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Dudley Dursley entdeckt!

Die Fortsetzung zu "Harry Potter empfiehlt!"
von

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Eine veränderte Welt

Anm.: Zunächst, eine kleine Erklärung zum Unterricht: Ich habe mein Bestes versucht, einen Stundenplan zusammenzustellen, der mit den Büchern konform geht, aber da JK mit Wochentagen genauso sorglos umgeht wie mit Zahlen, konnte ich lediglich einen zusammenstellen, der zumindest halbwegs realistisch ist. Das größte Problem war, dass es für ein Fach nur einen Lehrer gibt. Verwandlung, Zauberkunst oder Verteidigung werden zum Beispiel so beschrieben, als würden die Gryffindors alleine Unterrichtet…wenn dem aber wirklich so wäre, dann wären die Lehrer schon mit den unteren Klassen voll ausgelastet: Vier Häuser in fünf Jahrgängen ergibt bereits eine Unterrichtszahl von zwanzig Stunden, und zumindest in einigen Büchern lassen sich etwa drei Stunden pro Fach nachweisen, womit wir schon eine sechzig Stunden Woche erreicht hätten. Also musste ich mir etwas einfallen lassen.

Zaubertränke findet nachweislich für drei Stunden die Woche statt (eine Einzel und eine Doppelstunde). Das heißt, dass Snape insgesamt eine 36-Stunden-Woche hat (30 Stunden für die unteren Jahrgänge, 6 für die beiden Utz-Kurse)…das ist zumindest machbar (auch wenn ich mich frage wie er es schafft, dann auch noch für Remus Vertretung zu machen). Ich hab das Stundenproblem letztendlich so gelöst, dass ich davon ausgegangen bin, dass jedes Fach für drei Stunden die Woche unterrichtet wird. In Kräuterkunde, Zaubertränke und Geschichte werden in jeder Stunden zwei Häuser unterrichtet, in Zauberkunst, Verteidigung gegen die dunklen Künste und Verwandlung gibt es eine „Praxisstunde“ in der nur ein Haus unterrichtet wird und zwei „Theoriestunden“ in der alle vier Häuser unterrichtet werden (das würde auch erklären, warum während der Stunde mit dem Irrwicht definitiv nur Gryffindors anwesend sind, während in der Doppelstunde, in der Harry Umbridge konfrontiert, dreißig Augenpaare die Situation beobachten). Astronomie und Quidditch sind Sonderfälle, auf die ich später zurückkommen werde.


 

Wie üblich ging es turbulent an dem ersten Unterrichtstag in Hogwarts zu. Doch in diesem Jahr wurde nur sehr wenig über die neuen Stundenpläne diskutiert. Selbst der neue Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, Gilderoy Lockhart, Träger des Orden des Merlin (dritter Klasse), Ehrenmitglied der Liga zur Verteidigung gegen die Dunklen Künste und fünffacher Gewinner des Preises der Hexenwoche für das charmanteste Lächeln musste (zu seinem Unwillen) zurückstehen hinter dem Thema des Tages: Harry Potter.

Bislang hatte noch keiner den berühmtesten Schüler von Hogwarts zu Gesicht bekommen, doch jeder hatte bereits eine Meinung zu ihm. Sein spezieller Status als „Schüler ohne Haus“ erregte die Gemüter, doch selbst seine Neider konnten es kaum erwarten, ihn zu sehen. Die Zweitklässler ernteten so manchen neidischen Blick, denn alle waren davon überzeugt, dass sie Harry Potter als erstes in natura erleben würden.

Zunächst tat sich aber nicht viel. Weder beim Frühstück, noch als die Schüler zum Unterricht gingen, konnte jemand Harry Potter entdecken. „Vielleicht hat er ja mit den Slytherins oder den Ravenclaws Unterricht“, meinte Hermine Granger, während die Gryffindors und Hufflepuffs sich vor den Gewächshäusern versammelten.

„Hoffentlich nicht Slytherin!“ meinte Ron Weasley. „Kannst du dir vorstellen, wie unerträglich Malfoy beim Mittagessen sein wird, wenn er als erster mit ihm spricht?“

Hermine rollte mit den Augen. Ron benahm sich, als wäre Harry Potter eine Trophäe, die es zu erlangen galt. Und damit war er bei weitem nicht der Einzige. Die rühmlichen Ausnahmen bildeten Neville (der sich selbst nicht zutraute, interessant genug für Harry Potter zu sein), sowie Megan Jones und Wayne Hopkins (die sich schon seit frühester Kindheit kannten, und so eng miteinander befreundet waren, dass alle anderen sie nicht sonderlich interessierten).

