Zum Inhalt der Seite

Bis ans Ende der Welt

Das Schwert folgt stets dem Herzen
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Epitaph

Obwohl er noch immer das Wasser spüren konnte, fiel es seinen Lungen nicht schwer, ihm den benötigten Sauerstoff zu spenden. Er atmete tief ein, als ihm diese Tatsache bewusst wurde.

Aber wo war er nur gelandet? An einem Strand?

Nein, dafür war die Luft nicht frisch genug und er spürte weder Wind noch die Sonne auf seinem Gesicht. Er musste sich also irgendwo in einem Gebäude befinden, wenn ihm auch nicht klar war, wie das gehen sollte.

Er öffnete seine Augen, um sich umzusehen und endlich Gewissheit zu erlangen.

Über sich erblickte er eine steinerne Decke und als er sich aufrichtete, bemerkte er, dass er auf einer zerfallenen Treppe noch halb im Wasser lag. So schnell das schwindelnde Gefühl in seinem Inneren es zuließ, stand er auf und trat aus dem kühlen Nass.

Er sah auf die Wasseroberfläche, konnte aber nicht ausmachen, wie er hier hereingekommen war. Unterhalb des Spiegels musste es einen Durchgang geben. Aber dennoch...

Hix seufzte, der Laut wurde von den Wänden und dem Wasser mehrfach zurückgeworfen, so dass ein schauriges Geräusch daraus wurde, das ihn zusammenzucken ließ.

„Gruselig...“

Er wusste nun weder wo er war, noch wie er hergekommen war, noch wie er wieder wegkommen sollte. Zumindest schien er aber noch zu leben, obwohl er von Bord gefallen und untergegangen war.

Das hätte auch ganz anders enden können.

Nein, er wollte gar nicht daran denken, was hätte passieren können, besser, er besann sich darauf, wie es nun weitergehen sollte.

Am Naheliegendsten wäre es wohl gewesen, ins Wasser zu springen, diesen Ort zu verlassen und dann draußen nach Land zu suchen. Allerdings barg dieser Plan jede Menge Gefahren in sich, besonders da Hix weder wusste, wo genau er sich befand – möglicherweise irgendwo auf dem Ozean – und er sich außerdem vor Hunger schon ganz elend fühlte.

So würde er möglicherweise nicht einmal an die Wasseroberfläche kommen. Also fuhr er herum und lief tiefer in das Gebäude hinein.

Es schien alt zu sein, aber dennoch stabil genug gebaut, dass es dem Wasserdruck standhielt. Wäre Hix nicht ein Kriegerlehrling gewesen, sondern ein Gelehrter, hätte er sich nun möglicherweise Gedanken darüber gemacht, ob es dem Gegendruck des Sauerstoffs zu verdanken war, dass dieses Gebäude noch stand, aber so lief er nur gedankenlos durch den Gang.

Außer dem Geräusch des Wassers, das unablässig gegen die Mauern schwappte, war nichts zu hören, die Dunkelheit verstärkte den unheimlichen Eindruck. Lediglich im Wasser schien etwas zu glühen und ihm damit die Möglichkeit zu geben, zumindest ein wenig zu sehen. Doch was genau es war, konnte er nicht sagen, egal wie konzentriert er danach Ausschau hielt.

Kurz bevor er durch eine Tür gehen konnte, zog etwas im Wasser seine Aufmerksamkeit auf sich. Es war ein Mädchen mit weißer Kleidung und rosa Haar, er wusste, dass er sie kannte, doch es dauerte erstaunlich lange, bis der Gedanke endlich ankam. „Rim!“

Hastig kniete er sich neben das Wasser und zog das Mädchen mühelos heraus. Sie hustete schwer, aber ihr Gesicht zeigte deutlich Erleichterung.

„U-und ich dachte immer, Ailis würde übertreiben“, würgte sie mühevoll hervor.

