Zum Inhalt der Seite

Spiral

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Impact

Part IX - Impact
 

Als Sono erwachte fühlte er sich absolut erniedrigt und dachte, sich vor Scham und Reue übergeben zu müssen.

Die störende Empfindung an seiner Hand wurde in seinem Geist sehr schnell als I.V. erkannt, das Gewirr von Stimmen und fremden Gerüchen als Krankenhaus.

Wie erbärmlich konnte man eigentlich sein?

Welche eine Bürde für die Menschen um sich herum?

Konnte er denn gar nichts richtig anstellen?

Er wollte stöhnen und sich direkt aus dem Bett in ein tiefes, dunkles Loch stürzen, doch der Laut, der sich von seinen Lippen brach, erinnerte mehr an das Winseln eines geschlagenen Hundes.

„So!“

Stuhlbeine schabten mit einem lauten, hässlichen Geräusch über einen akkurat gereinigten PVC-Boden und Sono zuckte zusammen, wollte sich am Liebsten furchtbar klein machen, aber dann berührten Yos Finger sanft seine Hand, küsste dieser seiner Fingerspitzen.

„So? Bist du wach?“

Es war so sanft, so besorgt, diese Frage, dass der Vocal nicht anders konnte, als seine Augen zu öffnen und leicht zu nicken.

„Oh, Gott sei Dank!“, die Erleichterung stand seinem Freund über das gesamte Gesicht geschrieben, aber dann kam ein Funken Wut, der sich durch all die anderen Emotionen in den Augen des Größeren spiegelte., „Ich hab gedacht, mir bleibt das Herz stehen, du Idiot!“

Abermals zuckte der Liegende zusammen, senkte den Blick.

„Sorry.“, nuschelte er, zog die Schultern dabei nach oben – er hatte das doch nicht mit Absicht gemacht!

Kleine Schwindelanfälle hier und da hatte er sonst immer weg gesteckt, sich allenfalls ein paar Minuten setzen müssen... es war ihm bisher noch nie passiert (zumindest nicht einfach so!), dass er vollkommen in sich zusammen klappte... er erinnerte sich ja nicht einmal mehr daran, überhaupt gefallen zu sein!

Über ihm seufzte Yo ein schweres Seufzen.

Genau das Seufzen, dass Sono immer hörte, wenn er wieder einmal etwas Dummes angestellt hatte – es ließ ihn sich noch miserabler fühlen und er wünschte, Yo würde einfach gehen und ihn allein hier liegen lassen, doch stattdessen nahm sein Freund sanft seine Hand auf, die er vorhin irgendwie losgelassen haben musste.

„Ist schon okay... mir tut es leid, ich wollte dir keinen Vorwurf machen.“, der Bassist kämmte ein paar der silbernen Strähnen zurück, arbeitete an einem Lächeln, aber Sono sah stur fort von ihm, Kummer und Elend auf den schönen Zügen, „Ich hab mich nur so furchtbar erschrocken und wusste nicht, was ich tun soll. Dich da so liegen zu sehen...“

„Sorry...“

Wieder das gleiche gewisperte Wort, erstickt, als würde der Ältere jeden Moment in Tränen ausbrechen, aber noch immer kein Blick, keine Reaktion darauf, dass er den Handrücken sanft streichelte und Yo mochte das nicht, es war, als würde es eine Wand zwischen ihnen geben, die von Sekunde zu Sekunde dicker wurde.

„Hey...“, mit einem Finger streichelte er sanft über das Kinn des Kleineren, „Willst du mich nicht ansehen?“

Sono tat es, aber nur, weil sein Freund es wollte – die gesamte Misere über diese Situation stand in flammenden Lettern auf seinem Gesicht geschrieben.

Gott, er fühlte sich wie ein nichtsnutziger Blutsauger.

„Nun schau doch nicht so!“

Es zehrte an Yos Herz, dass sein Sono aussah, als würde er am Liebsten still und heimlich in einer dunklen Ecke verschwinden und nicht mehr gesehen werden wollen.

