halben Meter entfernt. „Ich…“, mental völlig unvorbereitet auf solch eine Situation suchte Pia nach den richtigen Worten, doch sie blieben aus. „Wolltest du mich besuchen?“ Ein selbstsicheres Grinsen zeichnete sich auf seinen Lippen ab, so selbstsicher, dass Pias Blick sich verfinsterte. „Nein, wollte ich nicht.“

Ihre Stimme klang deutlich unterkühlt, dass musste auch er feststellen. Schnell verflog das Grinsen in seinem Gesicht. „Bist du wieder wegen deinem Angebot hier?“ Nun war er es, der sich unterkühlt anhörte.

Pia musste schlucken, selbstsicher und aufdringlich wirkte er gefährlich, mit schlechterer Laune wirkte er einfach nur noch angsteinflößender. Am liebsten hätte sie sich umgedreht, wäre in ihr Auto gestiegen und weggefahren, doch sie konnte ihre Angst nicht gewinnen lassen, sie musste sich durchsetzen, ihr Angebot unterbreiten und Erfolg haben. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.

„Ja, darum bin ich hier. Ich möchte gerne mit ihnen und den anderen Bewohnern der Siedlung darüber sprechen und ihnen mein Angebot unterbreiten.“ – „Du kannst mich gerne Lukas nennen.“ Langsam kam er ihr noch näher, stützte seine Arme an dem Autodach ab und fuhr fort: „Und die anderen sind nicht da.“ Sein Blick, der keinerlei Widerspruch erlaubte, ruhte auf ihren Augen und ließ sie nicht los. „Dann…“, begann Pia und biss sich leicht auf ihre Unterlippe, „wäre es wohl besser, wenn-“ – „Wenn du jetzt mit rein kommst ja, es ist schließlich noch etwas kühler hier draußen.“

Plötzlich drehte er sich um und ging los, in die Richtung, in der sein Haus lag. Pia stand noch immer vor ihrem Auto, wie angewurzelt sah sie ihm nach. Sein Gang war elegant wie der einer Katze. Nicht nur seine Augen sahen also aus wie die eines Jägers, nein, auch sein Gang.

Während Pia ihren Gedanken nachging, bemerkte sie gar nicht, wie Lukas stehen blieb und sich umdrehte. „Pia.“ Langsam hob sie ihren Blick und sah ihn an. „Komm, ich denke du möchtest über dein Angebot reden.“ Am liebsten hätte Pia vehement mit dem Kopf geschüttelt, sich so schnell es ging in ihr Auto gesetzt und wäre losgefahren, doch aus einem ihr unerklärlichen Grund begannen ihre Füße sich auf ihn zu zu bewegen. Ihr Kopf drehte sich, sträubte sich, wollte ihrem Körper befehlen sofort stehen zu bleiben, doch sie ging immer weiter, weiter auf ihn zu und mit zu seinem Haus. Vor seiner Haustür blieb sie unsicher stehen, biss erneut auf ihre Unterlippe, sah sich suchend um, als würde irgendwo eine Antwort stehen, eine Antwort auf ihre Fragen bezüglich dieses Mannes.

Erwartungsvoll sah Lukas sie an, hielt seine Tür offen und wartete darauf, dass sie eintrat. „Ich glaube es wäre besser, wenn…“ – „Komm mit rein.“ Mit großen Augen sah Pia ihn an, sein Blick wirkte noch immer gefährlich, doch etwas war anders. Er wirkte weicher, nicht mehr so hart wie noch vor wenigen Augenblicken. „Ich…“ Noch immer sah sie ihm in die Augen, nahm die Veränderung in seinen Augen noch mehr wahr als vorher. Mit einem leichten Nicken signalisierte sie ihre Kapitulation und trat in das Haus hinein.

„Du darfst ihm keine Schwäche zeigen.“, schallte es in ihrem Kopf und sie wusste, dass solch ein Fehler fatale Folgen mit sich bringen könnte. Sie setzte ihre Business-Miene auf und hoffte, diese auch während des ganzen Gespräches überzeugend rüberbringen zu können. Pia hatte daran einige Zweifel, denn noch während sie sich selbst zu Disziplin und Professionalität ermahnte, spürte sie wie Lukas dicht hinter ihr war. Zu dicht, für ihren Geschmack.

Ihren Ausdruck noch immer kontrollierend sah Pia sich in dem Haus um. Es war spärlich eingerichtet, mit nur dem Nötigsten. Tief Luft holend konnte sie sich genug beruhigen, um ihre Stimme der Mimik anzupassen. „Bezüglich des Angebots, wäre es nicht sinnvoller, wenn auch die anderen Bewohner der Siedlung es sich anhören und mitentscheiden?“ Langsam drehte sie sich um, bereitete sich innerlich darauf vor dass er direkt vor ihr stehen würde, nur wenige Zentimeter entfernt. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, erneut ermahnte sie sich zur Ruhe, versuchte unauffällig noch einmal tief ein- und auszuatmen.

Wie erwartet stand er direkt hinter ihr, sein Blick auf ihr Gesicht fixiert. „Nein“, antwortete er leise und trat noch einen Schritt dichter. „Denn die Antwort ist und bleibt ein ‚Nein’. Wir werden nicht verkaufen.“ – „Warum haben sie mich dann überhaupt erst in ihr Haus eingeladen, wenn sie, selbst ohne mein Angebot zu hören, sowieso ablehnen?“ Pia konnte die Wärme seines Atems spüren, so nah war er ihr. Vorsichtig wich sie einen Schritt zurück, hielt jedoch seinem Blick weiterhin stand. Er sollte nicht wissen, welche Wirkung er auf sie hatte. Doch es schien ihr, als wäre diese Bemühung vergebens, denn schon hatte er den einen Schritt Abstand zu ihr wieder aufgeholt. „Warum nicht?“ Sprach er so leise, dass es fast als flüstern in Pias Ohren ankam. Zusammen mit dem Blick in seinen Augen war ihr sofort klar, was dies bedeuten sollte. Schnell wich sie erneut zurück, hob ihr Kinn an und zwang sich erneut zu ihrer professionellen Miene, die ihr für einen Blick entgleitet war. „Weil sie dann meine Zeit verschwenden.“ Noch bevor er die Distanz zu ihr wieder verringern konnte, wich sie zur Seite aus und ging auf die Tür zu.

Noch während sie ging fuhr sie fort: „Wenn sie dann nichts weiter zu sagen haben, werde ich mich wieder auf den Weg machen. Ich habe noch weitere Aufträge zu erledigen.“ Pia hoffte inständig, dass ihre Stimme so kühl und sicher klang, wie sie es sagen wollte, doch das Gefühl beschlich sie, dass Lukas ganz deutlich ihre Unsicherheit und leichte Panik heraushören konnte. Noch bevor sie sich weitere Gedanken darüber machen konnte, wurde sie am Arm gepackt und herumgedreht. „Vielleicht habe ich ja noch etwas zu sagen.“ Herausfordernd funkelten Lukas’ Augen sie an. Die Gefahr, die von ihm ausging konnte sie in diesem Moment deutlicher als je zuvor spüren. Ihr Herzschlag beschleunigte sich immer mehr und Pia war sich sicher, dass man die Panik, die in ihr aufstieg in ihren Augen sehen konnte.

Plötzlich ließ Lukas sie los, wandte auch seinen Blick von ihr ab und drehte sich um. „Dann wünsche ich dir eine gute Fahrt.“ Verwirrt sah Pia Lukas nach, der gerade eine Tür erreichte und aus dem Flur in das nächste Zimmer verschwand. Langsam drehte sie sich um und ging aus dem Haus. Erst als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, bemerkte sie wie sie zitterte. Erst jetzt, als sie in sicherer Entfernung von ihm war, viel die Anspannung von ihren Schultern.
 

Lukas lehnte sich gegen die Tür und lauschte. Für einen Moment lang herrschte Stille, dann hörte er die klackernden Schritte ihrer hohen Schuhe auf seinem Parkett, gefolgt von dem Klacken der Tür, die ins Schloss fiel.

