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Die Geschichte des legendären Sullivan O'Neil 2

Zwischen Gott und Teufel
von

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Wellengang

„Und jetzt?!“, wollte einer jener drei, mir fremden Männer wissen.

Wir hatten uns in den Keller eines Wohnhauses zurückgezogen, saßen um einen runden Tisch herum und das einzige Licht, das es gab, spendete eine Kerze in der Mitte. Insgesamt waren wir sieben Personen, aber bis auf unsere übliche Gruppe kannte ich niemanden. Weder den Sprechenden, der gereizt auf den Tisch schlug, noch den großen mit Stoffmütze oder seinen scheinbaren, jüngeren Bruder, dem das Haus gehörte. Ich saß auf einem kleinen Fass, beobachtete alle anderen und lauschte seinen aggressiven Worten, als der mir Fremde fortfuhr: „Jetzt haben wir nicht nur die Inquisition am Hals, nein, sogar O’Hagan persönlich! Ich dachte, er würde sich endlich dazu bereit erklären, sich dazu zu äußern, stattdessen schnippst er und alle sind gegen uns!“

Als Slade verächtlich schnaubte, sahen ihn alle sofort an. Er hatte die Beine länglich vor sich überschlagen und die Arme verschränkt, gelangweilt, aber auch gereizt. „Verwundert Euch das?“, wollte er wissen. „Die Menschen haben Schiss. Als würden sie den Mund aufmachen, wenn Gottes Hand auf dem Podest steht und auf sie zeigt. Dann könnten sie ihm gleich ein Kreuz zum daran nageln schenken.“

Angestachelt fauchte man ihn an: „Ihr findet das wohl witzig, was?! Aber war ja nicht anders zu erwarten! Ich habe gleich gesagt, dass, wenn wir Verbrecher wie Euch aufnehmen, wir nur noch mehr Probleme bekommen!“

Erneut ein verächtliches Schnauben, aber ansehen tat der Straßendieb den Mann nicht. Ich fragte mich insgeheim, was der Kerl sagen würde, wenn er wüsste, wie meine Vergangenheit aussah. Gleichzeitig war ich froh, dass keiner Interesse daran zu haben schien, sie hinauszuposaunen.

Robin saß als einziger auf einem Stuhl und starrte abwesend vor sich auf die Tischplatte, als wäre er in Gedanken ganz woanders. Serdon, ich nannte ihn oft scherzhaft seinen Schatten, befand sich wie meistens an der Tür und hielt Wache. Da unser Anführer sich nicht einzumischen schien, nutzte der Ältere der beiden Brüder seine Chance, das Feuer noch etwas anzuheizen, indem er zischte: „Wenn man mich fragt, sollte O’Hagan mit dem Hängen bei Schlitzohren wie Ihr es einer seid anfangen, dann würden wir alle wenigstens in einer ehrenvollen Gemeinschaft sterben!“

„Ehrenvoll, hm?“, jetzt verlor sogar Slade seinen Respekt. Als er aufsah, waren seine Augen kühl und spöttisch. Lauernd sah er dem Mann mit Mütze entgegen. „Was wisst Ihr schon von Ehre?“

Diesmal war es der Jüngere, der Antwort gab. Es spuckte auf den Steinboden, wischte sich über die Nase und knurrte: „Mein Bruder hat mehr, als Ihr, Slade, so viel ist sicher. Ihn haben sie nicht rausgeworfen, weil er die Kasse plündert.“

Es war nicht auszuhalten. Slade und ich seufzten fast zeitgleich und während er sich im Raum umsah, rieb ich mir die Schläfen. Wahrscheinlich wusste keiner von uns beiden, was das alles nun mit O’Hagan zu tun hatte und keiner von uns hatte Lust auf solcherlei Diskussionen. Das war wohl auch der Grund, wieso er einfach anfing, die anderen anzuschweigen, während die drei sich immer mehr aufstachelten. Sie bestätigten sich gegenseitig, begannen mit Vorwürfen und verloren das Thema O’Hagan immer mehr aus den Augen. Stattdessen war es plötzlich unheimlich wichtig, dass in der Kasse der Samariter schon seit Wochen Münzen fehlten und das war schließlich Beweis genug dafür, dass Gesindel ausgeschlossen werden sollte.

Ich ließ meine Blicke durch das niedrige Zimmer schweifen, musterte die kahlen, feuchten Wände, eine fette Ratte die den Boden abging und die Pfütze, die sich in der hintersten Raumecke gebildet hatte, da es durch das Fenster zu tropfen schien. Es ging wohl bereits seit Jahren so, denn der Boden unter dem Nass war durch das ständige Aufprallen bereits gewölbt. Mit den Augen konnte ich genau nach verfolgen, wie der Schimmel sich stückweise ausgebreitet hatte.

