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Patient X

von

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Starre?

Erklärung: Stupor

Stupor: Ist hier kein Zauberspruch, sondern beschreibt einen psychischen Zustand. Die betroffene Person ist in sich so gefangen, dass sie vollkommen reglos und starr wird, nicht mehr wirklich zugänglich für Reize von außen. Kann bei schweren Depressionen oder bei Schizophrenie entstehen. Heftige psychische Reaktion auf überwältigende, psychische Ereignisse. Wenn alles zu viel wird, dann schaltet die Psycho sozusagen das Licht aus und die betroffene Person existiert in einem Kokon (das sich aber nicht einfach nach Lust und Laune aus und anschalten lässt). Psychischer Überlebensmechanismus.
 

Kapitel 4: Starre?

Sie fand Helen oben in der Fluchschädenabteilung. Gerade als sie vollkommen mit den Nerven am Ende zu suchen aufgeben wollte, erkannte sie eine große, blonde Frau die in mit geschäftiger Miene in Richtung geschlossene Abteilung ging.

„Schwester Helen, hallooo…“ schrie ihr Hermine fast verzweifelt nach. Helen fuhr herum. Hier oben, weit weg von dem Schrecken wirkte sie nicht mehr so streng und angespannt wie unten. Sie lächelte Hermine freundlich an und wartete mit vor sich gefalteten Händen bis Hermine bei ihr war. Mit mütterlicher Miene ergriff sie Hermines Hand, drückte diese und strich der Achtzehnjährigen sanft über den Rücken. „Fertig?“

Hermine nickte, mühsam Tränen unterdrückend. Oh ja, sie war fertig. Mit allem. Aber war sie das wirklich? „Es ist doch erst kurz vor elf Uhr, was soll ich den jetzt tun? Kann ich mit Ihnen gehen?“
 

Helen lächelte freundlich und nickte. Mit einem kurzen Zauberstabwink öffnete sie die Tür zur geschlossenen Abteilung, ließ sich und Hermine hinein und verschloss den gesicherten Raum wieder. „Obwohl du eigentlich heimgehen kannst. Du bist fertig. Hat Dir das Oberschwester Claris nicht gesagt? Du hast nur ihn. Du gehst irgendwann am Tag zu ihm, egal wann…bereitest alles vor, kümmerst dich um ihn, schreibst deinen Bericht und dann kannst du gehen. Und damit hast du wohl immer noch den härtesten Job im Krankenhaus.“ Helen lächelte sie mitfühlend an und schritt mit Hermine gemeinsam durch einen wesentlich helleren, freundlicheren Flur als unten entlang.
 

Die Wände waren in einem aufwärmend, wirkenden Apricot gestrichen, dass den Flur so wirken lies, er wäre er dauerhaft von Sonnenlicht durchflutet. Die Wände waren einer Allee gleich von allerlei farbenfrohen Blumen gesäumt deren Duft, obwohl für Hermine eindeutig benennbar, angenehm war und sie bei jedem Atemzug mit Zuversicht und Harmonie erfüllte. Die Portaits die hier und da an den Wänden hingen, summten oder spielten auf einem Instrument, alle leise Beethoven und Mozart Stücke vor sich hin, was jeden der an ihnen vorbei ging entweder für kurze Zeit verzückt die Augen zu schließen und zu lauschen, oder kindlich beschwingt durch die Gänge zu hüpfen.
 

Hier und da wuselten freundlich, wenn auch beschäftigt wirkende Heilen von Tür zu Tür, die jedoch bei Hermines Anblick alle kurz innehielten, sie interessiert musterten und sich dann hastig umdrehten und, wie es Hermine schien, die Flucht ergriffen.
 

Helen bemerkte die merkwürdigen Reaktionen sicherlich auch, doch schien sie in Gedanken woanders. Hermine meinte trotz der angenehmen warmen Temperatur in dieser Abteilung, eine Gänsehaut auf Helens Armen zu erkennen. Nervös kaute die Krankenschwester auf ihren Lippen, schielte ab und zu in Hermines Richtung doch sprach sie erst, als sie am Ende des Flures vor einer grünen, mit allerlei afrikanischen Tieren bemalten Tür stehen blieb.

