Zum Inhalt der Seite

Digimon Destiny

season 6
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Weihnachten Teil 2

Nayuta und Yukiko saßen eine Zeit lang einfach nur da und starrten irgendwo hin. Das Mädchen hasste Honoka dafür, dass sie sie in so eine peinliche Situation gebracht hatte, auch wenn sie wusste, dass sie das irgendwann einmal hinter sich bringen musste … Aber sie würde nicht anfangen zu reden, soviel stand fest. Sie hatte nämlich keine Ahnung, was sie sagen könnte.

„Kann ich dich mal was fragen?“, begann er zum Glück das Gespräch, woraufhin sie vor Erleichterung kaum merklich die Luft ausblies.

„Du fragst doch schon“, antwortet sie ihm, während sie ihn anlächelte.

„Ja, da hast du Recht“, meinte er und lachte kurz, „Warum hast du mich gemieden die letzten Tage? Eigentlich seitdem wir gemeinsam im Kino waren.“

Yukiko hatte gewusst, dass die Frage jetzt kommen würde. Sie war so nervös, wie sie es schon lange nicht mehr gewesen war. Immer wenn es darum ging, ernste Dinge zu besprächen, erhöhte sich ihr Herzschlag und ihre Stimme wurde wackelig. So auch jetzt. Also atmete sie einmal tief ein und aus, bevor sie antwortete, um wenigstens ein bisschen herunter zu kommen.

„Ich hatte Angst mit dir zu reden“, erklärte sie ihm dann endlich, starrte dabei aber zu Boden.

„Wieso?“

„Naja, weil … das Date ist nicht wirklich gut gelaufen, ich hatte Angst, dass du mir dann sagen würdest, dass du lieber nicht mehr mit mir befreundet sein willst …“

„Wieso sollte ich so etwas sagen?“, fragte er entsetzt, woraufhin Yukiko einen kurzen Blick in sein Gesicht wagte, „Hast du es wirklich so schlimm gefunden?“

Yukiko war dieses Gespräch äußerst unangenehm. Mit Nayuta über ihre Gefühle zu sprechen, war echt hart. Wenn sie Honoka alles erzählte, war das etwas ganz anderes, sie wusste schließlich, wie sie wirklich war. Nur, Nayuta wusste das nicht und sie hatte Angst, dass wenn er es wissen würde, er sie nicht mehr mögen würde.

Aber was hatte sie denn schon zu verlieren? Na gut, vielleicht würde er dann überhaupt nichts mehr mit ihr reden, schlimmer konnte es immerhin immer werden … Doch lügen brachte sich nichts. Sie sollte ehrlich sein. Entweder Nayuta konnte sie so akzeptieren, wie sie wirklich war, oder er war sowieso nicht der Richtige für sie. Sie könnte es zwar nicht ertragen, wenn er sie überhaupt nicht mehr ansehen würde, doch das musste sie riskieren. Irgendwann würde sie darüber hinweg kommen.

„Es war einfach nicht das, was ich mir erwartet hatte, weißt du …“, fing sie an zu erklären und fuhr mit ihren Fingern die Naht ihrer Jeans am Beinende entlang, „Das war das erste Mal, dass ich mit einem Jungen etwas unternommen habe und irgendwie habe ich gedacht, dass wir nachher auch noch etwas unternehmen und nicht nur den Film anschauen. Das ist jetzt nichts gegen dich, ich bin schließlich selbst Schuld. Ich hätte einfach nur meinen Mund aufmachen und sagen müssen, dass ich noch etwas mit dir machen will. Es war nicht schlimm, ich würde jeder Zeit gerne wieder etwas mit dir machen. Ich bin mir nur immer so dumm vorgekommen, weil ich nichts gesagt habe und deswegen war ich der festen Überzeugung, dass ich dich mit meiner Art nerve und du danach nichts mehr mit mir zu tun haben willst.“

„Ich glaube so viel auf einmal, hab ich dich noch nie reden hören“, bemerkte er nur und lächelte sie an.

Yukiko sah verblüfft auf und wusste nicht was sie darauf entgegnen sollte. Das war alles, was ihm dazu einfiel? Aber warum lächelte er? Er würde doch nicht lächeln, wenn er ihr sagen würde, dass er sie nicht mehr in seiner Nähe haben wollte, oder? Der Nayuta, in den sie sich verliebt hatte, würde so etwas nicht tun. Aber wahrscheinlich erwartete sie schon wieder zu viel.

„Wenn du denkst, dass ich nicht nervös war, als wir im Kino waren, dann liegst du falsch“, meinte er und hatte noch immer ein Lächeln im Gesicht, „Ich hatte genau wie du, Angst etwas Falsches zu sagen, obwohl das normalerweise nicht so ist. Sonst hab ich immer völlig normal mit dir reden können, aber wahrscheinlich lag es daran, dass es doch eine andere Situation war und wir das viel zu ernst genommen haben.“

„Warst du enttäuscht von dem Date?“

„Nein, enttäuscht nicht wirklich, nur vielleicht von mir selbst, dass ich so wenig geredet hab“, gab er zurück und nun war er es, der auf den Boden starrte, „Als wir dann vorm Kino gestanden sind, hab ich mir gedacht, dass du es schon sagen würdest, wenn du noch wohin gehen wollen würdest. Aber da nichts von dir kam, hab ich angenommen, dass du sowieso schon heim wolltest.“

„Also haben wir beiden wohl fast dasselbe gedacht …“

„Ja, sieht so aus und beide das Falsche …“

„Und was heißt das jetzt?“, fragte Yukiko, auch wenn sie etwas Angst vor der Antwort hatte.

„Gute Frage …“, erwiderte Nayuta nur, woraufhin beide eine Weile schwiegen.

Wieder starrten die zwei irgendwo hin, nur nicht sich gegenseitig an. Yukiko wusste nicht, was sie sagen sollte, aber sie wollte es nicht so enden lassen. Sie wollte Klarheit, über alles. Nicht wieder irgendetwas annehmen, das sie nur deprimierte, aber eigentlich gar nicht stimmte. Also musste sie reden.

