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Kaktusküsse

Taito
von

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Geboren aus den Scherben großer Träume

*+*~*+*
 

I can fly

But I want his wings

I can shine even in the darkness

But I crave the light that he brings

Revel in the songs that he sings

My angel Gabriel
 

I can love

But I need his heart

I am strong even on my own

But from him I never want to part

He's been there since the very start
 

Gabriel by Lamb
 

*+*~*+*
 


 

"Ehrlich, Taichi, ihr beide seit so... unmöglich."
 

Hikaris Stimme klingt furchtbar streng und genervt, während sie mit einer knallpinken Handschere Blumenstengel malträtiert und in einer neomodernen Vase zusammensteckt.

Tai grummelt etwas in sein Glas Eistee und fragt sich, wer diese grottenhässliche Vase überhaupt gekauft hat. Bestimmt sein Vater, nur der kann solche unmöglichen Geschenke machen.

Die jüngere Ausfertigung seines Freundes balanciert auf einem der Holzstühle und wühlt sich durch die Küchenschränke.
 

"Irgendwo links", murmelt Tai und presst das Glas gegen seine rechte Wange, seufzt bei der kühlen Berührung erleichtert auf.
 

Hikari redet unbeirrt weiter. Tai hat aufgehört zu zählen, wie oft sie das Wort 'kindisch' in den letzten fünf Minuten gesagt hat. Aber sie hat sicherlich jeden ihrer vorherigen Rekorde gebrochen.
 

"Oh, da ist er ja!" Takeru springt leichfüßig vom Stuhl und wedelt triumphierend mit dem Verbandskasten vor Tais Gesicht. Er zieht den Stuhl heran, lässt sich darauf nieder und beginnt euphorisch im Verbandskasten zu wühlen.

Tai wird den Verdacht nicht los, dass das Ganze Takeru mehr als nur amüsiert. Aber diese kranke Art von Humor hat er definitiv mit seinem Bruder gemeinsam.
 

"Worüber genau habt ihr euch dieses Mal gestritten?", fragt Takeru beiläufig.
 

Eine Hand unter Taichis Kinn zwingt ihn dazu, Takeru anzusehen, während Takeru nach Eukalyptus duftende Wundheilsalbe auf eine bläulichrote Stelle unter Tais rechtem Auge schmiert.
 

"Ich dachte immer, Matt schlägt wie ein Mädchen." Takeru tarnt sein Lachen mit einem Husten.
 

"Von wegen. Dein Bruder schlägt wie Mohammed Ali. Mindestens." Tai trinkt einen Schluck Eistee.

"Wir haben uns wegen irgendwas gestritten. Ich hab was gesagt, er hat was gesagt, ich hab was gesagt und dann hat er mir eine runtergehauen."
 

"Oh. Wie präzise." Hikari zieht die Augenbrauen nach oben und ihr Blick wird etwas besorgter. "Aber Tai, ich meine, ihr könnt euch doch nicht ewig prügeln. Ich mach mir Sorgen um dich."
 

Tai will seiner Schwester gerne erzählen, dass er und Yamato niemals diese glückliche Bilderbuchbeziehung von Taichis Eltern führen werden.

Sie lieben sich und prügeln sich und lassen sich somit überhaupt nicht in den Standardrahmen hineinpressen, in dem sie die Gesellschaft gerne sehen würde.

Er liebt Matt. Auf eine Weise, die völlig abstrakt und wunderschön ist. Es ist wie das Kribbeln im Bauch, das Taichi hat, kurz bevor er ein furchtbar wichtiges Fußballspiel hat. Er wacht auf und weiß nicht, in welchen Wahnsinn ihn Matt heute wieder treiben wird. Und Matt macht Menschen wahnsinnig.

Mit seinem furchtbaren Sturkopf, seinem Temperament und seiner Launenhaftigkeit.

Auch wenn sie schon bald ein Jahr zusammen sind und um sie herum immer noch rosane Wolken schwirren, hält Matt es nicht auf, ihm einen Kinnhaken zu verpassen wenn er es für nötig erachtet.

Wahrscheinlich werden sie nie eine Beziehung führen, die normal und langweilig ist.
 

"Kari. Was tust du da eigentlich?", fragt Taichi, um das Thema von sich wegzulenken. Es ist nicht so, dass er nicht genügend Diskussionen mit seinen Eltern über seine verquerten Gefühle geführt hat.
 

"Ikebana", flötet Hikari stolz und schiebt die Vase zu Taichi.

Er erinnert sich, dass seine Mutter auch oft Stunden damit verbringen kann, Blumen in eine Vase zu stecken. Tai versteht das nicht, weil er ein Mann ist, betont sie immer zu gerne.
 

"Ist es nicht wunderhübsch geworden?" Sie hält Taichi eine violettblaue Blume mit einem intensiven Duft unter die Nase, der daraufhin prompt einen Niesanfall bekommt. Hikari runzelt die Stirn. "Du bist so frugal, Tai. Dabei hättest du Zärtlichkeit wohl nötiger als jeder andere."

Sie tippt sich vielsagend mit dem Finger auf die rechte Wange. "Die Fresie", redet sie weiter. "Die Blume der Zärtlichkeit."
 

Taichi liebt seine Schwester. Aber seit sie Leiterin der Ikebana-AG ihrer Mittelstufe geworden ist, haben die herrlichen Blumendüfte ihre Sinne hochgradig vernebelt.
 

"Möchtest du noch Eistee, Tai?", fragt Takeru plötzlich und schenkt Tai, ohne auf eine Antwort zu warten, nach. Scheinbar interessiert ihn das Hobby seiner Freundin so viel wie Tai. "Ich trennt euch doch nicht deswegen, oder?"
 

Taichi seufzt und sinkt über dem Küchentisch zusammen.

Natürlich werden sie sich nicht trennen. Aber es ist seltsam, einen Menschen so heftig zu lieben und ihm permanent für alles mögliche eine reinhauen zu wollen.

Wahrscheinlich könnte Taichi über seine verkorkste Beziehung einen dieser Liebesromane schreiben, die Kari zuhauf liest und wunderbar dramatisch und zuckersüß findet.
 

"Warum redet ihr nicht einfach darüber? Ich meine, ihr solltet das klären. Solche Streitereien belasten schließlich euer Liebesleben", gibt Hikari neunmalklug von sich. Manchmal fragt Tai sich ernsthaft, woher sie diese Lebensweisheiten mit ihren zarten fünfzehn Jahren hat.
 

"Es gibt hier nichts zu klären", murmelt Taichi als Antwort. Okay, vermutlich gäbe es einiges zu bereden, aber Matt ist nicht der Mensch der viel auf tiefgründige Konversation gibt.

Und genau genommen ist das auch ihr Problem.
 

-
 

Als Taichi an diesem Abend im Bad vor dem Spiegel steht, hat er noch nicht einmal die Hälfte seiner Hausaufgaben für den nächsten Tag erledigt.

Er ist im vorletzten Jahr der Oberschule, steckt mitten in einer Prüfungsphase und sollte sich eigentlich mehr Gedanken um seine Zukunft als um sein chaotisches Liebesleben machen.

Er sollte genau jetzt seinen Lernplan für die Sommerferien ausarbeiten. Er sollte sich Gedanken über die Aufnahmeprüfungen an den renommierten Universitäten und seinen künftigen Bewurf machen, aber alles woran er denken kann ist Yamato.

Matt, Matt, Matt.

Tai seufzt und legt seinen Kopf schief. Seine Wange tut längst nicht mehr weh, aber die Ausmaße des Kinnhakens sind deutlich rotblau auf seiner sonnengebräunten Haut zu sehen. Morgen, in der Schule, wird er wieder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Es wird wieder diese dummen Sprüche geben, da es ein offenes Geheimnis ist, dass er und Matt miteinander gehen.

Nicht, dass es Yamato nicht völlig egal wäre, was seine Umwelt von ihm hält.

Taichi tippt vorsichtig gegen den Spiegel, dessen Ränder beschlagen sind. Im Bad herrscht eine feuchte Hitze und von Taichis Haarspitzen tropft Wasser auf die schneeweißen Kacheln.
 

"Ein Jahr", sagt er leise. "Ein Jahr und er ist immer noch so..." Er lässt seinen Satz unbeendet und wendet sich ab.
 

Er erträgt plötzlich sein eigenes Gesicht nicht mehr, sein Gesicht, dessen Züge langsam erwachsener und herber werden. Tai wird nie wieder dieser Teenager sein, der gerade bemerkt hat, dass er sich Hals über Kopf in seinen besten Freund verliebt hat.

Die Welt verlangt von ihm, dass er Entscheidungen trifft und er will eigentlich nur Yamato festhalten und die Welt Welt sein lassen.

Tai schnappt sich ein grellgrünes Shirt und zieht es sich über den Kopf. Fast bereut er diesen dummen Streit mit ihm.

Er hat heute Matt wieder warten lassen. Über eine Stunde, weil das Training der Fußball-AG zu lange gedauert hat und Tai sich mit diesem Idioten von der Baseball-AG über die Platzbelegung nächste Woche herumstreiten musste.

Er hat schlichtweg die Zeit vergessen. Das passiert ihm zu oft in letzter Zeit. Und als Yamato ihn deswegen angezickt hat, ist Tai in die Luft gegangen.

Weil sein Alltag so hektisch und vollgeplant ist, dass er kaum noch genügend Zeit zum Atmen hat.

Er will Yamato festhalten, ihn küssen und ihn den Himmel auf Erden versprechen. Aber es endet viel zu oft in sinnlosen Streitereien und sie finden einfach keinen Weg durch dieses Chaos.
 

Verdammt, Ishida, wenn du keine Lust hast zu warten, warum gehst du dann nicht gefälligst nach Hause und lässt mich in Ruhe?!
 

Der darauf folgende Kinnhaken hat nicht halb so wehgetan wie die Tatsache, dass er Matt diese Worte ins Gesicht geschleudert hat, die er eigentlich nicht sagen wollte.
 

-
 

Der nächste Tag ist eine Katastrophe.
 

Es ist Freitag und Tai hat verschlafen und ist im letzten Augenblick in die Schule gestürmt. Ein kalter Schweißtropfen rinnt über seinen Nacken und sein Atem ist hektisch und unkontrolliert, als er in seine Klasse stolpert.

Ihr Lehrer ist noch nicht da und in der Klasse herrscht das übliche Chaos vor Unterrichtsbeginn, so dass niemand Taichis geschwollene Wange wirklich zur Kenntnis nimmt.

Yamato sieht nicht auf, als Tai sich neben ihm auf seinen Stuhl sinken lässt und tief einatmet. Tai fühlt sich wie von einer Dampfwalze niedergerollt.

Die ganze Nacht über hat sein Kopf geschwirrt vor lauter konfusen Gedanken und heute Morgen ist er mit infernalen Kopfschmerzen aufgewacht und er kam bereits vor dem Frühstück in den Genuss einer Kopfschmerztablette.
 

"Morgen", sagt Tai leise.
 

"Mhhhm", brummt Matt als Erwiderung. Sein Haar ist überperfekt gestylt und sein Gesicht seltsam bleich, obwohl er die meiste Zeit bleich wie eine weiß getünchte Wand ist. Aber heute schaut es eher ungesund aus.
 

"Genauso beschissen geschlafen?", fragt Tai weiter, während er ein Schulheft aus der Schultasche zerrt. Während des Frühstücks hat er eine halbherzige Englischübersetzung ins Heft geschmiert.
 

"Nein Yagami, ich habe ausgezeichnet geschlafen." Yamatos Stimme ist bissig und ein bisschen zu rau. Er wendet seinen Kopf so rapide schnell herum, dass Tai fast zusammenzuckt.

Matts Blick ist wie immer. Gleichgültig, neutral. Nur als er Tais Wange bemerkt, flackert ein Hauch von Emotion in dem Blau.

Tai runzelt die Stirn. Matt schaut so ziemlich genauso beschissen aus wie Tai sich fühlt. Obwohl das natürlich nur Tai auffällt. Für die Anderen schaut Yamato wie jeden Tag normal und unjapanisch aus und Matt hat sehr lange daran gearbeitet, dass es so ist.
 

"Was macht die...?", beginnt Matt mit hochgezogenen Augenbrauen. "Tut es weh?"
 

Tai schenkt ihm ein schiefes freches Lächeln. "Nicht mehr als beim letzten Mal. Und vorletzten Mal."
 

"Aha. Gut." Yamato beginnt mit einem Stift Kreise auf den Umschlag seines Heftes zu malen.
 

"Kari hat uns heute Sandwiches für die Pause gemacht", sagt Tai. Es ist eine Art Friedensangebot und er betrachtet seinen Freund sehr genau.

Matt erwidert seinen Blick nicht. "Ist gut." Es klingt fast ein bisschen... schüchtern.
 

"Yagami, Ishida, hört auf zu Quatschen, ihr stört den Unterricht."

Zwei Blätter werden vor sie auf den Tisch geschoben. Tai hat nicht mal wirklich die Anwesenheit seines Klassenlehrers zur Kenntnis genommen.

Erst jetzt bemerkt er, dass viele Schüler das Formular in den Händen halten und aufgeregt miteinander tuscheln. Tai schließt kurz die Augen.
 

Bitte lass es keinen verfluchten Test sein, oh bitte nicht, denkt er inbrünstig. Und starrt den Zettel an.
 

Nein, es ist kein Test. Es ist viel schlimmer. Sehr viel schlimmer.

Tai bemerkt, dass Yamato neben ihm kaum hörbar nach Luft schnappt.
 

"Ihr habt hiermit die Termine für die Aufnahmeprüfungen für die Universitäten im Großraum Tokyo erhalten. Bitte gebt eure verbindliche Anmeldung bis Anfang übernächster Woche ab", erklärt ihr Lehrer. "Auf der Rückseite findet ihr die entsprechenden Yobikou. Denkt daran, dass die Vorbereitungskurse relativ schnell ausgebucht sind."
 

Tais Augen wandern automatisch zu Matt, der dieses Papier genauso regungslos anstarrt.

Es ist das, wovor Tai seit Wochen Panik hat. Dass, worüber er und Matt sich grimmig ausschweigen, weil sie wissen, dass sie beide völlig verschiedene Wege einschlagen werden.

Sie werden studieren, neue Menschen kennen lernen. Und irgendwann Gefahr laufen, dass sie sich inmitten dieses neuen Alltags verlieren werden.

Aber Tai will kein Leben ohne Matt. Er will nicht, dass Matt seine Pläne und Träume umsetzt und Tai ihm nicht folgen kann.