Hermine konnte dieses Verhalten nicht nachvollziehen. Zumal sich niemand für den Jungen, sondern jeder nur für die Werbeikone zu interessieren schien. Bestimmt war Harry Potter in Wirklichkeit vollkommen anders, als es immer in den Medien dargestellt wurde. Zum Glück war sie nicht der Typ, der sich von solchen Dingen blenden ließ. Sie spähte in ihren Stundenplan...warum konnte nicht schon Nachmittag sein und Lockharts Unterricht beginnen?

Unruhiges Getuschel um sie herum ließ sie aufblicken. Professor Sprout näherte sich ihnen vom Schloss aus, und an ihrer Seite lief ein schmächtiger Junge mit schwarzen Haaren und Brille. Hermine konnte seinen Gesichtsausdruck nur schwer deuten, doch sie fand, dass er verlegen wirkte. Kein Wunder, denn alle starrte in seine Richtung, Lavender und Parvati stellten sich sogar auf ihre Zehenspitzen, als ob sie ihn dadurch besser sehen könnten. Hermine stieß ein verächtliches Schnauben aus, packte ihren Stundenplan wieder weg und schloss sorgfältig ihre Tasche.

Wider Erwarten machte Professor Sprout keinerlei Anstalten, ihren jungen Begleiter vorzustellen. Stattdessen sagte sie nur: „Wir sind heute in Gewächshaus drei.“ und ging voran. Für einen Moment wusste keiner so Recht, wie er reagieren sollte. Die Gruppe schwankte sichtlich zwischen den Wunsch, sich erst einmal bei Harry Potter vorzustellen, und der Notwendigkeit, den Anweisungen ihres Lehrers zu folgen. Für Hermine war die Entscheidung leicht. Es war das erste Mal, dass sie in diesem Gewächshaus arbeiten durften, sie wollte auf jeden Fall einen guten Platz haben. Harry Potter folgte ihr auf dem Fuße, und bald strömte die gesamte Gruppe ins Innere.

Auch während Professor Sprout ihren Unterricht abhielt, waren die Schüler abgelenkt von der Berühmtheit in ihrer Mitte. Es dauerte zwei Aufforderungen, bis alle Schüler mitbekommen hatten, dass sie sich Ohrenschützer holen sollten. „Etwas mehr Obacht, bitte!“ forderte Professor Sprout ungewohnt streng. „Mit den Gewächsen hier ist nicht zu spaßen.“ Als sie demonstrierte, wie man eine Alraune umtopfte, hatte sie wieder die volle Aufmerksamkeit der Klasse. Dann sollten sie in Vierergruppen arbeiten.

Noch vor einem Jahr hätte das bedeutet, dass Hermine abgewartet, und sich dann einer von zwei Dreiergruppen angeschlossen hätte. Zum Ende des letzten Schuljahres hatte Ron sie dann immer direkt zu der Gruppe gezogen, die er mit Seamus und Dean zu bilden pflegte. Also bewegte sie sich auch diesmal in Richtung der beiden Freunde, doch Ron fasste sie am Handgelenk und hielt sie auf. „Was soll das?“ flüsterte sie. Aber er gab keine Antwort, sondern beobachtete die anderen. Neville tat sich wie immer mit Hanna Abbot, Susan Bones und Sally-Ann Perks zusammen. Lavender und Parvati, die sonst immer gezwungener Maßen mit Hufflepuffs zusammenarbeiteten, nutzten die Gelegenheit und stellten sich zu Seamus und Dean. Zacharias Smith war gewöhnlich darauf bedacht, sich schnell zu einem anderen Hufflepuff zu stellen, doch diesmal steuerte er unerklärlicherweise auf Ron und Hermine zu, während sich Ernie Macmillian und Justin Finch Fletchley zu Megan Jones und Wayne Hopkins gesellten.

Erst als Harry Potter sich suchend umsah und Ron ihn enthusiastisch herwinkte, begriff Hermine, worum es ihrem Freund gegangen war. Doch nicht er war derjenige, der als erstes mit Harry Potter sprechen konnte, Zacharias Smith war schneller. „Ist Gruppenarbeit nicht unter deinem Niveau, Potter? Es sieht dir gar nicht ähnlich, dass du dich unter das gemeine Volk mischst.“ Harry zuckte leicht zurück, als sei er geschlagen worden, doch noch ehe Hermine die Gelegenheit hatte, ihn zu verteidigen, schoss er zurück: „Ist gutes Benehmen unter deinem Niveau? Oder weißt du gar nicht, was das ist?“

Smith hätte bestimmt entsprechend geantwortet, aber Professor Sprout bat um Ruhe und erklärte ihnen die Eigenschaften der Alraune. Hermine fing den Blick ihres neuen Mitschülers auf und lächelte ihm zu, um ihm zu zeigen, dass nicht alle so dachten, wie Zacharias Smith.
 