„Also ich sag’s jetzt einfach mal gerade heraus“, erklärte Yukiko und richtete sich selbstbewusst auf, woraufhin Nayuta sie verwirrt anblickte, „Du bist mir wichtig, sehr wichtig. Du bist der einzige Junge, mit dem ich normalerweise normal reden kann und bei dem ich das Gefühl habe, dass er mich halbwegs leiden kann. Ich will nicht, dass es wieder irgendwelche Missverständnisse gibt, also sag mir bitte, wie du willst, dass es jetzt weiter geht. Nimm keine Rücksicht auf meine Gefühle, ich halt das schon aus, aber bitte sag mir einfach, was du denkst.“

„Es fasziniert mich schon wieder, dass du so viel redest“, bemerkte er, woraufhin sie wieder Rot wurde, „Aber wenn du das willst, gut, dann sag ich es dir einfach. Du bist mir auch total wichtig und ich hab versucht, es dir so oft es ging zu zeigen. Da du aber nie von dir aus mit mir redest, dachte ich dass du vielleicht genervt von mir bist. Als du dann für mich da warst, als ich mich mit Rico gestritten haben, habe ich mir gedacht, vielleicht mag sie mich ja doch und hab dich deswegen nach einer Verabredung gefragt. Ich war überglücklich, als du zugesagt hast. Yukiko, du bedeutest mir etwas und du bist etwas Besonderes. Ich bin mir sicher, dass das auch andere sehen würden, wenn sie dich näher kennen lernen würden. Ich würde es schade finden, wenn wir wegen dem verpatzten Date einfach alles hinschmeißen, ich will dich noch besser kennen lernen, das ist es, was ich denke.“

Das Mädchen starrte ihn einfach nur fassungslos an. So etwas Nettes hatte noch nie jemand zu ihr gesagt und es ausgerechnet von Nayuta zu hören, war definitiv einer der schönsten Momente in ihrem Leben. Sie wartete noch immer, bis sie jemand von diesem wunderschönen Traum aufwecken würde, doch es schien nicht zu passieren.

„So etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt …“, meinte sie leise und ein bisschen verlegen.

„Puh, bin ich froh, dass wir jetzt so offen miteinander geredet haben“, war Nayuta erleichtert und stützte sich mit seinen Händen hinter sich am Boden ab.
 

„Es hat geklappt!“, freute sich Honoka leise und nahm Gissimon anschließend in den Arm, „Sie haben sie doch tatsächlich ausgesprochen!“

„Du solltest noch Getränke holen“, meinte das Digimon, damit Honoka es endlich losließ.

„Stimmt, du hast Recht, deswegen bin ich ja ‚eigentlich‘ hinausgegangen.“

Sie ließ ihren Partner runter und wollte schon die Treppen hinunter schleichen, damit die zwei in ihrem Zimmer, ja nicht hörten, dass sie jetzt erst in die Küche ging, doch der Weg wurde von ihrer Hausmaus versperrt. Wie immer hatte das Tier einen finsteren Blick aufgesetzt.

„Geh aus dem Weg, Mushiazui!“, forderte Honoka es in Flüsterton auf, doch es bewegte sich keinen Zentimeter.

Das Mädchen versuchte bei der Maus vorbeizugehen, doch es platzierte sich immer so, dass sie nicht durch konnte. Genervt stemmte Honoka die Hände in die Hüften und kickte das Tier anschließend die Treppen hinunter.

„Honoka!“, ertönte kurz darauf die Stimme ihrer Mutter von unten.

Sie seufzte und verdrehte die Augen, huschte dann aber schnell und leise ins Erdgeschoß. Dort wartet ihre Mutter schon mit verschränkten Armen auf sie.

„Was sollte das eben?“, fragte sie in strengem Ton.

„Das blöde Vieh hat mich nicht durchgelassen …“, antwortete sie leise, während sie unbeteiligt zur Seite blickte.

„Du kannst gleich in der Küche helfen!“

„Aber, Mama! Ich hab Freunde da!“

„Das ist mir egal!“, gab sie zurück und marschierte in die Küche.

„Gott, ich hasse dieses Tier …“
 

Als Ryan Alice zum Eingang ihres Wohngebäudes brachte, dämmerte es schon. Es schneite noch immer und die zuvor kleinen Flocken waren nun um einiges dicker geworden, sodass sie aussahen wie weiche Wattebauschen. Alice war dagegen gewesen, dass Ryan sie bis nach Hause begleitete, doch er hatte darauf bestanden.

„Danke fürs Nachhause bringen“, meinte das Mädchen als sie sich gegenüber standen, „auch wenn ich dich nicht darum gebeten habe.“

„Ich kann dich ja nicht alleine gehen lassen, wer weiß welche besoffenen Typen zu der Zeit herum rennen“, entgegnete er ihr, steckte seine Hände in die Jackentaschen und musste kurz husten, „So, du hast den Tag also bestanden, ab jetzt werde ich dich in Ruhe lassen … War’s zum Aushalten?“

„Raucherhusten?“, fragte sie auf sein Husten bezogen und ignorierte einmal seine Frage.

„Nein.“

„Naja, ich hab’s überlebt wie du siehst.“

„Ja, scheint so … Normalerweise sag ich das zu niemanden, aber frohe Weihnachten“, wünschte er ihr und kam mit seinem Kopf ihrem ganz nahe.

Alice Herz begann schneller zu schlagen. Sie war so perplex, dass sie sich kaum bewegen konnte. Er hatte ihr doch versprochen, sie nicht anzufassen, zählte da Küssen etwa nicht dazu? Ihre Augen wurden ganz klein und sie konzentrierte sich auf seine Lippen, die immer näher kamen. Als sie schon dachte, dass es soweit sein würde, spürte sie einen Kuss auf ihrer Wange. Ryan hatte ihre Wange geküsst, nicht ihre Lippen.

„Ich wünsch dir noch einen restlichen schönen Abend und schlaf gut.“

Ryan wandte sich von ihr ab, kehrte ihr den Rücken zu und entfernte sich immer weiter von ihr. Alice starrte ihm hinterher und griff sich mit ihrer Hand unbewusst auf ihre Wange. Sie war noch immer aufgeregt und nicht dazu in der Lage, sich zu bewegen. Sie hatte sich gerade tatsächlich gewünscht, dass Ryan ihre Lippen küssen würde.
 

„Weißt du Nayuta, da gibt es noch etwas, dass ich dir sagen muss“, meinte Yukiko, woraufhin er sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah.

Das Mädchen hatte beschlossen, ihm von Rico zu erzählen. Einer musste wissen, wo er war, jemand, der auch mit ihm reden würde. Außerdem hatte Nayuta das gute Recht es zu erfahren, immerhin ging es ja um seinen besten Freund.

„Was denn?“

„Es geht um Rico … Ich weiß, wo er ist“, antwortete sie ihm und sah ihn dabei ernst an.

Nayuta setzte ein überraschtes Gesicht auf. Woher wusste sie so etwas? Aber eigentlich sollte es ihm doch egal sein. Er hatte doch beschlossen, nicht zu ihm zu gehen, bevor sich Rico nicht bei ihm entschuldigt hatte.

„Warum weißt du das?“, fragte er einmal nach, versuchte aber so unbeteiligt wie möglich zu wirken.

