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Digimon Destiny

season 6
von

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Kuppler-Eltern

„Ich freu mich schon wieder auf die nächste Neujahrsfeier!“, meinte Baluamon, als es neben Ryan bei der Bar im Restaurant seiner Eltern saß.

Der Junge hielt sein Handy an sein Ohr, damit sich niemand etwas dachte, wenn er plötzlich Selbstgespräche führte. Er saß bei seinem Morgenkaffee, obwohl man dazu sagen musste, dass es schon fast Mittag war.

„Hat’s dir so gut gefallen?“

„Ja, es war unglaublich! Die vielen Menschen und die bunten Lichter und das Feuerwerk!“, schwärmte das Digimon.

„Bei euch in der Digi-Welt gibt es keine Feste, oder?“

„Nein, nicht wirklich …“, entgegnete es etwas traurig, „Naja, ich werd dann schon mal nach oben gehen.“

„Okay, mach das“, stimmte er zu, woraufhin Baluamon vom Sessel sprang und die Treppen raufmarschierte.

Ryan nahm also sein Handy vom Ohr weg und machte einen großen Schluck von seinem Kaffee. Er beschloss onetimegirl zu schreiben.

„Ich hab ihr bis jetzt noch nichts von dir erzählt.“

Er wartete eine Weile, auf eine Rückmeldung. Er wusste nicht, warum er ihr das jetzt erzählte und warum er onetimegirl vor Alice verheimlicht hatte, auch nicht. Irgendetwas drängte ihn dazu, vielleicht war seine gute Seite dafür verantwortlich?

„Hat sie dich schon einmal auf etwas Ähnliches angesprochen?“, schrieb sie zurück.

„Möglicherweise …“

„Warum hast du sie angelogen?“

„Ich hab sie nicht angelogen … ich hab ihr lediglich etwas verschwiegen …“

„So viel besser ist das nicht. Also sag schon, wieso hast du ihr es nicht einfach erzählt?“

„Ich weiß es nicht.“

„Hast du Angst, dass sie sauer sein und dir verbieten könnte, dass du mit mir schreibst?“

„Vielleicht.“

„Was würdest du dann tun?“

Ryan wartete kurz, bevor er antwortete. Überraschenderweise kamen in ihm langsam die Schuldgefühle hoch. Onetimegirl machte ihm ein schlechtes Gewissen, zu Recht. Wenn er einfach nur mit ihr schreiben würde, wäre es ja kein Problem, aber sie bedeutete ihm eben so viel, dass es unfair gegenüber Alice war, es ihr nicht zu sagen.

„Ach keine Ahnung, das überlege ich, wenn es soweit ist.“

Genervt packte der Junge sein Handy weg und trank anschließend seine Tasse aus. Er machte sich auf den Weg zu Baluamon, das bestimmt schon ganz ungeduldig auf ihn wartete.
 

Hime saß auf der Wohnzimmerbank vorm Fernseher. In eine Decke eingewickelt und mit den Beinen auf der Couch sah sie sich einen Spielfilm an. Fikadamon saß neben ihr und betrachtete aufmerksam, was sich in dem Gerät so tat.

Plötzlich tauchte Frau Inoue auf und machte hecktisch Anstalten, sich auf die Bank zu setzen. Schnell sprang das Digimon hinunter, um nicht zerquetscht zu werden und schon hatte die Frau Platz genommen.

„Na, Hime“, meinte sie, nachdem sie sich in ihre Richtung gedreht hatte.

„Was gibt’s?“, fragte das Mädchen wenig interessiert.

„Ihr habt Neujahr ja noch schön verbracht, Shunichi und du“, bemerkte sie mit einem zweideutigen Grinsen im Gesicht.

„Ja, es war ganz nett“, entgegnete sie und drehte die Lautstärke des Fernsehers hinunter, um sich besser unterhalten zu können, „Wir haben uns nur gefragt, wo ihr hin verschwunden seid. Normalerweise feiern wir ja immer gemeinsam.“

„Ach, wir waren hier und dort … Vielleicht wollten wir euch einfach mal ein bisschen alleine lassen.“

„Also war das Absicht“, stellte das Mädchen vorwurfsvoll fest.

„Bei dir klingt das ja, als hätten wir euch durch das Tor der Hölle geschickt! Du hast doch gesagt, dass es dir gefallen hat“, verteidigte sich Frau Inoue.