Der Sänger antwortete ihm erst nicht, sah ihn nur mit diesem furchtbar unglücklichen Blick an, dann – unvermittelt – rollte er sich auf die Seite, zog dabei so heftig an seiner Infusion, dass Yo befürchtete, er würde sie vielleicht hinaus reißen.

„Wie soll ich denn sonst schauen? Die Probe ist gelaufen, unser Zeitplan im Eimer und ihr wegen mir um ein paar Jahre älter. Die Presse bekommt bestimmt Wind hiervon und dann sorgen sich die Fans und werden sich fragen, ob wir auftreten werden... wegen mir blamieren wir uns vor D noch bevor wir ihnen überhaupt gegenüber stehen.“ Sono zog die Beine vor die Brust, schniefte leise, weigerte aber wirklich zu weinen... das wäre nun wirklich das Allerletzte. „Ich bin so was von nutzlos.“
 

Sämtliche Emotionen flossen von den Gesichtszügen des Bassisten, mehr und mehr verhärtete sich das Antlitz, die Augen wurden enger, als er die Hand von der des Vocals abgleiten ließ.

„Nutzlos?“,der Tonfall wurde eisig, als er die Worte des Älteren wiedergab. , „So, du denkst also, du seist nutzlos! Aber natürlich...wie konnte ich das nur übersehen!“

Die Wut in Yos Stimme war nun deutlich zu hören.

„So etwas Nutzloses wie dich habe ich ja auch schon lange nicht mehr gesehen! Hängst uns allen am Bein, vor allem mir. Tust nie, was man dir sagt, auch wenn es für deine eigene Gesundheit ist. Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst mehr essen, mehr schlafen, dich nicht so extrem fordern, mehr Arbeit abgeben. Aber ja, du hast recht, es ist völlig nutzlos...du hörst ja nie auf jemanden!“

Schnaufend drehte er sich von Bett weg, versuchte mittels des aufgestauten Zorns Löcher in die Wand zu starren, diese in ihre Einzelteile zu zerlegen.

„Nie hörst du zu ...nicht Anzi, nicht Yuu ….nicht mir...“

Frustration formte einen bitteren Kloß in seinem Hals, welchen er nicht zu schlucken vermochte.

„Oder vielleicht ist es noch schlimmer und du hörst doch zu und ignorierst es einfach...“

Er trat einen Schritt rückwärts, ließ sich auf der Bettkante nieder, unverändert, mit dem Rücken zu Sono.

Die bittere Konsistenz des Kloßes schwächte seine Stimme, ließ sie zitternd und dünn klingen.

„Weißt du Sono... wenn du so nutzlos bist, wie du sagst... wieso mach ich mir dann noch soviel Mühe? Wieso investiere ich meine ganze Kraft darin, etwas zu beschützen, dass so nutzlos ist?“

Resignierend ließ Yo den Kopf nach vorne fallen, seufzte geräuschvoll.

„Ich meine … bin am Ende nicht ich der Dumme, weil ich meine Zeit damit verschwende? Willst du das damit sagen? Das ich dich in Ruhe lassen soll...gehen soll...“

Kurz hielt er inne, schluckte hart.

„Sono... willst du, dass ich gehe?“

Erst jetzt bemerkte er die dünnen Finger, die sich in seinem Pullover verkrampft hatten, unregelmäßig dabei zuckten.

Sonos Körperhaltung war immer noch unverändert, als sich Yo wieder zu ihm drehte, das Gesicht stur dem Fenster zu gewandt. Und doch war die feine Tränenspur um die Nase herum nicht zu übersehen.

„So...“

Augenblicklich erweichten Yos Gesichtszüge, spiegelten die ganze Sorge um seinen Geliebten wieder.

„So …nicht weinen... hey...“

Behutsam löste er die Finger in seinem Rücken, küsste erst diese und nahm dann das Gesicht zwischen seine Hände und drehte es mit leichtem Nachdruck zu sich.

Als Sono den Blicken des Dunkelhaarigen nicht mehr ausweichen konnte, ließen sich auch die hart umkämpften Tränen nicht mehr zurückhalten.

