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Another Side, Another Story

The Traitor's Tale
von

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Das, was bleibt

Kapitel 4: Das, was bleibt
 

In dem kleinen Moment, den er hatte, um zu realisieren, was gerade passierte, wusste er, dass er keine Chance mehr hatte, sich auch nur irgendwie zu verteidigen. Er hatte nicht einmal die Zeit, den Kopf wegzudrehen, da erwischte ihn eine der Krallen auch schon und er kippte mit einem schmerzerfüllten Keuchen nach hinten.
 

„Jowy!“, schrie Riou entsetzt und stürzte zu ihm, während von irgendwoher plötzlich Bolgan auftauchte und die zweite Kralle abfing. Leise stöhnend griff sich Jowy an die verletzte Seite, richtete sich auf und ergriff seinen Stab. Er spürte, wie warmes Blut sein Oberteil tränkte, doch darum konnte er sich jetzt nicht kümmern.
 

Adrenalin peitschte durch seine Venen, als er mit Rious Hilfe aufstand und seinen Stab schwang, um einen weiteren Angriff des Monsters abzuwehren. Bolgan hatte derweil die Kralle, die er mit beiden Händen festgehalten hatte, niedergerungen und Eilie warf eines ihrer Wurfmesser in die Mitte der Nebelschwaden. Doch natürlich flog das Messer direkt durch die Schwaden hindurch und landete mit einem leisen, metallischen Geräusch irgendwo auf dem Boden.
 

„So ein Mist!“, fluchte die Schaustellerin, während sie zurückwich, als ein weiterer Arm aus dem Nichts erschien, um nach ihr zu schlagen. Bolgan schlug auf einen anderen Arm ein, doch obwohl seine Fäuste den verdichteten Nebel eindeutig trafen, schien es dem Nebelmonster nichts weiter auszumachen.
 

Probeweise schlug nun auch Riou nach dem Monster, doch auch seine Tonfa glitten durch den Körper, und Jowy ergriff ihn eilig an der Tunika, um ihn aus dem Weg zu ziehen, als erneut ein Arm nach ihnen schlug.
 

„Unsere Waffen können nichts ausrichten!“, rief Eilie verzweifelt. Jowy knurrte und dann drang ein leises Murmeln an sein Ohr. Aus den Augenwinkeln sah er Rina, die ihre linke Hand mit der rechten umklammert hielt und diese im nächsten Augenblick hochriss. Aus ihrer Handfläche, die plötzlich von Feuer umgeben war, schossen Flammen auf das Monster zu. Es brüllte auf und Rina rief über den Lärm hinweg:
 

„Versucht es mit Feuer!“ Jowy ließ sich das nicht zwei Mal sagen und griff trotz der Schmerzen nach einem der Holzscheite des Lagerfeuers. In dem Moment, als Bolgan es nicht ganz schaffte, einem der Arme auszuweichen und an der Schulter erwischt wurde, holte Jowy aus und warf den brennenden Stock auf das Nebelmonster. Dieses brüllte wieder voller Schmerz und plötzlich schienen die Schwaden zusammenzuschrumpeln.
 

Im nächsten Moment schossen plötzlich noch mehr Klauen aus dem Nebel hervor und Eilie schrie:
 

„Deckung!“ Sie riss Rina zur Seite, während Jowy Bolgan aus dem Weg zog und Riou mit seinen Tonfa nach allen Klauen schlug, die in seine Nähe kamen. Schließlich schickte Rina einen weiteren Schwall Flammen auf das sterbende Monster und mit einem letzten Schrei, der durch das gesamte Gebirge zu hallen schien, sank es in sich zusammen und löste sich buchstäblich in Luft auf. Der Nebel verschwand genauso plötzlich wie er gekommen war und ließ ein durcheinandergebrachtes Lager zurück.
 

Jetzt, da die Anspannung des Kampfes von ihm wich, spürte Jowy, wie weh seine Seite eigentlich tat, und er sank mit einem leisen Stöhnen zu Boden. Sein Stab fiel ihm aus der Hand und rollte zur Seite, dann stürzte auch schon Riou an seine Seite.
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragte er besorgt und der junge Aristokrat ächzte bestätigend:
 

„Sicher…“ Er berührte mit den Fingerspitzen die Wunde und schrie unterdrückt auf, als ein heißer Schmerz durch seine Seite schoss. Sofort nahm er die Hand weg und brauchte nur einen Blick, um festzustellen, dass seine Handfläche voller Blut war.
 

