Keine ganzen Sachen.
Gefühle sind nicht immer gleich kitschig.
Man geht doch rein von der Theorie und Logik davon aus, dass Menschen, die sich ihr bisheriges Leben lang nur gehasst und gestritten haben, sich auch nach ein bisschen Sex weiterhin verachten würden. Zumindest konnte man das im Normalfall sagen, doch Rose Weasley war ja bekannt dafür, nicht besonders normal zu sein.
Es war ja immerhin nicht normal ein halbes Geschichtsbuch auswendig zu können und auf beinahe jede Frage zum Thema Zaubersprüche eine Antwort parat zu haben. Ganz normal war es auch nicht, sich jeden Tag über Nichtigkeiten eines Malfoys aufzuregen, der sie im Grunde nur provozieren wollte und schon gar nicht normal war es, mit ihm zu schlafen, nur weil er sie geküsst hatte. Zwei Mal.
Aber dann war sie aufgewacht und hatte normal gehandelt. Rose hatte es beendet, hatte wirklich angenommen, dass es besser wäre, einen Schlussstrich zu ziehen, anstatt zu leiden, wenn sie sich erst einmal in ihn verliebt hatte, war doch vollkommen klar gewesen, dass er ihr niemals das geben würde, was sie wollte - eine Beziehung. Doch diese Strategie war in Anbetracht ihrer Lage vielleicht normal, aber dann doch vollkommen sinnlos gewesen -
Sie hatte sich nämlich schon längst verliebt.
Diese Einsicht kam so schnell und brach so gewaltig über sie herein, dass sie seit geschlagenen zehn Minuten mit dem Kopf an Dominiques Schulter lehnte und nur vor sich hinstarrte. Keine Tränen liefen ihr über die Wangen, wie es die Blonde vielleicht erwartete hätte, doch auch kein Wort kam über ihre Lippen. Sie war wie betäubt. Unfähig einen Gedanken klar umzusetzen. Alles, was in diesem Moment zählte, war ihre Dummheit, weil sie sich auf Scorpius Malfoy eingelassen hatte. Sie hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt, würde sie nicht wissen, dass es sowieso keinen Zweck hatte, jetzt auch noch im Selbstmitleid zu versinken.
Dominique nahm ihre Hand und Rose drückte sie leicht, war froh, so eine Freundin zu haben, die ihr ohne ein weiteres Wort beistand. Natürlich konnte sie sich bestimmt denken, wieso ihre Cousine vor etwa einer halben Stunde so aufgelöst in ihrem Gemeinschaftsraum aufgetaucht war und nicht wirklich in der Lage war, Dinge zu erklären, gar zu sprechen. In Wahrheit schmerzte derzeit nur der Gedanke daran, dass sie es kaputt gemacht hatte und würde sie es aussprechen, würde sie vollkommen zusammenbrechen, weil es endgültig sein würde.
Ein kleiner Teil in ihr war schon zerbrochen, als sie vorhin aus dem Klassenzimmer lief. Ihr Herz war in jenem Moment so zerstört gewesen, dass sie sich an den kalten Wänden abstützen musste und eine Hand vor dem Mund schlug, um ihr Schluchzen zu verbergen. Sie hatte Glück gehabt, dass der Unterricht zu Ende war und alle beim Mittagessen waren, konnte sich freuen, dass Dominique und Albus nicht auf sie gewartet hatten, denn wenn sie sie so gesehen hätten, wären sie ausgeratet. Albus zumindest, weswegen sie auch nicht zu ihm gegangen war. Aber das war egal, denn eigentlich war alles nur ihre Schuld. Man konnte Scorpius nicht ihre eigene Naivität vorwerfen, konnte nicht sagen, dass er Schuld daran hatte, dass sie mit ihm geschlafen und sich innerlich gewünscht hatte es könnte mehr daraus werden.
»Ist es vorbei?«, fragte die Blonde und Rose nickte stumm. Immer noch konnte sie kein Wort sagen, war in ihren Gedanken ganz wo anders - bei Dingen, die sie vermisste, obwohl sie ihr bis gestern noch vollkommen unwichtig erschienen. Kalte Worte, emotionslose Augen und nicht dazu passende hauchzarte Küsse ohne viel Gefühl. Dinge, mit denen sie normalerweise jeden Tag konfrontiert wurde - außer den Küssen natürlich - und die sie noch nie vermisst hatte. Das alles hatte sich innerhalb einer Stunde vollkommen verändert.