Tai schluckt heftig und versucht den bitteren Kloß in seinem Hals herunterzuwürgen. Genauso wie Yamato stopft er den Zettel in seine Schultasche und versucht sich auf den Unterricht zu konzentrieren.

Was natürlich nicht funktioniert.

Tais Kopfschmerzen werden schlimmer und er starrt auf die englischen Sätze an der Tafel, die einfach keinen Sinn mehr ergeben wollen.
 

-
 

"Nun ja, es ist ja nicht so, dass wir das nicht gewusst haben, oder?"
 

Yamatos Stimme klingt so verflucht ruhig, während Tai nervös auf und ab geht. Tai hat das Bedürfnis, einfach loszulaufen, weil er sonst nicht weiß wie er diesen Berg von Gedanken in seinem Kopf ordnen soll.

Matt hockt auf der Lehne einer der Bänke auf dem Pausenhof und beobachtet Tais Bewegungsdrang mit einem Blick, der absolut nichts preisgibt.

Hikaris Sandwichs liegen unangerührt in Butterbrotpapier gewickelt auf der Bank. Nach Essen ist ihnen gerade beiden nicht.

Tai weiß nicht, was ihn gerade mehr ärgert. Seine Zukunft, die er gerade nicht haben will oder Matts so offen zur Schau gestellte Langeweile.

Es ist diese Distanz, die Tai meistens zum Verzweifeln bringt. Matt verschließt sich automatisch vor allem, was ihn vielleicht belasten könnte.

Ihr Streit von gestern ist so schnell vergessen wie jeder andere zuvor.

Tai wäre es lieber, Matt würde ihn in die Arme nehmen und versprechen, dass es da für sie einen gemeinsamen Weg gibt. Aber stattdessen tut Matt so, als wäre es gleichgültig, wohin ihre Beziehung gerade schliddert.
 

"Matt?" Tai bleibt stehen und starrt zu ihm. "Ist dir das wirklich egal? Ich meine, es... ist doch immerhin unsere Zukunft, oder?"
 

Yamato weicht seinem Blick aus. "Natürlich ist es mir nicht egal. Aber...", er atmet tief ein, "es geschieht einfach. Selbst wenn du es nicht willst."
 

Tai ist kein Idiot. Er weiß, wie erschreckend gering die Quote ist, dass die erste große Liebe für immer hält. Aber er will das nicht. Er pfeift auf Quoten und Wahrscheinlichkeiten.

Damals, in der Digiwelt, als Tai geglaubt hat dass alles vorbei ist, ist Matt zu ihm gekommen. Dieser dumme rebellische sture Idiot mit Tränen in den Augen.

Es war der Moment, in dem Yamato sich so tief in Tais Seele gegraben hat, dass er ihn wahrscheinlich nie mehr los wird. Matt hat seine ganze kleine Welt aus den Angeln gehoben und sie zum rotieren gebracht.

Seufzend lässt er sich auf die Bank sinken und schnappt sich eines der Sandwiches. Lustlos beißt er hinein und starrt hoch zum wolkenverhangenen Himmel.

Als Kind hat er es kaum erwarten können, dass all seine verrückten Träume wahr werden. Er hat jedem neuen Tag mit viel zu viel Euphorie entgegen gesehen, in dem dummen Glauben, dass er und die anderen für immer zusammen sein werden.

Doch die anderen leben längst ihr eigenes kompliziertes Leben.
 

"Und was machen wir jetzt?", fragt Tai leise und schaut zu seinem Freund.
 

Die Frage aller Fragen.

Yamato zuckt mit den Schultern, vermutlich weil er genauso ratlos ist wie Taichi.

Tai will Profifußballer werden, Yamato Rockmusiker.

Sie wissen, dass sie es beide schaffen können. Und sie wissen, wie hoch der Preis dafür sein wird.

Unbewusst greift Tai nach Matts Hand. Die Finger seines Freundes sind kühl und zittern ein wenig und Tai versucht ein aufmunterndes Lächeln.
 

"Hey, wir haben noch Zeit."
 

"Genau genommen acht Tage, Tai", meint Matt trocken und erwidert den Händedruck. "Acht Tage und absolut keinen Plan."
 

Tai zieht eine Schnute. "Sei nicht immer so pessimistisch."
 

"Sei du nicht immer so krankhaft optimistisch."
 

Das bringt Tai tatsächlich zum Lachen, das erste Mal an diesem beschissenen Tag. Es fühlt sich ein bisschen so an, als ob dieser Kloß in einem Hals verschwindet.

"Wäre ich nicht so 'krankhaft' optimistisch gewesen, wären wir wohl nie zusammen gekommen, oder?"
 

Erstaunlicherweise will Yamato ausnahmsweise einmal nicht das letzte Wort haben.
 

-
 

Irgendwie vergeht der Freitag so schnell, dass Tai überrascht ist, als der Gong zum Schulende ertönt.

Der Himmel jenseits des Fensters ist trüb und grau, ein Meer aus Regenwolken, und das Wochenende verspricht eine Odyssee an Hausaufgaben und Lernstoff für die nächsten Prüfungen zu werden.

Aber immerhin ist es Wochenende.

Tai streckt sich genüsslich und strahlt Matt an.
 

"Was hältst du davon, wenn du das Wochenende bei mir bleibst. Meine Eltern sind eh nicht da und wir könnten MTV guggen und es uns gemütlich machen."
 

Matt hebt eine seiner blonden geschwungenen Augenbrauen. "Tai. Hast du den Verstand verloren? Wir schreiben Montag Mathe und zufällig weiß ich, dass du noch weniger kapierst als ich."
 

"Wir könnten zusammen lernen." Tai atmet dramatisch ein. "Und du könntest mich in die Abgründe von Algebra und Geometrie entführen."
 

Yamatos Blick flackert und er konzentriert sich sofort auf das Einräumen seiner Schultasche.

Tai kennt diesen Blick auswendig. Es ist dieser Blick von Matt, wenn er Angst hat dass Tai ihm seelisch zu nah kommt. Er fährt die Wand zwischen sich und allen anderen hoch und Tai hat noch nicht herausgefunden, wie man diese Mauer überwinden kann.
 

"Ich muss heute Abend mit der Band für die Abschlussfeier von den oberen Klassen proben." Es klingt beinahe ein bisschen wie auswendig gelernt.
 

"Du kannst auch danach zu mir kommen", sagt Tai unnachgiebig. "Ich bin länger wach."
 

Matt schüttelt minimal den Kopf. "Ich... kann nicht. Ich muss dieses Wochenende mit Dad über... darüber reden."
 

Tai seufzt. Er schluckt seine bissige Erwiderung herunter und steckt die letzten Hefte blind in die Schultasche. Seine Laune sackt einem neuen Tiefpunkt entgegen und es fühlt sich an, als wäre er ein weiteres Mal gegen die Stahlwand Yamato Ishida gerannt und ausgeknockt worden.

Kein sehr schönes Gefühl.
 

"Solltest du deine Meinung noch ändern, du kennst ja meine Telefonnummer." Tai kann den schnippischen Tonfall seiner Stimme nicht verhindern und will es auch gar nicht.
 

Ohne Yamato noch einmal anzusehen, schnappt er sich seine Schultasche und geht los.
 

"Taichi... warte..."
 

Tai tut so, als würde er es nicht hören.
 

-
 

Es ist Freitagabend und Yamato ruft ihn nicht an.

Taichi klemmt missmutig das Kissen zwischen seinen Oberkörper und seine Beine und widersteht dem Drang, mit seiner Faust darauf einzuschlagen.

Er hat nicht mal versucht, die anderen seiner Freunde zu einem Filme-Abend zu überreden, um die Ausreden wegen der Prüfungsphase gar nicht erst hören zu müssen.
 

"Können wir nicht umschalten?!", knurrt er.
 

Hikari, die gerade an einem Stück Pizza knabbert und es sich neben ihm auf der anderen Sofaseite gemütlich gemacht hat, runzelt die Stirn.

"Tai. Wenn du was anderes sehen willst, geh gefälligst in dein Zimmer!", erwidert sie pubertär genervt und angelt sich eines dieser sinnlosen Mädchen-Teenie-Magazine, um sich frische Luft zuzuwedeln. "Ich muss wissen, ob Akio Ayaka endlich bekommt. Ich warte schon seit drei Wochen darauf."
 

Taichi begreift, dass das Wohl des großen Bruders definitiv erst nach der Lieblingssoap kommt. Dabei ist es so offensichtlich, dass der Kerl seine Angebetete bekommt, sie heiratet und mit ihr sieben Kinder bekommen wird, während er einen beruflichen Höhenflug erlebt, da sie die Tochter des Chefs ist.
 

Wahrscheinlich läuft ein normales perfektes Leben genau so ab.

Dummerweise läuft schwul nicht unter der Sparte 'normal'.
 

"Hast du gar keinen Hunger?", fragt Kari plötzlich und starrt fast entsetzt Tais Lieblingspizza an, die noch unangerührt in der Packung liegt. "Oder hast du etwa mit Matt immer noch Streit?"
 

"Nicht immer noch. Eher schon wieder."
 

Kari verdreht die Augen. "Ehrlich, ihr zwei seit viel schlimmer als jedes Soappärchen der Welt."
 

Tai fummelt einen Champignon von seiner Pizza herunter und kaut darauf herum.

Aiko fällt gerade Ayaka um den Hals und presst sehnsüchtig seine Lippen auf die ihren. Hikari scheint das plötzlich herzlich egal zu sein.
 

"Was ist denn los?", fragt sie ungewöhnlich vorsichtig.
 

"Die Anmeldeformulare für die Aufnahmeprüfungen an die Unis sind verteilt worden."
 

"Oh." Hikari weiß von Tais Unentschlossenheit bezüglich der Zeit nach der Oberschule. Sie hat all die Versuche ihrer Eltern mitbekommen, mit Tai vernünftig zu reden.

"Aber du hast doch das Angebot von diesem Fußballverein, oder?"
 

Tai nickt. Er hat sich wie ein Irrer gefreut, als er die Zusage bekommen hat. Ein Verein, der ihn in einem Förderprogramm für talentierte Fußballer aufnehmen wird und ihm die Möglichkeit bietet, neben seiner sportlichen Karriere auch ein Sportstudium anfangen zu können.

Für einen wunderbaren Moment lang hat Tai sich am Ziel all seiner Träume gesehen.

Doch dieser Traum ist ein eifersüchtiger Traum. Er duldet keine Beziehung. Das Studium, Fußballspiele, Trainingseinheiten, Sportcamps im Ausland, Auslandssemester.

Wie wichtig ist das alles, wenn er dabei ist sein Wichtigstes zu verlieren?
 

"Taichi", sagt Kari plötzlich mit sehr ernster Stimme, "Matt würde es nicht wollen, wenn du wegen ihm darauf verzichtest. Und du würdest doch auch nicht wollen, dass er für dich seinen Traum von einer Musikkarriere aufgibt?"
 

Tai starrt sein Handy an, das nicht klingelt während er den klugen Worten seiner pubertären Schwester lauscht.

Erwachsen zu werden ist sicherlich schön. Aber gerade auch genauso beschissen.
 

-
 

Es ist weit nach Mitternacht, als Tai aus einem schwummrigen Traum hochschreckt.

Er setzt sich so schnell auf dem Sofa auf, dass alles um ihn herum verschwommen und konturlos ist und sein Herz unnatürlich heftig gegen seinen Brustkorb hämmert.

Tai blinzelt.

Seine Kopfschmerzen sind so stark wie in der Schule, ein dumpfes schmerzhaftes Pochen gegen seine Schläfen. Tai atmet tief und kontrolliert ein, wie er es als Sportler gelernt hat und lässt sich zurück auf das Sofa sinken.

Ihm ist schlecht.

Auf dem Fernsehbildschirm flackert die Live-Übertragung eines Baseballspiels und schwere Regentropfen trommeln monoton gegen die Fensterscheiben.

Hikari hat eine Wolldecke über ihn geworfen und scheint längst zu Bett gegangen zu sein.

Tai dreht sich auf die Seite. Die Müdigkeit hat seine Sinne abgestumpft und er braucht einige Zeit, bis er sich seiner Umgebung vollends bewusst ist.
 

Er vermisst ihn so schrecklich. Und er hat eine so schreckliche Angst davor, dass er ihn verlieren wird. Es ist das einzige, was Tai derzeit wirklich weiß.
 

Hikari hat Unrecht.
 

Tai würde es nicht einfach so hinnehmen, wenn Matt seine Entscheidungen ohne ihn fällen würde. Er würde ihn nicht so einfach aufgeben.

Er hat sich nicht in ihn unsterblich verliebt, dass er stumm zusehen wird, wenn Matt von ihm weggeht.

Es ist, als würde sich Tais Verstand in eine große, leere Wüste verwandeln. Er strampelt die Wolldecke ans Ende des Sofas und springt auf.

Bevor Tai selbst überhaupt begreift, was er da tut, hat er sich seinen Haustürschlüssel und ein Sweatshirt, das er eilig überzieht, geschnappt.

Er schmeißt die Wohnungstüre hinter sich zu, rennt durch das Treppenhaus und hinaus in die Finsternis.
 

-
 

Der Wohnblock, in dem die Ishidas leben, ist nicht allzu weit von Taichis Zuhause entfernt.

Doch in der Dunkelheit der Nacht wirken die verlassenen Straßen seltsam unheimlich. Odaiba ist kein Gebiet für Nachtschwärmer oder Vergnügungen, wie es vielleicht Shinjuku ist.

Die Straßen sind verlassen und Tai rennt von Lichtkegel zu Lichtkegel, deren trübes Licht von den Straßenlaternen kommt.

Tai ist kaum ein paar Meter gerannt, als der schwere Regen seine Kleidung problemlos durchdringt und Tais Haare an seiner Stirn und in seinem Nacken kleben.

Durch den Duft von Regen atmet Tai den klaren Geruch von Salz ein. Das Meer, die Bucht von Tokyo, ist nicht zu weit von ihnen entfernt und es ist so kalt, dass Tai unbewusst zu zittern anfängt.

Meistens joggt er problemlos zwischen seiner Wohnung und der von Matt hin- und her, doch jetzt muss er bereits bei der Hälfte des Weges die Hände in die Knie stemmen um seinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen.
 

Die Kontrolle über sich selbst hat er längst verloren.
 

Er rennt weiter und irgendwann erhebt sich der in Schwärze getauchte Wohnkomplex, in dem Yamato lebt.

Tai läuft wie in Trance, rutscht fast auf dem nassen Boden aus und fängt sich gerade noch ab.

Aber er muss es Matt einfach sagen. Er muss ihm sagen, dass er ihn liebt. Mehr als alles andere auf der Welt, mehr als die Erwartungen, die seine Eltern in ihn stecken.

