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Digimon Destiny

season 6
von

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Der vergessene Tag

Schnell riss er die Tür des Gebäudes auf. Er war außer Atem, weil er den Weg vom Bahnhof bis zum Krankenhaus durchgehend gerannt war, doch es blieb jetzt keine Zeit zum Verschnaufen.

Der Junge musste zu seiner Mutter. Er brauchte Bestätigung, dass es ihr gut ging. Sein Vater hatte zwar nur geschrieben, dass er so schnell wie möglich ins Krankenhaus kommen sollte, aber er konnte sich schon denken, was geschehen war. Mantamon hatte er in sein D-Maak gesperrt, weil er fand, dass das das Beste für ihn war.

Seine Schritte hallten in den Gängen des Hauses, als er seinen Weg fortsetzte, doch bis jetzt hatte der er noch keinen einzigen Menschen gesehen. Der Junge bog um die Ecke zur Rezeption und war glücklich wenigstens dort jemanden vorzufinden.

„Ich muss zu meiner Mutter!“, keuchte er und stützte sich auf seinen Knien ab.

„Warte einen Moment, ich muss erst nachschauen, in welchem Zimmer sie untergebracht ist“, meinte die Rezeptionistin und drehte sich mit ihrem Stuhl in Richtung Computer.

„Ich hab keine Zeit, ich muss sofort zu ihr!“, schrie er aufgebracht, doch plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und er drehte sich ruckartig um.

„Beruhig dich, Shunichi“, forderte ihn sein Vater mit ruhiger Stimme auf, worauf der Junge einmal tief ein und aus atmete.

„Was ist mit Ma?“, fragte er anschießend und sah ihn mit ernster Miene an.

„Sie ist wieder umgekippt, aber …“, erklärte der Mann und sah betrübt zu Boden.

„Was, aber?“, fragte er besorgt, was man auch an seinem Blick sehen konnte, „Wacht sie etwa nicht mehr auf?“

„Nein, sie ist wach …“, konnte er seinen Sohn beruhigen, sprach aber sehr leise, „… aber sie kann sich nicht mehr erinnern, was sie heute gemacht hat …“

„Ich will zu ihr!“, meinte der Schwarzhaarige entschlossen, woraufhin er von seinem Vater den richtigen Weg gezeigt bekam.
 

„Feuerschwingen!“, jaulte Hutezamon und zwang Rapidmon zu Boden.

„Ja, super, Hutezamon!“, bejubelte Alice ihren Partner, doch sie freute sich zu früh, denn das Ultra-Digimon war noch lange nicht geschlagen.

„Scheiße, dieses Vieh ist echt zäh …“, äußerte sich Ryan, der sich mittlerweile zur Beruhigung eine Zigarette angezündet hatte.

Als die Orangehaarige seine Stimme hörte, lief ihr ein kurzer Schauer über den Rücken. Sie hoffte inständig, dass der Weißhaarige die Distanz zwischen ihnen beibehalten würde, sie wollte ihm nicht zu nahe kommen.

Nacheinander brachen alle sechs Digimon, inklusive Metalltakomon, zusammen. Gissimon war sogar schon zurück digitiert. Der Kampf ging schon ziemlich lange, sie waren es nicht gewohnt so lange zu kämpfen.

Nayuta griff in seine Hosentasche und umfasste sein D-Maak. Währenddessen warf er Kirbymon, das unter der Tischdecke hervor lugte, einen fragenden Blick zu, doch das führte nur dazu, dass es sich noch weiter verkroch.

Sollte er eingreifen? Es sah nicht gerade blendend für seine Freunde aus und wenn sein Partner digitieren würde, wäre er eine helfende Kampfkraft, immerhin hatte er noch alle Energiereserven. Seine Hand begann zu zittern, doch plötzlich spürte er, wie sie von irgendwem ergriffen wurde.

Sein Blick, der zuvor auf seine Hosentasche gerichtet war, verfolgte nun den Arm, der seine Hand festhielt und dessen Besitzer Rico war. Sein bester Freund stand dicht vor ihm und hatte einfach nur nach hinten gegriffen, ohne sich umzudrehen. Anscheinend hatte er gemerkt, was der Kleine vorgehabt beziehungsweise in Erwägung gezogen hatte.

