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deformis

by Black Symphony
von

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...beginnt mit dem Sein.

Grelles Licht blendete mich.

Ich spürte abermals meinen Körper nicht mehr. Und abermals dachte ich, dass ich nicht mehr Leben konnte.

Fühlte sich so der Tod an?
 

Das grelle Licht verschwand vor meinem linken Auge. Für eine kurze Zeit lag ich wieder in der Finsternis.

Dann, in sekundenschnelle, kehrte das grelle Licht wieder zurück und dieses mal sah ich es vor meinem rechten Auge.

Was geschieht nun schon wieder mit mir?

Und so schnell das Licht kam, so schnell verliess es mich auch wieder.

Immer noch benommen schien ich einfach nur auf dem kahlen Boden zu liegen.

In meinem Kopf fing sich die Leere langsam an, sich zu lösen.

Meine Ohren zuckten. Ich nahm Stimmgemurmel wahr. Die Stimmen gehörten eindeutig zu den beiden Menschen, die mich sozusagen betreuten.

Aber nicht nur die Stimme verriet sie, sondern auch ihr Geruch.

Es war ein beissender, fremder Geruch.

Ich konnte mich überwinden, meine Augen ein Stück weit zu öffnen.

Die eine Frau wurde sofort auf meine Bewegungen aufmerksam.

“Na, hast du dich von deinem Aussetzer wieder beruhigt?”

Ich antwortete ihr nicht.

Unbeirrt von der Stille die aufzukommen schien fuhr die Frau fort: “Ich muss zugeben, Defor, das hätte ich nicht erwartet. Ich meine, ich nahm an, dass du den Wolf zerfetzen wolltest, du hast nun einen solch feinen Instinkt... Ich schweife ab. Entschuldige.” ¨Die Wissenschaftlerin seufzte und sagte dann weiter: “Wie dem auch sei. Wir müssen noch deine Kraft unter Kontrolle kriegen, ansonsten...”

“Für was? Für was?! Verdammt! Ich möchte endlich eine klare Antwort! Warum soll ich eine neue Unterart des Wolfes werden? Für was unterzieht ihr mich solchen... Solchen Experimenten?”, schrie ich den Menschen wutentbrannt an. Ich hielt es nicht mehr aus. Es kam mir so vor, als ob mich die Unwissenheit von innen heraus aufzufressen schien.

Ich sah, trotz dem grellen Licht (welches von einer riesigen, runden Halogenlampe kam), ein eisiges Lächeln auf den, mit Rot geschminkten Lippen der Wissenschaftlerin.

“Defor, die neue Unterart Canis lupus deformis, wird uns im Krieg unterstützen. Daher hast du jetzt auch solch einen feinen Instinkt. Du bist eine Kampfmaschine “01”. Deine DNA muss nur noch etwas verfeinert werden. Um eben zum Beispiel solche Aussetzer zu vermeiden und dass du auch deine enorme, neue Muskelkraft unter Kontrolle kriegst. Und das wird genau hier, in diesem Raum, passieren. Unser Institut arbeitet schon seit Jahren an diesem Projekt. Und schon bald wird dieses Projekt vollendet sein. Du, Defor, wirst bald vollendet sein.”

Defor? Haben die Menschen mich etwa umbenannt? Ich fragte die Frau.

“Nun, nein. Du hast von uns die ‘Seriennummer’ 01 bekommen, dein Name lautet aber in Wirklichkeit Defor (01), Canis lupus deformis.”

Ich war sichtlich verwirrt. Aber meinetwegen. Wenigstens hörte sich Defor besser an als “01”. Aber eben, mir war es momentan egal, wie ich hier genannt wurde.

Mein richtiger Name? Ich weiss es nicht mehr.

Vor einigen Tagen musste ich entsetzt feststellen, dass ich meinen richtigen Namen gar nicht mehr wusste. Auch meine Vergangenheit verblasste langsam vor meinen Augen.

Sie war irgendwie nur noch ein grauer Schleier.

Traurig, dachte ich.

Und jetzt soll ich also hier in diesem Labor, von irgendeinem Institut, eine neue Identität bekommen. Ja, so könnte man es nennen.

In diesem Augenblick, in dem ich nach meinem richtigen Namen suchte, wurde mir erst richtig klar, dass ich hier ein Experiment war.

Ich wurde von Menschen missbraucht...

Der Gedanke erschauderte mich zutiefst und meine Wut wuchs und wuchs.

