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Eternal Darkness

von

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Prolog

Titel: Eternal Darkness
 

Autor: DaddysNightmare
 

Spoiler: erm…bis jetzt keinerlei, jedoch wenn was Bekanntes auftauchen sollte, gehörts nich mir, sondern dem jeweiligen Interpreten/Produzenten
 

Rating: PG 18 Slash
 

Kategorie: Romanze, Drama… von allem ein bissel ;-)
 

Disclaimer: Die Personen der Band Tokio Hotel gehören sich selbst und leider nicht mir. Deshalb habe ich sie mir für diese FanFiction nur ausgeborgt,

andere vorkommende Personen sind gänzlich meiner Fantasie entsprungen und Parallelen bezüglich gewisser Vornamen und Personen sind rein zufällig^^

Ich will hiermit niemandem schaden und auch nicht irgendwelche Gerüchte etc. in die Welt setzen; alles reine Fantasie, fiktiv eben
 

Claimer: Die Idee ist mir und auch alles andere Unbekannte an Personen sind meiner Fantasie entsprungen.
 

Zusammenfassung: Dass das Leben kein Zuckerschlecken ist, hatte Georg schon sehr früh lernen müssen. Erst recht nicht, wenn man seit seinem 10. Lebensjahr blind ist. Die Dunkelheit, die ihn umgibt, hält Georg jedoch nicht davon ab, alles allein zu machen und das Leben in vollen Zügen zu genießen. Jedoch hat auch sein Leben Schattenseiten. Schnell merkt er, dass seine Beziehung zu Gustav eigentlich nur auf Mitleid seitens seines Freundes basiert. Ständig bemuttert und bevormundet er ihn, versucht ihm mit allen Mitteln, wenn auch nicht bösartig gewollt, die Selbstständigkeit zu nehmen. Durch einen eher dummen Zufall lernt er Tom und Bill kennen. Durch Bill, Typ Mensch „ man muss das Leben nehmen, wie es kommt. Es macht trotzdem Spaß“, erfährt er schnell, dass nicht alle Menschen so sind wie Gustav es immer zu ihm war.

„Du willst ne Cola? Rechts von dir ist der Kühlschrank. Nimm sie dir selbst. Fühl’ dich wie zu Hause.“

Er behandelte ihn so, wie er auch jeden sehenden Menschen behandelte.

„Gustav, wenn er Hilfe braucht, wird er es dir schon sagen.“

Zwar hatte Gustav sich die Worte Bills zu Herzen genommen, jedoch war es für die Beziehung zu spät. Er und Georg haben eingesehen, dass die Liebe nicht mehr stark genug für eine Beziehung war. Warum Bill mit der „Behinderung“ seiner Mitmenschen so locker umgeht und was Tom mit der ganzen Sache zu tun hat…lest es selbst
 


 


 

Prolog:
 

Seufzend schaute sich der 22 jährige Gustav Schäfer in der neuen Wohnung um. Zwar hatte er schon so einiges ausräumen können, aber angesichts dessen, dass sein Freund, Lebensabschnittspartner, oder wie man es in der heutigen Welt nennen mag, Georg mit einzog, war das, was er bis zu diesem Zeitpunkt eingeräumt und sortiert hatte, nur der Gipfel des Eisberges.

Er wusste zwar, dass sein Geliebter Unmengen an unnützem Kram, zumindest in seinen Augen, besaß, aber dass dieser Krempel nun dreiviertel der 75 qm großen Wohnung in Beschlag nahm, hätte er sich nie träumen lassen.

„Schatz? Brauchst du wirklich alle deine Bücher hier oben oder kann nen Teil davon auch in den Keller?“

Trotz dass er die Antwort schon kannte, fragte der blonde junge Mann nach.

Vielleicht hatte er ja Glück.

„In den Keller. Meine Bücher. Sag mal bist noch ganz richtig im Kopf? Die Hälfte davon wollt ich noch lesen!“

Immer wenn sein Lebensgefährte solche Worte wie ‚lesen’ oder ‚anschauen’ in den Mund nahm, versetzte es ihm einen leichten Stich ins Herz, doch er versuchte, seinen Freund dies nicht spüren zu lassen.

Immerhin wollte er stark für sie Beide sein.

Und ein Stück weit fühlte er sich sogar schuldig, dass Georg das Augenlicht verlor.
 

Obwohl es nicht nur seine Schuld war, dass sie damals, mit zehn Jahren unerlaubt auf dem großen Bauernhof in der Nachbarschaft spielten.

