Grummelnd ließ sich Kanda am Frühstückstisch nieder. Diese verdammten Bomber meinten anscheinend, ihm und Bohnenstange auch noch den letzten Schlaf rauben zu müssen. Immerhin flogen sie jetzt jede zweite Nacht.
Allen kam gähnend mit zwei Tassen Kaffee in der Hand aus der Küche, stellte eine vor Kanda hin und setzte die Andere noch im Stehen an.
Tom beobachtete die Beiden nur bei ihrem täglichen Ritual. Seit dem die Deutschen wieder regelmäßig flogen, kamen sie ohne dieses bittere Zeug gar nicht mehr in die Gänge. Er hatte es mal probiert und sich dabei geschüttelt.
Noch mal gähnend ließ sich Allen auf seinen Platz fallen und begann lustlos zu essen. Dabei piekte er Kanda so oft in die Seite, bis dieser auch begann etwas zu sich zu nehmen.
Mrs Cole kam etwas verspätet in den Saal und steuerte gleich auf die Dreiergruppe zu. Sie brauchte nicht einmal auf sich aufmerksam machen, weil die Kinder sie schon ansahen. “Guten Morgen, ihr Drei.”
Als Antwort erhielt sie ein Nicken, ein Grummeln und ein Gähnen.
Sie musste unwillkürlich lächeln. “Kommt ihr bitte nach dem Frühstück in mein Büro kommen?”
Dieses Mal einheitliches Nicken.
Kaum war sie wieder weg, nuschelte Tom in seine Teetasse: “Was sie wohl von uns will?”
“Wahrscheinlich das, worauf wir seit sechs Tagen warten.” antwortete Allen zwischen zwei Bissen.
“Das da wäre?”
“Hogwarts.” warf Kanda ein.
“Glaubt ihr, dieser Dumbledore kommt wieder her?”
“So, wie wir den vorgeführt haben? Eher nicht.”
Tom blickte von Allen zu Kanda. Da dieser aber nichts sagte, schien er zuzustimmen. Ohne weiter darauf einzugehen, wandte er sich wieder seinem Teller zu.
Nachdem auch der Letzte fertig war, erhoben sich die Drei geschlossen und machten sich auf den Weg zur Heimleiterin. Sie brauchten nicht einmal anklopfen, da die Tür wie meist offen war.
Mrs Cole unterhielt sich gerade mit einem ca 50jährigen Mann mit kurzen braunen Haaren. Er trug einen einfachen schwarzen Anzug. Er drehte sich fast sofort zu den Neuankömmlingen und lächelte sie freundlich an. “Guten Morgen, Jungs. Ich bin Professor Ivanow.”
Die ´Jungs´ nickten nur und sahen wieder zu Cole.
Sie stand auf, als die Blicke auf sie fielen. “Mr Ivanow möchte mit euch allen reden. Leider wollte er mir nicht sagen, worüber. Kann man nix machen.” Schon war sie aus dem Raum.
Ivanow lächelte immer noch. “Ihr könnt euch sicherlich denken, was ich von euch möchte.”
Allen nickte. “Sie sind ein Kollege von der Pflaume.”
“Pflaume?” Kurz schien Ivanow verwirrt, bis er anfing herzhaft zu lachen. “Oh man. Das muss ich meinen Kollegen erzählen.” Als er nach mehreren Minuten wieder runter kam, nickte er. “Ja, ich bin auch Lehrer an Hogwarts. Ich unterrichte Astronomie.”
“Sterne?”
“Ja.” Sein Blick lag kurz auf den beiden Größeren. “Seit ihr Allen Walker und Yu Kanda?”
Während sich Kandas Blick verfinsterte, nickte Allen einfach nur.
“Nun denn…” er holte zwei Umschläge aus seiner Tasche. “…ihr seit ebenfalls in Hogwarts aufgenommen.”
“Echt?” ertönte es gleich dreifach.
