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In einer anderen Welt

TaixOC, Koumi, Takari
von

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Wie alles begann..

War es Falsch andere Menschen zu beobachten? Zu sehen, wie sie sich gegenüber anderen benahmen, wie sie ihren Mund beim reden bewegten, ob ihre Augen strahlten oder fahl waren? War es Falsch sich eine Geschichte zu jedem unbekannten Menschen zusammenzureimen, damit man einen Zusammenhang in ihren Worten, ihren Gesten und Mimiken sieht? War es Falsch das alles bei total fremden Personen zu tun, die man einfach so irgendwo draußen sah? Konnte man deswegen bestraft werden?

Denn genau das tat ich. Es machte mir Spaß.

Jeden Tag sah ich tausende neue Gesichter auf den Straßen und fragte mich bei vielen, was ihre Geschichte sein möge. Dann blieben sie stehen, schauten sich traurig um, blickten aufgeregt in ein Schaufenster und begrüßten jemanden, der vorbeilief.

Es war nicht so, dass ich nichts zu tun hatte, schließlich ging ich zur Schule und machte meine Schulaufgaben. Doch die Menschen zogen mich magisch an. Ich hatte meine Hausaufgaben fertig, zog meine Winterjacke an und ging nach draußen in die kalte Luft. Und dort waren sie meistens schon. Meine Geschichtenerzähler.

Sie wussten nichts von meinen Theorien über ihr Leben, genauso wenig wie ich wusste, ob ich mit eben diesen richtig oder falsch lag. Leute sprachen mich nicht oft an und ich tat es genauso wenig. In der Schule tat ich alles, was gute Noten benötigten, doch ich war nicht in der Lage mit meinen Mitschülern zu reden. Ich wusste nicht genau, woran das lag, aber es war nun mal so.

Einen offenen Menschen konnte man mich nicht grade nennen.

Meine Familie bestand aus meiner Mutter, meinem Vater und meiner großen Schwester, die allerdings schon ausgezogen war. Davon konnte ich mit frischen 16 Jahren nur träumen.

Meine Eltern waren sehr selten nur zu Hause, deswegen versuchte ich mit allen Mitteln meine Noten aufrecht zu erhalten, damit sie wenigstens wegen einer Sache stolz auf mich sein konnten. Es gab nie Worte des Sorgens, der Liebe oder Freude für mich. Meistens nur eine gehetzte Begrüßung und ein lautes Türknallen.

Und genau deswegen hatte ich mir ein Hobby gesucht. Mir die Lebensgeschichte der Menschen überlegen, den ich begegnete.

Heute war mal wieder einer dieser Tage, an dem meine Laune noch tiefer gesunken war, als ein gekentertes Schiff. Mit einem dicken Wollschal um den Hals stapfte ich durch die eisige Kälte. Ich suchte mir interessante Erzähler. An so einem Tag standen mir nicht grade viele zur Verfügung.

Im Park saßen nur eine alte Dame, ein älterer Mann mit einer Zeitung und ein Junge und ein Mädchen. Der Junge saß auf einem der Steinhocker, auf dem ein Kissen lag. Das Mädchen saß auf dem daneben stehenden Stuhl und schaute auf den Laptop, dass auf dem Schoss des Jungen ruhte. Er hatte rotbraune Haare und ziemlich dunkle Augen. Er trug eine getrübt orange-farbige, dicke Jacke und seine Finger rasten nur so über die Tastatur des Gerätes auf seinen Knien. Das Mädchen hatte kleine, goldene Sternchen in den rosanen Haaren und auf ihrem Kopf saß eine weiße Wollmütze. Sie vergrub ihr Kinn tief in ihrem ebenfalls weißen Schal und ihre seltsam ocker- farbigen Augen huschten bewundernd von dem Bildschirm zu dem Jungen und wieder zurück.

Ein Glitzern ihrer Augen verriet sie. Wie lange war sie schon in diesen Jungen verliebt? Wusste er von ihren Gefühlen? Waren sie vielleicht ein Paar?

Der Junge schaute das Mädchen aus den Augenwinkeln her an, bekam rote Wangen und wandte den Blick wieder auf den Laptop.

Ich lächelte. Sie würden ein süßes Paar hergeben. Ich selber war einem Menschen noch nie so nah gekommen. Ich weiß nicht, ob es nur an mir lag oder auch an den anderen, doch ich war überhaupt keinem Menschen jemals richtig Nahe gekommen.

Dabei wusste ich, dass ich den Wunsch nach dieser Art von Nähe tief in meinem Herzen verschlossen hatte, damit ich nicht irgendwann umkommen würde vor Kummer. Was, wenn das Ausdenken von Lebensgeschichten irgendwann nicht mehr reichen würde?

Ich schüttelte den Kopf leicht.

Weg mit diesen Gedanken. Ich kam bis jetzt doch auch ganz gut klar.

Ich hörte erfreute Ausrufe und schenkte meine Aufmerksamkeit wieder dem Jungen und dem Mädchen. Ein weiteres Mädchen mit zwei Jungen im Schlepptau war zu ihnen gekommen und hüpfte mit dem Anderen in die Luft, während sie Händchen hielten. Die beiden Jungen schauten sie nur an und lächelten.

Einer der beiden war blond, sah ziemlich gut aus und war bekannt als Leadsänger der Teenage Wolves. Yamato Ishida, wenn ich mich nicht ganz irrte. Sie hatten einige gute Lieder, doch als Fan würde ich mich nicht bezeichnen, wenn ich diese ganzen kreischenden Mädchen sah, die immer auf den Konzerten waren. Yamato sah den Jungen neben sich an und grinste. Der erwiderte die Geste, sie verschwand jedoch komplett, nachdem Yamato sich wieder weggedreht hatte. Der andere Junge hatte braune Wahnsinns- Haare. Sie sahen von dieser Entfernung schon weich aus. Und seine Augen…nun ja, die waren getrübt. Aus welchem Grund, wusste ich nicht, doch nach dem sehnsüchtigen Blick zu urteilen, den er dem Mädchen zuwarf, das mit ihm gekommen war, hatte sie etwas damit zu tun.

Wäre er nicht aus einem mir undefinierbaren Grund niedergeschlagen…würden seine Augen ehrlich lächeln…

Gott, dieser Junge hatte Augen mit einem Wow- Effekt. Und das sogar mit diesem trüben Schleier.

Noch nie hatte ich einen so sympathischen Menschen gesehen und ich spürte das Verlangen, seine Lebensgeschichte von ihm zu hören und nicht mich mit spekulierten Theorien zufrieden zu geben. Was hatte es mit dem orange-haarigen Mädchen auf sich, das immer noch an den Händen der anderen, mit den rosanen Haaren, klebte.

Ich schüttelte meinen Kopf abermals, dieses Mal kräftiger.