Mühsam zog er sich an den Schultern des Jüngeren nach oben, vergrub sein Gesicht in diesen.

„Bitte... bitte ...geh-he … bitte geh nicht.“

Immer wieder wurden seine eigenen Worte von den Schluchzern verschluckt.

Die Arme eng um ihn gelegt, begann Yo ihn leicht zu wiegen, beruhigend auf ihn einzureden.

„Schhhh... schhhh … ruhig, So. Ich gehe nirgendwo hin. Solange du mich nicht weg schickst, werde ich immer bei dir bleiben.“

Immer wieder bedachte er das silberne Haar mit Küssen.

„Es tut mir leid, dass ich so laut geworden bin. Ich wollte das nicht sagen...“

„Aber du hast es gesagt...“, schluchzte der Vocal und drückte sich ein Stück weit von Yo weg, um ihm ins Gesicht sehen zu können, doch er konnte es nicht lange und ließ die Augen wieder abfallen, „Und... du hast ja Recht. Aber... ich kann einfach nicht anders.“

Yo legte ein Finger sanft unter das Kinn, hob es wieder, küsste sanft die Wangen, genau unter den Augen.

„Warum nicht?“

„Weil... ich, ich bin?“ Es klang unsicher, nicht sehr überzeugend, aber Sono wusste nicht, wie er es Yo anderweitig nahe bringen sollte.„Es ist wie ein Zwang...“

Keine Arbeit abzugeben, sich immer wieder zu überfordern, nicht zu essen und zu schlafen, damit er die Deadlines ein hielt... und gleichzeitig zu feiern, zu trinken und denen um sich herum vorzumachen, dass alles so in Ordnung war, wie es war. Sich es selbst vorzumachen.

„Kannst du nicht versuchen, etwas dagegen anzuarbeiten?“, Sono hob den Blick, sah in Yos bittendes Gesicht.

Wie sollte er seinem Freund jemals etwas ausschlagen? Und so nickte er, hielt sich an dem Oberteil seines Freundes.

„Wenn du nicht gehst?“

Der Bassist schüttelte den Kopf, wiederholte, was er vorhin bereits einmal gesagt hatte.

„Das werde ich nicht. Nicht, so lange du selbst es nicht willst. Gemeinsam werden wir das schon schaffen, okay?“
 

Sono nickte seicht, schniefte leise und wischte sich dann über die Nase, was Yo mit einem missfallenden Laut beobachtete, sich streckte, um nach den Taschentüchern zu greifen, von denen er Sono eins reichte.

„Hier. Soll ich dir auch einen Schluck Wasser holen?“

Der Vocal nickte seicht, putze sich die Nase mit dem Ergebnis, dass ihm dabei so schwindlig wurde, dass er sich lieber wieder hinlegte – Yo beobachtete es besorgt, goss etwas Wasser in einen kleinen, wirklich billig aussehenden Plasikbecher.

„Ist es noch immer so schlimm?“

Sono hob hilflos eine Schulter, als sein Freund zu ihm zurück kam, den Pony aus seiner Stirn kämmte, dann sanft über seine Wange streichelte.

„Da ich nicht genau weiß, wie schlimm es vorher war, kann ich dir das nicht sagen... aber ganz ehrlich? Ich fühle mich furchtbar benebelt... so als würde mein ganzer Kopf mit Watte ausgestopft sein.“

In Yos Augen flackerte die Sorge intensiver, weswegen Sono einfach abbrach... selbst wenn er sich wünschte, dass sich dir Tür öffnete und jemand kam, der ihm sagte, was mit ihm war und wann er wieder gehen konnte.

Er fühlte sich unwohl hier, eingesperrt.

Die Wände, mit ihren wenig geschmackvollen Bildern und den sanften Farben, die ihn eigentlich nur krank machten – Sono hasste Krankenhäuser, er hasste Ärzte und er hasste seinen eigenen Körper.

Dafür, dass dieser ihn so schamlos hintergangen und verraten hatte.

