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Nullpunkt

von

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Ich bin wie ein alter Regenschirm. In Gedanken stehengeblieben.

Ich hatte die Nacht kein Auge mehr zu getan, auf die Mappenberatung würde ich also definitiv verzichten. Mir tat jedes Gelenk weh und mein Nacken war ganz steif vom gebeugten Sitzen, während ich gezeichnet hatte. Nico hatte sich zwar kurz beschwert, als ich das Licht angemacht hatte, um zumindest irgendetwas machen zu können. Ich hatte ihn allerdings einfach ignoriert.

Ich hatte keine Lust mit ihm zu reden oder überhaupt seine Anwesenheit zu akzeptieren. Da er sich allerdings kaum rühren konnte und ich irgendwie nicht ganz unschuldig an der Sache war, konnte ich ihn auch nicht rauswerfen. Irgendwann gegen neun oder zehn wachte Nico auch mal ganz auf. Er schaute mich ziemlich fertig an und wollte sich offensichtlich kein Stück bewegen.

„Wie viel Uhr haben wir?“, krächzte er dann schließlich.

„Zehn, oder so“, antwortete ich ihm, ohne zu ihm zu sehen. Ich wollte heute wirklich nur von allem meine Ruhe und das er hier jetzt so lag und eigentlich an und für sich ein einziger Vorwurf an mich war, machte es kein Stück besser so.

„Fuck...“ Wahrscheinlich wäre sein Fluch besser rüber gekommen, wenn er dabei nicht nur flach auf dem Bauch gelegen hätte und sich sonst kaum rührte. Aber er sah wirklich fertig aus und ich merkte, wie sich etwas wie schlechtes Gewissen bei mir rührte.

„Ich hab zwar nichts dagegen, wenn du mal ein bisschen grob bist... aber ich möchte am nächsten Tag schon noch laufen können“, brummte Nico und der Anflug eines schlechten Gewissens war wieder verschwunden. Er hatte es im Prinzip selbst provoziert und ich hatte keinen Bock darauf, mir von irgend jemand anhören zu müssen, dass ich an allem Schuld war.

Ich antwortete ihm also nicht. Was hätte ich ihm auch sagen sollen? Immerhin hatte ich wegen ihm auch eine furchtbare Nacht hinter mir. Warum hatte er das mit Eddy überhaupt erwähnen müssen? Nico hatte doch keine Ahnung, von nichts.

Er kannte weder Eddy noch mich wirklich. Er war schwul, wahrscheinlich interpretierte er in jede Männerfreundschaft sofort irgendetwas Sexuelles hinein. Und trotzdem kam es mir so vor, als würde ich mir selbst etwas vorlügen. Was einfach alles nur noch schlimmer machte.

„Kannst du mir was zu trinken holen?“ Nico lag immer noch flach auf dem Bauch und schaute leidend zu mir hoch. Eigentlich hatte ich keine Lust extra wegen ihm aufzustehen, nur damit er etwas zu trinken hatte.

„Muss das sein?“, fragte ich deshalb etwas genervt. Ich hatte heute auch noch nicht viel getrunken, jammerte ich deswegen rum und schickte ihn durch die Gegend?!

„Ich glaub, wenn ich aufstehe, fängt es wieder an zu bluten.“ Nico klang weich, leidend und uncool. Ich konnte es nicht ausstehen, wenn er so war. Ich mochte es allgemein nicht, wenn ich schwache Menschen um mich haben musste. Zusätzliche Belastung, ich hasste Belastung.

„Ich hol dir nachher was...“ Ich konnte nicht ganz nein sagen, aber ich würde auch nicht jetzt wegen ihm in die Küche gehen, wenn ich da nachher sowieso hin musste für meinen Kaffee. Ich hätte Nico ja vielleicht etwas davon angeboten, aber er mochte Kaffee nicht sonderlich. Selbst Schuld.

