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Hidden Flowers III

Die letzte Reise
von

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Sturm

Konoha-Gakure, Dritter und letzter Tag des Erntefestes, 43h nach Ankunft der Botschaft
 

Ein kurzes, leises Klopfen an der Tür seines Büros liess Naruto aus seiner Lektüre aufschrecken.

Und sich wünschen, er wäre längst nach Hause gegangen.

Jahrelang gut versteckt gehaltener Schmerz drängte sich innerhalb von Sekunden zurück an die Oberfläche, brannte in jeder Faser seines Wesens – und wurde mit disziplinierter Gewalt wieder unterdrückt. Er war der Hokage der Sechsten Generation.

Er lächelte.

„Guten Abend, Hyuuga-San“, sagte er und erhob sich von seinem Sessel. „Kommen Sie doch herein.“

Die Frau betrat sein Büro beinahe zögerlich, doch dann wurden ihre Schritte fester und sie wurde wieder zu der Person, die er kannte. Dennoch wirkte ihr Lächeln gequälter als seines.

„Guten Abend, Hokage-Sama. Ich...“

„Naruto“, unterbrach er sie rasch. Er hatte die Förmlichkeit nie geliebt, und seinen Titel aus ihrem Mund zu hören war schmerzhafter als alles andere.

„Dann bin ich aber Hinata, ja?“, gab Hinata zurück und auf einmal war ihre Anspannung verschwunden. Das war Naruto. Er hatte sich überhaupt nicht verändert. Bevor er antworten konnte, fuhr sie auch schon fort: „Ich bin wegen Ino hier.“

Verwirrt runzelte Naruto die Stirn. „Worum genau geht es denn?“
 

Und plötzlich platzte es aus Hinata heraus.

Es war nicht das Gespräch, welches sie schon lange hätten führen müssen. Es war nicht das Thema, über das sie sich längst hätten aussprechen müssen und welches beide geflissentlich gemieden hatten. Es war die falsche Zeit, es war der falsche Ort – aber es war eine Konfrontation zwischen zwei Personen, die einander schon vor langer, langer Zeit hätten konfrontieren müssen.

„Wie konntest du sie nur gehen lassen? Sie ist schwer krank – das weißt du doch! Das sieht doch jeder, auch, wenn sie es verstecken will – nur du mal wieder nicht! Hast du ihre letzten Hirnscans gesehen? Ein Wunder, dass sie nicht vor Schmerzen schreit! Und du schickst sie auf eine Mission in ein Seuchengebiet?!“
 

Zuerst war Naruto einfach nur platt.

„Eigentlich“, antwortete er verwirrt, „Hat sie von sich aus angeboten, die Mission als leitende Ärztin zu begleiten.“

Hinatas weißen Augen funkelten ihn über den Tisch hinweg wütend an. „Sie hat darauf bestanden? Man schickt keinen Spielsüchtigen in die Stadt der Glücksspiele, auch, wenn er darauf besteht! Anscheinend hat sie vor, das Ganze zu einer Selbstmordmission ausarten zu lassen – und du lässt das auch noch zu? Zeigst du so den ach-so-herrlichen Schutz, den ein Hokage seinem Volk angedeihen lässt? Oh Gott, dann können wir alle darauf verzichten!“

Krachend knallten seine Hände auf den Tisch, als er aufsprang und sie kalt anfunkelte. Das war es, was sie zurückschrecken liess: er explodierte nicht. Sein Blick war eiskalt, kälter als ein Schneesturm im Winter, und seine Stimme ebenso. Aber er explodierte nicht.

„Und wie stellen Sie sich das vor? Soll ich mir von jedem meiner Shinobi eine komplette, aktualisierte und beglaubigte Krankheitsliste vorlegen lassen? Wenn ich diese Menschen hinausschicke, dann vertraue ich darauf, dass jeder einzelne von ihnen mit dem ihm gegebenen, gesunden Menschenverstand gesegnet ist, der ihn selbst entscheiden lässt, ob das Wagnis einer Mission für ihn vertretbar ist oder nicht. Wenn ich nicht darauf vertrauen kann, dass man mir die Wahrheit über den Zustand meiner Leute sagt – worauf dann?“

Auf den Tisch flog ein brauner Aktenordner, abgewetzt vom langjährigen Gebrauch. Inos kleine Handschrift kennzeichnete ihn mit einer Reihe von Zahlen. „Schau dir das an!“

Ruhig schlug Naruto den Order auf und starrte unbewegt auf das MTR auf der ersten Seite.

„Und was wollen Sie, dass ich da sehe?“

Jetzt stampfte Hinata wirklich mit dem Fuß auf. „Hör endlich auf, mich zu siezen! Ich will, dass du es dir ansiehst!“

„Ich bin kein Mediziner!“, rief Naruto aus, und eine Note Verzweiflung kroch in seine Stimme und fügte der kühlen Fassade erste leichte Risse zu.