„Ich hab ihn zufällig gesehen, als ich einmal abends beim Spielplatz vorbei ging“, erklärte sie ihm und sah dann wieder traurig zu Boden, „Er trainiert dort mit Acimon und das war nicht nur an dem Tag so. Als ich die nächsten Tage auch hingeschaut habe, war er auch wieder dort.“

„Er trainiert mit Acimon?“, erkundigte er sich verwirrt, weil er keinen Sinn darin sah, „Wieso sollte er das tun? Und sollte das D-Maak Acimon dann nicht eigentlich wahrnehmen?“

„Das hab ich mich auch schon gefragt, aber sie machen glaube ich nur Lauf- und Reaktionstraining, also es setzt nicht seine Attacken ein, oder digitiert.“

„Soll er doch heimlich trainieren … was geht mich das an“, meinte er stur und blickte beleidigt zur Seite.

„Er kann dir doch nicht völlig egal geworden sein.“

„Wieso nicht?“

„Na weil …“, begann sie schon enthusiastisch, stockte dann aber, weil ihr so schnell keine Begründung einfiel, „… weil eine Freundschaft doch nicht einfach so vergeht … Vor allem weil ich gedacht habe, dass du nicht so ein Mensch bist, der Freundschaften einfach so enden lässt.“

„Tu ich ja auch nicht, nur bin ich es Leid, das Rico mir immer etwas verheimlicht und nicht einsieht, dass das nicht okay ist!“, meinte er mit lauter Stimme, aber ohne sie anzuschreien, „Ich bin immer derjenige, der nachgibt, so lernt er nie etwas. Aber anscheinend ist ihm unsere Freundschaft nicht so wichtig, wenn er nicht von sich aus Kontakt mit mir aufnimmt und sie einfach enden lässt, wenn ich nicht wieder bei ihm angekrochen komme …“

„Ich versteh dich schon …“, erwiderte sie leise und sah ihn dabei mitleidig an, „Ich hab keine Ahnung wie sich das anfühlt, zumindest habe ich das noch nie erlebt, aber ich kann mir vorstellen, dass dich das verletzt. Das klingt jetzt vielleicht hart, aber es geht nicht nur um eure Freundschaft. Rico wendet sich ja nicht nur von dir ab, sondern auch von allen anderen. Niemand weiß wo er ist und langsam machen Honoka und ich uns schon Sorgen. Ich weiß es zwar nicht, aber ich bin mir sicher, dass Alice, Hime und Shunichi auch schon Angst haben, dass etwas passiert sein könnte.“

„Und warum sagst du es nicht einen von ihnen, damit sie mit ihm reden? Oder warum redest du nicht gleich selbst mit ihm?“

Yukiko wollte etwas sagen, doch ihr viel nichts ein. War Nayuta jetzt böse auf sie? War sie zu weit gegangen? Was erlaubte sie sich eigentlich, als eine Person, die nichts mit dem Ganzen zu tun hatte, sich so einzumischen? Aber sie mochte Rico irgendwie. Er tat ihr leid, dass er von allen so missverstanden wurde und sie konnte sich auch ein bisschen selbst in ihm wiederfinden. Vielleicht war sie deshalb so besorgt um ihn.

„Ich traue mich nicht mit ihm reden. Ich finde nie die richtigen Worte und auf mich würde er schon gar nicht hören und auf die anderen denke ich auch nicht“, erklärte sie ihm dann etwas niedergeschlagen, „Ich kann dich nicht zu etwas zwingen, dass du nicht willst, tut mir leid …“

„Du hast schon irgendwie Recht“, gab er zu ihrer Verwunderung zurück, „Irgendwer sollte sich um Rico kümmern, jetzt, wo wir wissen, wo er steckt. Aber ich kann das nicht, wirklich. Was hältst du davon, wenn ich Alice sage, wo er ist? Es schaut zwar meistens nicht so aus, aber die zwei sind sich gegenseitig wirklich wichtig. Ich denke schon, dass sie etwas bewirken könnte.“

„Ach ja, stimmt, Alice gibt es ja auch noch“, kam es Yukiko jetzt erst in den Sinn.

„Also ist es in Ordnung, wenn ich ihr eine SMS schreibe?“

„Ja, natürlich, mach!“

„Okay, aber dafür denken wir den Rest des Abends nicht mehr an Rico oder an sonst irgendwelche Dinge, die uns die Stimmung vermiesen.“

„Ist gut.“

Yukiko war irgendwie erleichtert, dass sie es jetzt endlich jemanden erzählt hatte. Jetzt hatte sie eigentlich alles getan, was sie konnte. Nun lag es in Alice Händen, wie es mit Rico weiter gehen würde.
 

Alice trat in ihre Wohnung und war noch immer völlig in Gedanken. Warum hatte Ryan sie nicht richtig geküsst? Das war so untypisch für ihn. Sie war ja schon überrascht gewesen, dass er sie während ihres Dates überhaupt nicht berührt hatte, da hätte sie wenigstens am Schluss von ihm erwartet, dass er es nicht länger aushalten würde, aber da hatte sie ihm anscheinend zu wenig zugetraut.

Grundsätzlich Ryans Verhalten heute war sehr seltsam gewesen. Sie hatte sich normal mit ihm unterhalten können und sie musste zugeben, dass sie teilweise auch Spaß gehabt und über seine sarkastischen Witze gelacht hatte. Es war wirklich nicht schlimm gewesen und genau das irritierte sie.

Das war das erste Mal gewesen, dass er so nett war. Wahrscheinlich hatte er sich nur für das eine Mal zusammen gerissen, um bei ihr zu punkten, obwohl sie noch immer nicht verstehen konnte, was er sich davon versprach.

Plötzlich fing das D-Maak in ihrer Tasche an zu leuchten und sie nahm das Gerät in die Hand. Nach einem roten Lichtstrahl saß Naokimon vor ihr auf dem Boden und sah nicht gerade glücklich aus.

„Lass mich nicht so lange im D-Maak eingesperrt“, maulte es und blickte sie trotzig an.

„Entschuldige, dafür gibt’s auch Hundefutter“, meinte sie und beugte sich zu ihm hinunter, um seinen Kopf zu streicheln.

„Hundefutter!“, freute es sich und rannte schon mal vor in die Küche.

Alice lächelte und folgte ihrem Digimon. Sie hatte gestern extra noch Spezialfutter gekauft, dass Naokimon auch etwas von Weihnachten hatte. Dieses gab sie ihm jetzt und es stürzte sich sofort darauf.

„Schmeckt’s?“

„Ja, lecker!“, gab es mit vollem Mund zurück und fraß sofort weiter.

„Ich hab noch etwas für dich“, erklärte Alice, woraufhin Naokimon verwundert aufsah.

