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Digimon Destiny

season 6
von

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Alles hat seine Folgen

Die Schulglocke läutete und die meisten Schüler der Shoji-High verließen das Gebäude. Das erste Trimester neigte sich dem Ende zu und alle sahen schon mit voller Freunde den Ferien entgegen, auch wenn es heute wie aus Eimern regnete.

Hime war gerade ein paar Schritte aus dem Schulhaus gegangen und hatte ihren Schirm aufgespannt. Auf einmal wurde sie von irgendwem festgehalten und das Mädchen stoppte. Sie drehte sich um, um zu sehen, wer es war. Überrascht blickte sie in Ricos Gesicht.

„Hey“, meinte er und ließ ihren Arm los, „Kann ich kurz mit dir reden?“

„Sicher, was gibt’s?“, wollte sie wissen und setzte sich anschließend wieder in Bewegung.

„Warum gehst du nicht mit Alice?“, fragte er und tat es ihr gleich.

„Die hat doch heute Klassendienst“, entgegnete sie ihm und war etwas verwundert, dass er das nicht wusste.

„Aja … vergessen …“, bemerkte er nur knapp und senkte dabei seinen Blick.

„Und was ist mit Nayuta?“

„Irgendwelche Typen aus der 11. haben ihm seine Schuhe und seinen Regenschirm weggenommen, deswegen ist er gegangen, bevor es zum Regnen anfangen würde.“

„Ach so, der Arme …“, hatte sie Verständnis für ihn und griff nun auch mit ihrer zweiten Hand zum Griff des Schirmes, „Also, worüber wolltest du mit mir reden?“

„Alice erzählt dir doch alles, oder?“, versuchte er vorsichtig an die Sache heranzugehen und drehte etwas nervös seinen Schirm im Kreis.

„Ja … so ziemlich …“, antwortete sie ihm zaghaft, obwohl sie ihre Antwort gerade nicht mit voller Zuversicht unterstützen konnte, „Wieso fragst du?“

„Sie ist in letzter Zeit so komisch, hat sie dir gesagt warum?“

Das Mädchen blieb plötzlich stehen, woraufhin der Braunhaarige auch anhielt. Wusste Rico etwa von Ryan? Sie hatte Alice gar nicht gefragt, ob sie mit irgendwem darüber reden durfte, aber bei ihrem Bruder würde das schon nichts machen.

„Ja, sie hat es mir erzählt …“, meinte sie mit trauriger Stimme und blickte betrübt zu Boden, „Und du hast noch gar nichts unternommen?“

„Ich? Was soll ich denn tun?“, stellte er eine Gegenfrage und war etwas enttäuscht über ihre Reaktion, immerhin war er ja auch betroffen, „Glaubst du mich lässt das einfach kalt?“

„Eben nicht und deswegen habe ich mir ja gedacht, dass du wütend wirst und gleich zu ihm rennen willst, um ihn zu verprügeln oder so“, versuchte sie sich zu rechtfertigen und konnte es nicht fassen, dass er so gelassen blieb.

„Von was redest du gerade?“, forschte der Junge nach, dem endlich aufgefallen war, dass sie aneinander vorbeiredeten.

„Naja von Ryan, von was sonst?“, gab sie ihm ihrer Meinung nach die einzig logische Antwort und war nun sichtlich verwirrt.

„Ryan? Warum Ryan?“, verstand er nicht, doch kurz darauf verfinsterte sich seine Miene schlagartig, „Was hat er ihr angetan?“

„Ich hätte gedacht wir reden die ganze Zeit über ihn, warum sollte Alice sonst so seltsam drauf sein?“, wollte sie von ihm wissen, da sie das Missverständnis anscheinend noch immer nicht mit bekommen hatte.

„Hime, was hat er gemacht?“, fragte er nun noch einmal mit noch wütenderer Stimme, ohne ihr zu antworten.

„Ich weiß nicht, ob ich dir das erzählen darf …“, murmelte sie und versuchte seinem Blick auszuweichen, da sie es hasste seine hasserfüllten Augen zu sehen, „Alice war schon ziemlich fertig und sie hat gesagt, dass sie …“

„Sag schon!“, drängte er sie weiter, woraufhin sie den Griff ihres Schirmes noch fester drückte.