„So ein Mist“, murmelte er, als Riou entsetzt nach Luft schnappte.
 

„Lass mich das machen“, sagte Rina, die plötzlich neben ihnen erschienen war und sich jetzt hinkniete.
 

„Sieht übel aus“, murmelte sie, „aber ist wahrscheinlich nicht mal halb so schlimm.“
 

„Wenn du das sagst“, erwiderte Jowy mit zusammengepressten Zähnen, als sie die Wunde inspizierte.
 

„Ich habe gute Medizin“, erklärte sie ihm mit einem aufmunternden Lächeln, „Die hat sich bewiesen.“
 

„Wobei?“, fragte Riou verwirrt und Eilie hustete plötzlich sehr stark. Besorgt sah sich Riou nach ihr um, während Rina Jowy zuflüsterte:
 

„In letzter Zeit war Eilie nicht wirklich gut im Messerwurf… gestern hat sie zum ersten Mal seit Wochen niemanden verletzt.“ Er schauderte und begnügte sich dann damit, sich an einen Felsen zu lehnen. Vielleicht war es besser gewesen, als er das noch nicht gewusst hatte.
 

„Das war gruslig“, murmelte Eilie derweil, „Ich bin froh, dass wir nicht allein hier hoch gekommen sind.“
 

„Ich auch“, nickte Jowy und versuchte, nicht an die Schmerzen und seinen knallroten Kopf zu denken, als Rina ihm ohne viel Federlesen das Oberteil über den Kopf zog und begann, das Blut von der Wunde zu tupfen, „Riou und ich hätten es allein wohl auch nicht geschafft.“
 

„Ich hab Hunger“, stellte Bolgan in diesem Moment unzufrieden fest und Rina lachte.
 

Dieses Abenteuer hatten sie überstanden.
 


 

Als Jowy am nächsten Morgen leicht durchgefroren und mit Muskelkater erwachte, stellte er fest, dass Rina recht behalten hatte. Seine Verletzung tat nicht mehr weh – was auch dem Heiltrank zu verdanken war, den Eilie ihm noch gereicht hatte – und bis auf die Muskelschmerzen ging es ihm sogar ziemlich gut.
 

„Wie geht’s dir?“, fragte die jüngere Schaustellerin besorgt, während sie ihm etwas später eine Schüssel Suppe gab, die sie über dem Feuer aufgewärmt hatten. Er zuckte die Achseln und erwiderte:
 

„Es ging mir schon besser, aber es ist halb so wild.“
 

„Wir sollten bald aufbrechen“, meinte Rina über ihre Schüssel hinweg, „das Nebelmonster mag zwar weg sein, aber von diesen Bergen habe ich erst einmal die Nase voll.“
 

„Mhm“, brummte Riou nur und seufzte. Jowy warf ihm einen schnellen Blick zu und wusste sofort, dass der Unmut seines Freundes nicht nur auf den gestrigen Kampf bezogen war. Seine Gedanken kehrten zu der Nacht vor ein paar Tagen zurück und er konnte nicht glauben, dass es erst ein paar Tage her war.
 

Schreie. Blut. Feuer. Und über all dem dieses laute, irre Lachen…!
 

„Jowy!“ Er zuckte zusammen und sah Rina erschrocken an.
 

„Entschuldige, was…?“
 

„Ich hab dich gefragt, wie weit es noch ist“, wiederholte sie geduldig und mit einem Lächeln. Er runzelte die Stirn und blickte nach Norden, doch von ihrem Lagerplatz aus sah man lediglich das Tal unter ihnen.
 

„Ein wenig weiter nach Norden und wir sollten die Stadt Kyaro sehen können“, sagte er schließlich und musste etwas lächeln. Sein Zuhause war ganz in der Nähe. Bald war der Schrecken vorbei.
 

„Dort scheiden sich dann also unsere Wege…“, murmelte Eilie nachdenklich und blickte irgendwie unglücklich in ihre Suppenschüssel, nachdem sie Riou einen schnellen Blick zugeworfen hatte, den dieser gar nicht mitbekam. Stirnrunzelnd betrachtete Jowy die beiden und ahnte plötzlich, warum Eilie den ganzen Morgen schon so still war.
 