„Rico, ich …“, stammelte er nur vor sich hin, ohne die richtigen Worte zu finden, doch das musste er gar nicht, denn Rico fing einfach zu reden an.

„Los, Icemon! Steh wieder auf, ich weiß, dass du es kannst!“, versuchte er seinem Partner Mut zuzusprechen, der sich wenige Sekunden später wieder bewegte und aufstand.

„Rico, ich habe nicht mehr viel Kraft …“, entgegnete ihm das Digimon aus Eis, nachdem es sich fertig aufgerappelt hatte.

„Ich weiß, aber trotzdem musst du es versuchen“, meinte der Braunhaarige nur und war fest dazu entschlossen, diesen Kampf zu gewinnen.

Auch die anderen vier Digimon erhoben sich langsam und so waren wieder alle bereit den Kampf fortzusetzen.

„Ach, Gissimon … wenn du nur helfen könnest …“, murmelte Honoka und drückte ihren Partner, den sie in ihren Armen hielt etwas fester.

„Tut mir Leid, aber ich kann wirklich nicht mehr …“, entgegnete es ihr traurig, woraufhin sein Magen knurrte, „Und Hunger habe ich auch schon wieder …“

„Schon okay, du hast ja dein Bestes gegeben“, versuchte die Rosahaarige ihr grünes Digimon etwas aufzumuntern und lächelte es schwach an.

Wie auf Kommando stürmten die kampffähigen Digimon los und starteten eine Attacke nach der anderen auf Rapidmon. Die Digi-Ritter sahen nur gespannt zu, immerhin konnten sie ja nichts anderen machen, als an ihre Partner zu glauben.

„Eisgewitter!“, rief Icemon, woraufhin nur noch eine dunkle Schaubwolke zu sehen war.

Eine Weile regte sich nichts mehr und als man wieder ganz klar sehen konnte, konnte man erkennen, dass das bösartige Digimon am Boden lag. Es schien wirklich besiegt zu sein, also machte sich Alice langsam auf den Weg, um es wieder in seine Welt zurückzubefördern.

„Ich hab’s geschafft!“, schrie Acimon, das bereits, genau wie die anderen, zurück digitiert war und jetzt erfreut zu seinem Partner rannte.

„Wir haben’s geschafft …“, besserte Baluamon es aus und sah etwas genervt zu dem Angeber hinüber.

„Ohne meinen finalen Schlag hättet ihr den Kampf nie gewonnen!“, war das blaue Digimon der Meinung und klammerte sich Rico an den Fuß.

„Wie kann man nur so überheblich sein?“, sprach Fikadamon, dem Acimons Getue sichtlich auf die Nerven ging, seine Gedanken laut aus.

Wenige Minuten später hatten sich alle bei einem Steinhaufen versammelt und sich dort nieder gelassen. Manche hatten sich auf die Trümmer gesetzt, Ryan, Nayuta und Hime standen. Die Truppe wollte etwas besprechen und ausnahmsweise war die Stimmung nicht angespannt.

„Sind die anderen alle in Sicherheit?“, fragte Honoka neugierig, denn das hatte sie nicht ganz mitbekommen.

„Ja, soviel ich gesehen habe, haben es alle Schüler und Lehrer geschafft noch rechtzeitig das Gebäude zu verlassen“, entgegnete ihr Hime und erzählte dann noch genauer, „Als sie mitbekommen hatten, dass das Haus einzustürzen drohte, haben sie sofort die Flucht ergriffen. War auch gut so, ansonsten hätten wir nicht so einfach kämpfen können.“

„Glaubt ihr, dass unsere Digimon auch irgendwann das Ultra-Level erreichen werden?“, stellte sie weiter Fragen und überraschenderweise antwortete sogar Ryan.

„Das ist eben die Frage“, meinte er und schmiss sein Zigarettenstummel auf den Boden, woraufhin er darauf trat, um die Glut auszumachen.