Alice holte eine kleine Papiertüte von der Küchentheke und hockelte sich dann neben dem Digimon auf den Boden. Sie holte ein rotes Halsband mit Tuch und Glöckchen heraus und präsentierte es vor ihm.

„Ich weiß nicht, ob du es tragen willst, vielleicht ist es dir ja unangenehm, aber mir hat es so gut gefallen.“

„Ist das dein Weihnachtsgeschenk für mich?“, fragte es und schaute Alice mit großen Augen an.

„Ja, fröhliche Weihnachten“, wünschte sie ihm und lächelte wieder, „Also, willst du es tragen?“

„Ja“, antwortete es ihr, woraufhin ihm das Mädchen das Halsband anlegte, „Sieht das gut aus?“

„Ja, noch süßer als vorher“, erwiderte sie und umarmte Naokimon anschließend.

„Danke, Alice, aber ich hab gar nichts für dich …“, meinte es etwa niedergeschlagen und ließ die Ohren hängen.

„Doch, du gibst mir schon die ganze Zeit etwas, du bist immer für mich da, das ist mehr als genug.“

„Oh, ich fang gleich an zu weinen.“

„Friss weiter, ich fang inzwischen an zu kochen.“

Alice holte alles was sie brauchte aus dem Kühlschrank und fing einmal an, das Gemüse zu waschen. Sie kochte einfach so wie sonst auch immer. Sie hatte noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben, dass Rico heute heim kommen würde und sie würde bis zur letzten Sekunde daran glauben.

Am Vormittag hatte sie ihm auf die Mailbox gesprochen und ihm einige SMS geschrieben, dass er doch vorbei schauen sollte. Dass sie ein paar Stunden nicht zu Hause sein würde, hatte sie ihm auch geschrieben, damit er nicht dann kommen würde, wenn sie mit Ryan unterwegs war.
 

Der Abend bei Honoka wurde dann doch noch sehr schön. Alle waren gut gelaunt und Yukiko hatte keinen Grund mehr, sich zu verstellen. Honoka war stolz auf sich, wenn sie daran dachte, wie sie das alles wieder eingefädelt hatte. Nayuta und Yukiko gaben schon ein süßes Pärchen ab.

Aber wenn sie die beiden so glücklich sah, wurde ihr bewusst, wie mies es gerade in ihrem Liebesleben aussah. Die zwei waren so nahe davor, eine Beziehung anzufangen und sie war von Rico gerade so weit weg, wie noch nie.

Er hasste sie. Seitdem sie ihn unabsichtlich geküsst hatte, ging er ihr nur aus dem Weg und jetzt wusste er nicht einmal, wo er überhaupt steckte. Warum musste sie sich eigentlich immer in unerreichbare Kerle verlieben? Die Welt war echt nicht fair …

Aber aufgeben würde sie bestimmt nicht. Es musste schon ein dritter Weltkrieg anfangen, dass sie anfangen würde, Rico zu vergessen. Es war noch nicht alles vorbei. Irgendetwas würde ihr schon einfallen.

Nachdem sie noch einen Film geschaut hatten, ging Nayuta dann mit Kirbymon nach Hause. Honoka hatte ihm angeboten, hier zu übernachten, doch als sie gesehen hatte, wie Yukiko und Nayuta auf diesen Vorschlag reagiert hatten, nämlich mit einem erschrockenen Blick, hatte sie gemeint, dass es nur Spaß gewesen wäre, obwohl es eigentlich ihr voller Ernst gewesen war.

Yukiko und Honoka lagen nun in ihren Betten und redeten noch ein bisschen miteinander. Gissimon schlief bereits bei Honokas Füßen. Yukiko konnte nicht mehr aufhören zu lächeln, wenn sie daran dachte, wie gut es heute mit Nayuta gelaufen war.

„Jetzt bist du nicht mehr böse auf mich, dass ich ihn eingeladen habe, oder?“, fragte Honoka neckisch, nur um Bestätigung zu bekommen.

„Ich finde es noch immer nicht gut, dass du es gemacht hast, obwohl ich dir verboten habe, dich einzumischen“, antwortete sie und blickte dabei ihre Freundin mit anschuldigendem Blick an, „Aber ausnahmsweise ist es ja mal gut gegangen.“

„Gut gegangen? Es ist perfekt gelaufen!“, besserte sie sie überglücklich aus, „Am Anfang habe ich zwar befürchtet, dass ihr es doch nicht hinbekommen würdet, wie ihr euch nur angeschwiegen habt, aber ihr habt doch noch die Kurve gekriegt, ich bin stolz auf dich.“

„Hast du uns etwa belauscht?“, erkundigte sich Yukiko entsetzt.

„Ja, was dachtest du denn? Dass ich mir das einfach entgehen lasse?“

„Nein, war irgendwie hervor zu sehen …“

Auf einmal kam Yukiko etwas in den Sinn. Wenn Honoka sie belauscht hatte, hatte sie dann auch das mit Rico mitbekommen? Wenn ja, wäre das nicht so gut, immerhin wusste sie ja, dass Honoka dann morgen am Abend beim Spielplatz sein würde. Und damit hätte sie Rico alles andere als einen Gefallen getan.

„Sag mal … wann bist du dann eigentlich Getränke holen gegangen?“, fragte sie dann ganz vorsichtig.

„Naja, nachdem ihr das geklärt habt, ich konnte ja nicht einfach so ohne Getränke wiederkommen.“

„Und danach bist du gleich zu uns ins Zimmer gekommen?“

„Ja, was soll die Fragerei?“, erkundigte sie sich verwirrt.

„Ach nichts, ich hab mich nur gefragt, wann du die Getränke geholt hast“, redete sie sich heraus, was ja nicht einmal eine Lüge war, „Ich wette, du hättest sie fast vergessen.“

„Du bist blöd“, meinte sie und boxte ihr leicht gegen den Oberarm, „Aber ja, Gissimon hat mich daran erinnert.“

„Hab ich’s doch gewusst.“

Yukiko war erleichtert, dass Honoka die Unterhaltung über Rico nicht auch mitbekommen hatte. Anlügen würde ihre Freundin sie nicht, das wusste sie. Vor allem, weil sie sowieso darüber geredet und sich beschwert hätte, warum sie es ihr verheimlicht hatte. Sie hoffte nur, dass Alice Rico wirklich zur Vernunft bringen konnte.
 

Alice war gerade mitten im Kochen und ein angenehmer Duft lag bereits in der Küche. Sie rührte gerade im Topf um, als auf einmal ihr Handy läutete. Das Mädchen trocknete ihre Hände ab und sah anschließend nach, wer etwas von ihr wollte.

Nayuta hatte ihr eine Nachricht geschrieben, was sie wunderte. Was wollte er an Weihnachten von ihr? Ohne Erwartungen öffnete sie einfach die SMS.