Erst, als Robin den Kopf hob und etwas von sich gab, war es wieder ganz still. „Seid ihr jetzt fertig?“

Seine Miene zeigte deutlich, dass die Lage ernst war, aber vor allem, dass er überlegte und bemüht war, Ordnung in die Lage zu bringen. Ein richtiger Anführer, schoss es mir durch den Kopf und das war er. Selbst jetzt strahlte er keinerlei Unruhe aus und seine Stimme war so stark und selbstsicher, dass sich alle Gemüter wieder beruhigten. Wir sahen zu, wie er sich zurücklehnte, sich durch das schwarze Haar fuhr und tief Luft holte. „Aye, wir haben ein Problem. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns jetzt gegenseitig anklagen müssen – das wird noch früh genug passieren. Die Sache war anders geplant, das gebe ich zu. Wir gingen alle davon aus, dass er endlich zu den Konflikten stehen würde, stattdessen holt er zu einem weiteren Feldzug aus.“

„Ein weiterer Feldzug?“, wurde der Ächate vom ersten Sprecher wütend unterbrochen. „Gott verflucht, er lässt die ganze Stadt nach uns absuchen und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er uns findet! Wenn er einen hat, kriegt er durch diesen den nächsten und so weiter!“

Der Mann mit der Mütze lachte ihn aus: „Hast wohl Schiss, was?“, doch ich schnaubte nur verächtlich: „Wenn er keine Angst um sein Leben hätte, wäre er entweder ein Idiot oder nicht klar bei Verstand. Seien wir realistisch: Für uns sieht es alles andere als gut aus. Es ist, wie er es sagt, mit einem Gefangenen lässt sich leicht der Rest der Gruppe finden. Es ist für O’Hagan ein leichtes, das Gebiet immer mehr einzukreisen, bis er uns hat. Wahrscheinlich lässt er gerade in diesem Moment die ersten Personen festnehmen, wenn nicht gleich befragen und hinrichten. Und sie müssen nicht einmal Samariter sein. Die Vorführungen werden reichen, um die Angst zu verstärken.“

Ich konnte deutlich erkennen, dass die drei mich anstarrten, als wäre ich bis vor kurzem noch gar nicht im Raum gewesen. Wie zur Bestätigung zischte einer von ihnen zu Robin „Wer ist der Kerl?!“, doch dieser ignorierte ihn und hob nur eine Hand, damit er schwieg. Er fragte mich: „Wie meint Ihr das, Falc’dhe?“, und ruhig begann ich zu erklären:

„Die Menschen fürchten um ihr Leben, Robin. Sie werden mit dem Finger auf jeden zeigen, der ihnen hilft, von sich selbst abzulenken. Nicht nur, dass die meisten O’Hagan bei seiner Suche unterstützen werden, nein, sie werden sämtliches Schreibgut, so wie etliche Gerüchte zusammentragen, und so wird jeder noch so kleine Stein umgedreht werden. Es reicht nur, dass einer eine Vermutung ausspricht. Drei weitere werden eifrig nicken und ehe wir uns versehen, stehen wir vor dem Schafott. Wir könnten jetzt alles, was wir kopiert haben oder kopieren wollten verstecken, aber ich bezweifele, dass wir auch nur die Hälfte davon retten können.“

Etwas in Robins Augen veränderte sich und ich konnte deutlich erkennen, dass für Slade das gleiche galt. Ich, ein Außenstehender, mischte mich nicht nur ein, sondern bekam sämtliches Gehör des Anführers? Einigen passte es nicht, andere wiederum wurden mehr als nur aufmerksam. Ich spürte, dass der ältere Bruder nun von den anderen wissen wollte, wer ich war, aber auch dieses Mal bekam er keine Antwort.

„Also was schlagt Ihr vor?“, wieder ging Robins Frage an mich. Ich versuchte, selbstsicher zu wirken. In meinem Hinterkopf warnte mich eine Stimme, dass der Ächate mich testen wollte

und ich erinnerte mich an das kurze Gespräch zwischen ihm und Nevar.

‚Was habt Ihr zu verlieren, Robin? Gebt ihm eine Chance.’, hatte er gesagt. ‚Ich habe ihn nicht hierher gebracht, damit Ihr ihm Taschenspielertricks beibringt.’

Allmählich verstand ich, dass er damit nicht das Kopieren der Bücher gemeint hatte.

„Wir haben zwei Möglichkeiten.“, meine Stimme war sehr leise und ernst. Fast so, als würde sie nur dem Ächaten gelten. Ich wollte ihn beeindrucken und von mir überzeugen. „Entweder, wir versuchen so viel zu retten, wie wir können, verlieren das Meiste und obendrein viele Männer und wenn es vorbei ist, versuchen wir weiter zu machen – wobei wir wieder am Anfang wären und es durch dieses Exempel schwerer werden wird, neue Anhänger zu finden. Oder aber...“, ich zögerte kurz, wirklich nur einen Augenblick.

Sofort fragte jener mit Mütze: „Oder?“, aber Robin hob die Hand abermals und deutete ihm, den Mund zu halten, diesmal mit einem drohenden Blick.

