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Pyaara Khatra

Liebliche Gefahr
von

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„Wie oft soll ich es dir noch sagen?! Ich werde nirgendwo hingehen!“, beharrte Ganga, doch Srikanth achtete schon nicht mehr auf sie, denn er hatte sich Gayatri zugewandt. „Gayatri ji, könntet Ihr bitte Gangas...“ Doch sie war schon längst dabei, das zu machen, worum er sie eigentlich hatte bitten wollen: Gangas Sachen zusammenzupacken. Als Ganga das bemerkte, meinte sie aufgebracht: „Gayatri, was machst du da?! Du wirst ihm doch wohl nicht noch helfen wollen?!“ „Beti, du weißt, dass ich dich immer wie ein eigenes Kind behandelt und geliebt habe...“, meinte Gayatri nachdem sie Srikanth das Tuch, in das sie Gangas Habseligkeiten gepackt hatte, gegeben und sich wieder auf Gangas Bett gesetzt hatte. „Ich habe immer nur getan, was ich für das Beste für dich gehalten habe und das tue ich auch jetzt. Du verdienst ein richtiges und normales Leben und nicht das einer Sklavin. Ich vertraue Srikanth. Er wird gut auf dich aufpassen...“ Während ihrer letzten Worte legte sie lächelnd eine Hand auf Srikanths Wange. „Ich danke euch, Gayatri ji.“, entgegnete er und erwiderte ihr Lächeln.

Dann meinte er an Ganga gewandt: „Da hörst du es. Jetzt gibt es keine Widerrede mehr. Chalo!“ Er legte einen Arm um ihren Rücken und den anderen unter ihre Kniekehlen, um sie schließlich hochzuheben. Sie wollte erneut protestieren, doch Gayatri fuhr ihr über den Mund: „Nun gib endlich Ruhe. Wir wollen beide nur das Beste für dich. Hör endlich auf, dich dagegen zu sträuben und in dein Unglück rennen zu wollen!“ Srikanth grinste, als Ganga grimmig den Blick senkte. „Ich werde gut auf Ganga Acht geben. Das verspreche ich Euch, Gayatri ji.“, meinte er und senkte als Zeichen des Abschieds und des Respekts seinen Kopf. „Gott segne euch beide.“, gab sie mit feuchten Augen zurück und legte ihre Hände auf die Köpfe von Ganga und Srikanth.

Als er sich gerade zum Gehen umgewandt hatte, drehte er sich noch einmal um. „Falls Ihr uns besuchen kommen wollt... Ich werde mit Ganga nach...“, begann er, doch Gayatri unterbrach ihn. „Es ist besser, wenn ich nicht weiß, wo ihr euch aufhaltet... Das Wichtigste ist, dass Ihr Euch gut um Ganga kümmert. Und davon bin ich überzeugt. Und nun geht endlich. Wer weiß, wann Girish wiederkommt...!“ Srikanth nickte kurz und verließ dann mit Ganga im Arm das Zimmer.

So leise es möglich war, schlich er den Gang entlang und die Treppe zur Hintertür hinunter. Gerade ins Freie getreten, hörte er plötzlich Girishs Stimme und fuhr zusammen. In Windeseile rannte er um eine Ecke und versteckte sich hinter einer Mauer. „Das ist Girish Babu... Was machen wir jetzt?“, fragte Ganga leise, während Angst in ihrer Stimme mitklang. „Er scheint ins Haus gegangen zu sein...“, flüsterte er und setzte sie ab, um sie Huckepack zu nehmen, damit er besser laufen konnte. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und hielt sich fest, als er losrannte. So schnell er konnte, sprintete er die Straße entlang und hoffte dabei inständig, dass sie auf diese Weise genügend Vorsprung vor Girish bekamen, damit er ihnen nicht auf die Spur kam.

Erst als sie an der Scheune von Amars Cousin ankamen, machte er Halt. Nachdem er Ganga sicher auf einem Ballen Stroh abgesetzt hatte, atmete er mehrmals tief durch. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte er schließlich und musterte Ganga mit besorgtem Blick. Sie nickte daraufhin nur und zog sich ihren Dupatta fester um die Schultern. „Warte kurz hier. Ich bin gleich wieder da.“, meinte Srikanth und verschwand in der Scheune. Als er wieder herauskam, hatte er sein Gepäck dabei. „Wir müssen uns sofort auf den Weg machen, wenn wir nicht riskieren wollen, dass Girish uns folgen kann... Kannst du laufen oder soll ich dich tragen?“, wollte Srikanth wissen. „Es geht. Ich kann laufen.“, erwiderte sie und schlang sich das Tuch, in dem ihre Sachen verstaut waren, um die Schultern. Dann machten sie sich gemeinsam im Schutz der Dunkelheit auf den Weg in Srikanths Heimatstadt.
 