„Rico trainiert heimlich mit Acimon in der Nähe vom Spielplatz. Vielleicht kannst du ihn ja zur Vernunft bringen. Sag ihm nicht, dass du das von mir weißt“, schrieb er.

Alice starrte lange auf den Text und blieb wie starr stehen. Wahrscheinlich sagte Nayuta es ihr, weil er gerade mit ihrem Bruder zerstritten war und deswegen nicht selbst mit ihm reden wollte. Aber konnte sie diese Aufgabe einfach so übernehmen? Würde sich Rico nicht weigern, mit ihr zu reden?

Ohne länger über irgendetwas nachzudenken, steckte sie ihr Handy wieder ein und drehte die Flamme am Herd ab. Sie kontrollierte noch einmal alles, ob sie es eh so stehen lassen konnte und marschierte dann Richtung Vorraum. Egal, sie würde schon sehen, was passieren würde. Auf jeden Fall musste sie es versuchen. Das war die Chance, sich noch einmal bei ihm zu entschuldigen.

„Alice! Wo willst du hin?“, fragte Naokimon verwirrt, da sie so plötzlich aus der Küche gestürmt war.

„Zu Rico“, antwortete sie ihm, als sie sich gerade eine Jacke anzog.

„Was? Zu Rico?“, fragte es verwirrt, doch Alice gab ihm keine Antwort, „Warte auf mich, ich komm mit!“
 

Die Inoues und Hokirims hatten bereits gegessen, was alle gemeinsam aufgetischt hatten und die Geschenkte ausgepackt. Es wurden viele Spiele gespielt und ein Film angesehen. Shunichi und Hime wurden dann nach oben geschickt. Himes Mutter hatte gemeint, dass die zwei einmal für sich sein sollten und nicht nur mit ihren alten Eltern feiern sollten, die andern drei hatten ihr zugestimmt.

Also waren die zwei eben nach oben in Himes Zimmer gegangen. Eigentlich waren sie schon ziemlich fertig und hatten auch keine Lust irgendetwas zu tun. Deswegen legten sie sich einfach in Himes Bett und redeten noch eine Weile. Die Matratze auf der Shunichi schlafen würde lag eigentlich daneben, doch er hatte gemeint, er würde so lange bei ihr oben liegen bleiben, bis sie einschlief. Mantamon und Fikadamon schliefen bereits auf ihrem eigenen Schlafplatz.

Hime lag in Shunichis Armen. Sie fühlte sich sehr wohl und geborgen, eigentlich wie immer, wenn sie in seiner Nähe war, doch heute war es anders. Sie würde sich nicht zurück halten und einfach ihrem Herzen folgen. Jetzt wo es Yui nicht mehr gab, war für sie frei Bahn und sie war zuversichtlich, dass sich zwischen Shunichi und ihr nichts ändern würde, egal ob er ihre Gefühle nun erwidern würde oder nicht.

„Egal wie oft wir miteinander Weihnachten feiern, es wird nie langweilig“, meinte Hime und kuschelte sich näher an ihn.

„Da hast du Recht, ich hoffe, dass es auch noch länger so bleiben wird“, entgegnete er ihr und streichelte mit einem Daumen ihre Schulter, „Du bist mir wichtig Hime, ich hoffe, dass weißt du.“

„Ja, das tue ich und du bist mir auch wichtig“, gab sie zurück und lächelte dabei.

„Meinst du, wir wären auch so gut befreundet, wenn unsere Väter nicht miteinander arbeiten würden? Und dass wir uns schon vor der ganzen Digi-Ritter-Sache kennengelernt hätten?“

„Ja, ich denke schon. Ich wüsste zwar nicht wie, aber irgendwie hätten wie sicher zueinander gefunden und uns auf Anhieb verstanden“, war sie sich sicher und spielte mit einer Hand mit seinen Fingern.

„Da bist du aber zuversichtlich“, erwiderte er neckisch und drückte sie kurz ganz nahe zu sich.

„Natürlich, ich wäre doch blöd gewesen, wenn ich nicht sofort erkannt hätte, was für ein toller Mensch du bist. Ich kann mir ein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen.“

Shunichi entwendete seine Hand aus ihrer und schob Himes Stirnfransen zur Seite, sodass er sie auf ihre Stirn küssen konnte. Das Mädchen spürte, wie ihr Herz pochte und ließ seine Tat unkommentiert. Eine Weile herrschte Stille, eine angenehme Stille.

Shunichi legte seine Hand an ihren ursprünglichen Platz und kurz darauf verknotete Hime schon ihre Finger mit seinen. Sie spürte keinen Widerstand. Nichts. Shunichi blieb so entspannt wie sonst auch. Das Mädchen schloss zufrieden seine Augen und richtete seinen Kopf etwas nach oben, um tief einzuatmen.

„Du riechst gut“, bemerkte sie, die Augen noch immer geschlossen, während sie mit ihrer Nasenspitze, ihrer Wange und ihren Lippen sanft seinen Hals streifte.

„War das Weihnachtsgeschenk von meiner Ma“, erklärte er und inhalierte nun auch ihren Duft, „Du riechst auch gut. Du riechst immer gut.“

Hime entspannte sich und ruhte ihren Kopf nun einfach auf seiner Schulter aus. Sie verharrten eine Weile in dieser Position und sie merkte, dass sie schon langsam schläfrig wurde. Er hatte nichts abgelehnt, war nicht einmal überrascht zurück gezuckt. War jetzt der richtige Zeitpunkt, um es ihm zu sagen? Irgendwie fühlte es sich so an.

„Am liebsten würde ich jetzt eine Ewigkeit so liegen bleiben“, meinte Shunichi und Hime spürte, dass er sie ansah, „Wenn ich mit dir zusammen bin, scheint alles so einfach. Es wäre schön, wenn es immer so sein könnte.“

„Das kann es doch“, gab sie zurück, während sie gedankenverloren mit einem Finger eine Falte auf Shunichis T-Shirt nachfuhr, „Wenn es mit mir einfach ist, dann bleib doch für immer bei mir.“

„Aber irgendwann werden auch wieder andere Mädchen in mein und andere Jungs in dein Leben treten. Und dann verlieben wir uns in jemanden und dann … ja, vielleicht verlieren wir uns dann aus den Augen.“

„So muss es doch nicht sein“, entgegnete sie ihm und spürte, dass sich ihr Körper vor Aufregung schon verkrampfte.

