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Silent Scream

stay alive untill I save you
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Halli Hallo,
langsam aber sicher geht es weiter und wenn ich es irgendwie hinkriege auch allmählich Richtung Ende
Leider konnte ich aufgrund der schlechten Internetverbindung noch keine der Mails verschicken,
werde das aber so schnell wie möglich nachholen
Liebe Grüße und viel Spaß bei "Listen" Komplett anzeigen

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Chapter 22 - Listen

Chapter 22 – Listen

Mit einem lauten Knall flog die Tür auf „Hey Koch. Du hast verschlafen! Ruffy knabbert uns schon das Schiff an. Steh mal langsam auf.“ Mit diesem Morgengruß schritt ein verschwitzter Schwertkämpfer an Sanjis Bett vorbei in Richtung Bad, zog sich dabei noch ein graues Shirt aus und warf es achtlos auf sein eigenes Bett.

Sein braun gebrannter, muskulöser Rücken war kaum im Bad verschwunden, da war der Koch selber schon hellwach und sich bereits am anziehen.

Sein Blick allerdings haftete noch auf der verschlossenen Badezimmertür. Nach all diesen Monaten, die er nur im Traum erlebt hatte, war es so unwirklich und seltsam den Schwertkämpfer wieder um sich zu haben. Immer wieder sah er seinen abgemagerten, blutüberströmten Körper, nicht nur in seinen Träumen, sondern auch tagsüber. Hörte seine verzweifelte Stimme, die ihm die Erinnerung löschen wollte, spürte seine kalten Lippen, als er nichts mehr war, als sein eigener Schatten. Selbst dieses Gefühl, welches gar nicht existieren konnte, das Gefühl zweier Geister, die über eine Seele verbunden waren, dieses Gefühl glaubte er immer wieder zu vermissen. Obwohl dies gar nicht möglich war, da er es noch nie gefühlt hatte, noch nie gefühlt haben konnte.

Und jedes Mal, wenn Zoro den Raum betrat, machte sein Herz einen kleinen Sprung, voll Freude, dass der andere lebte, und sich nicht mit solchen Erinnerungen quälen musste. Doch gleichzeitig wurde er unglaublich traurig. Denn der Schwertkämpfer gab sich ihm gegenüber kalt und hart. Wie immer. Eigentlich hatte sich sein Verhalten überhaupt nicht geändert, seine Sprüche waren weder gemeiner noch seine Abwehr im Streit schwächer. Sein Blick weder genervter noch seine Stimme freundlicher. Nein, Zoro hatte sich nicht verändert. Er war immer noch der gleiche sture, arrogante, selbstbewusste Marimo, der er immer schon gewesen war.

Das Problem war nur, dass Sanji nicht mehr der gleiche war. Dieser eine Traum, ein beschissener Traum, keine paar Stunden lang, hatten ihn total verändert. Nichts in seinem Leben war mehr so wie es vorher war. Eine Nacht, die ihm vorkam wie mehrere Monate, hatte dafür gesorgt, dass er nicht mehr der war, den die Crew kannte. Natürlich merkten sie es nicht. Merkten nicht, wie schwierig es für den Koch war, an Gesprächen teilzunehmen, wo er doch glaubte dutzende Tage geschwiegen zu haben. Sie merkten nicht, wie besorgt er oft um die anderen war, denn sie hatten diesen Tod nicht gespürt, hatten nicht erfahren, wie leicht es war zu sterben oder jemanden zu verlieren, der einem wichtig war. Und selbstverständlich merkten sie nicht, wie sich seine Gefühle zum Schwertkämpfer verändert hatten. Er war ja auch ausgesprochen gut darin, diese zu verbergen. Wie sonst auch ließ er keine Gelegenheit aus, sich mit dem anderen zu streiten, gab sich unwirsch und genervt, weckte ihn meist unsanft mit einem Fußtritt, wenn er mal wieder am Mast schnarchte und ignorierte gekonnt dessen abwertende Kommentare, wenn er die Damen der Crew umsorgte.

Ja, nach außen hin hatte sich nichts verändert. Die anderen hatte Sanjis seltsamen Traum als das abgetan, was es war: ein Traum. Er selbst war sich auch darüber im Klaren, dass es nichts weiter war, als eine unruhige Nacht. Doch seine Gefühle konnte er nicht mehr verleugnen. Auch wenn er sie nicht zeigte, niemandem offenbarte, so war es für ihn unmöglich sie zu verdrängen.