Obwohl es nicht seine Schuld war, dass Georg, trotz mehrerer Warnungen sich immer in der alten, maroden Scheune versteckte.

Und obwohl es nicht seine Schuld war, dass diese einstürzte und Georg damals unter sich begrub und sich die Glassplitter der alten Fenster in seine Augen bohrten und die Sehnerven durchtrennten.

Zwar konnten die Ärzte nach mehreren Operationen die Augen selbst retten, jedoch verlor der Junge damals unwiderruflich sein Augenlicht.
 

Doch Georg war aufgrund seiner Krankheit, Behinderung, wie man es auch immer betiteln mag, äußerst feinfühlig, in jeglicher Hinsicht.

Er nahm, im Gegensatz zu seinem Freund, seine Behinderung als Herausforderung an, sah es nicht als Einschränkung.

Und genau dafür bewunderte der 22 Jährige seinen Liebsten.
 

„Ja dann kann die andere Hälfte doch in den Keller.“

Georg traute seinen Ohren nicht, kam aus dem Schlafzimmer vorsichtig in Richtung Wohnzimmer getapst. Immer an seiner Seite sein treuer Labrador Churchill, der nie von seiner Seite wich und ihm gerade jetzt, in der neuen Umgebung mehr als nur hilfreich zur Seite stand, damit Georg nicht gegen irgendwelche herumstehenden Möbelstücke oder Kisten lief und sich wohl möglich noch verletzte.
 

„Die Bücher bleiben hier. Ende. Das Regal hast du schon aufgebaut?“

Vorsichtig tastete er sich an der Wand entlang, fühlte das Holzregal und lächelte zufrieden.

„Perfekt. Ich kann sie auch selbst einräumen. Dann hab ich sie wenigstens auch direkt nach meinem Prinzip sortiert und du kannst dich an den Schlafzimmerschrank begeben. Ich hab zwar schon versucht, die Anleitung zu begreifen, aber aus dem IKEA Prinzip werde ich einfach nicht schlau.

Schiebst du mir die Kisten her?“

Gustav gab sich geschlagen, lachte aufgrund Georgs schnippischer Bemerkung über gewissem schwedischem Mobiliar, stand vom Boden auf, schob die Kartons direkt an Georgs rechte Seite.

„Rechts von dir, direkt auf dem Boden.“

Der Braunhaarige bedankte sich, zog seinen Freund dicht zu sich und gab ihm einen innigen Kuss.

„Und mach dir nicht immer so viele Gedanken über mich oder wegen mir. Ich lebe damit nun schon seit über zwölf Jahren. Und das recht gut.

Und vor allem: Hör auf, dir immer Vorwürfe zu machen.“

Mit diesen Worten löste er sich von seinem Freund, wendete sich seinen Büchern zu.
 

Eine kurze Zeit lang beobachtete Gustav ihn noch aus sicherer Entfernung, bewunderte ihn immer wieder aufs Neue, wie er mit einer solchen Selbstsicherheit und akribischer Genauigkeit alles erledigte, was er sich vorgenommen hatte.

„Ich weiß genau, dass du mich beobachtest.“

Georg schmunzelte, ließ jedoch nicht von seiner Arbeit ab.

„Mach, dass du ins Schlafzimmer kommst, das Ding an die Wand stellst und die Kartons dort verschwinden.

Du weißt genau, wie sehr ich Chaos hasse.“

Mit einem „Okay, bin ja schon weg“, verließ Gustav das Wohnzimmer und begab sich an die schwedische Herausforderung.

Was die Zukunft den Beiden hier in Berlin bieten würde, wussten sie nicht. Und vor allem Gustav hätte sich nie träumen lassen, dass sein Leben mit Georg so schnell einen solch krassen Wandel nehmen würde.
 

__________________________
 

So an dieser Stelle muss ich direkt erwähnen, dass diese FF nicht so flott geupdatet wird, wie ihr es von mir gewohnt seid. Denn 1. ist sie noch nicht fertig und 2. wenn ich so real wie möglich, gerade bei diesem Thema, schreiben will, dann brauche ich viel Ruhe und auch viel Zeit, um gewisse HG Infos zu bekommen.

Und das Ding mit der Ruhe ist bei einer Mum von zwei Kids, die zudem auch noch berufstätig ist, immer so eine Sache. Aber ich werde mich bemühen, euch nicht zu lange warten zu lassen.
 

many hugs

DaddysNightmare

Chap 1: Angel of Berlin

Name: Eternal Darkness

Autor: DaddysNightmare

Kapitel:1/?