Harry atmete innerlich auf, als das Mädchen mit den buschigen Haaren ihm zulächelte und ein Paar große Vorderzähne offenbarte. Auch der rothaarige Junge mit den vielen Sommersprossen schien ganz nett zu sein. Viel Gelegenheit, mit den beiden zu reden, hatte er allerdings nicht, denn die ganze Stunde über mussten sie Ohrenschützer tragen. Aber in der gemeinsamen Arbeit beim Alraunenumtopfen stellte sich eine gewisse Kameradschaft ein, und so wagte er, sich zum Abschluss der Stunde den beiden wie selbstverständlich anzuschließen.

„Was hast du als nächstes?“ fragte der rothaarige Junge. „Ich bin übrigens Ron, Ron Weasley.“ Er reichte Harry die Hand.

Harry schüttelte sie dankbar und antwortete: „Verwandlung, gemeinsam mit den Gryffindors.“

„Dann kannst du direkt mit uns kommen“, warf das Mädchen mit den buschigen Haaren ein. „Wir sind beide in Gryffindor, ich bin Hermine Granger.“ Harry gab auch ihr die Hand. Er hätte sich gerne auch vorgestellt, doch das kam ihm ein wenig albern vor. Also fragte er stattdessen: „Ist Verwandlung schwierig?“ Ihn persönlich graute es vor dieser Unterrichtsstunde.

„Nein“, antwortete Hermine, während Ron „Ja“ sagte. Ein Kichern ertönte hinter ihnen.

„Hermine darfst du so eine Frage nicht stellen“, meinte ein Mädchen mit blonden, sorgfältig frisierten Ringellocken, die zusammen mit ihrer indischen Freundin hinter ihnen langlief. „Sie ist so versessen auf Wissen, sie schläft sogar mit ihren Büchern.“ Der letzte Satz wurde mit einem spöttischen Unterton gesagt, der Harry missfiel. Er zeigte dem Mädchen und ihrer Freundin die kalte Schulter und richtete seine Aufmerksamkeit ganz auf Hermine.

„Ich lese auch sehr gerne.“ Hermine schenkte ihm ein dankbares Lächeln, während Ron ein Stöhnen unterdrückte, und schnell versuchte, das Thema zu wechseln.

„Aber du fliegst doch auch, oder? Ich hab das Bild von dir in der Zeitung gesehen.“

Harry wollte nicht gerne an dieses Foto erinnert werde, nickte aber. „Fliegen ist auch toll“, bestätigte er. Und ehe er sich versah, verwickelte Ron ihn in ein Gespräch über Quidditch, zu dem Harry zwar nicht viel beizutragen hatte, dass er aber genoss, weil es so...so normal war. Mit federnden Schritten und einem Gefühl von Leichtigkeit schritt er durch die Gänge von Hogwarts.
 

Mit bleiernen Füßen quälte Dudley sich die lange Wendeltreppe hoch, die zu den Räumlichkeiten seines Lehrers führen sollte. Für ihn fing der Unterricht an diesem Tag später an als für Harry, denn sein Lehrer war wohl erst spät am Abend zuvor eingetroffen. Dudley war das nur Recht gewesen, je länger er verschont bliebe, umso besser. Er hatte lernen schon immer gehasst, und der Unterricht hier würde gewiss schrecklich sein.

Er hatte seinen Lehrer noch nicht einmal getroffen, dennoch wurden seine schlimmsten Befürchtungen bereits bestätigt. Warum musste er seine Räumlichkeiten so weit oben im Schloss haben? Warum kam er nicht zu Dudley hinunter, um ihn zu unterrichten?

Keuchend erreichte Dudley schließlich eine Tür und klopfte an. „Herein!“ Das dicke Holz dämpfte die Stimme nahezu zur Unkenntlichkeit, und so war Dudley völlig überrascht, als er die Tür öffnete und sich einer alten, jedoch noch sehr rüstig wirkenden Frau gegenübersah, die ihn erwartungsvoll ansah. Er musterte sie schweigend. Im Gegensatz zu anderen Zauberern trug sie völlig normale, wenn auch etwas altmodische Kleidung. Ihr weißes Haar war zu einem Dutt hochgesteckt, in dem bestimmt ein Dutzend Haarnadeln steckte. Obwohl sie ihm genau auf Augenhöhe gegenüberstand, strahlte sie eine Selbstsicherheit aus, die ihn zur Vorsicht mahnte.

„Guten Morgen!“ sagte sie schließlich in einem Tonfall, der klar machte, dass dies die Worte waren, die sie von ihm erwartet hatte. „Sie sind ein wenig spät.“

„Ich hab nicht damit gerechnet, dass der Weg zu Ihren Räumen so lang ist“, keuchte Dudley wütend hervor.