Sie hatte Angst vor ihm. Er hatte ihren rasenden Herzschlag genauso deutlich hören können, wie er die Panik und Angst die sie aussandte hatte riechen können.

Wahrscheinlich war diese instinktive Angst, die sie vor ihm hatte das, was sie gerettet hat. Was ihn gerettet hat. Nicht auszudenken, was passieren würde wenn… Lukas’ Miene verfinsterte sich, seinen ganzen Körper angespannt machte er sich auf den Weg zum Hinterhausgang seines Hauses. Er brauchte Bewegung, musste einen klaren Kopf bekommen. Musste vor allen dingen Sie aus seinem Kopf bekommen.

„Pia, wie geht es mit dem Auftrag voran?“, Mortimer war so leise an ihren Tisch herangetreten, dass Pia erschrocken zusammenzuckte. „Nun ja…“, unsicher sah sie zu ihrem Chef hinauf, begann nervös in ihrem schwarzen gepolsterten Schreibstuhl hin und her zu rutschen. „Bisher konnte ich sie leider noch nicht von meinem Angebot überzeugen, doch ich überarbeite es gerade noch einmal. Ich bin mir sicher, dass ich sie vom Verkauf ihrer Siedlung überzeugen kann.“

Pia hoffte inständig, dass Mortimer ihr die Lüge abkaufte, denn ehrlich gesagt hatte sie an dem Angebot seit ihrem ersten Tag nichts verändert – warum auch? Sie war ja nicht einmal dazu gekommen es vorzustellen. Ein Lächeln fand sich im Gesicht ihres Chefs wieder. „Ich bin mir sicher“, begann er, „dass sie diesen Auftrag mit Erfolg abschließen werden. Bisher sind sie schon weiter gekommen, als ihr Vorgänger es in einem halben Jahr geschafft hat.“

Mit diesen Worten wandte er sich von ihr ab und ging wieder in sein eigenes Büro. Verwirrt ging Pia die ganze Unterhaltung noch einmal durch. Sie hatte bisher mehr erreicht, als ihr Vorgänger? Wie sollte das möglich sein? Noch weniger war quasi gar nicht möglich. Seufzend lehnte sie sich zurück und schloss für einen Moment ihre Augen und ließ den gesamten Morgen noch einmal Revue passieren.

Lukas war gefährlich und dennoch zog er sie an wie ein Magnet. Sie erinnerte sich erneut daran, wie nah er ihr immer wieder gekommen war, wie er sie umzingelte, sie hilflos machte. Hinzu kamen seine grünen Augen, mit denen er sie ansah, so als würde er direkt in sie hinein blicken können.

Seufzend stützte Pia sich mit den Ellenbogen auf ihrem Schreibtisch ab. So konnte das nicht weiter gehen. Bereits gestern konnte sie nach ihrem Besuch bei der Siedlung keinen klaren Gedanken mehr fassen. Alles drehte sich in ihrem Kopf um Lukas. Obwohl er ihr völlig fremd war, konnten ihre Gedanken sich nicht von ihm los reißen.

„Krieg dich wieder ein.“ Auch wenn es ihr nicht wirklich half, redete sie trotzdem auf sich selbst ein. Und bereits jetzt wusste sie, dass sie wieder zur Siedlung fahren würde. Fahren müsste. Ihr Job hing schließlich davon ab. Sie wusste jedoch nicht, ob sie dieser Tatsache entgegenfiebern sollte oder sich davor fürchten sollte. Es war wohl eher eine Mischung aus beidem.
 

„Lukas, sie will unser Haus kaufen, genauso wie der vorherige Makler.“ – „Ich weiß.“ Und es stimmte, Lukas war sich dessen bewusst, wusste welche Gefahr von ihr ausging. Sollte sie, Pia, einmal an einem unglücklichen Moment kommen, würde ihr Geheimnis gelüftet werden. Dies durfte niemals passieren, niemand durfte jemals erfahren, dass so etwas wie sie existierte.

„Darum sage ich ja“, fuhr er fort, „dass ihr euch verstecken sollt, sobald ihr Auto sich nähert. Sei es in dem Dickicht oder in euren Häusern. Ich werde mich um sie kümmern. Dann wird sie nichts erfahren und nichts wird außer Kontrolle geraten.“ Seine fünf Freunde, seine Familie, betrachtete ihn skeptisch. „Du bist an ihr interessiert.“ Stellte Mike trocken fest. „Und allein dadurch bringst du uns in Gefahr. Ein falsches Wort oder eine falsche Geste deinerseits reicht schon und sie wird stutzig werden. Dann ein wenig Logik und sie wird ganz von allein darauf kommen, was wir sind.“

Lukas funkelte sein Gegenüber an. Mike war der Jüngste von ihnen, gerade einmal 22 Jahre war er alt. Seine blonden Haare hingen ihm ins Gesicht, der Schnitt war längst raus gewachsen. Trotzig und kein bisschen ängstlich hielt Mike seinem Blick stand. „Willst du etwa meine Autorität in Frage stellen?“ Die Frage entwich Lukas mehr knurrend als ausgesprochen, doch Mike regte sich noch immer nicht. „Nein. Ich stelle deine Autorität keineswegs in Frage, jedoch ist dein momentaner Gemütszustand schon bedenklich.“

Das war genug, Lukas konnte sich kaum noch halten, das Tier in ihm wollte frei springen und mit Mike kämpfen. Auch wenn dieser sagte, er würde seine Autorität nicht in Frage stellen, mit der Anspielung auf seinen Gemütszustand hatte er es doch getan. Er war der Anführer, er machte die Entscheidungen. Sie hatten ihn Einstimmig gewählt.

„Wenn du mich nicht mehr als Anführer haben willst, dann sag es. Fordere mich heraus! Wir werden dann ja sehen, wie bedenklich mein Gemütszustand ist!“ Lukas war aufgesprungen und konnte sich nur schwer zurück halten nicht auf den Jüngeren los zu gehen.

„So war das nicht von ihm gemeint Lukas, und das weißt du auch.“ Langsam drehte Lukas sich zu Eric. Er war der zweit Älteste, war Lukas’ rechte Hand. „Mike kann deinen Duft genauso wahrnehmen wie wir anderen auch. Und dein Gemüt ist momentan definitiv nicht in Hochform. Zumindest nicht so, wie es momentan wichtig wäre.“ Seine Worte waren gefolgt von einer langen Pause. „Vielleicht wäre es wirklich besser, wenn einer von uns sich um sie kümmern würde. Oder gleich mehrere. Wir könnten ihr einen Schrecken verpassen und sie würde nicht mehr wieder kommen.“

Zorn war deutlich in Lukas’ Augen zu sehen. „Ihr. Jagt. Ihr. Keinen. Schrecken. Ein.“ Jedes Wort spuckte er einzeln aus, verlor sie fast unter seinem Knurren. „Ich werde mich um sie kümmern und damit ist die Diskussion erledigt!“ In Windeseile drehte Lukas sich um und verschwand in den Büschen, nur seine Schritte waren noch zu hören, bis auch sie sich im Wind der Nacht verloren. Für einige Minuten herrschte Stille, niemand sagte ein Wort, niemand sah den anderen an. Alle schauten sie zu Boden. „Nun können wir nur hoffen“, brach Eric das Schweigen, „dass Lukas die richtige Entscheidung treffen wird.“
 

Es war bereits tief in der Nacht, als Pia durch ein Rascheln geweckt wurde. Langsam stand sie auf und sah sich in ihrem Schlafzimmer um. Alles war wie immer, der Mond schien durch die nur halb geschlossenen Vorhänge und tauchte das Zimmer in ein leichtes Licht. Pia ging zum Fenster, um zu sehen ob ein Ast gegen ihr Fenster schlug oder woher sonst das Geräusch kam, das sie geweckt hatte. Beim Fenster angekommen konnte sie nichts sehen. Die Äste waren zu weit von ihrem Fenster entfernt, um dagegen schlagen zu können und auch sonst war nichts Auffälliges zu sehen.