“Echt.” Ivanow schmunzelte, während er ihnen die Briefe aushändigte. Er sah zu Tom. “Du müsstest schon einen erhalten haben.”
Tom nickte.
“Gut.” Ivanow klatschte in die Hände und rieb sie dann etwas. “Ich soll mit euch dreien in die Winkelgasse gehen und dort die Besorgungen für die Schule machen. Meint ihr, eure Chefin erlaubt das?”
Und sie erlaubte es. Mit Freuden sogar.
Genau deshalb standen sie jetzt zu viert mitten in London und vertrauten auf den Orientierungssinn des Ältesten.
“Wissen Sie überhaupt, wo wir lang müssen?” und das fragte sich garantiert nicht nur Tom.
“Öhm…. Nein. Ich bin noch nie von außerhalb reingegangen.” Ivanow schien das Ernst zu meinen.
Allen beachtete ihn schon nicht mehr und lief bis zur nächsten Kreuzung, wo er sich umsah. Von dort aus sah er auch zurück “Suchen Sie zufällig einen Ort namens ´Tropfender Kessel´?”
“Aber ja!” Ivanow schloss zu ihm auf. “Woher weißt du das?”
Allen deutete die Straße runter.
Dort war ein Pub zu sehen, der groß als ´Tropfender Kesseln´ ausgeschildert war. Eben kam wieder eine Frau in einem seltsamen Gewandt heraus.
Glücklich klatschte Ivanow zum wiederholten Male in die Hände. “Toll! Das hast du gut gemacht, Allen!” Er wollte dem Jungen durch die Haare wuscheln, der sich aber schnell wegduckte und Abstand gewann. Er nahm ihm das aber nicht übel sondern scheuchte die Rasselbande zum Kessel.
Drinnen war es dunkel und schäbig. An vielen Tischen saßen Leute in seltsamen Klamotten und manch einer hatte schon jetzt einen über den Durst getrunken.
Ivanow scheuchte die Jungs weiter, durch den Pub zu einer Tür.
Sie standen jetzt in einem kleinen Hinterhof, umgeben von hohen Mauern.
Der Lehrer zückte seinen Zauberstab. Mit diesem tippte er auf einige der Steine. Diese schoben sich auseinander und bildeten so einen Durchgang, groß genug um selbst Envy in seiner wahren Gestallt bequem passieren zu lassen. Dahinter sah man eine breite Gasse, die von Geschäften gesäumt war.
Für das Gute Wetter welches herrschte, waren sehr wenige Leute unterwegs. Und fast keine Kinder.
“Willkommen in der Winkelgasse.” Ivanow trat einen Schritt nach vorne. “Hier bekommt ihr alles, was ein Magier braucht.”
Allens und Kandas Aufmerksamkeit lag recht schnell wieder bei ihrem zukünftigen Lehrer.
Dieser grinste auf sie runter. “Das beeindruckt euch nicht sonderlich, hm?”
Synchron schüttelten sie die Köpfe und bekamen so auch Tom wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
“Also…” Ivanow sah sich kurz um. “Wir gehen zuerst zu Ollivanders. Er macht die besten Zauberstäbe.” Er führte sie zu einem Geschäft.
Drinnen war es dunkel und auch leicht stickig. Das einzige Licht kam von ein paar Kerzen, da das Fenster vor lauter Dreck kein Licht mehr durchlassen konnte.
Hinter den Tresen stand ein 25-jähriger, der irgendetwas in ein großes Buch eintrug. Er sah sofort auf, als er die Tür hörte. “Guten Morgen, allerseits. Womit kann ich Ihnen helfen?”
Ivanow trat lächelnd zu ihm. “Diese drei jungen Herren hier wollen ihre ersten Zauberstäbe haben.”
“Na dann…” Ollivander besah sich die Kinder kurz “… der Jüngste bitte zu erst.”