„Aber ich verstehe, wenn du reden möchtest. Ich muss noch kurz zu den Longbottoms…sie kriegen einen Spezialtrank. Wenn du mitkommst und wartest…danach kann ich Pause machen. Wir können uns dann ein bisschen unterhalten. Ja?“
 

Hermine nickte schwach. Ihr war alles recht, wenn sie nur nicht mit ihren Gedanken alleine bleiben musste, Longbottoms…waren das etwa…
 

Nevilles Eltern? Ja!
 

Helen führte sie in ein Zimmer in dem Frank und Alice Longbottom merkwürdig summend, mit verklärtem Blick Kinderliedern aus dem Radio folgten. Das Zimmer war mintgrün, eine Bordüre mit weiteren exotischen Tieren, die wild tollend miteinander balgten, zierte die Wände.
 

Die Möbel waren allesamt bunt, geradezu knallig. Auf den Betten lagen Plüschtiere und in Fetzen gerissene Papierstreifen. Keine Bilder, mal abgesehen von den selbst gemalten Strichmännchen. Außer einem Portait von Neville, der vor Schreck schamrot wurde als Hermine das Zimmer betrat und sich an den Rand des Bilderrahmens drückte, so dass nur noch seine Nasenspitze hervorlugte.
 

Helen wirkte viel fröhlicher und freundlicher als heute Morgen. Leise mitsummend begann sie auf einem Tisch vor sich ein paar Trankzutaten in einer Phiole zusammen zu mischen. „Frank und Alice…Zeit für euer Lieblingsgetränk…damit ihr groß und stark werdet", flötete Helen im Takt der Musik und lachte mädchenhaft.
 

Hermine jedoch wusste nicht, was sie von dieser Kleinkindbehandlung halten sollte. Nevilles Eltern kamen in merkwürdig wiegenden Schritten zu Helen geschlurft und kippten brav ihr „Lieblingsgetränk“ herunter, dem, und nur dem, wie Helen zu berichteten wusste, die erstaunlichen Fortschritte der beiden zu verdanken seien.

Sie würden immer zugänglicher, würden immer mehr von der Welt um sie herum mitbekommen.

Hermine musste schlucken, als sie die beiden Gestalten summend mit verklärtem Gesichtsausdruck zurück zu ihrem Platz am Radio schlurfen sah.
 

DAS waren Fortschritte? Armer Neville…er hatte tolle Eltern, aber sicher hatte er oft die Nähe und Sicherheit vermisst. Nicht zum ersten Mal fragte sich Hermine ob sie im gewonnen Krieg gegen Voldemort wirklich von einem Sieg sprechen konnten, wenn dieser mit solchen Opfern erkauft werden musste.
 

Helens Gesicht wurde ernster, während sie per Zauberstab die Betten ihrer beiden Mittvierziger-Kleinkinder neu beziehen lies. „Ich weiß, du würdest lieber hier oben sein, nicht?“

Hermine nickte schwach. Helens Blick blieb jedoch auf den in der Luft herumwirbelnden Bettlaken geheftet. „Alle, die hier arbeiten, wollen armen Menschen etwas Gutes tun, also die freiwilligen Helfer. Aber in gewisser Weise tust du das auch.“ Nun wandte sie sich doch zur erstaunt blickenden Hermine um. „Es ist doch so. All die Leute hier in diesem Krankenhaus, schau dir doch nur mal hier Frank und Alice an, wir haben doch fast alle Patienten im Moment IHM zu verdanken. All das sind seine Opfer, die Vergeltung verdient haben. Sie wurden doch teilweise sogar von seiner Regierung aus verurteilt und gefoltert. Wir müssen ihn nur soweit fit bekommen, dass er geistig zurechnungsfähig ist und die Verhandlung bis zum Ende lebend übersteht. Dann kann er verklagt werden, dann kann unsere Regierung seinen Opfern Wiedergutmachungen zahlen. Dann können alle rehabilitiert werden und all diejenigen die seinetwegen leiden mussten, die haben dann offiziell die Bestätigung, dass England einem…Ding wie ihm…nicht verzeiht. Dass wir solche Denkweisen ablehnen und aufs Schärfste verurteilen. Wie würden wir denn vor der Welt aussehen, wenn wir ihn einfach aus dem Weg räumen würden? Das wäre ihm doch nur recht…kurz und schmerzlos. Aber das kann er vergessen.“
 

Helen nickte leidenschaftlich, ihre Brust wogte aufgeregt auf und ab, während sie immer schneller sprach. „WIR sorgen für Vergeltung, wir ermöglichen Wiedergutmachung. Wenn wir ihn offiziell verurteilt haben, dann helfen uns auch die anderen Länder auf der Welt, die Schäden, die er auf dieser Erde angerichtet hat, zu beheben. Dann wissen die Leute auch in hundert Jahren noch, dass er nichts weiter war als ein gemeingefährlicher Irrer. Punkt“

„Aber warum gilt er dann als tot, wenn er vor der ganzen Welt verurteilt werden soll?“ unterbrach Hermine Helens Vortrag.
 