Schläfrig ließ Pia ihren Blick über die Straße schweifen, sie wohnte im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses und ihr Fenster zeigte direkt auf eine wenig befahrene Straße, die nicht einmal geteert war. Umringt war sie von vielen Eichen, die bereits Meter hoch in den Himmel ragten. Während sie noch immer aus dem Fenster sah, machte sie aus den Augenwinkeln plötzlich eine Bewegung in den Bäumen aus. Langsam drehte sie ihren Kopf und sah in die Richtung, aus der die Bewegung gekommen war.

Pia erstarrte. In der hintersten Ecke des Baumes, direkt im Schatten der Blätter saß es. Eine Katze. Nein, keine gewöhnliche Hauskatze, auch keine Rassekatze. Eine große, ausgewachsene Wildkatze saß nur wenige Meter von ihr Entfernt und schien sie zu beobachten. Pia merkte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Wie war eine Wilde Katze hier in ihr Wohngebiet gelangt? Hatte sie sich verlaufen? Bei genauerem Hinsehen vielen ihr die Härchen an den Ohrspitzen an. Ein Luchs. Seit wann gab es hier wieder Luchse? War er vielleicht aus dem örtlichen Zoo ausgebrochen? Pia wollte sich umdrehen und zu ihrem Telefon greifen, um die Polizei zu benachrichtigen, doch die Katze sah sie so eindringlich an, als wenn sie genau wüsste, was Pia als nächstes vor hatte.

Sie runzelte ihre Stirn und betrachtete das Tier genauer. Selbst so still wie es saß, ohne sich zu bewegen, strahlte sie eine gewisse Macht und Eleganz aus. Die grünen Augen der Katze durchbohrten sie gerade zu, als wenn sie ihr etwas sagen wollten. „Sei nicht albern, Pia.“, murmelte sie vor sich hin. „Tiere können nicht so denken wie wir. Darum können sie uns auch nichts sagen.“ Es klang alles so logisch in ihrem Kopf und doch… Wenn es wirklich so einfach war, warum musste sie es sich dann selbst laut sagen?

Wie von Geisterhänden getrieben öffnete Pia das Fenster langsam. Der kühle Wind wehte ins Zimmer und bescherte ihr am ganzen Körper eine Gänsehaut. Die Katze saß noch immer im Schatten der Blätter ohne sich zu bewegen. Langsam legte Pia ihre Arme auf die Fensterbank und stütze ihr Kinn mit den Händen ab. Genau betrachtete sie die Katze, wartete darauf, dass sie sich bewegen würde, doch es passierte nichts.

Nach einigen Minuten schloss Pia ihr Fenster, ihre Gänsehaut war noch immer nicht weg und es wurde immer kühler im Zimmer. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es bereits nach 2 Uhr war. Ohne noch einen letzten Blick zur Wildkatze zu werfen krabbelte sie unter ihre Bettdecke und machte es sich bequem. In wenigen Stunden würde sie wieder aufstehen müssen und sich auf ein erneutes Treffen mit Lukas vorbereiten.

Sie schlief schnell ein, doch ihre Träume waren seltsam. Die Katze kam darin vor, starrte sie noch immer an, durchbohrte sie quasi mit ihren grünen Augen. Plötzlich verschwand die Katze und Lukas tauchte auf, doch die Augen blieben die selben.
 

Es war nicht richtig gewesen, dessen war er sich bewusst und doch… Lukas hatte dem Drang einfach nicht widerstehen können. So schnell es ging lief er durch die Schatten der Nacht, versuchte seinen Kopf frei zu bekommen, doch ihr Gesicht und ihr Geruch hingen dort fest und ließen sich nicht verdrängen. Er hatte ihrem Geruch folgen müssen, durch eine ganze Stadt. Hatte an ihrem Haus nach ihr Ausschau halten müssen, in ihr Fenster sehen müssen, sie beim Schlafen beobachten müssen. Es war ein innerer Drang, der ihn dazu brachte. Es war etwas, dass er nicht logisch erklären konnte und doch…

Es war sich im Klaren darüber, was das hieß, was es für ihn bedeutete. Was es für seine Familie bedeuten würde. Und genau aus diesem Grund hätte er diesen Drang ignorieren müssen, ihm nicht folgen dürfen. Zu viel stand für ihn und seine Leute auf dem Spiel. Und doch…

Seufzend blieb Lukas stehen, sah sich um und inhalierte die Nachtluft. Hier, außerhalb der Stadt war sie sauber und klar. Er sah in den Himmel, ohne die Lichter der Stadt konnte er die Sterne deutlich sehen. Viele seiner damaligen Bekannten hatten nie in ihrem Leben Sterne gesehen. Das Licht der Städte hatte sie bereits vor langer Zeit verdrängt. Doch hier, auf dem Land, konnte man jeden einzelnen Stern ganz deutlich sehen.

Während er in den Himmel schaute, wanderten seine Gedanken wieder, nahmen Formen an, die er nicht dulden konnte. Viel zu gefährlich war es. Nicht nur für ihn, auch für sie. Einen gebrechlichen Menschen…

Es war wieder einmal soweit, Pia musste zur Siedlung fahren, den ganzen Morgen über hatte sie sich überlegt, wie sie es schaffen sollte, ihr Angebot endlich einmal vorzutragen, doch ihr viel nichts gutes ein. Außer… ja, außer sie würde auf jemand anderen stoßen, als Lukas. Doch sie beschlich das Gefühl, dass dies nicht passieren würde. Warum auch immer, es schien so, als wären die anderen Bewohner stets ausgeflogen, wenn sie kam. Vielleicht sollte sie einfach zu einer anderen Zeit kommen, nicht mehr morgens sondern nachmittags oder am frühen Abend. Irgendwann mussten die anderen schließlich auch einmal zu Hause sein. Leider war es heute für solch eine Umdisponierung zu spät, denn sie war bereits fast bei der Siedlung angekommen.

Seufzend bog sie von der Landstraße ab und fuhr den schmalen, sandigen Pfad entlang, der sie zu den Häusern brachte. Es war später Vormittag, die Sonne schien bereits hoch am Himmel, jedoch hatte sie zu dieser Zeit des Jahres noch nicht so viel Kraft und konnte nicht so wärmen, wie sie es in ein oder zwei Monaten können würde.

Zu ihrer Linken erstreckten sich die Felder, gelbe Ähren wuchsen hoch, der Sonne entgegen, Kilometer lang begleiteten sie den Weg, während zu ihrer Rechten dicke Büsche und Bäume Schatten spendeten und die Sicht auf alles, was dahinter lag verwehrten. Die Ansicht der Natur um sie herum brachte Pia zum Träumen, sie verringerte das Tempo, machte keine Anstalten sich zu beeilen, wollte ja am Liebsten sogar umdrehen und so weit weg von der Siedlung fahren, wie möglich.

Völlig in Gedanken, nahm sie plötzlich etwas wahr. Für eine Sekunde oder noch weniger hatte sich etwas in den Büschen bewegt. Pia reduzierte ihr Tempo erneut und beobachtete mit einem Auge das Geschehen im Dickicht. Da war es wieder, doch dieses Mal konnte sie einen Blick von dem erhaschen, dass die Bewegungen machte. Ungläubig versuchte sie ihren Blick wieder auf die Straße zu richten, sich aufs Fahren zu konzentrieren.

„Mach dich nicht lächerlich Pia, du hast da eben nicht schon wieder eine Wildkatze gesehen…“ Ein unwohles Gefühl beschlich sie, auch wenn sie es nicht richtig einordnen konnte. Weshalb hatte sie innerhalb von 12 Stunden gleich zwei Wildkatzen gesehen? Sie war sich sicher, dass es im Umkreis von Berlin schon seit mehr als 100 Jahren keine Wildkatzen in der freien Laufbahn gegeben hat und auch kam im Radio keine Meldung von zwei ausgebrochenen Tieren aus dem Zoo.