Das war Tabu-Gebiet für mich. Ich wollte mich in Angelegenheiten einmischen, die mich überhaupt nichts angingen! Sonst war mir das Zusammenreimen auch immer genug gewesen, doch bei diesem Jungen…

Sein Kopf drehte sich etwas und ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Ich brachte ein kleines Lächeln zu Stande und wandte mich mit hochrotem Kopf ab.

Verdammt, war das peinlich! Er hatte gesehen, wie ich total gebannt auf ihn und seine Freunde gestarrt hatte!

Hinter einem allein stehenden Baum blieb ich stehen, lehnte mich an ihn und schloss die Augen.

Kälte drang durch meine Jacke. Dieser Baumstamm musste auch fürchterlich frieren.

Ich ließ mich an ihm hinunter gleiten und zog meine Jacke so weit runter, bis ich nicht mehr auf dem vereisten Rasen saß.

Ich seufzte lautlos. Nur eine Wolke aus weißem Atem verließ meinen Mund.

„Hallo.“

Erschrocken riss ich meine Augen wieder auf und ich schaute direkt in die Augen mit einem unverwechselbaren Wow- Effekt .

Der brünette Junge hockte einige Zentimeter vor mir und hatte die Hände, in warme Handschuhe gepackt, auf seinen Knien liegen.

„Hallo“, erwiderte ich tonlos.

Schreck…lass…nach.

Dafür bekam ich ein Grinsen geschenkt.

„Ich hab dich doch schon mal gesehen“, meinte er und seine Augen erhellten sich etwas.

„Ach ja?“, erwiderte ich mit misstrauischem Unterton.

Tokio ist groß, er konnte genauso gut auch irgendein anderes Mädchen gesehen haben.

„Ja, auch in diesem Park“, schmunzelte er und fixierte meine Augen immer noch mit seinem Blick. „Na ja, du bist auch nicht schwer zu übersehen.“

Er lachte leise auf.

Ich hob eine Augenbraue. War er nur von seinen Freunden weggegangen, um mir zu sagen, dass er mich schon mal gesehen hatte?

Wenn seine letzte Aussage eine Anspielung auf meine Haare sein sollte…

Er schaute nun auf meine Haare, mit leicht geöffnetem Mund und nahm abwesend eine Strähne in seine Hand.

Ich zuckte zurück, wollte protestieren, ließ es aber schließlich doch. Der Grund dafür war mit schleierhaft.

„Unglaublich“, flüsterte er und starrte auf die feuerroten Strähnen zwischen seinen Fingern und wand die hand, um zu sehen, ob sie von der anderen Seite anders aussahen.

Rote Haare waren in Japan nicht besonders weit verbreitet, und ich hatte meine immer gehasst. Und wenn ich eine Mütze aufsetzen würde, wären sie total platt und die Locken sähen noch schrecklicher aus, als ich sie schon fand.

Und die ganze Zeit, während der Junge meine Haare begutachtete, schaffte ich nicht, meinen Blick von seinen Augen zu wenden.

Sie waren einfach…wow…

Ich schnippste vor seinem Gesicht mit dem Finger und lächelte leicht, als er zurückschreckte und seine Hand aus meinem Haar entfernte.

„’Tschuldige“, entschuldigte er sich und bei seinem Anblick konnte ich nicht anders, als zu Kichern.

Er sah aus wie ein begossener Pudel, total fassungslos und die Scham stieg rot in seinen Wangen auf.

„Ich bin Moe“, stellte ich mich vor, wusste jedoch nicht, ob ich ihm die Hand entgegen strecken sollte oder es dabei belassen sollte.

Ich entschied mich dagegen.

Der Junge grinste. „Tai, Taichi Yagami.“

Tai…

Ja, der Name passte zu ihm. In Gedanken gratulierte ich seinen Eltern ihm diesen Namen ausgesucht zu haben.

Er hievte sich mit einem Keuchen hoch, zog seine Jacke hinten weit nach hinten, wie ich es getan hatte, und setzte sich mit einem weiteren Keuchen neben mich.

„Ah, ich werde alt“, sagte er leise und drückte einmal die Knie durch.

Ich wusste nicht genau, was ich dazu sagen sollte, lächelte deswegen nur.

„Musst du nicht zu deinen Freunden zurück?“, fragte ich schließlich und warf einen kurzen Blick über Tai’ s Schulter zu den Jugendlichen, die um die Steinhocker standen.

„Worauf wir zu dem anderen Grund kommen, weswegen ich hierher bin“, erwiderte er und warf einen raschen Blick über die Schulter und sah dann wieder mich an. „Du hast uns beobachtet.“

Ein Grinsen zierte seinen Mund.

Ich spürte Hitze in meinen Kopf steigen.

Oh, Gott, war das peinlich! Wieso musste er mich auch gesehen haben?

Ich schüttelte hastig den Kopf, öffnete den Mund, doch kein einziger Ton kam heraus.

Mein Anblick musste ziemlich witzig gewesen sein, denn Tai lachte auf legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter.

„Keine Sorgen, Moe“, kicherte er immer noch. „Solange du kein Doppelagent oder so was bist, ist es nicht so schlimm.“

Ich lächelte dankbar, doch sein Blick wurde leicht ängstlich.

„Bist du doch nicht, oder?“, fügte er kleinlaut hinzu.

Ungläubig schaute ich ihn an. Und…lachte. So…so richtig. Ich lachte.

Ein Junge, den ich grade mal fünf Minuten kannte, hatte mich zum Lachen gebracht. Es war seltsam mich Lachen zu hören. Passte es zu mir?

„Frierst du nicht?“, holte Tai’ s Stimme mich aus meiner Trance und rieb sich die Oberarme.

Jetzt, wo er mich darauf ansprach, ich hatte tatsächlich Gänsehaut und mir fuhren ununterbrochen Schauer den Rücken hinauf und hinunter.

„Tatsächlich“, murmelte ich und Tai’ s Augen sahen mich unverständlich an.

Ich schüttelte nur lächelnd den Kopf und pustete Luft in meine Handschuhlosen Hände.

„Das nehme ich als ‚Ja’“, schmunzelte Tai. „Wie wärs wenn ich dich auf einen Kaffee einlade?“

Ich schaute ihn überrascht an und spürte, wie meine Wangen warm wurden.

„Aber deine Freunde…“

„Ach ja“, unterbrach er mich leise.

Er grinste mich aufmunternd an, erhob sich und hielt mir seine Hand entgegen, um mir aufzuhelfen.

Er klärte mich auf: „Wir gehen einfach zusammen hin, stellen dich vor und verschwinden von da.“

Ich kicherte wieder.

Mann, was war denn nur los mit mir?