»Heute keine Rose?«, fragte Albus. »Nein, die hat gestern mit mir Schluss gemacht«, sagte der Malfoy und fuhr sich durchs Haar. Wie das klang. Sie hatte mit ihm Schluss gemacht. Niemand machte mit ihm Schluss. Oder besser gesagt, keiner konnte es, weil er nie ein Mädchen länger als zwei Nächte hatte, waren sie doch alle nur zum Spaß gut. Aber Rose wäre vermutlich eine Ausnahme gewesen. Sie war anders, schon immer besonders und mit ihr war es auch viel komplexer, aber durchaus auch angenehmer gewesen. Merlin, klang das sentimental.
»Alter, du weißt, dass ihr nie zusammen wart? Demnach könnt ihr auch nicht Schluss machen«, stellte der Potter fest und lehnte sich nach vor, um flüstern zu können. »Natürlich«, sagte der Blonde und verdrehte die Augen. Für Scorpius war das Gespräch beendet. »Du hast es also tatsächlich getan. Du hast meine Cousine gevögelt und sie dann einfach fallengelassen«, sagte Albus und sein bester Freund sah ihn kurz entrüstet an, ehe seine Miene wieder ausdruckslos wurde: »Hab ich mich vorhin unklar ausgedrückt? Sie hat es beendet.« Der Blick des Schwarzhaarigen war ungläubig. »Ja, na klar doch«, murmelte er und lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück.
»Ehrlich, Al. Sie hat’s beendet, weil sie etwas Festes will und ich es ihr nicht geben kann« »Eben! Du wusstest doch, dass sie mehr will und doch hast du dich so dämlich benommen und mit ihr geschlafen, obwohl sie dir nichts bedeutet«, sagte er etwas lauter und als er bemerkte, dass andere Schüler sie ansahen, lehnte er sich wieder nach vorne und verschränkte seine Arme auf dem Tisch. Es war noch nie vorgekommen, dass der Potter so mit seinem besten Freund sprach, kein Wunder also, dass die meisten Blicke auf ihnen lagen.
»Bei jeder anderen sag ich, okay, die ist selber schuld, aber das ist Rosie, Scorp. Man tut ihr nicht einfach so weh. Zumindest nicht, wenn man mein bester Freund ist und das alles nur wegen ein bisschen Spaß war«, sagte er und verstummte, als die beiden jungen Frauen neben ihnen am Tisch auftauchten. Dominique gab Albus wie gewöhnlich einen Kuss auf die Wange und Rose grüßte die beiden, ohne einen von ihnen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Das hatte er anscheinend ziemlich versaut.
Zu Anfang hatte er noch gedacht, dass trotz des Vorgefallenen alles in Ordnung war. Es war nur Sex gewesen und er hatte auch niemals irgendwelche Andeutungen gemacht, dass er mehr wollte oder geben würde. Doch dadurch begannen Dinge sich zu verändern.
Der Hauptgrund, warum ihm das auffiel war der, dass Rose vollkommen anders war. Egal, wie oft er versuchte ihre Aufmerksamkeit durch sämtlichen Blödsinn zu bekommen, sie reagierte nicht. Es fehlten bissige Antworten und besserwisserische Kommentare. Nicht einmal mehr Strafarbeiten bekam er von ihr. Also war klar, dass er es sich bei ihr ziemlich verschissen hatte.
Dann war da noch der nicht gerade unwichtige Nebengrund: Albus. Sein bester Freund behaarte darauf, dass Scorpius an allem Schuld hatte und dass er gefälligst irgendetwas tun sollte. Was, war dem Potter scheiß egal, Hauptsache war, dass Rose nicht mehr so deprimiert wirkte und endlich wieder alles normal werden würde. Dabei wusste er gar nicht, wie sehr Scorpius wollte, dass alles wieder wie früher war, zu der Zeit in der die Streberin jeden seiner Streiche zu verhindern versuchte und sein bester Freund sich nicht von ihm distanzierte.
Denn was blieb Scorpius Malfoy denn schon Großartiges ohne Albus Potter und Rose Weasley? Genau - absolut gar nichts.
