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Ray Ban

FF zur Buchreihe S.T.A.L.K.E.R.
von

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Kapitel 5

Ort: Die Zone

Gebiet: Wächterlager

Kontrolliert: Duty Fraktion
 

David kam es so vor, als ob die Nächte immer finsterer wurden. In letzter Zeit schien nicht mal mehr der Mond. Es gab zwei Dinge, die ihn davor bewahrten, Bekanntschaft mit einer Mauer oder einem Schlagloch zu machen: die Suchscheinwerfer der Wachposten auf den Türmen, die im bestimmten Rhythmus wendeten und die Wege erleuchteten und seine telepatischen Fähigkeiten. Fähigkeiten, die er niemals haben wollte.
 

Rothe schlenderte durch die Gassen des Wächterlagers. Er hatte vor einer Weile versucht, sich schlafen zu legen, doch die Sorge um Kim liess ihm keine Ruhe. Also entschloss er sich, das Wächterlager genauer zu inspizieren. Das Lager war kein architektonisches Meisterwerk, es erfüllte lediglich seinen Zweck. Duty bestand aus ehemaligen Soldaten, die im Dienste des Militärs standen und für sie Missionen in der ,[i[Zone erledigten. Bis sie schliesslich von jenen dazu verdammt wurden, in der Zone zu bleiben und diese von Mutanten zu befreien. Im Gegenzug wurden die Wächter vom Militär mit Waffen und Nahrungsmitteln versorgt. Doch in letzter Zeit versiegte der Nachschub durch Überfälle von Banditen und Mutanten dermassen, dass sich Duty darin gezwungen sah, die bisher gesammelten Artefakte, die bisher kostenlos gehandelt wurden gegen Lebensmittel, die freie Stalker dabei hatten, tauschen oder sie als private Transporteure einzustellen um die Versorgung an Nahrung und Waffen auch weiterhin zu gewährleisten.
 

Auf seinem Weg kamen ihm hin und wieder ein paar Wächter und Solitärstalker - Stalker, die keiner Fraktion angehören und sich als Einzelgänger durch die Zone schlugen - entgegen, die ihn freundlich grüssten. David war es unangenehm, dass ihm soviel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Er war lieber alleine. Menschenmengen waren ihm schon in seinem früheren Leben ein Gräuel.
 

Es gab genau drei Menschen, denen er sein Leben anvertraute. Alexander, Igel und Kim.
 

Kim.
 

Allein schon ihr Name löste einen stechenden Schmerz in ihm aus. Wie konnte er es zulassen, dass sie von den Monolith Stalkern entführt wurde? Er hätte hinterher laufen und jeden einzelnen eliminieren müssen. Nur für Kim. Aber Alexander hatte ihn zurückgehalten. Ein Teil von ihm nahm das Marinin mehr als nur übel und hasste ihn dafür. Der andere Teil zeigte Verständnis für sein Handeln. Hätte David sie verfolgt, wäre er jetzt mit hundertprozentiger Sicherheit ebenfalls gefangen genommen worden. Und hätte damit dem Feind direkt in die Hände gespielt und seine Arbeit erleichtert.
 

David schloss die Augen und ballte seine Fäuste. Die Zeit drängte. Mehr denn je. Kims Leben hing davon ab, wie schnell sie sie retten konnten. Sicherlich, sie war äusserst zäh und willensstark, aber alles hatte ein Ende, auch jeder noch so starker Charakter. Rothe merkte, dass sich sein Herz anfing, schneller zu schlagen. Die Verzweiflung nahm langsam aber sicher Oberhand und er verfluchte sich innerlich dafür. Und das konnte er in der Zone als Letztes gebrauchen. Vor langer Zeit, sogar schon vor seinem Leben in der Zone, schwor er sich, dass er sich niemals verlieben würde. Liebe war hinderlich und löste nur Probleme aus. Das sah er jedes Mal, wenn sich einer seiner damaligen Freunde bei ihm ausheulte oder rummaulte, wenn es mal wieder Stress mit der Freundin gab.
 

Dennoch konnte er im Moment nur noch an Kim denken. Es machte ihn fast wahnsinnig. Er schüttelte seinen Kopf, um endlich wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Zumindest versuchte er es.
 

Als er das Ende einer langgezogenen, heruntergekommenen Baracke erreichte und ums Eck bog, tat sich ihm die Sicht auf eine Art Lagerhalle auf, die allerdings mehr einem Gerüst aus nackten Stahlträgern glich. Fast wäre ihm entgangen, dass auf einem der höher gelegenen Träger ein Mann sass. David hatte ihn nur bemerkt, da der Mann eine glimmende Zigarette in der rechten Hand hielt, die eine kleine Rauchfahne aufsteigen liess. Ansonsten war die Figur so starr wie eine Salzsäule. Keine Bewegung. Rothe musste nicht genauer hinschauen, um sich zu vergewissern, um wen es sich handelte. Er konnte die Präsenz des Mannes nicht spüren. Es war etwas ganz besonderes, da David sofort spürte, wer oder was sich in unmittelbarer Nähe aufhielt. Doch hier stiess er auf eine Art Barrikade. Also konnte es sich nur um Igel handeln. Aber was machte er denn hier draussen? War er nicht mit Marinin im 100Rad einen heben? Vielleicht hatten sie sich gezofft und sind vom Wirt rausgeworfen worden. Möglich wäre es, da Alexander und Igel wie Hund und Katz waren und er sich wunderte, dass beide sich nicht schon längst gegenseitig an die Gurgel gegangen waren.
 