Ich nahm seine Hand und er zog mich hoch. Er ließ sie sofort wieder los und wir gingen gemeinsam zu den Steinhockern. Mit jedem Schritt, den wir seinen Freunden näher kamen, würde ich nervöser. Ich hatte noch nie mit so vielen Menschen gleichzeitig reden müssen. Sie würden mich alle ansehen!

Tai lief einwenig vor, war schon bei ihnen angekommen und ich ging langsamen Schrittes hinterher und blieb schließlich mit mulmigem Gefühl stehen. Ich ließ meinen Blick gesenkt und spürte wieder Hitze auf meinem Gesicht.

„Wen hast du denn da?“, hörte ich die Stimme des Leadsängers fragen.

Ich wagte meinen Blick wieder zu heben. Eine riesige Gruppe Jugendlicher hatte sich um uns versammelt und starrten mich an, als wäre ich eine seltsame Attraktion in einem Zirkus.

„Das ist Moe“, antwortete Tai und ich konnte sein Grinsen förmlich hören . „Leute, sagt ‚Hallo’ zu Moe.“

Ich hatte erwartet, dass alle gleichzeitig ein lautes ‚Hallo’ rufen würden, doch ich hatte mich geirrt. Jeder kam einzeln zu mir, stellte sich vor und begrüßte mich.

Angefangen mit dem einen Mädchen, dass ich zuerst gesehen hatte. Die mit den rosa- farbigen Haaren.

Sie nahm eine meiner Hände in ihre beiden und schaute mich strahlend an.

„Hallo Moe“, begrüßte sie mich warm. „Ich bin Mimi. Ich freu mich, dass du zu uns kommst.“

Mimi, die war ein offener Mensch. Ich lächelte.

Das andere Mädchen, das Tai einmal so traurig angesehen hatte, rückte Mimi ein wenig zur Seite und lächelte mich ebenfalls an.

„Ich bin Sora“, stellte sie sich vor. „Hoffentlich fühlst du dich wohl bei uns.“

Ich hob eine Augenbraue, lächelte aber trotzdem.

„Und das“, fuhr Sora strahlend fort und zog Yamato am Arm zwischen sich und Mimi. „Das ist…“

„Yamato Ishida“, sagte ich leise und wurde rot.

Auf ihre fragenden Blicke antwortete ich nur: „Ich kenne deine Band.“

Ich warf ihm ein scheues Lächeln zu und er grinste zurück.

„Nenn mich Matt“, bot er mir an.

Der Junge mit den rotbraunen Haaren zwängte sich zwischen Matt und Mimi hindurch und flog beinahe auf mich zu, nachdem er zwischen ihnen hergekommen war. Kurz vor mir blieb er stehen und ich trat erschrocken einen Schritt zurück.

„Koushiro Izumi“, murmelte er und verbeugte sich. Ich lächelte.

„Hi“, sagte ich in die Runde, spürte alle Blicke auf mir und senkte verlegen den Blick.

„Huh?“, hörte ich Tai’ s Stimme neben mir. „Wo sind die anderen denn alle?“

Verwundert hob ich den Kopf und begegnete seinem Blick. Von denen gab es noch mehr ? Nicht, dass ich sie nicht nett fand, aber sie waren schon so viele.

„Hikari und Takeru haben ohne Grund abgesagt, aber sie hörten sich ziemlich verdächtig an“, meinte Mimi und zwinkerte.

Matt und Tai sahen sich an und schnaubten leise.

„Das ist bestimmt nicht das, was du denkst, das es ist“, erwiderte Tai und schob die Unterlippe hervor.

Ich kicherte leise und zog damit einige Blicke auf mich, dazugehörig Tai, der mich plötzlich anstrahlte.

„Wann siehst du endlich ein, dass du und Matt irgendwann verwandt seid?“, fragte Sora in neckendem Ton und lachte.

So, so. Hikari und Takeru waren also Geschwister von Matt und Tai. Interessant. Aber wer gehörte zu wem?

Matt schnaubte. „Und was ist mit Joey?“

„Der lernt“, antwortete dieses Mal Koushiro.

Er zwängte sich wieder zwischen Matt und Mimi durch, um zu seinem Laptop zu gelangen. Mimi schaute ihm kurz nach, wandte den Blick aber schnell wieder zu mir. Sie lächelte.

Tai erhob schon die Stimme, als Sora ihn unterbrach: „Frag nicht wo die anderen stecken, wir haben nämlich keine Ahnung.“

Er nickte. „Ich wollte euch auch nur Moe vorstellen und Bescheid sagen, dass wir in ein Café gehen, um etwas wärmer zu werden.“

Matt grinste plötzlich breit und hob beide Augenbrauen.

„So?“, hakte er nach und kicherte kindisch. „Tai hat ein Date.“

Ich wurde rot. Nein, hatte er nicht. Hatten wir nicht!

Tai verdrehte nur die Augen.

„Bis später“, schmunzelte er und zog mich an der Hand hinter sich her.

„Das ist also Tai’ s neue Flamme“, hörte ich noch leise Mimi kichern.

Tai’ s neue Flamme? Wechselte er seine Freundinnen öfter? Nicht, dass mich das wirklich was anging oder gar interessierte…nur…

„Ich kenn da so ein super Café“, sagte Tai auf einmal, wandte sein Gesicht mir zu und lächelte.

„Dann lass uns da hin gehen“, schmunzelte ich.

Er ließ meine Hand los und wir gingen eilig durch die schneidende Kälte, um zu dem warmen Café zu gelangen. Tai war schon ein seltsamer Typ, ging einfach mit einem wildfremden Mädchen in ein Café, um einen Kaffee zu trinken. Hört sich ein bisschen nach einem Blind Date an, aber ich denke nicht, dass man es direkt so nennen konnte.

Nach einer Ewigkeit, wie mir schien, kamen wir endlich ein diesem Laden an und gingen hinein. Wärme kam mir freudig entgegen und meine Hände, Ohren und Wangen fingen an schmerzlich heiß zu brennen.

Tai führte uns zu einem kleinen, runden Tisch in einer nicht ganz so besiedelten Ecke.

Ziemlich viele Menschen waren hier, saßen an den runden Tischen lachten, einige schauten eher ernst und andere diskutierten hitzig. Ein Paradies für alle, die gerne Lebensgeschichten ausdachten. Vielleicht sollte ich mal hierher kommen, anstatt draußen durch die Kälte zu laufen?

„Setz dich doch“, forderte Tai mich lachend auf und mir fiel wieder ein, wieso ich überhaupt hier war und ich setzte mich mit roten Wangen dem braunhaarigen Jungen gegenüber.

Er winkte eine Kellnerin her, die dann auch sofort kam, nachdem sie ihn erblickt hatte.

„Hey“, begrüßte sie ihn.

Mir fielen ihre rosanen Wangen auf, der anzüglichere Blick und schon war klar, dass sie Tai…nun ja…heiß fand. Wenn man das so sagen konnte.