„Er … er hat sie belästigt, zwei Mal sogar und Alice hat jetzt immer Angst, wenn sie in seiner Nähe ist, dass er es wieder tun könnte …“, rückte sie endlich mit der Wahrheit raus, bereute es aber bereits kurz darauf.

„Dieses Schwein …“, kommentierte er nur ihre Aussage, setzte sich wieder in Bewegung und ging an ihr vorbei.

„Rico! Mach das nicht, reiß dich zusammen!“, versuchte sie ihn aufzuhalten und ergriff seinen Arm, der aber wenige Sekunden später ihre Hand wieder abschüttelte.

„Lass mich, jetzt hab ich noch einen Grund mehr diesem Idioten die Visage zu polieren!“, erklärte er ihr und ging dann weiter.

„Rico!“, schrie sie ihm hinterher, doch er ignorierte sie, ihr blieb also nichts anderes übrig, als ihm hinterherzulaufen.
 

Nayuta, der schon lange zu Hause war, befand sich gerade in seinem Wohnzimmer, um staubzusaugen. Schon seit Vormittag hatte er nichts anderes getan als sich um den Haushalt zu kümmern und das alleine, obwohl sein Bruder und sein Vater ebenfalls da waren.

Es war immer dasselbe mit den zweien. Sie hockten im Wohnzimmer und taten nichts Sinnvolles. Wenn der Junge sie darauf ansprach, hoben sie die nächstbeste Zeitung in die Höhe und meinten, dass sie eh schauten, was es für Jobs gab. Der Kleine kümmerte sich also immer um alles, aber wenn das so weiter gehen würde, müssten sie sich sicher bald ein neues Zuhause suchen, da das Haus zu kostspielig war.

„Ran, heb einmal denen Füße“, forderte er ihn auf, da er auch unter der Bank staubsaugen wollte.

„Ich glaub du hast etwas vergessen, Zwergiger“, entgegnete der ihm aber nur und sah ihn mit herablassendem Blick an.

„Wenn du willst, dass es unter deinen Füßen sauber ist, hebst du sie jetzt“, meinte er mit gereiztem Ton und deutete auf die angesprochene Stelle.

„Ich will das nicht, Zwergi, du willst das doch“, erklärte er ihm und blickte nun wieder in Richtung Fernseher.

„Schön“, beendete er das Gespräch und ging zur Steckdose, bei der das Gerät angesteckt war.

„Was machst du jetzt?“, verstand sein Bruder nicht und drehte sich zu ihm um.

„Was ist hier los?“, wollte sein Vater wissen, der gerade vom oberen Stock die Treppen heruntergelaufen kam.

„Er hört einfach auf staubzusaugen!“, klärte Ran den Mann auf und zeigte auf Nayuta, der bereites den herausgezogenen Stecker in der Hand hielt.

„Bist du schon fertig?“, fragte er und ging auf seinen jüngeren Sohn zu.

„Nein, aber Ran ist es sowieso egal wie es hier aussieht und dir auch, also wozu noch den Dreck wegräumen?“, entgegnete er ihm mutig und sah ihn ernst an.

„Mir ist es nicht egal und wir haben ausgemacht, dass du dafür zuständig bist, also halt dich auch daran“, widersprach ihm sein Vater, nahm ihm den Stecker aus der Hand und steckte ihn wieder an.

„Wir haben auch ausgemacht, dass ihr arbeiten geht und ihr haltet euch auch nicht daran!“, gab er laut zurück, was seine Familienmitglieder erstaunte, „Bevor ihr nicht vorweisen könnt, dass ihr eine Arbeit habt, mach ich auch nichts mehr!“

„Nayuta, wie redest du mit deinem Vater?“, konnte er nicht verstehen und war ziemlich wütend darüber, was er ihm alles vorwarf.

„So wie mit einem, der seit Mama tot ist, nichts mehr zu Stande bringt und sich nicht einmal anstrengt einen Job zu finden!“, brachte er es auf den Punkt und marschierte in sein Zimmer.