Kopfschüttelnd beschleunigte sie wieder, plötzlich wollte sie die ganze Begegnung mit Lukas und auch die Landschaft hier einfach nur schnell hinter sich bringen. Vielleicht war es auch besser, den Job einfach an den Nagel zu hängen, dachte sie. Denn so wie es momentan aussah, würde sie die Siedlung eben so wenig in den Besitz ihres Chefs bringen, wie ihr Vorgänger. Und warum sollte sie 6 Monate damit vergeuden, hinter einem verdammt gefährlichen… verdammt gut aussehenden… Mann hinter her zu laufen, der sich nicht einmal ihr Angebot anhören wollte.

Tief ein- und ausatmend fuhr sie durch das Tor und parkte erneut auf dem Innenhof der Siedlung. Noch war keine Spur von Lukas zu sehen, doch das sollte nichts heißen. Beim ersten Mal war er auch aus dem Nichts aufgetaucht – oder sie war einfach zu aufgeregt gewesen, um ihn zu bemerken. Wie dem auch sei, auch als sie ausstieg, war er noch nirgends zu sehen. Erleichtert machte sie sich auf, um bei einem der sechs Häuser zu klingeln, doch irgendwie machte sich ein unwohles Gefühl bei ihr breit. Was, wenn die anderen noch gefährlicher waren als Lukas? Sie versuchte den Gedanken zu verdrängen, als sie die Klingel des ersten Hauses drückte.

Pia wartete einen Moment, doch niemand öffnete. Anscheinend war morgens wirklich niemand da. Sie wollte sich umdrehen, auf zum nächsten Haus machen, da erstarrte sie. „Lukas.“ Mit großen Augen sah sie ihn an, hatte nicht bemerkt, wie er sich ihr genähert hatte. „Warum klingelst du nicht bei mir? Hast du vergessen in welchem Haus ich wohne?“ Seine Augen verrieten ihr, dass er heute nicht zum Scherzen aufgelegt war und dass sie ihn lieber nicht herausfordern sollte. „Ich habe gehofft, auch die anderen Bewohner der Siedlung anzutreffen, da sie sich vielleicht mein Angebot anhören, im Gegensatz zu dir.“

Bereits nachdem ihr die Worte entwichen waren, wusste sie dass sie lieber ihren Mund hätte halten sollen. Wütende Augen sahen sie an, sie konnte hören, wie er begann tief zu atmen, wohl um sich unter Kontrolle zu behalten. Er war genau so, wie sie es sich gedacht hatte. Gefährlich, wild und zugleich so gut aussehend, dass viele Frauen ihm ohne zu zögern jeden Wunsch von seinen grünen, katzenartigen Augen ablesen würden. Doch sie würde das nicht tun. Pia Carstensen wusste genau, dass solch ein Mann eine Frau nur ins Unglück stürzen würde. Für einen kurzen Augenblick schloss sie ihre Augen, versuchte die Schatten der Vergangenheit zu verdrängen.

„Sie haben nicht die alleinige Vollmacht, dem Angebot zuzustimmen, nicht wahr? Also wäre es am Besten, wenn auch die anderen Bewohner dem Angebot zustimmen, beziehungsweise immerhin ihre Meinung dazu äußern.“

„Ich habe die Vollmacht das Angebot alleine an- oder abzulehnen.“ Sein Ausdruck war todernst, sie wusste, dass er meinte was er sagte. Weshalb er allein dies entscheiden konnte, war ihr ein Rätsel, aber es erschien ihr so, als würden weitere Diskussionen sie nicht voranbringen. „Warum wollen sie sich dann das Angebot nicht wenigstens einmal anhören?“ Es war ein kläglicher Versuch und sie war sich darüber im Klaren, dass er sich ihr Angebot nicht ansehen würde, doch langsam hatte sie genug davon.

Ihre Zukunft hatte sie sich so nicht vorgestellt. Sie wolle als Maklerin arbeiten und nicht verkaufsunwilligen Leuten hinterher laufen und zusätzlich viele Überstunden schieben. Als Lukas nach einigen Sekunden noch immer nicht geantwortet hatte, wusste Pia ganz sicher, dass nichts mehr kommen würde. Sie machte einen Schritt zur Seite und ging an ihm vorbei, auf ihr Auto zu. „Wohin gehst du?“, fragte er sie plötzlich mit ruhiger, beherrschter Stimme. „Zurück in die Firma. Ich sehe es nicht ein, weiterhin meine Zeit hier zu vergeuden, wenn sie es noch nicht einmal als notwendig empfinden, sich mein Angebot anzusehen.“ Pia wusste, dass die Wut über ihn in ihrer Stimme zu hören war und konnte nur hoffen, dass er deswegen nicht die Kontrolle verlieren würde.

Gerade als sie ihr Auto erreicht hatte und die Tür per Knopfdruck geöffnet hatte, packte er sie am Arm und drehte sie herum. Er presste sie gegen das Auto und stützte sich am Dach ab. Die ganze Situation kam ihr bekannt vor, doch dieses Mal war sein Blick Angst einflößend. „Ich habe dich nicht gebeten, hier aufzutauchen. Ich habe von Anfang an deutlich gemacht, dass wir nicht verkaufen wollen. Auch deinem Vorgänger haben wir das zu verstehen gegeben.“ Die Worte kamen zwischen seinen zusammengepressten Zähnen undeutlich hervor, zu sehr musste er sich zurück halten, sein Temperament kontrollieren. Er wusste, dass es gefährlich war, sie so in die Enge zu treiben, dass es einen Teil von ihm, den er vor ihr verbergen musste, noch stärker machen würde, dass dieser Teil noch weiter an die Oberfläche dringen wollen würde, doch er konnte sich einfach nicht zurück halten.

„Lass mich gehen.“ Die Angst war Pia ins Gesicht geschrieben, doch nicht nur das, Lukas konnte sie förmlich riechen. Auch ihr sich beschleunigender Herzschlag hallte in seinem Kopf wieder. Der Jäger in ihm wollte raus, wollte seine Beute noch mehr in die Enge treiben, doch der menschliche Teil von ihm wusste, dass es das völlig falsche war. Mit solch einem Handeln würde er genau das Gegenteil von dem erreichen, was er eigentlich wollte.

„Pia“ Er versuchte langsam zu Atmen, seinen Puls zu senken und sich wieder unter Kontrolle zu halten. „Hab keine Angst.“ Der Blick in seinen Augen veränderte sich innerhalb weniger Sekunden. Die katzenartigen Augen, sie sahen sie einfach nur an. Abwartend, jedoch nicht gefährlich. Für einen kurzen Moment musste sie an die letzte Nacht denken, an die Wildkatze, die auf dem Baum gegenüber ihres Fensters gesessen hatte. Der Blick, den die Katze ihr entgegen gebracht hatte, war genauso abwartend gewesen.

Langsam ließ Lukas Pia wieder genug Luft zum Atmen, seine Arme lösten sich vom Dach des Fahrzeugs und er trat einen Schritt zurück, wollte so noch deutlicher machen, dass sie ihn nicht zu fürchten brauchte. Doch genau in diesem Moment tat Pia genau das Gegenteil. Sie drehte sich blitzschnell um, riss die Autotür auf, sprang hinein, knallte die Tür wieder zu und noch bevor sie ihren Gurt umgelegt hatte, war das Auto in Bewegung und fuhr unter laut aufheulendem Motor aus dem Innenhof der Siedlung.

Lukas hätte mehr als genügend Zeit gehabt, um sie aufzuhalten. Die Schnelligkeit eines Menschen und deren Reflexe waren nichts im Vergleich zu seinen, doch er hatte es nicht getan. Noch eine ganze Weile stand er im Innenhof und bewegte sich nicht von der Stelle, betrachtete die Reifenspuren auf dem sandigen Boden, auf dem noch vor kurzem Pias Auto gestanden hatte. Er wusste nicht, was genau er tun musste. Doch in einem war er sich sicher: Sie eben fort fahren zu lassen, war richtig gewesen.
 