Warnung: keine

Song: Angel of Berlin – Martin Kesici

http://www.youtube.com/watch?v=Iw1VPKcDnVQ
 


 


 

~*~

Searching for nothing, I finally found you

Angel of Berlin, Angel of Berlin

I still can't believe

how I could ever breath without you

Angel of Berlin

~*~
 


 


 

Chap 1: Angel of Berlin
 

„Und du bist dir sicher, dass du heut Vormittag allein die Stadt erkunden willst? Immerhin ist dir das hier alles fremd, wir sind neu hier und…“

Energisch, ja schon fast wütend unterbrach Georg seinen Freund, schnitt ihm das Wort ab.

„Ich bin nicht hilflos! Herr Gott noch mal! Wie oft soll ich dir das denn noch sagen? Ich hab meinen Blindenstock und Churchill. Also was soll mir schon großartig passieren? Gustav, ich bin nicht erst seit gestern blind. Du glaubst gar nicht, wie sehr das nervt, dass du mich immer bemutterst!“

Sichtlich wütend knallte Georg seine leere Tasse auf die Spüle, griff nach seinem Stock, schulterte seinen Rucksack und pfiff seinen Labrador zu sich.

Sofort senkte Gustav schuldbewusst den Blick, vergrub seine Hände in den Taschen und betrachtete interessiert das Muster der Küchenfliesen.

Er wusste, dass sein Freund extrem temperamentvoll war und gerade bei dem sensiblen Thema Berlin Großstadt auf eigene Faust erkunden wollen, extrem empfindlich reagierte.

„Es tut mir leid. Ich mach mir halt nur Sorgen. Kannst du das nicht auch ein wenig nachvollziehen?“

Schon ein wenig versöhnlicher, suchte Georg die Nähe seines Freundes, legte einen Arm um dessen Hüfte und zog ihn dicht an sich.

„Du kannst nicht ewig an meiner Seite sein. Schließlich muss ich demnächst allein zu meiner Arbeit kommen. Also warum soll ich mich nicht jetzt schon darum bemühen? Ich hab nen Mund, also kann ich fragen, wenn ich nicht weiter weiß.

Ich hab nen weißen Stock, also werde ich auch schon nichts umrennen. Und stell dir vor, hier in Berlin gibt es sogar Ampeln mit Blindensignal! Also hör auf damit, mich als unselbstständigen Menschen zu sehen. Ich bitte dich. Ich kam in unserer alten Heimat gut zurecht, also werde ich auch hier gut klar kommen. Du wirst schon sehen.“

‚Nur dass unser altes zu Haus gerade mal knapp 5000 Einwohner und einen Supermarkt hatte.’ beantwortete Gustav, wenn auch nur in Gedanken, die Bemerkung seines Geliebten.

Der Blonde seufzte.

„Du weißt, wie grausam Menschen sein können oder eben wie ignorant und…“

Abermals wurde er von Georg unterbrochen, indem dieser ihm den Finger auf die Lippen legte.

„Ich weiß. Aber sie kennen mich und Churchill noch nicht. Ich komm schon klar.

So und bevor du nun zu spät zu deinem Vorstellungsgespräch kommst, machst du dich jetzt auf die Socken. Okay? Wir sehen uns heut Abend.

Dann erzählst du mir, wie es gelaufen ist, obwohl ich fest davon ausgehe, dass du den Job in dieser Tuningwerkstatt so gut wie in der Tasche hast, und wir kochen zusammen. Einverstanden?“

Mit einem liebevollen, zärtlichen Kuss verabschiedete sich Georg von ihm, griff zielsicher nach seinem Stock und nach dem Geschirr, das sein Blindenhund trug um ihn zu führen.
 

Mit einem mulmigen Gefühl machte Gustav sich auf den Weg zu einer bekannten Tuningfirma inmitten von Berlin.

Er wusste, dass er besser als der eigentliche Durchschnitt, der schon über dem Normalen lag, sein musste, um in dieser Branche Fuß fassen zu können.

Zwar hatte er durch seine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker einiges an Erfahrungen gewonnen und später dann im ersten Gesellenjahr dann auch in einer kleinen Werkstatt im Heimatort hier und dort mal etwas aufmotzen dürfen, jedoch war der neue, potentielle Job eine verdammt große Herausforderung und so gänzlich anders als das, was er bis dato kannte.
 