„Nun, in Zukunft wissen Sie es besser, nicht wahr? Aber vertrödeln wir nicht noch mehr Zeit. Mein Name ist Mary-Claire Keen. Sie müssen mich nicht mit „Professor“ anreden, Mrs. Keen reicht völlig. Unsere erste Stunde werden wir damit verbringen, uns besser kennenzulernen.“

Diese Worte leitete einen Alptraum für Dudley ein. Mrs. Keen gab ihm einen Test nach dem anderen, um seinen Wissenstand zu testen, um dann am Ende zu befinden: „Ich sehe, wir müssen noch einmal ganz von vorne anfangen. Sie dürfen jetzt zum Mittagessen gehen, wir sehen uns dann in einer Stunde wieder.“

Dudley fühlte sich völlig erschlagen und gedemütigt. Und ein wenig verängstigt, denn um sein Mittagessen zu bekommen musste er nun durch Gänge, in denen es von jungen Zauberern nur so wimmelte. Glücklicherweise hatte Dumbledore ihn gezwungen, eine Robe zu tragen, die, abgesehen von den fehlendem Wappen auf der Brust, der Uniformen der Hogwartsschüler ähnlich sah. So beachtete ihn niemand, als er hinunter zur Großen Halle ging.

Am Eingang zu Saal blieb er unsicher stehen. Wenn er sich einfach an irgendeinen Tisch setzte, dann würde er gewiss Aufmerksamkeit erregen. Sein Instinkt riet ihm, einfach wieder zu gehen, aber sein Magen bestand darauf, dass er blieb, also musterte er die einzelnen Tisch um sich zu entscheiden, wo er wohl noch am freundlichsten aufgenommen werden würde. An einem Tisch entdeckte er den Freak, der in einer kleinen Gruppe mit anderen Schülern zusammensaß und sich hofieren ließ. Dudley ging zwei Schritte auf den am weitesten entfernten Tisch zu, ehe er die Richtung änderte und sich doch nahe an die Gruppe setzte.
 

Verwandlung hatte für Harry in erster Linie daraus bestanden, einen Käfer über seinen Tisch zu jagen. Zwar war ihm die Theorie hinter dem durchzuführenden Zauber durchaus vertraut, aber die Umsetzung wollte ihm einfach nicht gelingen. Jetzt aß er am Tisch der Gryffindors zu Mittag. Langsam lernte er alle kennen. Hermine schien wirklich sehr klug zu sein, und sehr hilfsbereit. In Verwandlung hatte sie neben ihm gesessen und versucht, ihm zu helfen, aber da ihr Tonfall immer suggerierte, dass das, was sie gerade erklärte, jedem sofort einleuchten müsste, fand Harry ihre Bemühungen eher deprimierend als hilfreich.

Die beiden anderen Mädchen, Lavender Brown und Parvati Patil, waren netter, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Doch Harry konnte verstehen, dass Hermine eher dazu neigte, ihre Zeit mit den Jungen zu verbringen, nachdem die beiden versucht hatten, ihn darüber auszufragen, welchen Kleidungsstil er bevorzuge. Als er dann noch feststellte, dass Lavender eine „Harry Potter Tasche“ mit sich herumtrug (mit blitzförmigen Verschluss und einem stilisierten HP als Aufdruck), ging er endgültig auf Abstand.

Ron war zu Beginn sehr besitzergreifend gewesen, aber seit er am Tisch saß, hatte er sich mehr auf sein Essen konzentriert. Das gab Harry die Gelegenheit, auch mit den anderen Jungen zu sprechen. Seamus Finnigan stellte sich als sehr neugierig heraus. Er fragte Harry sofort nach den Muggeln, mit denen er gelebt hatte, und ob es stimmte, dass sie ihn misshandelt hätten. Harry, dem das Thema sehr unangenehm war, reagierte sehr abweisend, woraufhin Seamus sich leicht beleidigt zurückzog und Dean Thomas dessen Beispiel folgt.

Ron war anzusehen, dass er gerne ähnliche Fragen gestellt hätte, aber nachdem er Harrys Reaktion gesehen hatte, hielt er sich zurück. Dennoch spürte Harry, dass ein großer Teil von Rons Interesse an ihm dem Wissen um seine Berühmtheit entsprang. Daher empfand er den schüchternen Neville als angenehmeren Gesprächspartner, zudem dieser nicht mit vollem Mund zu sprechen pflegte.

„Hey, wer bist du denn? Du bist doch kein Gryffindor, oder?“

Harry sah auf und erblickte Dudley, der sich in der Nähe an den Tisch gesetzt hatte, aber beim Essen von einem rothaarigen Vertrauensschüler unterbrochen worden war.