Zögerlich öffnete Srikanth seine Augen. Die Sonne stand mittlerweile weit oben am Himmel und er wusste, dass sie die Stadt gleich erreicht haben würden. Im Morgengrauen hatte sich ein vorbeifahrender Getreidekarrenfahrer bereit erklärt, ihn und Ganga mitzunehmen und so saßen sie nun zwischen Getreideähren und wurden auf dem Karren durch den holprigen Weg gehörig durchgeschüttelt. Nichtsdestotrotz schien Ganga noch tief und fest zu schlafen. Ihr Kopf lag auf seiner Brust und ihre Hand auf seinem Bauch. Ihren Duft zu atmen und ihren Körper, ihre Wärme so nah zu spüren, fühlte sich gut an. Dieser Zustand hätte seinetwegen ewig andauern können, doch er wusste, dass er sie gleich wecken musste, damit sie so schnell wie möglich vom Wagen runter- und zu seinem Haus kamen.

Sanft rüttelte Srikanth an Gangas Schulter, woraufhin sie ein leises Murren von sich gab und sich langsam aufrichtete. „Sind wir da...?“, fragte sie verschlafen und rieb sich die Augen. In diesem Moment hielt der Karren auch schon an. Srikanth sprang herunter und half dann Ganga beim Absteigen. Die beiden bedankten sich bei dem Fahrer und machten sich dann auf den Weg zu Srikanths Haus, das etwas außerhalb der Stadt lag.

Nachdem beide ihr Gepäck abgestellt hatten, bot Srikanth Ganga sein Bett an. „Ruh dich noch etwas aus. Unsere kleine Reise war sicher anstrengend und in deinem Zustand solltest du dich sowieso noch schonen.“, meinte er und spielte auf die Spuren an, die Girishs Misshandlung an ihr hinterlassen hatte. Ganga nickte dankbar und legte sich hin. Srikanth stellte ihr noch einen Krug mit Wasser hin und verließ dann das Haus wieder, damit Ganga sich in Ruhe erholen konnte. Draußen kam ihm auch schon Amar entgegen. „Arre Yaar! So schnell wieder da?! Ich hab gehört, du kamst in weiblicher Begleitung...?“, meinte er und grinste breit.

Die beiden setzten sich ein paar Meter vom Haus entfernt auf einen alten Baumstamm und Srikanth erzählte seinem Freund die Geschehnisse der letzten Nacht. „Dann kamst du genau zur richtigen Zeit, Yaar... Und was hast du jetzt vor? Du weißt doch wohl, dass dieser Girish Kleinholz aus dir machen wird, wenn er euch findet...“, stellte Amar fest. Srikanth nickte nur. „Deswegen habe ich auch beschlossen, mit Ganga nach Kashi (1) zu gehen. Ich denke, das ist weit genug entfernt, dass er uns nicht finden kann...“ „Bist du dir ganz sicher, dass du das wirklich machen willst? Ich meine, du kennst Ganga doch kaum und wegen ihr nun dein ganzes Leben aufzugeben, ist doch...“, wollte Amar einwendend, doch Srikanth unterbrach ihn. „Ich weiß selbst, dass das Wahnsinn ist, aber wir haben jetzt keine andere Wahl mehr... Ich habe Ganga aus dem Bordell geholt und ihr und ihrer Ziehmutter versprochen, dass ich auf die aufpassen werde. Die Verantwortung habe ich mir selbst auferlegt und ich werde sie auch erfüllen.“, meinte er entschlossen. Amar nickte stumm und klopfte seinem Freund unterstützend auf die Schulter. „Ich werde dich vermissen, Yaar...“ Srikanth umarmte ihn und meinte, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten: „Und wegen dem Geld, das du mir geliehen hast...“ „Welches Geld, Yaar? Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“, unterbrach Amar ihn grinsend. „Behalt es einfach. Du hast es nötiger als ich, vor allem wenn man bedenkt, was noch vor die liegt...“ Srikanth war es nicht möglich, seine Dankbarkeit in Worte zu fassen, also umarmte er Amar erneut.

Die beiden saßen dort bis zum späten Nachmittag bis Ganga schließlich aus dem Haus kam. Srikanth sprang sofort auf und lief zu ihr. „Wie geht es dir? Brauchst du irgendetwas?“ Es war ihr sichtlich unangenehm, dass er sich so um sie kümmerte und so meinte sie erst nach einigem Zögern: „Ich... Ich habe Hunger...“ Als er an die gähnende Leere in seiner Vorratskammer dachte, ärgerte er sich. Er hatte die letzten Wochen kaum noch etwas gegessen, da er sein ganzes Geld für die Fahrten nach Pataliputra gespart und ausgegeben hatte. Hilfesuchend drehte er sich zu Amar um und bat ihn, auf Ganga aufzupassen, während er auf den Markt ging, um etwas zu Essen zu kaufen. Amar willigte sofort ein und so machte sich Srikanth umgehend auf den Weg in die Stadt.
 

(1) http://de.learn-for-life.org/index.php?page=varanasi



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