„Wir kämpfen jetzt schon fast zwei Monat gegen Digimon“, brachte sich nun auch Alice ein und ließ ihre Füße baumeln, „Soll das jetzt etwa ewig so weiter gehen?“

„Du hast doch mal etwas von einem Mann erzählt, oder?“, mischte jetzt auch Rico mit, doch seine Schwester schien nicht so ganz zu verstehen.

„Was meinst du?“

„Naja, als ihr euren Partner das erste Mal getroffen habt. Du hast mir erzählt, dass euch so ein seltsamer Mann erschienen ist und euch einiges erklärt hat“, rief der Braunhaarige ihr noch einmal ins Gedächtnis, was sie selbst gesagt hatte.

„Was, euch auch?“, war der Weißhaarige etwas verwundert und hielt inne, als er gerade eine nächste Zigarette aus dem Packerl holen wollte, „Bei Shunichi und mir ist auch plötzlich so ein alter Kautz aufgetaucht, als wir Baluamon und Mantamon das erste Mal trafen.“

„Was für ein alter Mann?“, wollte Honoka, der es etwas schwer fiel mitzukommen, wissen.

„Das haben wir dir doch schon einmal erzählt …“, klärte Ryan sie auf und machte dort weiter, wo er aufgehört hatte, nämlich sich eine Zigarette anzuzünden, „Kannst du dich nicht mehr erinnern? Damals sind wir beim Café um d‘ Ecken gesessen und wir haben euch über die Digimon aufgeklärt.“

„Ach ja, jetzt wo du’s sagst, jetzt kann ich mich glaube ich erinnern …“, freute sie sich und grinste anschließend, „Damals war ich so begeistert von dir, dass ich dir gar nicht richtig zugehört habe.“

„Glaubt ihr, dass er uns irgendwie weiter helfen könnte?“, wollte Hime eine Antwort abwarten, bevor sie sich selber eine Meinung bildete.

„Das tut jetzt eigentlich nichts zur Sache, denn wir wissen ja nicht einmal, wie wir ihn kontaktieren können“, meinte ihre beste Freundin und verschränkte nachdenklich ihre Arme vor der Brust.

„Wer weiß, vielleicht kommt er, wenn wir irgendeinen Fortschritt gemacht haben“, erklärte Rico seine Sicht der Dinge und vergrub seine Hände in den Hosentaschen.

„Es haben doch schon alle das Champion-Level erreicht, wann will er denn auftauchen? Wenn sie das Ultra-Level erreicht haben, oder was?“, verstand Ryan nicht und hauchte den Qualm aus seinem Mund, „Wir wissen ja gar nicht, wie das überhaupt funktionieren sollte.“

„Möglich wär’s aber“, wollte Honoka diese Möglichkeit nicht ausschließen und ließ ihre Füße baumeln, „Was meinst du dazu, Yukiko?“

„Ehm …“, entgegnete sie ihr anfangs nur überfordert und schien sich erst eine gute Antwort zurechtzulegen, „Ich bin auch der Meinung, dass er noch einmal kommen wird und dass es irgendetwas mit der nächsten Digitationsstufe zu tun hat …“

„Wow, das war jetzt wieder eine sehr hilfreiche Aussage von ihr“, machte der Weißhaarige sie fertig, woraufhin das angesprochene Mädchen seinen Kopf senkte.

„Bis jetzt hast du aber auch noch nichts Sinnvolles von dir gegeben“, kommentierte Alice seinen Satz, bevor Honoka ihre beste Freundin verteidigen konnte.

„Ach ja? Und du schon, oder was?“, konterte er, worauf sie leicht und kaum merklich zusammen zuckte.

Das Mädchen hatte noch immer Angst vor ihm. Irgendetwas musste sie dagegen tun, sie musste sich nur noch überlegen, was. Es konnte ja nicht ewig so weitergehen, dass sie sich nicht traute sich ihm entgegenzustellen, wenn er wieder einmal einen Scheiß redete.

„Hört auf euch zu streiten!“, versuchte Hime die Auseinandersetzung zu schlichten und sah jeden nach einander an, „Es kann doch nicht sein, dass immer wenn wir etwas besprechen wollen, wir uns anschreien!“

Darauf folgte Stille. Alle Digimon sahen zu ihren Partnern hoch. Sie spürten auch diese angespannte Stimmung und das war alles andere als gut. Es war wichtig, dass die Digi-Ritter als Team zusammenhielten, dadurch wurden sie stärker, aber derzeit sah es gar nicht nach Teamwork aus.
 