Einen Augenblick lang starrte sie ihn über seinen Schreibtisch hinweg nur an, dann senkte sie ihren Blick, merkwürdigerweise beruhigt von der Sorge, die sie in seinen Augen sah.

„Ihre Krankheit meldet sich wieder, anscheinend schon seit Wochen. Sie hat es gut versteckt, das MRT ist vom Anfang des Monats. Sie hat wahrscheinlich Kopfschmerzen und die anderen Symptome kommen wahrscheinlich auch wieder. Diese Mission...“

Ihre Simme drohte zu versagen. „Diese Mission könnte ihre letzte sein, verstehst du?“

„Das habe ich wirklich nicht gewusst“, sagte er leise und angespannt. „Wirklich nicht.“

Sie glaubte ihm.

„Es tut mir leid, dass ich gesagt habe, dass du ein schlechter Hokage bist“, sagte sie schließlich. „Dass du nicht loyal bist und deine Pflicht nicht erfüllst... Das ist nicht wahr.“

„Danke“, sagte er in einem Ton der amüsierten Resignation. „Und du bist die beste Ärztin in Konoha. Du verstehst, warum ich dich nicht schicken konnte.“

„Ino ist doch genauso gut.“

„Ja, aber Ino ist nicht die Oberärztin.“

Er hatte Recht.

Er hatte immer Recht.

„Was mache ich jetzt?“, fragte sie schließlich, und beide waren sich bewusst, dass es eine rein rhetorische Frage war.

„Du musst gar nichts tun“, sagte Naruto und strich sich mit beiden Händen durchs Haar, sodass es noch schlimmer abstand als gewöhnlich. „Yuka und Shikaru sind ja bei ihr. Sie passen schon auf sie auf. Mach dir keine Sorgen.“

Als Hinata realisierte, dass er sie duzte, hätte sie beinahe begonnen, zu lachen und gleichzeitig zu weinen.

Ein leises Räuspern an der Tür liess sie herumfahren. Auch Naruto sah erstaunt auf. „Heute bekomme ich aber viel Besuch...“

Er brach ab, als er sah, wer in seiner Tür stand.

„Ich störe nur ungern das Gespräch, aber da es sich um meine Frau handelt, von der ihr sprecht, würde ich wirklich gerne wissen, was es mit dieser Selbstmordmission in Seuchengebiete auf sich hat. Und wenn möglich, ziemlich schnell.“
 

Unter anderen Umständen hätte Shikamaru die zwei Paar Blicke, die ihn erschrocken ansahen, als lustig empfunden. Unter anderen Umständen wäre er entsetzt gewesen von dem Ton, den er selbst angeschlagen hatte.

Allerdings schien der Hokage heute milde gestimmt zu sein, wenn seine Untergebenen ihn kritisierten.

„Shikamaru. Ich schätze, dich erst zu fragen, was Suna bereits gegen ihre Situation unternommen hat, ist zwecklos. Komm herein. Keine Sorge – Ino geht es gut, zumindest war es so, als sie von hier aufbrach. Sie ist unterwegs mit Shikaru und Yukatsuki...“

„Mich interessiert eher, wohin und weshalb sie unterwegs ist“, unterbrach Shikamaru.

„Hyuuga-San“, sagte Naruto. „Könntest du Shikamaru berichten, was du weißt? Ich bin dafür wahrscheinlich denkbar ungeeignet.“
 

Shikamaru hörte schweigend zu, wie Hinata für ihn noch einmal Inos Zustand zusammenfasste.

„Sie schien unbedingt gehen zu wollen, weil...“ Hilfesuchend warf sie Naruto einen Blick zu, der ergänzte: „Weil sie sich schuldig fühlte, dass sie den Boten nicht hatte retten können.“

Shikamaru starrte den Hokage eine Zeit lang mit steinernem Gesicht an, dann wandte er sich ab. Es gefiel ihm nicht, dass noch jemand außer ihm Ino so gut lesen konnte. Aber Naruto war nicht umsonst Hokage geworden.

„Klingt ganz nach Ino“, bestätigte er knapp und sah auf, aber Naruto winkte sofort ab.

„Nein, kommt nicht in Frage. Ich brauche dich hier. Und Ino würde mich umbringen, wenn ich dich hinterherschicke, nur weil du dir Sorgen um sie machst.“

Da war was dran, dachte Hinata, gegen ihren Willen amüsiert. Dann fiel ihr Ashuria ein.

„Da ist noch was“, sagte sie. „Ashuria hat beinahe herausgefunden, was den Tod des Jungen verursacht hat: Es ist ein Immunotoxin aus einem Schwermetall und einem Virus, wobei der Virus durch seine eigene Verbreitung im Nervensystem das Schwermetall weiterträgt. Man müsste also nicht nur ein Gegengift, sondern auch ein Antivirus entwickeln.“

„Vielleicht sollten wir eine Probe des Immunotoxins nach Suna-Gakure schicken“, überlegte Naruto.