Sogleich wurde Tom, wenn auch zaghaft, nach vorne geschubst. “Ha… Hallo.”
“Wie heißt du den?”
“Tom Verlost Riddle.”
“Welche ist deine Zauberstabhand?”
“Ähm… rechts?” Tom war nicht minder verwirrt, als seine Freunde. Dann stutzte er. Irgendwas war an seiner Hüfte. Sein Blick wanderte nach unten.
Ein Maßband vermaß ihn an allen möglichen und unmöglichen Stellen.
Quietschend sprang Tom zurück. Das Band machte alles von alleine, ohne menschliches Zutun.
Auch Kanda und Allen beobachteten das Band. Aber nach Komui fanden sie es nicht so seltsam, wie sie eigentlich sollten.
Das Band rollte sich zusammen und verschwand wieder in einer Schublade.
Ollivander kam auch wieder hinzu. Auf dem Arm hatte er mehrere Stabschachteln. Er lud den Stapel auf den Tisch, griff nach einer der Boxen und holte einen Zauberstab heraus: “Zwölf Zoll, Weide, Einhornhaar.” und drückte ihn Tom in die Hand. “Du musst ihn schwingen.”
Tom tat das Gewünschte. Augenblicklich entflammte ein Strauß Trockenblumen an der Wand.
“Der nicht.” Ollivander riss ihm den Stab förmlich aus der Hand und gab ihm gleich den Nächsten.
Irgendwie hatte Allen das Gefühl, dass das länger dauern könnte. Ein kurzer Blick zu Kanda offenbarte das Gleiche, weshalb er sich mit einem hoffentlich kindlich bittenden Gesicht an Ollivander wandte. “Können wir uns hier etwas umschauen?”
Der Mann nickte, obwohl er mit Sicherheit nicht mal richtig hingehört hatte. “Fasst aber nichts an.”
Allen nickte und zusammen stiefelten sie zwischen die Regale.
Hinter ein paar Ecken erhob Kanda plötzlich die Stimme. “Ich hätte nicht erwartet, dass du abhaust.”
Fast wie auf Kommando knallte es vorne und man hörte Ivanow fluchen.
Allen zog eine Augenbraue in die Höhe, während er zu Kanda blickte. “Und mich als Versuchskaninchen missbrauchen lassen?”
“Auch wieder wahr.” Kanda verschränkte die Arme hinter dem Kopf und überflog die kleinen Schildchen an den Schachteln. Bei einem schüttelte er sic. “Drachenherzfaser. Na danke.”
“Ich habe hier Vampir- und Werwolfszähne.” Allen sah auch nicht sonderlich glücklich aus. “Wusstest du eigentlich, dass Linali an Vampire glaubt?”
Schnaubend drehte Kanda ihm den Kopf zu. “Scheint sie ja nicht so falsch zu liegen.”
Kichernd drehte sich Allen wieder zum Regal, nur um das Gesicht erneut zu verziehen. “Phönixasche. Was kommt als Nächstes? Akumablut? Noahherz? Chimärenleber?”
“Mit Krallen könnte ich dienen.”
“Von was?”
“Chimären.”
“Was bitte verstehen die hier unter Chimären?”
Auf die Frage nicht eingehend, bog Kanda um die nächste Ecke.
Ollivander schüttelte den Kopf, während er die Großkatze in eine Spinne zurück verwandelte. “Du bist ein schwieriger Kunde. Aber ich finde hier schon einen Stab, der dich mag.” Und schon war er wieder weg.
Tom ließ den Kopf hängen. “Ich werde wohl doch nicht lernen können, wie man Magie anwendet.”
“Da brauchst du keine Angst haben.” Ivanow legte dem Kind eine Hand auf die Schulter. “Dass überhaupt etwas passiert, ist der beste Beweis, dass du magisch begabt bist. Hab ein bisschen Vertrauen in dich, dann wird das schon.”