Er liebte Zoro. Mit jeder nervigen Macke, mit jedem bösen Wort, jedem kalten Blick. Mittlerweile war ihm klar geworden, dass er diesen Traum wahrscheinlich nur gehabt hatte, damit ihm dieses Gefühl bewusste wurde. Nach Thriller Bark, nach Batholomäus Bär, nach ihrem Streit. Es war nur noch eine Frage der Zeit gewesen, bis es ihm hätte bewusst werden müssen. Eigentlich war es bemerkenswert, dass noch kein anderer aus der Crew gemerkt hatte, wie er damals schon reagiert hatte. Wie panisch er gewesen war, als er zu sich gekommen war und den Schwertkämpfer nicht finden konnte.

Er erinnerte sich, es war damals ähnlich gewesen, wie an diesen grauenhaften Morgen vor wenigen Tagen, wo er den Schwertkämpfer für tot gehalten hatte. Einige schlimme Sekunden lang hatte er damals nicht klar denken können, hatte gespürt wie sein Brustkorb zum zerreißen gespannt gewesen war, dieser Moment, bis er ihn dort hatte stehen sehen, als die Zeit einen Augenblick lang stehen geblieben war, wo er ihn für tot gehalten hatte. Doch damals war Zoro schwer verwundet gewesen, hatte mehrere Tage geschlafen. Und diese Wunden hatten ihn verändert, so wie sie Sanji verändert hatten. Er hatte es dem anderen angesehen. Dieser Zorn über seine eigene Schwäche, diese Angst seinen eigenen Kapitän nicht beschützen zu können, diesen Ehrgeiz noch stärker zu werden. Ja, damals hatte Zoro sich verändert, war eine Spur härter geworden, noch ein bisschen kälter, als hätte er zu viel Angst, die anderen näher an sich heran zu lassen. Und Sanji hatte diese Gefühle geteilt, auch er hatte sich nicht eingestehen können, wie schwach er doch war, auch er hatte nicht wahrhaben wollen, was er für andere empfinden konnte, wie wichtig ihm andere Menschen sein konnten, dass er sogar bereit war, für diese zu sterben. Das hatte ihm Angst gemacht.

Doch dieses Mal war es anders. Er, Sanji, hatte alle diese Gefühle erlebt, blickte er in den Spiegel, sah er, wie seine eigenen blauen Augen sich etwas verdunkelt hatten, eisiger geworden waren, sah wie seine Gesichtszüge das letzte Stück kindliche Unschuld verloren hatten. Das Leid eines einzigen blöden Traumes hatte ihn um Jahre reifen lassen. Hatte seine Sicht der Dinge und seine Gefühlswelt auf den Kopf gestellt. Vor allem was den grünhaarigen Idioten aus seiner Crew anging, denn eben dieser hatte nichts von dieser Veränderung mitbekommen. Während Sanji nachts aufwachte, nur um sicher zu gehen, dass Zoro im Bett gegenüber noch ruhig atmete, war der Schwertkämpfer wie eh und je, schien noch nicht einmal zu bemerken, wie sehr der Koch sich verändert hatte.
 

Dieser plötzliche Wandel lag mittlerweile schon mehr als eine Woche zurück, und Sanji hatte wieder in den Alltag gefunden. Auch wenn er sich immer noch schwer tat, ungezwungen zu reden und laut zu sein.

Bei diesem Frühstück war es nicht anders. Wüst und wild ging es von statten, bis es Nami dann irgendwann zu bunt wurde, und sie die anderen Crewmitglieder mit genügend Aufgaben versorgte um sie für den restlichen Vormittag zu beschäftigen. Die einzige Ausnahme war natürlich Robin, die das Chaos um sie herum wie immer nicht wahrnahm, so tief war sie in ihrem Buch versunken. Selbst als die ersten aufstanden um ihren auferlegten Tätigkeiten nachzugehen, blickte sie nicht auf. Ihre linke Hand tastete abwesend nach ihrer Tasse Kaffee, doch auf halben Weg stockte sie, da die Gedanken der Archäologin bereits wieder von den Blättern vor ihr eingefangen wurden.

