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Heimliche Liebe

von

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2. Kapitel

Vier Tage später fand dann der Wettkampf auf dem Marktplatz statt. Kanon hatte Bou davon überzeugen können den neuen Song mit ihm zu spielen. Dieser hatte, wider Kanons Erwartungen, nicht gezögert zuzustimmen, nachdem er den Text gelesen hatte. Das kam ihm etwas komisch vor, doch er wusste, dass er aus dem anderen nichts rausbekam, wenn der nicht wollte. Also sagte er nichts dazu. Es hatten sich viele Künstler eingefunden. Darunter Feuerspucker, Jongleure, Seiltänzer, aber auch andere Musiker. Kanon war ziemlich aufgeregt, aber er litt auch unter Schlafmangel. Selbst Bou war seine Nervosität anzumerken. Kurz bevor sie dran waren, war sie am Größten. Als sie dann jedoch endlich auf der „Bühne“ standen, die aus einer kleinen Erhöhung auf dem großen Platz bestand, hatten sie nur noch Spaß daran, dabei zu sein und ihr Können zu zeigen. Und zum Schluss geschah das, was die Jungs nicht für möglich gehalten hatten. Sie gewannen. Ihr Preis bestand aus 1000 Euro. Diesen sollten sie sich bei dem Veranstalter zu Hause abholen. Aiji Kiryu trat vor die beiden und musterte sie. Wieder mal blieb sein Blick an Bou am längsten hängen. Und wie letztes Mal erkannte Kanon die Begierde in dessen Augen und er fühlte doch tatsächlich Eifersucht. Bou schien unter den Blicken zusammenzusacken. Als Aiji dies sah, breitete sich ein triumphierendes Grinsen auf seinem Gesicht aus. Dann wurden seine Züge wieder hart und er sagte: „Ich freue mich für euch. Mein Herr erwartet euch bei sich. Ich werde euch zu ihm bringen. Folgt mir.“ Gehorsam setzten sich die beiden in Bewegung.
 

Aijis „Herr“ hieß Yuu Matsumoto. Er war ein älterer Mann, so in die 50, mit grauen Haaren. Er begrüßte die beiden sehr freundlich, doch auch sein Blick ruhte seltsam lange auf Bou, der diesem nicht lange standhielt und seinen Kopf senkte. Matsumoto übergab ihnen das Preisgeld und lud sie hinterher noch zum Abendessen ein und darauf, dass sie die Nacht in seinem Haus verbrachten, da es schon recht spät war. Sie willigten ein, obwohl Bou dabei ein sehr ungutes Gefühl hatte, aber er sagte nichts. Nach dem Essen wurden sie in ein Gästezimmer geführt. Dort standen ein großes Doppelbett, ein Kleiderschrank, eine Sitzecke und eine Minibar. Völlig erschöpft ließ sich Kanon auf das Bett fallen, während Bou deplaziert im Raum stand. Kanon sah verwirrt zu ihm und fragte: „Willst du etwa nicht schlafen?“ Doch er erwartete keine Antwort von dem Blonden, kroch mit voller Montur unter die Bettdecke und schloss die Augen. Wenig später schlief er tief und fest. Das hatte er auch dringend nötig, denn in den letzten Nächten hatte er durch Bous Albträume selbst kaum Schlaf gefunden. Dieser ging nun langsam auf das Bett zu und legte sich neben Kanon. Bevor er jedoch selbst die Lider schloss und versuchte zu schlafen, stützte er sich auf beide Arme und beugte sich zu Kanon bis seine Lippen ganz nah an dessen Ohr waren und er flüsterte: „Ich weiß, dass du so viele Fragen an mich hast, da ich dir eigentlich jeden Tag wieder neue aufwerfe und ich würde dir gerne alles erklären, damit du mich halbwegs kennst und verstehst, aber ich kann es nicht, egal wie sehr ich es will. Du würdest etwas völlig falsches von mir denken, denn mein Geheimnis würdest du mir niemals zutrauen, und das ist das, was ich am aller wenigsten will. Ich hoffe, du kannst mir das irgendwann verzeihen.“ Dann legte er sich dicht neben Kanon und fiel seit langer Zeit in einen ruhigen Schlaf.
 