„Du schaust schon wieder so bekümmert.“, Yos sanfte Stimme riss ihn aus seinen missmutigen Gedanken, dieser griff seine Hand küsste sanft die Fingerspitzen, „Was ist los, hm?“

Sono seufzte leise, genoss Yos Lippen auf seiner Haut.

„Es ist nur die ganze Situation... es frustriert mich so...“

„Wir werden schon herausfinden, was mit dir los ist!“, versicherte Yo ihm, doch Sono konnte nur wieder seufzen.

Es würde ihn vielleicht mehr aufbauen, wenn sein Freund nicht so klingen würde, als würde er sich selbst ebenso beruhigen müssen, wie Sono.

Und gerade öffnete er die Lippen, wollte etwas sagen, da klopfte es an der Tür – herein gestürmt kam aber nicht, wie von Sono gehofft, ein Arzt, sondern Ayame, Yuu und Anzi.

Und derweil der letzte der kleinen Gruppe wenigstens den Anstand besaß, die Tür wieder zu schließen, saß der Keyboarder praktisch auf seinem Schoss, verdrängte zusammen mit dem Drummer Yo vollkommen.

„Sono! Gott sei Dank... du bist wieder wach! Was ist denn passiert? Geht es dir wieder gut? Hast du Schmerzen?“

„Aya.“, Anzis ruhige Stimme unterbrach den Redeschwall des kleineren Mannes in keinster Weise.

„Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Mach so etwas nie wieder, hörst du!“

„Ayame. Lass ihm ein wenig Luft zum atmen.“

Abermals Anzi und nun wirkte es, denn der Keyboarder kletterte von ihm herunter, sah ihn aber noch immer mit großen, feuchten Augen an.

„Sag uns, was mit dir los ist!“

Sono hob hilflos die Schulter, sah an Ayame vorbei zu Yo, wünschte diesen in seine Nähe, wagte aber nicht, es laut zu sagen – es wäre zu auffällig.

„Ich weiß es selbst nicht... es war noch niemand hier, der mir etwas erzählen hätte können.“
 

Die Schläfen reibend ließ sich Yo auf den gräulichen Holzstuhl in der Nähe des Fensters nieder, als sich die Tür abermals öffnete.

„Guten Tag die Herren. Ich bin Sugihara-san, der behandelnde Arzt.“

Mit dem Klemmbrett unter dem Arm schob er sich zwischen Anzi und Yuu zu dem Bett entlang.

„Wie geht es Ihnen?“ flüchtig huschte sein Blick über Sono und widmete sich dann dem Krankenblatt.

„Darf ich eine Vermutung anstellen?“

Auch wenn es als Frage formuliert war, dachte der Mediziner nicht einmal daran, auf eine Antwort zu warten.

„Entweder sind Sie der strengste Veganer, der mir in den letzten Jahren unter gekommen ist... oder Sie haben ein extrem ungesundes Verhältnis zur Nahrung. Laut Ihrer Eisenwerte dürften Sie eigentlich nicht einmal aufrecht sitzen.“ Er räusperte sich kurz und schlug eins der Aktenblätter um.

„Daher auch Ihre Ohnmacht. Lassen Sie mich raten. Sie waren in den letzten Monaten vermehrt nervös, launisch und hatten des öfteren Kopfschmerzen.“

Es war eher eine Feststellung, als eine Frage und Sono schaute hilfesuchend zu Yo, dessen Miene sich immer mehr verdunkelte.

„Lange Rede, kurzer Sinn... ich werde Ihnen ein Rezept für ein Eisenpräparat ausstellen, davon nehmen Sie täglich eine am Morgen und am Abend und Sie müssen Ihre Ernährung umstellen. Dazu werde ich Ihnen noch eine Broschüre mitgeben. Sollten Sie diese nicht befolgen, werden wir uns sicherlich sehr bald wiedersehen.“

Erneut blätterte er in den Unterlagen und fuhr sein Selbstgespräch fort.