„Ja, natürlich, warum hätte es mir nicht gefallen sollen? Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht mit Shunichi verstehen würde.“

„Du kannst es mir ruhig sagen.“

„Was?“

„Dass ihr euch in einander verliebt habt.“

Hime lief sofort rot an und wandte sich wieder dem Film zu. Das war nicht das erste Mal, dass sie so etwas von ihren Eltern hörte. Das Problem war nur, dass das mittlerweile zur Hälfte der Wahrheit entsprach. Es war nur wichtig, dass sie sich nichts anmerken ließ, dass wollte sie Shunichi nicht antun.

„Was redest du denn da schon wieder? Wie oft soll man euch noch sagen, dass wir nur Freunde sind und dass sich daran nichts ändern wird?“, meinte Hime, nachdem ihre Wangen wieder eine normale Farbe angenommen hatten.

„Oh, ich bleibe davon überzeugt, dass es doch noch passieren wird“, ließ sie nicht locker und erhob sich anschließend wieder.
 

„Hey, Ma“, begrüßte Shunichi seine Mutter, die bereits wieder brav im Krankenbett lag.

„Ichi, du bist jetzt schon da?“, fragte sie verwundert und klappte das Buch zu, das sie so eben gelesen hatte, „Ich hab dich erst in ein paar Stunden erwartet.“

„Ja … irgendwie hatte ich jetzt schon Lust zu kommen“, erklärte er und kratzte sich dabei am Kopf, „Stör ich eh nicht?“

„Ist das dein ernst?“, erkundigte sie sich mit hochgezogenen Augenbrauen, „Wie kannst du mich hier stören? Ich bin froh, wenn ich Besuch habe, vor allem von dir.“

„Das sagst du jetzt bestimmt nur so“, gab er grinsend zurück, während er sich einen Stuhl schnappte, „In Wirklichkeit bist du froh, wenn ich wieder weg bin.“

„Komm näher“, erwiderte Frau Hokirim und deutete dazu mit ihrem Finger.

Etwas verwirrt lehnte sich der Junge zu ihr nach vorne. Er verfolgte die Hand seiner Mutter mit seinen Augen, die seinem Kopf immer näher kam. Die Frau schnippte ihn auf die Stirn, woraufhin er sofort überrascht zurückwich.

„Aua, wofür war das denn?“, fragte er, sich seine Stirn reibend.

„Dafür dass du gesagt hast, dass ich froh wäre, wenn du wieder weg bist“, erklärte sie mit einem frechen Lächeln.

„Ich hab’s ja schon verstanden“, meinte der Junge, woraufhin eine kurze Zeit Schweigen herrschte.

„Du willst mir bestimmt etwas erzählen“, bemerkte die Frau dann.

„Warum denkst du das?“

„Das sehe ich dir doch an.“

„Ja, vielleicht hast du Recht …“, stimmte er zu, sank dabei aber seinen Kopf.

„Na dann, ich bin ganz Ohr, was ist gestern passiert?“

„Manchmal ist es echt erschreckend, dass du mir alles ansiehst.“

„Ich bin deine Mutter, das gehört dazu.“

„Na gut …“, entgegnete er ihr seufzend und begann dann zu erzählen, „Der Abend mit Hime gestern war echt schön … War das eigentlich so geplant, dass ihr euch von uns trennt?“

„Das sag ich nicht, das ist ein Geheimnis. Aber lenk nicht vom Thema ab.“

„Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich dir erzählen will, es ist eigentlich gar nichts Besonderes passiert. Wir haben eben die typischen Dinge gemacht und ich hab für einen kurzen Augenblick ihre Hand gehalten.“

„Du hast ihre Hand gehalten? Das musst du jetzt aber genauer erklären“, bemerkte sie neugierig.

„Wir standen auf einer Brücke, etwas abgeschieden von all dem Trubel und irgendwie hat es mich da überkommen. Ich weiß auch nicht, wieso genau ich das gemacht hab. Ich hatte einfach gerade das Bedürfnis gehabt und es hat gut gepasst.“

„Wie hat Hime reagiert?“

„Sie hat sich darauf eingelassen, ich denke nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hat.“

„Und wie war es für dich? Ich meine, Händchenhalten ist jetzt nicht wirklich gewöhnlich für Freunde.“