* * * * * * * *
 

Pia raste den Feldweg entlang, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie wusste, dass es nur eine einzige Sache gab, die sie heute unbedingt erledigen musste – diesen Auftrag loswerden. Nicht noch einmal wollte sie zu dieser Siedlung fahren, nicht noch einmal wollte sie Lukas gegenüber stehen müssen. Was, wenn er das nächste Mal die Beherrschung verlieren würde?

Pia hatte genau bemerkt, dass er keinerlei Widersprüche duldete, dass ihre Antworten ihn zornig machten und er Probleme hatte, sich zu beruhigen. Bei vielen anderen Männern hätte Pia dies nicht gestört, doch Lukas… Die Gefahr, die von ihm ausging war einfach so groß, so unübersehbar, dass sie nichts dagegen ausrichten konnte. Die Art, mit der er sie gepackt und gegen das Auto gedrückt hatte, war so grob gewesen, wie sie es noch nie erlebt hatte. Er war außerdem so schnell und lautlos an sie heran geschlichen, dass sie es nicht einmal kommen sehen hatte.
 

Ihr erster Halt war bei ihrer Wohnung. Ohne ihre Schuhe auszuziehen marschierte sie direkt in ihr Arbeitszimmer und schrieb ein Dokument – ihre Kündigung. Gerade als ihr Drucker die letzten Buchstaben gedruckt hatte, riss sie das Papier an sich und floh förmlich aus ihrer Wohnung. Sie konnte nicht schnell genug bei ihrer Firma ankommen und das Schreiben einreichen.

Natürlich war Pia sich dessen bewusst, dass sie nur mit einer Kündigung den Fall loswerden würde – entweder von sich aus oder weil sie erfolglos blieb. Letztere Möglichkeit wollte Pia nicht abwarten, 6 Monate waren einfach zu lang. Sie würde schon etwas anderes finden, die Hauptsache war, dass sie nicht mehr, nie wieder, in die Siedlung fahren musste und ihm gegenüber stehen musste.

„Pia“ Das überraschte Gesicht von Mortimer, als sie ohne anzuklopfen in sein Büro trat, war das erste was sie wahrnahm. Erst als sie den Raum betreten hatte, fiel ihr auf, dass noch eine zweite Person anwesend war. Im Stuhl gegenüber von ihrem Chef, der Hoch und mit seitlichen Lehnen war, sodass man von hinten jemanden nur anhand der Beine sehen konnte, saß ein älterer Herr mit grauem, lichter werdendem Haar.

„Es tut mir leid, dass ich störe…“, stammelte sie. Ihr unprofessionelles Verhalten wurde ihr gerade bewusst, doch die Angst hatte sie völlig irrational handeln lassen. „Das macht nichts.“, winkte Mortimer ab. „ Was für ein Anliegen hast du denn? Wie geht es mit deinem Auftrag voran?“ Sein Gegenüber schenkte ihm einen wissenden Blick und der Fremde Mann wandte sich nun Pia zu und lächelte sie an.

„Ich werde nicht weiter an dem Fall arbeiten. Hier ist meine Kündigung.“ Mit zittrigen Händen reichte Pia ihrem Chef das Schreiben und verließ so schnell wie möglich, ohne die Reaktionen der beiden Männer abzuwarten den Raum.

„Weiß sie, welche Rolle sie spielt?“ – „Nein“, antwortete Mortimer ruhig. „Gut“ Ein Lächeln spiegelte sich auf dem Gesicht seines Gegenübers. „Dann kann sie ihre Rolle doch sicher weiter spielen oder habe ich vorhin ihren Bericht nicht richtig verstanden?“ – „Nein.“ Auch Mortimer begann zu lächeln. „Sie wird ihren Auftrag sicher auch ohne weiterhin für mich zu arbeiten hervorragend abschließen.“
 

* * * * * * * *
 

Es war früher Abend, Pia lag in ihrer Badewanne, der Schaum reichte ihr bis zum Kinn und der warme Dampf, der das ganze Zimmer erwärmte, umhüllte sie. Sie fühlte sich frei, als wenn sie eine riesige Last endlich von ihren Schultern geworfen hätte. Endlich musste sie nicht mehr zu dieser Siedlung fahren, sich nicht mehr mit Lukas auseinander setzen und – vor allem – nicht mehr in seine grünen Augen sehen.

Seine grünen Augen… Pia begann in einen Tagtraum zu gleiten, sah vor ihrem inneren Auge genau, wie er sie immer angesehen hatte, konnte sogar die Wärme spüren, die von ihm ausgegangen war, wenn er direkt vor ihr stand.

Seufzend ließ sie sich tiefer in die Wanne gleiten, bis sie unter dem Schaum verschwand.

Ihre Gedanken trieben weiter, sie stellten sich vor, wie es wäre, wenn er seine muskulösen Arme um sie schlingen würde, sich noch näher an sie heran pressen und sie nicht nur leicht umzingeln würde.

Langsam richtete sie sich etwas auf, ihr Kopf kam wieder an die Wasseroberfläche. Sie wischte sich das Wasser und den Schaum aus den Augen und sah sich um. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund, hatte sie das Gefühl beobachtet zu werden. „Mach dich nicht verrückt.“ Murmelte Pia und versuchte ruhig zu bleiben. Im Badezimmer war es relativ dunkel, das Licht war gedämmt und sorgte nur für spärliche Beleuchtung.

Vor ihrem Fenster hingen Gardinen, die jedem den Blick verwehrten. Sie konnte gar nicht beobachtet werden. Und doch machte sich ein komisches Gefühl in ihrer Magengegend breit.
 

Lukas saß diesen Abend auf einem anderen Baum, er musste vorsichtig sein, sich gut verstecken, da es noch nicht dunkel war. Erst in ein bis zwei Stunden würde die Dämmerung vorüber sein. Dann konnte er sich wieder frei bewegen, im Schutz der Dunkelheit.

Er hatte es nicht mehr zu Hause ausgehalten, nachdem sie so schnell weggefahren war, nachdem er ihre Angst riechen konnte – ihre Angst vor ihm. Wie groß wäre ihre Angst gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass er nicht nur ein groß gebauter Mann war, der etwas einschüchternd wirkte, sondern noch viel mehr? Viel animalischer? Wahrscheinlich hätte sie sich dann gar nicht erst in seine Nähe getraut.

Seufzend sah Lukas zum Fenster. Es war mit Gardinen bestückt, er konnte nicht durch sehen und doch war er sich sicher, dass Pia sich in diesem Raum befand. Weshalb konnte er sich selbst nicht genau erklären. Er hatte es einfach im Gefühl – außerdem konnte er erkennen, dass minimales Licht von dem Raum ausging, während die anderen alle in völliger Dunkelheit lagen.

Ihm brannten so viele Fragen auf den Lippen, die er ihr stellen wollte. Doch das war nicht möglich. Sie würde wissen wollen, woher er wusste wo sie wohnt, und durch die Antwort, die er ihr geben müsste, würde er zu viel von sich preis geben. Viel zu viel.

Er war bereits ihrem Auto gefolgt, wusste dass sie zu ihrer Arbeit gefahren war und dort mit einem Karton wieder herauskam. Dies konnte nur eines bedeuten. Sie wurde entlassen oder sie war selbst gegangen.

Wenn er die Tatsache mit einbezog, dass ihr Vorgänger erst nach sechs langen Monaten ausgetauscht wurde, konnte nur die zweite Möglichkeit in betracht ziehen. Sie war freiwillig gegangen. Dass er mit dieser Tatsache etwas zu tun hatte, konnte er definitiv nicht ausschließen.

Hatte er ihr tatsächlich solch eine große Angst gemacht? Wirkte er so gefährlich? Seufzend verkroch er sich noch mehr im Schatten der Blätter. Er musste es herausfinden, musste es riskieren.

Das schlechte Gewissen machte sich bei ihm breit, als er daran dachte, welchen Risiken er seiner Familie aussetzte und das nur, wegen seinem Egoismus.
 