»Du siehst grauenvoll aus«, sagte Scorpius und sowohl Albus, als auch Dominique drehten sich zu ihm und sahen ihn entgeistert an. Rose verzog keine Miene. »Danke, kann ich nur zurückgeben«, antwortete sie. Es war nur ein kleiner Teil von dem, was er wollte, denn der gewohnte Spott und das Geschrei blieben aus. Sie reagierte, aber falsch.
»Ehrlich, Weasley, wenn du immer so unbeeindruckten entgegenhältst, muss ich mir ein neues Spielzeug suchen«, sagte er und achtete peinlichst genau auf seine Wortwahl. Er fand keine Erklärung dafür, aber für einen kurzen Moment blitzte irgendetwas in ihren Augen auf. Es war nur eine kurze kleine Regung, doch er nahm sie genau war.
»Ach, Leck mich, Malfoy«, gab sie in höchst verachtendem Tonfall zurück. Dominique und Albus sahen zu ihr. »Jetzt sofort? Gerne.« Und wieder zu ihm. Als Rose aufstöhnte und sich erhob, ohne auch nur ansatzweise irgendetwas gegessen zu haben, lagen die Blicke der beiden wieder auf ihr. »Wir sehen uns«, sagte sie an ihre Familie gewandt. »Malfoy« »Wiesel«, entgegnete er ihr zum Abschied, aus reiner Gewohnheit. Ein bisschen kam es ihm vor, als wäre wieder alles normal, auch wenn das definitiv nicht der Fall war.
Seine Rose Weasley hätte ihn angeschrien, bis sie nicht mehr konnte.
»Du bist echt ein Arsch, Malfoy«, sagte Albus in abfälligem Ton und Scorpius nahm einen Schluck seines Tees. Das war ihm jetzt, da sowohl Albus, als auch Rose ihn mieden, auch schon egal.
Der Schultag verging und er hatte mit keinem der beiden gesprochen, versuchte nun nicht an naive streberhafte halbblütige nervende Rothaarige zu denken, wobei all die Beleidigungen nichts halfen - sie war trotzdem nicht zu vergessen. Er hatte es mit Hausaufgaben versucht und als er die fertig hatte, ging er in die Bibliothek, wo er Rose entdeckte, die er jedoch nur für kurze Zeit wahrnahm, denn als sie ihn bemerkte, ergriff sie beinahe augenblicklich die Flucht. Dann hatte er es mit Quidditch versuchen wollen, ehe ihm eingefallen war, dass da ja Albus auch sein würde und nur Merlin wusste, wie der reagieren würde, wenn er ihn alleine in der Luft zu fassen bekam.
Also lag er in seinem Bett, deprimierender Weise alleine, mit den Gedanken ganz wo anders und mit langsam aufkommenden Kopfschmerzen. Kein Wunder eigentlich, wenn man bedachte, dass sein Kopf voll von unnützen Dingen war.
Da war zum einen Rose, wie sie ihn ansah, als er ihr sagte, dass er wirklich keine Beziehung mit ihr wollte und wie sie dann blitzartig den Raum verlassen hatte, der kurze Schmerz oder auch die Enttäuschung in ihren Augen. Slughorn, als er die beiden skeptisch musterte, weil sie sich einmal nicht in der Luft zerfetzten, sowie sämtliche andere Lehrer die ihre Augen weiteten, wenn sie denn endlich einmal auf einen Wutanfall der Weasley vorbereitet waren und der dann einfach nicht kam.
Dann war da noch Quidditch - abermals Rose, wie sie nicht einmal reagierte, als er ihre Lieblingsquidditchmannschaft in den Dreck zog. Albus, wie er ihn wütend ansah, als er Rose‘ Mannschaft beleidigte (›Schön zu wissen, dass man noch tiefer sinken kann, Malfoy‹). Rose, wie sie auf der Quidditchtribüne saß und krampfhaft versuchte seinem Blick auszuweichen. Dieses dumme Mädchen, das sich heute Morgen neben ihn gesetzt hatte, um ihn Gesellschaft zu leisten, weil Albus nicht da war, und ihn einfach vollgeredet hatte, obwohl er nicht einmal ihren Namen kannte und sowieso nur Rose‘ ausdrucksloses Gesicht angesehen hatte.
