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Lost Prince

Krieg auf Aira
von

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Ikanas Geschichte

An der sandigen Küste einer Insel, umringt vom schwarzen Wasser, gingen zwei vornehme Männer entlang. Sie trugen beide schicke Anzüge und Zylinder auf ihren Köpfen. Der eine hatte eine goldene Uhr, die aus seiner Tasche schaute. Er redete mit dem anderen Mann übers heutige Mittagessen und wie faul seine Frau doch nicht war. Der andere Mann stimmte ihm zu, bevor er seinen Spazierstock hin und her schwang.

„Die Zeiten ändern sich nun einmal, mein Freund. Die Frauen werden langsam aufmüpfig und verlangen nach Rechte.“

„Tss. So etwas Dummes. Als ob sie etwas anderes, als den Haushalt bewältigen, könnten.“

Da hielt der Mann dem anderen den Spazierstock vor den Körper, versperrte ihm somit den Weg. Dann deutete er mit dem Stock an die nahe Strandmulde, wo halb im Wasser eine junge Frau lag.

„Sieh doch! Ein Meerweib!“

„Ach, rede doch keinen Unsinn.“, der Mann ging langsam voran, „Das ist eine Meerjungfrau – eine Hübsche noch dazu, das siehst du doch!”

Nun standen beide Kerle vor der jungen Frau, beugten sich über sie. Einer der beiden deutete auf ihre Beine, über die das meerdurchtränkte Kleid hin und her schwamm: „Das ist ein ganz normales Weib!”

„Ach, so ein Pech…”

„Was macht es hier draußen? Glaubst du, wurde es angespült?”

„So etwas geht doch nicht… nicht hier.”

„Schau, sie wacht auf! Komm, mein Freund, hilf mir.”, er schob sich die Ärmel hoch, bevor er ins Wasser stieg und ihre Beine packte. Der zweite Mann nahm sie vorne – auf Drei hoben sie die junge Frau hoch und trugen sie bis ins beginnende Gras.

„Hallo? Guten Tag, geht es Ihnen gut?”

Siri schlug langsam ihre brennenden Augen auf, sah dem älteren Mann ins Gesicht. „Ein… Zylinder? Wie seltsam…”

„Was redet sie?”

„Ich glaube sie fantasiert, mein Freund.”

„Tue ich nicht…”, Siri rieb sich die Augen und setzte sich auf, „Ich- ah… was ist passiert?”

„Das wüssten wir gerne von Ihnen, junges Fräulein. Sie lagen da vorne im Wasser.”

„Im Wasser…?”, den Kopf zum schwarzen Meer gedreht, schoss Siri das letzte Ereignis herein: „Lyze…”, da ließ sie sich fallen, schlug die Hände ins Gesicht „OH VERDAMMT, NEIN!”

„Lyze?”

„Ich glaube, sie fantasiert, mein Freund.”

„Halt’ die Klappe du Spinner! Ich…”, Siri wälzte sich leicht hin und her, „Ich habe ihn verloren! Was ist, wenn er tot ist!? Und wo zum Geier bin ich hier eigentlich!?”

„Hat sie gerade ‚Halt’ die Klappe’ zu mir gesagt?”

„Ich glaube schon, mein Freund.”, der Mann erhob sich, putzte seinen feinen Anzug ab, „Sie ist sehr verwirrt – am besten, wir nehmen sie mit ins Dorf.”
 

Nach ein paar Minuten Fußmarsch kamen die drei Herrschaften bei einer Kutsche mit zwei braunen Pferden an. Der eine Mann stieg links, der anderen rechts ein; Siri saß ihnen gegenüber, mittig und sagte kein Wort – kurz darauf fuhr der Kutscher los.

„Wie heißen Sie denn, junges Fräulein?”

„Mein Name ist Siri…”, kleinlaut senkte sie den Kopf, starrte einfach auf den vornehmen Wagenboden.

„So sagen Sie, Fräulein Siri, wie kamen Sie hierher?”

„Anscheinend… bin ich hier gestrandet.”

„Hast du gehört, mein Freund? Gestrandet. Das habe ich schon die ganze Zeit gemeint.”

„Mag sein. Aber eigentlich lässt der Wassergott keine Menschenseele am Leben – schon gar nicht so ein hübsches Ding.”

„Ich bin doch kein ‚Ding’ – was für ein Wassergott denn? Hat er etwas mit unserem gekenterten Boot zu tun?”

„Unserem? Nun, Fräulein Siri. Sie scheinen tatsächlich nicht von hier zu kommen – oder von Desterals weitem Inneren. Seit einigen Monaten schon, ist unser Meer verflucht. Jeder, der es wagt es zu betreten, wird in die Tiefe gerissen.“

„Ganz richtig, mein Freund.”, der Mann neben ihm nickte, „Man erzählt sich, der Wassergott sei sehr verärgert, weil er seine Frau, die See, verloren hat.”