Wortlos sahen ihm die beiden hinterher, denn sie waren schockiert über die Ansage des Kleinen. Nach nicht einmal einer Minute kam der Braunhaarige dann wieder nach unten und verließ das Haus durch die Eingangstür.

„So ein Trottel, willst du …“, fing Ran seine Frage an, wurde aber von seinem Vater unterbrochen.

„Sei still!“, befahl er ihm, was er dann auch war, „Dreh den Fernseher ab und mach irgendetwas Sinnvolleres!“

Mit diesen Worten ging er in die Küche und schlug hinter sich die Tür zu. Der Mann nahm ein Bild in die Hand, das auf der Theke stand und setzte sich anschließend auf einen Stuhl. Er betrachtete das Foto und strich mit seinem Daumen sanft über das Abbild seiner Frau.

„Umeko …“, klagte er nur leise und stützte seinen Kopf mit einer Hand ab, „Wieso bist du nicht mehr da?“
 

Shunichi und Ryan, der wieder einmal eine Zigarette rauchte, waren gerade auf dem Weg zum Restaurant der Sanoofs. Sie waren noch nicht weit von der Schule entfernt, als der Weißhaarige sich umdrehte, da jemand seinen Namen gerufen hatte. Schon wurde er von einer Faust ins Gesicht geschlagen und fiel anschließend auf den Boden.

Shunichi stand nur fassungslos daneben und sah entsetzt zwischen seinem besten Freund, der seine Hand auf seine Lippe legte und Rico hin und her. Erst jetzt bemerkte er, dass Hime hinter dem Braunhaarigen stand und mit verzweifeltem Blick zu ihm aufsah.

Der Junge hatte noch gar nicht die Gelegenheit gehabt, ihr zu sagen, dass Alice nur Lügen erzählte. Als er mit ihr sprechen wollte, war sie nicht zu Hause gewesen. Jetzt war sie zwar da, aber es war besser, wenn sie das alleine besprechen würden.

„Sag mal hast du sie noch alle?“, wollte der Schwarzhaarige an Rico gewandt wissen und musste feststellen, dass um sie die Leuten stehen geblieben waren, um sich das Schauspiel anzusehen.

Die meisten von den Zuschauern waren Schüler, aber auch ein paar Lehrer betrachteten sie aus ein paar Meter Entfernung, anstatt einzugreifen. Logisch, sie hatten alle Angst selbst etwas abzubekommen.

„Wie kannst du es wagen Alice zu deinem Spaß auszunutzen?“, ignorierte er ihn aber und blickte den Betroffenen böse an.

„Das ist doch alles …“, wollte Shunichi widersprechen, doch sein Kumpel ließ ihn nicht ausreden.

„Lass ihn doch …“, meinte er, sich mit dem Handrücken das Blut von der Lippe weg wischend und stand auf, „Der Trottel würde das ja sowieso nicht checken.“

„Pass auf, was du sagst“, drohte er ihm, kam wieder auf ihn zu und packte ihm am Kragen seiner Jacke.

„Uh, jetzt hab ich aber Angst“, bemerkte er grinsend und blies ihm den Rauch der Zigarette ins Gesicht, „Na los, schlag mich doch, dann machst du deinem Ruf alle Ehre.“

Ryan wusste wirklich, wie man Leute provozierte, aber wie Shunichi fand, war das nicht gerade eine positive Eigenschaft. Selbst behielt er immer die Fassung und war durch fast nichts aus der Ruhe zu bringen. Vor allem bei Rico aber sollte er eher vorsichtig sein mit dem, was er sagte. Bei ihm wusste man nie, ob er sich jetzt im Griff hatte, oder nicht …

„Du hast Glück, dass hier so viele Leute sind“, entgegnete ihm der braunhaarige Junge flüsternd, dabei merkte man, das er Mühe damit hatte, nicht auszurasten.

Sein Griff wurde lockerer, bis er seinen Kontrahenten schließlich ganz losließ. Hime und ihr bester Freund waren erleichtert, als er sich dann umdrehte und sich die Sache somit für ihn erledigt hatte.