Kanda ließ den Blick schweifen. Dieser Laden sah von Außen nicht einmal halb so groß aus. Er wurde aus den Gedanken gerissen, als ihm etwas auf den Kopf fiel. Verwirrt hob er das Etwas auf.
Es war eine der Zauberstabschachteln. Nur war sie im Gegensatz zu den Anderen schneeweiß und er fand auch kein Etikett, was verarbeitet war. Der Stab darin sah auch anders aus. Er war wie die Schachtel weiß und hatte am Griff schwarze Linien.
Ein leises Kichern ließ ihn aufsehen, die Augen verdrehen und sich wieder auf die Schachtel konzentrieren.
Eigentlich hatte Allen erwartet, die nächste Zeit nichts von seinem Kollegen zu sehen, doch dann erblickte er ihn am anderen Ende eines langen zauberstabgesäumten Ganges. Als ihm auch noch eine derer auf den Kopf fiel, konnte er sich das Kichern nicht verkneifen.
Prompt bekam er selbst einen Schlag auf den Kopf. Betöpelt sah er nach oben, doch da war nichts. Dafür lag vor ihm eine pechschwarze Schachtel. Auch nach mehrmaligem Drehen fand er keine Inhaltsangabe, aber der Zauberstab sah wunderschön aus.
Er war schwarz wie die Nacht und am Griff waren weiße Linien zu erkennen.
Einen inneren Impuls nachgehend und Ollivanders Warnung in den Wind schreibend, griff er in die Schachtel. Das Holz fühlte sich rau an.
Allen brauchte ihn nicht einmal zu schwingen, da wurde ihm auch schon kalt. Sein Atem wurde sichtbar und in der Luft bildeten sch winzige Eiskristalle, die lautlos zu Boden segelten. Als auch noch Kristalle am Zauberstab wuchsen, stopfte er diesen in seine Schachtel zurück.
Augenblicklich hörte der Spuk auf.
Dafür fluchte Kanda plötzlich.
Allen reagierte sofort und lief zu dem Älteren. “Alles in Ordnung?” Dass der die Schachtel noch in der Hand hielt, bemerkte er gar nicht.
“Nein verdammt!” fauchte Kanda. Zusätzlich blitzte er ihn durch einen schwarzen Schleier an. “Dieses Mistding meinte, mich abfackeln zu müssen!” Dabei deutete er auf den weißen Stab, der unschuldig neben seiner Schachtel lag.
Neben diesem glimmten ein paar Stückchen Irgendwas. Beachtete man, dass Kanda seine Haare plötzlich offen trug, war eines klar: Sein Haarband hatte Feuer gefangen.
Allen schüttelte den Kopf. “Der hier wollte mich in eine Eisstatue verwandeln. Auch nicht besser.”
Kurz sahen sich die Beiden an. Scheinbar dachten sie mal wieder das Gleiche.
Allen drückte Kanda die schwarze Schatulle in die Hand, während er sich nach dem weißen Stab bückte. Er staunte nicht schlecht, als auf dem Zauberstab rote und goldene Funken schossen. “O.K?”
Kanda sah auch auf das seltsame Phänomen. Obwohl ihm das nicht geheuer war, nahm er den schwarzen Zauberstab aus seiner Box. Immerhin passierte bei ihm etwas Ähnliches. Ein silbern - violetter Funkenregen ging auf Beide nieder.
Tom sprang freudig in die Luft, während der Zauberstab in seiner Hand grüne Funken sprühte.
Ivanow grinste erleichtert. “Siehst du. Ein Stab passt zu dir.”
Ollivander hatte noch die Schachtel in der Hand und sah auf das Etikett. “Elf ½ Zoll, Eibe, Phönixfeder.” Er sah auf. “Die Eibe steht für Tod und Wiederauferstehung. Ein mächtiger Stab.”
“Der Erste wäre geschafft.”
“Nach einer Stunde!”
Ivanow sprang fast vor Schreck in die Luft. “Kanda!”