Kopfschüttelt wandte der Koch sich ab und begann damit, den Frühstückstisch aufzuräumen, welcher eher aussah wie die traurigen Überreste eines Schlachtfeldes, während auch die Navigatorin aufstand um noch ein paar Notizen ins Logbuch einzutragen. „Robin, bleibst du hier?“ Ihr leicht genervter Unterton war kaum zu überhören, die letzten Tage hatte die einzige andere Frau an Bord wenig Zeit mit ihrer Freundin verbracht, sondern die meisten Stunden in irgendwelchen Büchern gelesen, wie in diesem Augenblick auch. Offensichtlich schien Nami deswegen ein wenig beleidigt. Und wie auch in den letzten Tagen, hob die schwarzhaarige Schönheit beim Klang ihres Namens überrascht den Kopf „Oh, ist das Frühstück schon vorbei?“ Augenblicklich schnellte Sanji aus den Abgründen des Kühlschrankes hervor „Wenn du noch etwas möchtest, kann ich dir gerne noch eine Kleinigkeit zubereiten Robin-Schätzchen.“ Doch noch bevor er seinen Satz beenden konnte, klappte das schwere, alte Buch zu und Robin erhob sich. „Nein, nein. Nicht nötig Herr Koch, aber vielen Dank.“ Ein abwesendes Lächeln erhellte ihre Züge, man sah ihr an, dass sie über andere Dinge nachdachte „Ich denke, ich muss etwas nachschlagen gehen.“ Mit diesen Worten verließ sie die Küche und ließ einen verdatterten Koch und eine eingeschnappte Navigatorin zurück. „Was hat die denn? Scheint ja was ganz Wichtiges zu sein.“ grollte es sogleich aus der junge Frau heraus, wütend blickte sie zum Smutje in der Hoffnung auf ein wenig Zustimmung, dieser jedoch hatte ihr bereist schon wieder den Rücken gekehrt und kramte zwischen seinen Kesseln. „Findest du nicht auch, dass sie sich komisch verhält?“ Versuchte sie es erneut, diesmal etwas weniger wütend, bemüht ruhig zu bleiben. „Sanji?!“ Erst als sie mit seinem Namen nachhakte wandte sich der blonde Mann ihr zu „Ach tut mir leid, Nami-Maus, hast du mit mir gesprochen?“ „Ach, vergiss es!“ zischte sie, nun offensichtlich am kochen und rauschte zur Tür hinaus. Zurück blieb ein verwirrter Koch.
 

Draußen angekommen musste Nami feststellen, dass sich niemand der anderen am Deck aufhielt, was um diese Tageszeit wirklich ungewöhnlich war. Natürlich hatte sie den Crewmitgliedern Aufgaben auferlegt, welche notwendig waren, die sie aber auch beschäftigen sollten, trotzdem sollte man nicht glauben, dass es an Bord je eine ruhige Minute tagsüber gab, an Deck geschah immer irgendetwas. Ein argwöhnisches Gefühl kroch ihr den Nacken empor, es war eindeutig zu ruhig auf diesem Schiff voller Irren. Mit vorsichtigen Schritten und bereit jederzeit angegriffen zu werden ging sie die Treppe hinab und sah sich um. Wo waren die anderen?

Leise bahnten sich ihre Füße einen Weg durch das noch taufrische Gras, ehe sie die Treppe zur Steuerterrasse erreichte. Sie hatte grade die ersten zwei Stufen erklommen, als sie das tiefe Brummen des Schwertkämpfers vernehmen konnte „Wenn das also alles ist, was du wissen…“ „Zoro!“ Eine ruhige Stimme unterbrach ihn. Es war beunruhigend, wie ernst die Stimme des Kapitäns klingen konnte. Die junge Frau stockte, selten hatte sie ihren jungen Freund so sprechen gehört und da war sie auch eigentlich ganz dankbar für. Wie ein Spion hatte Nami sich die Stufen hochgeschlichen und spähte über den Treppenabsatz hinweg zur Gallionsfigur.

Dort am Steuer lehnte der großgewachsene, grünhaarige Mann, den sie vor wenigen Minuten aus der Kombüse geschickt hatte, mit dem Auftrag Segel und Taue auf mögliche Sturmschäden hin zu kontrollieren und gegebenenfalls zu reparieren. Von ihrem Blickwinkel aus konnte sie seinen ernsthaften Gesichtsausdruck erkennen, seinen Kopf leicht schräg gelegt hatte er sein Augenmerk auf den anderen Mann an Deck gerichtet. Dieser stand direkt an der Gallionsfigur und schien sich mit einer Hand auf ihr abzustützen, doch genau konnte die junge Frau das nicht sehen. Eigentlich hätte dieses Bild vor ihr sie nicht verunsichern sollen. Zwei ihrer engsten Freunde unterhielten sich an Deck, anstatt die ihnen aufgetragenen Arbeiten zu erledigen, eigentlich sollte sie sich tobend auf die beiden stürzen und ihre Faulheit ordentlich in Rechnung stellen.