Doch niemand konnte ahnen, dass sich Ryan mit dem Verlauf der Dinge nicht zufrieden begab. Der Weißhaarige legte seine Hand auf die Schulter des Jungen, wand ihn zu sich herum und haute ihm nun ebenfalls eine rein.

„Glaubst du etwa, dass ich den Schlag einfach so auf mir setzten lasse?“, fragte er verächtlich und grinste triumphierend, während er seine Hand von dem Schlag ausschüttelte.

Der Angegriffene war nicht hin geflogen, sondern nur ein paar Meter nach hinten getaumelt. Es hatte seine Nase erwischt, die daraufhin zu bluten begann. Der Braunhaarige hob seinen Kopf und sah Ryan mit hasserfüllten Augen an, während er sich das Blut wegwischte.

Kurz darauf stürzte er sich auf seinen Widersacher, sodass der erneut zu Boden ging. Schnell setzte er sich auf ihn und schlug einfach auf ihn ein. Er wollte ihm sein dämliches Grinsen aus seinem Gesicht schlagen, er sollte wissen, was es hieß, sich mit Rico Yurioka anzulegen.

„Das ist für meine Schwester“, meinte er auf seinen Schlag bezogen und holte schon wieder zum nächsten aus, „Das ist für dein dämliches Grinsen und das ist dafür, dass du mir eine rein gehauen hast.“

Der weißhaarige Junge war zu überrascht, als das er die Schläge abwehren konnte. Er hielt sich einfach nur die Arme schützend vors Gesicht und versuchte sich zu befreien, aber ohne Chance.

„Hör auf, Rico!“, schrie Hime auffordernd und umklammerte ihn von hinten, „Das ist es nicht wert.“

„Rico, lass ihn in Ruhe!“, versuchte auch der Schwarzhaarige auf ihn einzureden, packte ihn von vorne an den Schultern und stemmte sich mit voller Kraft dagegen. Es war aber sinnlos, er wollte sich nicht von seinem Vorhaben abringen lassen.

„Hey! Was ist denn hier los?“, rief auf einmal Herr Takakaze, der angerannt kam und sich sofort zwischen die beiden drängte.

Mit vereinten Kräften schafften sie es Rico von seinem Opfer wegzubringen und festzuhalten. Nach einer Weile beruhigte er sich und schüttelte die ihn festhaltenden Hände genervt von sich ab. Er hatte dabei Ryan aber nicht aus den Augen gelassen, der sich den Kopf hielt und nicht einmal in der Lage war aufzusetzen.

„Was ist denn los mit euch?“, wollte der Lehrer von ihnen wissen und sah abwechselnd zwischen ihnen hin und her, „Seid ihr so blöd, dass ihr nur mit euren Fäusten sprechen könnt?“

„Herr Takakaze, das tut mir …“, fing Hime schon an sich für das Verhalten der Jungs zu entschuldigen, doch der Mann unterbrach sie.

„Ich will das nicht aus deinem Mund hören, Mädchen“, erklärte er und ging auf Ryan zu, um ihm aufzuhelfen, „Geh zur Schulärztin, Ryan, du siehst furchtbar aus.“

„Danke, das hört man gern“, entgegnete der ihm, als er wieder auf den Beinen stand und setzte sich mühsam in Bewegung.

„Geht weiter, hier gibt es nichts zu sehen“, meinte Herr Takakaze an die Menschen gerichtet, die sich das Spektakel angesehen hatten, „Falls so etwas noch einmal vorkommen sollte, was ich nicht hoffe, greift ihr ein anstatt so blöd zu glotzen.“

Als der Weißhaarige bei Rico vorbeiging, spuckte er vor ihm auf den Boden, doch er grinste ihn nicht an, sondern erwiderte nur seinen boshaften Blick. Diese Prügelei war völlig umsonst gewesen, der Braunhaarige hatte ihn für etwas zusammen geschlagen, das er noch nicht einmal getan hatte. Er hasste diesen Typen einfach, das wurde ihm mit jedem Tag mehr bewusst.

