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Runenherz

Weltenwandler Chroniken Teil 1
von

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Die Ewigkeit

Noch bevor Runa auf dem hartem Stein aufgeschlagen war, hatte sie das Bewusstsein verloren. Eine Weile regte sie sich nicht, doch dann durchzuckte sie plötzlich ein Energieschub und ließ sie auffahren. Verwirrt starrte sie an sich herunter. In ihrem Fell klebte Blut, doch es sah trocken aus und nicht so viel wie man von so einem Sturz erwarten würde. Als sie hoch blickte, konnte sie nicht glauben, dass sie so weit oben gestanden hatte und jetzt unversehrt hier sein konnte. Und es kam noch schlimmer: Sie fühlte sich kräftiger als jemals zuvor in ihrem Leben. Wäre da nicht der Schock über die ganzen Ereignisse gewesen, würde sie dem Drang diese Kraft zu nutzen voll und ganz nachgeben. Als sie sich dann umdrehte, schwebte plötzlich das Lichtwesen vor ihr.

„Ich bin also doch gestorben?“, meinte die Gelbe.

„Ja und nein.“

„Was soll das heißen? Wie kann ich beides gleichzeitig sein? Und wie sollte irgendein Lebewesen so einen Sturz überleben?“

„Du bist gestorben und dann wieder lebendig geworden. Es tut mir leid.“

„Es tut dir leid? Aber… Was soll das jetzt bedeuten? Ich verstehe nicht.“ Panik schwang in ihrer Stimme mit.

„Ich hätte dich nicht zurückbringen dürfen.“ Das Wesen senkte den Kopf. „Runa, höre mir jetzt ganz genau zu, denn du wirst das schwer verstehen, da dein Gehirn nicht für solche Informationen gemacht ist. Mit deiner Rettung habe ich gegen grundlegende Gesetze von Raum und Zeit verstoßen. Nun bist du etwas, was man als unmöglich bezeichnen würde. Nach diesen Gesetzen giltst du als tot und was tot ist, kann auch nicht noch einmal tot werden. Dein Körper nimmt zwar Schaden und du stirbst sogar, wenn du tödlich verletzt wirst, aber du wachst immer wieder auf und das im geheilten Zustand.“

Völlig überfordert starrte die Wölfin den Lichtwolf an. Sie konnte das Gesagte kaum verarbeiten. „Das heißt ich werde nie ins Reich der Toten kommen? Nicht einmal die Altersschwäche wird mich dahinraffen?“

„Du wirst nicht altern, zumindest nicht körperlich. Du bleibst für immer in dem Alter, in dem du jetzt bist, selbst in 1.000 Jahren wird sich daran nichts ändern.“

So einen Zeitraum konnte sich Runa nicht einmal vorstellen. Völlig hilflos suchte sie nach Worten, aber irgendwie ergab nichts was die dachte Sinn, also schwieg sie lieber.

„Wenn die Zeit gekommen ist“, erhob sich wieder die sanfte Stimme, „dann komm zu unserer Höhle. Dort habe ich eine Aufgabe für dich. Begib dich dorthin, wenn all die Seelen, die dich begleiten, gegangen sind.“

Alleine das wollte nicht in den Kopf der Gelben. Wölfe hatten kein Problem damit im Alter zu sterben, so war es nun einmal. Die alte Generation wich der neuen, eben der ewige Kreislauf des Lebens, selbst für in Gefangenschaft lebende Tiere hatte sich nie die Frage gestellt, ob es anders sein könnte. Man wurde geboren, um für Nachwuchs zu sorgen und in ihm lebte man weiter. Unendlichkeit kannte die Wölfin nicht und wollte sie auch gar nicht kennen, niemals hatte sie etwas in der Richtung angestrebt und deswegen begriff sie dieses Schicksal schlimmer als den Tod. Noch immer bekam sie keinen Ton heraus, so sehr verwirrten sie die Entwicklung der Geschehnisse. Ein Pfeifen riss sie schließlich aus ihrer Schockstarre und zu ihrem Erstaunen flatterte Spot auf ihre Schulter. Als sie wieder zum Lichtwesen wendete, war es verschwunden.

Ihr gefiederte Freund schien nichts von dessen Besuch bemerkt zu haben, wirkte aber trotzdem sehr verwundert die Fähe putzmunter anzutreffen, weswegen er einfach nur fragte: „Magie?“

Stumm nickte sie. Ja, so musste es gewesen sein. Von der angeblichen Unsterblichkeit wollte sie nichts wissen, wahrscheinlich hatte sie ihre Magie gebremst und ihr damit das Leben gerettet. Sich selbst anzulügen half nur ein wenig den unglaublichen Gedanken beiseite zu schieben, den der Lichtwolf in sie gepflanzt hatte, aber es reichte, um sich auf Yaris zu konzentrieren.

„Ich dachte, du bist tot. Genauso wie Sayuri. Wo ist sie?“ Die Stimme der Gelben klang dabei aufgeregter, als sie es beabsichtigte.

„Du unterlagst einer Täuschung von Pythia. Niemand ist gestorben. Deiner Familie geht es gut. Und Sayuri wurde gefangengenommen. Mich hat dieser blauäugige Bastard fast zwischen seine Zähne bekommen, doch mit etwas Glück bin ich entwischt.“

„Darüber bin ich sehr froh.“ Sanft stupste sie ihn mit der Schnauze an.

Was immer die alte Heilerin mit ihrer Aktion vorgehabt hatte, sie würde es herausfinden, doch jetzt musste sie sich erst einmal um die Schwarzweiße kümmern und hatte keine Zeit sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Trotzdem war sie unglaublich erleichtert, dass ihre Familie und Freunde nicht gestorben waren.