„So wie immer?“, fragte sie und schrieb schon fast etwas auf ihren kleinen Block, als Tai sie aufhielt.

„Ähm, eigentlich…“ Er schaute mich fragend an.

„Einen Kaffee für mich“, sagte ich, an die Kellnerin gewand.

Sie nickte nur kurz und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Tai.

„Und du?“, erkundigte sie sich.

„Auch einen Kaffee und dazu noch zwei Stücke von dem leckeren Schokoladenkuchen, den Sie mir letztes Mal gebracht haben.“

Er lächelte sie an und ihre Mundwinkel hoben sich als Antwort. Sie zwinkerte ihm einmal zu und verschwand.

Ich schaute ihn mit gehobener Augenbraue an. Sie flirtete mit ihm. Und das anscheinend schon länger. Vielleicht war sie seine Freundin? Aber meinen Beobachtungen nach, empfand er etwas für Sora. Hatte ich seinen Blick falsch gedeutet?

Wussten seine Freunde denn, dass er mit dieser Kellnerin zusammen war?

Sie war schon hübsch gewesen. Vielleicht 18 Jahre oder jünger, hellbraune, schulterlange Haare und dunkelgrüne Augen.

Stand Tai auf so etwas?

Ich sah ihn an. Sein Blick war auf die Speisekarte gerichtet und ein grüblerischer Ausdruck lag in seinen Augen.

„Hey…Tai.“

Sein Kopf hob sich und er sah mich fragend an.

„Kennst du diese Kellnerin schon länger?“ Es war mir etwas peinlich so persönliche Fragen zu stellen, weil mich das eigentlich überhaupt nichts anging, aber ich konnte es mir einfach nicht verkneifen. Ich war zu neugierig.

Und alles was Tai tat war…lachen.

Ich sah ihn mit großen Augen an. Lachte er mich aus?

„Nein, nein“, antwortete er nach einer Weile mit bebenden Schultern und breitem Grinsen. „Ich war schon öfter hier und seltsamerweise kommt immer die gleiche Kellnerin. Ich denke mal, sie hat sich einfach gemerkt, was ich immer nehme.“

Dann wurde sein Ton neckend und seine Augenbrauen hoben sich in einer spöttischen Art und Weise. „Wieso denn, Moe? Bist du eifersüchtig?“

Meine Augen weiteten sich geschockt und meine Kinnlade klappte etwas runter. Meine Wangen wurden rot.

Wie ich es hasste, dass mir immer das Blut in die Wangen schoss, wenn mir etwas peinlich war! Das war eine verdammt schlechte Angewohnheit.

„Nein, bin ich nicht“, erwiderte ich leise und senkte beschämt den Blick.

Tai schmunzelte. „Keine Angst, du hast noch eine Chance.“

Neckend zwinkerte er mir zu.

Ich antwortete viel schneller, als mein Gehirn überhaupt arbeiten konnte: „Na, Gott sei Dank!“, und lachte.

Als ich realisierte, was ich gesagt und getan hatte wurde ich wieder rot. Tai lachte nur. Er schaute zur Seite und lächelte die uns entgegenkommende Kellnerin an.

An unserem Tisch angelangt nahm sie einen Kaffee vom Tablett, stellte ihn vor mir hin, mein dankbares Lächeln übersehend, und wandte sich Tai zu, um ihm seine Bestellung zu geben.

„Ehm, vielen Dank…“ Er schaute auf ihr Namenschild. „…Haruhi.“ Ein weiteres Lächeln.

Mensch, dieser Junge schmiss mit Smiley’ s um sich, als wären seine Mundwinkel dort oben festgenagelt.

Haruhi wurde leicht rosa um die Nase und schenkte Tai ein strahlendes Lächeln, zwinkerte wieder und ging zu einem anderen Kunden.

Tai schob einen der Teller, mit riesigen Schokokuchen drauf, mir zu.

Überrascht sah ich ihn an.

„Ich lade dich ein“, sagte er und legte seinen Kopf kaum merklich schief.

Aha! Ich hatte soeben seine Schokoladenseite entdeckt. Hätte die Kellnerin ihn so gesehen, dann hätte sie ihm bestimmt ihre Nummer untergeschoben.

Es war ein toller Nachmittag im warmen Café im Zentrum der Stadt. Tai und ich blieben lange dort sitzen, bestellten uns immer wieder was zu trinken und redeten. Wir redeten über alles, über Schule, Musik, die wir mochten. Tai lachte, als ich sagte, dass ich Teenage Wolves mochte und neckte mich damit, dass ich den Leadsänger jetzt ja kannte und das natürlich nur dank ihm.

Als wir wieder hinaus gingen und uns kalter, schneidender Wind begrüßte, war es stockdunkel draußen. Laternen gaben noch ein wenig Licht, besonders in der Innenstadt, doch es wurden immer weniger, je weiter man aus dem Zentrum raus kam.

Tai bestand darauf mich nach Hause zu bringen, wie ein richtiger Gentleman es tun musste, hatte er gesagt. Ich wollte eigentlich nicht, dass er wusste, wo ich wohnte. Nicht, dass mir unsere Wohnung irgendwie peinlich war, aber es war mir etwas unangenehm. Zu dem waren meine Eltern vielleicht schon zu Hause, doch ich machte mir nicht allzu große Hoffungen. Manchmal kamen sie mitten in der Nacht.

Ich nahm seine Einladung trotzdem an und wir gingen kichernd den Weg zu dem großen Häuserblock, in dem ich lebte. Tai meinte, er wohne auch in so einem Gebäude und in so einer Wohnung.

Er begleitete mich noch bis zu unserer Wohnungstür. Davor blieben wir stehen und er grinste mich an.

„Warte nicht darauf, dass ich frage, ob du mit rein willst“, ärgerte ich ihn und streckte die Zunge raus.

Er schob die Unterlippe hervor und gab mir einen Vorgeschmack auf ein schmollendes Gesicht á la Tai.

„Dann eben nicht“, schmollte er immer noch, grinste aber sofort wieder und hob selbstbewusst den Kopf. „Dafür musst du aber noch mal für mich Zeit haben.“

Etwas erstaunt erwiderte ich seinen Blick. Es war sehr schmeichelnd für mich, dass so ein witziger und netter Junge sich noch mal mit mir treffen wollte. Doch ein kleiner Zweifel blieb.

„Kann man das als Date sehen?“, fragte ich leise und wurde zum zehntausendsten Mal an diesem Tag rot.

Tai lachte auf. „Nein, keine Angst. Wenn wir unter Menschen gehen, dann wird das wohl niemand als Date sehen.“

Er kicherte immer noch. Ich lächelte leicht und nickte.