„Die See?”, Siri zog eine Braue hoch, „Wie ulkig… ist das eine Sage?”

„Ja, ja… tragisch, ein gebrochenes Herz.”

„Sagt mal… wo bin ich hier eigentlich?”

„Sie befinden sich in unserer schönen Ortschaft der Insel Ikana, Fräulein Siri. Da wir keinerlei Kontakt mehr zur Außenwelt haben, ernähren wir uns hauptsächlich vom angebauten Eigengrün unserer Felder und Bauernhöfen.”

„Es ist ein Nachteil; allerdings kam unserem Dorf zu Ohren, dass in Desteral ein Krieg tobt. Von daher ist es nicht so dramatisch, dass niemand zu uns kann, oder von hier weg… nun ja, außer die Personen, die hier gar nicht wohnten und nun nicht mehr nach Hause konnten.”

„Heißt das, ich kann hier nicht weg?”, leicht entsetzt schaute das Mädchen zu den beiden Männern.

„So ist es. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Zur Ablenkung unseres Schicksals veranstalten wir jeden Neumond einen Maskenball; schon heute Abend ist es wieder soweit! Werdet Ihr auch dabei sein wollen, Fräulein Siri?”

„Na ja…”, tief seufzend sah sie aus dem Fenster, zum Dorf, auf das die Kutsche nun langsam zufuhr. „Also schön…”, sie nickte, „Ich kann absolut nichts tun… weder für Lyze, noch für mich. Ich komme gerne zum Maskenball mit, danke.”
 

Nach dem Mittagessen – es gab Schweinebraten mit saftigen Knödeln, die Siri wie ein Scheunendrescher in sich hineinwarf – wurde sie von den Frauen der beiden Männer für den heutigen Ball vorbereitet. Sie standen in einem Hinterhaus des kleinen Hofes; Siri vor dem Spiegel, die beiden Frauen flochten ihr die Haare. Rechts neben dem Spiegel war ein Fenster, das direkten Blick auf den höchsten Punkt der Insel Ikana bot: Ein Schloss auf einem einsamen Berg.

„Was ist denn das?”, neugierig drehte sich Siri zu den beiden, „Sieht ziemlich verfallen aus… lebt dort oben jemand?”

Plötzlich hielt ihr einer der Frauen den Mund zu: „Pssst! Man darf darüber nicht reden!”

Die zweite Frau schnürte ihr das Kleid fest am Rücken zu: „Das geht dich als Außenstehende nichts an. Und jetzt halt still, du musst bis heute Abend fertig sein.”

„Ach so? Und wer zwängt euch in die Kleider rein?”

„Wir haben Erfahrung damit. Hör mal Mädchen, wenn du hier überleben willst, lernst du besser Anstand!”

„Wieso?”

„Kein Mann duldet ein solches Benehmen einer Frau.”

„Lässt ihr euch etwa unterdrücken?”

„Sei jetzt still!”, noch einmal zog die Frau fest an den Schnüren, Siri bekam dabei fast keine Luft. Verärgert schaute sie daraufhin in den Spiegel, dann wieder aus dem Fenster. Sie war wirklich neugierig darauf zu erfahren, was da oben vor sich ging.

Einer der Männer trat ein, konnte Siris Blick kaum übersehen. „Wollen Sie die Geschichte erfahren?”

Auch wenn die beiden Weiber an ihrem Kleid arbeiteten, drehte sie sich schnell zu dem Mann um: „Ja! Ja, wirklich gerne!”

„Also schön.”, der Mann setzte sich in ein bequemes Sofa und wollte gerade anfangen zu erzählen – da schüttelte seine Frau empört den Kopf: „Aber Liebster! Sie ist eine Außenstehende, sie darf nicht eingeweiht we-”

„Sei Still, Weib!”, fuhr der Mann dazwischen, dabei zuckte selbst Siri leicht zusammen. „Als Mitglied von Ikana galt sie seit dem Moment, in dem sie an den Strand geschwemmt wurde.“, er setzte sich auf, „Nun denn, höre unsere Geschichte…
 

Unsere Großväter erzählen von einer blühenden Zeit Ikanas, als Madame Yne Kynia, Tochter unseres adeligen Herren Kynia, das Sagen hatte. Sie war eine sehr zarte und äußerst gütige Person, die hoch oben im prunkvollen Schloss mit ihren vielen Untergebenen lebte. Sie kümmerte sich rührend um die Probleme aller Bewohner – sogar die der Hausweiber. Doch alles änderte sich schlagartig, als er auftauchte: der Herr der Finsternis!

Mit seinem Erscheinen färbte sich der Himmel grau und die Vögel hörten auf zu singen.”

Draußen, vor dem Fenster, hörte man zufällig Vogelgesang.