Und er weiß, wenn er es ihm jetzt nicht sagt, wird er ihn verlieren.
 

Der Bewegungsmelder im Treppenhaus springt sofort an, als Taichi durch die Haustür stolpert und die Gänge des Treppenhauses in kaltem Neonlicht erstrahlen.

Tosende Stille hat sich über das Haus gelegt. In der Ferne hört Tai das Rauschen der Klimaanlagen und Wasserrohre. Tai kann kaum noch atmen, als er endlich vor Yamatos Wohnungstür steht und wie besessen auf die Klingel drückt.

Tai schnappt heftig nach Sauerstoff. Die Seitenränder seines Blickfeldes flackern unruhig und er weiß, dass er besessen und ein Idiot und verrückt ist.
 

Aber für Matt ist er bereit so ziemlich alles zu sein.
 

Er will wieder klingeln, als die Wohnungstüre plötzlich so rapide aufgerissen wird, dass Tai überrascht zusammenzuckt.

Und er in die nicht sehr freundlichen Augen von Ishida-san blickt.
 

"Yagami-kun?!" Ishida-san blinzelt mehrmals, die Wut weicht sofort empörter Überraschung. "Was... tust du denn hier?"

Ishida-san trägt einen grellblauen Pyjama, seine Haare sind wirr und seine Augen ganz klein vor Müdigkeit.
 

"Matt?", ist das einzige, was er zwischen zwei Atemzüge herauspressen kann. Er hat eine wage Vorstellung, wie er aussehen muss. Abgehetzt, verschwitzt und pitschnass und mit einem irren Glimmen in den braunen Augen.
 

Ishida-san war in der Vergangenheit nie gegen die Beziehung. Er hat das Ganze wesentlich gelassener hingenommen als Tais Eltern. Wahrscheinlich kann man seinem pubertären Sohn nach einer gescheiterten Ehe nicht sehr viele Vorwürfe bezüglich der Partnerwahl machen.

Jetzt denkt er bestimmt, der Freund seines Sohnes sei ein verrückter Ruhestörer.
 

"Yamato schläft, Yagami-kun." Ishida-san zieht schwungvoll die Augenbrauen hoch. Er mustert Tai sehr genau. "Du solltest übrigens auch nicht Mitten in der Nacht ahnungslose brave Bürger aus ihren Betten klingeln."
 

"Bitte... ist Matt da? Es tut mir furchtbar leid, Ishida-san... aber..."
 

Zu seiner Überraschung schiebt sich Ishida-san widerstandslos auf die Seite. Wäre Matt an Tais Stelle gewesen, hätte Matt sicherlich mit der Pfanne von Tais Mutter Bekanntschaft gemacht.
 

"Jaja, ich verstehe. Hormongesteuerte Jugend." Er fährt sich mit der Hand durch sein braunes Haar, das von einigen grauen Strähnen durchzogen ist.
 

Tai betritt dankend die Wohnung. Der Spiegel in der Diele zeigt sein Ebenbild und Tai erkennt sich selbst kaum wieder. Doch bevor er seine unleserlichen Gesichtszüge näher studieren kann, wird ein Handtuch über seinen Kopf geworfen.
 

"Du tropfst den Teppich voll, Yagami-kun." Ishida-san lächelt schwach. "Ich geh schlafen. Du findest ja den Weg?"
 

Tai nickt nur und Ishida-san trabt gähnend zurück in sein Schlafzimmer.

In der Wohnung der Ishida ist es gemütlich warm und Tai schaudert, als ihm bewusst wird wie ausgekühlt er selbst durch den Regen ist.

Mit dem Handtuch rubbelt er sich grob sein wirres Haar trocken. Er zieht die Turnschuhe aus und hinterlässt nasse Fußspuren auf dem Holzboden, während er die Türe am Ende des Ganges ansteuert.

Tai entdeckt auf dem Esszimmertisch das Anmeldeformular für die Aufnahmeprüfungen. Es liegt penibel ordentlich da und ist noch genauso unausgefüllt wie das von Tai.
 

Tai fühlt sich auf einmal, als würden seine Gefühle wie in einen Topf geschüttelt und durchgerührt werden. Seit er überstürzt von Daheim losgerannt ist, hat er alles wie durch eine Nebelwand gesehen.

Jetzt stürzen alle Gedanken und Gefühle über ihm zusammen und er weiß nicht, ob seine Entschlossenheit nicht einfach nur furchtbar... idiotisch ist.

Tai knipst das Licht aus und die Wohnung versinkt im nächtlichen Schatten. Er geht schon so lange hier ein und aus, dass ihm das alles hier so vertraut wie sein Zuhause ist.
 

Leise öffnet er die Türe zu Yamatos Zimmer und schließt sie genauso geräuschlos wieder. Er lehnt sich gegen die Türe und wartet, bis sich die Schemen in der Finsternis herauskristallisieren.
 

Matts leise Atemzüge werden vom Geräusch des prasselnden Regens fast verschluckt.

Tai tastet sich voran und kommt neben dem großen Fenster zum Stehen. In der Ferne erkennt er die Lichter der Rainbow Bridge, die Odaiba mit dem Rest Tokyos verbindet. Eisige Luft, die durch die gekippten Fenster eindringt, streift sein Gesicht und verursacht Gänsehaut.

Matt hat sich tief in die Bettdecke eingewickelt und vorsichtig setzt Tai sich auf dem äußersten Bettrand hin.
 

Es sind diese kurzen Momente, in denen Matt nicht widerspenstig oder distanziert ist. Er ist einfach nur ein junger Mann, der furchtbar losgelöst und fast zerbrechlich wirkt.
 

So unruhig und gehetzt Tai bis jetzt gewesen ist, wird alles in ihm ruhig und entspannt. All seine Ängste und Gedanken fallen von ihm ab und er hat das Gefühl, seit Tagen endlich wieder zur Ruhe zu kommen.

Tai hebt die Hand und streichelt vorsichtig durch weiches, blondes Haar, über warme Haut und schließlich über sanfte und verführerische Lippen.
 

Wenn sie nicht immer streiten würden, könnte Tai jetzt neben ihm liegen und schlafen. Tai beugt sich über Matt und presst seine Lippen auf seine Stirn.

Doch scheinbar ist seine Bewegung so abrupt gewesen, dass Matt sich einen Augenblick lang unruhig bewegt.
 

"Mhhhhm", murmelt er verschlafen in die Dunkelheit und Tai streichelt wieder über seine Wange.
 

"Ich bin es", sagt Tai ruhig.
 

Matt braucht einen langen Moment, bis er sich scheinbar besinnt, dass das ganze kein seltsamer Traum ist. Matt gähnt und rappelt sich auf, will das Licht auf dem Nachttisch anknipsen, doch Tais Hand hält seine Finger zurück.
 

"Nein... mach das nicht."

Tai will jetzt nicht, dass Matt ihn so sieht.
 

"Tai." Matt atmet tief aus und die Bettdecke raschelt. Tai spürt, wie Matt versucht seine Augen in der Finsternis zu erahnen. "Wie spät ist es?"
 

"Fast halb drei." Tai begreift erst jetzt, wie verdammt müde er eigentlich ist. "Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe."
 

"Was machst du hier? Wie kommst du eigentlich hier rein, Tai?"
 

"Über das Fenster. So wie Romeo", sagt Tai lachend.
 

"Oh. Dann hast du dich im Fenster geirrt, Romeo. Ich bin leider nicht Julia." Matts Stimme hat wieder ihren üblichen schnippischen Klang zurück.
 

"Stimmt. Julia hätte mich mit Liebesbezeugungen empfangen. Und Julia wäre nicht so verdammt stur, launisch und besserwisserisch wie du."
 

Matt seufzt lautstark auf. "Denn so wie ich sind alle Liebenden, unstet und launenhaft in jeder Regung."
 

Tai blinzelt. "Kannst du mir deine Lebensweisheiten wenigstens jetzt nicht ersparen?"
 

"Keine Lebensweisheit, Romeo. Shakespeare."

Tais Finger fahren unruhig über den weichen Stoff von Yamatos Bettbezug.
 

"Tai. Was willst du?", fragt Matt plötzlich mit leiser Stimme. Und Tai kann den misstrauischen Unterton deutlich heraushören.
 

Tai will soviel. Viel zu viel und er weiß nicht, ob er es jemals bekommen kann. Und das ist die Wahrheit, die so verdammt bitter schmeckt.
 

"Ich will dich küssen, falsche Julia."
 

Ehe Matt darauf reagieren kann, zieht Tai Matt an sich. Er wispert Matts Namen und presst ihre Lippen aufeinander. Matts Körper ist so herrlich warm und ihr Kuss ist verschlafen und süß. Haarsträhnen kitzeln Tais Gesicht und seine Finger fahren über Matts Wangen, seine Schultern und seinen Hals.
 

Matts Puls rast unter seinem Zeigefinger und ausnahmsweise versucht Matt nicht, seine Kontrolle zu behalten. Er schmiegt sich fest an Tai, erwidert den Kuss mit derselben Leidenschaft und krallt seine Hände in Tais Pullover.
 

"Huh?" Matt löst ihre Lippen ein Stück. "Du bist klatschnass, Tai..."
 

"Egal", murrt Tai und presst wieder seine Lippen auf die von Matt. Sie fallen hinterrücks auf das Bett und Matts Hände fahren unter den Pullover, berühren Tais Haut.

Diesmal kann Tai nicht verhindern, dass Matt noch mehr Abstand zwischen sie bringt.
 

"Und du bist eiskalt, Yagami. Du bist doch nicht so im Regen hergelaufen, oder?"
 

Ehe Tai antworten kann, rappelt Matt sich unter ihm auf und schaltet seine Nachtischlampe ein. Gepeinigt durch das plötzliche Licht schließt Tai mit einem Fluch auf den Lippen ruckartig die Augen.

Als er sie wieder öffnet, starrt er in Matts Gesicht. Matt betrachtet ihn kritisch und mit einem Hauch von Sorge. Sein blondes Haar ist absolut durcheinander und er trägt ein Shirt, dessen Ausschnitt so weit ist, dass es über Matts knochige Schulter gerutscht ist.

Wenn er verschlafen ist, wirkt Matt unglaublich süß.
 

"Du siehst beschissen aus, Tai", sagt Matt direkt und lässt seine Finger durch Tais Haare fahren. Über Tais Schultern hängt immer noch das Handtuch. "Ich glaube, was du brauchst ist keine Portion Streicheleinheiten sondern einen Tee."
 

-
 

Eine halbe Stunde später hat Tai heiß geduscht und kauert auf dem Sofa im Wohnzimmer. Seine Haut dampft und Tais Hals kratzt.

Er wird für seinen Leichtsinn eine gehörige Erkältung kriegen. Gerade jetzt, in der Prüfungsphase. Tai zupft seufzend an der Kleidung, die ihm Matt geliehen hat.

Sein Freund hantiert in der Küche und erscheint kurz darauf mit zwei dampfenden Tassen in der Hand.
 

"Hier, Kräutertee mit Honig."
 

Er lässt sich neben Tai auf dem Sofa nieder und angelt sich die große Wolldecke, die er über ihnen beiden ausbreitet.

"Du bist so leichtsinnig, Yagami", murmelt Matt und pustet über den Rand der Tasse hinweg. "Dabei warst du sauer auf mich."
 

"Ich musste einfach herkommen", sagt Tai ruhig und nippt am Tee. Und verbrennt sich prompt daran die Zunge. "Ich... Ich liebe dich, Matt."
 

Matts Augen zeigen ehrliche Überraschung. "Und deswegen bist du Mitten in der Nacht hergerannt?"
 

Tai zuckt mit den Schultern. "Ich... musste es dir einfach sagen. Ich liebe dich", sagt er ernst. "Und mir ist klar, dass sich nächstes Jahr alles ändern wird... aber du musst einfach wissen, dass mir verdammt egal ist, was da geschieht. Ich will nur, dass du bei mir bist."
 

Matt weicht seinem Blick sofort aus. Er starrt die Tasse in seiner Hand an und Tai bemerkt, dass sich ein rosafarbener Schatten über Matts Wangen legt.

Tai hat Matt noch nie so peinlich berührt gesehen. Nicht mal, nachdem Matt ihn vor einem Jahr einfach so abgeknutscht hat.

Matt wirkt in diesem Moment nicht wie der unnahbare Junge, der in der Schule neben ihm hockt. Es ist eine Seite an Matt, die nur Tai allein kennt.
 

"Tai...", flüstert Yamato leise und hebt seinen Kopf. In seinen Augen spiegeln sich viel zu viele Emotionen. Er sieht auf einmal furchtbar jung aus. "Ich... ich liebe dich auch. Aber... ich kann es dir nicht versprechen."
 

Tai unterbricht den Blickkontakt nicht, auch wenn etwas in ihm eiskalt wird. "Wieso nicht?", fragt er gepresst.
 

"Nichts ist für immer, Taichi. Und das ist jetzt eine Lebensweisheit." Es klingt fast bedauernd.
 

"Ist klar." Tai nippt an seinem Tee. "Aber mir reichen auch an die achtzig Jahre mit dir."
 

Matts Schultern beben kurz und ihm entfährt ein Kichern.
 

"Und was machen wir jetzt mit dem Anmeldeformular?", redet Tai weiter. "Hast du mit deinem Dad schon darüber geredet?"
 

Plötzlich flackert so etwas wie Unruhe in dem Blau auf. Doch diese Unruhe wird sofort zurückgedrängt und der Blick ausdruckslos. Yamato blinzelt nicht mal.

"Ich habe mit ihm geredet", gibt er zögerlich zu.
 

Tai runzelt die Stirn. "Und?"
 

"Nicht gerade hilfreich. Dad meint, ich muss selbst wissen was ich will."
 

Tai bewundert manchmal Ishida-san für diesen unerschütterlichen Glauben in seinen Sohn. Tai wird von seinen Eltern überschüttet mit Erwartungen und Vorstellungen.
 

"Und was wirst du jetzt tun? Du wirst doch auf eine Universität gehen, oder?"
 

Matt seufzt. "Ich... weiß es nicht, Tai. Eigentlich gibt es nichts, was ich gerne studieren würde."
 

"Wie wäre es denn mit Musik?" Immerhin ist Yamato Frontman einer der derzeit bekanntesten Schülerbands Japans.
 

Yamato hebt seinen Kopf. "Taichi", sagt er übertrieben sanft. "Wieso sollte ich etwas studieren, worin ich mehr als nur gut bin? Das ist ein dämlicher Vorschlag."
 

"Kaum arrogant, Ishida." Aber leider eine Arroganz, die Matt sich durchaus erlauben kann. Er ist gut.