Irgendwie tat sie ihm leid.
 


 

„Wir sind endlich zurück, Riou“, flüsterte Jowy erleichtert, als die Stadtmauer von Kyaro endlich vor ihnen auftauchte, „Wir sind zu Hause…“
 

„Ja“, nickte Riou mit einem befreiten Seufzen und lächelte. Jowys Blick glitt über die vertrauten Hausdächer und das Stadttor, das wie einladend offen stand.
 

Er war zu Hause.
 

„Das ist also eure Stadt“, stellte Eilie beeindruckt fest, „Sieht wirklich hübsch aus.“
 

„Ist sie auch“, versicherte Riou ihr und sie schenkte ihm ein schüchternes Lächeln. Oje. Hatte er denn wirklich noch nichts verstanden…? Das hätte Jowy nicht gewundert.
 

„Hier sagen wir dann also Lebwohl“, seufzte Rina, nachdem sie das Stadttor erreicht hatten, „Es hat wirklich Spaß gemacht, mit euch zu reisen.“ Sie lächelte freundlich und Jowy grinste zurück.
 

„Danke für deine Medizin“, sagte er, „Sie hat mir wirklich geholfen.“
 

„Nicht der Rede wert“, erwiderte sie kopfschüttelnd, „immerhin habt ihr uns gegen dieses Nebelmonster geholfen.“
 

„Hm, ja“, murmelte er etwas verlegen und grinste wieder.
 

„Und wo wohnt ihr?“, fragte Eilie interessiert, „Vielleicht besuchen wir euch ja, solange wir in der Stadt sind.“ Sie warf Riou wieder ein hoffnungsvolles Lächeln zu und Jowy erbarmte sich:
 

„Mein Haus ist ganz im Norden, dort, wo die Straße endet. Auf dem Hügel da hinten, seht ihr?“, er deutete auf das Dach eines großen Anwesens, das man von ihrem Standpunkt aus sehen konnte, „und Riou wohnt im Westen der Stadt, nehmt einfach die Abzweigung dort vorne nach links.“
 

„Genau“, nickte Riou und zeigte auf die besagte Abzweigung, die, im Gegensatz zu den anderen Straßen der Stadt, nicht gepflastert war, ehe er Eilie freundlich anlächelte.
 

„Okay, danke“, entgegnete sie und errötete leicht.
 

„Vielleicht sehen wir uns ja noch“, sagte Rina in diesem Moment laut, „Wiedersehen, ihr beiden.“
 

„Passt gut auf euch auf“, fügte Bolgan hinzu. Sie reichten einander zum Abschied die Hände, dann winkten die Schausteller und zogen in Richtung Stadtmitte.
 

„Sie sind echt nett“, stellte Riou fest und sah ihnen hinterher.
 

„Das sind sie“, nickte Jowy, dann sah er zurück zu den Bergen, die sie erst vor wenigen Stunden verlassen hatten, „Riou… dieser Anführer der Söldner macht mir wirklich Angst. Ich gehe direkt nach Hause. Und du solltest Nanami nicht länger warten lassen.“
 

„Du hast Recht“, nickte Riou und folgte seinem Blick zurück zum Gebirge, „Wir sehen uns dann… heute Abend.“
 

„Okay“, nickte Jowy, „pass auf dich auf, ja? Bis nachher.“
 

„Du auch“, erwiderte Riou.
 

Er winkte Riou noch kurz zu, dann wandte er sich um und machte sich schnellen Schrittes auf den Weg nach Hause. Er hatte nicht übertrieben, als er gesagt hatte, dass Viktor ihm Angst machte – in der Tat befürchtete er, dass die Söldner bemerkt hatten, dass ihre Gefangenen sich aus dem Staub gemacht hatten und schon auf dem Weg nach Kyaro waren. Er knirschte leise mit den Zähnen, als er daran dachte, wie dumm er doch gewesen war, Viktor nicht anzulügen. Jeden Moment rechtete er damit, hinter sich die tiefe Stimme des Söldners zu hören und sein Schwert im Nacken zu spüren.
 