Anscheinend gab sich Nico mit der Antwort zufrieden, da er nichts weiter erwiderte. Wenn er fit gewesen wäre, hätte er mich vermutlich in Grund und Boden geflucht für meine Reaktion, allerdings hätte er da wahrscheinlich meine Hilfe auch gar nicht nötig gehabt.

Ich blätterte gerade eine Seite in meinem Skizzenbuch um, als ich wieder seinen Blick auf mir spürte. Warum musste er mich überhaupt anstarren, gab es nichts besseres zu sehen?

„Was?“, fragte ich ihn gereizt.

„Kannst du mir die Fernbedienung geben? Mir is langweilig...“

Ich schaute zur Fernbedienung, die auf dem Nachtkästchen lag und fragte mich, ob die tatsächlich aus Nicos Reichweite lag oder ob er mich einfach nur nerven wollte. Ich schaute zu Nico, der kurz die Augen geschlossen hatte. Seine linke Wange war leicht aufgeschürft, lag vermutlich daran, dass ich sein Gesicht auf den Holzboden gedrückt hatte. Ich wusste, dass er unter der Decke noch viel ramponierter aussah. Aus einem Impuls heraus wollte ich nachschauen und mich bestätigt fühlen, aber bevor ich tatsächlich die Decke über Nico bei Seite schlug, öffnete er die Augen wieder und schaute gequält in meine Richtung.

Ich beugte mich vor und schmiss ihm die Fernbedienung zu. Nico hatte kurz erschrocken die Augen zusammen gepresst, aus Angst ich würde ihn tatsächlich mit dem Gerät bewerfen. Er schlug vorsichtig die Augen wieder auf und starrte irritiert auf die Fernbedienung. Gott, war es heute anstrengend mit ihm Zeit zu verbringen. Ich wollte ihn nicht hier haben und ich wollte eigentlich, dass einfach alles anders war.

„Danke“, sagte er trocken, als wäre nichts und schaltete den Fernseher ein. Normalerweise war ich derjenige, der dieses Gerät immer am Laufen hatte, aber im Moment nervte es mich. Dieses ganze Gelaber. Bla bla bla. Ich bekam Kopfschmerzen und wusste nicht, ob ich Nico anschnauzen sollte, dass er wieder ausmachen sollte.

Ich starrte genervt auf die Mattscheibe, die weiterhin nur dummes Geseihre von sich gab, dann blickte ich zu Nico, der aussah, als würde er gleich wieder wegdösen und schließlich entschloss ich mich, einfach mal in die Küche zu gehen und mir meinen Kaffee zu holen. Vielleicht wurde davon etwas besser.

Als ich aufstand, schaute Nico sofort wieder in meine Richtung und ich wusste, er würde gleich wieder etwas sagen, das mir auf den Geist ging.

„Was machst du?“, fragte er und ich wollte ihm nicht antworten. Es ging ihn doch nichts an, was ich tat. Reichte schon, dass er hier die ganze Zeit da war.

„Küche“, antwortete ich trotzdem und verschwand aus der Tür. Er rief mir noch irgendwas hinter her, dass ich nicht verstehen wollte und befüllte die Kaffeemaschine. Ich schaute aus dem Fenster und stellte fest, dass das Wetter tatsächlich mal meiner Stimmung entsprach. Es war bewölkt, es nieselte und alles war irgendwie grau und schlammig und die Leute auf der Straße sahen so unzufrieden aus, wie ich mich fühlte. Allerdings nagelte mich dieses Wetter auch in der Wohnung fest. Ich wäre jetzt gerne einfach nur draußen, weg von Nico, weg von diesem Ort und vielleicht auch noch weiter Weg von dem Gedanken an Eddy.