„Nein, aber ich...“, versuchte Dudley zu erklären.

„Schüler haben an ihren Haustischen zu essen“, meinte der Vertrauensschüler streng.

Für einen kurzen Moment lang war Harry versucht, Dudley für sich selbst kämpfen zu lassen. Aber der sah so uncharakteristisch verängstigt aus, dass Harry es nicht über sich brachte, ihn im Stich zu lassen.

„Das ist mein Cousin“, mischte er sich ein. „Er soll hier in der Halle essen. Hat Albus gesagt.“

Der Vertrauensschüler sah ihn streng an. „Professor Dumbledore, wenn ich bitten darf.“ Aber niemand nahm das so richtig war, denn nun schauten alle nur auf Dudley oder Harry.

„Dein Cousin?“ wiederholte Ron und starrte Dudley interessiert an. „Heißt das, er ist ein Muggel?“ Die Schüler, die aus Zaubererfamilien stammten, schauten nun, als ob sie entweder eine neue Spezies oder ein gefährliches Raubtier vor sich hätten.

„Ja, wir leben jetzt beide bei Albus“, Harry funkelte den Vertrauensschüler an. Auf keinem Fall würde er sich das Recht absprechen lassen, seinen Vormund so zu nennen. „Er heißt Dudley.“

Bislang hatte die Anwesenheit seiner Mitschüler aus Gryffindor dafür gesorgt, dass die anderen Schüler Abstand gehalten hatten. Harry hatte ihr Getuschel weitestgehend ignorieren könne, doch nun überwand die Sensationslust alle Hemmungen, und mehr und mehr Schüler drängten sich an den Tisch.

„Warum ist er nicht in Azkaban?“ fragte Seamus.

„Vielleicht, weil er noch nicht volljährig ist“, meinte Hermine eisig. „Oder soll das Ministerium Kinder ins Gefängnis stecken?“

Harry konnte nur zustimmend nicken, ehe der Vertrauensschüler sich wieder einmischte. „Natürlich nicht! Die Vorschriften besagen eindeutig…“ Doch ihm hörte niemand zu. Jeder schien seine eigene Meinung darüber zu haben, was man mit dem Muggel, der Harry Potter gefangen gehalten hatte, anfangen sollte. Und inmitten dieses Stimmengewirrs saß Dudley, klammerte sich an den Teller mit seinem Mittagessen und sank immer weiter in sich zusammen.

„Was ist das für ein Aufruhr?“ Die scharfe Stimme von Professor McGonnagal ließ alle Anwesenden verstummen. „Weasley…“ Ron zuckte zusammen, doch sie wandte sich an den rothaarigen Vertrauensschüler. „…was hat das zu bedeuten?“

Der Vertrauensschüler stand nahezu stramm. „Professor McGonnagal, ich hatte diesen Jungen hier angesprochen, und dabei hat sich herausgestellt, dass es sich um Harry Potters Muggel-Cousin handelt…“

„Und deswegen hat er nicht das Recht, in Ruhe eine Mahlzeit einzunehmen?“ Professor McGonnagal starrte die Umstehenden streng an. „Ich bin sehr enttäuscht von euch. Dies ist genau die Art von unüberlegtem Benehmen, die Professor Dumbledore beim Willkommensfest angesprochen hat.“

Alle Umstehenden schauten leicht verschämt. Dennoch bewegte sich keiner von der Stelle.

„Nun, wer nichts Besseres zu tun hat, als seine Mitschüler beim Essen zu belästigen, dem kann ich gerne etwas zu tun geben.“

Jetzt löste sich die Menge auf, bis nur noch Harrys Freunde und der Vertrauensschüler verblieben. „Das gilt auch für Sie, Weasley.“ Der Vertrauensschüler sah sie überrascht an, ging dann aber auch mit einem letzten prüfenden Blick auf Dudley. „Potter, warum leisten Sie Ihrem Cousin nicht Gesellschaft?“

Eigentlich hatte die Gruppe um Harry herum gerade überlegt, die verbliebene Zeit vor der nächsten Stunde zu nutzen, um noch etwas nach draußen zu gehen. Dementsprechend unwillig nahm Harry Dudley gegenüber Platz. Dort war er wenigstens außer Reichweite von Tritten und Knüffen. Auch wenn Dudley ihn für den Moment kaum beachtete, es war immer besser, einen Sicherheitsabstand einzuhalten. Hermine, Ron und überraschenderweise Neville nahmen die Sitze neben ihn ein, der Rest der Gruppe zog sich angesichts von Professor McGonnagals Ärger nach draußen zurück, obwohl diese nun ihre Arbeit als getan anzusehen schien und ihren Weg zum Lehrertisch fortsetzte.