„Ryan!“, ermahnte ihn der Lehrer, der ihm nachging und seine Provokation mitbekommen hatte, „Hör auf, oder willst du, dass dein Gesicht noch mehr verunstaltet wird?“

Er erwiderte nichts darauf, sondern ging einfach nur weiter. Shunichi lief ihm ebenfalls hinterher, so wollte er seinen Kumpel nicht alleine lassen, wer wusste schon, was ihm einfiel … Herr Takakaze musste auch an Rico vorbei und blieb kurz bei ihm stehen.

„Am Anfang habe ich mir gedacht, dass ich mir selbst ein Bild von dir machen will, ich wollte nicht glauben, dass du wirklich so ein aggressiver Junge bist, wie alle sagen“, erklärte er ihm mit leiser Stimme und schien etwas enttäuscht zu sein, „Ich wollte dir noch eine Chance geben, aber derzeit neige ich eher dazu zu glauben, dass die ganzen Gerüchte wahr sind.“

„Da kann man nichts machen“, bemerkte der Junge nur desinteressiert und blickte abwesend zur Seite.

„Tja, anscheinend nicht …“, gab er nur zurück und ging weiter.
 

In der Zwischenzeit spazierte Nayuta mit Kirbymon durch den Park, der seit dem einen Digimon-Angriff noch immer nicht ganz der Alte war. Er war zwar nicht live dabei gewesen, aber im Fernsehen hatten sie genug darüber berichtet. Manchmal fragte er sich, ob es richtig war, dass er das Kämpfen abgelehnt hatte.

„Normalerweise rede ich nicht so mit meinem Vater und bei Ran traue ich mich auch nie etwas sagen …“, erzählte der Kleine mit traurige Stimme seinem Partner, der neben ihm herflog, „Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist, man muss doch auf das hören, was die Eltern einem sagen …“

Der Braunhaarige drehte seinen Kopf zu dem Digimon, doch das entgegnete ihm nichts. Es kam ihm fast so vor, als ob er Selbstgespräche führen würde und das würden die Fremden, die an ihm vorbei gingen, auch so sehen, aber was machte das schon …

„Seit dem Mama tot ist, hat sich irgendwie alles verändert …“, meinte er und sah betrübt zu Boden, „Am Anfang war ja noch alles okay, Papa hatte einen Job, wir teilten uns die Arbeit im Haus auf … aber nach der Zeit begann er dann zu Trinken und irgendwie kommt es so rüber, als ob ihm alles egal wäre. Er wurde gefeuert und Ran hatte sowieso noch nie länger als eine Woche eine Job …“

Er blickte wieder zu Kirbymon hinüber, das aber wieder nur schwieg. Der Junge seufzte und war etwas deprimiert, dass er gerade einem Digimon, das nicht einmal sprechen konnte, seine Sorgen an den Hals warf …

„Papa wollte immer stark sein, in meiner Gegenwart hat er nie geweint, ich hab keine Ahnung, ob ihn Mamas Tod noch immer so belastet“, redete er einfach weiter und ignorierte das Schweigen seines Partners, „Vielleicht ist er nie wirklich damit fertig geworden und ist deswegen so wie er jetzt eben ist … Ich wollte ihm eine Hilfe sein und habe vorgeschlagen, dass ich mich um den Haushalt kümmere, damit er sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren kann. Ich dachte, dass er irgendwann wieder so werden würde wie früher, wenn ich ihm nur genügend Zeit gebe, aber langsam glaube ich, dass ich umsonst warte …“

Nayuta versank ganz in Gedanken, doch plötzlich äußerte sich sein Digimon mit einem Gepiepse. Überrascht sah er auf, er hatte nicht erwartet, dass es etwas dazu zu sagen hatte.