Mitten in der Nacht wachte Kanon plötzlich auf. Die ganze Zeit hatte er im Unterbewusstsein etwas Warmes neben sich gespürt, das wohl Bou gewesen sein musste, doch als er neben sich tastete, war da nichts. Hastig schaltete er die kleine Stehleuchte neben dem Bett an und riss die Augen auf, als er sah, dass Bou nicht da war. Wo konnte er nur um diese Uhrzeit sein? Genau in dem Moment kam ihm ein Gedanke, der ihn vermuten ließ, was los war oder zumindest, wer an dem Verschwinden des Blonden Schuld war. Denn dieser hatte sich in Aijis Gegenwart immer merkwürdig verhalten. Soweit man das sagen konnte, denn sein Verhalten fand Kanon schon die ganze Zeit seltsam, aber diesmal war es schlimmer gewesen. Kanon stand auf und flitzte zur Tür, ehe er sie nur eine Sekunde später hinter sich zufallen ließ. Er suchte das gesamte Haus von Matsumoto ab, doch er fand Bou einfach nicht. Er wollte schon aufgeben, zurück ins Zimmer gehen und sich seinen wohlverdienten Schlaf holen, als er plötzlich an einer Tür vorbeikam, an deren Klinke ein Schild mit der Aufschrift “Keep out!” hing. Er drückte sein Ohr neugierig gegen das Holz um zu lauschen. Von drinnen hörte er einen lauten Knall und darauf folgte ein Schrei, den er kannte. Er war jede Nacht mehrmals gedämpft von Bou zu hören gewesen und er war sich hundertprozentig sicher, dass er auch diesmal von dem kleinen Sänger kam. Mit zitternder Hand griff er nach der Türklinke, drückte sie langsam runter und öffnete die Tür einen Spalt breit. Als er das Geschehen in dem Zimmer erblickte, stockte ihm der Atem und er schluckte trocken. Wieder waren der Knall und dann der Schrei zu hören und Kanon riss ungläubig die Augen auf. Ein leiser Schrei kroch seine Kehle hinauf und er hatte Glück, dass die beiden Personen in dem Zimmer ihn nicht gehört hatten. Eine kurze Weile beobachtete er das Ganze noch, bis er die Tür ganz aufriss und in den Raum trat.
 