Doch Tai wird das bestimmte Gefühl nicht los, dass da noch etwas ist. Etwas, das Yamato ihm nicht sagt. Aber er weiß, dass es sinnlos ist, ihn danach zu fragen.

Matt wird ihm keine Antwort geben, wenn er nicht antworten will.

Aber Tai hat ihm gesagt, was er sagen wollte. Matt weiß, dass er mit ihm zusammen sein will, egal wohin ihre Zukunft sie auch bringen wird.
 

"Hey, lass uns wieder ins Bett gehen", sagt Yamato plötzlich.
 

Und Tai sieht so deutlich, dass er betrübt ist.
 

-
 

In dieser Nacht schläft Tai kaum. Er liegt in diesem warmen Bett und hat seine Arme fest um Yamatos schmalen Körper gezogen. Er weiß nicht, welcher Herzschlag, den er auf seiner Haut spürt, seiner ist.

Yamato hat gesagt, dass es wahrscheinlich nicht für ewig ist.

Dass sie so nebeneinander liegen und sich in den Armen halten.

Doch für Tai gibt es keine Welt ohne Matt. Obwohl er so viele Freunde hat ist es ein unerklärliches Gefühl von Einsamkeit, wenn Matt nicht da ist.

Matt ist das Puzzleteil in seinem Leben, das alles vollkommen macht. Ohne ihn kann er nicht vollständig sein.
 

"Ich liebe dich", flüstert Tai immer und immer wieder in die Dunkelheit.
 

Immer und immer und immer wieder, bis erste blassblaue Schliere am Horizont den schwarzen Nachthimmel zerfetzen und das Gefühl von Hilflosigkeit einfach nicht verschwinden will.
 

-
 

Der Kugelschreiber wird seit geraumer Zeit rhythmisch gegen die Holzplatte des Esstisches geklopft und Yagami-san verdreht genervt die Augen.

Sie steht vor dem Herd und rührt bedächtig mit dem Löffel in einer Gemüsesuppe, während ihr kritischer Blick auf ihrem Sohn ruht.
 

"Taichi. Wenn du mit dem Kugelschreiber den Tisch durchbohrt hast, gibt´s Ärger."
 

Tai seufzt und lässt den Stift sinken. Er starrt das Blatt Papier vor sich auf dem Tisch an, als erhoffe er sich dort eine Antwort auf seine zahlreichen Fragen.

Aus dem Zimmer seiner Schwester dringt irgendein notorisch depressiver Mädchensong bis in die Küche und Tais Laune wird von Sekunde zu Sekunde mieser.

Die letzte Woche in der Schule ist so schnell verflogen, dass Tai eigentlich gar nicht richtig begreifen kann, dass heute schon Sonntag ist.

Und morgen der Abgabetermin für das Anmeldeformular. Die ganze vergangene Woche haben er und Matt darüber zu reden versucht und es irgendwie doch wieder totgeschwiegen.

Tai hat soviel darüber nachgedacht, dass er Kopfschmerzen hat. Aber es ändert nichts daran, dass er den Zettel seinem Klassenleiter morgen in die Hand drücken wird. Und hoffen, dass das der richtige Weg ist.
 

"Ich weiß gar nicht, warum du so ein Gesicht ziehst", sagt seine Mutter plötzlich. "Ich meine, der Fußballverein stellt dir für die Kokushikan-Universität eine Empfehlung aus. Du wirst Sport studieren und gleichzeitig professionell Fußball spielen."
 

"Ganz toll", murrt Tai. Er weiß, dass die Aufnahmeprüfungen leichter sind als auf einer dieser prestigeträchtigen Universitäten. Aber er ist über seine Entscheidung trotzdem nicht glücklich.

Und auch nicht über die von Yamato. Er hat die Fremdsprachen-Universität entschieden, die nicht mal direkt in Tokyo liegt.

Tai wird soviel Zeit in diese Phase nach der Oberstufe stecken müssen und jetzt ist da auch noch eine räumliche Trennung zu Yamato.

Und er weiß nicht, ob Yamato das nicht irgendwo gewollt hat. Diese... Distanz.

Er hat soviel darüber nachgedacht in der letzten Woche, dass er die Matheprüfung sicherlich total verhauen hat.
 

"Kommt Ishida-kun heute gar nicht vorbei?", fragt seine Mutter plötzlich. Sie schaut Taichi nicht an. "Ihr seht euch sehr wenig in letzter Zeit."

Sie klingt fast erleichtert. Wahrscheinlich weil in ihr noch die Hoffnung keimt, dass ihr Sohn doch noch zur Vernunft kommen und heiraten und dieses Leben führen wird, das man wohl als moralisch bezeichnet.
 

"Er lernt für morgen", sagt Tai mit zuckenden Schultern. "Und das werde ich jetzt wohl auch mal tun."

Mit diesen Worten steht er auf und geht in sein Zimmer. Hikaris depressiver Lovesong weicht einem rockigen Popsong.
 

-
 

Der Sonntagnachmittag zieht sich wie Sirup. Tai grübelt über seinen Hausaufgaben und will Montag einfach nicht in die Schule, gleichzeitig kann er es aber auch nicht erwarten, Matt dort wiederzusehen.

Seit dem letzten Wochenende, wo er mit ihm gesprochen und bei ihm übernachtet hat, haben sie kein einziges Mal über irgendeine Lappalie gestritten.

Es fühlt sich wie die Ruhe vor dem Sturm an.

Taichi starrt aus dem Fenster. Es ist bewölkt und trüb und die Wochen der Regenzeit wollen einfach nicht vorbeigehen. Doch der Sommer verspricht auch nicht besser zu werden. Seine Mutter hat ihn an der Yobikou angemeldet und er wird jeden Tag seiner Ferien mit dem Vorbereitungskurs für die Aufnahmeprüfung verbringen.
 

"Super Aussichten", murrt er und streckt sich.
 

Er fühlt sich vom vielen Lernen träge und müde. Gerade als er darüber nachdenkt, ob er den Rest des Nachmittags auf dem Sofa verbringen soll, piept sein Handy.

Mit gerunzelter Stirn greift er danach.

Und lächelt plötzlich.
 

'Willst du heute bei mir essen? Matt'
 

Tais Laune gleicht einer wilden Achterbahnfahrt. Der Alltag sind steile Abwärtskurven, aber es geht genauso rapide wieder hinauf. Er schickt eine knappe Antwort und springt auf.

Solche spontanen Einladungen von Matt sind eher selten.

Er kämpft noch mit einem frischen Shirt, während er schon aus seinem Zimmer hinausstürmt und fast mit Hikari kollidiert.

Sie weicht ihm gerade noch mit mädchenhafter Eleganz aus.
 

"Tai... was hast du denn für einen Hormonschub?"
 

Er grinst sie an. "Ich bin weg. Kann später werden."
 

-
 

"Taichi... was soll das denn bitte sein?!"
 

Yamatos Augen sich groß. Und furchtbar blau. Er blinzelt mehrmals, als würde sich dieses abstrakte Ding in irgendetwas anderes verwandeln.

In seiner Hand hält er einen mit Reis verklebten Kochlöffel und eine Schürze mit Seifenblasen.
 

Tai legt den Kopf schief. "Hey... ich dachte, ich bring meinem Freund für das Date eine Kleinigkeit mit. So... zur Feier des Tages."
 

Matt seufzt und starrt weiter auf den knallgelben Blumentopf. Und dem Ding, das darin eingepflanzt ist.

"Ähm. Okay. Komm erstmal rein, bevor die Nachbarn dich noch sehen." Matt tritt zur Seite.
 

In der Wohnung duftet es so köstlich, dass Taichis Magen lautstark knurrt. Er dankt den Göttern inbrünstig, dass sein Freund von Kochen mehr versteht als seine Biokost-fanatische Mutter mit Kartoffelsäften und seltsamen Brotaufstrichen.
 

"Gefällt es dir wirklich nicht?", fragt Tai skeptisch nach und stellt den Blumentopf auf den Esszimmertisch.
 

"Natürlich mag ich ihn, Romeo." Matt lächelt. "Aber es ist eher unromantisch, jemanden einen Kaktus zu schenken."
 

Matt starrt den giftgrünen Kaktus an. Er hat die Form eines schiefen Herzens mit einem gigantischen Pickel, auf dem eine üppige rosarote Blüte wuchert.
 

"Aber du musst zugeben, ich könnte leichter mit einem Kaktus knutschen als mit dir", gibt Tai mit hochgezogenen Augenbrauen von sich. "Meistens jedenfalls."
 

Er folgt Matt zur Küchenzeile und beobachtet ihn dabei, wie er mit Geschick Herr über eine Pfanne und zwei Töpfe wird.
 

"Warum hast du mich eigentlich eingeladen?"
 

Matt zuckt mit den Schultern. "Papa ist nicht da. Und ich hab zuviel gekocht."
 

"Oh. Und zufällig auch mein Lieblingsessen?", stichelt Tai weiter.
 

Matts Wangen werden blassrosa und er starrt konzentriert auf den Herd. "Bild dir bloß nichts ein, Yagami", sagt er leise.
 

"Matt? Wieso eigentlich die Fremdsprachen-Uni?" Wieso keine, die ihnen mehr Nähe ermöglicht hätte?
 

Matt greift nach zwei Schalen und beginnt das Essen hineinzuschöpfen. "Einfach so, Tai. Vielleicht weil damit die drei Jahre Privatunterricht in Spanisch bei Ken einen Sinn hätten?"
 

Damit dreht er sich um und will die Essensschalen zum Tisch bringen. Und strauchelt fast, als Tai fest die Arme um seinen Rücken schlingt. Tai seufzt leise auf.
 

"Sorry", murmelt er, obwohl er nicht mal wirklich weiß wofür er sich entschuldigt. "Ich kann mir das noch gar nicht vorstellen. Wir beide als Studenten. Aber wir werden zusammen sein und... es kann doch gar nicht so schlimm werden, oder?"
 

Tai bemerkt sofort, dass Matt zögert. Dass sein Herzschlag sich für einen Augenblick verändert und er sich anspannt. Es ist diese dunkle Vorahnung, die über ihnen schwebt.
 

Sein Griff um Matt wird fester. "Hey, was..."
 

"Doch. Es wird toll werden", sagt Yamato schnell und konzentriert. "Das Essen wird kalt."
 

Tai gibt Matt augenblicklich frei, auch wenn er es beinahe sofort bereut.
 

-
 

Der seltsame Kaktus steht beim Essen zwischen ihnen.

Tai isst und starrt Matt an, der seinen Blick auf den Teller gerichtet hat und mit den Stäbchen im Reis herumstochert. Tai weiß, wenn er Matt fragen wird was ihn bedrückt, wird er keine Antwort erhalten.

Meistens ist Yamato tatsächlich wie ein Kaktus. Er schaut hübsch und abstrakt aus, aber wenn man ihm zu nahe kommt, kriegt man nur die Stacheln zu spüren.

Es verletzt Tai. Dass Matt manchmal nicht einfach so sagt, was ihn gerade beschäftigt und belastet. Dass er davon ausgeht, dass es niemand wirklich versteht.
 

In der Zeit nach der Digiwelt hat Tai es so einfach geschafft, diese Mauer zu durchbrechen. Doch seit sie zusammen sind, hat Matt sie wieder hochgezogen. Er grenzt Tai beinahe so perfekt aus, dass Tai es selbst zu Beginn kaum mitbekommen hat.

Tai lässt die Stäbchen sinken. Matt ist viel zu oft so weit weg, dass er nicht mehr weiß wie er ihn erreichen soll. Er kann und will ihn nicht gehen lassen, aber eigentlich weiß er gar nicht wie er ihn aufhalten kann.
 

"Matt?" Tais Stimme klingt in seinen eigenen Ohren hohl.

Matt hebt seinen Kopf. Seine blauen Augen starren ihn einfach nur an.

"Warum... reden wir eigentlich nicht mehr?"
 

Matt lächelt. Es ist kein glückliches Lächeln. "Eigentlich reden wir doch die ganze Zeit, oder?"
 

"Du... wirst mir nicht sagen, was los ist, oder?"
 

Matt hebt die Schultern. Er pustet sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Und zieht plötzlich den Blumentopf mit dem Kaktus an sich heran.

Er schweigt sehr lange, während seine Fingerkuppen immer wieder gegen die Stacheln tippen.

"Eigentlich... passt er wirklich perfekt zu mir, oder?", fragt er irgendwann leise. Und traurig.
 

Tai sieht ihn plötzlich vor sich. Diesen 11-jährigen Matt, der manchmal so deprimiert in die Ferne geguggt hat, als würde er die ganze Welt um sich herum nicht verstehen.

Er hat diesen Yamato Ishida längst hinter sich gelassen. Jedenfalls hat Tai das immer gedacht.

Matt atmet plötzlich so heftig aus, dass Tai zusammenzuckt.
 

"Naja... ich glaube, ich muss es dir sowieso sagen...", sagt Matt plötzlich mit ernster Stimme.
 

"Was sagen?", fragt Tai nach. Das Essen liegt tonnenschwer in seinem Magen. Doch Matts Augen ruhen unbeirrt auf ihm.
 

"Ich gehe nicht auf die Fremdsprachen-Uni, Tai. Eigentlich werde ich hier auf gar keine Universität gehen."
 

Tais Herzschlag setzt für einen unendlich langen Moment aus. Alles um ihn herum verliert auf einmal an Kontur. Tais Finger umklammern die Tischkante, so dass seine Knöchel scharf hervortreten.
 

"Unser Tonstudio hat Beziehungen zu einem Label in Kalifornien. Es wären erstmal zwei oder drei Jahre, wo sie uns coachen möchten. Die anderen aus der Band haben zugestimmt."

Matt zuckt mit den Schultern, als wäre das alles bedeutungslos und einfach so hinnehmbar. Er stützt sein Kinn auf seiner Handfläche ab und begutachtet Tai mit hochgezogenen Augenbrauen, als würde er eine Reaktion abwarten.
 

Tai braucht sehr lange, bis sich der Knoten in seinem Hals löst.

"Kalifornien", krächzt er und seine Wangen beginnen zu glühen. Er denkt plötzlich an Mimi, seine alte Freundin Mimi, die in New York lebt und der er ein paar Mal im Monat eine unpersönliche mail schreibt.
 

"Wenn es nicht klappt, kann ich hier immer noch auf eine Uni gehen", redet Matt weiter. "Aber es ist eine Chance. Das verstehst du doch, oder?"
 