„Du hast Recht, wir verlieren uns nicht so leicht aus den Augen.“

„Das meine ich nicht … Vielleicht brauchen wir gar keine anderen Mädchen oder andere Jungs. Immerhin haben wir ja uns. Wer weiß, möglicherweise kann ich dir das geben, was du brauchst, auch wenn du es vielleicht nicht glaubst.“

Es kam keine Antwort von Shunichi, das war kein gutes Zeichen. Hime kniff die Augen zusammen und war froh, ihm jetzt nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Aber sie musste es jetzt durchziehen. Sie hatte sich überwunden anzufangen, jetzt konnte sie es auch richtig beenden. Er konnte bestimmt eh schon ahnen, was sie ihm damit sagen wollte.

„Du bedeutest mir so viel“, setzte sie fort und blickte ihn nun an, „Mehr als ein Freund, mehr als ein Bruder. Und wenn du mir so viel bedeutest, warum können wir dann nicht einen Schritt weiter gehen?“

„Einen Schritt weiter?“

„Ja“, antwortete sie ihm und kam seinem Kopf immer näher, „Über die Freundschaft hinaus.“

Hime machte ihre Augen ganz klein und wich mit ihrem Blick von seinen Augen zu seinen Lippen ab. Langsam lagen nur noch ein paar Zentimeter zwischen ihnen. Mittlerweile konnte sie seinen Atem schon auf ihrer Haut spüren und sie fragte sich, was jetzt wohl geschehen würde. Würde er es zulassen? Würde er sie wegstoßen? Aber so wusste sie wenigsten, woran sie bei ihm war und würde es nicht bereuen, es nie versucht zu haben.

„Ich habe lange gewartet, bis du dich endlich von Yui getrennt hast“, flüsterte sie und schloss ihre Augen nun ganz.

Hime wollte es nun endlich vollenden und beugte sich noch ein Stück weiter zu ihm, doch sie spürte einen Widerstand. Als sie ihre Augen öffnete, sah sie in Shunichis ernstes aber auch trauriges Gesicht und realisierte sofort, dass ihre Köpfe nun wieder weiter von einander entfernt waren und er seine Hände auf ihren Schultern platziert hatte.

„Hime … ich bin noch mit Yui zusammen“, erklärte er, schaffte es aber nicht, ihr dabei die ganze Zeit in die Augen zu sehen, „Ich hab noch nicht mit ihr Schluss gemacht.“

Hime starrte ihn fassungslos und enttäuscht an. Was redete er denn da? Er hatte doch gesagt, dass er sich von ihr trennen würde, wieso auf einmal doch nicht? Hätte er ihr das nicht früher sagen können? Bevor sie versucht hatte, ihn zu küssen? Dann hätte er ihr wenigstens diese Peinlichkeit erspart.

„Und das hast du mir nicht früher sagen können?“, fragte sie anschuldigend und sah ihn dabei vorwurfsvoll an.

„Es tut mir leid, ich hab es nicht übers Herz gebracht. Ich habe ja nicht gewusst, dass du …“

„Was? Dass ich vorhabe, dir zu sagen, dass ich dich liebe?“, fiel sie ihm ins Wort, während sie seine Hände abschüttelte, „Natürlich hattest du das nicht ahnen können, aber vielleicht wärst du schon früher damit herausgerückt, als du gemerkt hast, welche Andeutungen ich mache!“

Hime schwieg augenblicklich, als sie merkte, wie laut sie geworden war und starrte beschämt auf die Bettdecke. Was mochten nur ihre Eltern denken, wenn sie das gerade eben gehört hatten? Wie kam sie eigentlich dazu, Shunichi so anzugehen?

„Es tut mir leid, ich wollte nicht so laut werden …“, entschuldigte sie sich, woraufhin sie aber wieder verwirrt aufblickte, weil Shunichi ihre Hände ergriffen hatte.

„Du darfst dich aufregen, deine Wut ist berechtigt“, meinte er und drückte ihre Hände fest, aber nicht so, dass es ihr weh tat.

„Aber wenn du es eh weißt, warum hast du es dann nicht getan?“

„Sie hat so liebe Dinge gesagt, dass sie mich braucht und dass sie nicht ohne mich leben könnte, da hab ich es nicht übers Herz gebracht, ihr zu sagen, dass ich mich von ihr trennen will“, erklärte er und ließ deprimiert den Kopf hängen.

„Du bist ein Idiot, Shunichi“, gab sie ernst zurück, „Und ein Feigling noch dazu. Ich habe immer gedacht, dass du ein Junge bist, der sich in seine Freundin hineinversetzen kann und immer ehrlich zu ihr ist, aber anscheinend, hab ich dich da mit anderen Augen gesehen. Ist dir klar, dass du sie dadurch noch mehr verletzt, wenn du ihr dann irgendwann einmal sagst, dass es keinen Sinn macht? Je länger du es aufschiebst, desto schlimmer wir es für sie.“

„Das weiß ich doch … Und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schlecht ich mich fühle, weil du jetzt so von mir enttäuscht bist …“

„Wenn ich mir vorstelle, dass ich an Yuis Stelle wäre und herausfinden würde, dass du mir falsche Hoffnungen machen würdest, dann …“, begann sie, wusste aber nicht, wie sie den Satz beenden sollte.

„Was dann?“, fragte er und blickte sie nun wieder traurig an, „Würdest du mich hassen? Wenn du daran denkst, was ich Yui antue, bist du gleich nicht mehr in mich verliebt, oder?“

„Nein, ich liebe dich immer noch und das werde ich auch noch eine Weile tun“, erwiderte sie zu seiner Überraschung, „Ich frage mich nur gerade, ob du nur zu Yui so bist, oder ob du dich bei anderen Mädchen auch so verhalten wirst.“

„Bei anderen Mädchen und bei dir?“

„Keine Ahnung, immerhin hast du noch immer nichts zu meinem Geständnis gesagt …“

„Weil ich nicht so recht weiß, was ich sagen soll …“, meinte er und streichelte nun mit seinen Daumen über ihre Handrücken, „Es ist nicht so, dass ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht hätte, das hab ich nämlich. Ich frage mich oft, wann es wohl so weit sein wird, bis sich irgendwer von uns in den anderen verliebt und wer es sein wird, der es zuerst ausspricht. Ich dachte nur nicht, dass es so früh passieren würde.“

„Das heißt, du kannst meine Gefühle nicht erwidern …“, fasste sie niedergeschlagen zusammen.

Plötzlich wurde sie von Shunichi umarmt und sie fragte sich, was das jetzt sollte. Ihr Herz fing wieder schneller zu schlagen an und eine angenehme Wärme breitete sich in ihrem Körper aus, auch wenn sie versuchte, das zu verhinder. Nur, wie sollte man so etwas verhindern? Also beschloss sie, die Umarmung einfach zu genießen.