„Das ist eben das Problem, dass ich hab. Es war mehr als sonst und ich hab versucht in Hime das zu sehen, was ich sehen sollte, nämlich ein Mädchen, in das ich mich verlieben könnte, aber das hat nur wenig funktioniert. Das Bild von ihr als Schwester will sich nicht vertreiben lassen, egal wie sehr ich es versuche.“

„Du hast bestimmt auch Angst davor, was wäre, wenn ihr dann nicht mehr zusammen seid, stimmt’s?“

„Unter anderem, ja … Aber so weit denke ich jetzt noch gar nicht“, erklärte Shunichi und rieb sich seine Schläfen, „Ich will Hime nicht verletzen. Ich meine, was ist, wenn ich mich nicht in sie verlieben kann? Das muss doch komisch für sie sein, wenn wir beide wissen, was sie für mich empfindet, ich das aber nicht erwidern kann. Mir fällt es ja jetzt schon schwer, sie so zu behandeln wie früher.“

„Egal was jetzt passiert und wie du dich entscheidest, das wird bestimmt keinen dauerhaften negativen Einfluss auf später haben. Ihr werdet sicher in der Lage sein, dass später zu vergessen, euch neu zu verlieben. Ihr seid noch so jung und habt euer ganzes Leben vor euch. Ich bin mir sicher, dass ihr irgendwann darüber lachen könnt, dass du dir so lange über das Thema den Kopf zerbrochen hast. Hime war so mutig, dir zu sagen, was sie empfindet, jetzt ist es deine Aufgabe mutig zu sein.“

„Okay, ich glaub, ich versteh, was du meinst.“

„Ladet doch die Inoues heute zum Essen ein, sie freuen sich sicher und du kannst mit Hime reden … oder was auch immer.“

„Ich will gar nicht wissen, woran du denkst“, meinte der Junge abgeneigt.

„An nichts Schlimmes“, lachte sie und zerraufte anschließend seine Haare.
 

Da gestern mit Rico und Honoka alles so gut geklappt hatte, hatte das Mädchen gefragt, ob er heute mit ihr ins Kino gehen wollte, unter dem Vorwand, dass der Film nicht mehr lange laufen würde und sie keinen hatte, der sie sonst begleitete. Zweites stimmte zwar nicht ganz, aber das musste er ja nicht wissen.

Zu ihrer Überraschung hatte er wieder nichts dagegen gehabt. Honoka war dankbar dafür, dass ein Stein Rico fast erschlagen hatte. Dass sie sich ihren Arm gebrochen hatte, war zwar weniger schön, aber das war es wert gewesen. Das hatte sie irgendwie näher zusammengebracht. Anscheinend hatte ihm das gezeigt, was sie wirklich für ihn empfand und das hatte ihm zu denken gegeben.

Vergangenheit war Vergangenheit. Das Hier und Jetzt zählte und darauf sollte sie sich auch konzentrieren.

Das Kino war bereits vorbei. Honoka hatte viel gelacht und sie glaubte, dass Rico auch Gefallen an dem Film gefunden hatte. Er hatte zwar gemeint, dass das der Fall gewesen war, jedoch musste das ja nicht heißen, dass das auch stimmte.

Das Mädchen hatte sich angewöhnt, sich immer bei Ricos Arm einzuhaken, wenn sie neben ihm her ging. Da er nichts dagegen sagte oder tat, nahm sie an, dass es okay für ihn war. Er gab nur hin und wieder einen genervten Laut von sich, aber das überhörte sie absichtlich.

„Ich muss gestehen, ich hab etwas Angst in der Dunkelheit“, bemerkte sie, was nicht einmal gelogen war und drängte sich näher an ihn.

„Musst du nicht, ich pass schon auf dich auf“, gab er zurück, klang aber nicht sehr überzeugend.

„Also viel sicherer fühle ich mich jetzt nicht“, meinte sie etwas enttäuscht, „Ein bisschen mehr Enthusiasmus hättest du schon rein bringen können.“

„Du kannst mir vertrauen“, entgegnete er ihr und blickte sie nun an.

Honoka sah in seine Augen und darin spiegelte sich der pure Ernst wieder. Ricos Augen sagten mehr als tausend Worte, das sollte sie schon langsam wissen.

Plötzlich konnten die zwei eine klagende Frauenstimme wahrnehmen, die sie aufschauen ließ. Sie blickten sich eine Weile verwirrt um, bis sie die Richtung ausmachen konnten, woher die Geräusche kamen. Es handelte sich um eine schmale Gasse.