Die grenzenlose Hilflosigkeit, die Tai gerade verspürt, weicht etwas anderem. Etwas dunklem, abgrundtiefem. Er beißt sich so heftig auf die Lippen, bis er einen metallischen Geschmack auf der Zunge wahrnimmt und er springt so schnell von seinem Stuhl auf, dass dieser beinahe umkippt.
 

"Nein, ich verstehe es nicht!", schreit er los. "Aber es passt dir doch verdammt gut, dass du weg kannst, oder?! Dann ersparst du dir wenigstens immer, mich wegzustoßen, wenn ich dir zu nahe komme!"
 

Matt verschränkt die Arme und lehnt sich im Stuhl zurück. Obwohl er sitzt und Tai steht, schaut er auf Tai hinunter. "Mach dich nicht lächerlich, Yagami."
 

"Nein, Matt. Du weißt genau, dass du mir nicht vertraust. Du willst nur allein deswegen nach Amerika, damit du noch mehr Abstand zwischen uns kriegst. Damit du nicht Gefahr läufst, dass ich irgendwann diese Grenze überschreite!"
 

Tai atmet tief ein und sinkt auf seinen Stuhl zurück. Er fühlt sich immer noch wütend, aber auch genauso kraftlos. Tai ist immer klar gewesen, dass sie keines dieser normalen unbeschwerten Paare sind. Aber dass Matt nach einem Jahr so tut, als wäre das zwischen ihnen von Anfang an zum Scheitern verurteilt, verletzt Tai.

Matts blaue Augen sind wie eine Stahlwand.
 

"Und was soll ich jetzt tun?", fragt Tai brüchig. "Warten? Zwei Jahre? Oder vielleicht drei Jahre?"
 

Matt senkt den Kopf und seine blonde Mähne verhindert die Sicht auf seine Augen. "Tja. Das ist wohl die große Frage, mhm?"
 

"Das ist verdammt noch mal nicht fair, Yama!", entfährt es Tai heftig. Er tastet nach seiner Lippe, dort wo sich seine Zähne tief in die Haut gebohrt haben, und auf seiner Fingerkuppe klebt Blut.

"Ich dachte, wir wollten zusammen bleiben. Wie kannst du all das so einfach wegschmeißen?! Hast du irgendwann auch mal daran gedacht, dass ich dich liebe?!"
 

Matts Kopf schnellt hoch.
 

Und etwas in Tai zuckt zusammen. Ihm wird eiskalt und übel, als sich ihre Blicke kreuzen.

Er hat Matt seit sechs Jahren nicht mehr weinen sehen. Das letzte Mal in der Digiwelt, als sie begriffen haben, dass sie sich so verdammt wichtig sind.
 

Doch jetzt sind Matts Augen so anders als damals. Verletzter, enttäuschter.
 

Es ist eine einzelne Tränenspur, die auf Matts Wange klebt und sich furchtbar falsch anfühlt.

"Du bist so ein verfluchter Heuchler, Tai", sagt Matt ruhig und kalt. "Du machst dir das ja sehr einfach, oder? Weil ich nicht das tue, was du von mir erwartest, bin ich unfair? Denkst du echt, dass mir diese Entscheidung leicht gefallen ist?!"
 

"Yama", will Tai beginnen, doch er verstummt abrupt wieder. Weil ihm auf einmal so viel klar wird.

Dass Matt seine Unsicherheit und seine Angst hinter seiner Gleichgültigkeit versteckt hat. Dass Tai es einfach nicht begriffen hat. Das ganze letzte Jahr nicht. Matt ist auf Abstand gegangen, weil er seine eigene Entscheidung treffen musste.

Matt wischt sich über die Wange und die Tränenspur verschwindet, als wäre sie nie da gewesen. Einfach so ausgelöscht.
 

"Seit Wochen redest du darüber, was wir alles tun werden, Tai. Du denkst, du tust das Richtige. Aber ich will einfach nicht so meine Träume wegwerfen, nur weil sie dir nicht in dein Zukunftskonzept passen. Ich habe dir immer vertraut, Tai. Aber du mir nicht."
 

Tai will irgendetwas sagen. Aber er weiß einfach nicht, welche Worte er Matt sagen soll. Dass er ein furchtbarer Idiot ist. Ihn liebt. Ihm natürlich vertraut.

Aber wie macht man etwas gut, was man über eine lange Zeit falsch gemacht hat?
 

Er kann nur schweigen. Und Matt anstarren.
 

Matt hat sich sehr verändert in dem einen Jahr, seit sie zusammen sind. Er wirkt nicht mehr so befreit wie mit 14, als sie einfach über alles geredet haben, was sie gerade beschäftigt.

Sie sollen erwachsen sein, richtige Entscheidungen treffen, Erwartungen erfüllen. Doch irgendwo dazwischen haben sie sich verloren.
 

Tai schluckt heftig. Er hat sich noch nie so verloren und orientierungslos gefühlt. Was nützt ihm eine Zukunft, von der er immer geträumt hat, wenn Matt nicht da sein wird?

Matts Blick, der auf ihm ruht, ist weich und ein Wirbel aus Gedanken und Emotionen. So lange hat Tai nicht mehr in diese Augen geblickt und darin Matts Gedanken lesen können. Ein Blick ohne Barrieren und Schutzmauern und Gleichgültigkeit.

Tais Hände, die auf der Tischplatte liegen, zittern ein bisschen. Hikari hat Recht gehabt. Damit, dass Matt Rücksicht auf Tais Träume nimmt und er es von ihm auch erwartet.

Da hat Tai sich geschworen, dass er ihn niemals so einfach gehen lassen wird. Weil er ihn liebt. Doch gerade Liebe kann manchmal furchtbar dumm und egoistisch machen.
 

"Es tut mir leid, Matt." Er versucht ein wackeliges, optimistisches Taichi-Lächeln und scheitert kläglich.

"Ich wollte dich nicht verlieren. Das hab ich wohl gründlich vermasselt, oder?"
 

"Tai..."
 

Doch Tai schüttelt den Kopf. So heftig, dass seine Haarsträhnen gegen seine Wangen peitschen. Für einen Moment hat er das Gefühl, von den Zimmerwänden eingekesselt zu werden und keine Luft mehr zu bekommen.

Die Tatsache, das Matt in einem Jahr für lange Zeit nicht mehr da sein wird, er sein seltenes Lachen nicht mehr sehen wird, trifft Tai unerwartet wie einen Faustschlag.

Es ist noch ein Jahr. Ein verdammtes kurzes Jahr, in dem sich Tais Leben um die Aufnahmeprüfung und um Fußball drehen wird. Ein Jahr, von dem er in jedem Augenblick weiß, dass Matt danach weg sein wird.
 

Tai springt von seinem Stuhl auf. Starrt den Kaktus an, der zwischen ihnen steht.
 

Tai ist noch nie im Leben vor etwas weggelaufen. Vielleicht ist es Mut oder auch nur Dummheit, aber Tai hat sich den Dingen immer gestellt.

Aber er kann Matt nicht anschauen und ihm sagen, dass er ihn so einfach nach Amerika gehen lässt. Vielleicht sollte er ihn jetzt anlächeln und sagen, dass es natürlich in Ordnung ist und sie sich mails schreiben.

Doch Tai tut das, was er noch nie in seinem Leben getan hat. Weglaufen.
 

-
 

Der Montag kommt und Tai fühlt sich wie ein Fremder in seinem Leben. Er lächelt hohl und versucht so fröhlich und euphorisch wie immer zu sein, doch er kann es einfach nicht.

Sein Lehrer sammelt die Anmeldeformulare ein und Matt gibt seines nicht ab. Stattdessen starren sie sich an, seltsam verlegen und vorsichtig und wissen nicht, wie sie das Gespräch fortsetzen sollen.

Selbst Matt ist nicht so distanziert wie üblich. Er hat sogar vergessen, einen Songtext für die Bandprobe nach der Schule zu üben.
 

Zum ersten Mal seit Tagen schaut der Himmel nicht aus wie kurz vor einem heftigen Regenschauer und normalerweise würde Tai jetzt die Fußball-AG zum Sondertraining abkommandieren, aber es ist ihm egal.
 

In der Mittagspause lässt er Matt im Klassenzimmer zurück und läuft ziellos durch die überfüllten Gänge. Er hat versucht, gestern seinen Eltern und Hikari davon zu erzählen, aber er hat die Tür zu seinem Zimmer hinter sich zugeschlagen und zwanghaft versucht, wieder Herr über seine Gefühle zu werden.
 

Ein Leben mit Matt kann die Hölle sein. Aber ein Leben ohne Matt ist gar kein Leben.
 

Natürlich nützt das nichts. Matt wird im nächsten Jahr in einem Flugzeug nach Amerika sitzen und Tai hat keine Ahnung, ob sie dann eine Fernbeziehung oder eine Freundschaft oder irgendetwas dazwischen haben.
 

Irgendwann hat Tai das Schulgebäude verlassen und läuft den vertrauten Weg hinunter zum Fußballfeld. Dort rennen ein paar Jungen der unteren Jahrgangsstufe herum. Tai lässt sich auf einer der Holzbänke am Rand des Feldes sinken und starrt hoch zum Himmel.
 

Er weiß nicht, wie lange er hier sitzt. Irgendwann erklingt der Gong zum Pausenende, aber Tai bewegt sich nicht. Er will nicht zurück ins Klassenzimmer, nicht zurück zu ihm und dieser Verlegenheit.

Tai legt sich auf die Holzbank und lässt die Hand sinken. Seine Fingerkuppen berühren das feuchte Gras. Der Himmel ist so verdammt nah, dass er ihn zu erdrücken droht. Und er erinnert ihn an seine Augen. Seine blauen Augen.
 

"Taichi-kun." Eine vertraute Stimme dringt zu ihm und Tai blinzelt. Er starrt zu dem Weg, der den Sportplatz mit dem Schulgebäudetrakt verbindet. Im ersten Moment glaubt er Matt dort stehen zu sehen, doch es ist nur Takeru.
 

"Ich habe dich gesucht", meint Takeru und kommt näher. "Du schwänzt den Unterricht."
 

Tai zuckt mit den Schultern. "Du doch auch. Was willst du hier?"
 

Ihr Schulgelände ist zwar miteinander verbunden, aber normalerweise bleiben die Oberstufenjahrgänge unter sich.

Takeru lässt sich neben Tai auf das Stückchen freie Bank sinken, zieht die Knie an seinen Körper und starrt über das Fußballfeld.
 

"Er hat es dir gesagt, oder?", fragt Takeru und macht mit dem Kaugummi rosa Blasen. "Das mit Amerika, oder?"
 

Tai schweigt und rupft Gras aus. Wann immer Tai Fußball spielt, schaut ihm Matt dabei zu. Obwohl in Fußball nicht einmal wirklich interessiert. Aber er tut es, weil er es liebt, wenn Tai in etwas so völlig aufgeht. Hat er einmal gesagt.
 

"Weißt du, er hat es sich echt nicht leicht damit gemacht...", redet Takeru weiter.“Aber er lebt für Musik. Es ist eine riesige Chance für ihn."
 

Tai seufzt und lässt die abgerissenen Grashalme fallen. "Ist mir klar. Das macht es aber nicht besser..."
 

Takeru schaut ihn erwartungsvoll an. Er geht mit Tais Schwester, aber vermutlich versteht er es noch nicht, dass man einen Menschen so dringend um sich herum braucht wie die Luft zum Atmen.

Matt hat ihn einen Heuchler genannt. Dass Tai es sich selbst zu einfach macht. Er will seinen Fußball-Traum erfüllen und gleichzeitig Matt immer um sich herum haben.
 

Aber Matt will sein eigenes Leben haben. Ein Leben, in dem Tai nicht die Hauptrolle spielen wird.
 

-
 

"Oh, Taichi, da bist du ja endlich!"
 

Seine Mama steht in der Türe und schaut ihn überrascht an. Tai trägt sein durchgeschwitztes Sporttrikot, das wie eine zweite Haut auf seinem Körper klebt.

Nach seinem Training mit der Fußball-AG ist er einfach so abgehauen. Weil er nicht wusste, ob Matt jetzt immer noch nach seiner Bandprobe auf ihn warten wird. Matt hat immer auf ihn gewartet, egal wie lange.
 

Und ihn nicht zu sehen, wie er an der Mauer des Umkleideraumes gelehnt steht und ihn mit einem scharfen Blick anschaut, hatte Tai unglaubliche Angst gemacht.
 

Seine Mutter kniet sich seufzend hin und zieht seine zerknitterte Schuluniform aus der Sporttasche. Doch keine Worte des Frevels kommen über ihre Lippen. Sie starrt ihn stattdessen misstrauisch an.
 

"Tai. Du hast mit Ishida-kun gestritten, oder?"
 

Tai zuckt zusammen. Ein Teil von ihm möchte ihr alles sagen. Davon, wie er sich gerade fühlt und dass nichts in Ordnung ist und er nicht weiß, ob er noch Fußball spielen oder studieren will.
 

"Er war hier", redet sie weiter. "Heute Nachmittag."
 

Tais Augen weiten sich ein bisschen. "Matt war hier?"
 

"Ja. Er stand vor der Haustüre, als ich vom Einkaufen zurückgekommen bin. Er sah... nicht sehr glücklich aus."
 

Er versucht, diese Information möglichst gelassen hinzunehmen.

"Hat er gesagt, was er wollte?", fragt er zögerlich.
 

Seine Mutter schüttelt den Kopf und wirft die Schuluniform in einen Wäschekorb. "Nein. Er ist einfach wieder gegangen, ohne eine Wort zu sagen." Sie schaut über ihre Schulter zu ihrem Sohn. "Aber man sieht es euch beiden an."
 

Tai erwidert ihren Blick. Zum ersten Mal an diesem Tag versucht er nicht, sich hinter einem optimistischen Gesichtsausdruck zu verstecken. Er weiß, dass sie ihn eh längst durchschaut hat.

Tai ist manchmal ein offenes Buch, was seine Gefühle betrifft. Hikari hat ihm das vor einiger Zeit gesagt. Er kann Dinge nicht einfach stumm und ausdruckslos hinnehmen, wie Matt es viel zu oft tut. Er agiert und reagiert in unglaublicher Geschwindigkeit.

Das war der Junge, in den Matt sich verliebt hat. Nicht in den nachdenklichen, ruhigen Tai.
 

"Er ist weg. Nächstes Jahr", sagt er. "Amerika. Ein Tonstudio hat Interesse an der Band und möchte ein paar Jahre mit ihnen arbeiten."
 

"Das freut mich für Ishida-kun. Es ist sicherlich eine große Chance für ihn. Und so eine Möglichkeit kommt vielleicht nie wieder." Sie legt den Kopf schief. "Freust du dich nicht für ihn?"
 