Die Betten waren neu bezogen. Helen wandte nun ihre ganze Aufmerksamkeit an Hermine „Weil wir keinen Märtyrer aus ihm machen wollen. Er soll nicht die Chance haben, in irgendwelchen Zeitungen leidende Interviews zu geben oder bei irgendjemandem Mitgefühl zu erwecken, wenn sie seine klapperdürre Gestalt auf Photos sehen. So will es der neue Minister. Wir halten ihn geheim bis zum Prozess. Danach wird er, ebenfalls an einem geheimen Datum, hingerichtet. Wir wissen ja auch nicht, wie viele Todesser es noch gibt. Am Ende würden ein paar noch versuchen, ihn zu befreien. Besser niemand weiß im Moment von ihm.“

Stolz auf ihr Wissen klopfte Schwester Helen Hermine abermals auf die Schulter.
 

Hermines Blick fiel auf Frank und Alice. Helen schien sie gar nicht beachtet zu haben. Nach getaner Arbeit waren auch diese guten Patienten scheinbar nur noch Inventar für das Krankenhauspersonal. Fließbandarbeit. Um niemanden konnte man sich ausreichend kümmern. Helen war schon mit anderen Patienten beschäftigt, denen sie mit schnellen Handgriffen Salben auf grasgrüne Furunkel im Gesicht strich.
 

Nur ein Patient hatte im Krankenhaus eine ganze Schwester für sich alleine, ausgerechnet er, welch ein Hohn.
 

Helen hakte sich nach getaner Arbeit bei ihr ein, ohne die „Kinder“ weiter zu beachten und führte sie quer durch das ganze Krankenhaus in eine Art Caféteria. Dort bestellte sie für beide Tees und belegte Brötchen, während Hermine einen freien Tisch für zwei suchte.
 

Nachdenklich nippte Hermine an ihrem Tee. „Wissen Sie, was ich mich frage…er ist so…er schien mich gar nicht registriert zu haben. Wäre es vielleicht möglich, also, hat er vielleicht seit diesem Duell einen Hirnschaden?“

Helen lachte verächtlich auf. „Von wegen. Nein, der ist einfach nur bockig und beleidigt. Die Ärzte haben ihn oft genug untersucht. Da übrigens das gleiche Spiel. Reines Theater. Die Heilerin nannte das Stupor…alles Quatsch, wenn du mich fragst. Der hat keinen an der Klatsche…der ist nur zu stolz und zu faul, um uns zu beachten.“

Wütend biss Helen ihrem Brötchen den Kopf ab, immer noch kauend fuhr sie nach einer Weile fort. „Immerhin hat er auch die Infusionen raus gekriegt. Keiner weiß wie. Wir haben nie gesehen, wie er sich aus eigenem Antrieb auch nur einen Zentimeter bewegt hat. Aber sobald er aufwachte, waren die Dinger weg. Wir haben´s letzte Woche viermal versucht…VIERMAL. Jedes Mal, also sobald wir uns umgedreht haben…war alles weg. Und der lag genauso reglos da wie immer. Unheimlich…“
 

Auch Hermine schüttelte sich bei dem Gedanken daran, was Voldemort alles in ihrer Anwesenheit machen könnte ohne auch nur einen einzigen Finger zu krümmen.
 

Obwohl sie es gar nicht hören wollte, führte Helen ihre Unheilsprophezeiungen weiter aus. „Und ich sag dir, pass bloß auf. Ich hab Geschichten über den gehört. Würd mich nicht wundern, wenn der die Leute nur mit den Augen töten kann. Oder Astralwanderungen. So was kann der sicher…deswegen liegt der hier so dumm in der Gegend rum. In Wirklichkeit ist sein Geist aus sich hinausgegangen und er dreht an einem anderen Ort weiter oben unseren Patienten den Kopf rum, um sein Werk zu beenden.“ Helen klopfte so energisch auf den Tisch, dass sie Brötchen auf ihrem Teller zu tanzen brachte.
 