„Oder aber, wir machen weiter wie bisher, nur schneller, effektiver und gezielter.“, erst jetzt sah ich auch die anderen an, so selbstsicher, wie es ging. „Aufklärungsbücher sind zwar schön und gut, aber sie helfen uns gerade nicht weiter. Wir müssen darauf verzichten, Bücher zu kopieren. Sie brauchen nicht nur zu lange, was die Herstellung angeht, sondern auch das Lesen – oft regen sie zwar zum Nachdenken an, aber es ist nicht einmal gesagt, dass die Werke bis zum Ende gelesen werden. Zwar können wir sie weiterhin Gelehrten zukommen lassen, aber was bringt es uns? Sie können unmöglich so riesige Texte mündlich weitergeben.“

„Nehmt es mir nicht übel, Falcon.“, mischte sich Slade ruhig ein und zog eine Augenbraue hoch. „Ihr seid noch nicht lange genug dabei, um zu verstehen, wie unsere Gruppierung wirklich funktioniert. Ich denke nicht, dass Ihr für uns die Pläne schmieden solltet.“

Damit waren die meisten einverstanden, denn ich registrierte im Winkelblick, wie einige nickten.

Ruhig gab ich zu: „Vielleicht verstehe ich nicht den kompletten Aufbau und bin in tiefer gehende Dinge nicht eingeweiht, aber eines weiß ich:

Wir sind zu langsam und die Wellen, die wir schlagen, nicht stark genug. Mit kürzeren Texten können wir mehr Menschen in weniger Zeit erreichen.“

Es knarrte direkt über uns und alle sahen zur Decke, binnen weniger Augenblicke herrschte Stille.War dort jemand? Serdon öffnete die Tür ein Stück, um zu lauschen. Kein Laut drang zu uns hinunter und auch die Dielen waren mucksmäuschenstill. Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich versuchte das Bild von herunterpolternden Soldaten zu vertreiben.

„Es gibt aber keine kurzen Bücher.“, wandte einer der Brüder ein, etwas leiser als zuvor. „Außerdem kommt noch das Binden der Bücher hinzu, so wie das Finden der Schriftstücke. Es ist wirklich nicht leicht, an solches Schreibwerk heranzukommen. Wir dürfen nicht wählerisch sein und nur noch knappe Bücher nehmen.“

„Dann pfeift darauf!“, ich wurde nur umso ernster und mit Nachdruck bewegte ich etwas die Hände beim Reden. „Denkt doch mal nach: Müssen es denn unbedingt Bücher sein, die wir kopieren? Natürlich haben wir damit einiges bewegt, wir haben es geschafft O’Hagan nach Brehms zu holen, aber allmählich sollten wir die Taktik ändern. Ihr müsst doch selbst merken, dass wir damit gegen eine gigantische Mauer rennen.“

„Wollt Ihr damit sagen, das, was wir tun, ist sinnlos?!“, fauchte man mich von der anderen Seite her an. Die drei hielten zusammen, das merkte man deutlich. Dennoch hatte ich nicht vor, meine Ideen einfach fallen zu lassen.

„Man hat doch längst erkannt, woher wir unsere Quellen nehmen! Die Inquisition wird uns diese Quellen, die ohnehin schon sehr nüchtern sind, noch stärker kürzen. Wenn wir uns weiter auf Bücher und Schreibgut der Gelehrten stützen, werden wir nicht nur langsamer – er kann uns damit die idealen Fallen stellen und weiß, wonach er suchen muss!“

Der Ächate nickte ruhig. „Aye, ich denke, ich verstehe, worauf Ihr hinaus wollt. Wenn O’Hagan unseren Weg kennt, weiß er, wie wir laufen und dann ist es ein leichtes, uns auf diesen Wegen abzufangen.“

„Richtig. Wir schreiben eigene Texte, kurz und knapp, vervielfältigen sie und verteilen sie in der Stadt. Es ist anstrengend die Bücher gut zu verkaufen, so, dass es sich lohnt und die Ausgaben nicht überwiegen, nicht wahr? Zettel könnten wir an Bäume, Mauern oder gar an die Kirchentüren nageln. Jeder könnte sie sehen. Gut, wir würden nicht viel verdienen, im Grunde gar nichts – aber wir erwecken den Eindruck, dass wir uns nicht unterkriegen lassen und mehr sind, als O’Hagans Männer. Die Brehmser würden weniger Angst haben und uns vielleicht sogar unterstützen. Wenn wir jetzt einen Rückzieher machen oder weiter arbeiten, wie bisher, ist alles umsonst gewesen. So könnten wir es schaffen, der Inquisition zu trotzen!“

Wirklich jeder setzte sich mit diesen Gedankengängen auseinander, denn es wurde still und alle Augen wanderten von mir auf den Boden. Ich blieb ebenfalls ruhig und ließ jedem einzelnen Zeit und Ruhe, über meine Worte nachzudenken.

Zeitgleich überlegte ich selbst, wie es für mich weitergehen sollte. Ich wollte die Samariter auch weiterhin unterstützen, aber war es wirklich gut, mich O’Hagan förmlich auszuliefern? Es war lange her, dass ich mit ihm aneinander geraten war und vielleicht würde er sich gar nicht mehr an mich erinnern, allerdings glaubte ich daran nicht wirklich. Ob er wohl noch diese mysteriöse Truhe suchte? Oder hatte er sie mittlerweile gefunden? Lebte Black noch? Wusste Black, wo sie war? Wusste O’Hagan von den Dingen zwischen Domenico und mir und spielte das jetzt wirklich eine Rolle?