Allein, wenn ich seinen Namen nur dachte, spürte ich ein unangenehmes Ziehen in meiner Magengegend. Es lag nicht nur daran, was Nico gesagt hatte und das daran wohl mehr wahr war, als mir lieb war, sondern auch an Eddys Verhalten selbst. Mir kam es gerade so vor, als würde unsere ganze Freundschaft dahinbröckeln und ich konnte einfach nichts tun. Sowas hatten wir noch nie. Es gab schon schwere Zeiten in unserer Freundschaft, aber niemals so etwas, niemals so krass. Auch nicht, als die Sache mit Ekatarina war. Das war damals heftig gewesen und eine harte Entscheidung, aber völlig anders als jetzt. Ich wusste immer, wie wichtig ein Freund war und wie banal eine Beziehung sein konnte. Vielleicht war Ekatarina das gewesen, was man als die erste, große Liebe beschrieben hätte. Ich erinnerte mich immer noch an ihren wunderschönen Körper, ihrem exotischen Akzent, ihre ganz spezielle Art zu küssen. Aber als Eddy mir klar machte, dass er sie auch irgendwie mochte, war Sense. Ich würde niemals ein Mädchen zwischen Eddy und mir kommen lassen. Warum hatte Eddy das zu gelassen? Ich fühlte mich völlig überfordert mit der Situation und das Nico hier war, schien alles nur zu verschlimmern. Allerdings konnte ich ihn einfach nicht wegschicken, was nicht nur daran lag, dass er die nächsten zwei Tage wegen mir wahrscheinlich nicht richtig gehen konnte. Ich wäre allein, wenn Nico auch noch gehen würde, das wusste ich und der Gedanke ans vollkommene Alleinsein erschien mir selbst jetzt, wo ich eigentlich nur meine Ruhe wollte unerträglich. So eine Scheiße, ich hasste es, wenn sich alles einfach widersprach. Wie konnte man zufrieden sein, wenn nichts zusammen passte?!

Mit einem letzten Ächzen spuckte die Kaffeemaschine noch ein paar Tropfen in die Kanne und war dann still. Aus meinem Zimmer hörte ich leise den Fernseher und ich wollte nicht zu Nico. Ich schenkte mir extrem langsam mein Getränk ein, löffelte penibel genau den Zucker hinein und brauchte auch unnötig lange dafür, die Milch aus dem Kühlschrank zu holen und dazu zu tun. Der Löffel klirrte beim Umrühren und ich fühlte mich lächerlich, weil ich versuchte Zeit zu schinden. Ich trank einen Schluck von meinem Kaffee, stellte ihn bei Seite, dabei fiel mein Blick auf die kaputte Uhr, die noch immer am Boden lag. Ihre Einzelteile lagen zerstört auf dem Boden verteilt und ich konnte ihr Ticken trotzdem noch hören. Ich musste wirklich aus der Wohnung raus, wenn es nur für ein paar Minuten war und ich wusste, dass diese Entscheidung ins Wanken geraten würde, hätte ich mir das Wetter nochmal angesehen.

Ohne Nico Bescheid zu geben, zog ich meine Schuhe und meine Herbstjacke an und verließ die Wohnung. Auf dem Weg nach unten, kontrollierte ich noch, ob ich meine Schlüssel und mein Geldbeutel dabei hatte und ich fühlte mich tatsächlich etwas besser, als ich schließlich das Haus verließ und mir die kalte Luft entgegen blies.

Ich wusste nicht genau, was ich jetzt tun sollte, aber draußen war schon mal eine annehmbare Abwechslung. Hätte ich einen Hund gehabt, wäre er eine gute Ausrede gewesen, etwas ziellos durch die Straßen zu laufen ohne total bescheuert auszusehen. So musste ich es jetzt wohl in Kauf nehmen, etwas desorientiert und verwirrt zu wirken, während ich die kleine Allee Richtung Innenstadt entlang lief und immer wieder die Straßenseite wechselte, um entgegen kommenden Leuten aus dem Weg zu gehen. Was soll´s.

Ich hatte endlich wieder das Gefühl, als könnte ich richtig atmen und vielleicht hätte ich schon früher mal aus der Wohnung gehen sollen, anstatt mich von Nico und Gedanken an Eddy nerven zu lassen. Als mir allerdings von einem Baum über mir ein kalter Tropfen in den Nacken fiel und mir unangenehm den Rücken hinunter lief, fiel mir auch wieder ein, warum ich die Idee nach draußen zu gehen, die letzten Tage kaum weiter verfolgt hatte. Es war eigentlich noch Sommer, aber das schien das Wetter nicht zu interessieren. Hatte bestimmt mit dem Klimawandel zu tun, Dreckszeug.