Da es sehr dunkel war, konnten sie nichts Genaueres erkennen. Ohne zu zögern setzte Rico seinen Weg in diese Richtung fort. Honoka, der jetzt schon ein Schauer über den Rücken lief, gelang es noch rechtzeitig seine Hand zu schnappen und ihm zu folgen.

Das Mädchen bemerkte sofort, dass Rico auf stille Bewegungen bedacht war und sie versuchte ihm da keinen Strich durch die Rechnung zu machen, so schwer ihr das auch bei der Dunkelheit fiel. Zwar wurde es jetzt schon heller, da sie sich einer Straßenlaterne näherten, trotzdem war es nicht einfach.

Als der Junge stehen blieb, machte auch Honoka ruckartig Stopp. Sie spitzelte über seine Schulter und erblickte eine Frau und drei Männer. Ihr fiel sofort auf, dass sie ziemlich hübsch war, im Gegensatz zu den anderen Personen, die von seltsamer Gestalt waren und vor denen sie Angst hatte.

Zwei Autos befanden sich ebenfalls in ihrer Nähe. Es sah so aus, als ob der Wagen der Männer, dem der Frau den Weg versperren wollte, er stand nämlich waagrecht auf der Straße, was sich gerade noch in der schmalen Gasse ausging.

Die Männer waren der Frau unheimlich nahe und betatschten sie immer an den Armen. Gerade jetzt wich sie so weit zurück, bis eine Mauer hinter ihr war und sie nicht mehr weg konnte. Die Angst war ihr ins Gesicht geschrieben.

Honoka merkte, wie sich Rico nach vor bewegen wollte und sie legte ihm reflexartig die nicht vergipste Hand auf die Schulter, um ihn zurückzuhalten. Er drehte seinen Kopf nach hinten und hatte einen entschlossenen Blick aufgesetzt. Wollte er sich da wirklich einmischen?

„Lass uns wieder gehen und die Polizei rufen“, flüsterte sie leise, während ihr Herz schnell schlug, „Das sind drei Typen, gegen die kommst du nicht an!“

„Das werden wir ja sehen“, erwiderte er nur und schüttelte ihre Hand ab.

„Nein, Rico! Nicht!“, entgegnete sie leise, als er sich immer weiter von ihr entfernte, „Scheiße!“

„Hey“, meinte Rico, als er ins Licht der Straßenlaterne trat und nur noch wenige Meter von den vier Personen entfernt war.

Die drei Männer drehten sich sofort um und sahen nicht glücklich aus, als sie den Jungen erblickten. Selbstbewusst gingen zwei von ihnen auf ihn zu, der dritte blieb bei der Frau und passte auf, dass sie nicht weglief.

„Was willst du, Kleiner?“, fragte einer mit Glatze.

„Lasst die Frau in Ruhe“, forderte Rico sie auf, woraufhin die drei Typen aber nur lachten.

„Und du glaubst, nur weil du das sagst, machen wir das?“, antwortete ein anderer Blonder, der definitiv betrunken war.

„Ihr solltet es besser tun.“

„Du drohst uns?“, lachte die Glatzkopf und packte Rico am Kragen.

„Ja“, gab er zurück und blickte ihn herausfordernd an.

Sofort holte der Mann mit der Glatze zum Schlag aus, Rico konnte sich aber noch rechtzeitig aus seinem Griff befreien und sich ducken. Wütend ging nun der Betrunkene auf den Jungen los und schaffte es, ihm einen Schlag in die Magengrube zu versetzen.

Honoka, die das alles noch immer vom Schatten aus betrachtete, hielt sich vor Entsetzen die Hand vor den Mund. Sie hatte bereits die Polizei alarmiert, wusste aber nicht, was sie nun tun sollte. Sollte sie ihm helfen? Würde sie denn eine Hilfe sein? Sie hatte Angst, dass ihr ebenfalls wehgetan werden könnte, aber Rico wollte sie auf keinen Fall im Stich lassen.

Inzwischen hatte sich Rico auf einen Faustkampf mit Glatzkopf und dem Betrunkenen eingelassen. Er ging nun in die Offensive und es wirkte so, als wäre es ihm egal, wenn er Schläge einstecken musste.

Der Junge wurde gerade vom glatzköpfigen Mann festgehalten, damit der andere zuschlagen konnte. Dieser wurde aber plötzlich mit einer Flasche in den Rücken getroffen. Der betrunkene Typ drehte sich um, um zu sehen, wer es wagte, ihn aus dem Hinterhalt anzugreifen.