Nach einigen Minuten stand Robin in aller Ruhe auf. Er band seine dunklen Haare wieder zu einem Zopf zusammen und fast wie wartende Hunde starrten ihn alle an, bereit, seine Anweisungen zu hören. Er hatte über alles nachgedacht und war scheinbar zu einem festen Entschluss gekommen, denn ich hörte keinerlei Zögern in Robins Stimme, als er uns in seine Gedanken einweihte. Für ihn war alles geklärt, so schien es, für die anderen aber umso weniger. Kaum sagte er: „Aye, also gut. Falc’dhe.“ Begann eine heftige Diskussion.

Weder die zwei Brüder, noch der letzte Mann waren mit dieser Lösung einverstanden, schon allein, da die Ideen von mir kamen und ich war ihnen gänzlich unsympathisch.

Während die drei also anfingen auf den Ächaten einzureden, dass somit all ihre Kopierarbeit der letzten Tage umsonst gewesen wäre, von dem Besorgen der Schriftstücke mal ganz abgesehen, seufzte Slade erneut schwer, lang und gedehnt. Er hatte im Laufe des Gesprächs eines seiner Messer gezogen und nun sah ich zu, wie er damit desinteressiert seine Nägel reinigte. Ein absurdes Bild, wenn man seine dreckigen Kleider beachtete.

„Was denkt Ihr darüber?“, wollte ich wissen und rückte mit meinem Fass ein bisschen näher an den Dieb heran. Ich sprach leise, damit die anderen uns nicht hörten. „Sollen wir weitermachen, wie bisher?“

Ein verächtlicher Laut war das erste, was ich hörte, ansehen tat Slade mich jedoch nicht. „Wenn Ihr mich fragt: Es ist ganz gleich, was wir tun. Die Stadt, das Land, nein, die Welt gehört der Inquisition. Das war schon immer so und wird immer so bleiben. Es ist vollkommen egal, ob wir Bücher kopieren, Zettel an Wände nageln oder dem Papst in seinen heiligen Nachttopf scheißen und das dann auf seinem gesegneten Kopfkissen auskippen. Es wird immer Idioten geben, die denken, sie hätten mehr Rechte als wir, ganz gleich, was wir tun. Wenn sich nicht die Krone über uns stellt, wird es die Kirche sein und wenn nicht die, dann irgendwer anders. Verflucht sollen sie sein - sogar diese Idioten da denken, sie wären mehr wert, als ich.“

Das, was er von sich gab, klang so gelangweilt und desinteressiert, fast schon ganz selbstverständlich, dass ich für einige Sekunden keine Antwort wusste. Stattdessen bekam ich halb mit, dass der Mützenmann nun irgendetwas Ausländisches fluchte. Die Diskussion wurde immer hitziger und es fehlte nicht mehr viel, dann würde ein Streit ausbrechen.

Verwirrt fragte ich: „Aber wenn Ihr so denkt, wieso unterstützt Ihr die Samariter dann?“

Slade grinste mir direkt ins Gesicht, was mich nur noch mehr verunsicherte, als er zur Antwort gab: „Ich wollte schon immer mal in eine heilige Bettpfanne scheißen, Ihr etwa nicht?“, und für einen kurzen Moment sah ich wieder seinen Goldzahn.

Meinte er das ernst?

Ehe ich fragen konnte, beschloss Robin, den Streit für beendet zu erklären. Diskussionen stahlen uns nur die Zeit und Fakt war, dass niemand einen besseren Vorschlag wusste.

Er gab uns Anweisungen, wie wir weiter vorzugehen hatten. Während er uns auftrug, die einzelnen Schreibhöhlen aufzusuchen und alle von unseren neuen Plänen in Kenntnis zu setzen, schwirrten in meinem Hinterkopf etliche Gedanken umher. Ich fragte mich, ob Slade Recht hatte und das alles eigentlich völlig umsonst war. Wenn ja, sollten wir besser die Beine in die Hand nehmen und uns nie mehr gegen diejenigen auflehnen, die über uns standen.

Zeitgleich jedoch spürte ich deutlich, dass mir dieser Gedankengang missfiel. Ich wollte nicht stillhalten und hinnehmen müssen. Ich wollte kein Spielball sein, eine Marionette ohne Willen. Selbst, wenn ich nur aus gleichen Gründen rebellierte, wie Slade: Es machte mir Spaß, andere zu beklauen und hereinzulegen. Es bereitete mir Freude, zu wissen, dass ich stärker war, als die Gesetze unserer angeblichen Herren und es erfüllte mich mit Stolz, sagen zu können ‚Ich verändere etwas’. Zwar war ich nicht wie Robin, der seinem Tod als Rebell wahrscheinlich ehrenhaft entgegen sah, wenn man ihn schnappte, aber trotzdem war ich ein Teil des Ganzen und das wiederum sehr gerne.