Doch die Situation vor ihr war alles andere als normal. Es war seltsam, wie Ruffy dort stand, seinem Gesprächspartner und besten Freund den Rücken zugewandt. Es war seltsam, wie Zoro die Arme verschränkt hatte, als müsste er vor seinem Freund etwas verbergen. Generell war es seltsam, dass niemand an Deck war, außer den beiden und dass Nami sie am Anfang erst nicht bemerkt hatte.

„Geht es dir gut?“ Verwirrt blickte Nami zwischen den beiden Männern hin und her. Was sollte diese seltsame Frage bloß? Warum sollte es Zoro nicht gut gehen? Und warum mussten sie für diese Frage allein sein? Auch Zoro schien diese Frage nicht wirklich ernst zu nehmen, denn er lachte leise „Was soll das, Ruffy? Natürlich geht es mir gut. Warum sollte es auch nicht?“ Mit einem Ruck drehte der schwarzhaarige, junge Mann sich um und ging direkt auf seinen Freund zu. Der lauschenden Frau wurde es auf einmal ganz kalt, als sie in die Augen ihres Kapitäns sah. Ruffy stand direkt vor Zoro und blickte zu ihm herauf, keine Handbreit war zwischen ihnen und sein Blick ließ auch kein Zurückweichen zu, nicht das Zoro zurückgewichen wäre. Ruhig erwiderte er den Blick seines Kapitäns, ließ die Arme sinken, als würde er seinem Gegenüber die Möglichkeit zum Angriff geben ohne dass er sich wehren würde. Einen Moment lang wurde es ganz still um die beiden und auch Nami traute sich kaum zu atmen. „Was willst du mich wirklich fragen, Ruffy? Was hast du die ganze Woche mit dir rumgeschleppt? Was hast du mir damals nicht schon gesagt?“ Nami verstand nicht, was der Schwertkämpfer wohl mit „damals“ meinte, aber es war offensichtlich, dass dies nicht das erste Gespräch dieser Art war.

Der jüngere der beiden Männer senkte den Blick, der Schatten des Strohhutes machte es unmöglich in seinem Gesicht zu lesen, einzig und allein die zusammengekniffenen Lippen waren zu sehen. „Ich hab seit letztens viel nachgedacht.“ Erneut lachte Zoro leise „Du weißt doch, dass du nicht über solche Dinge nachdenken sollst, die dir Kopfschmerzen bereiten. Also am besten über gar nichts.“ „Zoro!“ wütend schlug der Schwarzhaarige seine Faust gegen die Seite seines Crewmitgliedes, ohne ihn jedoch ernsthaft verletzten zu wollen „Das hier ist wichtig.“ Beschwichtigend hob der Ältere seine Hände „Ist ja gut. Schon okay. Worüber hast du denn so viel nachdenken müssen, dass du nochmal mit mir sprechen wolltest?“ „Bist du dir sicher?“ Erst jetzt stellte Ruffy wieder den Blickkontakt her. Sein Gesichtsausdruck zeigte überraschend deutlich, wie unsicher er selber war. „Es ist so viel passiert, dass ich überhaupt nicht an die Folgen gedacht habe. Bist du dir sicher, dass du das so willst? Du weißt, egal für welchen Weg du dich entschieden hast, ich werde dich nicht aufhalten.“ Nun war Nami mehr als nur beunruhigt, es musste etwas Wichtiges geschehen sein, wenn es Ruffy so aus der Fassung brachte, und es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass sie das anscheinend alles nicht mitgekommen hatte. Was war nur zwischen den beiden vorgefallen?

Nun war es der Schwertkämpfer, der wegsah. Die grünen Augen blickten hinaus, aufs weite Meer, als würde er sich an etwas erinnern, ehe er seine Stimme erhob. „Also um ganz ehrlich zu sein, Ruffy. Wenn es nach mir ginge, würdest du von all dem hier nichts wissen, so wie die anderen. Dadurch, dass sie keine Ahnung haben, machen sie sich keine Sorgen. Mit Ausnahme von Robin vielleicht, sie scheint zu wissen, dass etwas vor sich geht.“ Den letzten Satz murmelte er hinterher, als wäre er selber von dieser Tatsache verwirrt. Der Junge mit dem Strohhut schüttelte den Kopf. „Ich verstehe, dass du nicht willst, dass die anderen Bescheid wissen, ist schon okay, aber mit mir musst du Klartext reden, verstanden?“ Zoro nickte sachte „Jetzt ist es eh zu spät, Ruffy. Ich habe mich entschieden und so ist es das Beste, für alle. Und je weniger ihr anderen eingebunden seid, desto besser.“ „Du weißt, dass ich mir dir nicht entgegenstellen werde. Aber du musst verstehen, dass ich nicht besonders glücklich darüber bin.“ Der Schwertkämpfer nickte erneut. „Ich weiß, aber im Endeffekt geht es nur ihn und mich etwas an.“