Honoka war nun ebenfalls aus dem Schatten herausgetreten und stand nun mit zittrigen Beinen und mit großzügigem Sicherheitsabstand weit von ihnen weg. Eigentlich hatte sie auf den Kopf gezielt. Naja, was konnte sie sagen? Sport war noch nie ihres gewesen.

„Was willst du, Schlampe?“, fragte der Getroffene.

„Hey, schimpf mich nicht!“, beschwerte sie sich und stemmte die Hände in die Hüften.

Wütend ging der Betrunkene auf sie zu. Das Mädchen bekam schon die Panik und wich ein paar Schritte zurück, soweit hatte sie nicht gedacht. Rico schaffte es aber, den Glatzkopf wegzuschubsen und stürzte sich auf den anderen.

Beide gingen zu Boden und Rico saß nun rittlings auf dem Typen oben. Er verpasste ihm eine ins Gesicht. Darauf folgte eine weitere und darauf wieder eine.

Zuerst hatte sich Honoka gefreut, dass Rico ihr zur Hilfe gekommen war und es geschafft hatte, den betrunkenen Mann zu Boden zu schmeißen, aber das war zu viel für sie. Je öfter er zuschlug, umso entschlossener wurde sein Blick. Der Geschlagene blutete bereits aus dem Mund, weshalb Rico die rote Flüssigkeit auch auf seiner Faust kleben hatte.

„Rico, hör auf!“, rief sie verzweifelt, als sie sich aus ihrem Schock-Zustand befreit hatte.

Noch bevor Rico inne halten konnte – ob er es getan hätte, war nicht wirklich klar – wurde er vom Glatzkopf am Hals gepackt und von seinem Kumpel weggezerrt. Nun mischte sich auch der dritte Typ ein und sie gingen zu zweit auf Rico los.

Die hübsche Frau starrte eine Zeit lang einfach nur geschockt den Kampf an. Erst als Honoka ihr zurief, dass sie ihre Beine in die Hände nehmen sollte, holte sie das wieder in die Realität zurück. Leider wurde der Glatzkopf aber ebenfalls aufmerksam. Er schaffte es noch die Frau an der Hand festzuhalten und zog sie grob zu sich.

„Hey!“, ertönte plötzlich eine unbekannte Stimme aus dem Schatten.

Alle drehten sich in die Richtung des Neuankömmlings, der kurzerhand neben Honoka auftauchte. Es handelte sich um einen jungen schwarzhaarigen Mann, der schon zum Kampf eilte.

Den Gesichtern der Rowdys nach, war es kein Verbündeter von ihnen. Honoka war dieser Person auch noch nie über den Weg gelaufen und es wirkte auch nicht so, als ob Rico ihn kennen würde. Vielleicht war es einfach nur ein Passant, der wie die zwei Digi-Ritter von den seltsamen Geräuschen angelockt wurde.

Sofort war klar, dass der Unbekannte andere Gedanken hatte als Rico. Anstatt sich zu prügeln und mit seinen Fäusten zu kämpfen, wich er nur aus und versuchte bei Gelegenheit den Betrunkenen zu Boden zu zwingen, um ihn dann festzuhalten.

Nun stand nur noch Glatzkopf, der die Frau noch immer grob am Arm festhielt, aber schon in Panik zu geraten schien. Da ertönten auch schon die Polizeisirenen. Jetzt war der Zeitpunkt da, an dem Glatzkopf der Schweiß auf der Stirn stand.

Schnell ließ er von der Frau ab und wollte weglaufen, doch die Polizeibeamten kamen ihm schon entgegen.

Er suchte nach Hilfe, seine Kumpels lagen aber beide am Boden und konnten ihm somit nur schwer helfen. Glatzkopf wurde festgenommen und dann widmeten sich die Polizisten den anderen.

„Der hier ist ohnmächtig“, bemerkte einer von den Beamten, „Und er ist ziemlich zugerichtet.“

„Der braunhaarige Junge und der schwarzhaarige junge Mann haben mir geholfen!“, stellte die hübsche Frau sofort klar, damit ja keine Missverständnisse aufkamen.

„Was haben die drei Männer gemacht?“, fragte sofort ein Polizist.

