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Desperate for a long time

von

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Unfall und eine neue Uni

Ich zerdrückte das Kissen zwischen meinen Händen, während ich fieberhaft nach den richtigen Worten suchte. Clemens neben mir sagte nichts, stattdessen wartete er. „Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht was ich dir erzählen soll,“ murmelte ich als ich das Kissen wieder mal von links nach rechts gedreht hatte. Hilflos sah ich ihn an. „Hm,“ er lehnte sich an die Rückwand des Bettes. „Du hast gesagt, dass alles schon ziemlich lange so geht, doch warum bist du dann gerade heute abgehauen. Ich mein warum nicht früher- oder warum hier hin oder warum bist du nicht zu uns gekommen ich verstehe irgendwie gar nichts mehr?“

Ich kaute auf meiner Unterlippe. Berechtigte Fragen.
 

„Also das ganze hat damit angefangen, dass…“
 

Verzweifelt sah ich auf den weißen Verband. Bänderriss und doppelter Knochenbruch, war die Diagnose des Arztes .

Es war ein Unfall gewesen. Ich hatte länger trainiert an diesem einen Abend für die anstehenden Wettbewerbe und auf dem Heimweg dann der Autounfall.

Auf der gegenüber liegend Fahrbahn kommt der Fahrer von der Fahrbahn ab auf die Gegenfahrbahn- und es scheppert.

Wie sich später herausstellte war er zu schnell unterwegs gewesen und auch noch betrunken, doch ihm war dennoch nichts passiert.

Doch für mich war das Tanzen mit diesem Unfall gestorben. Nie wieder würde ich auf der Bühne stehen können.

Wieder war etwas zu Ende, bevor es richtig angefangen hatte.

Und nicht nur die Tanzausbildung. auch mein Freundeskreis, falls ich ihn so nennen konnte, war Geschichte.

Eine Tänzerin mit einem „ramponierten“ Fuß.

Keiner interessierte sich dafür. Zwar hatten mich am Anfang einige aus der Gruppe besucht, doch schnell waren die Besuche weniger geworden, als klar wurde, dass ich wohl keine Chance mehr haben würde je wieder zurück zu kehren und somit verbrachte ich die restlichen anderthalb Monate allein im Krankenhaus und anschließend in der Reha.

Stundenlanges Aufbautraining. Es war schwierig und anstrengend trotzdem war die Erfolgsaussicht darauf gerichtet normal und ohne Hilfe wieder durchs Leben gehen zu können, was ich wohl auch musste, nachdem es den meisten zu lästig oder umständlich wurde, jemandem zu helfen, da man es ja nicht nötig hatte.

Zurück an der Uni hatte ich die Hoffnung neu anfangen zu können, doch es entwickelte sich zu dem gleichen Albtraum, den ich schon zuvor immer wieder durchlebt hatte.

Ich war allein- wieder mal. Keiner da.

Da ich nicht mehr aktiv an den Wettbewerben teilnehmen konnte, fand ich auch keinen Anschluss mehr.

Der einzige Ausweg war für mich weg hier. Entweder das oder-? Ja oder. Das Problem war nur es gab kein oder.
 

Somit fing ich an einer neuen Uni an und was mich überraschte, Meike und auch die

übrigen nahmen mich freundlich auf, obwohl sie mich gar nicht kannten.

Eigentlich alles super sollte man meinen, doch ich konnte mich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass es auf einmal so leicht gehen sollte nachdem ich Zuhause so eine Enttäuschung hinter mir hatte.

Es war egal ob es simple Einladungen waren und das nachdem ich schon knapp zwei Jahre an der neuen Uni war:

„Rachel, hey.“ Ich drehte mich um. Durch den langen Gang des alten Unigebäudes kam Meike auf mich zugelaufen. Der blaue Schal flatterte hinter ihr, den sie immer im Winter trug. „Hi,“ erwiderte ich kläglich ihre Begrüßung und verlagerte das Gewicht des Bücherstapels in meinen Armen. „Na wie geht’s dir?“ „Danke geht schon.“ „Hör mal. Ich hatte mir überlegt, weil wir uns alle ja schon lange nicht mehr gesehen haben, seitdem das Studium angefangen hat könnten wir uns doch Samstag mal wieder im Blue Wave treffen.“

Ich nickte. „Wer ist denn wir?“ „Naya wir zwei eben. Mel und Nick, Clemens, Susanne und dann wollte ich noch Anne und Tim fragen. Was sagst du?“ Mit leuchtenden Augen sah sie mich an. „Klar.“ „Super.“ Sie sah auf ihre Uhr. „Mist ich muss los. Wenn ich jetzt zu spät komme, reißt mir der Prof den Kopf ab. Bye.“ „Bye.“ Sie lief den Gang zurück.

Nachdenklich blickte ich aus den großen Flurfenstern. Samstag. Übermorgen.

Den Gang entlang schlendernd dachte ich über die Leute nach, die noch eingeladen waren. Mel und Nick. Schon seit drei Jahren zusammen. Sie waren als einzige unserer großen Clique nicht an diese Uni gewechselt, sondern hatten sich ihren Traum einer Tauchschule verwirklicht.

Susanne studierte genau wie Meike Anne und Tim für eine Tanzausbildung.

Ich öffnete die Tür zu Bibliothek. Hinter dem Ausleih Tisch saß Frau Braun. Über den Rand ihrer Rahmenlosen Brille blickte sie kurz auf, nickte mir dann kurz zu, bevor sie noch einige Bücher einarbeitete. Sie bedeutete mir kurz zu warten.