Das flaue Gefühl hielt an und Pia konnte ihr Schaumbad nicht weiter genießen. Schnell stieg sie aus der Wanne, griff nach einem der Handtücher, die an dem Heizkörper neben der Wanne hingen, und trocknete sich rasch ab.

Nachdem sie sich in ihren weichen, weißen Bademantel eingekuschelt hatte, ging sie zum Fenster und öffnete es, um zu lüften. Als sie heraus sah, stockte ihr der Atem.

In der Hintersten Ecke des Baumes, im Schatten der Blätter und höchst wahrscheinlich für alle Passanten nicht sichtbar, saß ein Luchs.

War es der Selbe wie in der letzten Nacht? Wenn ja, was machte er hier erneut? Und es gab doch eigentlich gar keine Luchse mehr in der Nähe von Berlin und noch immer waren keine Tiere aus dem Zoo vermisst gemeldet worden.

Pia hatte erneut den Eindruck, dass das Tier sie genau beobachtete, sich sogar dessen Bewusst war, was ihre Bewegungen, ihre Mimiken bedeuteten. Kopfschüttelnd wandte sie sich vom Fenster ab, wollte aus dem Badezimmer gehen und das Fenster, so wie immer, für einige Minuten geöffnet lassen.

Gerade als sie die Zimmertür erreicht hatte, drehte sie sich noch einmal um und erschreckte sich fürchterlich. Das Tier war aus dem Schatten heraus gekommen und auf dem Weg zu ihrem Fenster.

„Was mache ich jetzt?“, schoss es ihr durch den Kopf. Konnte sie das Fenster vor der Wildkatze erreichen und es schließen? Oder würde die Katze schneller sein und dann in ihrem Badezimmer sitzen? Waren Luchse gefährlich? Konnte das Tier ihr etwas antun? Sollte sie lieber schnell das Zimmer verlassen und die Polizei rufen? Unschlüssig stand sie für einen Moment lang einfach nur da und bewegte sich nicht.

Ehe sie sich versah, hatte die Katze einen Satz gemacht und landete elegant und mit Grazie in ihrem Badezimmer.

Pias Herz schlug bis zum Hals, sie hatte war nicht bemerkt. Wie sie sich bewegt hatte und fand sich nun, an die Tür gepresst, mit den Händen an der Klinke und die Katze anstarrend wieder.
 

Er konnte sich nicht erklären, was ihn dazu getrieben hatte. Noch vor einem Moment saß er im Schatten der Blätter und betrachtete das geschlossene Fenster, da öffnete es sich und er sah Pia. Einen Augenblick später saß er in ihrem Badezimmer, in seiner tierischen Gestalt.

Sie war völlig verängstigt in eine Ecke gerückt und sah ihn ungläubig an. Er hatte definitiv alles falsch gemacht, was er nur falsch machen konnte. Jetzt hab es zwei Möglichkeiten, um die Situation zu lösen.

Er könnte sein Geheimnis preis geben, sich vor ihren Augen verwandeln und hoffen, dass sie nicht in Ohnmacht fallen oder hysterisch durch die Wohnung laufen würde.

Die zweite Möglichkeit bestand daraus, so schnell wie möglich das Zimmer zu verlassen und weg zu laufen. Pia würde nicht erfahren, dass er es war und seine Familie wäre in Sicherheit.

Er drehte sich um und mit einem Satz sprang er aus dem Fenster, zurück auf den Baum. So schnell seine Beine ihn tragen konnten, lief er fort, immer bemüht so gut es geht zwischen Büschen und Bäumen unsichtbar zu bleiben. Es war das einzig richtige, was er tun konnte.

Zu gefährlich wäre es gewesen, sie einzuweihen. Nicht nur gefährlich, sondern auch dumm, fügte er in Gedanken hinzu. Schließlich trieben ihn seine Gefühle zu ihr, brachten ihn fast dazu, sein Geheimnis preis zu geben und all das, obwohl sie sowieso schon Angst vor ihm hatte, ihm nicht vertraute und ihn allen Anscheins auch nicht mochte.

Lukas schüttelte den Kopf, er durfte es nicht weiter zu lassen, sich so von seinen Gefühlen leiten zu lassen. Es würde ihn eines Tages noch in Teufels Küche bringen und seine Familie gleich mit.

„Ich bin überaus zufrieden, mit dem Fortschritt, den wir in der Mission 58247 machen.“ – „Ja, bei dem Tempo wird es sehr bald zum Durchbruch kommen. Es kann sich nur noch um wenige Wochen, vielleicht sogar nur wenige Tage handeln.“

Mortimers Gegenüber lehnte sich zurück, schmiegte sich an die Lehne seines Lederstuhls, es wirkte gelassen, doch Mortimer wusste, das jede Bewegung die er tat genau kalkuliert war. Niemand hatte ihn bisher aus der Reserve locken können und bis dies jemand schaffen würde, dessen war Mortimer sich sicher, würde noch viel Zeit vergehen.

„Dann hoffe ich“, begann der Mann, „dass sie alle nötigen Vorkehrungen bereits in die Wege geleitet haben, damit wir, wenn es soweit ist, nicht unnötige Zeit verschwenden.“ – „Aber sicher doch.“, nickend hielt Mortimer dem Blick stand, ein Blick der so eisig kalt und berechnet war, dass vielen ein Schauer den Rücken hinunter gelaufen wäre. Doch nicht ihm, denn dafür kannte er ihn zu gut.

Und zu lange. Bereits einige Jahre hatten sie mit der Planung des Projekts verbracht, ein großes Team zusammen gestellt, dass sich so gut es geht auf alle möglichen Probleme vorbereiten sollte. Ob ihnen dies gelungen war… sie würden es in Kürze erfahren.
 

* * * * * * * *
 

Pia wagte es immer noch kaum zu atmen, eben noch hatte ein ausgewachsener Luchs vor ihr gestanden und nun war sie wieder allein im Badezimmer. Der Wind ließ die Gardine in den Raum wehen, die Dämmerung war mittlerweile in dunkle Nacht übergegangen.

Wie lange stand sie bereits in Bademantel und mit Haaren in ein Handtuch gewickelt im Badezimmer, an die Wand gepresst? Pia war sich nicht sicher, vielleicht waren nur wenige Minuten vergangen, vielleicht jedoch auch mehr.

Sie war sich sicher, dass die Katze noch während der Dämmerung losgelaufen war, also musste einige Zeit verstrichen sein. Seufzend begab sie sich zum Fenster, schloss es und ging langsam aus dem Badezimmer.
 

Der Nächste Morgen war gekommen und Pia ging erst einmal raus an die frische Luft. Nun, ohne Job, hatte sie wenigstens die Zeit ausgiebig joggen zu gehen. Dass es noch etwas kühler war störte sie nicht, eine graue dicke Strickjacke die sie seit der Jugend besaß würde ihr genug Wärme spenden.

Ihre langen dunklen Haare hatte sie wie jeden Tag zu einem festen Zopf gebunden, das Make-up jedoch ließ sie an dem Tag komplett unberührt im Badezimmer liegen. Es würde beim Joggen sowieso nur verlaufen.

Die klare morgendliche Luft einatmend begann Pia, nachdem sie ihr Grundstück verlassen und die Pforte geschlossen hatte, in einem langsamen Tempo loszulaufen. Auf den Gräsern befand sich noch ein Rest vom Tau und die Sonne hinterließ einen rosafarbenen Schleier am Horizont.

Es war früh, sehr früh, doch Pia hatte nicht länger schlafen können. Zu sehr beschäftigten sie die Ereignisse des letzten Abends. Mittlerweile war sie sich nicht einmal mehr sicher, ob sie sich das Zusammentreffen mit dem Luchs nur eingebildet hatte oder ob es tatsächlich so geschehen war, wie sie es in Erinnerung hatte.