Auf dem Weg zur Schreibhöhle, die sehr weit am Stadtrand lag, überlegte ich, wie die Zettel aussehen sollten, die wir brauchten. Wir hatten die Aufgabe, alle Samariter zusammen zu sammeln und dann mit den Papieren zu beginnen. Währenddessen beobachteten wir, wie die Männer O'Hagans mit den ersten Durchsuchungen begannen. Es war ein beängstigendes Bild. Die Rot- und Blauröcke arbeiteten zusammen und man konnte deutlich sehen, dass sogar die Brehmser Soldaten sich vor den Männern des Gouverneurs in Acht nahmen. Gemeinsam durchsuchten sie Haus für Haus, sammelten die Bewohner am Straßenrand und etwas weiter alles, was irgendwie nach Schreibgut aussah. In den ärmlicheren Gegenden fand man kaum etwas, abgesehen von wenigen Bibelfetzen in Latein, aber hier, im Zentrum der Stadt, gab es so einige Bürger, die auch das Lesen und Schreiben beherrschten. Es formten sich regelrechte Bücherhaufen und wenn man dachte, dass man sich ernsthaft mit allem auseinander setzte, hatte man sich deutlich geirrt. Während die Kreuzer wenigstens ein, zwei Blicke auf die Worte warfen, ignorierten die Rotröcke das Geschriebene ganz und gar und sobald man der Meinung war, alles zu besitzen, was es zu besitzen gab, gingen die Sammlungen in Flammen auf.

Mich befiel die Gänsehaut beim Anblick der Feuer. Nicht nur, weil ich an die Feuerprobe erinnert wurde, sondern auch deswegen, weil uns das eventuell auch bald blühen würde. Es interessierte O’Hagans Männer nicht, was die anderen bei ihrer Arbeit dachten oder fühlten und diese Gleichgültigkeit kannte ich noch zu gut aus Annonce.

Nur wenige Menschen wurden gefangen genommen, aber fast jeder wurde befragt. Zu unserem Erstaunen wurde jede Familie dazu aufgefordert, die zehn Gebote aufzusagen, was mich irritierte. Man könnte fast meinen, O’Hagan hätte einen Kreuzzug gestartet, eine zweite Hexenjagd.

Slade ging zwar die ganze Zeit über aufrecht und gab sich nicht viel Mühe, sein Gesicht zu verbergen, aber ausweichen taten wir den Soldaten dennoch. Am Anfang waren wir ganz still gewesen. Auch, wenn man es ihm vielleicht nicht ansah, war er dennoch vorsichtig. Weder ihm, noch mir gefielen die vielen Soldaten. Wir gaben uns Mühe, die Hauptstraßen zu meiden, doch wahrscheinlich rechnete man damit bereits, denn immer wieder trafen wir auf Vertreter der Kreuzer, die die Gassen blockierten. Einmal waren wir gezwungen in einer engen Abzweigung zu warten und leise fluchte er: „Diese verdammten Kreuzkriecher! Ich dachte, das hat die Stadt hinter sich!“

Aufmerksam sah ich erst ihn an, dann die Straße hinter ihm. Viel erkennen konnte ich jedoch nicht. Die Häuserwände lagen so dicht aneinander, dass ich Slade nicht einmal passieren könnte und unter uns roch es stark nach Exkrementen. Es war eine der Kanal-Gassen, wie man sie nannte, in die man die Ausscheidungen schüttete, um die breiteren, richtigen Straßen freizuhalten. Weder gab es hier viel Licht, noch konnte man sich gut bewegen. Als ich etwas hauchte, klang es, als würde der Wind sich durch die Steine zwängen.

„Also ist dies nicht das erste Mal, dass man so etwas tut?“

„Ihr macht wohl Witze? Annoncer!“, der Dieb starrte weiterhin auf die Straße und beobachtete die Männer, die das Haus auf der anderen Seite. Anschließend drehte er sich umständlich zu mir und drängte mich weiter in den Schatten. „Was denkt Ihr, wieso Brehms als so sauber und gottesfürchtig gilt? Wir haben genauso viele Ketzer, wie jede andere Stadt – aber wir zeigen es nicht. Brehms hat schon vieles hinter sich, die Kreuzfurzer spielen hier gerne ihre Spielchen.“

„Ich verstehe.“, da es noch länger zu dauern schien, suchte ich mir eine möglichst bequeme Haltung und lehnte mich an das unebene Gemäuer. „Ich muss zugeben, als ich nach Brehms kam, war ich erstaunt, wie sauber und ehrlich alles ist, gerecht.“

„Gerecht...!“, schnaubte der Mann neben mir, aber ich tat, als hätte ich seinen Spott nicht gehört.

„Die Straßen hier sind so reinlich und überall stehen Skulpturen und Statuen. Ein schöner Anblick. Zumindest, wenn man aus einer Stadt wie Annonce kommt. Aber mit der Zeit lernt man, dass es wohl überall eine dunkle Seite gibt, sogar hier.“

Darüber hatte ich schon des Öfteren nachgedacht. Natürlich war Brehms wunderschön, ein wahres Paradies verglichen mit meiner Heimat, dennoch gab es auch hier Dreck und Gefahr. Man musste nur danach suchen. Wieder ein Laut des Spottes, doch diesmal lies Slades Kommentar auf sich warten. Ein rot gerockter Soldat rief lauthals nach seinem Partner und sofort starrten wir auf die Straße, darauf gefasst, gesehen zu werden.

