Zum Inhalt der Seite

Another Side, Another Story

The Traitor's Tale
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Den Schritt wagen

„Es war keine Fahrlässigkeit...“
 

Solon Jhees Stimme klang schwach; er litt eindeutig Schmerzen. Der General wurde von zwei Soldaten festgehalten und Jowy zweifelte keinen Augenblick daran, dass der Mann umfallen würde, sobald man ihn losließ. Er trug auch keine Rüstung mehr, sondern nur noch ein zerrissenes Hemd und eine zerschlissene Hose – beides war blutgetränkt und zweifelsohne stammte das Blut von Jhee selbst.
 

Das Zelt, in dem sie sich befanden, war groß und geräumig – und voller Offiziere. Jowy erblickte Männer, die ihm durchaus bekannt vorkamen: Culgan und Seed, denen er selbst schon auf dem Schlachtfeld gegenüber gestanden hatte, doch er glaubte nicht, dass sie sich an ihn erinnerten. General Kiba Windamier und sein Sohn Klaus, die ein Stück abseits standen und den Austausch zwischen dem Sohn ihres Lehnsherren und dem General der 2. Kompanie schweigend beobachteten. Rowd, der ihn glücklicherweise noch nicht bemerkt hatte.
 

Und natürlich Luca Blight, der vor den Versammelten stand und kalt auf Solon Jhee hinunterblickte. Jowy schluckte.
 

„Willst du damit etwa sagen, dass meine Armee den verdammten Rebellen unterlegen ist?!“, zischte Luca gefährlich leise und Jowy sah von seinem Platz aus, wie die Augen Solon Jhees sich erschrocken weiteten.
 

„N-Nein“, entgegnete der Mann schnell. „Ich denke nur, dass sie einen brillanten Strategen auf ihrer Seite haben...“ Im Stillen gab der Aristokrat dem General Recht, behielt seine Meinung jedoch klugerweise für sich. Keine Aufmerksamkeit erregen. Ruhig bleiben.
 

„Und ich denke, dass du offensichtlich nicht das Zeug dazu hast, deinen Posten zu bekleiden“, schnauzte Luca und seine Lippen verzogen sich zu einem wölfischen Grinsen, von dem es Jowy kalt den Rücke hinunterlief. „Es wird mir eine Freude sein, dich von deinen Pflichten zu befreien!“
 

„L-Lord Luca...“, stöhnte Jhee, doch jedem Anwesenden war klar, dass alles Flehen und Bitten in Angesicht des Kronprinzen keinen Sinn hatte.
 

„Du widerst mich an“, bemerkte der Königssohn angeekelt und spuckte Jhee direkt ins Gesicht. Keiner der Zuschauer verzog eine Miene, doch Jowy ballte vor hilfloser Wut kurz die Fäuste. Nicht aufregen. Ruhig bleiben. „Bringt ihn nach draußen und schlagt ihm seinen wertlosen Kopf ab!!“
 

Man musste Solon Jhee zugute halten, dass er nicht um Gnade bettelte, als die beiden Soldaten ihn rückwärts aus dem Zelt schleppten. Aber er blieb auch nicht stumm; die letzten Worte, die Jowy aus dem Mund des Mannes hörte, waren:
 

„In der Schlacht zu sterben ist eine Sache, aber das... das ist die größte Schande...“
 

Und dann war es plötzlich still im Zelt, Solon Jhee war weg, wurde hingerichtet, und keiner sagte ein Wort, weil sie nicht genau so enden wollten. Die Angst war so allgegenwärtig, dass sie beinahe greifbar war.
 

„Wertloser Idiot“, schnaubte Luca und ließ seine Nackenmuskulatur gefährlich knacken, während er den Kopf von links nach rechts bewegte. Dann schlich sich wieder das manische Grinsen auf sein Gesicht. „Gut, dass das jetzt erledigt ist.“ Er beäugte die Anwesenden und fuhr sich dann mit einer Hand durchs Haar.
 