„Aber das soll er mal versuchen. Wir haben hier ständig Auroren im Haus seinetwegen. Die wechseln sich in einer vierundzwanzigstündigen Schicht ab. Genau…und wir sind da. Also Pflegepersonal und Heiler, und wir passen auch auf, dass der keinen Schaden mehr anrichtet. Gib dir bloß nicht zu viel Mühe mit dem…hat er nicht verdient.“ Helen presste die Lippen zusammen, ihre Augen wurden dunkel, sie schüttelte langsam, aber bestimmt den Kopf und fuhr mir viel dunklerer, fast hypnotischer Stimme fort „Das ist auch kein Mensch. Das ist nur ein böses Ding, dass wir in unserem Keller verstecken.“
 

Hermine nickte nachdenklich und biss ebenfalls von ihrem Brötchen ab. Nein, natürlich wurde sie den Gefangenen nicht als Menschen sehen. Da hatte Helen schon Recht, das war ein gefährlicher Fehler. Sie würde versuchen, ihn als das zu sehen, was er war…ein böses Ding ohne Seele, ohne Gefühle…der nichts als Schaden verdient hatte.
 

„Hat er denn schon jemanden angegriffen?“, wollte Hermine wissen, wieder spontan die Angst in ihr aufflammte, die sie schon vorhin, unten, in seinem Zimmer, gequält hatte.

Helen schüttelte den Kopf. „Nein, unheimlich, nicht? Liegt nur da und starrt herum.“ Hermine nickte, sie wusste genau, was Helen meinte. Wenn er wenigstens toben und wüten würde…dann wüsste sie, wovor sie Angst haben musste. So war er wie ein lauernder Schatten, eine unbekannte Bedrohung, die ihnen aufzulauern schien, nur um den passenden Moment abzupassen, in der sie alle erneut ins Unglück stürzen könnte.
 

xXx
 

Nachdenklich ging Hermine die Straßen von London entlang. Nun war es erst halb eins. Heute Abend wollten Ron, Harry und Ginny sie im tropfenden Kessel besuchen, um ihren ersten Arbeitstag zu feiern. Aber erst gegen siebzehn Uhr, sie gingen ja auch von einem normalen Arbeitstag aus. Was sollte sie nun mit der ganzen Zeit bis dahin anfangen?

Eigentlich war sie froh, ihre Freunde nicht um sich zu haben. Sie brauchte Zeit, um all dies setzen zu lassen und sich eine Ausrede auszudenken. Sie würde schon sagen müssen, dass sie nicht auf der normalen Station eingesetzt wurde. Vielleicht könnte sie ja auch ihren Freunden sagen, dass ihr Patient ein wichtiger Todesser war. Aber auch das würde Ärger verursachen.
 

Voller Trauer dachte Hermine an Fred, Tonks, Lupin und all die anderen, die sie durch IHN und seine Bande von Meuchelmördern verloren hatte. Wie würden sie reagieren wenn sie dächten, dass Hermine den Mörder von Fred aufpäppeln musste? Wohl immerhin nicht ganz so geschockt, wie wenn sie die Wahrheit erfuhren, wie der jungen Frau wehmütig klar wurde.
 

Hermine war kein Freund von Lügen und Heimlichkeiten, aber das, so spürte sie, würde ihre Freundschaft wohl zu sehr belasten.
 

Ein Begriff schwirrte ihr im Kopf herum. Schwester Helen hatte ihn erwähnt. „Stupor“. Kein Zauber, das musste eine Art Krankheit sein. Entschlossen betrat Hermine den Tropfenden Kessel, um in der Winkelgasse nach Büchern zu suchen.

Flourish & Blotts hatte geöffnet. Sicher würde man ihr hier ein Heiler- oder Pflegehandbuch verkaufen können. Sie musste es nachlesen. Überhaupt gab es sicher einiges Nützliches zu lernen.

Nein, sie glaubte nicht, dass Voldemort tatsächlich aus sich hinausgehen konnte, um seinen Astralleib zu neuen Morden auszusenden. Aber anscheinend hatten die Menschen in den letzten Jahren genug Grauen erlebt, um sich weitere und noch gruseligere Schauermärchen von Voldemorts Fähigkeiten zusammen reimen zu können. Aber wer wusste schon, zu was dieser Mann in der Lage war und zu was nicht.

Die Meinung der Heiler war trotzdem mindestens ebenso wichtig wie die von Schwester Helen, sie musste nachlesen, was Stupor bedeutete.
 