Wieder schwiegen beide, offensichtlich nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis ihres Gespräches. Und auch Nami war alles andere als entspannt. Sie verstand nicht, was zwischen den beiden vorging, und war wütend, dass sie überhaupt nichts davon mitbekommen hatte. Einen Moment lang überlegte sie einfach an die letzten Stufen hochzuspringen und die beiden zur Rede zu stellen. Doch wenn sie ganz ehrlich war, traute sie sich nicht. Diese Aura zwischen den beiden Freunden schien so geladen und so ernst, als ginge es um Leben oder Tod. Von Zoro war sie diese ernste Miene und die kalte Abweisung gewohnt, sie war ja selber oft ganz ähnlich und sie hatte nie den Zwang verspürt alles über den anderen wissen zu müssen, dass war er ihr nicht schuldig und das war auch gut so. Das aber Ruffy so beunruhigt und angespannt war, dies aber ebenso ernst und erwachsen wie sein Gegenüber zur Sprache brachte, und nicht emotional und unbedacht handelte, machte ihr Angst. So kannte sie ihn nicht, sie war es nicht gewohnt, dass er sich über Geheimnisse Gedanken machte oder Entscheidungen diskutierte, er handelte oder ließ es bleiben, etwas stimmte ganz und gar nicht.

Und als würde sich ein Puzzle aus den verschiedenen Bruchstücken zusammenfügen, wurde es Nami plötzlich ganz heiß. Zittrig tapste sie die Stufen hinab, hielt sich am Geländer fest, versuchte so leise wie möglich zu sein, während ihr Herz raste. Auf einmal war es alles ganz logisch. Alles machte auf einmal Sinn. Jetzt verstand sie auf einmal, warum der Schwertkämpfer nur noch trainierte, warum ihr Kapitän sich seit einer Woche so komisch benahm und warum die anderen in der Crew so seltsam waren, allen voran Robin und Sanji. Jeder in der Crew hatte gespürt, dass etwas anders war in der letzten Woche, seit dem sie die letzte Insel verlassen hatten. Aber niemand hatte gewusst was. Doch sie wusste es jetzt, sie wusste jetzt was los war. Und das machte ihr unglaubliche Angst.

Beinahe lautlos schlich sie in Richtung Kombüse, erreichte die Tür, öffnete sie einen Spalt breit und schlug sie dann mit aller Kraft wieder zu, ignorierte den verwirrten Koch auf der anderen Seite der Wand. Die Köpfe beider Piraten ruckten in Richtung Tür. Sie legte kurz den Kopf in den Nacken, presste beide Hände auf das Geländer und biss die Zähne zusammen „Was macht ihr beide da?! Zoro ich hab dir doch gesagt du sollst die Segel überprüfen! Und Ruffy, ein geschrubbtes Deck sieht anders aus!“ Laut und zickig hallte ihre Stimme über das Schiff hinweg zu den beiden anderen. Einen Moment lang regte sich keiner der beiden, dann hob der Schwertkämpfer abwehrend die Hand und kam die Treppe hinunter, während Ruffy lachend über das Geländer hinweg sprang und Nami angrinste.

Ja, wäre sie einfach zwei Minuten später rausgegangen und hätte das Deck sorgfältiger betrachtet und die beiden entdeckt, dann hätte sie genauso reagiert, ganz genau so. Und sie hätte keine Ahnung gehabt von diesem seltsamen Gespräch, sie hätte einfach nichts gewusst, so wie der Rest der Crew.
 

