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Ein Wunder

von

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Leben...

Niemand war da. Es herrschte Stille, als er durch die Küche ins Schlafzimmer seiner Eltern trat. Wo waren sie?

Er umklammerte das Wasser aus dem heiligen Quellen, wie einen Schutzschild.

Er war auf Knien zur Madonna gerutscht, hatte sie angefleht Antoinio gesund zu machen und nun war er hier und niemand war dort.

"Mama?" Seine Stimme klang brüchig.

"Papa?", erneut ein halblauter Ruf in der Stille.

Wo waren seine Eltern?

"Nonna?", rief er seine Großmutter. Auch sie antwortete nicht.

Wie ihm Wahn durchsuchte er die Zimmer und stand schließlich vor der Tür des Kinderzimmers.

Würden sie alle dort wachen und auf ihn warten?

Er schluckte leicht und drückte die Klinke herunter. "Antoinio, ich bringe dir das heilige Wasser der Madonna mein Kleiner. Wenn du das trinkst, wirst du gesund..."

Doch Antoinio lag nicht mehr in seinem Bett.

Wo war er? Was war geschehen?

Die Erkenntnis erfüllte sein Herz mit einem Mal.

Er kam zu spät!

Das Heilmittel lag in seinen Händen und er kam zu spät!

Mühsam schleppte er sich die Stufen hinab und rief beim Padre an.

Padre Anton war ein alter, friedlicher Herr, der immer wusste, was vor sich ging. Als dieser abhob, war seine Stimme nur ein Flüstern: "Ist Antonio... ist er...?"

Seine Stimme brach vor Angst.

"Antoinio ist beim heiligen Vater und schläft den ewigen Schlaf. Er ist vor zwei Tagen einfach eingeschlafen. Er konnte nicht auf das Wasser der heiligen Jungfrau warten. Es war an der Zeit. Es tut mir Leid Marcellino."

Er starrte den Hörer an.

"Heiliger Vater, das kann nicht sein. Pater, ich bin doch gefahren, um ihn zu retten... Wo ist dann... wo sind die anderen?"

"Fort. Ich soll ihn alleine zu Grabe tragen, sie vermögen das nicht zu tun..."

"Ich komme zu Ihnen Padre."

Damit legte er auf. Sein kleiner Bruder war gestorben, hatte nicht auf ihn warten können. Das also hatte er mit: "Bleib bei mir, es ist zu spät, bleib doch bitte bei mir", gemeint, als Marcellino sich von ihm verabschiedete.

Sein kleiner Bruder war gestorben, einfach so...
 

Zitternd betrat er die Leichenhalle der Kirche, fand seinen kleinen Bruder dort. Noch immer presste er das Heilige Wasser aus Lourdes an sich und benetzte damit leicht die Lippen seines Bruders.

"Liebe Gott, ich bitte dich, mach ihn jetzt gesund", flehte er und küsste seinen Bruder auf die Stirn.

Am nächsten Tag trug er allein mit dem Padre seinen kleinen Bruder zu Grabe und wartete auf seinen eigenen Tod, denn er war zu spät gekommen, was gab ihm nun noch das Leben, wenn er zu spät kam, um ein anderes zu retten?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-10-28T22:11:11+00:00 28.10.2009 23:11
Auch hier findet man sich als Leser an einem Ende wieder, welches noch zu so vielen Fragen führen würde, doch ich kann mit diesem Ende besser leben als mit dem anderen, denn diese Wendung hätte ich nicht erahnt, niemals. Hättest du diese Zeilen nicht noch verfasst, wäre man davon ausgegangen, dass alles gut sein würde, dass sein Bruder gesund würde, dass der Traum und Wunsch sich erfüllten. Aber dem ist nicht so. Das macht traurig, es macht bestürzt und dennoch erscheint mir dieses Ende so... richtig. Es ist furchtbar, dass jemand so lange sucht, endlich findet und dann feststellen muss, dass da Leben während seiner Suche an ihm vorbei gezogen ist. Jeder sollte nach desem Ende nachdenken, darüber, was es für ihn selbst bedeutet. Ich mag das Ende nicht, aber es ist richtig, es ist gut. Ich hoffe, auch das verstehst du.


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