„Ich wollte mit meinem Auto durch diese Gasse fahren, weil ich sie als gute Abkürzung kenne“, fing sie an zu erklären, „Dann haben mir diese Typen aber mit ihrem Wagen den Weg versperrt und ich bin ausgestiegen, weil ich wissen wollte, was das sollte. Sie kamen grinsend immer weiter auf mich zu und wollten mich angreifen, ich bin aber ihren Berührungen ausgewichen. Zum Glück kamen dann schon der Junge und das Mädchen vorbei. Ich wüsste nicht, was die drei sonst mit mir gemacht hätten.“

„Sie haben Ihnen aber noch nichts getan“, bohrte der Beamte nach.

„Nein, theoretisch nicht …“, gab sie zurück, „Aber sie waren kurz davor.“

„Und was ist mit Ihnen?“, fragte er nun an Rico gewandt, „Sie haben diesem Mann wahrscheinlich die Nase oder sonst was gebrochen, ohne sich vorher zu erkundigen, was wirklich geschehen ist. Schlägertypen wie Sie sehen wir gar nicht gern. Sollte dem Mann wegen Ihnen etwas Gröberes widerfahren sein, können sie dafür ins Gefängnis kommen, ist Ihnen das klar?“

„Ich hab nur der Frau geholfen, das ist alles“, antwortete Rico wenig beeindruckt, woraufhin er sich mit seinem Ärmel Blut von der Nase wischte.

„Sie sind doch der Sohn von Dai Yurioka“, mischte sich plötzlich ein anderer großer, schmaler Polizist ein, darauf bekam er aber keine Antwort, „Die Journalisten werden sich freuen, wenn sie erfahren, dass sein Sohn sich nicht beherrschen kann.“

„Was haben Sie für ein Problem?“, brachte sich nun auch Honoka entsetzt ein, „Rico hat der Frau geholfen! Was hätte er denn sonst machen sollen? Abwarten, bis Sie endlich aufkreuzen? Bist dahin wäre der Frau bestimmt schon etwas passiert!“

„Mit welcher Sicherheit kannst du das sagen, Mädchen?“, erkundigte sich nun wieder der andere Polizist.

„Ehm … naja …“, stammelte sie unsicher und blickte anschließend zu Boden.

„Eben. Und was ist mit Ihnen?“, fragte er nun an den jungen Mann gewandt, „Wann sind Sie dazu gestoßen?“

„Erst kurz vor Ihnen“, erwiderte er knapp.

Eine Weile diskutierten sie noch. Als die Polizeibeamte Rico und Honoka erlaubten zu gehen, weil es schon sehr spät war, hatte es der Junge eilig, von diesem Ort wegzukommen. Er hatte sich nicht einmal bei dem jungen Mann bedankt, der ihm zur Hilfe gekommen war. Und das „Danke“, das ihm die junge Frau nachrief, schien er auch zu ignorieren.
 

„Was hast du dir dabei gedacht?“, fragte Honoka, nachdem sie die enge Gasse verlassen hatten, „Du hättest dir schlimme Verletzungen zuziehen können, du siehst ja jetzt schon so arg aus. Es war doch klar, dass du keine Chance gegen drei Erwachsene hast, so groß du auch sein magst.“

„Wie gesagt, ich wollte nur der Frau helfen“, verteidigte er sich monoton.

„Ich hab mir große Sorgen um dich gemacht“, erklärte sie traurig und umklammerte wieder fest seinen Arm, „Das war viel zu leichtsinnig von dir. Du kanntest sie ja nicht einmal.“

„Und nur weil sie fremd für mich ist, soll ich sie einfach im Stich lassen?“, fragte er, ohne sie dabei anzusehen.

„Nein, das nicht … aber du hättest dir wenigstens vorher überlegen können, was genau du vor hast. Du bist einfach ohne Nachzudenken hin gestürmt. Hätte ich nicht die Polizei gerufen, hättet ihr den Kampf vielleicht nicht gewonnen.“

„Aber es ist gut ausgegangen“, ignorierte er einfach ihre Vorwürfe.

„Ja, aber beim nächsten Mal, wird es das vielleicht nicht mehr!“, widersprach sie aufgebracht, „Du kannst nicht einfach so leichtsinnig mit deinem Leben umgehen!“

„So wie du“, bemerkte er, woraufhin sie kurz inne hielt.