Die zwei Homunkuli standen schon ein paar Minuten wieder da und hatten zugesehen. Jetzt starrten sie verwirrt zu ihrem Lehrer.
Ollivander suchte währenddessen die Stäbe von seinem Tisch zusammen und nuschelte. “Hoffentlich gehen die Anderen schneller.”
Kanda schmiss ihm einfach die schwarze Schatulle vor die Nase.
Augenblicklich wurde Ollivander weiß und stolperte beim Zurückweichen über seine eigenen Beine. “Da… du… Ich habe doch gesagt, ihr sollt nichts anfassen!”
Allen verschränkte die Arme vor der Brust. “Die sind uns auf den Kopf gefallen.”
“Die? Mehrere?”
Nickend legte Allen die weiße Schachtel daneben,
Ollivander zuckte zusammen und riss die Arme schützend hoch.
Nicht nur Allen und Kanda, sondern auch Tom und der Professor waren verwirrt. Ivanow fragte: “Was ist los?”
Ollivander öffnete erst ein Auge, blinzelte dann und: “Merlin sei Dank.” Er fixierte die zwei neu hinzugekommenen. “Habt ihr sie herausgenommen?”
Allen nickte, während Beide die Stäbe aus den Schatullen nahmen, kurz schwangen und wieder in dem Funkenregen standen.
Langsam rappelte sich Ollivander wieder auf. “Wer hätte gedacht, dass die Beiden mal ihre Besitzer finden würden.” Er sah den Jungs tief in die Augen, während er fortfuhr. “Diese Stäbe haben die dumme Angewohnheit, hin und wieder alles in die Luft zu jagen. Meint ihr, ihr könnt mit diesen tickenden Zeitbomben umgehen?”
Allen zuckte einfach mit den Schultern. “Damit sind sie uns doch recht ähnlich. Woraus bestehen sie überhaupt?”
“Ich kann es euch nicht mit Sicherheit sagen. Um diese Stäbe ranken sich zwei Legenden. Eine, dass sie den ersten Magiern gehört haben und die Andere, dass Merlin sie erschaffen hat. Das Einzige, was sicher ist, ist dass diese Stäbe schon Menschen getötet haben.”
“Wann?”
“Im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Einzelne. Meistens waren es Menschen, die versucht haben, diese Stäbe zu nutzen.” Ollivander beendete seine Rede und beobachtete die Reaktion der zwei Jungen.
Beide nickten nur verstehend und verstauten die Stäbe wieder in ihren Schachteln.
Ivanow trat auch heran. “Wollt ihr diese Stäbe wirklich behalten?”
Bevor wir den halben Laden ausprobieren sollen, ja.” Diese Antwort seitens Allen war irgendwie klar gewesen.
Ollivander schluckte noch mal kurz, bevor er sich vollständig zum Professor drehte. ”Das macht dann sieben Galleonen.”
“Für drei Stäbe?”
“Ich bin froh diese Beiden da los zu sein.” Damit nickte er zu Allen und Kanda.
Ivanow bezahlte, wenn auch verwirrt.
Ollivander war mehr als erleichtert, als die Gruppe aus seinem Laden raus war.
Doch Allen warf noch mal einen Blick zurück. “Sollten wir jetzt beleidigt sein?”
“Warum?” Der Lehrer sah fragend zu ihm, jedoch schüttelte Allen nur den Kopf. “Also gut.” Auch wenn er nicht wirklich verstand, was los gewesen war, ging er ein paar Läden weiter. “Das hier ist Madam Malkins. Hier bekommt ihr eure Schuluniformen.” Er öffnete die Tür und trat ein. “Es ist sogar gerade leer.”
Eine Frau kam auf sie zu. “Hogwartsuniformen?” Bevor jemand antworten konnte, redete sie auch schon weiter. “Hab alles hier. Wir können sofort anfangen.” Schon wurden Tom und Allen auf zwei Schemel verfrachtet.