„Ma?“, wollte Shunichi herausfinden, ob sie eh wach war und schloss langsam hinter sich die Tür.

Sein Vater hatte ihm gezeigt, in welchem Zimmer sich seine Mutter befand. Er war der Meinung gewesen, dass er alleine hineingehen sollte, auch wenn es dem Jungen egal gewesen wäre, wenn er mit ihm gekommen wäre.

„Shunichi, komm her“, forderte sie ihn auf und deutete ihm auch mit ihrer Hand, das Sprechen schien ihr schwer zu fallen.

„Ma … was ist passiert?“, fragte er besorgt, setzte sich auf den Hocker, der neben dem Krankenbett stand und ergriff ihre Hand mit seinen.

„Ich weiß es nicht, Ichi …“, antwortete sie ihm verzweifelt und drückte eine seiner Hände, „Das letzte was ich weiß ist, dass wir gestern Abendgegessen haben, danach ist alles schwarz …“

„Papa hat erzählt, dass du im Badezimmer einfach zusammen gebrochen bist“, erzählte er und streichelte mit dem Daumen sanft ihren Handrücken.

„Das kann schon sein, nur kann ich mich nicht mehr daran erinnern …“, musste sie gestehen und man merkte ihr an, dass es ihr unangenehm war, so hilflos und unwissend zu sein.

„Ma ...“, meinte er nur traurig, denn ihn schien die Sache noch mehr zu treffen, als irgendwen anderen.

„Ichi, mach dir keine Sorgen, es wird wieder alles gut.“

„Das sagst du mir jedes Mal, aber weißt du was, das stimmt überhaupt nicht!“, entgegnete er ihr getroffen und sah sie mit ernstem Blick an „Dir geht’s immer schlechter, wie kann dann alles gut gehen?“

„Ich war immer froh so einen vernünftigen Sohn zu haben“, begann sie nach einer Weile wieder zu sprechen und lächelte ihn an, auch wenn er wusste, dass das nur gestellt war, „Du machst immer das richtige und denkst nach bevor du etwas sagst. Ich glaube deswegen mögen dich auch alle so sehr.“

„Ich weiß das zu schätzen, aber du längst von Thema ab …“

„Wenn du dir die ganze Zeit Sorgen um mich machst, wirst du nicht glücklich sein. Denk auch mal an dich.“

„Wie soll ich mir keine Sorgen machen, wenn mich mein Papa um zehn Uhr abends kontaktiert und sagt, dass du dich nicht mehr an den gestrigen Tag erinnern kannst?“

„Das schaffst du schon und wenn nicht alleine, dann lass dir helfen. Hime ist sicher immer für dich da.“

„Aber was ist, wenn das immer öfter passiert und du dich eines Tages nicht mal mehr an mich erinnern kannst?“, wollte er auch diese Möglichkeit nicht ausschließen, woraufhin ihm eine Träne über die Wange lief.

„Ich werde dich nie vergessen. Und weißt du auch warum?“, erklärte sie ihm und streichelte ihm anschließend über seine linke Schläfe, „Weil du das Wichtigste in meinem Leben bist und wenn ich mich jemals nicht mehr an dich erinnern sollte, dann wäre es auch sinnlos für mich zu leben.“

Der schwarzhaarige Junge konnte seine Traurigkeit nicht länger unterdrücken. Schnell führte er seinen Arm zu seinem Gesicht und weinte in die Innenseite seines Ellenbogens. Irgendetwas sagte ihm, dass es nicht wieder so werden würde wie früher …
 

„Was ist denn los mit dir?“, wollte Yui, also Shunichis Freundin, von ihm wissen und sah ihn besorgt an.

Es war gerade große Pause und die zwei befanden sich am obersten Stockwerk des Schulgebäudes. Dort saß der Junge auf einem Fensterbrett und sah betrübt beim Fenster hinaus. Das Mädchen stand daneben und hatte ihn bis jetzt einfach nur beobachtet. Es gingen nur sehr wenige Leute an ihnen vorbei.

„Ein paar familiäre Probleme …“, entgegnete er ihr nur, schaute sie dabei aber nicht an.

„Und welche?“, fragte sie neugierig weiter und gab ihre Hände hinter den Rücken.

„Ich will gerade nicht darüber reden, sorry …“, entschuldigte er sich, drehte seinen Kopf aber jetzt zu Yui hin, „Gib mir noch ein bisschen Zeit, okay?“

„Klar, das versteh ich voll und ganz“, entgegnete sie ihm, streckte einer ihrer Hände aus und drückte eine von seinen, „Sobald du es mir …“

„Shunichi!“, ertönte auf einmal eine Stimme von Richtung Stiegen.

Schnell wurde der Junge hellhörig und schüttelte die Hand seiner Freundin ab, um aufzustehen und die kommende Person zu begrüßen. Yui sah nur skeptisch zu dem Mädchen hinüber, das gerade erschien.

„Shunichi … Wie geht’s dir?“, keuchte Hime, die sich auf ihren Knien abstützte, anscheinend war sie die Treppen hochgelaufen.

„Bist du etwa gerannt?“, fragte er verwundert und ging auf sie zu.

„Ja … also … ich … ich hab dich gesucht“, antwortete sie ihm und langsam verlangsamte sich ihr Herzschlag wieder, „Was war denn gestern?“

„Beruhig dich erst mal“, riet er ihr und legte ihr seine Hand auf die Schulter.

„Mir geht’s schon wieder gut, also sag jetzt.“

„Es war wieder was mit meiner Ma …“, fing er an zu erzählen, während seine Stimme immer leiser wurde.

„Aber ihr geht’s jetzt wieder gut, oder?“, fragte die Purpurhaarige besorgt nach, doch er schaute nur Weg.

„Nicht so wirklich … können wir vielleicht ein anderes Mal darüber reden?“, machte er deutlich, dass es ihm unangenehm war, blickte ihr jetzt aber wieder ins Gesicht.

„Sicher, ich wollte mich nur vergewissern, dass du halbwegs okay bist“, entgegnete sie ihm und lächelte ihn an.

„Ich komm schon damit klar“, konnte er sie beruhigen und erwiderte ihr Lächeln, doch Hime merkte, dass es ihm schwer viel.

„Na gut, dann lass ich euch jetzt wieder allein“, verabschiedete sie sich und drückte ihn noch einmal, „Bis dann!“

Kurz darauf ging sie wieder die Stiegen hinunter und verschwand später hinter der nächsten Ecke. Yuis Blick hatte sich während Himes und Shunichis Unterhaltung nicht verändert. Der Junge hatte diesem Mädchen mehr erzählt als ihr, seiner festen Freundin, das ging ihr nicht ein.

„Shunichi“, meinte sie dann, woraufhin er sich umdrehte.

Schon drückte sie ihm einen sanften Kuss auf die Lippen und umfasste dabei seinen Kopf mit ihren Händen. Als sie nach einer Weile wieder von ihm abließ, sah sie ihm in die Augen und ihre Arme umklammerten ihn nun.

„Ich bin für dich da“, machte sie ihm deutlich und legte ihren Kopf an seine Brust.

„Danke“, antwortet er darauf und erwiderte ihre Umarmung.
 

Als Rico durch die Schule ging, kam er sich angestarrt vor. Alle, die bei ihm vorbeigingen, schienen ihn zu beobachten, was wahrscheinlich auch mit dem gestrigen Abend zusammenhing. Warum war er so blöd gewesen und hatte sich auf das überhaupt eingelassen?

„Das geht schon irgendwann mal wieder vorbei“, versuchte Nayuta seinen besten Freund etwas aufzubauen, während er neben ihm herging.

„Das war einfach eine beschissene Idee, mehr nicht“, ließ er sich nicht umstimmen und schien ziemlich schlecht gelaunt zu sein.

Der Kleine kannte Rico schon lange genug, um zu wissen, dass seine miese Laune nicht damit zutun hatte, dass er beim Talente-Wettbewerb verloren hatte, sondern dass er nun noch mehr Aufmerksamkeit bekam, die er eigentlich gar nicht wollte.

„Du hast mir noch immer nicht erzählt, was mit deiner Hand passiert ist …“, bemerkte Nayuta nebenbei, als sein Blick auf die einbandagierte Hand des Braunhaarigen fiel.

„Doch, hab ich“, antwortete er ihm barsch und steckte seine Hand in die Hosentaschen, „Nur weil du mir nicht glaubst.“

„Ich hab ‘nen guten Grund dir nicht zu glauben, die Geschichte ist einfach unglaubwürdig“, erklärte er ihm sein Denken und sah ihn mit kleinen Augen an, doch es half eh alles nichts, er würde ja sowieso nicht mit der Sprache herausrücken.

„Wenn du meinst …“

„Ist dir schon mal aufgefallen, dass du auf sowas immer dasselbe antwortest?“, fragte er noch immer beleidigt, doch sein Freund ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen.

„Schon möglich …“, meinte der braunhaarige Junge nur und beobachtete dann, wie Nayuta einen anderen Weg einschlug, als er, „Wo gehst du hin?“

„Weg!“, antwortete er ihm nur angefressen und war nach wenigen Sekunden nicht mehr zu sehen.

Toll hatte er das wieder gemacht. Jetzt ging er sogar schon Nayuta auf die Nerven, der eigentlich ziemlich lange brauchte, um auszurasten. Was war nur los mit ihm in letzter Zeit? Früher hatte er seinem kleinen Freund alles erzählt, doch seit der Sache mit seinen Eltern, war er nur noch abweisend zu ihm und reagierte auf jede Kleinigkeit aggressiv.
 

Am Nachmittag hatte Alice‘ Klasse in den letzten zwei Stunden Sport und das Mädchen war gerade alleine in der Umkleide. Der Lehrer hatte sie beauftragt noch die Geräte wegzuräumen deswegen zog sie sich jetzt als letzte um. Hime hatte auf sie warten wollen, doch sie meinte, dass sie eh alleine zurecht kommen und das lange dauern würde.

Als sich das orangenhaarige Mädchen gerade die Bluse ihrer Schuluniform angezogen hatte und sich nun ihren Schuhen widmen wollte, hörte sie plötzlich ein Geräusch, das aus dem Flur kam. Neugierig wie sie war, schlüpfte sie schnell in ihre Schuhe und öffnete die Tür zum Gang.

Skeptisch sah sie nach links und nach rechts, doch sie blickte nur in die dunklen Gänge des Korridors. Da war niemand, zumindest soweit sie das erkennen konnte. Also ging sie wieder zurück zu ihrer Sporttasche und räumte sie ein.

Beim Verlassen des Raumes schaltete sie das Licht in der Umkleide aus und stand nun im Finsteren. Das Mädchen führte ihre Hand zur Wand und versuchte den Lichtschalter zu ertasten.

Einige Zeit suchte sie vergebens und konnte dann etwas auf der Mauer ausfindig machen, doch nach wenigen Sekunden begriff sie, dass das nicht der Lichtschalter war. Es fühlte sich eher an, wie … eine Hand.

Plötzlich erhellte die Glühbirne den Flur und ihre war klar, wer dafür verantwortlich war. Es war Ryan, also zog sie schnell und angewidert ihre Hand zurück.

„Was willst du?“, fragte sie und funkelte ihn böse an.

Hatte sie Angst? Natürlich hatte sie Angst. Doch wenn sie sich weiterhin vor ihm verstecken würde, würde sich das sowieso nicht bringen und überhaupt hatte er es verdient noch einmal von ihr die Meinung gesagt zu bekommen.

„Oh, warum denn so giftig?“, stellte er eine Gegenfrage und stützte sich mit einer Hand an der Mauer ab, an der sie nun dicht angepresst stand, da sie ihm nicht zu nahe sein wollte.

„Lass mich in Ruhe“, drohte sie ihm und ihr Blick wurde nun noch verächtlicher.

„Und du glaubst, dass ich das so einfach machen werde, nur weil du es mir anschaffst?“, wollte er von ihr wissen und zog überheblich die Augenbraun nach oben.

„Ich rate es dir“, fauchte sie und schloss ihre Augen, bis sie nur noch ein kleiner Schlitz waren.

„Jetzt hab ich aber Angst, was willst du denn machen?“, reizte er sie weiter und führte seine andere Hand zu ihrem Gesicht, doch bevor er es berühren konnte, schlug sie sie weg.

„Ich weiß mich zu wehren, Ryan.“

„Ach ja? Wenn das so gut funktioniert wie beim letzten Mal, wird dir das aber nicht viel bringen“, kontert er gekonnte und blickte ihr nun direkt in ihre hasserfüllten Augen, „Du hast doch Angst, dass sich das von der Besenkammer wiederholen könnte.“

„Ich hab keine Angst vor dir“, meinte sie entschlossen und ihre Stimme wurde nun ein bisschen leiser, „Wenn es sein muss trete ich dir auch in deinen ach so schönen Arsch.“

„Ich schau mir an, wie du das schaffst.“

„Jedes Mal wenn ich dich sehe, könnte ich kotzen, spürst du das nicht?“

„Doch“, antwortete er ihr nur kurz und ohne jede Emotion, sodass Alice dieses Wort nicht ganz deuten konnte, aber sie ließ sich nicht aus der Fassung bringen.

„Warum kommst du mir dann immer so nahe?“, verstand sie nicht, schaffte es aber ihre immer größer werdende Unsicherheit zu überspielen.

„Weil mich so was antörnt“, flüsterte er ihr ins Ohre, während er ihre Hand fest hielt, die ihn gerade von sich wegdrücken wollte.

Doch sein Plan ging nicht auf und sie schubste ihn von sich weg, sodass er leicht gegen die gegenüberliegende Mauer stieß. Der Gang war ziemlich schmal, also war das nicht ziemlich schwer.

„Du kannst dich ja wirklich verteidigen, was hat dich das letzte Mal daran gehindert?“, wollte er selbstsicher von ihr wissen und grinste sie an.

Dass sie seiner überwältigenden Ausstrahlung seltsamerweise nicht widerstehen konnte, aber das würde sie jetzt wohl kaum zugebe. Sie wusste nicht ob sie es diesmal schaffen würde, doch sie würde alles daran setzen es nicht zu tun.

„Du hast mich überrascht, dass ist alles“, log sie und war der Meinung, dass das sehr überzeugend geklungen hatte.

„Also kann dir das jetzt nicht noch einmal passieren“, schlussfolgerte er aus dem Ganzen und kam wieder auf sie zu.

„Genau“, antwortete sie schnell, merkte aber erst im Nachhinein, dass ihre Stimme sehr ängstlich und unsicher klang.

Nun stand er wieder vor ihr und nur wenige Zentimeter trennten sie von einander. Er beließ seine Hände bei ihm und starrte sie nur eindringlich an.

Alice war es nicht möglich ihren Blick abzuwenden. Sie hatte kurz nicht aufgepasst und schon war sie wieder in seinem Bann. Seine schönen braunen Augen fesselten sie und machten keine Anstalten sie loszulassen.

„Du bist so hübsch …“, meinte er nach einer Weile plötzlich, sodass Alice keine Ahnung hatte, wie sie jetzt darauf reagieren sollte.

„Lass das …“, wollte sie ihn dazu bringen seine Klappe zu halten, doch das tat er nicht.

„Ich hab schon von Anfang an gewusst, dass du etwas Besonderes bist.“

„Auch wenn ich glauben würde, dass du das ernst meinst, würde ich nicht auf dich herein fallen“, entgegnete sie ihm, wurde aber immer unsicherer.

„Du solltest mir aber glauben, ich mein’s nämlich wirklich ernst“, versuchte er ihr Vertrauen zu gewinnen und begann dann wieder zu reden, „So ein Mädchen wie dich, findet man nicht oft, du weißt nicht, wie lange ich schon nach wie jemanden wie dir gesucht habe.“

„Du redest so einen Schwachsinn …“

„Kann schon sein, aber das ändert nichts an dem, was ich fühle, wenn du in meiner Nähe bist.“

Alice wollte nicht nachgeben. Was er da sagte stimmte alles nicht, das wusste sie und doch wünschte sie irgendwo tief in ihrem Innersten, dass er es ernst meinen würde. Wieso? Wieso das auf einmal? Sie hasste ihn doch, also warum fühlte sie so etwas Blödsinniges?