„Vergessen wir South Window fürs Erste“, beschloss er laut. „Zuerst nehmen wir Greenhill ein. Gibt es unter euch nutzlosem Pack jemanden, der sich freiwillig für die Operation meldet oder muss ich wieder alles allein machen?“ Die Runen mochten sie alle bewahren vor dem, was passieren würde, wenn der Kronprinz die Eroberung Greenhills selbst anführte; es bestand nicht der geringste Zweifel daran, dass sie hinterher durch Blutbäche waten würden.
 

Doch es blieb weiterhin still – sie alle hatten gesehen, was mit Solon Jhee geschehen war und keiner hatte einen nennenswerten Todeswunsch. Jowy sog so leise es ging tief Luft ein; am liebsten wäre er auf dem Absatz umgedreht und aus dem Zelt gestürmt. Aber das war wahrscheinlich keine gute Idee...
 

Das Grinsen verschwand von Luca Blights Gesicht, als er seine Untergebenen mit einem kalten Funkeln in den Augen betrachtete.
 

„Gibt es unter euch denn keinen einzigen Mann, der etwas wert ist?!“, brüllte er und Jowy machte instinktiv einen halben Schritt zurück.
 

Er hatte Angst vor diesem Mann.
 

Aber Leon hatte einen Plan und er musste ihn durchziehen, wenn er jemals ein Ende dieses Krieges sehen wollte. Es gab keinen anderen Weg. Er musste es tun.
 

Jowy holte tief Luft und schickte ein kurzes Stoßgebet an die Rune des Schwarzen Schwertes – Lass mich diesen Tag überleben. Lass mich Erfolg haben. Lass es mich beenden... – dann trat er aus dem Kreis der Offiziere nach vorn, direkt vor Luca Blight und sah ihn ernst an.
 

„Ich übernehme das, Sir.“ Seine Stimme klang überraschend fest dafür, dass er hier womöglich gerade sein Todesurteil unterschrieb. Aber was hatte er schon zu verlieren? Jetzt galt es, nach vorn zu sehen, darauf zu vertrauen, dass Leon wusste, was er tat.
 

„Du?“ Der Kronprinz bedachte ihn mit einem milde überraschten Blick und brach dann in herzhaftes Gelächter aus, in das mehrere Männer nervös mit einfielen. Stiefellecker, allesamt, doch Jowy ertrug den Hohn mit stoischer Ruhe. Ausnahmsweise wisperte die Rune ihm nicht zu, dass er sie alle besser umbringen sollte, damit endlich Frieden herrschte – es schien beinahe so, als ob sie die Ereignisse interessiert beobachtete.
 

„Ich“, bestätigte Jowy leise und versuchte zu ignorieren, wie sehr seine Hände schwitzten. Er widerstand dem Drang, sie an seiner Hose trocken zu wischen, und atmete stattdessen durch. Luca Blight gluckste amüsiert und erwiderte:
 

„Sei besser nicht so überheblich, Junge. Das hier ist etwas Anderes als der läppische Auftrag, den du in Muse erledigen solltest. Du denkst doch nicht wirklich, dass du eine Kompanie anführen kannst?“
 

Jetzt war der Moment der Wahrheit gekommen. Jowy rief sich die Einzelheiten von Leons Plan in Erinnerung und sagte betont ruhig:
 

„Ich brauche keine ganze Kompanie, Mylord. Nur 5000 Mann – gebt mir die und dazu die Gefangenen aus Muse und ich werde Greenhill für Euch einnehmen.“ Er schluckte und sah auf in Luca Blights kalte, schwarze Augen.
 

Eine gespenstische Stille breitete sich im Zelt aus. Sämtliche Anwesenden warteten beinahe ängstlich auf Luca Blights Reaktion und Jowy erwischte sich selbst dabei, dass er nervös den Atem anhielt – doch er konnte sich selbst nicht dazu bringen, durchzuatmen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und wenn er nicht sofort eine Antwort bekam, würde er sich wahrscheinlich übergeben müssen. Und er bezweifelte ehrlich, dass Luca Blight sonderlich begeistert davon sein würde, wenn einer seiner Männer ihm direkt vor die Füße spuckte...
 