„Was soll denn das jetzt heißen?“, wollte er wissen, woraufhin es wieder irgendetwas von sich gab und er gespannt zuhörte, „Vielleicht hast du ja Recht … Vermutlich muss ich Papa wirklich zeigen, dass das so keinen Sinn mehr hat, ich brauche mehr Mut und muss ihm sagen, wie wir das besser machen können, nur so kann ich ihm helfen …“

Das orangene Wesen entgegnete ihm wieder etwas, woraufhin ihm ein Lächeln über die Lippen huschte. Auch wenn es nicht viel mit ihm redete und wenn es noch immer ein bisschen Angst vor ihm zu haben schien, hörte es sich seine Sorgen an und versuchte ihm zu helfen. Der Junge hatte schon befürchtet, dass sie sich nicht mehr näher kommen würden, wenn sie nicht gemeinsam kämpften, aber zum Glück hatte er sich geirrt.
 

Rico riss die Tür zu ihrer Wohnung auf und stapfte wütend in den Vorraum. Die Purpurhaarige war ihm die ganze Zeit leise gefolgt und hatte nichts gesagt, wenn der Junge so drauf war, ging man ihm lieber aus dem Weg, aber sie wollte auf ihn aufpassen.

„Rico, was ist denn mit dir?“, fragte Alice, die noch nicht lange zu Hause sein durfte und sah ihrem Bruder verwirrt nach, „Hey, ich rede mit dir!“

Er ignorierte sie weiterhin und schmiss, nachdem er in sein Zimmer getreten war, hinter sich die Tür zu. Nachdem die Orangehaarige über ihren Bruder geflucht hatte, wandte sie sich ihrer besten Freundin zu.

„Er hatte doch eine blutige Nase, oder?“, wollte sie sich vergewissern und schien nicht sehr glücklich über ihre Entdeckung zu sein.

„Ja …“, bestätigte Hime ihre Vermutung und wich ihrem Blick aus.

„Warum? Was ist passiert?“, bohrte sie weiter nach und fragte sich, wieso das Mädchen wohl so komisch war.

„Er hat sich mit Ryan geprügelt“, antwortete sie ihr und ging an ihrer Freundin vorbei, weil sie nicht im Vorraum weiter reden wollte.

„Und wer hat angefangen?“, forschte sie nach und folgte ihr in die Küche.

„Rico, er war wütend“, erklärte sie ihr und machte eine kurze Pause, „weil ich ihm erzählt habe, dass Ryan dich belästigt hat …“

„Du hast es ihm erzählt?“, wiederholte sie noch einmal und wurde dabei etwas lauter, „Wieso? Ich hab dir doch gesagt, dass ich das alleine regeln will!“

„Ich dachte, dass er es weiß …“, redete sie sich heraus und setzte sich auf einen Sessel.

„Ja, weil ich auch meinem Bruder erzähle, was passiert ist, wenn auf der Hand liegt, dass er Ryan etwas antun würde!“, verstand sie nicht und stützte sich mit den Händen auf der Tischplatte ab.

„Hätte ja sein können, ich weiß ja nicht, über was ihr so sprecht …“

„Wie hat Ryan reagiert?“, erkundigte sie sich in normaler Lautstärke nach einer Weile des Schweigens, woraufhin Hime sie verwirrt ansah.

„Naja, das kannst du dir ja denken, er hat Rico provoziert und zurückgeschlagen.“

„Und er hat es gar nicht abgestritten?“

„Nein, der Mistkerl hat einfach nur gegrinst, er hatte überhaupt keine Schuldgefühle“, zog sie über ihn her und presste eine ihrer Hände zu einer Faust zusammen.

„Wenn wir jetzt über ihn herziehen, bringt sich das auch nichts“, meinte Alice und richte sich wieder auf.

„Wie kannst du nur so gelassen sein?“, konnte sie nicht verstehen und sah mit einem ersten und verständnislosen Blick zu ihrer Freundin auf, „Der Typ hat dich belästigt und wer weiß, wann er es wieder tut!“

„Ich bin nicht gelassen“, widersprach sie ihr und verschränkte dabei die Arme, „Ich regle das schon, allein, vertrau mir.“

„Aber …“, wollte sie schon wieder ein Gegenargument einbringen, ließ es dann aber doch bleiben, „Na gut, okay, aber wenn ich herausfinden sollte, dass er dich noch einmal anfasst, werde ich nicht mehr so tatenlos daneben stehen.“

„Danke, Hime“, meinte sie und lächelte sie kurz an.