Hix lächelte leicht, als er ihre Reaktion bemerkte. „Wenn wir sie wiedersehen, können wir ihr das ja sagen. Weißt du vielleicht, wo wir sind?“

Sie kümmerte sich nicht wirklich um sein Verhalten, sondern kam sofort seiner Frage nach, offenbar weil sie sich genauso sehr dafür interessierte. Doch egal wie lange sie den Blick schweifen ließ, sie schien keine Antwort darauf zu finden. „Ich weiß es nicht... Schauen wir uns weiter um.“

Als sie sich aufrichtete, war nichts mehr davon zu bemerken, dass sie bis eben noch reglos im Wasser gelegen hatte. Sie übernahm sofort die Rolle der Anführerin und lief voraus. Hix folgte ihr erleichtert – nicht nur, weil er nun jemanden hatte, dem er folgen konnte, sondern auch weil er nun nicht mehr allein war.

Die Gänge des Gebäudes waren vollkommen schmucklos, weswegen keiner von beiden sich einen Reim auf den Zweck machen konnte. Kristalle spendeten notdürftig Licht, gerade genug, damit sie ihren Weg erkennen konnten. Von irgendwo konnte Hix in unregelmäßigen Abständen ein lautes Knallen hören, das klang als ob etwas mit voller Wucht gegen Stein geschlagen wurde.

Neugierig betrat Rim einen Raum, der über keinerlei Tür verfügte – aber immerhin gab es darin auch nichts zu schützen, der Raum war vollkommen leer. Abgesehen von...

„Was ist das?“, fragte Hix, während er die vier Gebilde näher betrachtete.

Sie erinnerten entfernt an Särge, die vollkommen aus Stein gehauen waren, die Deckel waren kunstvoll verziert mit verschnörkelten Symbolen, die für Hix keinerlei Sinn ergaben. Aber sie kamen ihm wie Grabsteine vor.

Gedankenverloren strich er über den Stein, ein ehrfurchtsvoller Schauer fuhr über seinen Rücken als ob er gerade etwas furchtbar Ehrwürdiges ohne es zu wissen berühren würde.

„Das sind Särge“, bestätigte Rim. „Wir müssen in einer Art Mausoleum gelandet sein. Möglicherweise sind wir näher an der Küste als wir denken.“

Fragt sich dann nur an welcher.

Bei dem Gedanken, dass sie hier von möglicherweise unzähligen Leichen umgeben waren, wurde dem Kriegerlehrling ganz anders. Allerdings schienen sie wirklich tot – sofern die Särge gefüllt waren – und hoffentlich weder Vampire noch Zombies zu sein, also musste er sich keine Sorgen machen.

„Aber wer ist hier begraben?“, fragte Hix. „Man baut ja nicht für jeden so etwas.“

Das Mädchen kletterte auf einen der Särge, um diesen genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie musterte die Schnörkel als könnte sie das wirklich lesen, auch wenn Hix allein die Vorstellung schwerfiel. War es wirklich eine Schrift? Ihn erinnerte es eher an Verzierungen.

„Mhm~ So ganz sicher bin ich mir nicht. Die Buchstaben sind sehr veraltet. Aber offenbar wurden hier Magier beerdigt, die lange nach dem großen Krieg starben. Wahrscheinlich gehörten sie zu einem der Meister. Aber ich glaube kaum, dass uns das weiter zu interessieren hat.“

„Dann gibt es hier nur Tote?“

Rim wollte gerade antworten, als erneut ein lauter Knall zu hören war. Das schien sie auf einen anderen Gedanken zu bringen. „Offenbar nicht. Irgendetwas lebt hier noch. Finden wir heraus, was.“

Sie sprang wieder von dem Sarg herunter und lief direkt weiter. Hix verneigte sich noch einmal respektvoll vor den Särgen, dann folgte er dem Mädchen hastig, um es nicht aus den Augen zu verlieren.

Es gab nur einen Gang mit mehreren Räumen, so dass es ihm nicht sonderlich schwerfiel, sie zu verfolgen. Zielsicher lief sie immer weiter, auf der Suche nach dem Ursprung des Geräusches, das immer noch erklang.

Allerdings konnte Hix sich nicht vorstellen, dass etwas hier überleben könnte. Es war kalt, offenbar gab es nichts zu essen und die Luft war extrem stickig, je tiefer sie ins Gebäude liefen. Ein Mensch würde hier unten sicherlich sterben oder wahnsinnig werden, egal in welcher Reihenfolge.