Ach ja und hatte er Rose eigentlich schon erwähnt? Denn die war gewissermaßen auch in seinem Kopf - ständig und überall, wo er hinging. Rose, Rose, Rose. Und wenn er sie sah, starrte er sie unaufhörlich auf, als wäre sie der Mittelpunkt der Welt, oder so. Schrecklich daran war, dass er nicht damit aufhören konnte.
Es war sogar so schlimm, dass ihr Name ein leichtes Hämmern in seinem Kopf verursachte, weswegen er kaum schlafen konnte und zu Poppy ging, in der Hoffnung, dass sie ihm irgendein Schlafmittel verschreiben konnte. Immerhin hatten sie bald ein wichtiges Quidditchspiel und das wollte er wirklich nicht versauen, besonders, da Albus sowieso schon sauer genug war. Doch auch die Schulkrankenschwester konnte ihm nicht helfen. ›Mein lieber Junge, alles was Sie brauchen ist ein bisschen Einsicht und viel Liebe‹, hatte sie gesagt und dann tänzelte sie um ihn herum, sodass er einen Brechreiz unterdrücken musste.
Und dann schließlich, griff er auf das erstbeste Mittel zurück, mit dem er seinen Kopf bisher immer freibekommen hatte. Sex - so einfach war es noch nie, Sorgen zu vergessen. Ja, das würde helfen. Sex mit irgendeiner Frau würde ihn garantiert von Rose ablenken können. Und wenn nicht, dann konnte er seinen Verstand sowieso ganz vergessen.
»Al, komm schon, hilf mir«, sagte die Blonde und zog wie ein kleines Kind am Umhang ihres besten Freundes. »Wie soll ich dir helfen?«, fragte der Ältere und sah sie besänftigend an. »Du hast mir schon wieder nicht zugehört!«, sagte die Ravenclaw entnervt etwas lauter und ließ sich auf einem der Sofas fallen. Albus setzte sich ebenfalls und musterte sie skeptisch, ehe sie die Augen verdrehte und eben Gesagtes noch einmal wiederholte: »Wir müssen etwas tun. Rose ist langsam immer weniger sie selbst und lange halte ich diese schweigsame angespannte Rose, bei der ich jedes Wort genau bedenken muss, nicht mehr aus.«
»Was soll ich jetzt tun?«, fragte der Potter und Dominique sah ihn an, als wäre das beinahe so offensichtlich, dass er bescheuert sein musste, um das nicht zu verstehen. »Du sollst mit Scorpius reden und - « »Auf gar keinen Fall«, sagte er bestimmend dazwischen, doch wie gewöhnlich, sprach sie einfach weiter. »ihm klarmachen, dass er irgendwie reagieren muss. Er kann nicht ignorieren, dass sie ihn ignoriert, das bringt nichts und außerdem sieht man ihm doch alles an, wenn er sie in der Großen Halle und auch überall sonst ansieht. Ein Blinder merkt, was da vorgeht«
»Ich rede nicht mit ihm«, behaarte Albus weiterhin stur. »Wieso nicht?«, fragte das Mädchen und setzte eine Unschuldsmiene auf, als würde sie die Antwort tatsächlich nicht kennen. »Das weißt du genau«, sagte der Slytherin, »Er ist doch an allem Schuld, der Idiot. Er hat Rose einfach so benutzt« Seine Stimme klang wütend, doch Dominique schien sich davon nicht abschrecken zu lassen. Sie beugte sich zu ihm hinüber. »Ja«, sagte sie und näherte sich seinem Gesicht. »Ja, aber ich glaube, er steht auf sie«, flüsterte sie und küsste ihren besten Freund entschuldigend auf die Wange. Jener stöhnte und verdrehte genervt die Augen, einerseits, weil sie immer wusste, wie sie ihn um den Finger wickeln konnte und er sich langsam Sorgen machte, wie es sein würde, wenn sie erst einmal älter war und andererseits, weil er sich der Tatsache, dass Scorpius wohl auf seine Cousine stand, durchaus bewusst war. Aber was brachte es, wenn zwei von vier Leuten es wussten und die wichtigsten es einfach nicht einsehen wollten?