Tai schüttelt den Kopf. "Natürlich freue ich mich für ihn. Ich weiß, was ihm das bedeutet. Aber ich verliere ihn."
 

Seine Mutter fokussiert eine Stelle in der Ferne, die weit jenseits dieses Zimmers liegt.

"Tai. So was gehört dazu, wenn man erwachsen werden will. Jeder liebt einmal und muss begreifen, dass es vielleicht doch nicht für die Ewigkeit ist."
 

Es sind die Worte, die Matt ihm auch gesagt hat. Liebe ist meistens nichts für die Ewigkeit.

Sie ist da und im nächsten Augenblick schon wieder verschwunden, ausgelöscht. Nichts als staubige Erinnerungen, die irgendwann verloren gehen.
 

Aber Tai will das verdammt noch mal nicht.

Er will nicht, dass Matt in diesen Jahren zu einem Fremden für Tai wird.
 

"Es gibt bald Abendessen, Taichi. Geh duschen."
 

-
 

Tai lässt sich auf die kühlen Kacheln der Dusche sinken. Das Wasser, beinahe unerträglich heiß, regnet auf ihn nieder und durchdringt seine Kleidung.

Doch nicht einmal diese dampfende, feuchte Hitze kann die Kälte in seinem Inneren austreiben.

Er zittert und starrt auf die sich beschlagenden Glasscheiben der Dusche.
 

Tai weiß zum ersten Mal in seinem Leben nicht, was er tun soll. Und da ist niemand, der ihm diese Entscheidung abnehmen kann.

Normalerweise würde Tai einfach auf sein Bauchgefühl hören und handeln. Das hat er immer gemacht und sein Instinkt hat ihm oftmals im Alltag gerettet.
 

Aber es ist verdammt schwer, wenn der Kopf etwas anderes sagt als das Herz.
 

Tai zieht die Beine zu seinem Körper und macht sich so klein, wie er kann.

Er legt den Kopf in den Nacken und schließt die Augen.

Das heiße Wasser perlt auf sein Gesicht und vermischt sich mit den Tränen, die in seinen Augen brennen.
 

Warum ist es so schwer, erwachsen zu werden?

Warum tut es manchmal so verdammt weh, vernünftig zu sein?
 

Solange Tai denken kann, ist er seinem Traum von einer professionellen Fußballkarriere hinterher gerannt. Er weiß nicht, wie es sich anfühlen wird, wenn dieser Traum wie eine Seifenblase zerplatzt.

Wenn man etwas hinter sich lassen muss, wofür man gelebt und geatmet hat.

Aber es gibt andere Träume. Neue, wunderschöne Träume, die aus den Scherben der kaputten geboren werden.
 

Sein Herz hat sich entschieden. Schon vor so langer Zeit.
 

-
 

Am Dienstag kommt Matt nicht in die Schule. Genauso wenig wie am Mittwoch und am Donnerstag.

Am Freitag starrt Tai unentwegt das leere Pult an, der schon seit Jahren mit ungnädiger Bestimmtheit neben seinem eigenen steht.
 

Es ist seltsam zu wissen, dass es nach dem nächsten Schuljahr kein weiteres mehr geben wird. Dass sie nie wieder nebeneinander hocken und den Alltag über sich ergehen lassen.

Vielleicht macht Matt das gerade genauso viel Angst wie Taichi. Selbst Tai mit seinem grenzenlosen und abgrundtiefen Optimismus weiß nicht, ob die Entscheidung, die er für sich selbst getroffen hat, nicht vielleicht doch furchtbar dumm oder falsch ist.
 

Sollte er es jemals erfahren, wird es sowieso zu spät sein.
 

Er lehnt sich zurück und blickt aus dem Fenster. Die Regenzeit neigt sich langsam dem Ende zu und der sonst so triste graublaue Himmel weicht strahlend weißen Wolkenfeldern, die wie Sahne ausschauen.
 

Tais Laune wäre unter anderen Umständen vom nahenden Sommer beflügelt. Er würde auf dem Fußballplatz herumrennen, jeden zu einem Sondertraining verdonnern und alle mit seiner guten Laune anstecken. Er würde von Matt zu hören bekommen, dass Matt von seiner krankhaft guten Laune übel wäre und sie würden sich streiten und Pläne schmieden, womit sie ihre ganzen Sommerferien verbringen werden.
 

Dieses Jahr ist nichts wie früher. Tai ist klar, dass er mit Matt darüber reden muss. Aber er weiß immer noch nicht, wie er es ihm sagen soll. Er weiß schließlich, dass Matt seine Entscheidung niemals verstehen wird.
 

Eigentlich wird sie niemals irgendwer verstehen können, genauso wie Matt für den Rest der Menschheit ein Rätsel ist.
 

-
 

Eigentlich hat Tai nie die Hortensienbüsche beachtet, die am Gartenzaun der Schule wachsen und von der Garten-AG liebevoll umsorgt werden. Doch heute wandert sein Blick automatisch dorthin.

Sein Freund steht dort, mit einer lässigen Gleichgültigkeit, während seine Gesichtszüge unbewegt wie auf einer Fotographie wirken. Und doch erkennt Taichi sofort diese Anzeichen von Unsicherheit.
 

"Matt?" Er lässt die Arme sinken. "Du hast Nerven, hier aufzukreuzen nachdem du die ganze Woche geschwänzt hast."
 

Matt hebt schnippisch seinen Kopf. "Ich habe nicht geschwänzt. Ich war lediglich... demotiviert."
 

Tai lacht leise auf. "Das nennt man schwänzen, Matt", sagt er übertrieben sanft.
 

Sie haben sich seit Tagen nicht gesehen, kein Wort miteinander gewechselt.

Matt schaut müde aus, ausgelaugt. Seine Augen sind trüb wie ein bewölkter Himmel und seine Bewegungen sind fahrig.
 

"Wieso warst du nicht in der Schule? Wegen mir?"
 

Tai tritt zu ihm und der angenehme Duft der Hortensien umfängt ihn. Sie ziehen seinen Blick förmlich an. Und eigentlich, denkt dieser romantische Teil in ihm, findet er sie sogar wirklich hübsch.
 

"Ich musste nachdenken", meint Matt achselzuckend.
 

Einige Schüler, die an ihnen vorbeilaufen, begutachten sie neugierig. Immerhin fällt Matt mit seiner Jeans und einem schwarzen T-Shirt absolut aus der Reihe der schuluniform tragenden Menge.
 

"Weißt du, Yama, vielleicht bin ich wirklich ein Heuchler", beginnt Tai. "Ich wollte, dass alles so läuft wie ich mir das immer erträumt habe. Eine Fußballkarriere, dich in meiner Nähe, meine Freunde. Ich wollte einfach nicht sehen, dass du genauso stark bist wie ich und für deine eigenen Träume kämpfen willst."
 

Matt wendet den Kopf ab. Sein blondes wirres Haar verhindert einen Blick auf seine Augen. "Tai. Du hast versucht, alles richtig zu machen. Du bist kein Heuchler." Er lacht kalt auf. "Wahrscheinlich habe ich das gesagt, damit ich dir von Kalifornien erzählen und dir gleichzeitig dafür die Schuld zuschieben kann. Soviel dazu, wer hier der Stärkere ist."
 

Tai tritt neben ihn und umschließt Matts meistens kalte Finger mit seiner Hand. Er versucht, mit dieser Berührung für die Welt um sie herum nicht zu intim zu wirken, aber er scheitert erbärmlich.

Sora hat einmal gemeint, kurz nachdem sie sich damals von Matt getrennt hat, dass da zwischen den beiden kein Platz für eine andere Person ist.
 

"Hey, ich wäre damit einverstanden. Du bist ein Heuchler, ich ein Vollidiot. Darf ich dich küssen?"
 

Matt verdreht die Augen, kann aber ein hemmungsloses Kichern nicht unterdrücken. Plötzlich wirkt er so befreit, als würde alles von seinen Schultern fallen und er das erste Mal seit Wochen wieder befreit atmen können.
 

"Ehrlich, Tai. Du bist so... unverbesserlich. Ich werde...", er stockt und legt den Kopf schief, sein Blick wird melancholisch, "dich vermissen. Furchtbar und schrecklich vermissen."
 

Tai zieht seine Finger zurück. Seine himmelhohe fröhliche Laune sackt tief ab, angesichts der Worte, die so verdammt nach Abschied klingen. Diese Worte passen nicht zu Matt.

Immerhin hat er kein einziges Mal gesagt, dass er seine Mutter oder Takeru vermisst. Oder seinen Vater, wenn der sich mal wieder tagelang in seiner Arbeit vergräbt.

Matts Worte klingen, als wäre er schon viel zu weit weg. Unerreichbar für Taichi, obwohl Matt von seinem Flug nach Amerika noch ein Jahr trennt.
 

"Schade, dass du die ganzen Ferien deinen Kurs an der Yobikou belegen wirst", redet Matt weiter. "Ich hätte gerne diesen Sommer noch mit dir verbracht. Immerhin werde ich um diese Zeit nächstes Jahr schon in Kalifornien sein."
 

Tai atmet tief die süß duftende Luft ein.
 

Es tut weh, wenn ein Traum kaputt geht. In eine Milliarde Scherben zerklirrt. Das Bild von der Zukunft zerstört wird, für die Tai so viele Jahre hart gearbeitet hat.

Es ist ein Schmerz, den Tai nicht definieren kann. Er ist stumpf und pochend.
 

"Ich werde in den Ferien nicht an die Yobikou gehen", sagt Tai dennoch ohne zu zögern.
 

"Denkst du, dass du die Aufnahmeprüfung wirklich ohne Vorbereitungskurs schaffst?" Matt bringt etwas Abstand zwischen sie. "Nimm das nicht auf die leichte Schulter, Tai."
 

Tai lacht. "Das tue ich nicht, Yama, keine Sorge. Aber ich werde nächstes Jahr keine Aufnahmeprüfung an der Kokushikan machen."
 

Yamato scheint nicht zu verstehen. Oder will es nicht verstehen. Er wirkt wieder seltsam teilnahmslos, als würde ihn diese Tatsache nicht wirklich tangieren.
 

"Ich dachte, dieser Fußballverein hat dir parallel ein Studium angeboten? Aber du musst selbst wissen, ob dir das neben der Fußballkarriere nicht zuviel wird."
 

Es ist der Moment, in dem Tai Matt nicht anschauen kann. Stattdessen wandert sein Blick zu den Hortensien, die er konzentriert beobachtet. Seine Ikebana-verrückte Schwester liebt Hortensien.

"Matt. Kapierst du es nicht? Ich werde nicht an dem Förderprogramm teilnehmen. Ich werde dem Verein absagen. Ich werde mit dir gehen."
 

Er hört, wie Matt kaum hörbar nach Luft schnappt.
 

Es dauert beinahe eine halbe Unendlichkeit, bis Yamato wieder seine Sprache findet.

"Yagami", sagt er eiskalt. "Was redest du da?! Dieses Förderprogramm ist so verdammt wichtig für dich. Du redest seit einem Jahr über nichts anderes..."
 

"Da gibt es aber etwas, dass mir viel wichtiger ist als das." Tai starrt hoch zum Himmel. "Etwas, das furchtbar launisch und bissig ist und mit dem ich eigentlich jeden Tag über alles mögliche streiten könnte. Dumm, oder?"
 

Matts Hände graben sich in Tais Schultern und drehen ihn mit einer Kraft, die man ihm kaum zutrauen kann, um. Matts Blick ist stechend und seine Lippen vor Wut verkniffen.

Eigentlich ist es immer Tai, von dem die meisten Berührungen ausgehen. Wenn Matt ihn berührt, ist es meistens aus brodelnder Wut heraus.

Und es gibt nichts Furchteinflößenderes auf dieser Welt wie einen wirklich sehr wütenden Yamato Ishida.

"Tai, hast du nun total den Verstand verloren?! Haben sie dir einen Fußball gegen deinen Schädel geknallt?!"
 

Tais Finger greifen nach Matts Handgelenk. Unter der Haut fühlt er den Puls seines Freundes rasen. "Ich glaube, als Kind habe ich mal einen gegen die Stirn gekriegt. Platzwunde, ehrlich, es hat furchtbar gebl..."
 

"Yagami", knurrt Matt. "Was soll das werden?! Du... kannst das nicht machen!"
 

"Matt", sagt er und klingt dabei so autoritär wie auf dem Fußballfeld, "du hast deine Entscheidung getroffen. Du hast von mir verlangt, sie so zu akzeptieren. Jetzt verlange ich das auch von dir!"
 

Matt reißt sich los und tritt einige Schritte zurück, als hätte er sich verbrannt. Tai hat ihn das letzte Mal in der Digiwelt so wütend erlebt. So... rebellisch und sturköpfig.
 

"Du bist vollkommen irre. Du wirst es bereuen, Tai. Soll ich mir dann die Vorwürfe anhören, wenn das mit uns nicht funktioniert?!"
 

Tai verschränkt die Arme. "Matt. Nur weil ich mit dir nach Amerika will, heißt das noch lange nicht, dass ich kein Fußball mehr spielen will. Und ich brauche dafür kein Stadion mit tausenden Zuschauern. Ich mache es, weil es mir Spaß macht." Er zieht seine Augenbrauen hoch. "Was heißt hier überhaupt, wenn das mit uns nicht funktioniert?"
 

Matt torkelt fast zu einer der Holzbänke, die über den Schulhof verteilt sind. Kraftlos lässt er sich darauf sinken und legt den Kopf in den Nacken.

Er ist totenbleich.
 

Tai weiß, dass das nur ein Vorgeschmack ist auf sein Leben als Erwachsener.
 

Und sie passen einfach nicht zusammen. Sie sind so unterschiedlich und sie werden nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Vermutlich wird es niemals irgendein Mensch verstehen, wieso ausgerechnet sie beide zusammen sind. Sie werden eine Beziehung führen, die vermutlich nur von einer Katastrophe in die nächste schliddert.
 

Aber es ist immerhin Matt, der Tais kleiner Welt Farbe verleiht.
 

"Matt, ich liebe dich. Und lieber bin ich kein Fußballprofi, wenn du dafür nicht da bist. Wenn Zukunft bedeutet, auf irgendetwas verzichten zu müssen, dann lieber darauf als auf dich."
 

"Okay", sagt Matt ruhig. "Du bist wirklich verrückt geworden. Was ist, wenn da irgendwann... nichts mehr zwischen uns ist? Du wirst mir die Schuld dafür geben."
 

"Das wird nicht passieren, Matt." Tai bleibt vor der Bank stehen. "Egal was geschieht. Ich werde immer da sein."
 