Seufzend erhöhte Pia ihr Tempo, wollte schneller laufen und sich auspowern, um alles um sie herum vergessen zu können. Die Tatsache, dass sie nun keinen Job mehr hatte, fasziniert war von einem Mann dem das Wort „gefährlich“ bereits ins Gesicht geschrieben war und allabendlichen Besuchen einer Raubkatze.
 

Lukas lag noch immer im Bett, was sehr ungewöhnlich war. Seine Augen waren zur Decke gerichtet, wo er seinen Blick ziellos umherstreifen ließ. Er hörte wie die Vögel den Morgen begrüßten und konnte die frische Luft riechen, die den neuen Tag ankündigte, doch das alles half nichts. Er hatte keine Motivation aufzustehen.

Noch immer spielte sich vor seinem inneren Auge die Szene in Pias Badezimmer ab. Immer und immer wieder sah er sie, nur mit einem Bademantel bekleidet, vor sich. Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben. Die Angst vor ihm. Es war keine knisternde Angst gewesen, wie er sie sonst bei ihr wahrnahm, wenn er ihr in menschlicher Gestalt begegnete. Nein, dies war Panik. Angst um ihr Wohl und nicht nur Angst vor etwas Neuem.

Lukas’ Hände ballten sich zu Fäusten, er hätte von vornherein wissen müssen, dass sie Angst vor einer Raubkatze haben würde. Er hätte sich von vornherein von ihr fern halten sollen und so eine Situation niemals zulassen dürfen. Doch nun war es zu spät. Das einzig Positive war, dass sie nicht wusste, dass diese Raubkatze, die sie die letzten Tage besucht hatte, in Wirklichkeit er war.

Er würde sich von nun an von ihr fernhalten. Sowohl in menschlicher, wie auch tierischer Gestalt. Schließlich musste er auch an seine Familie, sein Rudel denken und konnte sie nicht einfach verraten.

Nichts desto trotz. Seufzend rollte Lukas sich auf die Seite und starrte nun seinen Fußboden an. Es war nicht leicht, niemand außerhalb dieser Siedlung vertrauen zu können.

Vor allem dann nicht, wenn so jemand wie Pia ins Spiel kam…

Es war bereits früher Abend, Pia saß in ihrer Küche und hatte

eine Kanne mit Tee aufgebrüht. In Gedanken verloren stand sie vor ihrer Arbeitsplatte, auf der die Kanne sich befand und sah aus dem Fenster. Den ganzen Tag hatte sie versucht sich abzulenken, versucht ihre Gedanken von Lukas fernzuhalten, jedoch vergebens.

Immer wieder ertappte sie sich, wie sie ihn sich vorstellte. Sein Körper, sein Gesicht, seine grünen Augen. „So kann das doch nicht weitergehen…“, murmelte Pia sich selbst zu und wusste zugleich, dass sie so nichts an der Situation ändern konnte.

Es gab nur eine Möglichkeit, welche jedoch nicht unbedingt ein frohes Ende versprach. Sie müsste es riskieren, zu ihm fahren und ihn treffen. „Niemals. Lieber versinke ich jeden Tag so wie heute in Gedanken.“

Sie wusste, dass es eine Lüge war, dass es nichts brachte sich selbst belügen zu wollen und dass sie tief in ihrem Inneren nur aus dem Grund zögerte, weil sie hoffte er würde zu ihr kommen. Würde vor ihrer Tür stehen, sie mit seinem strahlenden Lächeln begrüßen und…

Nein, das würde nicht geschehen und dessen war Pia sich mehr als bewusst. Er war kein Schmusekater, der einfach zu ihr kommen würde und mit dem es leicht sein würde. Er war mehr eine Raubkatze. Solch eine wie der Luchs, der sie erst letzte Nacht wieder besucht hatte.

Seufzend nahm sie die Teebeutel aus der Kanne und holte sich eine große Tasse aus einem ihrer Schränke. Es konnte nicht wirklich so weiter gehen. Sie konnte nicht jeden Tag so völlig neben sich stehen und in Gedanken schwelgen. Sie musste einen neuen Job finden und dafür brauchte sie einen klaren Kopf. So wie es momentan um sie stand, würde sich das als unmöglich erweisen. Ob sie jedoch einen klaren Kopf haben würde, nachdem sie Lukas erneut einen Besuch abstattete? Fraglich.

Ohne es wirklich zu bemerken hatte sie die Tasse, die sie bisher mit beiden Händen umfasste abgestellt. Fast von ganz allein begann sie aus ihrer Küche zu gehen und sich Schuhe anzuziehen. „Das ist doch lächerlich“, murmelte sie zwischendurch, hielt jedoch nicht ein einziges Mal inne und ging geistesabwesend die Treppe, die aus ihrem Haus hinaus führte, hinunter.

„Es ist nicht so, dass ich ihn sehen muss, weil ich mich sonst nicht konzentrieren kann…“ Immer wieder suchte sie nach Gründen, die das Bedürfnis ihn zu sehen untergruben. Der Tatsache, dass sie dabei kläglich scheiterte war sie sich sehr wohl bewusst, doch ihr Stolz hinderte sie daran den Gedanken freien Lauf zu lassen, die sie schon den gesamten Tag abzulenken versuchten.

Ohne ihr Radio einzuschalten fuhr Pia los, einen Weg den sie erst einige Male gefahren ist und der ihr nichtsdestotrotz so vertraut vorkam. Die Minuten vergingen und die Stille die sie umgab, welche durch die nahende Dunkelheit nur noch stärker zur Geltung kam, machte ihr nichts aus.

Sie hätte der Musik sowieso keinerlei Aufmerksamkeit gewidmet, obwohl es eine ihrer Leidenschaften war. Eine Leidenschaft, die sie seit ihrem Umzug leider stark unterdrückt hatte. Zu sehr war sie in den letzten Monaten mit ihrem Job beschäftigt gewesen, zu sehr hatte sie ihr gesamtes Privatleben auf Eis gelegt. Früher, was heißt hier früher, noch vor einigen Monaten wäre es undenkbar gewesen, dass sie auch nur eine Fahrt ohne ein lautstark aufgedrehtes Radio gemacht hätte, dass sie auch nur ein Konzert einer ihrer Lieblingsbands verpasste oder dass sie hin und wieder ein Musical besuchte. Trotz ihrer Lieber zur Musik konnte sie selbst kein Instrument spielen, auch Singen gehörte nicht zu ihren Stärken.

Und erneut überkam Pia eine gewisse Wut. Wut darüber, dass sie die letzten Monate nur für ihren Job gelebt hatte, nichts anderes getan hat außer zu arbeiten.

Langsam fuhr Pia auf den Hof der Siedlung, alles war mittlerweile Dunkel und an den Häusern brannten keine Lampen. Allmählich kam sie wieder zur Besinnung, wurde wieder Herr ihrer Sinne. „Warum…“ Suchend sah sie sich um. Noch war niemand aus den Häusern gekommen, anscheinend hatte keiner sie kommen hören.

Der Grund, weshalb sie gekündigt hatte, war er gewesen. Lukas. Nicht die Tatsache, dass sie sich selbst völlig aufgab und ein nicht einmal annähernd gerechtes Gehalt bekam hatten sie kündigen lassen, nein. Lukas war es gewesen. Er mit seinen gefährlichen Augen und seinem sinnlichen Mund.

Erneut blickte Pia um sich, noch immer hatte sie niemanden entdeckt, der sich ihrem Auto näherte. Ihre Gedanken spielten verrückt, sollte sie den Rückwärtsgang einlegen und wieder wegfahren? Wollte sie auch nur einen einzigen weiteren Tag so unkonzentriert und völlig neben sich sein?

„Nein.“ Langsam schnallte sie sich ab, schaltete das Licht ihres Wagens aus und zog den Zündschlüssel aus dem Schloss. Kurz schloss sie ihre Augen und atmete tief durch. Sie würde der Sache ruhig gegenüber stehen, sich nicht einschüchtern lassen und auch sonst nichts geschehen lassen, was sie nicht wollte.