Wo waren die Zeiten geblieben, in denen die Welt noch in Ordnung war und nicht alles Kopf stand? Sie flüchtete. Vor Gefühlen, vor Blicken und vor ihm im Allgemeinen. Es war noch nie vorgekommen, dass Rose sich so von ihm beeinflussen ließ und tatsächlich weglief, wenn sie ihn sah. Normalerweise schrie sie ihn sogar an, wenn sie miserable Laune hatte, was wiederrum ihre Stimmung erheblich anhob. Doch heute war sie nur am Weglaufen und verirrte sich selbst im Labyrinth von Hogwarts.
Wann hatten ihre Gefühle angefangen sich zu wenden? Doch nicht etwa erst, als er sie geküsst hatte, oder als sie Sex hatten. Nein, das musste schon viel länger dagewesen sein. Im Hintergrund, gut verborgen und ohne irgendwelchen Aufruhr auszulösen.
Dass sie ihn mochte hatte sie beim Ball realisiert, als er mit ihr sprach, ohne sie zu beleidigen. Sie hatte es daran erkannt, dass sie sein Wesen kannte und wusste, wie seine Stimmung war, nur weil er eine andere Tonlage verwendete. Daran, dass er sie einfach so zum Lachen gebracht hatte und es auch jetzt noch schaffte, sie bei einem blöden Kommentar im Unterricht zum Schmunzeln zu bringen. Verliebt gefühlt hatte sie sich das erste Mal, als sie feststellte, dass er ihr den Atem raubte. Und an die richtige Liebe hatte sie gedacht, als sie innerlich zerbrach, nur weil sie durch die Beendigung ihrer quasi Sex-Beziehung überhaupt jegliche Chancen auf ein Zusammensein unterband.
Einfach so, ohne Vorwarnung hatte er es zusammen gebracht, dass ausgerechnet sie sich in ihn verliebte. Hassen wollte sie ihn, oder wenigstens wieder zum Status egal zurückkehren und was tat er - dreimal lachen, zweimal durch die Haare fahren, eine Nacht - und sie hatte sich verliebt. Und doch schien sie irgendwie nicht richtig zu bereuen.
Ihre Mutter hatte ihr einst einmal gesagt, dass man niemals einen Moment bereuen sollte, wenn man zu diesem Zeitpunkt glücklich gewesen war. Die hatte leicht reden, hatte sie auch nicht mit einem Malfoy geschlafen und sich in ihn verliebt.
Scorpius küsste sie, löste brennende Leidenschaft in ihr aus und brachte sie zu einem leisen Stöhnen, als er mit seiner kühlen Hand unter ihren Rock fuhr. Ruckartig wandte er sich von ihr ab, sodass er neben ihr auf dem Bett lag. »Das läuft nicht«, sagte er zu der jungen Frau und konnte fühlen, wie sich verkrampfte. »Wieso? Was ist los?«, fragte Alina Zabini und ihre Stimme klang hysterisch.
»Mir ist die Lust vergangen«, sagte er und die Worte klangen komisch aus seinem Mund. Er hatte gerne Sex und Frauen wollten ihn auch immer. Die meisten zumindest. Aber jetzt lag er da, mit einem hübschen halbnackten Mädchen an seiner Seite und konnte sich nicht einmal ansatzweise dazu zwingen sich zu entspannen und Spaß zu haben. Früher hätte er sie einmal schnell durchgenommen und sich dann ohne große Worte verabschiedet, denn sie waren ihm alle egal.
Doch nun war es anders, denn weder Zabini, noch irgendein anderes Mädchen, welches sich gerade so zur Verfügung stellen würde, war diejenige, nach der sein Kopf und Körper - vielleicht, schoss ihm der Hintergedanke in den Kopf, sogar sein Herz - verlangten. Sie waren alle irgendwelche Mädchen unter vielen, aber sie waren nicht einmal ansatzweise wie Rose Weasley.
Deswegen verließ er sein Zimmer ohne die junge Frau und als er im Gemeinschaftsraum ankam, merkte er, dass sein bester Freund auf einem der Sofas saß. Auf dem Tisch standen zwei Gläser, also war Dominique bestimmt auch nicht weit. Er zögerte einen Moment und ging dann ebenfalls zu der Sitzecke, um sich ohne ein Wort auf eines der anderen Sofas fallen zu lassen.