Der Mann musste sich räuspern. „Ähem, nun. Der Herr der Finsternis ist ein grausamer Mann. Er verführte die unschuldige Madame Yne und tötete sie einen Tag nach der Hochzeit! Er krallte sich dadurch das gesamte Erbe der Familie Kynia und tyrannisiert Ikana von dem verfallenen Schloss aus… noch heute.“

„Wow… uhm, habt ihr euch denn nicht versucht, zu wehren?“

„Doch, natürlich – unsere tapfersten Männer rückten gegen die Tyrannei aus! Aber… sie kehrten nie zurück.“

Während die zwei Frauen an ihrem Kleid zupften, verdrehte Siri den Kopf: „Das klingt wie eine Sage… hat es denn kein Ende? War der Fürst da oben schon immer so?”

„Das Ende, Fräulein Siri, ist noch nicht geschrieben. Man sagt, bei Vollmond kann man nahe dem Schloss die Seelen stöhnen hören, die durch seine Hand starben. Aus diesem Grund meiden wir die Vollmondnächte und haben unseren Maskenball an Neumond angelegt.“

In Siris Augen klangen die Ängste der Bewohner etwas lächerlich; doch als Neuling sollte sie nicht schlecht über die Geschichte Ikanas reden. „Wenn das wahr ist… ist das einfach nur furchtbar.“

„Oh ja. Das ist es…”

„Aber… wenn das zur Zeit eurer Großväter geschah… uhm, ich meine – seid ihr euch sicher, dass der Herr der Finsternis noch lebt?“

„Bewohner, die den Berg betreten, können schwören, dort oben Lichter brennen zu sehen… immer noch.“

„Unheimlich… hm, vielleicht ist er ja ein Dämon? Dämonen können nämlich sehr, sehr alt werden.“

„Wer weiß… wir meiden natürlich das Schloss, weshalb man das nicht genau sagen kann.“

Der Mann erhob sich von seinem Sofa, ehe er Siris fertiges Kleid musterte. „Sieht fabelhaft aus, gute Arbeit.”, dabei drehte er sich zu den Frauen, die dankend nickten.

Das Kleid war Schulterfrei, am Körper anliegend und ab Hüfte abseits wiederum locker. Zu dem leicht rosa Kleid gab es vornehme Handschuhe, die bis zu den Ellbogen reichten; diese aber wurden erst am Maskenball angezogen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Azahra
2012-06-29T09:30:15+00:00 29.06.2012 11:30
Hey :),

nach langer Zeit melde ich mich nun wieder :)

Ohje >< Die arme Siri .... ganz alleine auf einer fremden Inseln ><
Hoffentlich sind Lyze und die anderen wohlauf :(

Die Sage um die See war wirklich interessant aber auch ein wenig traurig *schniff*
Dieser Herr der Finsternis macht mir aber ein wenig Angst XD Vielleicht geistert er noch wo rum :P

Schönes Kapitel und ich freue mich schon auf den Maskenball ^^

cucu
Azahra
Von:  SunnyFlower
2009-10-20T18:56:30+00:00 20.10.2009 20:56
Ein neues Kapitel!!! :D

„Tss. So etwas Dummes. Als ob sie etwas anderes, als den Haushalt bewältigen könnten.“ - Das klingt ein wenig wie mein Bruder, wenn er mich ärgern will und ich wiedermal faul war xD° Die Vorstellung von den feinen Herren gefällt mir aber sehr :3 *deshalb auch Taschenuhren lieb* Wie kommen die beiden aber nur darauf, dass Siri fantasiert?! Sie tragen doch passenderweise tatsächlich Zylinder xD° Siri ist mit ihrer direkten Art irgendwie total lustig: „Hat sie gerade ‚Halt die Klappe’ zu mir gesagt?“ x33

Wenn ich ehrlich bin, finde ich die Abstufung von "Fräulein" und "Frau" toll *-* Siri jedoch anscheinend nicht xD°
Die Sage vom Wassergott und seiner See ist traurig :< Woran er wohl seine Frau verloren hat? ^^°

Bei den Wort "Maskenball" habe ich gequietscht! *-* Ich lieebee~ Maskenbälle, aber das weisst du ja ^-^ Korsette sind toll, aber grausam für Frauen xD Die Männer scheinen alle nett zu sein - nur nicht zu ihren Weibern, argh - -°

Der Herr der Dunkelheit ist ziemlich fies, dass er die arme Madame Yne verführt hat....Ich hoffe, dem ist nicht so^^°

Ich weiß, woher du die Idee zu Ikana hast - aber ich sage es nicht x3~ *kichert* Ich finde es übrigens eine gute Idee, dass du zeigst, was dich inspiriert :3 Oft vergesse ich, woher ich meine Ideen hatte xD°

Liebe Grüße,

Sunny^^





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