Für mich war das schlimmste an Regen nicht das Wasser an sich und wie es einen mit seinem penetranten Niederprasseln nervte, sondern die vielen Menschen mit ihren Regenschirmen. Ich hasste Regenschirme, als ich noch kleiner war, hatte ich ständig Angst, das mir die Augen ausgestochen wurden von diesen kleinen, spitzen Teilen am Ende des Regenschirms. Mittlerweile stießen mir die meisten Regenschirme zwar nur gegen die Schulter, aber stören taten die Teile trotzdem. Und je näher ich der Innenstadt kam, desto mehr Menschen mit Schirmen wurden es auf der Straße.

Allerdings wusste ich auch nicht, wo ich sonst hingehen sollte. Da es hier nichts gab außer Innenstadt oder Natur und mit Grünzeugs und Getier hatte ich noch nie viel Anfangen können. Deswegen stand ich jetzt auch unter dem Vordach einer Eingangspassage und überlegte, was ich jetzt tun sollte, außer mich über die Regenschirme aufzuregen.

Ich kaute an meinen Fingernägeln und beobachtete die vorbei gehenden Passanten. Es waren wenig Leute unterwegs, hauptsächlich Hausfrauen und ein paar Geschäftsleute und Studenten. Aber heute sahen irgendwie alle etwas unzufrieden und unglücklich aus. Als wäre das Wetter schon eine legitime Entschuldigung, um der deprimierenden Stimmung in sich offen zur Schau zu stellen.

Im gegenüberliegenden Schaufenster, konnte ich meine Spiegelung sehen und stellte fest, dass ich im Vergleich zu diesen ganzen vorbeihastenden Leuten einen noch viel jämmerlichen Eindruck machte. Leicht gebeugt, unnatürlich blass in der Spiegelung und dieser verlorene Ausdruck beim Nägelkauen. Ich ließ meine Hand sinken und rammte sie in meine Hose, um mir nachdrücklich klar zu machen, dass ich damit aufhören sollte.

Nico beschwerte sich auch schon darüber, dass meine Fingernägel kaum existierten. Trotzdem hatte ich ihn damit blutig gekratzt, als sich meine Finger in seine Seiten vergraben hatten und nicht los ließen. Gott, ich bekam Kopfschmerzen, wenn ich daran dachte.

Das war definitiv beschissen. Okay, jetzt hatte ich auch wieder ein schlechtes Gewissen. Es war nicht das erste Mal, dass ich meinen Frust auf die Welt beim Sex mit Nico rausgelassen hatte, aber niemals war es so derbe gewesen und eigentlich war es auch nicht gerechtfertig gewesen. Ich hasste es, wenn ich mich nicht unter Kontrolle hatte und mich so einfach von Nico provozieren ließ.

Ich starrte missmutig zur grauen Wolkendecke hoch und wusste immer noch nicht, was ich tun sollte. Ich wollte mich nicht bei Nico entschuldigen, weil ich dann irgendwas zugeben musste. Ich wollte vor niemanden eingestehen, dass es dazu einen Grund gab.

Es würde zu einem Zugeständnis führen, zu dem ich einfach nicht bereit war.

Zudem hatte die frische Luft nur kurz dazu geführt, mein Gemüt aufzuhellen und jetzt fror ich einfach nur, fand alles noch schlimmer als vorher und war nicht mal in meiner Wohnung. Der Tag heute war doch Scheiße. Es fehlte eigentlich nur noch, dass ich jetzt einem Lehrer über den Weg lief, der dann der Schulleitung petzen konnte, dass ich den Unterricht schwänzte. Was natürlich echt super war, wenn man sowieso schon auf der Kippe stand.