Schließlich betraten die beiden einen großzügig angelegten Raum, in dem in Zweierreihen insgesamt zwanzig Särge standen.

Ergriffen blieb Hix stehen. „So viele Tote...“

„Die Ausbildung zu einem Magier kann sehr schwer sein“, antwortete Rim. „Nicht jeder überlebt das – und dann war da noch der Kampf gegen Lances...“

Der Name war neu, sie schien nicht einmal zu bemerken, dass sie ihn gesagt hatte.

Fragend sah er sie an. „Gegen wen?“

Bevor sie antworten konnte erklang noch einmal dieses Knallen, um ein Vielfaches lauter als zuvor. Automatisch zuckten sie beide zusammen.

„Das Geräusch muss von hier kommen“, schloss Rim, als sie sich wieder gesammelt hatte.

Langsam liefen sie beide durch die Reihen der Särge, um den genauen Ursprung auszumachen. Hix ließ den Blick schweifen als befürchtete er jeden Moment ein Monster, das hinter einem der Särge hervorsprang. Ein Knall direkt neben ihm ließ ihn schreiend zusammenfahren.

Alarmiert fuhr Rim herum und stellte sich neben den Sarg, aus dem gleich darauf noch einmal das laute Geräusch erklang. Etwas schien von innen gegen den Deckel zu schlagen.

Nur zögerlich richtete Hix sich wieder auf. „W-w-was kann das sein?“

Rims entschlossener Gesichtsausdruck gefiel ihm nicht, denn anhand diesem konnte er bereits ablesen, was sie sagen wollte, noch bevor sie den Mund geöffnet hatte.

„Du willst nicht wirklich den Sarg öffnen?“

Empört blickte sie ihn an. „Vielleicht lebt die Person darin noch!“

Hix zweifelte daran, allerdings sagte er nichts mehr, sondern machte sich stattdessen am Deckel zu schaffen. Mühevoll stemmte er sich dagegen, um das steinerne Gebilde zu öffnen. Bereits auf den ersten Blick hatten sie schwer gewirkt, doch der Versuch, die Platte zu bewegen, zeigte erst, wie schwer sie wirklich war. Egal wie stark er drückte, das Gestein gab kein bisschen nach.

Er trommelte seine letzten Kraftreserven zusammen. Mit einem Ächzen stemmte er sich noch einmal gegen die Platte, die knirschend nachzugeben begann.

Kaum hatte sie sich einige Millimeter bewegt, ging der Rest von allein. Mit einem erschrockenen Schrei fiel Hix in den Sarg hinein, als der Deckel hinunterrutschte.

Staub wirbelte auf – und eine schwarze Krähe stieg aus dem Sarg empor.

Fasziniert betrachtete Rim das Tier, das, froh über seine neugewonnene Freiheit, sofort in eine bestimmte Richtung davonflatterte und aus ihrem Blickfeld verschwand.

Auf Hix achtete sie erst wieder, als dieser stöhnend und hustend aus dem Sarg herauskletterte.

„Alles in Ordnung?“

Der Kriegerlehrling nickte, vermied aber jeden Blick zurück. „Ich denke nur, ihm geht es nicht so gut.“

Damit deutete er auf die fast zu Staub zerfallenen menschlichen Überreste im Inneren des Sarges.

„Das war nicht sonderlich nett, Hix“, wies Rim ihn zurecht. „Du hast ihn in seiner Ruhe gestört.“

„Es war keine Absicht“, verteidigte der Kriegerlehrling sich sofort. „E-e-er wird mich jetzt nicht als Geist verfolgen, o-oder?“

Das Mädchen kicherte. „Wer weiß?“

Als sie sein erschrockenes Gesicht sah, winkte sie hastig ab. „Mach dir keine Sorgen, so etwas wie Geister gibt es nicht. Und selbst wenn, hat dieser hier bestimmt was Besseres zu tun.“

Das konnte Hix nicht wirklich glauben, allerdings hoffte er, dass es wirklich so war. Wenn nur Tengaar da wäre, um ihm zu sagen, dass er sich nur unbegründete Sorgen machte...

Rim lief um den Sarg herum.

„W-was tust du da?“, fragte Hix erschrocken.