„... Interessant“, sagte der Kronprinz dann langsam und Jowy stieß erleichtert den angehaltenen Atem aus. „Warum nicht? Es ist einen Versuch wert, Junge. Wenn du Greenhill für mich einnehmen kannst, wie du sagst, werde ich dich angemessen entlohnen.“ Seine Augen verengten sich plötzlich zu Schlitzen und er zischte mit dem gleichen, blutrünstigen Grinsen, mit dem er vorhin Solon Jhee bedacht hatte:
 

„Aber wenn du versagst, endest du genau so wie dein wertloser Vorgänger. Merk dir das.“ Der Aristokrat nickte und erwiderte, das schnelle Schlagen seines Herzens ignorierend:
 

„Ja, Sir. Ich... Ich verstehe.“
 

Luca Blight lachte.
 


 

„Du bist Jowy, nicht wahr?“ Der Aristokrat ließ vor Überraschung beinahe seine Schüssel fallen und drehte sich verwirrt um, wo er sich Auge in Auge mit Klaus Windamier wiederfand, der ihn freundlich anlächelte.
 

Das braune Haar des Jungen fiel ihm bis zu den Wangenknochen hinab, umrahmte sein Gesicht und ließ es jünger erscheinen; dabei war sich Jowy ziemlich sicher, dass Klaus älter war als er. Er trug ein zweiteiliges, weites Oberteil in lila und weiß, unter dem der hochgeschlossene Kragen eines weißen Hemdes hervorschaute, und eine leichte Stoffhose. In der einen Hand hielt er eine Schüssel mit seiner Portion des Mittagessen – Eintopf mit labrig gekochtem Gemüse, von dem sich Jowy bereits beim Anschauen die Nackenhaare aufstellten – und in der anderen ein Buch.
 

„Ähm“, machte der Aristokrat leicht überfordert. „Ja. Und du bist Klaus, richtig?“ Die Lippen seines Gegenübers verzogen sich zu einem noch breiteren Lächeln.
 

„Richtig“, nickte Klaus und wirkte zufrieden. Jowy konnte nur mutmaßen, warum – doch er nahm an, dass der andere Junge nicht viel Gelegenheit hatte, mit anderen Leuten seines Alters zu sprechen. Das erklärte aber immer noch nicht, was der junge Stratege von ihm wollte.
 

Jowy trug seine Schüssel hinüber zu einem freien Platz und hob eine Augenbraue, als sich Klaus, wie selbstverständlich neben ihm niederließ. Eine Weile sah er dem anderen Jungen dabei zu, wie er seinen Eintopf löffelte – erstaunlich wohlerzogen, langsam, so ganz anders als beispielsweise Riou, der für gewöhnlich so schnell aß, dass er den Geschmack des Essens wahrscheinlich gar nicht mitbekam (aber wenn Nanami diejenige war, die kochte, war das die einzige Möglichkeit, am Leben zu bleiben) – dann fragte er:
 

„Tut... tut mir leid, ich möchte nicht unhöflich sein, aber... was machst du hier?“
 

„Ich esse zu Mittag“, antwortete Klaus in einer Tonlage, als zweifle er ein wenig an Jowys Verstand. Er lächelte jedoch dabei und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln, während er einen weiteren Löffel voll Eintopf zu sich nahm.
 

„Nein, das... das sehe ich“, entgegnete Jowy und schüttelte den Kopf. „Ich meine... Warum bist du hier? Isst du nicht sonst immer mit... mit deinem Vater?“ Klaus sah ihn nicht an, erklärte jedoch, den Blick auf seine Schüssel gerichtet:
 

„Vater kümmert sich um die letzten Dinge, die unseren Aufbruch nach Two River betreffen. Er ist ein bisschen paranoid, was das angeht – das war er schon immer. Ich nehme meine Mahlzeiten gerne pünktlich ein, aber Vater vergisst meistens alles um ihn herum, wenn er in dieser Stimmung ist... deshalb bin ich heute allein hier.“ Erst, nachdem er zu Ende gesprochen hatte, aß Klaus weiter.
 