Aber ich konnte sie in diesem Moment nicht herauslassen, denn plötzlich spürte ich einen Stich ein meinem linken Vorderlauf.

Als ich nachschauen wollte, von was der brennende Stich kam, erblickte ich eine Spritze mit scheinbar durchsichtiger Flüssigkeit.

Mein Herz fing an zu rasen und meine Muskeln verkrampften sich. Mir blieb die Luft weg und dann...
 

Ein Rauschen schreckte mich auf.

Meine Augen weiteten sich und mir wurde schlagartig klar, dass ich wieder in solch einem überdimensionalen Reagenzglas sass.

Dieses mal war es aber giftgrüne Flüssigkeit, die nach Metall roch, welche mich umgab. Ich spürte, wie die Schläuche, an denen ich nun auch wieder angeschlossen war, im Minutentakt etwas in meine Blutbahnen pumpten.

“Hört endlich damit auf!”, schrie ich nach draussen.

Sogleich ertönte ein unerträglicher hoher und lauter Piepton, der vom Generator kam.

Eine Wissenschaftlerin kam herbeigeeilt und drückte auf eine Taste auf dem Ding und sagte danach hastig zu mir: “Du solltest dich jetzt so wenig wie möglich aufregen. Du stehst wieder unter Stress...”

“Von woher wollen Sie das wissen?”, erwiderte ich genervt.

“Deine Gehirnströme verraten dich.”

Mit diesen Worten wollte die Wissenschaftlerin wieder gehen, aber ich rief ihr, fast verzweifelt, zu: “Wieso soll ich mich nicht aufregen? Wenn ich es nämlich wüsste, wäre es für mich wesentlich einfacher, meinen Zorn in Schach zu halten.”

Die Menschenfrau seufzte sichtlich genervt, sagte dann aber mit lascher Stimme: “Dir wird jetzt eine metallhaltige Flüssigkeit eingeflösst. Jede Minute bekommst du eine Dosis.”

“Was soll das bewirken?”, fragte ich etwas angewidert. Metall? Metall wurde mir eingeflösst?

“Ganz einfach. Deine Haut soll so stählern werden. Das heisst, du wirst widerstandsfähiger und deine Haut kann sich so selber schneller wieder regenerieren.”

Und mit diesen Worten schlurfte Frau Wissenschaftlerin aus dem Raum heraus.

Mir war zwar nicht klar, wie Metall in irgendeiner Form im Körper wirken soll, jedoch war mir diese Frage zu kompliziert. Darum verschwendete ich keinen Gedanken mehr daran.

Im Allgemeinen hatte ich langsam aufgehört zu kämpfen.

Ich war es satt, meine ganze Kraft aufzubringen und am Schluss brachte es sowieso nichts. Ich sah von meinen Bemühungen noch kein Resultat. Nichts. Rein gar nichts.
 

Tage vergingen.

An diesen Tagen war ich alleine. Keine der Wissenschaftler schaute nach mir oder besser gesagt nach meinem Zustand.

Mir war das auch recht. Ich brauchte den Kontakt zu Menschen nicht. Und dies werde ich auch nie brauchen.

Ich soll in ferner Zukunft den Menschen ‘dienen’? Lächerlich!, dachte ich belustigt. Die Menschen hatten ja keine Ahnung!

Sie konnten die Welt zwar nach ihren Idealen formen, aber das hiess noch lange nicht, dass sie diese Idealen auch bis zum Schluss durchziehen konnten.

Ich würde es nicht zulassen, dass sie mich noch weiter demütigten und aus mir etwas machen würden, was ich nicht war. Und nie sein werde. Nie, nie, nie!

Also fing ich wieder an zu rebellieren.

Ich versuchte abermals die dicke Glasscheibe zu zertrümmern. Ich versuchte abermals mich von den Schläuchen loszureissen.

Und abermals waren all meine Bemühungen umsonst.

Ich konnte dies nicht glauben... Ich wollte es auch gar nicht glauben. Ich wollte nicht glauben, dass ich mein Ziel wahrscheinlich nie erreichen würde.

Dieser Gedanke machte mich zornig. Ich verlor meinen Verstand und tickte aus.

Als ich wie wild um mich schlug, geriet ich irgendwie in die Schläuche und einer schlang sich um meinen Hals und schnürte mir die Kehle zu.

Ich bemerkte dies zuerst gar nicht.