Etwas flackert in Matts Augen bei diesen Worten auf. Er blinzelt mehrmals und heftig.
 

"Tai. Weißt du, was mir wirklich Angst macht?"
 

Tai antwortet nicht. Er schaut ihn sehr genau an, als wäre er ein offenes Buch für ihn. Als könne er zum ersten Mal wirklich lesen können, was darin steht.
 

"Ich wollte weg von hier, damit du bemerkst, dass du mit mir so viele Dinge verpasst, die du irgendwann einmal haben möchtest. Du willst vielleicht irgendwann doch einmal Kinder. Eine glückliche, große Familie und ein Haus mit Garten und eine Frau an deiner Seite, mit der du dich nicht ständig herumstreiten musst, weil sie dir mit ihren Launen auf die Nerven geht."
 

Tatsächlich ist Tai für einen Moment von Matts Worten wie erschlagen. Er blinzelt und versucht zu verstehen, was Matt ihm damit sagen will. Weil Matt ausgerechnet die Dinge anspricht, die für Taichi nie ein Thema gewesen sind. Weil er das Thema Frau und Kinder wohl schon zu Beginn seiner Pubertät durchgestrichen hat.
 

Matt rührt sich nicht. "Ich... habe gedacht, dass es jetzt weniger weh tun wird als später. Ich verliere mich an dich, Tai. Jede Sekunde ein bisschen mehr. Und jetzt ist die letzte Chance für mich, die Notbremse zu ziehen."
 

Matt sieht die Ohrfeige nicht kommen. Das klatschende Geräusch durchbricht diese seltsame Stille, die sich über den Schulhof gelegt hat.

Die blasse Wange verfärbt sich rötlich und Matts Augen sind starr und geweitet. Er tastet nach seiner Wange und verzieht das Gesicht, als er die Haut streift.
 

"Autsch", sagt er ziemlich verspätet.
 

"Matt. Wenn diese Frau so kocht wie meine Mutter, dreht sich mir jetzt schon der Magen um. Und wenn meine Neffen und Nichten so werden wie meine Schwester, reicht mir das noch sehr viel mehr, glaub mir", erwidert Tai bissig. "Warum hörst du mir eigentlich nie zu, Ishida?!"
 

Matt steht von der Holzbank auf. Er reibt sich auf seine Wange und seufzt lautstark auf.
 

"Ich will keine Familie haben, nur weil das moralisch besser für mich wäre. Und ich werde mich nicht so zurecht biegen, damit meine Eltern nachts besser schlafen können. Ich gehöre nicht zu dieser Art Mensch, die sich gern selbst belügt."
 

Matt schweigt sehr lange. Er schaut Tai an hochkonzentriert an, während das Wolkenfeld weit über ihm aufreißt und einen monotonen blauen unendlichen Himmel offenbart.
 

"Taichi Yagami", sagt Matt ernst. "Ich hoffe, du bist dir wirklich klar darüber. Wenn du mir in ein paar Jahren damit auf den Ohren liegen solltest, bringe ich dich um."
 

Tai grinst wie ein Honigkuchenpferd.
 

Er überbrückt den Abstand zwischen ihnen und zieht Matt in eine feste Umarmung. Matt verliert durch diese heftige Bewegung fast das Gleichgewicht und seine Finger verfangen sich im Geäst der Hortensien.

Yamatos Haare kitzeln Tai in seinem Gesicht.
 

Er schließt die Augen und saugt alles tief in sich auf. Er weiß, dass die Zukunft noch so viel für ihn bereithält. Gutes wie schlechtes. Aber er hört Matts Herzschlag direkt über seinem.
 

Das, und nichts anderes, braucht er zum Leben.
 

"Hey", flüstert er ihm leise und zärtlich ins Ohr. "Deine Stacheln sind ja verschwunden, Kaktus."
 

-
 

Tai hat Matt einmal gesagt, dass ihm achtzig Jahre mit ihm vollkommen ausreichen.

Aber jetzt muss er begreifen, dass Zeit bedeutungslos ist, wenn man morgens mit diesem innigen Gefühl von Glück im Bauch aufwacht.
 

Und ein Leben, in dem man nicht glücklich sein kann, ist ein farbloses und tristes Leben.
 

Tai kann nicht behaupten, dass jede Entscheidung, die er in den letzten Jahren getroffen hat, eine gute war. Aber eben diese Entscheidungen haben ihn hierher gebracht. Er hat wirklich keinen Grund für Reue.
 

Er zieht seine Turnschuhe oben am Holzsteg aus und geht langsam runter zum Meer.

Es ist keiner dieser feinen, paradiesischen Sandstrände Kaliforniens, an dem die Sonnenanbeter die Zeit totschlagen.

Dieser Strand hier ist wilder, ungestümer und natürlicher. Die Wellen treffen mit ungeheurer Wucht auf die steinernen Klippen.

Wenige Menschen verirren sich hierher und gerade das ist es, was diesen Ort so magisch macht.

Zumindest für sie beide.
 

Der Himmel steht in Flammen und hinterlässt blutrote und leuchtend orange Schlieren am Horizont. Die Abendsonne lässt die Klippen noch kantiger aussehen und der Kiesstrand leuchtet golden.

Yamato sitzt weit unten, dort wo schauendes Meerwasser über den Strand hinweggleitet, an einen der zerfurchten Felsen gelehnt, die das Meer vor Ewigkeiten zurückgelassen hat.

Er wendet kurz seinen Kopf, als er die Präsenz von Tai neben sich spürt und wendet seinen Blick wieder dem Horizont zu. Es sind diese Momente, in denen sie sich nichts sagen müssen. Weil der nach Salz schmeckende Wind ihre Worte zu weit wegtragen würde und sie das nicht wollen.
 

Dieser Strand ist ihre kleine Bastion gegen die Welt, die immer verkorkster und seltsamer und abenteuerlicher wird.
 

Tai lässt sich neben Matt sinken und lehnt sich zurück. Er schließt die Augen und lauscht dem Geräusch von brechenden Wellen und dem Wind.
 

Irgendwann fängt Matt an, einen Song zu singen. Ganz leise und ganz in sich versunken.

Es ist der Song, der Matts Band hier berühmt gemacht hat. Es ist der Song, der Matt die Welt offenbart hat, die er besitzen könnte und die er doch nicht haben will.
 

Tai öffnet seine Augenlider und er starrt Matt an. Sein Freund trägt ausgewaschene Jeans, auf der Sand klebt, und ein viel zu großes Shirt, auf dem James Dean abgedruckt ist.

Matts Nasenspitze trägt nach dem letzten Sonnenbrand noch einen Hauch von rot und sein Haar ist ausgebleicht von der vielen Sonne.
 

Und Tai hat das Gefühl, dass Matt hier ist. Hier, ohne Mauern und Wälle und Distanzen. Einfach hier, greifbar und nah.

Matt dreht einen Kopf ein Stück um und erwidert Tais musternden Blick mit hochgezogenen Augenbrauen.
 

"Wie war eigentlich das Spiel?", fragt er und zerstört damit diesen magischen Moment.
 

Tai zuckt mit den Schultern. "Neunzehn Homeruns. Und ich habe ein Autogramm von diesem genialen Typen von den Giants." Er grinst. "Die werde ich neben das Poster von Ronaldo hängen."
 

Matt schaut nicht sehr begeistert aus. Er schürzt seine Lippen. Das tut er oft, wenn es um Tais Leidenschaft für Sport geht. Wobei Tai das nicht ganz ohne Hintergedanken macht.

Ein Friede-Freude-Eierkuchen-Leben mit Matt wäre ihm unheimlich. Und er kennt all die Dinge zu gut, die Matt in den Wahnsinn treiben können.

Und das Ronaldoposter über dem Bett gehört definitiv dazu.
 

"Taichi", sagt Matt übertrieben sanft, "wieso schreibst du dir nicht deine eigene Autogrammkarte und hängst die übers Bett. Ich wäre Ronaldo los und du könntest dich wunderbar selbst anhimmeln."
 

Tais Grinsen vertieft sich. "Mhhhm. Es wäre eine Idee, mit der ich leben könnte."
 

Matt steht auf und klopft sich den Sand von der Jeans. Er tritt ein paar Schritte näher an das Meer und sofort versinkt er knöcheltief im Wasser. Die brennende Sonnenscheibe berührt den Horizont und hinter ihnen breitet sich langsam die Nacht aus.
 

"Wollen wir heim, Yama?", fragt Tai. Er hat sich angewohnt, Matt immer mit dieser Form seines Namens anzureden. Wahrscheinlich, weil ihn hier im Amerika jeder mit Matt anspricht.
 

Er bemerkt, dass Matt zögert.
 

"Tai... es liegt in meiner Jacke. Neben dir."
 

Taichi legt den Kopf schief und greift nach Matts dünner Lederjacke, die er achtlos auf den Boden geworfen hat. Darin ist etwas eingewickelt und Tai ist wirklich überrascht, dass es die Hülle einer CD ist.
 

"Dein neues Album, oder?", fragt Tai und starrt die Liedertitel an. Er kennt sie alle, hat Matt dabei zugesehen, wie er die Texte in sein Notizheft geschrieben hat. Zugehört, wenn er sie das erste Mal auf der Gitarre oder am Klavier gespielt hat. Tai weiß, dass es ein absoluter Erfolg werden wird. Aber dennoch ist ein bisschen Wehmut dabei, wenn diese Intimität, die Tai zu den Songs entwickelt hat, in die Welt entlassen wird.
 

Langsam dreht er die CD in seinen Händen um. Und erstarrt. Ungläubig starrt er auf das Cover, ehe die untergehende Sonne förmlich das Licht ausknipst und das Bild in der sich auftuenden Finsternis verschwindet.
 

Aber es hat sich in Tais Gedächtnis eingebrannt.
 

"Yama... du weißt, dass das deinem Image nicht sehr gut tun wird." Er atmet tief aus. "Ist das wirklich okay?"
 

Matt kommt zurück und geht vor Tai in die Hocke. Und Tai kann den Blick nur erahnen, mit dem Matt ihn betrachtet.
 

"Tai. Du bist kein Mensch, den ich vor irgendwem verstecken müsste." Er lachte so leise auf, dass es fast vom Geräusch der Wellen verschluckt wird. "Du bist der Teil von mir, den ich am meisten mag. Trotz Ronaldo-Poster über dem Bett."
 

Tai legt die CD zurück auf die Lederjacke. Und umarmt Matt so heftig, dass sie rückwärts in den Kieselstrand sinken.

Tai vergräbt sein Gesicht an Matts Hals und sein Innerstes wird durchströmt von so vielen Gefühlen, dass er nicht weiß, ob er wie ein kleines Kind heulen oder lachen oder einfach nur unendlich dankbar sein soll.
 

Denn es ist eines ihrer Fotos auf dem Cover. Eines der ganz ganz seltenen Aufnahmen, auf denen Matt lacht. Einer dieser unsagbar glücklichen Momente, der für alle Zeiten gefangen gehalten wurde.

Ein Foto, bei dem jedem Idioten klar sein wird, dass da etwas zwischen ihnen ist. Es ist der Blick, den sie sich zuwerfen, die Finger ineinander verfangen.
 

Tai weiß nicht, wie sein Leben jetzt ausschauen würde, wenn er ein berühmter Fußballspieler mit einem Sportstudium wäre. Wenn er der Vernunft gefolgt wäre und jetzt eine schwangere Freundin hätte. Die Erwartungen seiner Eltern und seiner Umwelt erfüllt hätte.
 

"Yama?", flüstert er leise. "Bist du glücklich?"
 

Yamato zieht ihn fester an sich und haucht ihm seine Antwort ins Ohr.
 

Tai lächelt und dreht sich auf dem Rücken. Weit über ihm funkeln die ersten Sterne und er tastet nach Matts Hand, die auf seinem Bauch liegt.

Er weiß nicht, ob er Matts Hand jemals achtzig Jahre lang halten wird. Manche Dinge im Leben kann man nicht aufhalten. Ändern. Nichts ist für die Ewigkeit gemacht, die man sich viel zu gerne wünschen möchte.
 

Alles, was bleibt, ist der Augenblick.
 

Und in diesem Augenblick hält Tai Matts Finger fest umschlossen und Matts Antwort ist ein nie endendes Echo in seinem Herzen.
 


 

~+~
 

Die drei verwendeten Blumen/Pflanzen:

Die Fresie (Zärtlichkeit) in Hikaris Ikebana, der Kaktus als Geschenk von Taichi und Symbol für Yamato und die Hortensie auf dem Schulhof.
 

Das Zitat "Denn so wie ich sind alle Liebenden, unstet und launenhaft in jeder Regung" entstammt Shakespeares Komödie "Was ihr wollt" (Original: What you will)
 

Die genannte Kokushikan-Universität in Tokyo hat eine anerkannte Sport-Fakultät (Quelle Wikipedia).

An einer Yobikou werden neben der Schule noch divserse Kurse angeboten, wo Schüler sich auf Prüfungen/Aufnahmeprüfungen vorbereiten können.
 

Vielen Dank fürs Lesen. Kritik ist natürlich immer herzlich willkommen ^_^
 

~+~



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  Schwarzfeder
2015-04-08T12:02:17+00:00 08.04.2015 14:02
Du hast ein Talent dafür, die Stimmung der beiden durch die gesamte Geschichte zu tragen. Ich hab immer wieder Bauchschmerzen vor Angst bekommen, weil ich dachte gleich ist es aus und vorbei.
Diese Melancholie und die Angst vor dem Ende kommt so krass rüber, dass ich unbedingt weiter lesen musste und doch mit jeder Zeile aufhören wollte um es nicht kaputt gehen zu sehen.

Das Ende war dann aber wie ein Befreiungsschlag. Erst blieb mir (wohl ähnlich wie bei Matt) das Herz stehen und dann war ich so erleichtert. Da fielen wirklich jede Menge Steine.
Ich konnte das so sehr nach empfinden, weil du es einfach auch so gut beschrieben hast.
Der letzte Abschnitt war so schön warm wie man sich die kalifornische Sonne wohl vorstellt. Es hat die ganze Angst, die man ausstehen musste, wieder wett gemacht. Und dabei war man nur der Leser!
Letztendlich bleibt einem die Hoffnung, trotz ungewisser Zukunft, dass es gut gehen kann.