Da nichts der gleichen geschah, zischte der Braunhaarige: „Die dunkle Seite nennt ihr das, wo Ihr lebt? Dann kennt Ihr Brehms nicht. Fakt ist, dass in unserem Leben mehr Licht herrscht, als in deren.“, er nickte zu den Katholiken, anschließend sah Slade zu mir. „Seien wir ehrlich: Wir haben mehr Durchblick, als diese Idioten. Und ihr Leben ist trauriger – ganz gleich, wie viel Ehre sie haben. Oder macht Euch Euer Leben so etwa keinen Spaß?“, ich mochte Slades Grinsen, sehr sogar und an dieses erinnere ich mich noch sehr gut. Er zwinkerte, ehe er, einfach so, eine Münze in seiner Hand erscheinen ließ. Es war nur ein einfacher Heller, aber zwischen seinen dreckigen Fingern wirkte er wie neu und strahlend. „Was ist schon Ruhm, Annoncer? Sauberkeit, Ehrlichkeit, wenn man sich davon nichts kaufen kann? Wissen, mein Freund, ist mehr wert. Denn Wissen bringt Reichtum.“, und schon verschwand das Geldstück, einfach so. Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte ich seine Hand an, dann ihn. Es verwirrte mich, was er getan hatte und für einen kurzen Augenblick dachte ich wirklich, ich hätte es mit einem Hexer zu tun. Im zweiten Moment faszinierte mich dieser Taschenspielertrick so sehr, dass ich sogar den Schreck vergaß, von unserem ernsten Gespräch ganz abgesehen.

Ich fragte ihn: „Wie habt Ihr das gemacht? Könnt Ihr mir das beibringen?“, und war ungemein aufgeregt. Slade lachte nur. Vor allem ich, sagte er, als Annoncer sollte so etwas können.

Wir nutzten die restliche Zeit damit, dass er versuchte, mir diese Art von Magie näher zu bringen, aber egal, wie oft er es mir vormachte, ich versagte. Es schien, als würde Slade sich über mich lustig machen. Ich bat ihn, Heller verschwinden zu lassen und später einen Silberling. Nicht nur, dass ich das Geld nie wieder sah, ich wurde aus seinen seltsamen Fingerbewegungen nicht schlau. Als wir dann weiter gingen, war ich beleidigt, wie ein kleines Kind. Weder konnte ich Münzen einfach so auftauchen lassen, noch aus seinem oder meinem Ohr ziehen. Dass Slade mich deswegen auslachte, machte es nicht besser.

Natürlich war das nicht der beste Moment für Zaubertricks, aber es war eine angenehme Ablenkung, ein wenig Herumzuprobieren.

Bis ich dann in Slade hineinlief. Der Mann vor mir war abrupt stehen geblieben.

Wir standen auf einer nicht breiten Straße, starrten nach vorne und meine Münze sank uninteressant in meine Tasche zurück. Mehrere Soldaten hatten sich zusammengefunden und gaben hektisch und aggressiv Anweisungen. Wir wurden Zeuge davon, wie man eine Frau regelrecht in einen Holzwagen prügelte und ihre zwei Kinder wahllos den umstehenden Weibern in die Arme drückte. Das Weib schrie und weinte, jammerte und wehrte sich, aber die Tritte und Schläge der Soldaten waren deutlich stärker. Wir hörten das Geschrei der Kinder, ihr Weinen und das Gemurmel der Umstehenden. Fast zeitgleich zogen mein Gefährte und ich die Kapuzen ins Gesicht und mischten uns mehr unter die Schaulustigen. Es wurden immer mehr, denn die lauten Geräusche lockten die Umliegenden geradezu an.

Ich hauchte: „Es ist grausam, wie man mit ihnen umgeht.“

Slades Antwort „Das man es schon kennt, macht es nur schlimmer.“, betonte diese Grausamkeit nur noch umso mehr. „Aber zumindest werden sie nicht gleich gehängt, erst gefoltert, das gibt uns Zeit.“

Ein schweigendes Nicken war meine einzige Antwort. Das Schlimmste an dieser Situation war, dass wir direkt vor dem Gasthaus standen, unter der die geheime Schreibhöhle lag. Wir hatten unser Ziel erreicht, aber scheinbar viel zu spät. Wahrscheinlich hatte es einen Hinweis gegeben oder zumindest ein paar Gerüchte, denn es war auffällig, dass gleich ganze fünfzehn Soldaten vor Ort waren. Sie hatten die Straße zu beiden Seiten abgeriegelt und begannen nun damit, die Fenster zu vernageln. Das konfiszierte Schreibgut stand in einem Karren, gut bewacht von zwei Männern und für alle sichtbar mitten auf dem Pflaster. Ein leiser Fluch meinerseits, dann zog ich meine Kapuze abermals tiefer ins Gesicht. Wir erkannten Pergamente, Tintenfässer, Stapelweise Papier und etliche, alte Bücher. Ich selbst war zwar nie in dieser Schreibhöhle gewesen, aber alle ähnelten einander ungemein und so konnte ich mir denken, was für einen Verlust das für uns Samariter bedeutete.