„So, dein Cousin...“ versuchte Ron nach Informationen zu fischen ohne direkt zu fragen.

„Ja...und dieser rothaarig Vertrauensschüler...“, Harry fragte halb aus Interesse, halb um abzulenken.

„Mein Bruder Percy. Beachte ihn gar nicht, er benimmt sich immer, als ob er ein Regelbuch verschluckt hätte. Aber wenn du mal wirklich Hilfe brauchst, kannst du dich ruhig an ihn wenden.“

„Aber gibt es denn eine Regel, die besagt, dass Schüler nicht an den anderen Haustischen sitzen dürfen?“ fragte Neville verunsichert. „Ich sitze öfter bei den Hufflepuffs.“

„Die Tische gelten als hauseigenes Territorium“, wusste Hermine zu berichten. „Die Traditionen der Häuser bestimmt, wer an ihnen Platz nehmen darf. Am Slytherin-Tisch dürfen nur Slytherins sitzen, für einen Platz am Ravenclaw-Tisch müssten wir uns würdig erweisen, indem wir eine Rätselfrage beantworten. Für den Gryffindor-Tisch braucht man die Einladung eines Gryffindors und der von Hufflepuff steht für jeden offen.“

Harry war verstimmt. Das hätte Albus ihm ruhig mal sagen können. Zum Glück hatte er nicht versucht, am Slytherin-Tisch Platz zu nehmen. Ein Gedanke, der sich auch in Dudleys Gesicht spiegelte.

Für einen Moment, sagte niemand etwas. Harry spürte, dass die Anderen ihn gerne über Dudley befragt hätten, sich aber zurückhielten. Er hingegen suchte verzweifelt nach einem anderen Thema, um die unangenehme Stille zu füllen.

„Hast du auch Verteidigung gegen die Dunklen Künste gemeinsam mit uns?“ fragte Neville. Dankbar für dem Themenwechsel schüttelte Harry den Kopf. „Nein, ich habe jetzt Astronomie mit den Slytherins und Hufflepuffs und erst dann Verteidigung, nur mit den Hufflepuffs. Ich wünschte, ich könnte direkt mit euch kommen. Theoretischen Unterricht in Astronomie fand ich schon immer langweilig.“

„Wem sagst du das. Wir haben die Stunde später auch noch. Aber ob Verteidigung so viel besser ist...“, meinte Ron.

„Du bist doch nur wütend auf Lockhart wegen der Sache im Buchladen“, unterbrach ihn Hermine. „Der Unterricht bei ihm wird bestimmt sehr spannend. Bei all dem, was er erlebt hat.“

„Er wird gewiss nichts erzählen können, was nicht schon in den Büchern drinsteht. Der geht doch noch nicht einmal auf den Abtritt ohne eine Pressekonferenz zu geben.“

Während Hermine und Ron weiter diskutierten lehnte Harry sich zu Neville hinüber. „Worum geht es hier?“ fragte er leise,

Gleichsam leise fiel die Antwort aus: „Hast du es nicht im Tagespropheten gesehen? Es hat natürlich nur auf Seite zwei gestanden.“

Natürlich, denn Seite eins war seit Wochen von Berichten über ihn selbst belegt. Genau deswegen hatte Harry alle Zeitungen gemieden.

„Lockhart war bei Florish und Blotts und hat Bücher signiert, als Rons Vater mit Lucius Malfoy in Streit geraten ist. Dabei sind sie an ein Regal gestoßen und haben eine Kettenreaktion ausgelöst, bei dem der halbe Laden demoliert worden ist. Ein Reporter, der über die Lesung berichten sollte, hat das ganze Unglück aufgenommen, und Lockhart hat die Gelegenheit genutzt, und den großen Schlichter gespielt. Lucius hat sich selbst als unschuldiges Opfer eines fanatischen Ministeriumsbeamten, der ihn angeblich grundlos attackiert hat hingestellt und „großzügig“ den Schaden bezahlt. Und Lockhart hat mehrfach wiederholt, dass der Reporter auch ja alles aufschreiben solle.“

Jetzt konnte Harry Rons Ärger verstehen. Ehe der Streit neben ihm noch mehr eskalierte, unterbrach er mit den Worten: „In jedem Fall ist eine praktische Stunde Verteidigung aufregender als Theorie.“

„Da würde ich nicht drauf wetten“, grummelte Ron. „Die Stunden sind zwar als praktischer Unterricht gekennzeichnet, aber bislang haben wir noch nie einen Zauberstab in Verteidigung gebraucht.“

Harry konnte es kaum glauben.

„Noch nie?“

„Hast du praktischen Unterricht gehabt?“ fragte Hermine interessiert.