Eine Stunde später fühlte Hermine sich fast schon wieder heimelig. Sie hatte sich in einem Café in der Winkelgasse niedergelassen und war von neuen Büchern umkreist.

Es war ihr zu peinlich gewesen, nur nach diesem einem Begriff zu fragen, also hatte sie sich gleich das ganze Regal der neuesten Bücher gekauft die Flourish & Blotts aus dem Medizinbereich geliefert bekamen. Und auch gleich einige Bücher aus ähnlichen, psychologischen Regalen.
 

Zwei hohe Türme zu jeweils zehn Büchern ragten nun rechts und links neben ihr auf und nur Magie verhinderte es, dass Hermine unter einer riesen Wissenslawine begraben wurde, bevor sie ihr aktuelles Kapitel zu Ende gelesen hatte.
 

Sie müsste nun sparsam sein, ihre Eltern hatten ihr zwar Geld gegeben, aber dies war damit schon fast ausgebraucht und sie musste ja immer noch ihre Schulbücher für das nächste Jahr kaufen. Das Krankenhaus würde ihr ein wenig geben, aber eben nur ein wenig… freiwillige Helfer waren eben deshalb so beliebt, weil sie so gut wie umsonst waren.
 

Hermine seufzte und klappte das elfte Buch zu, legte es auf den linken Stapel und holte vom rechten Stapel das zwölfte Buch, das sie nun, seit sie hier saß, begonnen hatte. Ein Lexikon…warum eigentlich nicht? Tatsächlich fand sie unter S „Stupor“. Nachdenklich verrührte sie einen Löffel Zucker in ihrer nunmehr zwölften Tasse Tee.

Was sie da las gab ihr zu denken. Einiges, was da stand: Starre, psychische Fluchtreaktion, wach aber nicht erreichbar, das schien durchaus auf Voldemorts Zustand heute Mittag zuzutreffen. Und irgendwie passte es auch zu dem, was Harry gestern Abend noch gesagt hatte. Die Narbe würde ab und zu etwas kribbeln, aber er würde weder fremde Gedanken noch fremde Bilder erkennen können.
 

Das klang schon richtig. Theoretisch lebendig, aber psychisch vollkommen leblos. Ob ihn nach der Schlacht ein Dementor geküsst hatte? War das das Schicksal, das die Seelenlosen erwartete?
 

PAH! Hermine schlug mit einem verächtlichen Knurren zur nächsten Seite um. Von wegen…was würde ein Dementor von diesem Seelenkrüppel wollen. Vermutlich hatten sie IHN deswegen nie bedroht. Er hatte ja so gut wie keine Seele mehr, nichts, das sie hätten verschlingen können. Und wenn er wirklich den Kuss des Dementors bekommen hätte, dann hätte Helen doch bestimmt davon gewusst.
 

Sie wandte sich wieder ihrem Buch zu. Aber das was nun kam, das wollte einfach nicht passen. Schizophrenie…Voldemort mochte zweifellos ein Psychopath sein, aber er war auf eine andere Art verrückt als diese. Und extremer Zustand während schweren Depressionen? Selbst eine leichte Melancholie würde wesentlich mehr Gefühlsreichtum verlangen, als der dunkle Lord in seinem Leben je entwickelt hatte.
 

Aber hier…schwerer Schockzustand? Immerhin waren all seine Pläne zunichte, seine Anhänger tot, in Askaban oder sie verleugneten ihn…ob er davon wusste? Und selbst wenn, wie hatte er dann die Infusionen entfernen können? Nachdem, was sie nun erfahren hatte, konnte die betroffene Person den Stupor nicht einfach nach Belieben an- und ausschalten. Sie würde heute Abend Harry fragen müssen.
 

Mit einem unangenehmen Gefühl im Magen wurde auch dieses Buch zugeklappt. Sie musste sich eine Ausrede überlegen. Freiwillig würde ihr Harry bestimmt nicht offenbaren, was er über Voldemorts Gefühlsleben wusste. Aber vielleicht konnte sie es doch hinbekommen, dass er ein wenig mehr über seine Narbe erzählte.
 

Vielleicht würde das dann auch die Frage klären, ob der Mann, den sie nun so gut wie täglich sehen würde, sich nur verstellte und nach wie vor eine Bedrohung darstellte, oder sie sich tatsächlich ohne Angst und Panik in seine Nähe wagen konnte. Ohne täglich aufs Neue um ihr Leben fürchten zu müssen.



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