Rechts von uns zerrte man gerade den Besitzer des Wirtshauses hinaus, der immer wieder beteuerte, dass er von all dem nichts gewusst hätte. Von seiner Schläfe lief Blut und kaum stand er auf der Straße, beförderte man ihn zu Boden, nur, um ihn anschließend ebenfalls zum Holzkarren zu scheuchen. In den oberen Stockwerken schlossen Soldaten die Fensterläden, die Pflanzen warfen sie einfach hinunter. Es war ein hiesiges Chaos.

„Wir kommen zu spät.“, hörte ich Slade neben mir zischen, der sich ein wenig duckte, um zwischen den Köpfen der anderen zu verschwinden. Da eine Frau mit Tuch über den Haaren lauthals „Verbrennt die Ketzer!“, brüllte, verstand ich ihn kaum und musste mich etwas zu ihm beugen. „Lasst uns verschwinden.“, schlug er vor.

„Ich will erst sehen, was passiert. Vielleicht ist noch etwas zu retten?“, ich versuchte ein wenig nach vorne zu kommen, wollte allerdings nicht zu sehr ins Sichtfeld der Soldaten geraten. Gerade hatte ich es geschafft, mich zwei Reihen weiter zu kämpfen, da stolperte ich fast panisch zurück. Der Dank war ein grober Stoß in die Rippen, da ich einem Kerl auf den Fuß getreten war. Ich ignorierte es. O’Hagan näherte sich der Menschentraube und als wäre sein schwarzes, großes Pferd allein schon lebensgefährlich, machte man ihm mehr Platz, als nötig.

Ein erneuter Fluch von Slades Seite und auch er nahm weiter Abstand. Diesmal war ich es, der verschwinden wollte. „Das hat uns noch gefehlt!“, doch Slade hielt mich am Arm zurück und zischte mir dicht ins Ohr: „Wartet. Wir wollen sehen, was er hier will und was mit den ganzen Gefangenen passiert.“

’Ganzen Gefangenen’? Da ich nur den Wirt und die Frau erblickt hatte, ging ich davon aus, dass die Schreibstube leer gewesen war, doch nun erkannte auch ich die zappelnden Gestalten. Ein weiterer Mann und eine etwas jüngere Frau, beide gefesselt, wurden aus dem Hausinneren gezogen und gezwungen, vor O’Hagan in die Knie zu gehen. Seltsam, denn die anderen beiden hatte man auf dem Karren fest gezurrt, bereit zur Abfahrt.

Da die Menschen um uns herum allesamt die Hälse reckten, um sie sehen zu können, blieb mir einige Zeit die Sicht versperrt, doch dann traf es Slade und mich wie einen Blitz. Fast zeitgleich zischten wir: „Mona!“

Die junge Halb-Ächaten hockte auf dem Boden, spuckte dem Gouverneur demonstrativ vor die Füße und bekam dafür einen festen Tritt in den Rücken. Der Soldat hinter ihr wies die Hexe an zu schweigen und als er erneut zutreten wollte, bäumte der Mann sich neben ihr abwehrend auf. Er schrie irgendetwas auf ächatisch und wollte sich gefesselt auf den Gerockten stürzen, doch ehe wir überhaupt verstanden, was er vorhatte, knallte er bereits wieder zurück. Mona schrie auf, warf die Arme schützend über ihn und sein Körper blieb reglos liegen. Ein verzweifeltes Bild, wie sie da auf dem Boden hockte, an ihm zerrte und flehte, dass er doch wieder aufstehen sollte. Natürlich reagierte ihr Bekannter nicht.

Der Kreuzer, der ihm mit einem Holzbalken gegen den Kopf geschlagen hatte, schrie: „Wagt es nicht, euch mit uns anzulegen!“, dann ging er bereits wieder seiner Arbeit nach und nagelte das nun blutige Stück an eines der Fenster. Die Ächatin weinte jämmerlich, presste sich an den scheinbar Toten und murmelte ausländische Sätze. Wie versteinert starrten alle auf die rote Pfütze, die sich um den Mann bildete und ich musste mich zusammenreißen, mich nicht zu bekreuzigen.

O’Hagans Blick jedoch war vollkommen unbeteiligt. Er sah zu, wie man weiteres Schreibgut auf den Karren hievte und die zwei Gestalten vor sich blickte er nicht einmal an. Hinter ihm erschienen vier weitere Männer, allesamt zu Pferd und mit Rüstungen, die sich deutlich von den anderen abhoben. Goldene Epauletten, verzierte Schwertscheiden und anderer Schmuck zeugten von ihrem hohen Stand. Jeder von ihnen hielt eine Fackel in den Händen und während der Gouverneur begann, zum Volk zu sprechen, umrundeten sie das kleine Gasthaus. Es schloss an andere Häuser an, aber das schien keinen zu stören, als man eine der vier Fackeln durch das letzte, offene Fenster ins Innere warf.

Der Gouverneur erklärte: „Hier haben wir das Sinnbild für Sünde: Samariter nennen sie sich. Diese erbärmlichen Kreaturen! Seht genau hin, Bewohner von Brehms! Werdet Zeuge des letzten Versuches, ihre Seelen zu reinigen!“

Wir verstanden kaum ein Wort und ich konnte nicht anders, als abermals ein Stück zurückzuweichen. Slade dachte wohl, man würde mich wegschieben, denn er hielt mich fest. Ich wollte diesen Mann nicht sehen, allein sein Anblick verpasste mir Gänsehaut. Immer wieder starrte ich vor mich, kniff die Augen zu oder versuchte Slade wortlos dazu zu bewegen, zu gehen. Mona weinte weiter, aber sie lebte. Wir hatten keinen Grund, hier zu stehen und dem Gouverneur zuzuhören.