„Hören Sie endlich auf damit!“ Erschrocken wandte sich Aiji zu ihm um und auch Bou hob seinen Kopf als er Kanons Stimme gehört hatte. Aiji trug eine schwarze Lederhose und ebensolche Handschuhe und dazu ein weißes Hemd. In der Hand hielt er eine kurze Peitsche, an der eine rote Flüssigkeit klebte. Dann wanderte sein Blick zu Bou. Mit schweren Stahlketten, die an seinen Handgelenken festgemacht waren, hing er von der Decke. Seine Füße berührten gerade so noch den Boden und seine Augen wurden von einer schwarzen Binde verdeckt. Er trug immer noch die blaue Jeans, doch das schwarze Shirt hing in Streifen von seinem Oberkörper und war blutverschmiert. Leise flüsterte Bou: „Kanon…“ „Was willst du hier?“, fragte Aiji mit strenger Stimme. Aber Kanon ging nicht darauf ein und fragte seinerseits: „Was machen Sie denn da? Merken Sie nicht, dass er darunter leidet?“ Ein dreckiges Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen aus. Er trat hinter Bou und sagte dicht neben dessen Ohr: „Du hast es ihm also noch gar nicht verraten.“ Der Blonde zuckte durch die plötzliche Nähe zusammen und als Aiji ihn umarmte und mit den Händen seine verletzte Brust berührte, wimmerte er. Aiji wandte sich wieder an Kanon, der seine Hände zu Fäusten geballt hatte. Seine Lider waren bis auf einen kleinen Spalt geschlossen. „Weißt du, der Kleine hier steht nämlich auf Schmerzen.“ Er ließ den Satz so im Raum stehen und beobachtete Kanons Reaktion. Der riss nur die Augen auf und brachte ein kurzes „Was?!“ raus. „Ja, du hast mich richtig verstanden.“ Bou spannte seinen Körper an. Kanon hatte das Gefühl, dass der Blonde am liebsten im Erdboden versinken würde. >Das war also sein Geheimnis?! <, dachte sich Kanon. Doch zum Weiterdenken kam er nicht, denn da sprach Aiji auch schon weiter: „Er arbeitet eigentlich für meinen Herrn, dem der wohl angesagteste S/M-Club der Stadt gehört und genau dort hat Bou jede Nacht damit verbracht von den Kunden gezüchtigt zu werden. Es gibt bei uns gewisse Regeln zu beachten und eine davon hat er gebrochen. Es ist den Mitarbeitern des Clubs verboten, sich zu verlieben, aber genau das hat er getan. Er hat sich verliebt.“ Ganz sacht strich er mit seinen Fingern über die Striemen, die die Peitsche auf Bous Haut hinterlassen hatte, sodass dieser seinen Kopf in den Nacken sinken ließ und leise aufstöhnte. Kanon konnte bei dem Anblick kaum noch atmen. „Doch…wieso ist er überhaupt in den Club eingestiegen?“, brachte er mühsam hervor, den Blick starr auf den Blonden gerichtet. „Sein Vater hat seine Vorlieben entdeckt und ihn im Club angemeldet. Yuu Matsumoto hatte Gefallen an ihm gefunden und niemand würde sich ihm jemals widersetzen. Die Kunden ‚lieben’ Bou und er wurde schnell zu unserer Attraktion. Den Grund hast du vielleicht schon mitbekommen. Seine Stimme ist etwas Besonderes. Wenn er singt, zieht er damit wohl jeden in seinen Bann und vielen raubt er damit auch den Verstand.“ Kanon rang nach Fassung. Als er diese wiedererlangt hatte, sagte er vorwurfsvoll: „Aber es scheint ihm wehzutun.“ „Natürlich. Das ist ja der Sinn der ganzen Sache. Bou mag es zwar, Schmerzen zu spüren, aber auch das hat seine Grenzen und die überschreite ich gerade bei jedem Peitschenhieb. Das ist die Strafe dafür, dass er eine Regel missachtet hat. Eigentlich sollte er diese schon vor ein paar Tagen erhalten, aber er ist völlig ausgeflippt, als ich ihn mit einem Messer quälen wollte.“ „Daher also die Verletzung an seinem Bein?!“ „Genau. Die habe ich ihm zugefügt. Er konnte sich befreien und ist weggelaufen. Den Rest kennst du.“ Kanon nickte nur. Er war nicht fähig etwas zu sagen. Zuerst musste er alles verarbeiten, was er gerade über Bou erfahren hatte. Nun ergab für ihn alles einen Sinn: Bous Albträume, die Laute und Worte, die er im Schlaf von sich gegeben hatte und die vielen Situationen, in denen er auf seine Fragen keine Antworten gegeben hatte und schwieg. Bou hatte nie gewollt, dass er es erfährt und schon gar nicht so.
 

Als Aijis Lippen gerade Bous Ohr berühren wollten, klingelte plötzlich sein Handy und Kanon wurde durch den Ton aus seinen Gedanken gerissen. Aiji verließ mit Telefon am Ohr den Raum. Sofort rannte Kanon zu dem Blonden und nahm ihm die Binde ab, damit er in dessen Augen sehen konnte, doch Bou hatte seine Lider geschlossen. Er konnte dem anderen jetzt nicht in die Augen sehen. Er wollte nicht wissen, was er in ihnen zu sehen bekam. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen bis Kanon die Stille brach, die sich über die beiden gelegt hatte. „Ich hol dich hier raus. Weißt du wo sich der Schlüssel für die Ketten befindet?“ Bou nickte und sagte dann: „Er hat ihn in der Lederjacke, die dort drüben auf dem Sessel liegt.“ Kanon sah sich in dem Raum um und entdeckte den Sessel. Er lief auf ihn zu, kramte in der Jacke und als er den Schlüssel gefunden hatte, warf er sie achtlos auf den Boden. Wieder bei Bou stellte er sich ganz nah vor ihn, sodass er an dessen Handgelenke herankam. Sein Herz schlug durch die Nähe zu dem Blonden merklich schneller. Mit einem leisen Klicken öffneten sich die Schlösser und Bous Arme waren frei. Auf der Stelle machte er einen Schritt von Kanon weg. Die Augen hatte er immer noch geschlossen. Doch der Schwarz-blonde ließ ihn keinen weiteren Schritt machen, griff nach einer Hand des Sängers und zog ihn mit sich aus dem Raum. Er sah sich um, ob sie auch niemand beobachtete und verließ mit Bou so schnell wie möglich Matsumotos Haus.
 