„Ja...Professor Snape hat zwar viel Zeit damit verbracht, über Vampire, Trolle und ähnliches zu unterrichten, aber im letzten halben Jahr hat er darauf bestanden, dass ich jeden Abend wenigstens etwas mit meinem Zauberstab übe. Er hält Verteidigung für sehr wichtig.“

„Professor Snape?“ Ron sah ihn entsetzt an. „Meine Brüder haben mir von ihm erzählt. Er soll furchtbar streng sein. Aber im letzten Jahr hat er zum Glück nicht gelehrt.“

„Er war mein Privatlehrer“, erklärte Harry.

„In Dumbledores Auftrag?“ schloss Hermine messerscharf.

Harry nahm aus den Augenwinkeln war, wie Dudleys Gesicht sich verfinsterte. „Er sollte wohl ein Auge auf mich halten. Er ist sehr streng, aber ich habe viel von ihm gelernt.“

„Bist du gut in Zaubertränke?“ Ron stellte die Frage so, als sei der bloße Gedanke unvorstellbar.

„Es geht so. Jedenfalls besser, als in Verwandlung.“ Harry fand es frustrierend. Es gab kein Fach, für das er so viel lernte, und doch war ihm schon wieder nichts gelungen.

„Du kriegst das schon hin“, versicherte ihm Hermine. „Bei der Verwandlung von Lebewesen in unbewegliche Objekte kommt es vor allem darauf an…“

„Ach, vergiss doch den blöden Käfer!“ unterbrach Ron sie. „Kaum einer hat heute etwas zustande gebracht. Nächstes Mal klappt es dann besser.“

Harry fühlte sich sofort ein wenig leichter ums Herz. Jetzt, wo er so darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass tatsächlich Hermine die Einzige gewesen war, die den Zauber erfolgreich ausgeführt hatte.

„Nur, wenn ihr drei auch übt!“ dozierte Hermine, und ein erneuter Streit brach aus. Harry tauschte mit Neville einen leicht entnervten Blick und rollte mit den Augen. Dabei bemerkte er Dudley, der sein Mahl inzwischen beendet hatte, und mit einem merkwürdigen Ausdruck von Befriedigung im Gesicht dem Gespräch lauschte. Harry hatte genug. Er stand vom Tisch auf.

„Ich denke, ich gehe dann mal…“

Ron und Hermine waren so mit ihrem Streit beschäftigt, dass sie gar nicht wahrnahmen, wie er die Große Halle verließ. Er sah noch, wie Neville ihm zuwinkte, dann trat er in den Flur hinaus…und sah sich duzenden von Schülern gegenüber, die bei seinem Anblick anfingen, aufgeregt zu tuscheln. Die, die ihm am nächsten waren, verlangsamten ihr Tempo, während die, die weiter hinten waren, anfingen zu drängeln, sobald sie erfuhren, wer ihnen da gerade entgegen kam. Dadurch entstand ein kleines Chaos, das Harry unangenehm an den Vorfall in der Winkelgasse erinnerte. So schnell es ging, tauchte er in eine enge Passage ab, und nutzte die zahlreichen Abkürzungen und versteckten Gänge, die er kannte, um in einen Teil des Schlosses zu gelangen, der weniger belebt war.

Noch hatte er ein wenig Zeit, bevor er zum Unterricht musste, also ging er in Richtung Eulerei. Bei Tag war sie ein Ort der Ruhe, wo nur das gelegentliche Rascheln von Federn die Stille unterbrach, während die meisten Eulen schliefen. Duchess sich würde freuen, Harry zu sehen. Sie hatte sich gezwungenermaßen dem Tagesrhythmus ihrer Mitbewohner angepasst, doch Schneeeulen waren normalerweise nicht Nachtaktiv, und so kam sie immer sofort, wenn Harry sie am Tag besuchte.

Als Harry den Turm hinaufstieg, hörte er einen Lärm, der für die Tageszeit sehr ungewöhnlich waren. Das Geräusch hunderter flatternder Flügel wurde nur von dem lauten Rufen der Eulen übertönt. Das Schlimmste befürchtend nahm Harry zwei Stufen auf einmal, und stieß am Eingang der Eulerei mit einem braun-weißen Federbusch zusammen. Harry stolperte zurück und konnte sich soeben noch am Geländer festhalten.

„Autsch! Pass doch auf!“

Der Federbusch entpuppte sich als ein blonder Junge, dessen Uniform von oben bis unten mit Vogelkot und Federn verschmutzt war. Durch den Zusammenprall mit Harry war er unsanft auf den Hintern gefallen, und starrte ihn nun wütend an. „Kannst du nicht aufpassen?“ Der Ruf einer Eule lies ihn erschrocken herumfahren. Würdevoll glitt Duchess durch die Tür zu Eulerei, streifte mit ihren Krallen den Kopf des Jungen, der sich verängstigt duckte, und landete auf Harry's Schulter. Das machten den Jungen nur noch wütender.