„Aber... aber warum...?“
 

„Warum ich ausgerechnet dich angesprochen habe?“ Der junge Stratege legte seinen Löffel beiseite und blickte Jowy beinahe amüsiert an.
 

„Ähm“, machte der Aristokrat unsicher. „Ja.“
 

„Ich muss gestehen, dass ich neugierig bin“, sagte Klaus.
 

„V-Verzeihung?“ Jowy blinzelte verwirrt. Es machte ihn nervös, dass der andere Junge ihn angesprochen hatte. Weder dienten sie in der selben Kompanie, noch hatten sie bisher auch nur ein Wort miteinander gewechselt. Er hatte Klaus lediglich ein paar Mal im Hauptcamp gesehen, bevor er mit Solon Jhees Einheit nach South Window abkommandiert worden war.
 

„Ich habe dich bei der Besprechung vorhin gesehen.“ Klaus strich sich eine Haarsträhne aus den Augen und zuckte die Achseln. „Und ich kann mir nicht helfen, aber ich bin unglaublich neugierig darauf, wie du gedenkst, mit nur 5000 Mann Greenhill einzunehmen – das selbst über 7000 Soldaten verfügt. Aber das weißt du sicherlich.“ Ja, dessen war sich Jowy bewusst, nachdem Leon es ihm erklärt hatte.
 

„Ich habe einen Plan“, versicherte Jowy und nahm endlich einen Löffel voll Eintopf zu sich, der genau so furchtbar schmeckte, wie er erwartet hatte. Beinahe sehnsüchtig dachte er zurück an Hildas Kochkünste.
 

„Zu schade, dass ich nicht dabei sein kann, wenn du ihn durchführst“, seufzte Klaus und klang ehrlich enttäuscht. „Meine Neugier bringt mich um. Ich nehme nicht an, dass du mir erzählen wirst, was du vorhast?“
 

Gegen seinen Willen musste Jowy lächeln.
 

„Nein“, bestätigte er. „Ich denke nicht.“
 

„Schade“, wiederholte Klaus, lächelte jedoch dabei. Anschließend wandte er sich wieder seinem Eintopf zu und aß seelenruhig weiter. Jowy tat es ihm eine Weile gleich, das Schweigen zwischen ihnen unterbrochen durch den Lärm, der im Kantinenzelt herrschte, dann fragte er:
 

„Du brichst also bald nach Two River auf?“ Er rief sich hastig eine Karte der Stadt-Staaten in Erinnerung; Two River befand sich im Osten des Staatenbunds, eine wahrscheinlich sehr schöne Stadt, gebaut zwischen zwei Flussläufen.
 

„Ja“, nickte Klaus und seufzte wieder. „Morgen oder übermorgen, je nachdem, wie lange Vater braucht, um die Männer davon zu überzeugen, dass das Spielen von Chinchirorin kein angemessener Ersatz für das Training ist, das sie eigentlich abhalten sollten.“ Er lachte leise in sich hinein. „Aber ja, wir brechen bald auf. Was ist mit dir? Hast du schon Pläne, wann du nach Greenhill gehst?“
 

„Ähm...“ Um ehrlich zu sein, hatte er sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Wie lange würde es dauern, 5000 Mann und die Gefangenen aus Muse mobil zu machen? „Bald, nehme ich an. Ich... da gibt es noch ein paar Dinge, die ich erledigen muss.“ Einen Moment lang betrachtete Klaus ihn nachdenklich, dann sagte er:
 

„Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Glück.“ Nichts hätte ihn darauf vorbereiten können, was der junge Stratege als nächstes tat – er hielt ihm eine Hand hin. Und Jowy konnte nichts Anderes tun außer zu starren.
 

Außer Riou – vor all den Jahren, als noch alles in Ordnung gewesen war, als seine größte Sorge gewesen war, vor Sonnenuntergang zurück nach Hause zu schleichen, damit sein Stiefvater ihn nicht in den dreckigen Kleidern erwischte – hatte ihm noch nie zuvor jemand die Hand in einer solchen Geste gereicht. Plötzlich wusste er nicht, was er tun sollte. Er freundete sich nicht mit Menschen an, es war Riou, der mit seiner ruhigen, freundlichen Art alle in seinen Bann schlug, der viele Freunde hatte, der...
 