„Ich muss zwar in meinen Terminkalender gucken, aber ich denke, ich kann dich noch dazwischen quetschen.“ Besonders, weil die blanken Seiten meines Kalenders auf einen beschäftigen Menschen wiesen.

„Klasse“, strahlte Tai, winkte zum Abschied und ging den Gang hinunter zum Aufzug.

Ich winkte ihm nach, sah etwas zu, wie er wegging und öffnete schließlich die Haustür.

Der Flur war leer und es herrschte drückende Dunkelheit in allen Räumen.

Sie waren nicht da. Wie erwartet. Kamen sie denn überhaupt irgendwann nach Hause, außer zum Schlafen? Nicht mal zum Essen kamen sie, sondern gingen immer mit Kollegen weg.

Ich seufzte und knipste das Licht an, zog mir die Schuhe aus und tapste mit Eisblöcken als Füße den Gang entlang zum angrenzenden Wohnzimmer. Es sah alles aus, wie ich es verlassen hatte, nicht hatte sich geändert.

Die Zeitschrift, durch die meine Mutter heute Morgen hastig geblättert hatte, lag immer noch auf dem Couchtisch. Genau bei der Seite aufgeschlagen, die sie so lange angesehen hatte, bis es draußen hupte und ihre Fahrgemeinschaft angekommen war. Es war ein Bericht über Jugendliche. Wie sie sich verhielten, was sie in ihrer Freizeit taten, was das Wichtigste für sie war, was sie am Liebsten taten, Sportarten, die Jungs mochten, beliebte Stars, Schminke und noch vieles mehr.

Ich schaute mir die Frau an, die auf der Make-up- Seite abgebildet war. Sie war vielleicht Zwanzig, hatte aber ein jugendliches Äußeres und Tonnen von Schminke im Gesicht. So was mochten Jugendliche? Ich selber würde mich nicht dazu zählen. Ich schminkte mich auch, wie jedes Mädchen in einem bestimmten Alter es tat, doch ich benutzte nicht viel.

Als ich das Magazin in die Hand nahm und mir den Artikel näher ansah merkte ich, dass ich keine Ahnung hatte, was die Jugend mochte oder wie sie sich anzogen oder schminkten.

Ich beobachtete zwar jeden Tag Menschen, ihre Verhaltensweisen, doch ich achtete nie auf ihre Klamotten, sondern eher auf Gesten, Gesichtsausdrücke.

Ich ließ die Zeitschrift wieder auf den Tisch fallen, ging in die Küche und nahm mir einen Apfel und eine kleine Wasserflasche aus Plastik aus dem Kühlschrank. Ich legte sie auf den Couchtisch im Wohnzimmer, eilte schnell in meine eigenen vier Wände und zwängte mich aus den eiskalten Klamotten, um einen riesigen Rollkragenpullover und eine Jogginghose anzuziehen. Beim Hinausgehen schnappte ich mir noch mein Lieblingsbuch, stellte die Musikanlage an und ließ mich auf das weiche Sofa fallen.

Ich seufzte ein weiteres Mal.

Selbst mit Musik war es so verdammt still in dieser Wohnung. Ächzend drehte ich mich auf den Bauch, nahm den Apfel vom Tisch und schlug das Buch irgendwo in der Mitte auf.

Es war ein etwas Älteres schon von einem Autor, der schon lange tot war, doch es war mein Liebstes und ich hatte es bestimmt schon tausend Mal gelesen.

Ich weiß nicht genau, wie lange ich auf dem Sofa lag und las, doch irgendwann wurden meine Augenlider schwer und ich schaute träge auf die Uhr über dem Fernseher. Es war grade mal halb Zehn. War es schon lange her, dass Tai mich hier abgesetzt hatte?

Kam mir jedenfalls nicht so vor.

Ein Gähnen entwischte meinem Mund und meine Arme streckten sich wie von selbst. Ich schaute zu der Terrassentür. Die ganze Wand dort war aus Glas und ich konnte ohne Probleme unzählige Sterne leuchten sehen. Ein Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht. Ich liebte Sterne.

Mit einem Stöhnen setzte ich mich auf und trat mit steifen Gliedern auf die Terrasse und lehnte mich an das Gitter.

Uh, kälter, als ich gedacht hätte.

Ich schlang die Arme um meinen Körper und schaute in den Himmel. Die Sterne leuchteten so schön. Oft, wenn ich draußen stand und in den Himmel sah, dachte ich darüber nach, ob es irgendwo noch eine andere Welt gab. Jedes Mal kam ich zu dem Schluss, dass es so etwas geben musste . Doch dann, wenn ich in den trägen Alltag hinauskam, dann verblasste die Hoffnung auf eine andere Welt immer mehr.

An diesem Abend jedoch war etwas anders. Mein Alltag bestand meistens aus Allein sein. Niemand war da, ich fand keinen Anschluss in der Schule und lief alleine durch die Stadt. Doch heute…da war Tai…und er wollte mich sogar wieder sehen! Irgendetwas hatte er in mir geändert, denn am nächsten Morgen war die Hoffnung auf eine andere Welt immer noch da.

Der Wecker klingelte wie jeden Morgen laut und schrill und ich schlug einmal stöhnend auf den riesigen roten Knopf und erhob mich träge aus dem warmen Bett. Beim Anziehen meiner Schuluniform, bemerkte ich eine seltsame Erhebung in der Tasche meines Rockes. Zuerst dachte ich, ich hätte meine Schlüssel stecken gelassen, doch ich hatte gestern Abend schließlich die Tür noch aufgeschlossen, also konnte ich den Schlüssel schon mal nicht dort drin vergessen haben.

Ich wusste nicht wieso, doch mein Herz klopfte laut, als ich meine Hand in die Tasche steckte und ein kleines gerät umfasste. Ich holte es raus und betrachtete es mit gerunzelter Stirn. So etwas besaß ich nicht, ich wüsste auch nicht, wieso ich für so ein komisches Teil Geld ausgeben sollte oder geschweige denn, was es überhaupt tun konnte. Ich konnte das Ding nicht einmal richtig beschreiben, es war klein, passte perfekt in meine Hand und es war hellgrau. Ich hatte das Gefühl, dass diese Gerätschaft wichtig sein könnte, konnte mir aber nicht vorstellen, wofür es gut war. Es sah etwas aus wie ein Tamagochi, diese kleinen Dinger, in denen man immer Tiere füttern musste, damit sie nicht ausstarben und die aus einem Ei schlüpfen mussten. Und tatsächlich!

Nachdem ich auf einen der kleinen Knöpfe gedrückt hatte erschien ein gestreiftes Ei auf dem Bildschirm. Hatte ich den Tamagochi von jemandem versehentlich eingesteckt?