„Das ist was anderes“, entgegnete sie und blickte anschließend auf ihren Gipsarm, „Da hab ich schnell handeln müssen.“

„Hab ich jetzt auch.“

„Aber du hättest wenigstens nicht so brutal sein müssen …“, meinte sie eingeschüchtert, „Ich hab dich gar nicht wiedererkannt.“

„Hattest du wegen mir Angst?“

„Ein bisschen …“, gestand sie leise.

„Tut mir leid, das wollte ich nicht“, entschuldigte er sich, woraufhin sie verwundert aufsah.

„Denk das nächste Mal einfach daran …“, entgegnete sie nur, weil sie etwas sprachlos war, woraufhin sie ihren Weg schweigend fortsetzten.
 

Shunichi war dem Ratschlag seiner Mutter nachgegangen und hatte die Inoues zum Abendessen eingeladen. Sein Vater hatte köstliche Speisen zubereitet, auf welche sich Herr Inoue, laut Angaben seiner Frau, bereits seit dem Telefonat sehr freute.

„Es ist schade, dass Lea nicht hier ist …“, bemerkte Frau Inoue, als sie den Hauptgang beendet und ihr Besteck zur Seite gelegt hatte.

„Ja, es fehlt wirklich etwas, wenn sie nicht hier ist …“, stimmt ihr Mann zu.

„Weiß man denn schon was Neues?“, fragte Hime.

„Nein, nur dass die Ärzte sie nicht so früh gehen lassen wollen, wie geplant“, antwortete Shunichi mit traurigem Blick.

„Aber ihr kennt sie ja“, brachte sich Herr Hokirim ein, als er aufstand, um die Teller abzuservieren, „Sie kann alles sicher so drehen und wenden, dass sie doch früher rauskommt.“

„Ja, da hast du Recht“, gab Herr Inoue lachend zurück, „Wenn Lea sagt, sie geht, dann geht sie.“

„Wenn sich eine durchsetzen kann, dann Lea“, fügte Frau Inoue hinzu und beugte sich etwas zur Seite, damit ihr Teller weggenommen werden konnte, „Aber sprechen wir doch über etwas anderes. Shunichi, wie hat dir Neujahr gefallen, so ganz alleine mit Hime? Also was ich mitbekommen habe, war sie ganz hin und weg von der Nacht.“

„Mama …“, bemerkte das Mädchen nur augenverdrehend, „Du übertreibst mal wieder maßlos.“

„Ach was, glaubst du ich hab nicht bemerkt, wie glücklich du nach Hause gekommen bist?“

„Shunichi war auch besonders gut drauf“, meinte Herr Hokirim, als er wieder, mit der Nachspeise in der Hand, zum Tisch trat.

„Tja, ihr wisst ja nicht, was wir getrieben haben“, entgegnete ihnen Shunichi und legte seinen Arm um Hime, die neben ihm saß.

Alle setzten einen überraschten Blick auf. Mit so einer Antwort hatte jetzt keine gerechnet. Normalerweise verneinten die zwei immer alles, was ihre Eltern im Zusammenhang mit dem Thema sagten. Vor allem Hime war verwundert und wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Mitspielen oder abweisend reagieren?

„Wir sind ganz Ohr“, gab Himes Mutter zurück und beugte sich gespannt über den Tisch.

„Nachdem ihr verschwunden seid, haben wir uns schon bald damit abgefunden, Neujahr alleine zu verbringen“, erklärte der Junge, seinen Arm noch immer um Hime gelegt, „Wir haben die ganzen Stände abgeklappert, gegessen, einen Abstechen zu einer etwas abgelegenen Brücke gemacht.“

„Und dann?“, erkundigte sich sein Vater.

„Dann haben wir uns gegen das Geländer gelehnt und ein bisschen die Sterne und den Mond beobachtet“, erzählte er weiter.

„Was dann?“, wollte Frau Inoue wissen.

„Der Abstand zwischen uns wurde immer kleiner, weil es kalt war und dann ...“, fuhr er fort, während ihm die drei aufmerksam und gespannt zuhörten, „… haben wir uns wieder unter die Leute gemischt.“

„Ach komm“, beschwerte sich Herr Inoue, „Dass kann doch nicht alles gewesen sein!“

„Tja, so war’s aber“, erwiderte Hime, die nun Shunichis Arm von sich entfernte, „Nicht mehr und nicht weniger.“

„Man wird ja noch träumen dürfen …“, meinte Frau Inoue etwas niedergeschlagen, „Aber irgendwann wird es so weit sein, ihr werdet schon sehen.“

Damit war das Thema beendet und alle widmeten sich dem Essen der Nachspeise. Hime bestand darauf, den Abwasch zu machen und Shunichi meldete sich sofort, dass er ihr helfen wollte. Ihre Eltern setzten sich inzwischen zum Fernseher und fieberten beim Sport mit.
 