So verlief die Stunden des Tages. Langsam wurde das Piratenschiff über die Wellen getragen und kam der nächsten Insel immer näher. Die Crewmitglieder gingen ihren jeweiligen Aufgaben und Tätigkeiten nach, zwischendurch immer wieder mal gestört durch eine kleine Explosion aus den Tiefen des Schiffes, wo Franky und Lyssop arbeiteten oder durch einen kurzen Kampf an Deck zwischen Sanji und Zoro. Es war also eigentlich alles wie immer und doch spürte man diese leichte Anspannung, die über der Thousand Sunny schwebte wie eine dunkle Wolke. Doch keiner wollte so recht auf sie achten, selbst die Navigatorin war sich nicht sicher darüber, wie sie reagieren sollte. Sie könnte so tun, als hätte sie das Gespräch nie mitbekommen, könnte einfach auf das Beste hoffen. Sie könnte die beiden direkt damit konfrontieren und so vielleicht Schlimmeres verhindern. Aber was wäre sinnvoller? Vertrauen oder Kontrolle?

Beim Abendessen war sie kurz davor, es einfach auszusprechen, doch dann hatte sie den Schwertkämpfer angesehen. Sein Blick auf das halbvolle Glas in seiner Hand gerichtet. Diese grünen Augen hatten so kalt und düster gewirkt, als würde er dort in der klaren Flüssigkeit etwas suchen, das er vor langer Zeit verloren hatte. Kurz entschlossen knallte sie eine Hand auf die hölzerne Tischplatte und stand auf. Das umliegende Getümmel erstarb und alle bis auf Zoro und Robin blickte sie an. „ich gehe jetzt schlafen, Lyssop du schiebst heute Nachtwache!“ Erschrocken lies die Langnase das Besteck fallen „Was, ab…“ „Nami, ich bin heute dran.“ Unterbrach das tiefe Brummen des Schwertkämpfers den Lügenbaron. Seine Augen blickten sie kalt an. Doch sie hielt mit abwertendem Blick dagegen „So furchtbar wie du heute aussiehst würde ich an deiner Stelle schleunigst im Bett verschwinden und mich verstecken. Dagegen ist ja ein Zombie ansehnlicher.“ Mit diesen Worten wandte sie sich zum gehen. Spürte die zornigen Augen in ihrem Nacken brennen, hört die gebrummte Beleidigung, doch es war ihr egal. Und auch sie würde diese Nacht nicht schlafen, nur um sicher zu gehen, dass niemand im Dunkeln das Schiff verließ, auch wenn die nächste Insel noch ein paar Tage auf sich warten ließ.
 

Vorsichtig betrat Sanji die Kajüte, doch wie erwartet schlief der andere noch nicht, sondern saß auf seinem Bett und meditierte. Die Augen geschlossen, der Atem ruhig, eigentlich hätte er auch genauso gut schlafen können, vielleicht tat er das sogar, und benutzte die Meditation nur als Ausrede. Einen Moment lang betrachtete der Smutje den Schwertkämpfer ehe er ins Bad verschwand. Nami hatte Recht, er sah wirklich nicht gut aus. Natürlich sah er aus wie immer, und das bedeutete nun mal, dass er mit seiner braun gebrannten Haut, den Muskeln und seinem markanten Gesicht dementsprechend attraktiv war. Aber er wirkte unglaublich angespannt, als würde er nicht genug schlafen und als würde etwas ihn zu sehr belasten.

Das hatte sich auch nicht geändert, als Sanji wieder ins Zimmer kam, auch wenn Zoro, der ihm grade den Rücken zugewandt hatte und sich umzog nun doch etwas lebendiger wirkte als wenige Minuten zuvor. „Is‘ was?“ murrte er ihn an, als wären sie nicht Zimmergenossen sondern Zelleninsassen die sich noch nie zuvor gesehen hatten. „Nami hat Recht, du siehst wirklich beschissen aus.“ Antwortete er kühl, ohne seinen Blick von dem durchtrainierten Rücken abzuwenden, den der andere grade mit einem einfachen schwarzen Shirt bedeckte. „Und? Was geht es dich an?“ Mit einem abschätzenden Blick ging der Koch am anderen vorbei, von außen völlig gelassen, aber innerlich zerriss es ihn, den anderen so zu sehen und so mit ihm umgehen zu müssen. „Vielleicht solltest du wirklich mal öfters schlafen gehen. Wie viele Nachtwachen hattest du die vergangene Woche? Vier?“