„Bitte, gib mir etwas Zeit“, bat er mit sanfter Stimme, „Ich werde noch vor dem neuen Jahr die Beziehung mit Yui beenden, das verspreche ich dir und ich werde dir eine Antwort geben, aber bitte verlange nicht von mir, dir jetzt schon zu antworten. Ich will nicht unsere Freundschaft riskieren, nur weil ich irgendwelche unüberlegten Dinge sage, die ich eigentlich gar nicht so meine.“

„Gut, okay … Was bleibt mir denn andres übrig?“

„Danke, Hime, ich hab dich gar nicht verdient.“

„Ja, vielleicht …“, bemerkte sie und entfernte seine Arme von ihrem Rücken, „Wir sollten jetzt schlafen gehen.“

„Ja, du hast Recht“, stimmte er ihr zu und streichelte noch einmal über ihre Wange, „Gute Nacht, Hime.“

„Gute Nacht.“

Shunichi begab sich hinunter auf seine Matratze und wickelte sich sofort in seine Decke ein. Hime versuchte ebenfalls zu schlafen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Zu viele Gedanken schwirrten in ihrem Kopf herum und es waren nicht gerade welche, die sie glücklich machten …
 

Als Alice beim Spielplatz ankam, blieb sie erst einmal stehen und sah sich um. Sie konnte Rico nirgends ausfindig machen. Hinter ihr lagen nur ihre und Naokimons Fußspuren im Schnee. Die Schaukel, die Rutsche, das Klettergerüst, alles war voller Schnee, obwohl es mittlerweile aufgehört hatte, zu schneien.

Alice schloss die Augen, um sich voll und ganz auf ihr Gehör zu konzentrieren, ob sie nicht irgendwo Ricos Stimme hören konnte. Sie konzentrierte sich, doch da war nichts. Hatte Nayuta ihr etwa eine falsche Information gegeben.

„Alice“, meinte Naokimon plötzlich, woraufhin sie ihre Augen öffnete und es mit hochgezogenen Augenbrauen ansah, „Ich rieche Acimon und Rico auch ganz leicht.“

„Bist du dir sicher?“

„Ja, komm mit!“, forderte Naokimon sie auf und lief in Richtung Wald.

„Warte!“, schrie sie ihm hinterher und rannte ihm nach.
 

„Ich bin erledigt Rico, ich kann nicht mehr“, äußerte sich Acimon und ließ sich dabei auf sein Hinterteil fallen.

„Dann hören wir auf für heute“, erwiderte Rico, mit den Händen in den Hosentaschen.

„Hier steckst du also“, ertönte plötzlich eine Stimme hinter Rico, woraufhin er sich überrascht umdrehte.

Der Junge blickte überrumpelt in das Gesicht seiner Schwester. Sie hatte ihre Hände in ihren Jackentaschen vergraben und war dick eingepackt. Naokimon stand neben ihr, lief aber auf Acimon zu, als es das Digimon erblickte und teilte ihm mit, wie sehr es sich freute, es zu sehen. Sein Digimon-Partner schien ebenfalls sehr glücklich zu sein.

„Wie hast du mich gefunden?“, fragte er leise, als er seine Aufmerksamkeit wieder ganz ihr widmete.

„Nayuta hat mir gesagt, wo du bist“, antwortete sie ihm, während sie ihr Gesicht bis zur Nase unterm Schal vergrub.

„Nayuta?“

„Ja, ich weiß zwar nicht, woher er es weiß, aber er hat mir gesagt, dass ich zu dir gehen soll. Er macht sich nämlich Sorgen um dich, genau wie ich.“

„Warum ist er nicht selbst gekommen?“

„Das kannst du dir doch denken, oder?“

Rico sah zu Boden. Natürlich wusste er das. Nayuta war noch immer sauer auf ihn und er konnte es auch verstehen. Wahrscheinlich dachte er sich, dass er nicht schon wieder nachgeben sollte und würde nun wirklich warten, bis Rico zu ihm kam. Aber was würde sich das schon bringen? Er konnte nicht die Wahrheit sagen, er wollte nicht, dass sich sein Freund Sorgen machen musste.

„Mach du mir keine Vorwürfe, du bist die letzte, die mir was sagen kann, was Lügen und Verheimlichen angeht.“

„Ja, da hast du leider Recht …“, musste sie gestehen und trat näher an ihren Bruder heran, sodass nur noch ein Meter zwischen ihnen lag, „Aber ich will dir eigentlich nur sagen, dass es totaler Blödsinn ist, dass du dich von allen abschirmst. Nayuta war dein einziger Freund und du lässt ihn so einfach gehen. Wird es nicht langsam Zeit, dass du ihm zeigst, wie wichtig dir eure Freundschaft ist? Oder ist sie dir gar nicht wichtig?“

„Doch, natürlich ist sie das …“

„Na also! Was hält dich dann davon ab, dich bei ihm zu entschuldigen? Er ist doch ganz klar im Recht, ich würde mich auch aufregen, wenn mein bester Freund mir nichts erzählt.“

„Und was ist mit Hime?“, fragte er, woraufhin sie leicht zurück wich, „Als ob du ihr von unseren Eltern erzählt hättest.“

„Ja, stimmt, ich hab es ihr nicht erzählt, aber es geht nicht nur um die Sache mit unseren Eltern. Ein bester Freund ist dazu da, dass er einen unterstützt, wenn man Hilfe braucht und dass ist bei Hime und mir so. Wenn ich ein Problem hab, sag ich ihr das auch und sie erzählt mir auch alles von ihrem Leben. Nayuta tut das doch auch, nur du eben nicht. Kannst du dir nicht vorstellen, wie sich Nayuta dann fühlt? Das kommt so rüber, als ob du ihn nicht brauchen würdest und genauso gut ohne ihn zurecht kommen würdest, das verletzt ihn.“

„Was gibt dir eigentlich das Recht, dich da einzumischen?“

„Wenn ihr das nicht von alleine regeln könnt, muss eben jemand eingreifen. Ich werde nicht zusehen, wie du einfach eure Freundschaft kaputt machst. Vergiss doch mal deinen beschissenen Stolz und werde wieder so wie früher!“

Rico war etwas überrascht über ihr Argument. Genau dasselbe hatte Nayuta auch zu ihm gesagt und genau wie damals, wusste er, dass es stimmte. Er wusste, dass er zu Nayuta gehen sollte. Er wusste, dass er sich entschuldigen sollte und er wusste auch, dass er an allem Schuld war.

Vielleicht brachte es ja wirklich etwas, mit seinem besten Freund zu reden, ihm einfach alles zu beichten, was ihm auf der Seele lag. Bis jetzt hatte Nayuta noch nie etwas getan, das Rico geschadet hätte, oder dass er nicht gewollt hätte. Er konnte ihm vertrauen, warum war er nicht schon früher darauf gekommen?