Kurze Zeit später verließ die Besucherin die Wohnung. Sie hatte gemeint, dass sie noch etwas erledigen musste und war mit dieser Begründung gegangen. Alice machte sich dann auf den Weg zurück in die Küche und setzte sich auf einen Stuhl. Verzweifelt lehnte sie sich über den Tisch und schlug sich selbst ein paar Mal mit der Faust gegen den Kopf.

Das hatte sie doch alles nicht gewollte. Wie hätte sie denn ahnen können, dass das ganze so eskalieren würde? Wenn Hime Rico nicht alles erzählt hätte, hätte er Ryan auch nicht zusammen geschlagen und dann hätte Ryan auch nie mitbekommen, was für eine Geschichte sie sich ausgedacht hatte.

Was würde bei ihrem nächsten Aufeinandertreffen wohl passieren? Würde er sie wieder küssen, würde er nur reden wollen oder würde er ihr gar weh tun? Es war ihre eigene Schuld, dass es jetzt so weit gekommen war, das sah sie ja ein. Alles nur, weil sie nicht den Mut hat zu ihren Gefühlen zu stehen, was auch immer diese bedeuten mochten …
 

„Aua, sein Sie ein bisschen sanfter“, maulte Ryan und hielt sich seine Wange, auf die er so eben von der blonden Frau ein Pflaster geklebt bekommen hatte.

Der weißhaarige Junge saß auf einem Sessel im Krankenzimmer der Schule, da Herr Takakaze ihm befohlen hatte, die Schulärztin aufzusuchen. Eine Weile befand er sich jetzt schon hier, da diese Frau lange brauchte, um zu bestätigen, dass er eh keine schweren Schäden davon getragen hatte.

„Oh, tut mir Leid, beim nächsten Mal bin ich vorsichtiger“, entschuldigte sie sich und strich mit ihrem Handrücken sanft über seine Wange.

„Wie sind Sie eigentlich Schulärztin geworden?“, fragte er zweifelnd und beobachtet, wie sie mit einer Schere das nächste Pflaster herunter schnitt.

„Zweifelst du etwas an meinen Fähigkeiten?“, stellte sie eine Gegenfrage, woraufhin der Junge nachzudenken schien.

„Naja … schon irgendwie …“

„Ich habe Medizin studiert, ich habe alles was man braucht, um Schulärztin zu sein“, erklärte sie ihm, klebte etwas auf seine Augenbraue und setzte anschließend ein zuckersüßes Lächeln auf, „Und außerdem mögen mich die Schüler.“

„Kein Wunder“, entgegnete er nur, während er sie von oben bis unten musterte, „So wie Sie aussehen.“

„Aber die meisten, die herkommen, sind immer dieselben“, ignorierte sie seine Aussagen und sah gedankenverloren zur Decke hinauf, „Und es war noch nie ein Junge dabei, der mir so richtig gefallen wollte.“

„Ist auch gut so“, meinte er nur, kramte in seiner Hosentasche herum und holte eine Zigarettenschachtel heraus, „Ich bezweifle, dass sie hier eingestellt wurden, um etwas mit einem Schüler anzufangen.“

„Da stimm ich dir zu“, gab sie ihm Recht, kam ihm mit ihrem Gesicht ganz nahe und flüsterte ihm ins Ohr, „Aber bei dir würde ich eine Ausnahme machen.“

„Ich fühle mich geehrt“, gab er zurück und folgte ihr mit seinen Augen, da sie sich wieder von ihm entfernt hatte, „So etwas von einer so hübschen Frau zu hören.“

„Die Zigaretten kannst du gleich wieder wegpacken“, ermahnte sie ihn, lächelte dabei aber freundlich, „Immerhin befinden wir uns hier noch immer in der Schule.“

„Jaja, schon klar …“, entgegnete er ihr etwas enttäuscht und steckte das Packerl wieder zurück.