Der Schwertkämpfer reckte sich und sah ihn an. „Und ich frage dich noch einmal? Was geht es dich an?“ Nun begann auch Sanji sich umzuziehen, während der Schwertkämpfer sich schwerfällig auf sein Bett fallen ließ „Wenn wir angegriffen werden und einer der beiden Damen passiert etwas, weil du einpennst, dann geht mich das sehr wohl was an.“ Einige Sekunden vergingen, doch der Koch erhielt keine Antwort vom Grünhaarigen, also drehte er sich mürrisch zu ihm um „Du könntest wenigstens den Anstand…“ den Rest des Satzes hatte er vergessen. Wie ein umgefallener Baumstamm lag der junge Mann auf seinem Bett, beide Füße noch fest auf dem Boden stehend, die Arme noch verschränkt, doch die Augen waren geschlossen und der Mund leicht geöffnet. Ruhig atmete er ein und aus. „Einfach eingeschlafen.“ Murmelte Sanji kopfschüttelnd bevor er sich schließlich dazu entschied, die Beine des anderen hochzuheben und die Bettdecke vom Fußende über den Schlafenden zu ziehen. Eine Sekunde lang blickte er zum Schwertkämpfer hinab. Jetzt, wo er schlief, wirkte er viel entspannter, viel jünger, was beschäftigte ihn so sehr, dass er im wachen Zustand so ausgebrannt war? Darüber nachdenkend ging auch der Koch zu Bett und schlief irgendwann schließlich ein.
 

Doch nicht für lange. Es war noch dunkel draußen, da wurde der Smutje auch wieder von einem leisen Knirschen, gefolgt von einem kalten Luftzug, geweckt.

Verdrossen drehte er sich zur Seite, doch noch bevor er die Augen geöffnet hatte, konnte er ein leises Tapsen vernehmen, schnelle leise Schritte, die plötzlich stockten. Vorsichtig lugte er zwischen seinen Haarsträhnen und der Bettdecke hindurch in das dunkle Zimmer.

In den Schatten konnte er die Umrisse des jüngsten Crewmitgliedes erkennen, welches am gegenüberliegenden Bett stand und sich nicht regte. Ganz still stand das kleine Rentier einige Sekunden da ohne sich zu bewegen, wie ein süßes Stofftier. Dann wurde die Decke von einer großen Hand angehoben und ein leises Brummen ertönte. Blitzschnell verschwanden Geweih und Hufen unter den warmen Laken und es wurde wieder still.

„Du zitterst. Schlecht geträumt?“ Überrascht konnte Sanji die ruhige tiefe Stimme des Schwertkämpfers höre. Doch er klang so sanft und liebevoll wie er ihn noch nie gehört hatte. Leises zustimmendes Gemurmel erfüllte die Dunkelheit. „Ich bin ja jetzt hier und pass auf dich auf, du kannst ruhig schlafen.“ Der Koch kniff die Augen zusammen, wollte bloß nicht, dass die anderen bemerkten, dass er wach war, wollte diesen innigen Moment zwischen zwei Freunden, die wie Brüder waren, nicht zerstören, dankbar, dass er Zoro auch mal von dieser Seite erleben durfte.