„Nein, das würde nichts bringen. Sie haben kaum fortschrittlichere Methoden als wir. Außerdem haben sie einen nur eingeschränkten Bedarf an Heilkräutern und Ähnlichem, und den brauchen sie für sich selbst.“

„Und außerdem hat Suna andere Probleme“, warf Shikamaru ein. Der Hokage sah ihn entsetzt an und bedeckte dann seine Augen mit einer Hand. „Noch mehr? Um Gottes Willen. Ist es wichtig oder kann ich mir erst Morgen darüber Gedanken machen?“

Shikamaru überlegte kurz.

„Das hat Zeit bis Morgen.“

„Dann macht es euch sicherlich nichts, wenn ich euch nun hinauswerde“, sagte Naruto, lächelte aber.

„Nein, natürlich nicht“, sagte Hinata. Ihr Blick wanderte zur großen Uhr an der Wand: es war lange nach Mitternacht.

„Gute Nacht, Naruto“, sagte sie leise. Shikamaru folgte ihr. Die Tür zum Büro des Hokage fiel mit einem leisen Laut hinter beiden ins Schloss.
 

Hinata machte sich auf den Heimweg und kam nicht umhin, den Stachel des Mitleids zu unterdrücken: sie und Shikamaru kehrten in ein Haus zurück, in dem normalerweise – wenn alle Angehörige anwesend waren – laut und freundlich und lebendig war. Naruto blieb nachts in seinem Büro, aus dem die Geister der verstorbenen Hokage nicht vertrieben werden konnten... Und wie immer sagte sie sich mit einem schlechten Gewissen, dass es eigentlich ihre Schuld war.
 

Xefua, Norden des Feuerreiches, Zeit seit Aufbruch aus Konoha: 77h
 

„Na also“, seufzte Yuka und blickte zufrieden, wenn auch müde auf das in ihrer winzigen Schrift vollgeschriebene Blatt Papier hinunter. Camille sah so aus, als würde sie gleich einschlafen, Ino fühlte sich ähnlich. Shikaru stand mit den Händen in den Taschen neben der Tür, wo ihm die frische Nachtluft einen klaren Kopf bescherte.

„Ist es gut?“, fragte die alte Frau schliesslich.

„Wunderbar“; sagte Yuka nun und lächelte stolz. „Ich bin keine Biochemikerin, aber ich weiß, wann ich auf den Grund der Tatsachen stoße.“

„Na also“, brummte Shikaru und kam hinüber. Sanft nahm er Camille beim Arm. „Ich bringe Sie zurück zu Ihrem Haus. Sie müssen müde sein.“

„Müde ist gar kein Ausdruck, junger Mann“, brachte die alte Frau heraus und stützte sich auf ihn. „Aber was solls. Man hilft, wo man kann.“

„Vielen, vielen Dank“, sagte Yuka. Die Analytikerin in ihr zog die letzten Schlüsse und liess sich zufrieden zurücksinken.

„Und Gute Nacht.“

Shikaru verschwand mit ihr und Yuka wandte sich zu Ino-San um, die während der letzten halben Stunde an der Wand gelehnt hatte, die Augen geschlossen.

„Ino-San?“, fragte sie leise. „Wir sind fertig.“

„Kopfschmerzen“, stöhnte die Frau so leise, dass Yuka sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen. Schnell holte sie eine Flasche sauberen Wassers und löste eine Schmerztablette darin.

„Hier“, sagte sie und liess die Ärztin trinken. Dann liess sie ihr Chakra fließen und verfuhr genau so, wie Ino-San es ihr am Morgen gezeigt hatte: Sie blockierte die Schmerzrezeptoren, vorsichtig, bis sich der verkrampfte Körper der Frau entspannte. Dann nahm sie deren Decken, bereitete sie auf dem Boden aus und kehrte zu ihr zurück. Sie hätte es nicht gedacht, aber es gelang ihr ohne Probleme, sie hochzuheben. Wie dünn die Ärztin war! Vorsichtig legte Yuka sie auf ihre Decke und breitete eine zweite auf ihr aus. Ino-San schlug die Augen auf.

„Bitte, sag ihm nichts“, flüsterte sie so flehentlich, dass Yukas Herz sich zusammenzog. Sie nickte mit zugeschnürter Kehle. Die Frau schloss die Augen und schlief ein.

Minuten später war auch Shikaru wieder da. Stumm rollte er sein Lager auf der anderen Seite des Raumes auf und beobachtete, wie Yuka das selbe tat. Schliesslich herrschte Stille, nur im Feuer krachten leise einige Scheite.

„Gute Nacht, Yuka.“
 

Stille.

Zwei Paar tiefer, ruhiger Atemzüge erfüllten bald den Raum. Yuka lag nur noch kurz wach, dann fiel auch sie in einen tiefen Schlaf.

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Ende des Kapitels

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2011-01-09T23:49:22+00:00 10.01.2011 00:49
Hammer Kapi!^^
Freue mich schon aufs nächste.^^


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