Und doch saß Klaus Windamier hier neben ihm, streckte ihm die rechte Hand hin und lächelte. Jowy schluckte und dachte ganz entschieden nicht an all die falschen Entscheidungen, die er bisher in seinem Leben getroffen hatte, und schlug nach kurzem Zögern ein.
 

„Dir auch.“ Klaus' Lächeln wuchs zu einem Grinsen heran.
 

Irgendwie hatte Jowy zwischen all den Menschen, die er gleichermaßen fürchtete und verabscheute, jemanden gefunden, der möglicherweise sein Freund sein konnte.
 


 

Um die hasserfüllten Blicke zu ignorieren, die ihm Rowd von hinten zuwarf, nicht zu spüren, musste man schon über Millies Grad an Selbstvergessenheit verfügen. Es war unmöglich, sie nicht zu bemerken und Jowy atmete betont tief durch, um nicht herumzufahren und etwas zu tun, was er womöglich später bereuen würde.
 

Wer auch immer beschlossen hatte, dass es wohl eine gute Idee war, Rowd mit zu den Männern zu zählen, die nach Greenhill marschieren würden, hatte einen grausamen Sinn für Humor und der Aristokrat konnte es nicht erwarten, seine Hände um den Hals des Übeltäters zu legen. Stattdessen ballte Jowy kurz die Fäuste und versuchte, nicht daran zu denken, dass einer seiner Untergebenen – und leider auch ehemaliger Befehlshaber – versuchte, ihn mit Blicken zu erdolchen. Und möglicherweise Schlimmeres.
 

„Wir möchten nicht unhöflich sein, Sir, aber was im Namen aller Runen habt Ihr vor?“ Er hob überrascht den Blick von seinen Händen, die fest in die Zügel seines Pferdes verkrallt waren, und blickte in die gespannten Gesichter von Jakob und Lexa, die ebenfalls hoch zu Ross waren. Sofort fühlte er sich ein bisschen besser; diese beiden waren ihm eindeutig sympathischer als Rowd und ihm Gegensatz zu Ersterem erkannten sie seine Position auch an. Aber andererseits wussten sie auch nicht das, was Rowd wusste, also...
 

„Ich wusste nicht, dass ihr beide auch dabei seid“, erwiderte er und lächelte ein wenig.
 

„Wir stehen hinter Euch“, versicherte Jakob ihm mit ernstem Gesicht. „Wir waren die ersten, die sich freiwillig gemeldet haben.“ Jowy musste zugeben, dass er ehrlich gerührt war – und auch, dass er sich wünschte, sie würden ihm nicht so sehr vertrauen. Letztendlich war er keinesfalls eine Person, der man vertrauen sollte. Oberst Russell hatte es auch nicht gut getan, ihm zu vertrauen...
 

„Vielen... vielen Dank“, sagte er dennoch. Jakob nickte und fragte dann:
 

„Also, was habt Ihr vor? Verratet Ihr es uns?“
 

„Ihr werdet es hören, wenn wir Greenhill erreichen“, gab Jowy ausweichend zurück. Er wollte noch nicht darüber reden; wenn sich jetzt Gerüchte breit machten über die Art, wie er Greenhill einzunehmen gedachte, würden sicherlich viele Männer protestieren, dass das keine Art war, Krieg zu führen, dass er lächerlich war, noch grün hinter den Ohren, keinen Platz hatte in der Armee.

Letzterem stimmte Jowy insgeheim zu, aber er hatte sich ein Ziel in den Kopf gesetzt und jetzt galt es, alles daran zu setzen, es auch zu erreichen. Und in diesem Fall konnte er nun wirklich keine Einheit gebrauchen, die sich bei seiner ersten großen Aufgabe gegen ihn stellte.
 

Sie erreichten Greenhill nach einem Ritt von zwei Tagen am frühen Abend; da es nur einen einzigen Weg in die Stadt hinein gab, die von dichten Wäldern umgeben war, wurde das Militärlager nur wenige hundert Meter vom Stadttor entfernt errichtet, unter den wachsamen Augen der Wachleute von Muse, die Jowy durch das Fernrohr, das Lexa ihm reichte, deutlich auf der Stadtmauer patrouillieren sehen konnte.
 