Wieder war es einige Sekunden ganz ruhig und er war fast wieder in seinen Träumen versunken, als er die leise Stimme des Schiffarztes hörte „Zoro?“ Zustimmendes Gebrumme „Bist du noch wach?“ Wieder murrte der andere „Ja.“ Dann war es wieder ruhig. „Chopper, was ist denn los? Hast du immer noch Angst?“ Einen Moment hörte man nur das Rascheln der Laken „Wovor denn? Was hast du geträumt?“ Wieder hörte man keine Antwort „Okay, du musst es mir nicht sagen. Ist schon okay.“ „Versprich es mir.“ Ganz zaghaft, ganz leise, als würde Chopper sich kaum trauen zu sprechen. „Was soll ich dir versprechen?“ „Dass du nicht einfach verschwindest.“ Langsam öffnete der Koch wieder die Augen und starrte durch die Dunkelheit zur anderen Koje hinüber. „Versprich mir, dass du mich nicht alleine lässt.“ Es war die Bitte eines Kindes, die Bitte aus einem furchtbaren Gedanken erwacht, gewachsen in einem schrecklichen Traum. „Du bist nicht alleine, Chopper. Du hast hier Freunde, du hast eine Familie, wir sind deine Familie.“ „Versprich mir…“ Sanft aber bestimmt unterbrach der Schwertkämpfer seinen jungen Freund „Ich kann dir das nicht versprechen, Chopper, und das weißt du. Ich kann dir nicht versprechen, dass ich immer für dich da sein werde. Wer weiß was Morgen geschieht. Wir sind Piraten, wir müssen jeden Tag mit einem Schiff der Marine oder Schlimmeren rechnen. Ich kann dir nicht versprechen, dass es uns allen jeden Tag gut gehen wird und dass deine schlimmen Träume nur Träume bleiben. Aber ich kann dir versprechen, dass ich alles in meiner Macht tun werde und alles versuchen werde um so etwas zu verhindern, okay?“ „Okay.“ Wieder wurde es ruhig „Findest du mich schwach?“ „Wir sind heute Nacht aber gesprächig was?“ „Das ist nicht lustig!“ „Nun ja, wenn man bedenkt, dass du mitten in der Nacht zu einem gesuchten Piraten ins Bett hüpfst um Gute-Nacht-Geschichten zu hören, ist das schon alles recht seltsam.“ Ein beleidigtes Seufzen entwischte dem Rentier. „Also gut, Chopper. Hör mir mal zu. Angst ist keine Schwäche, wenn schlimme Dinge passieren und sei es nur in unserem Kopf, dann ist es ganz normal, dass wir Angst haben.“ „Du auch?“ „Natürlich, ich bin nur ziemlich gut darin, die zu verstecken.“ „Ich hab noch nie erlebt, dass du Angst hattest, oder Ruffy, oder Sanji.“ Leise lachte der Schwertkämpfer „Oh doch, glaub mir, ein jeder von uns hatte schon mal Angst, selbst der Gemüseputzer.“ „Aber ihr wirkt immer so mutig! Als hättet ihr vor nichts Angst.“ „Glaub mir da gibt es einen Unterschied. Weißt du was mein Sensei immer gesagt hat? Mut bedeutet nicht, keine Angst auf seinem Weg zu haben, Mut bedeutet Angst zu haben und trotzdem den Weg zu gehen. Ich hoffe also, dass ein jeder von uns in manchen Situationen Angst hat, sonst ist man nämlich nicht mutig, sondern nur lebensmüde und dumm.“ Er gähnte ausgiebig „Okay Kleiner, das waren jetzt aber genug Lebensweisheiten für eine Nacht. Wir machen jetzt die Augen zu und versuchen noch ein paar Stunden zu schlafen, in Ordnung?“ „Okay!“Erneut hallte das Rascheln der Laken durch die Stille, als das Rentier sich an den ehemaligen Piratenjäger kuschelte. „Was ist das denn?“ etwas lauter als zuvor sprach der kleine Arzt erneut, besorgt. „Ach Chopper!“ „Was ist das Zoro, mach mal Licht an, bist du verletzt?“ „Das sind nur Schrammen vom Training, nichts Ernstes. Leg dich jetzt hin, sonst weckst du den Koch noch auf.“ „In Ordnung, aber morgen sehe ich mir das mal an.“ „Wenn‘s sein muss. Dann schlaf jetzt aber auch.“ Und dann wurde es endlich ruhig in der Kajüte, nur die leisen Atemzüge Choppers und das gelegentliche Schnarchen des Schwertkämpfers waren zu hören, begleiteten Sanji zurück ins Land der Träume. Träume voller wunderlicher Dinge, und unglaublicher Abenteuer. Und immer wieder rannte vor ihm ein kleines Rentier mit einer Taschenuhr in der Hand herum und ein breiter, angsteinflößender grinsender Mund hing am Firmament, während große grüne Augen ihn verfolgten, bevor das Gesicht plötzlich verschwand. Vielleicht sollte er morgen Tee kochen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  KakusLaw
2015-07-17T08:51:17+00:00 17.07.2015 10:51
So eine super geile story! Hoffentlich geht es bald weiter. Hab sie in den letzten zwei tagen durchgesuchtet. Ich mag deinen Schreibstil unheimlich gerne. Mach bitte schnell weiter >.<
Von:  LittleMarimo
2015-05-31T06:15:20+00:00 31.05.2015 08:15
Oha.. Also war es vieleicht doch kein Traum von Sanji..
Süß wie sich Zorro immer um Chopper kümmert. :3
Aber bitte lass diese Geschichte ein Happyend haben..
Ich ahne wieder schlimmes.. Und eine plötzliche Verletzung? Ahhh die Worst-Case-scenarien in meinem Kopf gehen wieder loooos!

Ich LIEEBEEE DIESE STORY!!!EINS!ELF!!!
Du hast einen soo tolles schreibstil!
Antwort von:  LittleMarimo
31.05.2015 08:17
Oh das hab ich noch vergessen.
Was versteht Nami? Warum verhalten sich alle so komisch? WAS IST MIT ZORRO UND RUFFY LOOOS!?
Antwort von:  MC-T
02.06.2015 11:23
O.o ich frage mich genau dasselbe?!?!? Und Hammer Story!!


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