Aber ich war doch mit niemandem in Berührung gekommen! Außer…mit Tai…

Nun ja, dann musste ich ihn wohl irgendwie finden und fragen, auch wenn ich überhaupt keine Anhaltspunkte hatte. Keine Telefonnummer, keine Schule, keine Adresse…

Obwohl…er sagte, dass er in so einem Gebäude wohnen würde, wie ich. Davon gab es ja nur…um die 200 in Tokio, aber sonst.

Ich seufzte und schaute das Ding in meiner Hand an. Das Ei hüpfte leicht hoch und runter. Ich musste den braunhaarigen Jungen wohl suchen. Ich konnte auch einfach bei einer anderen Oberschule fragen, ob dort ein Tai war. Wie hoch war wohl die Wahrscheinlichkeit, dass es mehrere Jungen mit dem Namen ‚Tai’ auf einer Schule gab?

Ich seufzte erneut, zog mir die schulpflichtige Strickjacke über und ging auf den Flur hinaus, nur um wieder von der endlosen Stille begrüßt zu werden.

Waren meine Eltern über Nacht überhaupt zu Hause gewesen? Nichts hatte sich verändert, nicht ein Stück, seit ich gestern Abend zu Bett gegangen war. Hatten sie jetzt vor, mir die Wohnung komplett zu überlassen, oder wie?

Alle fünf Sekunden seufzend bereitete ich mir etwas Essbares für die Schule vor und frühstückte hastig, bevor ich aus der Wohnung lief, die Tür abschloss und den Weg zum Schulgebäude einschlug.

Der Schultag ging recht schnell vorbei und ich war froh endlich aus diesem kleinen Gefängnis ausbrechen zu können. Mir war während Mathe eingefallen, dass Tai sich mit Nachnamen vorgestellt hatte, deswegen eilte ich nach der Schule sofort in eine Telefonzelle und schlug das dort liegende Telefonbuch bei ‚Y’ auf. Ich fuhr mit dem Zeigefinger die vielen Namen entlang, bis ich es endlich fand. Yagami!

Ich kramte in meiner Tasche nach Kleingeld, steckte sie hastig in den kleinen Schlitz und wählte die dort stehende Nummer. Ich betete, dass es die richtige Nummer war und verkreuzte dabei Zeige- und Mittelfinger.

Es klingelte zwei Mal, dann wurde der Hörer abgenommen.

„Hikari Yagami“, meldete sich die junge Stimme auf der anderen Leitung.

Dann war diese Hikari also die Schwester von Tai und Takeru der Bruder von Matt. Interessant.

„Ehm, hallo. Hier ist Moe, eine Freundin von Tai. Ist er zufällig da?“ Ich spürte wieder Hitze in mein Gesicht steigen und fluchte leise.

Die Stimme seiner Schwester klang etwas überrascht. „Nein, er ist noch nicht da. Soll ich ihm was ausrichten?“

„Nein, nein“, antwortete ich schnell. „Kannst du mir…ehm, vielleicht sagen, welche Farbe seine Schuluniform hat?“

Beschämt kniff ich die Augen zusammen und versuchte die Röte, die sich jetzt auf meinen Wangen verbreitete, zurückzuhalten.

„Ja“, kicherte das Mädchen. „Sie ist grün.“

„D-Danke“, murmelte ich. „Wiedersehen.“

„Tschüss.“ Das Lächeln war immer noch aus ihrer Stimme heraus zu hören.

Ich hängte den Hörer auf die Gabel, packte mein Zeug zusammen und eilte aus der Telefonzelle, wobei ich beinahe einen alten Mann umgelaufen hätte.

Ich murmelte eine leise Entschuldigung und hetzte weiter. Wenigstens wusste ich jetzt, auf welcher Schule er war. Gut, dass die Schuluniformen in dieser Stadt alle verschiedene Farben hatten, sonst hätte ich ihn vielleicht niemals gefunden. Okay, dass war vielleicht etwas übertrieben.

An der Schule angekommen sah ich, wie hunderte von Schülern durch das Tor gingen, dich unterhielten, mit Fußbällen auf dem Kopf balancierten und viel lachten. Doch Tai entdeckte ich nirgendwo. Ich war drauf und dran einen der vorbeilaufenden Schüler nach ihm zu fragen, traute mich jedoch nicht und lehnte mich seufzend an die Mauer.

„Moe?“

Ich wandte meinen Kopf der bekannten Stimme zu. Das Mädchen mit den orangenen Haare, Sora, schaute mich lächelnd an und kam auf mich zu.

„Hallo“, murmelte ich und erwiderte das Lächeln.

„Was tust du denn hier?“, fragte Sora und kam neugierig noch etwas näher.

„Ich, äh…“

„Moe!“, kam der erfreute Ausruf.

Sora drehte sich um und ich sah an ihr vorbei. Tai kam grinsend auf uns beide zu und blieb neben Sora stehen.

„Was verschafft uns die Ehre?“, fragte er und hob neckend eine Augenbraue.

„Ehm.“ Ich kramte den kleinen Tamagochi aus meiner Schultasche und hielt ihn Tai entgegen. Seine und Sora’ s Augen weiteten sich geschockt. „Hast du das verloren?“

Tai’ s Hand glitt in seine Hosentasche und bildete dort eine Faust, vielleicht umfasste er etwas.

„Nein“, sagte er leise und starrte mich mit gerunzelter Augenbraue an.

Sora beugte sich tiefer über meine Hand, um das Ding näher zu begutachten. Dann hob sie ihren Blick, um mich anzusehen.

„Wo hast du das her?“ Eindringlich durchbohrte mich ihr Blick.

„Ehm“, wiederholte ich und senkte den Blick. Meine Wangen wurden warm. „Das Ding war in meiner Tasche und gehört nicht mir, deshalb…“

„War es einfach da?“, hakte Tai nach.

Ich nickte hastig und zog meine Hand mit dem seltsamen Tamagochi aus dem Blickfeld der beiden anderen.

„Ist es nicht deins?“, fragte ich und hob leicht eine Augenbraue.

„Nein“, antwortete Tai und holte seine Hand aus der Hosentasche.

Er streckte seine Faust vor mich und öffnete seine Finger. Auf seiner Handfläche lag genau das gleiche Ding, dass ich auch in der Hand hielt. Sora’ s Hand erschien auch in meinem Blickfeld. Sie hatte auch diesen komischen Tamagochi umschlossen.

Mit einem leichten Anflug von Irritation schaute ich die beiden an.

„Seit wann hast du es?“, fragte Sora und schaute mir so bohrend in die Augen, dass ich mit roten Wangen den Blick senkte. „Schon länger?“

„N-Nein“, antwortete ich und sah sie kurz an. „Ich hab es erst heute Morgen entdeckt.“

Tai zog seine Hand zurück, steckte das kleine Ding wieder in die Hosentasche und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit einem misstrauischen Ausdruck in den Augen blickte er auf mich herunter und mir lief ein Schauer über den Rücken.