Eigentlich war es es eine saudumme Idee gewesen, überhaupt außer Hauses zu gehen. Nicos Gesellschaft wäre am Ende nicht so schlimm gewesen, wenn ich mich nicht so in die Sache hineingesteigert hätte. Im Moment war es einfach zu viel.

Ich musste mein Leben sortieren und es wieder auf die Reihe kriegen. So war das kein Zustand, so konnte man doch nicht leben. Ständig wütend und frustriert, deprimiert und überfordert. Es musste sich doch mal etwas ändern, oder?

Immer noch etwas unschlüssig darüber, was ich wirklich tun sollte, ging ich wieder Richtung meiner Wohnung. Unterwegs sah ich einen kleinen Imbiss und aus dem Impuls heraus und wahrscheinlich auch, weil ich heute noch nichts gegessen hatte, betrat ich ihn. Die Wärme, die mich gleich umfing, war stickig und unangenehm und ich überlegte, ob ich nicht wieder hinaus gehen sollte. Allerdings schaute mich die junge Frau hinter der Theke schon erwartungsvoll an und ich wäre mir dumm vorgekommen, wenn ich wieder rausgegangen wäre. Ich mochte es nicht, wenn Leute dachten, ich wüsste nicht, was ich tun wollte.

Ich mühte mir ein Lächeln ab und schaute konzentriert auf die Liste mit den Preisen, die über der Theke hing. Ich war hier schon ein oder zwei mal gewesen, wusste aber nicht mal, ob es hier schmeckte. Es roch jedenfalls wie es in einem Imbiss riechen musste, nach heißem Fett und Dinge, die darin frittiert wurden.

„Was darf es sein?“, fragte schließlich die Bedienung, die wohl nicht mehr länger warten wollte.

„Äh...“ Ich starrte immer noch konzentriert auf die Preisliste und stellte fest, dass ich immer noch nicht ganz wusste, was ich hier überhaupt wollte. Also allgemein, hier in dieser Imbissbude. Ich hätte nicht reingehen sollen.

„Pommes“, entschloss ich mich dann spontan. Da konnte man einfach nicht viel falsch machen und allzu teuer war das bestimmt auch nicht. „Zweimal“, fügte ich noch hinzu, als ich den Preis tatsächlich gefunden hatte. Nico würde heute nicht kochen können und ich erinnerte mich auch gerade daran, dass ich ihm noch nicht mal etwas zu trinken gebracht hatte. Au Mann...

Während ich darauf wartete, dass die unheimlich langsame Bedienung, die wohl gerade allein im Imbiss war, die Pommes in die Friteuse warf, rempelte mich ein älterer Mann an, der mich missgelaunt anstarrte und sich dann in eine hintere Ecke des Lokals verzog. Der Kerl tat fast so, als wäre ich Schuld daran, dass er in mich reingelaufen war. Einfach nur ätzend. Respekt vor Älteren haben, natürlich, ich hatte meiner Großmutter immer viel Respekt entgegen gebracht, aber genauso sollte man sich auch jüngeren Leuten gegenüber höflich verhalten.

Als der alte Kerl plötzlich anfing, irgendwas wirres vor sich hinzubrabbeln, war ich wirklich versucht, ohne meine Bestellung einfach wieder rauszugehen. Das war wirklich störend, wie er vor sich hinfasselte und es weckte unangenehme Erinnnerungen.

„Kannst du noch einen Moment warten, es gibt gerade ein Problem an der Friteuse“, wurde mir mit einem entschuldigenden Lächeln mitgeteilt und ich unterdrückte ein genervtes Stöhnen. Service würde hier definitiv nicht groß geschrieben.

„Die Katze ist knusprig!“, rief der ältere Mann in meine Richtung und ich starrte entsetzt auf das gegrillte Fleisch, das vor mir auf dem Spieß vor sich hindrehte. Der Alte war doch einfach verrückt, oder?