Währenddessen schweiften meine Gedanken wieder ab. Clemens. Er war der einzige den ich noch halbwegs regelmäßig sah. Er studierte Musik. Ich weiß nicht was genau, jedoch sorgte sein Studiengang dafür, dass er ab und zu, zu uns kam wenn wir eine neue Choreographie einstudierten und er sich mit einigen anderen um die Musik und deren Kompositionen kümmerte.

„Frau Hansen?“ Ich schreckte aus meinen Gedanken auf. Die Bibliothekarin musterte mich abwartend, nickte dann in Richtung der Bücher, die ich noch immer trug. „Oh.“ Ich reichte ihr die drei Wälzer. Sie lächelte als sie den obersten Band sah. „Sie arbeiten an der Winterauffürung,“ meinte sie. Ich nickte. „Ja und deswegen wollte ich fragen ob ich den zweiten Band verlängern dürfte.“ „Moment kurz.“ Das Klackern der Tastatur verriet, dass sie wohl nach einer Vormerkung suchte. Im gleichen Atemzug als das sie vom Bildschirm aufblickte, reichte

sie mir das Buch. „Bitte. Es ist nicht vorgemerkt.“ „Danke.“ Ohne sie anzusehen, verstaute ich mein Buch und wandte mich zu gehen, doch ihre Stimme hielt mich zurück. „Alles in Ordnung mit ihnen?“ prüfend sah sie mich an. „Sicher.“ „Vor den Weihnachtsaufführungen haben die meisten Bammel,“ lächelte sie jetzt gutmütig. Perplex sah ich sie an.

Die Weihnachtsaufführung? Wenn sie wüssten? Ich zwang mich zu einem Lächeln.

„Da haben sie wohl recht. Danke nochmals.“ „Keine Ursache. Tschüss.“ „Ciao.“

Ich verließ die alte Bibliothek und schlenderte die Gänge entlang.

Mel, Nick, Meike, Susanne… ich hatte kaum noch Kontakt zu ihnen zum einen weniger, als zum anderen. Und daran sollte sich mit einem Abend im Blue Wave was ändern?

Ich war noch nie ein Fan solcher Schuppen gewesen, geschweige denn dass ich mich sonderlich danach sehnte Anne Tim oder Mel wieder zu sehen. Sicher freute ich mich irgendwie auf Meike oder auch Clemens und Susanne, aber sonst…

Nach diesem einen Abend würden einige von uns wider ihrer Wege gehen und zwar

getrennt und das sollte es dann bis zum nächsten Treffen gewesen sein?

Ich trat durch die große Eingangstüre nach draußen. Es hatte zu schneien begonnen und eine feine Schneeschicht bedeckte den Vorplatz.

Ich legte den Kopf in den Nacken verlor mich in dem Treiben aus Schnee.

Übermorgen würde die alte Clique ohne mich feiern.

Drei Tage später. Ich hatte weder Anrufe entgegen genommen noch die SMS beantwortet.

Ich saß gerade auf der Bühne und arbeitete an der Choreographie, als die alten Bretter neben mir knirschten. „Hey.“ „Hey.“ Eine steife Begrüßung. „Wir haben dich Samstag vermisst.“

„Ach so ja. Ich… ich hab mir am Nachmittag was vom Lieferservice bestellt und habs nicht vertragen. Ich wollt mich noch melden, aber ich habs dann verpennt.“ Ich sah nicht auf, blickte stattdessen angestrengt auf meine Aufzeichnungen. Als keine Antwort kam, sah ich auf und blickte in Meikes prüfende Augen. Sie schien skeptisch und dennoch widersprach sie mir nicht. Ließ die Lüge zwischen uns stehen, als sei es plausibelste Erklärung. „Und geht’s dir besser?“ fragte sie mich stattdessen, spielte das Spiel ohne zu zöger mit. „Ja danke.“ „Ok,“ unschlüssig stand sie auf, „dann lass ich dich mal weiter arbeiten.“ Ich nickte. „Bis dann.“ „Ciao.“

Und wieder eine offensichtliche Lüge. Ich lächelte zynisch. Doch niemand stellte Fragen, ließ es stattdessen so stehen. Es war eben einfacher. Niemand wusste was und somit musste sich auch niemand damit auseinander setzten.

Für mich war es nur wieder eine neue Bestätigung.
 

„Und dass ich gerade heute alles hingeschmissen habe, war wohl Zufall. Irgendwie kam alles zusammen. Es war ja schon davor schwierig gewesen, aber heute?

Erst der Streit über die verpatzte Zusamenarbeit im Team, dann ist der Vorschlag für die komplette Choreo abgeleht worden und dann der Zoff mit...`` Ich hob hilflos die Hände. „Ich weiß auch nichts anderes. Ich bin einfach aus der Uni gelaufen direkt zum Bahnhof hab mir ein Ticket geholt war dann kurze Zeit später hier. Kurzschlussreaktion. Hier war der einzige Ort wo ich im Moment sein konnte

und wollte. Da zu bleiben und mit euch zu reden war keine Option für mich. Es hat nie jemanden interessiert und dass wie du es eben mir angeboten hast zu reden. Es war einfach undenkbar für mich, da nach dem Unfall damals niemand da gewesen war und auch dannach nicht. Vielleicht etwas engstirnig von mir so zu denken, aber ich bin nie auf die Idee gekommen, dass es auch mal anders sein könnte.

Und das mit dem Spiegel. Ich weiß auch nicht. Ich konnte mich plötzlich selber nicht mehr sehen, geschweige denn, dass ich mir noch in die Augen sehen konnte und dabei ging der Spiegel wohl zu Bruch. Naya und jetzt bist du hier.“



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