Sofort kam auch noch eine zweite Frau an. Sie hatte ein paar Umhänge in der Hand. Einen reichte sie weiter und einen streifte sie einfach Allen über den Kopf. “Na dann wollen wir mal.”
Beide fingen an, die Umhänge abzustecken.
Tom war als erstes fertig und froh von dem Hocker runter zu kommen.
Kanda schaffte es, ohne eine Gefühlsregung an dessen Stelle zu treten und die Prozedur über sich ergehen zu lassen.
Die Frau bei Allen grinste zu ihm auf. “Freust du dich schon auf Hogwarts, Süße?”
Sofort verfinsterte sich sein Gesicht. “Ich bin ein Junge.”
Beide Frauen sahen zu dem Weißhaarigen, bevor sie sich schnell wieder an die Arbeit machten.
Ivanow grinste nur. Er selbst hätte Allen auch für ein Mädchen gehalten, wenn er dessen Namen nicht vorher schon gekannt hätte.
Durch den Temposchub der Schneiderinnen wurden Allen und Kanda nur kurze Zeit später fertig.
Während die Frauen nach hinten verschwanden, sahen sich die Jungs etwas um. Neugierig, wie sie waren, folgten Allen und Tom ihnen sogar.
Allen fiel fast sofort etwas ins Auge. Auf einem Haufen Stoffstücken lag ein blutrotes Band. “Er wartete kurz, bis sich eine der Frauen zu ihm umdrehte. “Was machen Sie mit dem Band da?” Er deutete darauf.
Diejenige, die ihn abgesteckt hatte, antwortete: “Gar nichts. Es ist zu wenig, um noch etwas Sinnvolles damit anzustellen.” Sie musterte ihn kurz. “Wenn du magst, kannst du es haben.”
“Vielen Dank.” Allen nahm das Band und verschwand wieder in den Vorraum. Er ging sofort auf Kanda zu und drehte ihn mit dem Rücken zu sich.
“Bohnenstange! Was zum…?”
“Halt still!” Allen schnappte sich einfach die langen Haare, fummelte kurz an ihnen herum, “So. fertig.” und ließ von ihnen ab.
Ruckartig drehte Kanda sich um. Dabei bemerkte er, dass seine Haare anders fielen, als sie sollten. Er tastete danach und bemerkte dadurch auch warum. Seine langen Haare waren wieder in ihre übliche Frisur gebändigt und mit einem Band fixiert. Fragend zog er eine Augenbraue in die Höhe.
Allen grinste nur und drehte sich zu den Frauen, die gerade wieder den Raum betraten.
Die Ältere sprach kurz mit dem Erwachsenem, bis ein paar Münzen und Beutel den Besitzer wechselten.
Ivanow ging mit den Jungs wieder nach draußen und hielt auf die Buchhandlung zu. “Das hier ist Flourish & Bloth. Hier gibt es alles, was es an Büchern in der magischen Welt gibt.”
Weit hinten im Laden war ein Stand aufgebaut. Über ihm war das gleiche Symbol angebracht wie auf ihren Briefen - das Hogwartswappen.
Die Frau hinter dem Tresen beugte sich lächelnd zu den Kindern. Den Erwachsenen ließ sie erst einmal unbeachtet. “Hallöchen. Wollt ihr auch nach Hogwarts gehen?”
Tom nickte freudig. “Ja! Wir haben sogar schon unsere Zauberstäbe.”
Sie lächelte. “Das ist toll.” Sie blickte zu den anderen Beiden. “Und jetzt wollt ihr eure Bücher für das erste Jahr haben, oder?”
Die Antwort war dreigeteilt: Missachtung, nicken, sowie erfreutes Rumgehüpfe.
Also beschäftigte sie sich wieder mit dem Interessierten. “Hast du auch deine Bücherliste?”