Eine wirklich schöne und mitreißende Geschichte *favo-button*

Schwarzfeder
Von: abgemeldet
2010-10-15T18:57:22+00:00 15.10.2010 20:57
dein beitrag zu der taito-challenge hast du wirklich sehr gut gemeistert!
ich fand die geschichte sehr überzeugend, da du meiner meinung nach die beiden charaktere so gut wiedergegeben hast! und mir persönlich hat das ende auch sehr gut gefallen :)
hast einen tollen schreibstil. bitte weiter so ;-)
LG
Von:  SayuriKon
2010-01-30T13:22:50+00:00 30.01.2010 14:22
Ich kann mich der Meinung meiner Vorposter nur anschließen.
Diese Geschichte war so wunderbar authentisch und so ehrlich, dass ich immer noch Gänsehaut habe.
Die Charaktere sind sind unglaublich toll. Ich finde du hast die Eigenschaft der beiden super umgesetzt und beschrieben. Diese innere Verbundenheit, auch wenn sie sich immer wieder in die Haare kriegen.

Die Story knüpft auch richtig gut an die Geschenisse von früher an. Ich bin auch begeistert, wie gut du die kleinen Bemerkungen über Sora und Mimi eingebaut hast.
Mir läuft immer noch ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke mit welchen Probleme sie zu kämpfen hatten. Diesen Schulstress und die Verantwortung, die die beiden übernehmen müssen. In dieser Fanfic war so viel Gefühl und so viel Realität, dass ich eigentlich noch komplett geflasht bin. Man konnte diese ganzen Probleme der beiden so Haut nah spüren, dass ich immer wieder aufhören musste, um zu überlegen, wie das weitergehen könnte. Diese schwierige Beziehung doch wieder in Ordnung zu bringen. Auch wenn die beiden eigentlich nicht viel gekuschelt oder ähnliches getan haben konnte man immer spüren, wie sehr Tai ihn liebt und andersrum.

Ich bin so froh, dass es doch ein gutes Handy hatte :)
Ich hatte zwischendurch echt Zweifel! :D
Was ich noch sagen kann: Das war meine erste Fanfic mit diesem Pairing und ich bin wirklich begeistert :)
Vielen Danke für diese super tolle Story!

Bis dann :)

Von:  Angel
2010-01-10T15:03:49+00:00 10.01.2010 16:03
Der zweite Beitrag den ich zu dieser Challenge gelesen hab und doch eine ganz andere Story und trotzdem auch Wow!

Ich mag das die Geschichte nicht so Friede, Freude, Eierkuchen war und es nicht eben mal nicht darum gedreht hat wie die beiden zusammen kommen, sondern das mal auch jemand über Trennungsängste schreibt und wie sehr sich das Leben doch verändern kann in dieser Zeit. Viele Autoren überspringen ja gern dieses Thema und erwähnen nur das Tai und Yama schon seit schulzeit zusammen sind und plötzlich sind sie auch schon beide gefeierte Stars. Es bewegt einen doch viel mehr auch mal sowas wie hier zu lesen wo einer der beiden seinen großen Traum aufgibt für den anderen!

Ah, und zum Schluss gab's noch ein kleines Schmankerl für mich, ein Ronaldo-Poster über Tais Bett <3 Ich hoffe doch du meinst den "echten" Ronaldo, nicht diesen Milch-bubi Christian Ronaldo.

Was jedoch die Challenge an sich angeht, find ich da ein kleines Manko, da die Bedeutungen der Blumen während dem erzählen nicht wirklich klar werden. Dafür hast du das Zitat wunderbar eingebunden ;)
Von:  Elliiy
2010-01-08T19:53:21+00:00 08.01.2010 20:53
Oh, oh oh!!!

Ich fand diese Geschichte wunderwunderschoen!
Musste erst mal 10 Minuten vom PC weggehen um runterzukommen, damit ich das Kommetnar schreiben kann.

Leider bn ich kein FF-Schreiber, derwegen kann ich auch keine guten Kommentare verfassen. Ichv ersuchs XD'

Okay, also das einzig was mir nicht so gut gefallen hat ist der Titel.
Naja, udn jetzt sachen die ich toll gelungen fand:

Die Pflanzen sind supertoll in die Geschichte eingebaut, nicht unpassend oder so. es liest sich gut rueber.
Das Zitat war eifnach nur entzueckend! Bin begeistert wie das geschrieben wurde.
Ich finds lustig das Yama Tai eine reingeschlagen hat.
Mir gefaellt, dass es so meistens eher auf Trennungs-angst hinlaeuft. Ich hab richtig mit Tai mitgefuehlt.
Vielleicht auch weil ich selber diese Gefuehle (wenn auch in sehr abgeschwaechter Form) kenne.
Die Szene in der Tai mit dem Kaktus auftaucht was koestlich! Ich hatte richtig vor Auge wie er mit einem rießen grinser vor der Tuer steht.
Ich fands toll, dass vorkam das die wenigsten mit der ersten liebe zusammen bleiben. Den das stoert mich manchmal bei FF's.
Ganz am Schluss, wie taichi meint,d ass er keine Frau braucht die so kocht wie seine Mutter usw. - die Szene liebe ich auch!

Ichw erd mir die FF gleich in meine Favoriten speichern.
Also fuer mich ist sie eine von meinen Favoriten der Favoriten! XD'

Danke fuer diese tolle Geschichte!
Von:  Nikolaus
2010-01-08T13:45:23+00:00 08.01.2010 14:45
Oh... wow.
Ich bin vollkommen hin und weg. Davon getragen auf einer kleinen rosa Wolke, die ab und zu ein bisschen regnet. Denn, ganz ehrlich und offen gesagt, musste ich immer wieder abbrechen, zwischen durch einfach etwas anderes machen und mir höchst kitschige Songs anhören, sonst hätte ich das wahrscheinlich nicht durchgehalten. Nicht, weil es schlecht wäre, sondern weil es so gut war. So intensiv und ehrlich, dass es mir vollkommen unter die Haut ging und jetzt nicht mehr weg will.

Anfangs hatte ich immer noch die Hoffnung, dass es richtig schön romantisch werden wird. Dass Yama sich wirklich öffnet, sich Taichi in die Arme schmeißt und die beiden glücklich werden - was ja letztendlich auch passiert ist. Aber der Weg dort hin war lang (das war er wirklich .__. Dein One-Shot grenzt an eine Ein-Kapitel-FF :D) und ich musste einfach wieder tief durchatmen, sonst wäre ich wahrscheinlich in Tränen ausgebrochen. Es war faszinierend und erschreckend zugleich, wie gut die Gefühle von Tai beschrieben hast und sogar die von Yama, obwohl es doch eher die Sicht des kleinen Fußballfreaks war. Aber all die kleinen Gesten, die nicht gesagten Worte, das Abwenden, Schweigen und die einzelne Träne, haben mehr gesagt als tausend und abertausend Worte.

Ich denke, ich kann ehrlich behaupten, noch nie eine Geschichte gelesen zu haben, die so exakt und so gut an die Geschehnisse in der Digiwelt anknüpft, die die Charaktere so wunderbar darstellt und es trotzdem schafft, das heimlich romantische zwischen den Zeilen überhand ergreifen zu lassen. Und ich kann mir vorstellen, nein, ich weiß, dass es bei Taito immer schwierig ist, nicht einfach ins Schwärmen zu geraten :D

Taichis Angst vor der Zukunft war förmlich greifbar. Ich hatte schon ganz schreckliche Bauchschmerzen und als dann auch noch der Zettel für die Universitäten ausgeteilt wurde, wurde es nur noch schlimmer. Ich konnte ihn richtig vor mir sehen, ihn fast schon anfassen, wie er total geknickt auf diesen dummen Zettel starrt und in Gedanken doch mehr bei Yama ist als irgendwo sonst. Es ist schon richtig niedlich, dass er so an ihm hängt, alles für ihn tun würde. Aber dass Yama nach Kalifornien geht, war dann wie ein Schlag - erneut eine Stelle, wo ich einfach mal wegklicken musste, um mich wieder zu fangen.

Allerdings hätte ich nicht mit dieser Entscheidung gerechnet. Natürlich, was braucht Taichi außer Fußball schon - nur Yama und sonst nichts. Keine dumme Frau, keine stolzen Eltern, gar nichts. Es war, obwohl die ganze Geschichte irgendwie traurig ob ihrer Ehrlichkeit war, wirklich unglaublich süß: er gibt seinen Traum auf, damit Yama seinen leben kann. Das ist doch mal wahre Liebe, nicht? Wie könnte man denn bei den beiden auf die Idee kommen, dass sie NICHT zusammen gehören, wenn sie so etwas füreinander tun? Und Yama gibt seine Neigung zu Taichi auch noch in der Öffentlichkeit zu, weil er ihr Bild auf das Cover seiner CD stellt... wirklich, die beiden sind das Traumpaar schlecht hin. Und an einem Strand, mit Wasser, Sand und Sonnenuntergang, wirkt das alles wie ein wunderschöner Romantikfilm >D

Erwachsen werden ist wirklich nicht einfach, momentan stecke ich selbst in diesem, wirklich höchst ätzenden, Prozess, und meiner Meinung nach, hast du es unglaublich überzeugend und realistisch rüber gebracht. Das war so.... so ergreifend, dass mir eigentlich die Worte fehlen. Wie soll ich das beschreiben? Hm, ... ich bin mir nicht ganz sicher. Ich denke, ich werde in den nächsten Ferien nach Kalifornien reisen, mich an den Strand setzen und an Yama und Tai denken. Worte genug? :3

Es hat mir sehr gut gefallen, ich bin begeistert und verzaubert - einfach incredible beautiful <3

LG
Nikolaus
Von:  kitty007
2010-01-06T21:06:46+00:00 06.01.2010 22:06
>.> nachdem deine fleißigen leser ganze romane verfasst haben nur um dich zu ehren *gg*

werde ich mich kurz fassen: ich bin der gleichen meinung wie die anderen. ich finde du hast das toll gemacht. ich hats richtig mitgerissen ^^ ich musste lächeln... lachen... und fast heulen. und wer sowas schafft der ist gut ;D

also weiter so!

PS: an die kommischreiber eure aufsätze sind natürlich auch total hübsch *rofl* 1+
Von:  Selenay
2010-01-03T16:28:38+00:00 03.01.2010 17:28
Manche Formulierungen fand ich etwas merkwürdig, aber das hat auch kaum gestört. Übrigens heißt es 'Ikebana' nicht 'Ibekana'. :) Aber nun genug der Kritik.

Deine Geschichte hat mich echt total umgehauen und ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen, bis ich komplett durch war. Du hast alles sehr einfühlsam beschrieben und man konnte sich gut in Taichi hineinversetzen und nachvollziehen, wie sehr ihn die Gedanken an die Zukunft mitnehmen. Ich mag die melancholische Atmosphäre die du vermittelt hast und ich freue mich ehrlich darüber, dass die beiden am Ende doch zusammengeblieben sind.
Von:  Tami
2009-12-27T14:26:03+00:00 27.12.2009 15:26
Da ich mir der Tragweite der Story durchaus bewusst war, habe ich mir extra Zeit genommen.
Mein Tee steht neben mir. Der Spekulatius liegt griffbereit. Und das Radio ist ausgeschaltet.

Ich wusste ja was kommt. Ich wusste, dass es Drama geben wird, pupertierende Hormone, hier ein paar Schläge und da ein Rumgezicke, aber vorallem ganz viel Flauscheliebe.

Vielleicht war es ganz gut, dass ich die Geschichte schon kannte. So konnte ich innerlich Matt schon anfeuern und Taichi plüschen, für sein viel zu großes sorgenvolles Herz.

Es ist sou~ unfair, dass es keine Taitoliebe im Reallife gibt. Zumindestens keine, die wir live und in Farbe miterleben können.

Aber dafür gibt es Dromi *___________*
Du schaffst es immer, mein Herz in rosa Watte zu packen und mein Gehirn mit Glückshormonen zu überschwemmen.

Noch als kleine Anmerkung:
"Matt rührt sich nicht. "Ich... habe gedacht, dass es jetzt weniger weh tun wird als später. Ich verliere mich an dich, Tai. Jede Sekunde ein bisschen mehr. Und jetzt ist die letzte Chance für mich, die Notbremse zu ziehen."
Vielleicht so etwas wie meine Lieblingspassage =)

Du schreibst wunderbar, Liebes!
Von:  GeezKatsu
2009-12-23T17:19:21+00:00 23.12.2009 18:19
Ja! Definiziv hatte Matt mit ja geantwortet und ich sage, das die beiden selbst in 80 Jahren, wenn sie alt, zerschrumpelt und mit Krücken laufen noch zusammen seinw erden - zwars bestimmt nicht mehr prügelnd, aber Matt wird schon dafür sorgen, das taichis Gebiss plötzlich nicht mehr im Glas liegt und sich stattdessen im Kühlschrank wieder findet :D

Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Die Story ist einfach klasse. So viele Inhalte sind darin vertreten, das ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Da steckte soviel Wahrheit drin, das man sich denkt, du hast in den Frauenzeitschriften deiner Mutter geschmökert.

Du hast die Beiden nicht mit diesem Friede Freude Eierkuchen Stil beschrieben, sondern so menschlich, wie man nur als ein Paar sein kann, das nicht ganz von der Gesellschaft geachtet wird. Auch das Thema, das die Beiden grundlegend verschieden sind, hast du nieder geschrieben und dafür allein verdienst du schon Respekt. Es war so Authoritär, das es mir das Herz zerbrach, das es vll nicht so klappen könnte, wie man sich das immer mit der rosanen Brille vor der Nase erhofft. Da kann man nur sagen: voll ins Schwarze getroffen.

Es gibt ja sehr viele Storys, die aus der Perspektive von Tai geschrieben werden und ehrlich gesagt denke ich mir jedes mal aufs neue, wenn ich wieder eine lese "nicht schon wieder!"
Die Autoren machen es sich sehr leicht. Matts Psyche ist etwas komplizierter zu beschreiben, da nehmen sie lieber den bequemeren Teil und beschreiben das kleine Sonnenschein. Jetzt denkst du wahrscheinlich, das ab hier Kretik anfängt. Würd ich ja gern, doch ich finde ncihts, worüber ich meckern könnte. Taichi wurde so rüber gebracht, das typisch... Taichi ist, aber dennoch ein Teil so anders war, das man dachte, das muss dann schon OoC sein., Aber wenn man sich mal in Ruhe hin setzt, stimmt es gar nciht. Gerade Taichi würde genau so reagieren. Überstürzt. Voller Gefühl und lässt seine eigenen Träume zurück. Aber auch gleichzeitig.. so erwachsen.

Ich kann da nur genial sagen. Für diese Story gibt es keine treffende Bezeichnung, denn das Wort muss erst noch kreiert werden.

einfach super, auch wenn es mir lieber wäre, du hättest wenigstens etwas, worüber ich Klugscheißern könnte, damit ich wenigstens eine kleine Chance für den WB habe.. xDDD


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