„Bist du sauer?“, fragte Shunichi, nachdem er das Spülbecken mit Wasser gefüllt und bereits das erste Teller abgewaschen hatte.

„Wieso?“, stellte Hime eine Gegenfrage, als sie das saubere Geschirr abtrocknete.

„Du bist so ruhig“, erklärte er, „Hätte ich das vorhin nicht sagen sollen?“

„Ich weiß nicht …“, entgegnete sie leise, ihren Blick starr auf das Teller gerichtet, „Du hast mich damit überrumpelt, das ist wahrscheinlich alles.“

„Also stört es dich nicht, wenn ich das wieder mache?“, fragte er, während er weiterarbeitete.

„Ich muss erst darüber nachdenken“, erwiderte sie, woraufhin es kurz still war, „Weißt du, es ist einfach nicht schön, wenn du mir einen Eindruck vermittelst, dass ich mir Hoffnungen machen kann. Und mittlerweile komm ich mir blöd vor, weil ich das Gefühl hab, dass du das nicht ganz ernst nimmst.“

„Ich nehm das ernst“, widersprach er und wandte seinen Kopf zu ihr, „Ich will nicht, dass du dich unwohl fühlst, wenn wir zusammen sind, deswegen hab ich dich ja auch gefragt.“

„Ich fühl mich ja nicht unwohl, ich komme mir blöd vor, das sind zwei verschiedene Dinge“, korrigierte sie ihn, sah ihn aber nicht an.

„Das will ich ja auch nicht“, gab er zurück und wusch wieder weiter ab.

„Es ist manchmal nicht so leicht, wie es aussieht“, erklärte sie mit bedrückter Stimme.

„Ich glaub dir, dass das nicht leicht ist, für mich ist es das aber auch nicht … Als ich über unsere Situation nachgedacht habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass es vielleicht gar nicht so schlecht wäre, wenn ich einfach versuche, mich dir zu nähern“, meinte er, an das Gespräch mit seiner Mutter denkend, „Ich weiß, dass das für dich bestimmt keine perfekte Lösung ist und es hart sein wird, wenn ich dich enttäuschen muss, aber das wird es für mich auch. Meiner Meinung nach führt das aber am schnellsten zum Ziel … Also, was hältst du davon?“

„Also entweder lange ein bisschen leider oder für kurze Zeit alles auf eine Karte setzen“, fasste Hime seinen Gedankengang zusammen.

„Genau, du kannst natürlich auch ablehnen, das würde ich voll und ganz verstehen.“

„Okay, versuchen wir’s“, entgegnete sie, woraufhin er verwundert den Kopf hob.

„Wirklich?“

„Ja, so hab ich’s wenigstens schnell hinter mir und weiß, dass ich nicht um sonst warte.“

„Aber wenn dir irgendetwas nicht passt, dann musst du das sofort sagen!“

„Ja, na sicher“, antwortete sie, als ob es nicht ohnehin selbstverständlich wäre, „Wehren kann ich mich noch, das kannst du mir schon zutrauen. Und dass ich nichts zulasse, was mir nicht gefällt, auch.“

„Ich wollte nur sicher gehen“, meinte er mit einem schwachen Lächeln im Gesicht, „Ich bin ja jetzt schon der Grund, warum es dir schlecht geht, ich möchte das auf keinen Fall vertiefen.“

„Du sorgst dich schon wieder zu sehr“, bemerkte sie nur.

„Jetzt solltest du es eh schon gewohnt sein.“

Anschließend widmeten sich die zwei wieder dem Abwasch. Hime wusste nicht, ob es so schlau gewesen war, sich darauf einzulassen. Sie hatte auf ihr Bauchgefühl gehört, ohne lange darüber nachzudenken, was normalerweise nicht ihre Art war. Man würde sehen, wohin das führen würde …
 

Tut mir echt leid für die Verspätung …

Nayuta und Yukiko gehen in letzter Zeit etwas unter, es ist echt schwer, alle gleich zu behandeln, aber ich geb mein Bestes ^^

Kiripurin



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2013-12-29T22:37:34+00:00 29.12.2013 23:37
Klasse Kapi^^


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