Pia öffnete ihre Autotür und stieg leise aus. Sie wusste nicht, wer noch alles hier wohnte, wollte jedoch kein unnötiges Risiko eingehen und weitere unverhoffte Bekanntschaften schließen, schließlich wusste sie nicht, ob die weiteren Bewohner der Siedlung nach Lukas kamen und somit genauso gefährlich waren.

In dem dunklen Innenhof kam Pia nicht sonderlich schnell voran, da sie darauf achten musste, nicht über die unebenen Steine, die den Weg pflasterten, zu stolpern.

Langsam aber sicher näherte sie sich Lukas’ Haus und konnte mit jedem Schritt spüren, wie ihre Ruhe und ihr Selbstbewusstsein verschwanden. Stattdessen machte sich ein nervöses Grummeln in ihrer Bauchgegend breit, welches ihr anscheinend klar machen wollte, dass das, was sie gerade vorhatte, keine gute Idee war.

Es ignorierend ging Pia trotzdem die letzten Schritte auf die Tür des Hauses zu. Für einen kurzen Augenblick zögerte sie, ihre Hand verkrampfte sich und es schien, als könnte sie sie nicht dazu bringen sich zu erheben und anzuklopfen. Nach einmaligem tiefen Luftholen jedoch hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Sie nahm all ihren Mut zusammen, klopfte an und wartete darauf, was nun passieren würde.
 

Angespannt saß Lukas auf seinem Bett, als das Klopfen ertönte. Er hatte sie schon längst wahrgenommen, hatte ihr Auto kommen hören und ihren Duft gerochen, nachdem sie ausgestiegen war. In seinem Kopf herrschte Chaos, alles war auf diesen Augenblick fixiert.

Sie war gekommen, unsicher und nervös, da war er sich absolut sicher. Und noch immer hatte sie Angst vor ihm. Nichts desto trotz war sie nun hier, am späten Abend, alleine und klopfte an seine Tür.

Seine Finger krallten sich an der Kante der Matratze fest. Er wusste nicht, was er nun genau tun sollte. „Öffnen“, kam ihm als erster Gedanke in den Sinn, doch was danach? In seiner momentanen Verfassung hätte er sie am liebsten genommen und markiert, als seins.

„Das ist nicht gut“, murmelte Lukas mit zusammengebissenen Zähnen. Er sollte gegenüber einer Frau nicht solche Gefühle haben, nicht so besitzergreifend sein. Und doch… er konnte es nicht ändern, es nicht verdrängen. Er war schließlich bereits am Tag zuvor Zeuge dessen geworden, was passierte, wenn er versuchte sich fern zu halten.

Langsam erhob er sich, seine Zähne waren noch immer krampfhaft zusammengebissen, er durfte es sich einfach nicht erlauben sich gehen zu lassen, zu viel von sich zu zeigen, zu viel preiszugeben und das obwohl es genau das war, was er wollte.

Er wollte, dass sie ihn akzeptierte, keine Angst mehr vor ihm hatte, ganz gleich in welcher Gestallt er sich gerade befand. Vor seinem inneren Auge sah er genau das, wovon er träumte. Pia, wie sie ihn in seiner tierischen Gestalt liebevoll streichelte, den Nacken kraulte.

Kopfschüttelnd ging er weiter zur Tür, soweit würde es niemals kommen. Er wusste, dass sie Angst vor seiner tierischen Gestalt hatte, dass es zu gefährlich war, sie einzuweihen.

Trotzdem wollte er sie jetzt bei sich haben, wenigstens etwas von seinem Bedürfnis sie zu besitzen stillen, in der Hoffnung dadurch zur Ruhe zu kommen.

Lukas bemühte sich ruhig zu bleiben und die Tür langsam zu öffnen, was ihm schwer viel, da ihr Geruch seinen Kopf vernebelte und ihr Herzschlag in seinen Ohren dröhnte. Sein ganzes Wesen war in diesem Moment auf sie fixiert.

Die Luft anhalten sah er sie an, wie sie vor der Tür stand und ihn mit großen Augen ansah.



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von: abgemeldet
2010-07-22T13:29:23+00:00 22.07.2010 15:29
ich mal wieder. ^^ muss wirklich sagen pia hat mut. was liebe mit jemanden anstellt. *lach*
bin blos gespannt was die freunde von lukas sagen.
bin schon aufs nächste gespannt ;)

Von: abgemeldet
2010-07-18T10:41:38+00:00 18.07.2010 12:41
>>Mission 58247<<?!?!?!
Wie oft haben die schon was geplant?! Mafia oder was?! *lach*
Nein, spaß beiseite, ich bin froh, dass du mal wieder weiter geschrieben hast, ehrlich.
können die beiden am schluss ein paar werden?!?! *viel zu neuzgierig ist*
UND WEHE, WENN NICHT! ich finbd deinen stil toll, mach weiter! xD
Von: abgemeldet
2010-07-09T16:28:34+00:00 09.07.2010 18:28
ey du. habs gerade gelesen. richtig geil. nur leider etwas kurz. aber am meisten würde mich mal interesieren was es mit dem komischen projekt das mortimer und er kerl vorhaben aufsich hat. aber ich lass mich überraschen. wie immer ein geiler ff. *daumen hoch* :X bin schon aufs nächste gepannt
Von: abgemeldet
2010-05-28T09:56:37+00:00 28.05.2010 11:56
hi hab deine ff gelesen und find sie toll
wollte dich fragen ob du bald weiter schreiben wirst
hoffe sehr
lg amu-lein

Von: abgemeldet
2010-05-26T18:37:00+00:00 26.05.2010 20:37
Ey du. Cooler FF. Hab ihn gerade komplett gelesen und muss sagen: geil. Einfach nur Geil. Arme Pia.^^ Aber sie hats auch nicht leicht. Schreib bitte schnell weiter. Will wissen wies weiter geht

Von: abgemeldet
2010-04-29T16:46:21+00:00 29.04.2010 18:46
schade, dass das bad ein gardine hat xD
und ich dachte, die stellt sich ganz direkt den sex mit lukas vor xD
dir ist schon klar, dass die spannung langsam echt schlimm wird...?
ich weiß immer noch nicht was mortimer will >__<
schreib mal schnell weiter, ich les es dann sofort xD
Von: abgemeldet
2010-04-24T11:55:43+00:00 24.04.2010 13:55
Endlich ist es on *lach*
ich mag die Geschichte total!
Lukas könnte das bei mri gerne auch mal machen *schnurr*
und uh, ist das ganze Dorf etwa so? So Gestaltwandler?!
Schreib schnell weiter, ich warte! xD
Von: abgemeldet
2010-04-21T15:20:30+00:00 21.04.2010 17:20
"wie er sie umzingelte, sie hilflos machte" -> Ich hab erst geleen, dass er sie umzüngelte xD
Aber jetzt ehgrlich, ich mag das Kaptel sehr! Dass Lukas ein Luchs ist find ich klasse! und das mit den grünen Augen auch!... Hach.... wenn ich Glück habe, wird das noch so richtig romantisch...!
und: Pia ist keine Sue! Deshalb liebe ich sie jetzt schon! ^o^
Mach weiter so, ich warte! ^^
Von: abgemeldet
2010-04-15T17:31:21+00:00 15.04.2010 19:31
"Er wirkte wilder, ungezähmter als jeder andere Mann, den sie je getroffen hatte"
HA! Da reagier sogar ICH drauf.. *jetzt einfach mal veschweig, dass sie den Typ Mann interessant findet*
Und ehrlich, mir gefällt deine Gechichte wirklich gut! Jedes Mal, wenn du aus Pias sicht schreibst, werd ich selbst angespannt...
Ich warte auf die fortetzung xD
Von: abgemeldet
2010-04-13T10:24:34+00:00 13.04.2010 12:24
Will der die vergewaltigen, oder wieso sagt er wo er wohnt?! xD
Ich mag die Geschichte hier, und irgendwie stell ich mir Pia wirklich sehr sehr hübsch und nett vor.
So, mein Fazit: Ich mag das hier ^o^


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