Die Amsel fuhr fort: „Yaris hat sich in eine Menschenbehausung hinter dem Berg zurückgezogen. Dort scheinen eine Menge Wölfe versammelt zu sein. Ach ja, auch die Armee von Artos zieht in diese Richtung, wir haben sie auf unserem Weg hierher gesehen. Offensichtlich ist dieser riesige Steinhaufen ebenfalls ihr Ziel.“

„Es wird also Krieg geben“, murmelte Runa vor sich hin. „Okay, wir sollten keine Zeit verlieren. Führe mich dorthin.“

Das ließ sich Spot nicht zweimal sagen. Mit einem Flügelschlag erhob er sich in die Luft und zeigte seine Begleiterin den Weg. Der normalerweise mühsame Aufstieg fiel der Wölfin erstaunlich leicht, woher sie diese Kraft nahm, wollte sich ihr nicht erschließen. Beide erreichten die höchste Stelle innerhalb von zwei Stunden. Oben angekommen, konnte man übers weite Land sehen und nun zeigte sich auch, was für ein Bauwerk der Vogel gemeint hatte. Ein prächtiges, weißes Schloss zierte die Landschaft. Daneben befand sich ein kleiner See und etwas weiter weg grenzte ein Wald an. Ein perfekter Ort zum Jagen, also ein Revier wie man es sich nur wünschen konnte. Die Gefährten begaben sich wortlos nach unten und kämpften sich durch das hohe Gras immer weiter zu den hellen Mauern. In dieser Zeit wurde es dunkel und ein leichter Nieselregen verwandelte sich langsam in kleine Schneeflöckchen, die sich schwebend Richtung Erdboden bewegten und die Gräser weiß färbten. Ein silberner Mond, der fast voll war, lugte durch die Wolkendecke, als sie endlich am Rand des Gebäudes ankamen. Vorsichtig liefen die junge Fähe und ihr gefiederter Freund zum Haupteingangstor, wo sie eigentlich erwartet hätten, dass es bewacht werden würde, doch es herrschte Totenstille, nur der Geruch von Wolfsblut lag in der Luft. Ganz langsam näherte sich die Gelbe und entdeckte zwei Rüden aus dem Rudel von Yaris, die tot am Boden lagen.

„Sieht nach einem Kampf aus“, bemerkte sie flüsternd. „Offenbar ist uns Artos zuvorgekommen. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.“

Entschlossen schritt sie durch das Tor und kam in den Vorhof, den sie sich beeindruckt ansah. An den Seiten lagen weitere Leichen, allerdings handelte es sich nicht um Wölfe, sondern um Menschen. Sie mussten schon sehr lange tot sein, denn man hätte sie schon fast als Skelette bezeichnen können. Vermutlich unterlagen sie einer Seuche oder waren von ihresgleichen getötet worden, etwas was die Gelbe als nicht ungewöhnlich erachtete. Also schien auch hier keine Gefahr auf sie zu lauern, bis sie plötzlich Kurren ertönte, das aber zu weit entfernt war, als das sie damit gemeint sein könnten.

Sofort schnellte Runas Blick in die Richtung, aus der es kam: „Sie müssen irgendwo da oben sein. Los.“

Schnell flitzte sie zu der Treppe. Eines musste sie den felllosen Affen lassen, sie konnten Dinge erschaffen, die über ihre Vorstellung hinausgingen, denn die Idee mit den nach oben führenden Steinen empfand sie als genial. Der Weg durch die Gänge ließ sich gar nicht so leicht finden, aber schließlich kamen sie in eine Art riesigen Garten, in dem sie Yaris und Artos kämpfen sahen. Beide bluteten stark. Gerade als sie sich wieder ineinander verkeilen wollten, sprang Runa dazwischen und fegte sie beide mit einer Windattacke um. Die zwei feindlichen Rudel standen nur da und verfolgten das Geschehen.

Als Yaris wieder auf die Beine kam, stammelte er: „Du…du…lebst? Unmöglich. Du musst ein Geist sein.“

„Vielleicht bin ich das, vielleicht auch nicht.“

„Egal, geh aus dem Weg, ich beende die Herrschaft vom großen Wolfskönig Artos, bevor sie begonnen hat.“

Runas Augen glühten verheißungsvoll: „Wenn ihr nicht aufhört, dann werde ich euch beide töten. Dann haben die Wolfsrudel endlich wieder Frieden.“

Jetzt trat Artos vor: „Aber…“

„Auch dich meine ich. Wolltest du nicht einen anderen Weg gehen als den der Gewalt? So soll also dein Königreich erbaut werden: Mit dem Blut deiner Rasse?“

Der große Wolf schwieg beschämt, während Yaris anfing laut zu lachen: „Das sind also deine treuen Anhänger? Sie stellen sich gegen dich.“

Die Gelbe drehte sich zu ihrem ehemaligen Gefährten um: „Nein, er ist noch zu retten.“ Das Runenherz leuchtete blendend an ihrer Brust. „Doch du bist verloren.“

Noch immer grinste der Angesprochene breit: „Was willst du tun, mich töten? Dann sieh mal dort drüben.“ Mit der Schnauze zeigte er auf zwei große Rüden, die eine schwarzweiße Fähe zwischen sich hatten.

„Sayuri“, flüsterte die aufgebrachte Fähe.

„Also Sayuri hast du sie genannt. Welche Zufall“, erwiderte Yaris.

„Dieser Name…er…“

„Sprich weiter. Ich weiß es doch sowieso: So hätte deine erstgeborene Tochter geheißen, wenn sie noch leben würde, nicht wahr?“

Traurig senkte sie den Kopf: „Ja.“

„Dann habe ich eine Überraschung für dich: Sie ist deine Tochter!“



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