„So werden wie früher … kannst du mir sagen, wie das geht?“, fragte er leise und mit ruhiger Stimme, „Mich hat das Geschehene eben verändert, dagegen kann ich jetzt nichts mehr machen. Ich hab es zugelassen und bin deswegen selbst schuld.“

„Du hättest dir gleich von Anfang an helfen lassen sollen“, meinte sie und blickte in mitleidig an, „Aber du kannst dich wieder ändern. Nayuta wird dich unterstützen und wenn du willst und es zulässt, dann … dann kann ich das auch. Es tut mir wirklich leid, dass ich dich so enttäuscht habe und du dich wegen meinen Lügen mit Ryan geprügelt hast. Ich weiß, dass ich das nie machen hätte sollen, aber ich hatte Angst. Angst, mir einzugestehen, dass ich selbst dafür verantwortlich bin, was mit Ryan passiert ist. Ich wollte die Schuld jemand anderen in die Schuhe schieben, nur weil ich zu feige war. Und du und Hime und Ryan, ihr habt darunter leiden müssen. Bitte vergib mir, Rico. Ich brauche meinen Bruder, ich schaff das nicht alleine in dieser riesigen Wohnung.“

Rico schwieg und sie schauten sich eine Weile einfach nur an. Der Junge sah, dass sich Alice auf die Unterlippe bis, um zu verhindern, dass sie weinte, doch es gelang ihr nicht wirklich.

Ja, Alice hatte einen Fehler gemacht und das eben genau zur falschen Zeit. Wäre es einige Zeit vor dem Geständnis ihrer Eltern passiert, oder danach, hätte er nicht so aggressiv reagiert. Man musste auch verzeihen können, vor allem in schwierigen Zeiten.

Rico streckte seiner Schwester eine Hand entgegen und deutete ihr, dass sie herkommen sollte. Alice bewegte sich anfangs nicht, nahm dann aber das Angebot an und umarmte ihren Bruder. Nun konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurück halten und weinte sich an seiner Jacke aus.

„Danke, Rico“, meinte sie unter Tränen und drückte ihn ganz fest, „Ich verspreche dir, dass ich dich nie wieder so enttäuschen werde.“

Acimon und Naokimon hatten alles genau beobachtet und konnte den guten Verlauf der Dinge nur belächeln. Sie umarmten sich ebenfalls und waren glücklich, dass sich ihre Partner endlich wieder verstanden.
 

Die Geschwister gingen gemeinsam mit ihren Digimon nach Hause. Alice hatte noch so viele Fragen an Rico. Wo er die ganze Zeit über gewesen war, was sich das ganze Training bringen sollte und noch einige andere Dinge, doch sie wollte ihn jetzt nicht damit nerven. Wenn er wollte, würde er es ihr schon erzählen, aber sie wollte eigentlich nur noch mit ihm einen schönen Abend verbringen.

In der Wohnung angekommen, machte sich Alice gleich daran, weiter zu kochen. Rico deckte den Tisch und als das Essen dann endlich fertig war, aßen sie gemeinsam mit ihren Digimon.

Anschließend setzten sie sich zum Weihnachtsbaum und betrachteten die flackernden Kerzen. Rico spielte ein paar besinnliche Melodien auf der Gitarre und Alice, Acimon und Naokimon genossen die Musik. Sie redeten zwar nicht viel, aber trotzdem lag eine angenehme Stimmung in der Luft. Sie genossen einfach die Stille und verbrachten noch ein schönes Weihnachtsfest.
 

Ryan lag spät in der Nacht noch immer wach in seinem Bett. Baluamon schlief bereits bei seinen Füßen, doch er konnte nicht einschlafen. Völlig in Gedanken versunken starrte er auf die Decke.

Er hatte onetimegirl in Kurzfassung geschrieben, was heute passiert war. Immerhin war sie auch diejenige gewesen, die ihn dazu ermutigt hatte, sich auf ein Date mit Alice einzulassen und die ihm Tipps gegeben hatte, wie er sich verhalten sollte, um sie nicht zu verschrecken. Und anscheinend hatte es funktioniert.

Ja, er hatte sich ordentlich zusammenreißen müssen, dass er so auf Abstand blieb, aber wie es aussah, war das bei Alice echt gut angekommen. Sicher war er sich immer noch nicht, was sich das Ganze eigentlich brachte. Aber onetimegirl hatte ihn dazu überredet, einmal nicht den Arsch zu spielen und zu sehen, was passieren würde.
 

Die zwei Weihnachts-Kapis sind länger geworden, als ich gedacht hätte XP

Eigentlich war nicht so viel Text geplant, da hätte ich auch drei Kapis draus machen können, doch das wollte ich dann doch nicht, das hätte sich dann zu sehr in die Länge gezogen, es sollte ja auch was weiter gehen ^^

Kiripurin



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  WuerfelWild
2013-01-13T22:40:40+00:00 13.01.2013 23:40
Seite 4, der Alice-Absatz: "wär weiß welche" ähm... "wer" xD

und das war die Einleitung! :DD

soooo ein süßes Kapitel, das könnte man glatt als Wohlfühl-Weihnachtsfilm adaptieren! xDD (btw... ich hab nichts gegen Wohlfühl-Weihnachtsfilme...)
Ich bin weiterhin natürlich absoluter Honoka-Fan. Mal ganz abgesehen davon, dass sie offensichtlich gerade dabei ist, Ehen zu stiften; zwischendurch noch ihr "natürlich hab ich gelauscht, das kann ich mir nicht entgehen lassen" Ach so. Na denn. xDD
Ich finde es übrigens sehr gut, wie du die Charaktere ausspielst. Also, ich hab selten das Gefühl, sie handeln wirklich out of character. Honoka bleibt bekloppt, Yukiko bleibt schüchtern, Ryan bleibt ein Ar.... *hust* Ja.
Ich weiß zwar nicht, ob ich als schüchterner Mensch jemandem mit solcher Deutlichkeit gesagt hätte, was ich fühle, aber es war trotzdem ok. Vielleicht hätte sie stottern sollen oder abbrechen oder so (als müsste sie sich mehrmals selbst überzeugen, weiter zu reden), dann wärs glaubhafter gewesen.
Schön auch das Ende mit sozusagen nem Cliffhanger. Da denkt man mal, Ryan ist nett. Und dann kommt am Ende raus, er hat nur mal versucht nett zu tun. Aber in wirklichkeit ist er ein Ar... Ja. Juhu .____.
Und Rico ist wieder Zuhause. Wo war der eigentlich die ganze Zeit? Hat er im Wald geschlafen? Erfährt man das noch? @___@
Von:  fahnm
2013-01-07T23:03:39+00:00 08.01.2013 00:03
Hammer Kapi^^


Zurück