„Du undankbares Mistvieh! Na warte, mein Vater wird schon dafür sorgen, dass du bekommst, was du verdienst!“

„Du wirst Duchess in Ruhe lassen!“ rief Harry wütend. „Sie ist meine Eule!“ Was bildete sich dieser arrogante Idiot eigentlich ein?

„Aber nur weil Dumbledore sie mir gestohlen hat!“

Das war also Duchess früherer Besitzer. Kein Wunder, dass die Schuleulen so auf ihn reagiert hatten.

„Wohl eher, weil du gegen die Schulregeln verstoßen hast. Duchess gehört nun mir, und du wirst ihr nie wieder etwas antun, und dein Vater auch nicht!“ Die Vorstellung, dass er eine Berühmtheit war, war für Harry zwar nach wie vor erschreckend, doch er war nicht blind für die Vorteile, die sein neu entdeckter Status mit sich brachte. Dann fiel ihm ein, was Hagrid ihm über die Schuleulen gesagt hatte, und fügte hinzu: „Falls dein Vater überhaupt davon erfährt. Die Schuleulen werden ihm jedenfalls keine Nachricht von dir bringen.“

Der Junge rappelte sich auf. „Das werden wir ja sehen, Potter!“ Er sprach den Namen aus wie ein Schimpfwort. „Niemand legt sich mit einem Malfoy an!“ Die Drohung wäre unter anderen Umständen vielleicht beeindruckend gewesen, aber ausgesprochen von einem Jungen der wie ein Staubwedel aussah – Harry konnte nicht anders, er lachte laut los.

Malfoy stürmte wütend an ihm vorbei und stieß ihn dabei absichtlich in die Schulter. Bevor er hinter der nächsten Ecke verschwand, hielt er aber noch einmal kurz inne und bedachte Harry mit einem hasserfüllten Blick. Harry strich mit der Hand beruhigend über Duchess weiche Feder, und sie knabberte liebevoll an seinem Ohr. Er zweifelte nicht daran, dass er sich gerade einen Feind gemacht hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  darkchaoslight
2017-06-09T18:59:48+00:00 09.06.2017 20:59
Schreibst du noch weiter? Ich würde mich da sehr freuen! Finde deine Fanfiktion nähmlich echt gut.
Von: abgemeldet
2012-08-26T11:13:41+00:00 26.08.2012 13:13

Bisher ist das eine wirklich sehr gelungene Fortsetzung. Ich kann gar nicht sagen, wie gut ich deine Ff finde. Ich finde die unterschiedlichen Sichtweisen gut, dass du dir viele Gedanken um die Logik machst (z.B. wie die Lehrer ihr Pensum bewältigen können) und vor allem, dass die verschiedenen Charaktere wirklich sehr authentisch sind. Ich mag besonders Hermine (wo ich mich auch sehr gewundert hätte, wenn sie sich von der öffentlichen Meinung hätte blenden lassen) und Neville. Auch Rons Verhalten passt zu ihm, weobei ich mir vorstellen kann, dass er auch noch zu einem wahren Freund wird.

Mir tut es für Harry leid, dass er so außen vor steht. Ich hoffe das ändert sich noch. Und ich bin gespannt, ob auch Dudley sich noch zu seinem Vorteil ändert. Sicher hat er es jetzt besonders schwer (was kann er schon für seine furchtbare Erziehung), aber vielleicht kann er an sich arbeiten und erkennt, dass ihm seine selbstbezogene Art nur einsam und unglücklich macht.


Von:  Teilchenzoo
2010-11-12T10:40:31+00:00 12.11.2010 11:40
Oh, noch gar kein Kommentar? Du hast schon recht, da kannst du das Ganze auch mal für ne Zeit auf Eis legen (solange es irgendwann noch neue Teile gibt).

Mir gefiel dieses Kapitel sehr gut. Besonders das Kennelernen und Anfreunden mit Ron und Hermine hast du gut hingekriegt. Auch, wenn die Beiden sich ganz schön oft streiten (tun sie im Buch ja auch, nur fällt es einem da nicht unbedingt als Streit auf).

Dudley ... er kann einem fast Leid tun. Fast. Na, mal sehn, bo er sich irgendwann bessert.

Könnte es sein, dass die vielen Stufen auf dem Weg zu Mrs Keen sehr bewusst gewählt sind, um den Diätplan mit Sport zu unterstützen?

Auf jeden Fall bin ich gespannt, wie es weitergehen wird.

Lg neko


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