Was hatte es mit diesem Ding auf sich? Und woher hatten Sora und Tai eins?

„Sora.“ Tai wandte sich an das Mädchen in der grünen Uniform. „Ist Koushiro noch im Computerraum?“

Sora schüttelte den Kopf. „Nein. Er ist gerade an mir vorbei gestürmt, ohne mich zu beachten. Vielleicht hatte er was Wichtiges zu erledigen.“

„Hm“, raunte Tai. „Dann gehen wir eben zu ihm. Er kann doch manchmal noch mit Tentomon reden, vielleicht weiß er was darüber.“

„Du hast Recht“, stimmte Sora ihm zu.

Mein Blick huschte nur zwischen den beiden hin und her, die Faust, mit dem Tamagochi, fest an meine Brust gepresst.

Tentomon? Wer sollte das sein? Und woher sollte diese Person wissen, wie ich dieses Ding bekommen hatte?

Ein Schauer lief über meinen Rücken. Wie gruselig das war. Sora und Tai schienen mehr zu wissen als ich, was ich ganz und gar nicht gut fand. Konnten die beiden mich nicht endlich aufklären?

„Worum geht es denn?“, fragte ich leise und mein Blick huschte abwechselnd zwischen den beiden.

Sie sahen mich an und ich spürte wieder, wie meine Wangen warm wurden, ließ den Kopf dieses Mal aber nicht senken. Ich wollte wissen, was das alles auf sich hatte!

Tai nickte Sora schnell zu, schaute mich kurz an und lief dann davon, zwischen die hinausstürmenden Schüler.

Überrascht folgten meine Augen ihm, bevor er verschwand und ich blickte in Sora’ s lächelndes Gesicht.

„Sora-san, was…?“, fing ich an, wurde aber durch Sora’ s nehmen meiner Hand unterbrochen. Verwirrt schaute ich sie an.

„Lass uns zu mir gehen. Meine Mutter macht die besten Takoyaki der Welt“, schlug sie vor, sagte es aber in einer Art, die keine Widerrede duldete.

Ich schluckte hörbar, lächelte und nickte schwach.

Was hatten die beide vor? Hatten sie Angst, dass vor ihnen davonlaufen würde, wenn sie mich nicht irgendwo festhielten? Ich schob das kleine, graue Gerät in die Tasche meines Rockes.

Irgendwas musste es mit der kleinen Gerätschaft auf sich haben. Meine Neugier flammte mit einem Mal lichterloh.

Tai und Sora waren sichtlich schockiert gewesen, dass ich so ein Ding gefunden hatte und Koushiro wusste anscheinend auch über so was Bescheid. Wer auch immer dieser Tentomon war, welcher schon ein seltsamer Name war, musste auch etwas darüber wissen. Vielleicht sogar mehr als Koushiro.

Sora hatte sich bei mir eingehackt und führte mich zu einem der unzähligen Wohnblocks in Tokio. Sie redete über Tennis, ihre Gegner und das sie schon viele Matches dort verloren hatte, aber die Hoffung nie aufgab. Ich nickte nur und sagte ab und zu etwas, dass passend war.

Wir fuhren mit dem Aufzug weit nach oben und als wir ausstiegen eilte sie gleich zu der zweiten Tür an der rechten Seite.

Ich zögerte, bevor ich über die Türschwelle trat. Sora’ s Wohnung war ähnlich gebaut, wie die von mir und meinen Eltern, doch etwas geräumiger. Ich ging dem Mädchen mit den orangenen Haaren hinterher in die Küche und mir fiel auf, dass die gesamte Wohnung im alten japanischen Stil gehalten war. Im anschließenden Wohnzimmer stand ein kleiner Tisch, der wohl als Esstisch diente und an den man sich hocken musste, wie bei meiner Großmutter.

Obwohl…diese Einrichtung war wirklich unglaublich. Alles passte zusammen und überhaupt…

Sora kicherte leise, als sie meinen bewundernden Gesichtsausdruck sah und stellte einen Wasserkessel auf den Herd.

„Setz dich doch schon mal, Moe“, forderte sie mich freundlich auf und holte zwei Tassen aus einem Schrank.

Ich folgte ihrer Aufforderung und hockte mich an den niedrigen Tisch. Es war etwas seltsam in der Wohnung eines Mädchens zu sitzen, welches ich nicht mal seit 24 Stunden kannte. Oder überhaupt in einer andere Wohnung zu sitzen. Das hatte ich noch nie getan.

Eine Schiebetür an der Seite des Wohnzimmers wurde geöffnet und eine hübsche Frau mittleren Alters kam heraus. Sie trug einen wunderschönen Kimono.

Ich lächelte verlegen, als sie mich ansah.

„Hallo“, begrüßte sie mich überrascht.

„Guten Tag, Mama“, sagte Sora und lugte hinter dem Kühlschrank hervor. „Wow, der Kimono sieht wirklich toll aus! Hast du vor den nächste Woche zu tragen?“

„Ja, gefällt er dir?“, fragte Sora’ s Mutter und lachte.

Ihre Tochter nickte. Dann schaute sie mich an.

„Übrigens, Mama, das Ist Moe. Sie ist eine Freundin von mir“, stellte Sora mich vor.

Ihre Mutter musterte mich lächelnd.

„So? Wie kommt es, dass ich noch nie was von ihr gehört habe?“

Während sie redete, war sie hinter die Theke getreten, welche das Wohnzimmer von der Küche trennte und stand damit ihrer Tochter gegenüber.

„Na ja.“ Sora schloss den Kühlschrank und wandte sich ihrer Mutter zu. „Ich kenn sie noch nicht so lange. Sie geht nicht auf unsere Schule.“

Die beiden redeten leiser als vorher, als hofften sie, dass ich sie nicht hörte. Meine Augenbraue hob sich. So schlecht waren meine Ohren nun wirklich nicht.

„Tatsächlich. Das erklärt dann wohl die blaue Schuluniform. Woher kennst du sie denn dann?“, hörte ich die ältere Frau murmeln.

Meiner guten Manieren wegen, hatte ich den Blick auf meine Hände gerichtet, die auf meinem Schoß ruhten.

„Tai hat sie irgendwo aufgegabelt.“ Sora kicherte. „Er hat uns damit ganz schön überrascht, aber sie ist ein nettes Mädchen.“

Ihre Mutter lachte auch leise. „Ich wusste doch, dass dieser Tai ein kleiner Mädchenschwarm ist.“

Vorwurfsvoll raunte Sora: „Mama!“

Ein weiteres Kichern war zu hören. Auf meinen Lippen bildete sich ein breites Grinsen.

Mädchenschwarm? Und das wurde dadurch bewiesen, dass er mich, wie Sora es nannte, aufgegabelt hatte? Ein ziemlich schwacher Beweis, meiner Meinung nach.

„Wann bringst du ihn überhaupt mal wieder mit? Er war schon so lange nicht mehr hier“, fragte Sora’ s Mutter.

Sora schwieg eine Weile, flüsterte dann: „Lass uns ein anderes Mal darüber reden, okay? Grade ist es nicht so…“

„Ja, natürlich.“

Im nächsten Moment kam Sora auch schon, mit breitem Lächeln und einem Tablett mit Takoyaki und Tee, in mein Sichtfeld und kniete sich mir gegenüber an den Tisch.

„Tut mir leid, dass du so lange warten musstest“, entschuldigte sie sich.

Ich winkte ab.

„Schon gut.“

Okay. Und wie fragte ich sie nun, was dieses Ding war, das in meiner Rocktasche friedlich lag?

„Sora-san…“

„Probier mal die Takoyaki“, forderte Sora und reichte mir die kleinen Bällchen.

Eine meiner Augenbrauen verschwand unter meinem Pony. Ein Ablenkungs-Manöver? Wozu?

Aber dennoch spießte ich einen der Bällchen mit einem kleinen Stäbchen auf und schob es mir in den Mund.

Gott, war das lecker!

Aber zurück zum Thema.

Ich schluckte und lächelte.

„Das schmeckt super“, lobte ich.

„Vielen Dank“, erwiderte Sora’ s Mutter, die gerade hinter der Theke hervor kam und lächelnd hinter der Schiebetür verschwand.

Sora grinste mich an und ich lächelte leicht zurück. Ich wollte jetzt endlich wissen, was dieses Ding war und Sora sollte es mir sagen.

Ich holte den Tamagochi aus meiner Tasche und legte es auf den Tisch. Sora wurde blass, als sie sah wie ich das Ding, vielleicht etwas zu doll, auf den Tisch klatschte.

„Was ist das?“, fragte ich, wie ich hoffte, vorwurfvoll und keine Ablenkung duldend.

Sora seufzte laut und sah mich seltsam verlegen an.

„Also…ich weiß nicht, ob ich dir das schon erzählen darf…“, fing sie an.

„Wer hat denn gesagt, dass du darauf warten musst, bis dir jemand die Erlaubnis gibt?“, unterbrach ich sie und verschränkte stur die Arme vor der Brust. „Ich hab ein Recht zu wissen, wieso dieses Ding in meiner Tasche aufgetaucht ist, findest du nicht?“

Sora nickte langsam, mit weit geöffneten Augen.

„Schon, aber Tai…“

Ich hob eine Augenbraue. „Was hat Tai damit zu tun?“

„Na ja“, meinte Sora und runzelte die Stirn. „Er meinte, dass er erstmal Koushiro fragen müsste, ob das Digi-Vice auch zu dir gehört. Schließlich könnte es ja sein, dass es nur durch Zufall bei dir gelandet ist, obwohl es zu jemand anderem sollte.“

Digi-Vice? So hieß das seltsame Tamagochi- Ding?

Ich löste einer meiner Arme und griff nach dem Digi-Vice, um es mir noch mal anzugucken. Das Ei, dass auf dem Bildschirm zu sehen war, hatte aufgehört zu hüpfen und plötzlich vibrierte das Gerät in meiner Handfläche so doll, dass mein ganzer Arm bebte.

Sora lief schnell um den Tisch herum und ließ sich neben mir auf die Knie fallen, um mir über die Schulter zu gucken.

„Was…?“

Doch weiter kam ich nicht, denn das Ei auf dem kleinen Bildschirm zersprang. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich es an. Ein kleines Ding, nur mit einem Kopf und seltsam unförmigen Körper befand sich nun dort, anstelle des Ei’ s.

„Hm“, machte Sora neben mir uns ich drehte mich, um sie anzusehen.

„Sora-san…“

Sie lächelte. „Sora reicht. Nur Sora.“

Ich erwiderte ihr Lächeln schwach. Gerade war in meinem Digi-Vice ein Ei geschlüpft! Was sollte ich denn jetzt damit tun?

„Es scheint tatsächlich für dich zu sein“, murmelte Sora, erhob sich und ging zu einer Kommode, worauf sich ein Telefon befand.

Verwirrt beobachtete ich, wie sie eine Nummer wählte.

„Ah, gut, dass du dran gehst“, sagte sie, brach aber ab.

Sie schwieg eine Weile und ich stand leise auf, um mich neben sie zu stellen, mein Ohr an den Hörer in ihrer Hand gedrückt. Ich hörte kein Wort, zog meinen Kopf deswegen wieder zurück.

„Tentomon wusste also davon und wollte dir schon lange Bescheid sagen? Ja, es ist grade geschlüpft, das Digi-Vice hat es angezeigt.“

Sie schwieg erneut und ich platzte beinahe vor Ungeduld. Wer war denn nun dieser Tentomon? Und wieso wusste er schon lange Bescheid? Und was hatte dieses Ei in diesem komischen Gerät denn nun zu bedeuten?

„Ist okay, wir kommen gleich rüber. Zu Tai, sagst du?“ Sie nickte mir kurz zu und wies mit dem Kopf auf die Eingangstür. Langsam ging ich dorthin, zog meine Schuhe an und wartete.

„Wir sind auf dem Weg“, verabschiedete Sora sich und legte auf.

Sie rief ihrer Mutter zu, dass wir zu Freunden gingen und eilte schnell zu mir, zog ebenfalls ihre Schuhe an, schnappte unsere Jacken von dem Hacken an der Wand und zog mich hinaus in die Kälte.

Ich wusste nicht, wieso wir uns so beeilen mussten, denn Sora lief in einer erschreckenden Geschwindigkeit zum Fahrstuhl, schlug beinahe auf den Knopf ein und zappelte ungeduldig, bis sich die Türen öffneten.

Mit einem entnervten Seufzen zog sie mich am Ärmel mit hinein. Ich hatte noch nicht einmal genug Zeit gehabt, um meine Jacke anzuziehen und dieses Mädchen wollte, dass ich einen Sprint hinlegte, um in den Aufzug zu kommen!

Dadurch wuchs meine Neugier immer größer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _Kohana_
2009-02-14T07:17:04+00:00 14.02.2009 08:17
Das erste Kapitel war so lang?
Ich hatte das irgendwie kürzer in Erinnerung.
Ich hoffe du schreibst schnell weiter. ICh mag deine Geschichte nämlich. :)

Ich hab dich sehr LIeb. ♥
Von:  Kyuuo
2009-02-12T16:27:12+00:00 12.02.2009 17:27
toller anfang
ich find moe nett
wie gehts weiter
wer is ihr digimon partner
und wie reagiert sie drauf
freu mich schon
mfg kyuuo


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