Tom nickte und holte den Brief hervor. Er faltete das zweite Pergament auseinander und zeigte es der Frau.
Diese las sich die Liste konzentriert durch.
Kanda musste sich auf die Zunge beißen, um sich nicht über die schauspielerischen Künste der Verkäuferin auszulassen. Sie tat es ja nur für den Knirps.
So hatte sie schlussendlich drei gleiche Stapel Bücher auf dem Tresen liegen. Zusätzlich schnappte sie sich noch ein Buch, welches auf sie zugeflogen kam und legte es auf Toms Stapel.
Jener sah auf den Buchrücken. “Beedele der Barde?”
Die Frau lächelte immer noch. “Ich schenk es dir.” Sie zwinkerte dem Kind zu und gab auch Ivanow zu verstehen, dass er das Buch nicht bezahlen brauchte.
Und das tat er auch, wenn auch ungern.
Wieder vor dem Laden hatte jeder der Jungs einen weiteren Beutel in der Hand.
Ivanow kramte eine Uhr aus der Tasche und sah drauf. “Es ist jetzt kurz nach zwölf. Gehen wir noch schnell in die Apotheke und dann bring ich euch wieder zurück, in Ordnung?”
Was sollten sie schon dazu sagen? Also stimmten die Jungs zu.
In der Apotheke war es stickig.
Auf den Regalen waren Gefäße mit Pülverchen und Flüssigkeiten untergebracht. Auf der gegenüberliegenden Seite waren Flakons untergebracht, jede sauber beschriftet.
Während Ivanow mit dem Mann hinter dem Tresen sprach, sahen sich die Jungs um.
Bei einigen Namen schmunzelten sie, zumindest bis Allen sich ruckartig umdrehte und schüttelte.
Tom und Kanda beugten sich zu dem Glas, welches den Dritten verschreckt hatte. Tom wusste nicht wirklich was damit anzufangen, wohingegen Kanda mit schockgeweiteten Augen auf das Schild starrte.
Der Apotheker hatte das Schauspiel bemerkt und trat zu ihnen. “Was ist denn mit euch los?”
Allen fragte nur: “Wo bekommen Sie die Sachen her?”
“Von Lieferanten weltweit. Warum?”
“Werden die Wesen extra dafür getötet?”
“Teilweise ja.”
Allen schüttelte sich noch mal und “Ich brauche frische Luft.” Schon war er draußen.
Kanda sah noch mal kurz zu dem Verkäufer, bevor er Bohnenstange folgte.
Der Ladeninhaber sah verwirrt hinterher, bevor er sich zu dem Übriggebliebenen drehte. “Worauf haben sie gesehen?”
Tom deutete aus eines der Gläser auf dem ´Dracheneierschalen´ stand.
Ivanow trat zu den beiden Jungen, die vor der Apotheke saßen. “Was war los mit euch?”
Allen sah kurz auf und starrte dann wieder ins Nichts. “Haben Sie schon mal einen echten Drachen gesehen? Wie er seine Flügel spannt? Wie sich seine Muskeln bewegen, wenn er sich in die Luft erhebt? Oder wie sich seine Krallen präzise in sein Opfer graben?”
Ivanow sah mehr als verwirrt aus. “Nein. Wie auch? Drachen gelten nicht umsonst als die gefährlichsten Wesen der Welt.”
“Menschen sind gefährlicher.” gab ausgerechnet Kanda seinen Senf dazu.
Immer noch verwirrt sah auch Tom zwischen seinen Freunden hin und her. “Habt ihr so etwas schon mal gesehen?”
Beide sahen fest zu dem Kind und meinten geschlossen: “Mehrfach.”
“Wann denn?”
“Im Laufe der Zeit.” Beide wandten sich wieder ab und starrten in die Ferne.
Ivanow merkte sehr wohl, dass er jetzt nichts mehr erreichen würde. Darum ging er zum nächsten Punkt der Liste über.