Jowy erschauerte kurz und beschleunigte dann seine Schritte. Er wollte nur noch nach Hause, sich dort ausruhen und die Schrecken der letzten Woche vergessen. Erleichterung durchflutete ihn, als das Herrenhaus der Atreides-Familie in Sicht kam.
 

Er war zu Hause.
 

„Mutter? Vater? Marco!“ Er öffnete die Haustür und trat vorsichtig ein. Es war still im Haus, wie immer eigentlich. Marcel Atreides hasste Lärm und das hatte Jowy schon früh lernen müssen… Kein Wunder, dass er den größten Teil seines Lebens in Genkakus Dojo bei Riou und Nanami verbracht hatte!
 

„Jowy, bist du das?“ Marcel trat aus seinem Arbeitszimmer zu Jowys Rechten und

hob überrascht die Brauen, als er seinen Stiefsohn erblickte. Jowy sah ihn etwas eingeschüchtert an, ehe er langsam sagte:
 

„Vater, ich… ich bin zu Hause.“
 

„Das sehe ich“, nickte Marcel mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht, „Gut, dich zu sehen. Wir haben dich schon früher erwartet. Wo warst du so lange?“ Die Reserviertheit seines Vaters war nicht unüblich; er hatte sich nie allzu viele Sorgen um Jowy gemacht, es sei denn, es ging um den Ruf der Familie.
 

„Ich…“ Er verstummte, als die Erinnerungen wieder auf ihn einprasselten. Dann holte er tief Luft und erzählte mit bebender Stimme von den Ereignissen der letzten Woche. Das Massaker an der Einhorn-Brigade, der Sprung in den Fluss, die Flucht aus dem Söldnerfort… Das alles schien jetzt, wo er es jemandem erzählte, noch schlimmer zu sein. Wie hatte er all das nur überlebt…?
 

„Ich verstehe“, sagte Marcel stirnrunzelnd, nachdem Jowy geendet hatte, „Dann ist es ja kein Wunder, dass du… nicht früher heimgekommen bist.“ Jowy warf einen Blick auf sein spärliches Gepäck, das er mitgebracht hatte. Von dem Proviant war seit heute Morgen nichts mehr übrig gewesen und er brauchte dringend etwas Schlaf…
 

„Geh dich in deinem Zimmer ausruhen“, schlug Marcel plötzlich vor, „Ich lasse dich dann rufen, wenn das Essen fertig ist. Oh, und ruf mir bitte deinen Bruder her.“
 

„Okay“, meinte Jowy etwas verwirrt. Nun fand er es doch ein wenig ungewöhnlich, dass sein Vater keinerlei Gefühlsregung zeigte. Bevor er jedoch fragen konnte, war Marcel schon wieder ohne ein weiteres Wort in seinem Arbeitszimmer verschwunden und hatte die Tür ins Schloss fallen lassen.
 

Und Jowy stand allein in der Eingangshalle und war mehr als durcheinander. Dann aber entschied er sich, sich erst einmal wirklich ein wenig hinzulegen und seinen Vater beim Essen dann auf sein Verhalten anzusprechen. Er nahm seinen Reisesack und seinen Stab, dann schlich er die Treppe hinauf in den ersten Stock, wo neben seinem Zimmer und dem seines Stiefbruders Marco auch das Zimmer seiner Mutter Rosa lag. Er klopfte an, doch niemand öffnete.
 

„Wahrscheinlich schläft sie“, murmelte er, dann ging er weiter, um an Marcos Zimmertür zu klopfen. Diese öffnete sich kurze Zeit später und er erblickte seinen jüngeren Stiefbruder.
 

„Jowy“, stellte dieser verblüfft fest, „Du bist zu Hause?“
 

„Ja“, nickte der Blonde mit einem Lächeln, „Hallo.“
 

„… Willkommen zurück“, erwiderte Marco nach einem Moment Schweigen. Dann lächelte er ebenfalls.
 

„Vater möchte dich sehen“, sagte Jowy und deutete dann zur Zimmertür seiner Mutter, „Was ist mit Mutter?“
 

„Sie fühlte sich heute nicht sonderlich gut und hat sich hingelegt“, erklärte Marco achselzuckend, „Aber zum Essen ist sie bestimmt da.“
 

„Gut, dann…“ Jowy sah zu seiner geschlossenen Zimmertür und meinte dann:
 

„Dann lege ich mich auch mal ein wenig hin. Meine Füße bringen mich um!“ Er lachte etwas und ließ Marco dann stehen. Bevor er in seinem eigenen Zimmer verschwand, sah er noch, wie sein Stiefbruder ihm einen langen, seltsamen Blick zuwarf.
 