Erst als ich keine Luft mehr bekam, versuchte ich mich zu befreien. Ich strampelte und verbog mich. Nur um irgendwie da wieder herauszukommen.

Aber es wurde nur noch schlimmer.

Die Luft blieb mir schlussendlich ganz weg.

Ich spürte, wie sich mein Herzschlag verlangsamte.

Ich hörte den grellen Pfeifton des Generators.

Ich hörte hastige Schritte, die den Raum betraten.

Ich spürte mein Herz nicht mehr.

Und schlussendlich spürte ich gar nichts mehr.
 

Keuchend rang ich nach Luft.

Ich öffnete meine Augen und fand mich in einem engen, ebenfalls weissen, kahlen Raum, wieder.

Ich schüttelte mich und blickte mich dann erstmal um.

Na ja, zu sehen gab’s ja eigentlich nichts.

“Wieder bei Sinnen also. Hallo, Defor.”

Uh? Von woher kam denn die Stimme?

Ich schaute mich nochmals um. Ich entdeckte an der Decke des Raumes einen schwarzen Apparat. Von dort oben musste die Stimme kommen.

“Du hast dich verändert. Hast du es schon bemerkt?”, fragte mich die Stimme.

Ich sollte mich verändert haben?

Und tatsächlich. Als ich an mir hinunter schaute, als ich meine Pfoten sah, erschrak ich erbärmlich.

Meine Pfoten waren... Sie waren jetzt aus Metall. Völlig entstellt!

Mein entsetzter Blick erstarrte.

“Das ist erst der Anfang. Du reagierst gut auf die Metallsubstanz. Das ist wirklich gut. Defor, deine Haut wird nach und nach immer mehr von Metall übersät sein. Aber keine Angst. Du wirst schon nicht vollständig aus Metall sein. Die Pfoten sind der Anfang. Folgen werden noch Kopf und deine Hinterläufe.”

Ich konnte es immer noch nicht glauben.

Wieso ich?

Wieso musste ausgerechnet ich dafür herhalten?

“Gut, gut. Das war’s fürs erste.”

Dann folgte ein Rauschen und dieses starb schlussendlich ab.

Ich kann nicht beschreiben, wie ich mich in diesem Moment fühlte. Ich könnte es versuchen, aber es würde sowieso niemand verstehen. Denn niemand hatte mit Sicherheit solche Misshandlungen über sich ergehen lassen müssen.

Ich war nun entstellt.

Metall an meinen Pfoten...

Narben zierten meinen Körper, überall dort, wo einst die Schläuche angedockt waren. Zum Teil klafften noch vereinzelt grässliche Wunden, die bei jeder Bewegung zu schmerzen anfingen.

Aber wie so manches, was mir widerfahren ist, verdrängte ich den Schmerz einfach.

Ich schloss meine Augen und wollte einfach nur noch schlafen.
 

Ich lag noch etwa eine Woche in diesem spärlichen Raum.

Mein Aussehen hatte sich verändert.

Das soll heissen: Mein Unterkiefer hatte sich von Aussen her verhärtet und war nun metallen. Genauso wie meine Zähne im Unterkiefer.

Aber nicht nur äusserlich nahm ich Veränderungen wahr, auch innerlich. Aber ich kann nicht sagen, was es war.

Ich wusste eigentlich gar nichts mehr.

Doch... Ich wusste jetzt, dass ich endlich wieder in die Freiheit kommen konnte.

Ich würde alles dafür geben und alles riskieren. Ich war nun bereit. Bereit zu kämpfen, bereit um das zu tun, was ich wollte.

Ich wusste, dass ich ständig unter Beobachtung stand.

Aber dies hielt mich nicht davon ab, um die Türe des Raumes zu demolieren. Mein Unterkiefer hatte jetzt solch enorme Kraft, dass ich in nur wenigen Minuten die ganze Türe in Stücke riss.

In der Ferne hörte ich Sirenengeheul.

Eine Computerstimme rief aus: “Achtung! Achtung! In Zelle X01 trat eine Störung auf. In Zelle X01 trat eine Störung auf. Die Spezies Canis lupus deformis ist soeben ausgebrochen! Alarmstufe 1! Ich wiederhole: Alarmstufe 1!”

Zugleich stellte sich mir irgend ein solcher erbärmlicher Wissenschaftler mit einer Art Gewehr, in den Weg.

Ich machte kurzen Prozess. Ich hatte nun solch eine enorme Kraft, dass ich das Gewehrdingens mühelos zerbeissen konnte.