Slade schien das anders zu sehen. Er renkte sich fast den Hals aus, darum bemüht, alles zu erkennen und jeden seiner Sätze zu verstehen. Mich erreichten O’Hagans Worte kaum. Er sprach vom Fegefeuer, von Verrat an Gott, von Läuterung und Erlösung. Alles Worte, die ich schon so oft gehört hatte und die meine Angst nur umso mehr bestärkten.

Erst Monas Schreien ließ mich aufsehen und zusammenfahren. Man hatte sie nach oben gezerrt und kaum stand sie, packte der Gouverneur sie an ihren Haaren und lenkte sein Pferd gekonnt auf und ab. Sie schrie, versuchte los zu kommen und stolperte unbeholfen mit, während er verkündete:

„Seht sie euch an, diese Hexe! Dieses Weibsbild!“, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, ruckte er an ihrem Haar, dass es aussah, als würde die Ächatin einen makaberen Tanz vorführen. „Und denkt nicht, sie stammt aus Euren Reihen! Seht Ihr ihr Gesicht? Dunkel. Ein Abbild des Bösen! Eine Ächatin! Nun wisst Ihr, woher all die heidnischen Gedanken und Flüche kommen!“, er hielt an und zog ihren Kopf so weit in die Höhe, wie ihr Körper es zuließ. Ich erstarrte und biss voller Hass die Zähne zusammen. Im Hintergrund flackerte das Feuer im Innern der Gaststätte und der Rauch, der in die Luft stieg, wurde immer stärker. Wir sahen zu, wie O’Hagan voller Abscheu in die verweinten Augen der Frau sahen. Anschließend, wie er befahl, die Tür zur Schenke zu öffnen.

Die Soldaten im Umfeld waren verwirrt, denn sie hatten sie gerade erst vernagelt, aber ein bellender Befehl von Seiten des Gouverneurs reichte vollkommen aus, damit sie sich in Bewegung setzten. „Was hat er vor?“, hörte ich mich fragen, obwohl mein Inneres sich wissend so stark zusammenzog, dass es schmerzte.

Nachdem die Tür geöffnet war, beförderte O’Hagan die schreiende Mona ins Innere. Sie stolperte, fuhr sofort herum und wollte hinaus, doch natürlich waren die Katholiken schneller und auch stärker. Während einer gegen die Tür drückte, nagelten zwei andere sie wieder zu und fast jeder um uns herum hielt den Atem an oder schlug schockiert die Hand vor den Mund. Eingreifen tat allerdings niemand.

Kreischen, Knistern von etlichen Flammen und ein wenig Hufgeklapper, da eines der Pferde nervös wurde. Mehr gab es nicht.

Das und ein Arm, der mich mit sich zog. Slade erklärte ernst: „Wir sollten gehen. Robin muss erfahren, was hier vor sich geht.“, er klang mehr drängend, als bittend. Wahrscheinlich wusste er, was ich für Mona empfunden hatte und wollte mir dieses Spektakel ersparen. Zu spät, denn ich hielt inne. Mein Körper war wie versteinert. Es war ein weiterer Ruck nötig, damit ich mich bewegte.

Abermals zischte Slade: „Falcon, wir müssen gehen.“, und nur langsam sah ich ihn an. Ich zitterte, als wäre mir kalt.

Mona... Ist es meine Schuld?

Das war alles, was in meinem Kopf zu hören war. Robin hatte sie wegen mir in eine andere Stube geschickt. War es meine Schuld, dass sie nun starb?

Der Dieb hauchte: „Es gibt nichts, was wir tun können. Wir sind zu spät, Falcon. Nun reißt Euch zusammen, wir müssen die anderen warnen.“

Ich konnte nicht anders, als zu nicken, völlig abwesend. Bewegen tat ich mich jedoch nicht. Es wirkte, als wären meine Augen gebannt. Verflucht dazu, die schwarze Rauchsäule zu beobachten und Monas verzweifeltem, unmenschlichem Gekreische zuzuhören.
 

...Ist es meine Schuld?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pataya
2012-03-13T14:22:03+00:00 13.03.2012 15:22
hach ja, ich freu mich ja über ein neues Kapitel, aber musstest du die arme mona so quälen?

Kommt eigentlich bald wieder mal ein Kapi von der Gegenwart? Sprich: in der Son im Knast sitzt. Oder aber so n toller Brief an O'Hagan^^.

Lg, PAT

P.s.: du musst dich nicht in deinem Weblog bei mir bedanken, nur weil ich deine Geschichte lese^^ Ich muss eher dir danken, weil du so ne tolle Fanfiction schreibst.

Also: Danke dafür!^^

Hat sich denn schon was ergeben bezüglich deiner Veröffentlichung? Würde mich interessieren, wann ich die Bücher kaufen kann^^


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