Draußen war es kühler geworden und Bou zitterte. Kanon bekam dies mit, zog seine Jacke aus und legte sie dem anderen um die Schultern. Der nahm sie dankend an. „War doch gut, dass ich mir eine Jacke mitgenommen habe.“ Bou senkte den Kopf und flüsterte: „Danke, aber ist dir nicht kalt?“ Kanon sah zu ihm und sagte: „Im Gegensatz zu deinem, hängt mein Shirt nicht in Fetzen.“ Die Worte waren nicht hart, aber sie hatten trotzdem ihre Wirkung bei Bou, denn er verkrampfte sich. Das blieb nicht unbemerkt und der andere sagte schnell: „Entschuldige. Das hätte ich nicht sagen sollen. Mach dir keine Sorgen. Bis nach Hause werde ich schon nicht erfrieren. Komm, lass uns gehen.“ Bou kam dieser Aufforderung nach und folgte ihm.
 

Zu Hause angekommen setzte sich Kanon auf sein Bett und Bou stellte sich ans Fenster und sah zu seinem Kumpel. Schweigen breitete sich aus. Als es Bou nicht mehr aushielt, fragte er: „Und was hältst du nun von mir? Ich wollte nicht, dass du es so erfährst, weil ich Angst hatte, du könntest etwas Falsches von mir denken und nichts mehr mit mir zu tun haben wollen.“ „Das ist doch Unsinn, Bou. Warum sollte ich das tun? Ich respektiere deine Vorlieben, denn jeder Mensch hat doch Hobbys, egal wie krank sie für andere scheinen und du bist auch nicht der Einzige. Ich würde es nicht aushalten, dich nicht mehr bei mir zu haben. Schon das Schweigen zwischen uns war kaum zu ertragen. Ich denke nichts Schlechtes von dir. Das könnte ich einfach nicht, denn dafür liebe ich dich viel zu sehr.“ Bou riss erstaunt die Augen auf. „Was hast du gerade gesagt?“ „Dass ich dich liebe. Doch du wirst meine Gefühle wohl nicht erwidern, denn du hast dich bereits in jemanden verliebt, bevor wir uns kannten.“ Auf Bous Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. „Da liegst du falsch.“ Er stieß sich vom Fenster ab und lief auf Kanon zu, hockte sich vor ihn hin und sah in dessen braune Augen. In ihnen spiegelte sich Verwirrung wider. „Es stimmt schon, dass ich mich verliebt hab, aber nicht in irgendjemand, sondern in dich.“ Kanon sah ihn mit großen Augen an. „Wann?“ „Nicht erst in den letzten Tagen, sondern schon viel früher. Immer wenn ich im Club Pause hatte, hab ich mich rausgeschlichen und bin auf den Markt gegangen und am Tag hast du dort Gitarre gespielt. Und gleich beim ersten Mal hab ich mein Herz an dich verloren. Eines Tages ist mir Aiji hinterher geschlichen und hat es so rausbekommen.“ Eine Weile schwiegen sie wieder und ließen die Worte auf sich wirken. Bis Kanon das Schweigen brach. „Ich will nicht, dass du in den Club zurückgehst.“ „Ich glaub nicht, dass sie mich einfach so gehen lassen. Sie werden mich suchen, und wenn sie uns zusammen finden, weiß ich nicht, was sie dann tun werden.“ Bou senkte seinen Blick, doch nicht lange, denn Kanon legte ihm eine Hand unter das Kinn und hob sein Gesicht wieder an. „Darüber mache ich mir noch keine Gedanken. Das ist mir gerade völlig egal, solange zwischen uns alles klar ist. Und hab bitte keine Geheimnisse mehr vor mir.“ Bous Mundwinkel hoben sich zu einem seltenen Lächeln. Er nickte und sagte: „Ich verspreche es dir.“, bevor sich seine Lippen sanft auf Kanons legten.



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