Aber auch der Mensch blieb nicht verschont. Ich biss ihm die Kehle durch.

Dies endete Schlussendlich in einem Blutbad.

Ich biss mich in jedem fest. Ich wollte Rache!

Und dies war der Anfang davon...

Plötzlich roch ich Feuer.

Verdammt! Von woher kommt denn hier Feuer?, dachte ich.

Die Sprinkleranlage ging los und bekämpfte das Feuer.

Nun war das Chaos perfekt.

Ich grinste schelmisch in mich hinein.

“Ihr habt es nicht anders verdient! Ihr sollt alle verrecken!”, schrie ich.

“Defor! Bleib sofort stehen!”

Ich wirbelte herum.

Da stand sie. Die eine Wissenschaftlerin, die mich sozusagen die ganze Zeit hin betreut hatte.

“Oh, oh...”, machte ich. Und kicherte belustigend.

Mit eiskaltem Blick fixierte sie mich und blaffte dann: “Du vermasselst alles! Willst du etwa nicht perfekt sein? Möchtest du nicht perfekt werden?”

“Perfektion ist eine reine Lüge!”

“Das ist nicht wahr! Aber was versteht ein Tier schon von Perfektion?”

“Tz. Mehr als ihr Menschen denkt! Und ihr lügt, sobald ihr euer Mund aufmacht. Perfektion... Warum muss in euer Welt alles perfekt sein? Warum strebt ihr nach Perfektion? Heisst bei euch perfekt sein, gleich Macht haben?”

Die Frau nickte. “Erfasst. Ja, so könnte man es sagen, Experiment “01”.”

“Aber ich bin nicht perfekt!”, schrie ich ausser mir. “Ich war nie perfekt. Und ihr habt mich auch nicht perfekt gemacht. Ihr könnt euch selber mit eurer Perfektion belügen, mich aber nicht.”

“Ganz ruhig, “01”. Du bist jetzt schon in einem solch fortgeschrittenem Stadium, da wäre es schade, das ganze Experiment abzubre...”

Ich konnte nicht anders.

Ich sprang der jungen Frau an die Kehle, durchtrennte sie und nahm ihrer Lunge die Luft.

Das Blut zierte nun den kahlen, nassen Boden.

In diesem Augenblick umhüllte mich beängstigende Stille.

Es wurde Zeit zu gehen.

Zeit, mich von diesem Lebensabschnitt zu verabschieden.
 

Ich wusste genau, wohin ich nun gehen wollte und ich wusste genau, was ich zutun hatte.

Angetrieben von dem Gedanken der Vergeltung preschte ich in die Freiheit.

Der Mond zierte einen schwarzen Nachthimmel.

Ich spürte kühle Luft in meinem Fell.

Ich spürte das Gras und die weiche Erde unter meinen Pfoten.

Und ich spürte, dass ich nun endlich frei war.

Ich wusste, dass ich endlich mein Leben leben konnte. Ich konnte endlich jemanden sein.

Nein, falsch.

Nicht ‘jemanden’.

Ich war ich.

Und ich konnte endlich sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  hundefrau
2009-05-20T19:33:03+00:00 20.05.2009 21:33
Gaaahhh, das Kappi war wieder toll <33
Defor tut mir so leid ;.;
Gut, dass er da weg ist xD
Wurde Awon eigentlich wieder freigelassen?
Wäre ja doof, wenn er da immernoch rumgammeln müsste, jetzt wo 01 weg ist xD
Von:  Kyulein
2009-05-20T18:17:18+00:00 20.05.2009 20:17
*sich schonmal in richtung fenster aufmacht*
also ähm ich hab bestimmt schon öfters erwähnt, menschen nicht zu mögen, oder?
*auf Fensterrahmen kletter*
und bald hat dieser Planet einen weniger*Ggg*
.....
aber jetzt mal so ganz echt... is doch schrecklich was manche Menschen denken... Pferkt.... wenn die Welt perfekt wäre, dann wäre sie doch total langweilig? ....Da könte man theoretisch stundenlang drüber philosophieren, weshalb die Welt ist wie sie ist und glücklicherweise nicht anders... Die welt lässt sich nicht einfach ummodeln nur weil gewisse Menschen der Meinung sind es tun zu müssen......-,-

das Kapitel war wirklich sehr schön*gg* und Defor kan einem echt leid tun....v_v wirklich 'sein' wird er wohl nie wieder können....>;<


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