„Wieso hast du dich überhaupt geprügelt?“, forschte sie nach und setzte sich auf einen Stuhl, der gegenüber von dem Weißhaarigen stand, „Du siehst nicht so aus, wie jemand, der das gerne macht.“

„Finden Sie, ja?“, war er etwas überrascht, da er das zum ersten Mal hörte, „Naja, wissen Sie … Der Typ hat angefangen und ich lass mich doch nicht einfach so zusammen schlagen, ohne mich zu wehren.“

„Verständlich“, konnte sie sein Benehmen nachvollziehen und nahm ihre Brille ab, die nun von ihrem Hals herunter hing, „Und wieso hat er dich angegriffen?“

„Wir verstehen uns nicht wirklich und außerdem lag ein Missverständnis vor.“

„Oh, naja dann, ich hoffe, dass du dieses Missverständnis möglichst schnell aus der Welt schaffen kannst“, erklärte sie und streckte ihm die Hand entgegen, „So, du bist fertig behandelt, ich hoffe du beehrst mich bald wieder.“

„Sie hoffen, dass ich bald wieder komme?“, wiederholte er noch einmal und sah sie mit runzliger Stirn an, „Das hört man ja gerne von einer Ärztin.“

Die junge Frau entgegnete nichts darauf, sie lächelte ihn nur an. Ryan ergriff dann ihre Hand und verabschiedete sich ebenfalls. Er mochte diese Frau irgendwie, sie waren genau auf derselben Wellenlänge. Vielleicht würde er wirklich bald wieder vorbei schauen.

Als er bei der Tür herausgetreten war, kramte er wieder in seiner Hosentasche herum. Diesmal holte er aber nicht sein Zigarettenpackerl heraus, sonder sein Handy. Kurz blieb er stehen, um eine SMS zu schreiben, steckte das Gerät dann aber wieder ein und ging dann den langen Gang entlang.

„Manchmal findet man doch noch Menschen, mit denen man sich auf Anhieb verbunden fühlt …“
 

Kurz darauf tauchte Tankmon in der Nähe des Bahnhofes auf. Alice, Hime und Rico zogen los, um das Digimon zu bekämpfen, auch wenn gerade niemand von ihnen Lust dazu hatte. Da das feindliche Wesen wieder einmal nur auf dem Champion-Level war, hatten die drei leichtes Spiel und ihre Arbeit schnell erledigt.

„Wo wohl die ganzen Ultra-Digimon abgeblieben sind …“, fragte sich Hime, als plötzlich eine weibliche Stimme aus ein paar Meter Entfernung ertönte.

„Rico!“, schrie Honoka vergnügt, die sich ihm mit Anlauf um den Hals warf, „Das hast du toll gemacht!“

„Und was ist mit mir?“, fragte Acimon, da ihm keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde, beleidigt, wurde aber ignoriert.

„Was will die den hier?“, wollte die Orangehaarige wissen und sah mit abwertendem Blick zu der Angesprochenen hinüber.

„Was willst du schon wieder?“, wollte Rico von dem Mädchen wissen und schien auch nicht sehr begeistert von ihrer Anwesenheit zu sein.

„Du könntest dich schon ein bisschen mehr freuen mich zu sehen“, war sie etwas beleidigt, setzte dann aber mit einer Antwort auf seine Frage fort, „Ich wollte dich abholen.“

„Abholen?“, wiederholte der Junge noch einmal, da er sich noch immer nicht wirklich auskannte.

„Ja, abholen“, bestätigte sie und grinste ihn an, „Wir haben heute ein Date.“
 

Frau Birnbaum hatte ihren ersten richtigen Auftritt!

Ich hoff, dass ich sie noch öfters einbauen kann, ich mag sie irgendwie ^^

Außerdem steh ich voll drauf, wenn sich Rico und Ryan prügeln, auch wenn die Szene vielleicht ein bisschen besser geschrieben sein könnte.

Beim nächsten Kapi (bzw bei den nächsten Kapis) hab ich eine Überraschung für euch, ich hoff, sie wird euch gefallen =)

Kiripurin



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fahnm
2011-09-07T22:12:53+00:00 08.09.2011 00:12
Klasse Kapi^^


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