„Ich will schauen, wie er heißt“, antwortete sie sofort. „Wenn wir ihn schon in seiner Ruhe gestört haben, wäre das doch das Mindeste, oder?“

Hix war ganz und gar nicht begeistert, da er unbedingt hier fortwollte, doch er beobachtete sie dabei – und sah so, wie sich ihr Gesicht verfinsterte, während sie die Worte las.

„Was ist los?“

Sie wandte ihm den Blick zu. „Hix, deine Hände...“

Er neigte den Kopf und hob sie hoch, so dass sie die Handflächen sehen konnte, während er die Rücken betrachten konnte. Nichts Außergewöhnliches außer seine Wasserrune war darauf zu sehen.

Rim atmete ebenfalls erleichtert aus, als das sichergestellt hatte. Doch dann zuckte sie noch einmal zusammen. „Diese Krähe!“

„Was für eine?“, fragte Hix ratlos.

Ohne ihm zu antworten rannte sie los, dem Vogel hinterher – oder zumindest in die Richtung, in die sie ihn hatte fortfliegen sehen.

„W-warte!“

Der Kriegerlehrling folgte ihr hastig, wobei er glücklicherweise aufgrund seiner längeren Beine nicht so schnell rennen musste, wie sie.

Was hatte sie so sehr in Aufregung versetzt, dass sie nun diesem Tier folgen musste? Hatte sie den Namen etwa erkannt? Und warum hatte sie seine Hände sehen wollen?

Warum eröffneten sich nur immer so viele Fragen?

An einer Kreuzung holte er sie schließlich wieder ein. „Was suchst du denn?“

„Die Krähe!“, antwortete sie. „Die im Sarg war! Sie muss hier irgendwo sein!“

Unentschlossen blickte sie zwischen den drei möglichen Wegen umher. Hix wollte schon vorschlagen, eine Münze zu werfen – als plötzlich ein leiser Vogelschrei, gefolgt von einer Glocke zu hören waren.

Rim rannte sofort in die Richtung, aus der beide Geräusche zu hören gewesen waren, Hix folgte ihr.

Überrascht hielt er am Ende des Weges wieder inne. Es war eine Höhle, die mit dem Ozean verbunden schien, Sonnenlicht fiel durch den Eingang. Ein hölzerner Steg ragte weit ins Wasser hinaus, ein Boot war einsam und verlassen daran befestigt – und daran wiederum war eine Glocke zu sehen, die immer wieder von der Krähe betätigt wurde, bis Hix und Rim am Steg stehenblieben.

Hat dieser Vogel uns hergeführt? Seltsames Tier.

Das Mädchen ging vorsichtig näher. „Du bist es, nicht wahr?“

Der Vogel neigte den Kopf, als ob er fragen wollte, was sie damit meinte – oder als ob er sich wunderte, warum sie diese Frage überhaupt stellen musste.

Hix ging weniger zurückhaltend näher. „Können wir dieses Boot benutzen, um zu fliehen?“

Die anderen Fragen beschäftigten ihn alle noch, aber vorerst empfand er es als wichtiger, diesen Ort zu verlassen. Er hatte immerhin nicht nur Hunger, inzwischen wollte er auch baden – und dann war er immer noch auf dem Weg, um Tengaar zu retten. Ihm wurde ganz anders, als er wieder daran dachte, dass sie mit Sicherheit immer noch auf seine Hilfe wartete.

„Ich denke schon“, sagte Rim. „Probieren wir es einfach.“

Sie kletterten nacheinander in das Boot hinein, bevor sie es von den Leinen lösten und mithilfe der bereitgelegten Paddel in See stachen.

Zufrieden setzte die Krähe sich auf den Boden des Bootes und steckte den Kopf unter ihren Flügel, um zu schlafen. Hix betrachtete das Tier. „Rim, was ist mit dieser Krähe?“

Er hatte natürlich mitbekommen, dass es aus dem Sarg gekommen war, aber wie war es überhaupt hineingekommen?

Das Mädchen neigte den Kopf. „Es ist keine gewöhnliche Krähe. Dieser Vogel ist die Seele des Magiers, wegen dem das Ritual, um Lances zu töten, schief ging.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück