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Lost Prince

Krieg auf Aira
von

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Der seltsame Gentleman

Da saß sie wieder, im dunkel vernebelten Garten, am Springbrunnen. Der Himmel war von grauen Wolken verdeckt, der Boden unter ihr voller weichem Gras. Siri schmiegte ihre Beine darin, ehe sie neben sich den jungen Mann aus ihrem ersten Traum erblickte.

„Du bist am Ziel, Siri.“

„Am Ziel…?“, bei seinen Worten griff sich die junge Frau an den Kopf, „Ich habe das dumpfe Gefühl… dass etwas Schreckliches passiert ist.“

„Es ist nicht so schlimm, wie du denkst. Aber ja, das Ereignis war der Auslöser deiner Ohnmacht.“

„Meiner Ohnmacht…?“, nun sah Siri dem verschwommenen Mann in die Augen – sie erkannte leichte Spiegelungen und das Aufblitzen eines grellen Grüns. „Du hast grüne Augen… stimmts?“

Auch wenn sie es nicht sehen konnte, ahnte sie, dass der junge Mann lächelte. „Mit der Zeit werden auch deine restlichen Erinnerungen zurückkehren.“, er fasste nach ihrer Hand, „Lass mich dir helfen: du warst auf einem Maskenball.“

„Der Maskenball in Ikana! Natürlich! Da war dieser merkwürdige Mann…“, sie überlegte, „Er behauptete, die Insel seit… mehr als achtzig Jahren nicht verlassen zu haben… aber ist das denn überhaupt möglich?“

„Sag du es mir.“

„Oh…“, sie musste schlucken. „Verdammt, es ist möglich… es hieß, der Herr der Finsternis lebe immer noch… demnach bin ich… ihm über den Weg gelaufen.“

„Welch Ironie, nicht wahr? Er schien die Bewohner genauso wenig leiden zu können.“, er stand langsam vom Brunnen auf, „Nun denn, es wird Zeit zu gehen, Siri. Ich werde auch weiterhin für dich da sein.“

Sie nickte darauf lächelnd. „Vielen Dank… vielen Dank für alles.“

„…Nicht der Rede wert.“
 

Endlich öffnete Siri ihre Augen. Das erste, was ihr in den Blick kam, war die von Rissen übersäte Steindecke. Wenn sie den Kopf drehte, sah sie das alte Gestell des Himmelbettes, in dem sie lag. Bei dem Anblick zog die junge Frau die Brauen zusammen und setzte sich langsam auf – sie fand sich in einem verwahrlosten, kalten Zimmer wieder.

Gerade als sie den Blick zur alten Holztür richtete – und überlegte, in welchem Haus sie wohl sein könnte – wurde die Tür aufgestoßen und drei Frauen kamen ins Zimmer gerannt: die erste schrie „Guuuten Moooorgäään!”, die zweite trug ein Tablett mit Teegeschirr und die dritte blies durch ein Geburtstags-trötchen. Siri hatte sich dabei so erschreckt, dass sie seitwärts aus dem Bett flog – denn alle drei Frauen waren wahnsinnig bleich im Gesicht, als wären sie direkt vom Friedhof auferstanden!

„Wa-was seid ihr denn!? Was ist hier los!?”

„Nanu?”, die Frau mit dem Teegeschirr schaute im Zimmer umher, „Du bist aber nicht der Meister…”

„Hm komisch.”, die mit dem Trötchen hüpfte ans Bett, kroch quer drüber und schaute schließlich hinab zu Siri, die am Boden saß: „Wer bist du denn?”

„Da-Das sollte ich euch fragen! Wo bin ich hier überhaupt!?”, sie kratzte sich an der Stirn und entdeckte dabei einen Verband. „Was ist das denn nun wieder!?”

„Na ja, also…”, die drei Damen stellten sich nebeneinander auf, „Ich bin Christy, das ist Juls, und die irre hier heißt Rina.”

„TAAG!”, rief Rina darauf.

Dann tönten alle drei gleichzeitig im Chor: „Wir sind die Putz- und Hausfrauen des Meisters!”

Dies konnte Siri sehen. Alle drei waren gleich schwarz-weiß gekleidet, mit einem Rüschchentuch im Haar. Sie sahen fast professionell aus, wäre da nicht die Tatsache, dass dieser Raum kalt und düster war. Noch immer saß die erschrockene junge Frau am Boden und schielte über die Bettkante – ihr war, als sei sie in einem Horrorfilm gelandet.

Kurz darauf ging ein Mann am Zimmer vorbei, drehte um und blickte seitlich in den Raum. „Was macht ihr da?”

„Meister!”, Christy hüpfte zu ihm, „Da ist ein fremdes Mädchen in eurem Bett!”

„Ist sie wach?”

„Ja, ist das wichtig?”

Auf die doofe Frage tätschelte der Mann ihr auf den Kopf, bevor er andeutete, dass alle drei den Raum verlassen sollen. Nun schloss er hinter sich die knarrende Tür und setzte sich auf das Bett. „Haben die drei dich erschreckt? Keine Angst, die sind so dumm wie Bohnenstroh.”, er lächelte, „Nicht, dass ich gemein wäre. Aber die drei haben so einiges an Jahren durchgemacht… so komm doch hinauf, der Boden ist sehr kalt ohne Schuhe.”

Noch immer ziemlich unsicher saß Siri da, schaute geduckt zu dem Mann auf und wusste nun, wo sie war: im Schloss des Herren der Finsternis.

Nicht gerade Vertrauen erweckend war sein Gesicht. Gelbstechende Augen, davon das Rechte komplett von Haaren bedeckt. Und… diese seltsamen, violette Lippen, wobei Siri den Kopf verdrehte.

Der Mann nahm seinen dunkelroten Zylinder ab, um nach einem Riss im Hut zu sehen: „Mist… das hat man von Rettungsaktionen.”

Hinter den langen, schwarzen Haaren blitzten seine Ohren hervor – sie waren menschlich kurz, aber spitz.

„Bi-bist du ein Dämon…?”

Da seufzte der Mann, ließ kurz lächelnd seinen Kopf hängen und sah zu der jungen Frau auf. „Du steckst scheinbar voller Fragen, Siri.”

„Wo-woher kennst du denn meinen Namen!?”

„Du hast ihn im Schlaf gesagt, mehrmals. Versteh mich nicht falsch, aber für mich sind das Anzeichen, dass du auf der Suche nach dir selbst bist.”, vorsichtig setzte er sich seinen Hut wieder auf, beugte sich übers Bett und zog Siri am Arm hoch: „Hast du Angst? Nun komm rauf, ich will dir deine tausenden von Fragen beantworten.”

Das Mädchen schluckte, wagte sich dann aber doch zurück aufs Bett und nickte, langsam.

„Erstmals: du bist im Nachtkleid einer meiner drei Angestellten, weil du im engen Ballkleid hättest ersticken können. Und nein, ich halte sie nicht gefangen; die drei irren freiwillig durch mein Schloss.”

„Verstehe… Mo-Moment, was?!”, nun schaute sie an sich runter und sah, dass sie ziemlich leicht bekleidet war. Hochrot zog sie schnell die Decke bis ans Kinn. Von ihrem Handeln nicht gerade überrascht, redete der Mann einfach weiter: „Mein Name lautet Avrial.”, er senkte den Kopf, „Ich bin einer der letzten Arcaner dieser Welt.”

„A-Arcaner?”

„Ein Magiervolk. Desterals östliches Nachbarland, Arcan, das seit geraumer Zeit eine Ruine ist. Wieso wir immer weniger werden? Wir vermischen uns stetig unter den Menschen; daher fallen wir immer geringer auf. Reinrassige Arcaner erkennst du an ihren gelben Augen und spitzen Ohren, wie du sie bereits bei mir gesehen hast.”

„Aha… ein Magier also.”

„Ein geborener, ja. Hast du sonst noch Fragen?”

„Können… können Arcaner Vergessenheitsflüche oder so aussprechen?”

Avrial überlegte kurz, nickte: „Durchaus, ja.”, er ging dabei durch den Raum auf und ab, „Es gibt die, die sich auf dunkle Magie spezialisieren. Ich nehme an, du fragst, weil du wohl deine Erinnerungen verloren hast… es ist tatsächlich möglich, dass du einem Fluch zum Opfer gefallen bist.”, er ging zur Tür und öffnete diese. Dann schaute er hinaus, ob die drei irren zu sehen waren – die Luft war rein, daher drehte er sich zu Siri: „Hast du Hunger? Lass uns doch beim Frühstück weiterreden.”

„Aber ich habe gar keinen Hunger…”

„Ach, das glaube ich dir nicht.”, Avrial verschränkte die Arme, während sich Siri wieder unter der Decke verkroch. „Dann lass ich dir dein Frühstück eben ans Bett bringen. Oder willst du nicht, weil du im Nachtgewand bist? Im diesem Fall…”, er deutete hinten auf eine alte Kommode: „Da liegt ein Kleid, das du haben kannst. Komm die Treppe hinunter, sobald du umgezogen bist.”

Er lächelte noch einmal, verließ anschließend den Raum und schloss hinter sich die Tür. Siri blieb allein zurück und ließ sich mit dem Gesicht in das Kissen fallen – so viel neues, keine Sekunde Ruhe…

Gerade frisch umgezogen – mit immer noch leichten Kopfschmerzen vom Maskenball – suchte Siri die Treppe im Schloss. Sie trug ein kurzes, hellblaues Kleid mit langen Stiefeln; ganz nach ihrem Geschmack. Auch wenn sie sich jetzt schon viel wohler fühlte, ließ sie die Tatsache, dass Avrial eigentlich der Herr der Finsternis war, nicht los. Zum Beispiel: Warum war er so unheimlich freundlich und versuchte nicht, sie umzubringen? Er bot Siri sogar Frühstück und Kleidung. Gut, ein wenig seltsam benahm er sich schon; aber wer weiß, wie lange er schon da oben im Schloss lebte – einsam, mit verrückten Putzfrauen. Vielleicht war dies alles auch nur eine Falle… genauso wie in der Geschichte Ikanas, verführte Avrial zuerst die Fürstin und tötete sie anschließend… doch was hätte er von Siri?

Nachdem sie dreimal den gleichen Flur abgesucht hatte, kam endlich die Treppe zum Vorschein: versteckt, um eine Ecke.

Endlich unten im großen Speisesaal angekommen, blickte die junge Frau erstmals durch den Raum: wie das gesamte Schloss war es brüchig, düster und grau. Quer durch den Saal erstreckte sich ein alter, roter Teppich; darauf stand der lange Holztisch, mit an die zehn Stühlen um ihm herum. Mit weit nach oben gerichtetem Kopf – die Decke war ein altes Himmel-Gemälde – setzte sich Siri in den mittigsten Stuhl und putzte anschließend ihre Tischfläche sauber. Avrial war nicht da. Auch vom Frühstück, oder den drei irren Putzen war keine Spur zu sehen. Nun wurde Siri kleiner, schluckte; dies roch ihr stark nach der bereits ahnenden Falle…

Nervös blickte die junge Frau in alle Richtungen, suchte einen Hauch von Verdächtigkeit im Saal. Als sie sich wieder zum Tisch drehte saß ihr plötzlich Avrial gegenüber!

„AH!”, wieder einmal vom Schock gepackt, kippte sie rückwärts mit dem Stuhl um – fiel aber nicht zu Boden. Blinzelnd schaute sie unter ihren gekippten Stuhl; warum stand sie in der Luft? Mit der rechten Hand gehoben, machte Avrial eine Bewegung zu ihm, darauf hin stellte sich Siris Stuhl wieder auf.

Als der Spuk vorbei war, brachte das geschockte Mädchen zuerst nur ein „Wow…” hervor. Dann stemmte sie die Hände auf den Tisch: „Sag mal hast du sie noch alle?! Du kannst mich jetzt doch nicht jedes Mal so erschrecken, das geht mit der Dauer aufs Herz, du Scherzkeks!”

„Tut mir Leid”, Avrials Reaktion war leise und doch schmunzelnd. „Plötzliches Auftauchen mag es für dich sein; ich nenne es schnelle Fortbewegung innerhalb eines Ortes… ich werde es mir während deines Aufenthaltes ersparen.”

„Dankeschön…”, Siri wollte gerade fragen, wo das Frühstück nun sei, als es, genau wie Avrial vorhin, plötzlich auf dem Tisch stand. Ein wirklich gewöhnungsdürftiger Ort…



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Azahra
2012-09-24T09:19:03+00:00 24.09.2012 11:19
*hihi*

Dieser "Dämon" ist ein wenig gruslig, in vielerlei Hinsicht.
Ich bestätige Siris Vermutung dass das Verhalten seiner drei "Dienerinnen" auf ihn abgefärbt hat :D

Ich hoffe er kann Siris Fragen beantworten.

cucu
Azahra
Von:  SunnyFlower
2009-10-25T11:40:13+00:00 25.10.2009 12:40
Der Titel vom Kapitel gefällt mir |D~ *Gentlemänner mag*

Ich finde es interessant, dass der Fremde in Siris Träumen ihre Gedanken kennt ôo Das ist aber auch ein wenig erschreckend...Was, wenn sie mal "schlecht" denkt oder wütend ist? xD°

„…Er war nicht der Beste, aber was soll’s.“ < Männer! xD Was er wohl damit meint?! xP
Das Bett, in dem Siri liegt, finde ich toll *-* Himmelbetten sind klasse x3 Nur müssten die Vorhänge nicht sein xD°

Ich mag Christy, Rina und Juls :3 Auch wenn sie etwas gewöhnungsbedürftig sind x3 *kichert* Trotzdem, sie sind so süß naiv :D „Ja, ist das wichtig?“ - Nein, es ist überhaupt nicht wichtig, dass Siri wach ist xD Man kann sich auch mit Schlafenden prima unterhalten^^
"Keine Angst, die sind so dumm wie Bohnenstroh.“ - Na super xD° Netter Herr :P

Siri und ihre Fragerei ist manchmal wirklich zu herrlich: „Ist das Lippenstift?“ - Ich würde mich das niemals trauen zu fragen, vor allen Dingen bei einen Mann! xDD

....Warte mal, das ist Avrial, der Arcaner?! Oo Ah! *es macht klick* xD° Das hätte ich nun wirklich nicht gedacht^^° Wie lustig! x3 Warum wird er denn als "Herr der Dunkelheit" bezeichnet? óo Auf mich macht er nämlich keinen soo~ bitterbösen Eindruck^^ Da finde ich Tarrence 100mal schlimmer xD

Die Frühstücksszene finde ich toll^^ Siri fällt fast vom Stuhl, hihi x3 Ich fände es sicherlich auch seltsam, wenn Personen und mein Frühstück wie aus dem Nichts erscheinen würden^^°

Ein schönes Kapitel :D Es gibt einen guten Einstieg wo sich Siri nun befindet, nachdem sie ohnmächtig geworden war und zeigt, wer der "Herr der Dunkelheit" ist x3 Ich Dummchen habe nur dieses Kommi geschrieben, nachdem ich das 13. Kapitel gelesen habe, ich hoffe, ich bin trotzdem objektiv geblieben xD° *verbeug* Die Reaktion zu Avrial war das, was ich beim 1. Lesen wirklich gedacht habe^^

Mach weiter so! ^-^ *Kanne Tee hinstellt und weghüpf*

Liebe Grüße,

Sun x3



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