„Der Aufschlag auf dem Boden hat eine leichte Gehirnerschütterung verursacht, weswegen wir Sie noch eine Nacht zur Beobachtung hier behalten wollen. Wenn es bis morgen keine Auffälligkeiten gibt, können Sie gerne nach Hause gehen.“

Sono schluckte schwer, als er über die Nacht in diesem Zimmer nachdachte. Eigentlich hatte er gehofft, mit Yo nach Hause gehen zu können.

„Nun gut... wir sehen uns dann morgen noch einmal zur Frühvisite. Einen schönen Tag noch.“

Mit diesen Worte drehte er sich schnurrstraks um und verließ das Zimmer.

Nicht nur Sono war von diesem Auftritt mehr als verwirrt, auch die Anderen starrten die nun geschlossene Tür fassungslos an.

„Ehm...joah.“ räusperte sich Ayame. „Denkt noch wer, das So-chan den größten Arsch als Arzt hat?“

Die Anderen nickten nur zustimmend.

Anzi und Ayame verabschiedeten sich als Erste und erklärten, dass sie noch einmal ins Studio zurück gehen und ordnung schaffen würden.

Als auch Yuu den Raum verlassen hatte, erhob sich Yo aus seinem Stuhl, setzte sich an die Bettkante und strich Sono durchs Haar.

„Du bist schon n Fall für sich.“

Es war nicht böse gemeint und ein Lächeln zierte das Gesicht des Bassisten.

„Wenn du wieder zu Hause bist, koch ich was Leckeres für dich. Gegeben dem Fall deine tolle neue Eisendiät, lässt leckere Gerichte zu.“

Lachend hauchte er Sono einen Kuss auf die Stirn.

„Ich komm morgen vorbei und hol dich ab. Solange mach dir nicht allzu viele Gedanken.“
 

Und ehe sich Sono versah, war Yo fort, die Tür geschlossen und er allein.

Einige Momente blickte er noch vor sich hin, dann hallte sein schweres Seufzen von den Wänden wieder – was sollte er nun mit sich anfangen?

Denk nicht soviel nach, hatte Yo ihm gesagt.

'Ruh dich aus und sei lieb', hatte in dem Blick gelegen, den er von ihnen allen bekommen hatte.

Als ob er überhaupt irgendwo hingehen könnte, auf seinen wackligen Beinen – was nur los? Eine Ohnmacht, ein Schwächeanfall und sein Körper reagierte so extrem? War das wirklich ein reiner Eisenmangel?

Es war nicht so, das Sono nicht froh war, dass es etwas war, dass sich mit einem Präparat und einer Diät wieder zu beheben war, dass er nicht lange davon beeinträchtigt sein würde (er würde seinem guten Doktor schlicht weg verschweigen, dass er einen Auftritt plante, der seinen Magen schon jetzt verknotete).

Doch die Zweifel blieben, die nagenden Ängste, dass da noch etwas anders war.

Und was auch blieb, war die leise Stimme die wieder und wieder fragte: Wann kann ich endlich heim? Warum muss ich hier sein? Warum musste es vor den anderen sein? Warum bin ich so nutzlos? Warum verletzte ich grundsätzlich die, die mich lieben? Bin ich es denn überhaupt wert, geliebt zu werden?

Sono wünschte sich dringend einen sehr, sehr starken Drink.

Oder eine Zigarette.

Am Liebsten wäre ihm beides zusammen.

Denn genau das war das Problem, dass er immer hatte, in Nächten wie diesen -okay, er hatte bisher in keinen Krankenhausbett gesessen, wenn die Melancholie zu ihm kam – er saß und dachte nach und je mehr er nachdachte, desto mehr Fehler fielen ihm ein, die er gemacht hatte, desto mehr Zweifel kamen auf und die Ängste, die er sonst immer weit, weit wegsperrte nagten sich ihren Weg fröhlich durch seinen Unterleib.

Er bebte seicht, sah auf seine perfekte weiße Krankenhausdecke und wünschte sehnlichst, dass er wenigstens Musik hier haben würde – diese Stille erstickte ihn.