„Schickt einen Boten in die Stadt“, befahl Jowy an Jakob und Lexa gewandt, nachdem er das Fernrohr abgesetzt und der Soldatin zurückgegeben hatte. „Teilt Lady Teresa mit, dass ich zu verhandeln bereit bin – ich erwarte sie morgen früh in meinem Zelt.“ Er bedachte die versammelten Männer vor sich mit einem eiskalten Blick und fügte hinzu:
 

„Derjenige, der es auch nur wagt, eine Hand gegen sie zu erheben, bevor ich es sage, wird Solon Jhees Beispiel folgen.“ Ein Raunen ging durch die Reihen der Soldaten, doch niemand protestierte gegen diesen Beschluss. Jakob salutierte und schoss davon, um alles vorzubereiten und Jowy sah ihm nach, eher er sich an die restlichen Männer wandte:
 

„Ich will Wachposten rund ums gesamte Lager – keiner kommt hinein oder hinaus ohne sich ausweisen zu können. Wir haben alle gesehen, wozu Nachsichtigkeit geführt hat, als sich die Rebellen einschleichen und Gerüchte über die Hinrichtung der Soldaten aus South Window verbreiten konnten. Ich möchte keine Wiederholung des Fiaskos bei North Window, Männer! Und wenn euch eure Leben lieb sind, dann solltet ihr eure Augen offen halten.“ Runen, wo hatte er sich diesen befehlshaberischen Ton angeeignet? Jowy war erstaunt von sich selbst.
 

Offensichtlich war sein Herangang an die Sache jedoch genau richtig; die Menge vor ihm salutierte wie ein Mann und ein synchrones, „Sir, ja, Sir!“, hallte durch das Lager.
 

„Rühren“, nickte Jowy und die Männer taten wie befohlen. Dann verteilten sie sich langsam im Lager und er konnte Leons Stimme neben sich hören:
 

„Nicht schlecht fürs erste Mal. Du kannst ja doch ein Anführer sein, wenn du willst.“ Der Aristokrat dachte daran zurück, wie sie für Viktor und die Söldner neue Leute rekrutiert hatten – und wie sie alle mehr Riou gefolgt zu sein schienen als ihm.
 

„Mag sein.“ Er wandte sich langsam um und machte sich auf dem Weg zurück zu seinem Zelt, den Strategen auf seinen Fersen.
 

„Du weißt, dass Luca Blight von dir erwartet, dass du Greenhill innerhalb kürzester Zeit einnimmst?“, erkundigte sich Leon, als die beiden Jowys Zelt betreten und die Plane hinuntergelassen hatten. Er hatte die Stimme gesenkt – sie wussten nicht, wer ihnen vielleicht zuhörte.
 

„Ja“, grollte Jowy, dessen Blut allein beim Gedanken an den Mann schon wieder zu kochen begann. „Natürlich. Aber ich mach es auf meine Art. Ich mag vielleicht für ihn arbeiten, aber meine Seele habe ich ihm nicht verkauft.“
 

„Vergiss das nicht“, sagte Leon ernst. „Es sind schon größere Männer an der simplen Aufgabe gescheitert, sie selbst zu bleiben.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Flordelis
2011-10-18T12:33:38+00:00 18.10.2011 14:33
> ließ es jünger erscheinen
Das erinnert mich daran, dass ich früher immer dachte, Klaus wäre zwölf oder so. *hust*
Sein Avatar sah einfach so jung aus und das machte die ganze Sache mit Sierra ein wenig gruselig.

Viel zu sagen hab ich nicht. Hab mal keine Fehler gefunden (yay) und es war wie gewohnt gut geschrieben. Mir gefiel Jowys Unterhaltung mit Klaus, das war eine angenehme, friedliche Atmosphäre und Jowys Verhalten dem Strategen gegenüber war echt lustig. :,D

Nur weiter so~


Zurück