Seufzend stellte er seinen Reisesack in die Ecke und lehnte seinen Stab daneben, dann ließ er sich aufs Bett sinken. Er war zu Hause. Und es hatte sich eigentlich nichts geändert.
 


 

„Jowy? Komm runter!“, hallte Marcos Stimme etwas später durchs Haus. Er erhob sich, voller Vorfreude auf ein vernünftiges Mittagessen und darauf, seine Mutter wiederzusehen. Er war immerhin mehrere Monate weg gewesen und hatte sich im Winter auf dem Tenzaan-Pass fast den Hintern abgefroren… Wenigstens war Riou bei ihm gewesen.
 

Aus reiner Gewohnheit griff er nach seinem Stab, ließ ihn dann aber stehen. Er war zu Hause, hier würde ihn ja wohl keiner angreifen!
 

Als er die Treppe runterkam, erstarrte er. In der Eingangshalle standen Marco und Marcel, flankiert von ein paar Soldaten.
 

„Vater…?“, fragte Jowy irritiert und begegnete dem kalten Blick aus Marcels grauen Augen. Im selben Moment eilten zwei der bewaffneten Männer die Treppe hinauf, ergriffen den Blonden an den Armen und zerrten ihn mit sich hinunter.
 

„Was ist hier los?!“, verlangte Jowy zu wissen. Er war fassungslos. Was hatten die Soldaten hier zu suchen?
 

„Du bist angeklagt, für die Allianz der Stadt-Staaten von Jowston spioniert zu haben! Damit bist du verantwortlich für das Massaker an der Einhorn-Brigade!“, raunzte der Kommandant der Soldaten. Jowy, dem ein kalter Schauer über den Rücken lief, hob langsam den Blick zu Marcel und sagte langsam:
 

„Dann… dann nehme ich an, dass du mir nicht glaubst…“ Marcel machte ein abfälliges Geräusch.
 

„Ganz genau“, sagte er mit kalter, schneidender Stimme, „Du warst einmal mein unwürdiger Sohn, aber nun nicht mehr. Ab heute bist du kein Atreides mehr!“ Jowy spürte, wie Verzweiflung und Angst in ihm aufwallten.
 

„Warum… Warum glaubst du mir nicht?“, fragte er leise, weil seine Stimme nicht den Anschein machte, als würde sie lange ohne ein Zittern durchhalten, „Ich – Ich bin doch dein Sohn nicht wahr? Oder ist das Blut in meinen Adern…“ Er schüttelte den Kopf und verstummte. Das konnte nicht wahr sein.
 

Sein eigener Vater hatte ihn verraten? Er wollte es nicht glauben. Er konnte es nicht glauben!
 

„Es tut mir weh, dich ansehen zu müssen, Jowy“, erwiderte Marcel, ihn schon fast unterbrechend, „Ich kann niemanden anerkennen, der als Mitglied der Atreides-Familie Landesverrat begangen hat.“ Diese Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht.
 

Er spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben, doch die zwei Männer, die ihn noch immer an den Armen ergriffen hielten, zogen ihn gewaltsam wieder hoch.
 

„Komm mit“, befahl der Kommandant und gab seinen Leuten ein Zeichen. Diese zogen ihn nun rückwärts durch die Tür. Marcel und Marco folgten ihnen nach draußen und sahen dabei zu, wie die Soldaten den ehemaligen Atreides mit sich schleppten.
 

„Lebwohl, großer Bruder“, rief Marco verächtlich, „Du bist jetzt nicht mehr mein Bruder. Lebe wohl, Jowy!“ Er wandte sich ab und verschwand wieder im Haus.
 

„Bitte!!“, rief Jowy nun, dem vor Verzweiflung und Wut nun Tränen in die Augen stiegen, „Mutter… Lass mich sie sehen! Lass mich mit ihr reden!!“ Marcel begegnete seinem Blick kalt und voller Verachtung.
 

„Rosa sagte, dass sie dich nicht sehen will“, sagte er schneidend. Jowy schüttelte den Kopf.
 