Das Biest Namens Schuld kletterte zu ihm in das Bett, legte den hässlichen Kopf auf seine Beine und Sono blinzelte es ein paar Mal verwundert an, wusste nicht, was es hier wollte... bis ihm Yo einfiel und dessen frustrierte, mit Tränen erstickte Stimme.

Was war er nur für ein Bastard?

Yo war so süß zu ihm, dutzende Male war er es gewesen, der ihn aus kleinen Spielunken und verrauchten Clubs raus gezerrt hatte, der hinter ihm sauber machte, wenn er sich übergab, ihm neue Kleidung anzog und wie ein kleines Kind verhätschelte.

Er liebte ihn, war immer für ihn da, selbst wenn er ihn stundenlang nur ignoriert hatte, weil er mit seiner Musik nicht voran gekommen war.

Und was tat er? Er verletzte ihn nur weiter...

Ein Schluchzen brach sich von seinen Lippen und er schniefte, wischte sich über die Nase – ein blöde Angewohnheit und er lachte gequält, als sein Blick auf die Schachtel mit Taschentüchern fiel, Yo hätte ihn wieder gerügt, wenn er nun hier gewesen wäre.

Yo.

Er schluchzte wieder leise, zupfte an der Decke herum.

Dieser dumme Ort – er war dafür verantwortlich, dass er sich jetzt so fühlte, dass war nur, weil er so allein war und niemanden hatte, an den er sich lehnen, oder mit dem er reden konnte.

Sein Blick fiel auf seine Kleidung, man hatte sie recht lieblos in eine Kiste geworfen und auf den zweiten freien Stuhl gestellt und ehe er sich versah, war er aus dem Bett, torkelte mehr oder minder fest darauf zu, musste nach wenigen Schritten stehen bleiben, weil er an seiner I.V. zog.

Mit dem Ständer für die Infusion im Schlepptau ging er weiter, musste sich am Tisch festhalten.

Sein Kopf brummte, als würde ein ganzer Schwarm Hornissen darin frei drehen.

Fahrig durchsuchte er die ruinierten Klamotten, was hatten die mit ihm angestellt, er war doch mit dem Kopf aufgeschlagen!

Seine Finger schlossen sich um sein Handy, es klapperte ein wenig, als er es schüttelte, aber es schien zu funktionieren, dass Display war viel zu grell, als er es aufklappte, weswegen er missmutig stöhnte, dann aber wieder in das Licht blinzelte, halbwegs zu erkennen suchte, ob er überhaupt im richtigen Menü gelandet war.

Yos Nummer zeichnete sich stark kontrastiert von der Umgebung ab und er drückte die Wahltaste, bevor er auf die Idee kam, das kleine Ding einfach quer durch den Raum zu werfen.

Man konnte definitiv sagen, wenn er so war, wie nun, dann war er nicht richtig im Kopf – Sono sank neben dem Stuhl an der Wand herunter, zog die Beine eng vor die Brust, während das Freizeichen laut in seinem Kopf widerhallte und den Schmerz darin nur anheizte.

Dreimal.

Viermal.

Fünfmal.

Die Mailbox sprang an, die ersten Worte erreichten ihn bereits, dann wurde sie unterbrochen und von der verschlafenen Stimme seines Freundes abgelöst.

„Ja?“

Er schluchzte leise, klammerte sich fester an das Telefon in seinen Fingern.

„Yo... es tut mir so schrecklich leid.“
 

End Part IX - Impact



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Astrido
2012-06-06T19:26:42+00:00 06.06.2012 21:26
es gibt so wenige stories von matenrou opera, ich finds gut, dass du dich dran gewagt hast.
sono und yu sind niedlich.
bitte mach weiter, ja?
lg
yuura
Von: abgemeldet
2011-05-27T21:22:09+00:00 27.05.2011 23:22
Ich habe diese FF vor kurzem erst gefunden und muss sagen das ich mehr als begeistert bin >w< !
Nicht nur das die Grundstory toll ist, sondern auch wie du das alles schilderst, ich mag den Erzählstil total gerne :O
Wird es noch weitere Kapitel geben?
Wäre schade das an solch einer Stalle liegen zu lassen :)

GLG NordicStar


Zurück