»Ich fass es immer noch nicht«, begann der Potter nach einigen Minuten in ungewohnt gleichgültigem Ton und Scorpius sah ihn mit demselben Blick an. »Ich werde mich nicht schon wieder dafür entschuldigen«, sagte Angesprochener und Albus verdrehte die Augen. »Solltest du aber, nur nicht bei mir. Wenn du so auf sie stehst, dann geh zu ihr und sag ihr das.« »Wie bitte?« Die Stimme des Blonden war eisig und doch hatte sie einen höflichen Unterton. »Sei nicht so dumm und streite das vor mir ab, ich weiß es doch besser - du stehst auf meine Cousine!« Nun lachte er bitter auf, als hätte Albus gerade einen wahnsinnig tollen Witz erzählt.
»Weißt du eigentlich, was genau du da redest?« Und als er in die Augen des Schwarzhaarigen sah verstummte er einen Moment. »Tu uns allen einen Gefallen und tu einmal das Richtige. Geh und sag ihr die Wahrheit. Sag ihr, dass du sie magst und mit ihr zusammen sein willst. Was hast du schon zu verlieren?« Es klang so leicht, wenn er die Dinge aussprach. Dummerweise würden sie so niemals über Scorpius‘ Lippen kommen. Er würde es falsch machen, dessen war er sich sicher.
»Und was, wenn sie das jetzt gar nicht mehr will?« Albus lachte leise. »Glaub mit, ich kenne Rosie, und selbst du wirst bemerkt haben, dass sie in den letzten Tagen nicht ganz sie selbst war - tja, der Grund sitzt hier vor mir und wenn du nicht bald mal deinen Arsch bewegst und ihr sagst, was Sache ist, bekommst du heftigen Weasley-Potter-Stress. Und vergiss nicht, wir sind nicht gerade wenige und lauern bekanntlich in jeden Ecken«, antwortete er schmunzelnd und Scorpius verdrehte die Augen.
»Du hast bestimmt eine tolle kitschige Vorstellung davon, wie ich ihr gestehe, dass ich auf sie stehe und sie mir in die Arme fällt, gib es zu, Potter« Albus lachte erneut. »Nein, ich habe eine vollkommen normale Vorstellung davon, dass du ihr einfach sagst, was du empfindest. Weißt du, Scorpius.. in der normalen Welt - das heißt außerhalb der deines Vaters - sind Gefühle nicht gleich immer kitschig«, murmelte er, nahm einen Schluck von seinem Getränk und prustete dann los, einfach so, wie er es früher auch oft getan hatte und wie er es in Scorpius‘ Nähe schon seit längerem nicht mehr getan hatte.
»Was?«, fragte der Blonde skeptisch. »Ich stelle mir gerade deinen Vater vor, wie er sich groß macht - oder sich vorstellt um drei Meter größer zu sein - und dich dann fragt, ob du den Verstand verloren hast, wenn du das erste Mal mit ihr als deine Freundin zu ihm kommst«, sagte er erheitert und sein bester Freund - egal was, er war es dennoch - hob eine Augenbraue und schmunzelte: »Dann musst du dir aber noch meine Mutter vorstellen, wie sie Rose umarmt und sie in unserer Familie willkommen heißt. Erst dann kannst du wirklich wissen, wie mein Vater aussieht, wenn er denkt, dass er im falschen Film wäre«
Für einen Moment schwiegen sie, ehe sie kurz darauf schallend zu lachen begannen. Zusammen, zufrieden, vereint - wie es beste Freunde eben waren.
Der Slytherin fand sie natürlich in ihrem Gemeinschaftsraum. Alleine saß sie da und hatte ihn nicht einmal bemerkt, als er nach einer zehn minütigen Diskussionen mit der fetten Dame eintrat. Diese verrückte Hexe musste aber auch wirklich immer kritisieren, dass er im falschen Haus war und ihm somit seine kostbare Zeit stehlen. Es wäre viel einfacher nur das Passwort irgendwie eintippen zu müssen, konnte doch sowieso fast jeder überall hin.
Scorpius wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, als sie ihn endlich entdeckte und wie vorhin schon in der Bibliothek, einfach gehen wollte. Doch diesmal wollte er ihr das nicht durchgehen lassen. »Ich muss mit dir reden«, sagte er, als sie ihre Pergamente aufeinander stapelte und sich erhob. »Ich will aber nicht mit dir reden, Malfoy«, sagte sie in unwirschem Ton und zum ersten Mal glaubte er der Tatsache, dass sie das Ganze vielleicht mehr verletzt hatte, als sie zugab.