„Erzähl keinen Unsinn, Weiser!“, rief die Bedienung zu dem Alten, während sie konzentriert an etwas werkelte und ich fragte mich, was ich hier überhaupt noch machte. „Das is nur der Weise aus der Küche. Er erzählt immer nur Unsinn, war früher mal ein berühmter Koch oder so, bis er irgendwie durchgeknallt ist. Ignorier ihn.“

Hatte ich nach sowas gefragt? Ich wollte nicht die Lebensgeschichte von einem verrückten, alten Typ in einem Lokal hören. Ich wollte Pommes, verdammt noch mal!

Missmutig starrte ich auf die Bedienung, die endlich meine Bestellung in die Friteuse warf und sich dann wieder an die Theke stellte, immer noch mit einem freundlichen Lächeln. Der alte Mann brabbelte weiterhin etwas komisches vor sich hin. Heute war nicht mein Tag, definitiv nicht, gestern auch nicht. Vielleicht war es auch einfach nicht meine Woche. Immerhin hatte sie damit angefangen, dass Nico zuhause rausgeworfen wurde. Wobei ich mir immer noch nicht sicher war, ob er das nicht einfach geplant hatte. Zuzutrauen wäre es ihm ja.

„Hier.“ Mir wurde meine Bestellung gereicht, ich kramte die zwei Euro aus meinem Geldbeutel und verließ mit schnellen Schritten das Lokal. Ich wollte wirklich nur noch in meine Wohnung, selbst wenn da ein gequälter Nico lag, der mich mit seiner Schramme auf der Wange total rallig machte und den ich nicht anfassen durfte...

Ich aß die erste Portion Pommes eher lustlos auf den Weg nachhause. Der Regen weichte die Kartoffeln etwas auf und es schmeckte irgendwie einfach alles grau, passend zum Wetter. Aber wenigstens etwas im Magen. Seit Nico hier war, sorgte er dafür, dass ich zumindest einmal am Tag etwas aß. Mein Körper war allerdings wenig dankbar, wie Nico schon festgestellt hatte. Aber richtig schlecht war es auch nicht.

Ich betrat meine Wohnung, kickte meine nassen Schuhe in den Gang und ging mit der feuchten Jacke noch an direkt in mein Zimmer, wo Nico immer noch auf dem Bett lag und döste. Er öffnete müde seine Augen und musterte mich kritisch.

Ich hob ihm die übrige Portion Pommes hin, deren Verpackung schon leicht durchgeweicht war. Er schaute skeptisch darauf und dann in mein Gesicht. Ich wollte mich nicht entschuldigen, das einzige was ich ihm anbieten konnte, waren die Pommes.

Schließlich nahm er sie, als ich mich neben ihn setzte und er sich nicht erheben musste. Er probierte eine Pommes und verzog etwas das Gesicht.

„Ich fühl mich vergewaltigt“, meinte er schließlich.

„So schlecht fand ich die Pommes jetzt gar nicht.“

„Ich meinte nicht das Essen.“

„Ich weiß.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  ReiRei-chan
2010-02-15T15:25:18+00:00 15.02.2010 16:25
Stimmt, Avrora hat es mir aus der Seele genommen.
Ich hoffe ja das Nico nicht verdurstet bis zum Ende des Kapitels.

Hast du übrigens drei Kaps auf einmal hochgeladen? Oder hat Animexx mir nur wieder keine Meldung geschickt?

Na ja egal... das Kapitel ist einfach nur traurig. Und es erinnert mich schon an mich selbst. Weil es auch bei mir erst letztens wieder den Punkt gab zu sagen: So geht es nicht weiter!
Aber was zu ändern ist wirklich schwer.

Ich hoffe Ennoah schafft das!
Von:  CandyHolic
2010-01-30T00:03:06+00:00 30.01.2010 01:03
Armer Nico.
Ich wüsste gerne, ob er Ennoah gegenüber Gefühle hegt und
sich deswegen so benutzen lässt, oder ob er tatsächlich nur ficken will.

Von:  Avrora
2010-01-29T14:20:28+00:00 29.01.2010 15:20
ob nico auch noch was zu trinken kriegt?^^


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