David wusste nicht so Recht, ob er Igel Gesellschaft leisten oder sich auf die Suche nach Alexander begeben sollte. Er wähnte die Erfolgschancen ab, wer ihm vielleicht eine Antwort geben könnte und seine Wahl fiel auf den Scharfschützen. Dieser redete schliesslich wie ein Wasserfall während Alexander ein geschlossenes Buch war, wenn er nicht reden wollte.
 

Also suchte er nach einem Weg um auf das Gerüst zu kommen. Dies erwies sich als schwieriger als er dachte. David fand keinen vernünftigen Aufgang. Weder eine Treppe, noch einen quer liegenden Balken, auf dem er hätte hoch laufen können. Wie um alles in der Welt war Igel da hoch gekommen? Allerdings war bei diesem listigen Stalker alles möglich. Seine Hand wanderte beinahe aus Reflex in die Brusttasche seiner olivgrünen Kapuzenjacke, die seinen wertvollen Nachtstern enthielt. Seine Finger umschlossen das seltene und kostbare Artefakt aus der Zone und er spürte, wie er langsam den Boden unter den Füssen verlor. Ohne besondere Anstrengung schwebte er senkrecht ein paar Meter empor und landete schliesslich genau auf dem Streben, auf dem auch Igel sass. Langsam schlenderte er auf ihn zu und setzte sich schliesslich schweigend neben ihn.
 

Der Stalker mit den zu Stacheln hochgegelten, schwarzen Haaren schien David entweder zu ignorieren oder er hatte ihn gar nicht bemerkt. Letzteres fiel mit Sicherheit flach, da Igel als Scharfschütze hervorragende Sinne hatte und Davids Schritte für sein geschultes Gehör dem Trampeln eines Elefanten glichen.
 

Diese ungewohnte Stille war David allerdings gerade recht. Er genoss einfach die stille Zweisamkeit und das gleichmässige ruhige Atmen des Mannes neben ihm. Hin und wieder schielte er zu Igel nur um zu bemerkten, dass dieser sich keinen Millimeter bewegt hatte. Inzwischen war auch die ungefilterte Papirossi fast abgebrannt. Er bemerkte, dass Igel wohl nur zu Anfang ein paar Züge genommen hatte und dann den Glimmstengel ignorierte. Es schien beinahe so, als ob Igel mit seinen Gedanken gar nicht hier auf der Erde war, sondern ganz weit weg. Sein starres Gesicht, das einer Maske glich, und die dunkle Ray Ban, die er trotz der Dunkelheit aufbehielt, verliehen ihm eine geradezu unheimliche Aura.
 

Die einzige Bewegung, die Igel in der nächsten halben Stunde tat, war die heruntergebrannte Zigarette von sich zu werfen, bevor er sich seine Finger an ihr verbrannte.
 

Die lange, unbequeme Sitzerei auf dem Stahlträger machte sich langsam durch einen schmerzenden Hintern bemerkbar. David stand auf und streckte sich damit er seine Blutzirkulation wieder in Gang bekam. Dabei bemerkte er gar nicht, dass Igel in der Zwischenzeit ebenfalls seine sitzende Position verlassen hatte und nun hinter David stand.
 

„Du machst dir zu viele Sorgen um die Kleine. So hübsch wie sie ist, so zäh ist sie auch. Und diese Monolith Freaks werden ihr mit Sicherheit nichts tun. Vergiss nicht, wenn sie sie hätten töten wollen, hätten sie die Chance längst dazu gehabt. Du solltest lieber aufpassen, dass die dich nicht schnappen. Hab nämlich absolut keine Lust, dass mir diese Idioten jemanden, den ich gern hab, unterm Hintern wegklauen.“ murmelte der Scharfschütze und sprang mit einem eleganten Satz in die Tiefe.
 

David erstarrte zur Salzsäule. Hatte Igel ihm gerade gesagt, dass er ihn mochte? Vielleicht sprach auch der Wodka aus ihm. Was David allerdings am meisten irritierte, war der Fakt, dass Igel sein Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben hatte, als er ihm diese Worte zuflüsterte. Als der Schwarzhaarige von ihm abliess, fühlte David einen kalten Wind um seinen Hals fahren. Es schien fast so, als wäre das ein Zeichen gähnender Leere und der junge Deutsche spürte, dass seine Wangen brannten. Lief er etwa rot an? Wenn ja, weshalb? Er wusste mit hundertprozentiger Sicherheit, dass Igel kein Interesse an ihm hatte. Zumindest kein Romantisches. Der Scharfschütze hatte mehr als nur einmal verdeutlicht, dass er auf Frauen stand. Und David selbst auch.
 

Und dennoch war er nun verwirrt.



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