„Ich glaube dir nicht …“, meinte sie und versuchte es sich so selbst einzureden.

„Doch das tust du und ich werde dir beweisen, dass du etwas für mich fühlst“, redete er ihr ein und kam mit seinem Kopf unheimlich nahe.

Es dauerte nicht lange, bis er sie kurz darauf küsste, doch es war nicht so wie in der Besenkammer, diesmal war es anders. Er war viel sanfter, vielleicht lag es auch daran, dass sie sich nicht wehrte, sondern es einfach über sich ergehen ließ.

Das Mädchen spürte wie sich auf ihrem ganzen Körper die Gänsehaut ausbreitete und das war nicht, weil sie so Angst vor ihm hatte. Nein, jetzt war es pures Wohlgefühl, auch wenn es sie erschreckte, dass sie so fühlte.

„War doch gar nicht so schlimm, oder?“, fragte er dann mit leiser und sanfter Stimme nach, als er von ihr abließ.

Das Mädchen wusste nicht, was sie darauf entgegnen sollte. Nein, das war es nicht und das war ja eben gerade das Erschreckende. Sie öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen, doch sie brachte keinen Ton heraus.

Sanft streichelte er mit seiner Hand über ihre Wange, doch sie starrte ihm nur weiterhin in die Augen und wagte es kaum zu zwinkern. Sie spürte wie ihre Knie langsam weich wurden und wie auch die Kraft in ihren Händen sie verließ, denn die Sporttasche, die sie bis jetzt fest umklammert hatte, fiel zu Boden.

Und wieder kam er ihrem Gesicht näher und Alice schloss ihre Augen, um den anschließenden Kuss zu genießen. Danach küsste er sie auch auf ihrem Hals, doch auch das gefiel ihr und sie ließ es zu. Sie stand einfach nur da und ließ sich von dem Jungen liebkosen.

„Du hast so eine sanfte Haut …“, flüsterte er, während eine seiner Hände hinter ihren Rücken wanderte und unter ihre Bluse fuhr.

Erneut stellten sich die Haare auf ihren Armen auf und sie merkte, wie ihr langsam heiß wurde. Mit jedem Mal als er ihre Lippen mit seinen berührte, unterdrückte sie den Widerstand in ihr noch mehr, bis er irgendwann völlig verschwunden war …

„Ist da noch jemand?“, fragte eine Stimme, die allem Anschein nach zu Herrn Sato gehörte.

Die beiden schreckten auf, denn keiner von ihnen hätte erwartet, dass sie jemand unterbrechen würde. Der Hausmeister musste nur um die Ecke biegen und hätte die zwei erwischt.

Schnell führte Ryan seine Hand zum Lichtschalter, in dessen Nähe sie sich noch immer befanden und betätigte ihn. Kurz darauf wurde es wieder stockdunkel. Der Weißhaarige löste sich von dem Mädchen und machte sich aus dem Staub.

So schnell sie wieder klaren Gedanken fassen konnte, griff Alice nach ihrer Tasche und rannte ebenfalls Richtung Ausgang.

„Hey, stehen bleiben!“, schrie Herr Sato ins Dunkle, denn er hatte nur gehört, wie Personen in Richtung Tür liefen.

Alice schaffte es noch ungesehen zu entkommen und rannte so schnell sie konnte nach Hause. Sie wusste, dass sie niemand mehr verfolgte, trotzdem lief sie weiter. Sie wollte jetzt so schnell wie möglich nach Hause, um sich die Sünden von ihrer Haut und ihrer Seele zu waschen.
 

Ja … sehr viel passiert in dem Kapi eigentlich nicht, aber egal …

Das Yui jetzt Shunichis Freundin ist, haben wahrscheinlich viele schon wieder vergessen, deswegen habe ich es sicherheitshalber dazu geschrieben ^^

Wahrscheinlich kommt sie in nächster Zeit wieder öfter vor =)

Kiripurin



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