„Du lügst… Du lügst!!“, schrie er, während die Tränen ihm nun über die Wangen rannen. Er stemmte sich gegen den Griff der Soldaten und wollte sich losmachen, doch sie hielten ihn eisern fest und zogen ihn weiter mit sich.
 

„Halt!“, verlangte er wütend, „Lasst mich gehen! Lasst mich los! Ich will meine Mutter sehen…!!“ Wieder versuchte er, sich zu befreien, doch er hatte keine Chance. In seiner Verzweiflung schrie er auf, aber keiner beachtete ihn. Zufällig glitt sein Blick über eines der Fenster im ersten Stock und er erstarrte.
 

Das Gesicht seiner Mutter, bleich und traurig, war dahinter zu sehen. Ihre Augen trafen sich einen winzigen Moment lang, dann sah er Rosa Atreides ungläubig den Kopf schütteln und sich abwenden.
 

„Mutter…!“, flehte er ein letztes Mal, dann brach sein Widerstand in sich zusammen und er ließ sich schweigend mitziehen…
 

Sie schleppten ihn in die Militärkaserne und in den Kerker darunter. Der Kommandant persönlich öffnete eine der Türen, dann wurde er auch schon in die Zelle hineingestoßen – und aufgefangen, bevor er fallen konnte.
 

Mit leerem Blick und den heißen Spuren getrockneter Tränen auf seinen Wangen blickte Jowy auf und erkannte Riou und Nanami, die ihm fürsorglich auf die Beine halfen. Als er in ihre warmen, besorgten Augen blickte, wurde ihm bewusst, dass sie nun seine Familie waren.
 

Alles, was ihm geblieben war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mismar
2010-05-31T12:33:56+00:00 31.05.2010 14:33
Huch, toller Kapitelname.
Ich mag ihn sehr~

Also ich fand den Kampf sehr schön beschrieben, aber arg kurz. Wenn ich bedenke, wie lange ich dran saß :/ außerdem hätte ich Bolgans Rune eingeführt, als Rina meinte, sie sollen Feuer benutzen. DX das hat mir irgendwie gefehlt.
Zudem hat mir das Ganze den Eindruck gemacht, als hätte sich das Monster nicht wirklich zu einer festen Substanz materialisiert. Und normalerweise hätte er dann auch nicht „angreifen“ können, wenn dies nicht der Fall wäre. Verstehst du was ich meine? Irgendwie hat das Monster sonst eine Art „Geisteffekt“ *lol*
Egal, der Kampf war trotzdem gut und spannend.
Ich mag auch die Andeutungen von Eilie und das Jowy das eher bemerkt als Riou >3 Jaja, wer weiß, obwohl ich das Pairing Riou x Nanami ein bisschen mehr mag.

Diese Stelle im Haus war verdammt traurig… du hast es wahnsinnig gut hinbekommen, die Thematik „Verrat“ noch zu verstärken, indem Jowy erst von den Familienmitgliedern „sanft“ behandelt wurde, dass er sich doch ausruhen soll, und dann fallen sie ihm doch so in den Rücken.
Manchmal könnte man echt denken, dass viele Zitate aus dem Spiel sind, die eigentlich von dir stammen, weil du die Charaktere alle so gut hinbekommst ;D aber ich denke es ist auch ein gutes Training, Textzeilen zu übernehmen und eigene hinzuzugeben.

Auf jeden Fall warst du meine heutige Rettung… man, sobald man länger als zwei Wochen Ferien hat wird man überall hingescheucht… nun, konnte daher heute 3 Kapitel lesen~
Von:  Flordelis
2010-02-02T17:14:00+00:00 02.02.2010 18:14
Hach ja, armer Jowy. =/
Irgendwie tut er mir Leid, auch wenn ich ihn nicht mag.
Seine Verzweiflung war jedenfalls gut rübergebracht (ist das eigentlich 1:1 mit deinem Oneshot oder hast du die Szene abgeändert?).
Der Kampf gegen das Nebelmonster kam mir ein wenig kurz vor, allerdings ist es ja auch erst der Anfang, da kann man noch keine ewiglangen Kämpfe beschreiben, nicht?
Ich bin jedenfalls schon mal auf das nächste Kapitel gespannt. ^^


> aber keinre beachtete ihn.

Buchstabendreher. ;)


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