Als sie versuchte an ihm vorbeizukommen packte er sie am Arm und drehte sie so, dass sie ihn ansehen musste. »Ich schätze, ich hab Scheiße gebaut«, sagte er so schnell, dass sie sich nicht wehren konnte und für einen Moment glaubte er, den altbekannten Schalk in ihren Augen zu sehen. »Ist ja nichts neues, Malfoy«, sagte sie und immer mehr erkannte er die alte Rose wieder. Normal, gewöhnlich, hervorragend. Und nun, in dieser Sekunde, vermisste er rein gar nichts mehr, denn es war alles da was er wollte - Sie. Kurz zögerte er und fragte sich nochmals, ob sie einen Selbstverrat wirklich wert war, immerhin hatte er sich noch nie festlegen wollen, doch als er in ihr Gesicht sah, waren die Zweifel verschwunden.
»Halt mal den Mund, Weasley, jetzt rede ich«, sagte er und ließ sie gar nicht erst protestieren, »Du kennst mich und du kennst meinen Ruf. Ich bin nicht jemand, der auf andere zugeht, oder der Beziehungen eingeht. Ich wundere mich ja meistens über mich selbst, dass die Freundschaft mit Albus noch immer läuft. Aber jetzt ist da plötzlich etwas anderes. Etwas, was ich nicht definieren kann«, er fuhr sich durchs Haar und schien nach Worten zu suchen, die seine Situation am besten beschrieben. Aber da es nie etwas Perfektes gab, was er sagen konnte, versuchte er es nach Albus' Rat hin, einfach einmal mit der Wahrheit.
»Glaub mir, es ist nicht toll, sich zu wünschen, einen Streich zu versauen, nur damit einen der Regelnazi schneller erwischen kann. Schon gar nicht, dass man nur an ein Mädchen denken muss, wenn man gerade Sex mit irgendeiner hat und jede andere ebenfalls haben könnte. Und da frage ich mich, ob das vielleicht doch geht. Du weißt schon«, sagte er und sah sie mit einem sanften Blick an, »Das mit den ganzen Sachen, nur zum Versuch.« »Nein«, sprach sie schnell, ehe sich ihre Gedanken es noch anders überlegten konnten. »Wieso nicht?«, fragte er und wieder hatte er diesen Blick aufgesetzt, als würde er so gar nicht verstehen, wieso sie so handelte.
Dabei hieß es immer, dass er so schlau sei.
»Das fragst du noch? Malfoy, wir hassen uns. Das mit dir und mir würde niemals funktionieren, weil wir beide unterschiedliche Dinge wollen. Wenn du denkst, dass ich mich von ein paar Schmeicheleien beeindrucken lasse, dann kennst du mich schlecht! Besonders, wenn du schon sagst, dass du nur beim Sex an mich denkst - was soll ich denn davon halten? Was soll ich denn glauben, was du von mir denkst?« Er versuchte etwas zu sagen, doch sie wehrte es ab. »Ich wäre für dich nur ein weiteres Spielzeug. Es nervt dich doch nur, dass du mich nicht haben kannst. Sonst wärst du nie hergekommen«, erläuterte sie und riss sich von ihm los.
Und am schlimmsten war es, zu wissen, dass da niemals mehr sein würde, weil da niemals etwas gewesen war.
»Dann sag mir jetzt bitte, dass du nichts empfindest. Sag mir, dass sich Albus geirrt hat, als er meinte, dass es dich mehr mitnimmt, als du irgendjemand zeigst und sag mir, dass das kein Schmerz in deinen Augen ist«, sprach er mit fester Stimme und sah, wie Wut in ihren Augen aufblitzte.
»Und wie du dich irrst! Ich bin nicht so ein dummes Mädchen, das sich nach ein bisschen Sex in den irgendeinen Typen verliebt. Es ist mir scheiß egal, was Albus behauptet zu wissen, oder gesehen zu haben - ich empfinde nichts für dich und jetzt lass mich gefälligst zufrieden.«
Und dann ging sie einmal wieder und vermutlich konnte sie sich das vielleicht für immer heute sparen. Immerhin war es diesmal sie gewesen, die alles ruiniert hatte.
Ich war schon wieder gemein, oder?