Georg war derweil am Hauptbahnhof angekommen, tastete sich vorsichtig durch das hiesige Gelände nach draußen.

Bis zu diesem Zeitpunkt lief alles reibungslos. Alle Menschen, die er angesprochen hatte, mit welchem Bus er fahren musste oder wo er aussteigen sollte, um sein Ziel zu erreichen, waren mehr als nur zuvorkommend und hilfsbereit.

Doch dass es auch andere Mitbürger gab, die ihm nichts Gutes wollten, wusste er und spürte er hier erneut am eigenen Leibe.

Der Braunhaarige ging geradewegs auf eine Gruppe älterer Damen hinzu, die er zuvor lautstark hatte diskutieren hören, um diese zu fragen, wie er denn auf dem, für ihn schnellstem, Wege zum großen Bürokomplex in Berlin Mitte gelangen konnte, wo ihm ein Job als Telefonist vermittelt wurde.

Doch diese Truppe erreichte er nicht, da er kurz vorher von zwei Jugendlichen gestoppt wurde, indem sie ihm den Stock aus der Hand rissen.

Sofort stellte sich Churchill vor sein Herrchen und knurrte die Jungs bedrohlich an.

„Verzieh dich du Penner! Dat hier ist unser Schnorrplatz! Such dia jefälligst ne andre Ecke, sonst gibt’s was aufs Maul!“

Georg klammerte sich an das Geschirr seines Hundes.

Zwar hatte er sich furchtbar erschrocken, aber die Angst hielt sich bei ihm in Grenzen.

„Ich hatte bestimmt nicht vor, hier irgendwen oder irgendetwas zu ‚erschnorren’, wie du es gerade so schön nanntest. Ich wollte lediglich die Damen rechts von mir fragen, wie ich zu dem großen Bürokomplex in der Innenstadt komme. Wärst du dann so freundlich und würdest mir meinen Stock wieder geben? Danke.“

Doch Georg wurde nur ausgelacht.

„Schon klar. Zeich erst einmal, wat du alles so in deiner Tasche hast, dann überlege icke mir noch einmal, ob ick dia dein Stöckchen hier wiedergebe, oder ob ick et als Stochholz gebrauche.“

Gerade wollte man Georg den Rucksack mit Gewalt von den Schultern reißen, als zwei junge Männer in Georgs Alter auftauchten und dem angehenden Horror ein jähes Ende bereiteten.

„Komm, gib den Blindenstock zurück und dann such schnell das Weite. Wenn du bei drei nicht verschwunden bist, dann wird Berlin zu klein für dich, das verspreche ich dir!“

Georg horchte auf, drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam.

Erst kurze Zeit und ein paar böse Worte später bemerkte er, dass diese Person, die ihm half, nicht allein war und gegen die, er vermutete dass es zwei waren, Kerle wetterte.

„So nun her mit dem Stock. Danke. Und jetzt macht, dass ihr Land gewinnt. Das war echt ne armselige Vorstellung.“

Georg hatte es geschafft, seinen Hund ein wenig zu beruhigen, da Churchill kurz davor war, den Kerlen an die Gurgel zu springen, die seinen Herrn bedroht hatten.

Doch diese schienen die Warnungen der beiden anderen Männer zu beherzigen, gaben dem Braunhaarigen den Stock zurück und verzogen sich, wenn auch unter lautstarkem Protest und gewissen leeren Drohungen.

„Danke. Eigentlich wollte ich ja nur in die Innenstadt und…“

Erst nachdem die Bande abgezogen war, kam bei Georg der Schock. Zwar versuchte er cool zu wirken, jedoch merkten die zwei jungen Männer schnell, dass es nicht an dem war. Georg zitterte wie Espenlaub.

„Ja, aber so wie es ausschaut, solltest du das verschieben. Komm, ich bring dich heim. Tom? Du wirst wohl allein nach Mum und Dad zum Essen fahren müssen. Ach wir haben uns noch nicht vorgestellt, verzeih. Ich bin Bill und der Kerl der links von dir steht ist mein Zwillingsbruder Tom.“

Bill ergriff wie selbstverständlich Georgs Hand zum Gruße und kurze Zeit später tat es ihm sein Bruder gleich.

„Das haste dir ja wieder mal fein ausgedacht, Bill Kaulitz. Aber nächstes Mal bin ich dran mit Auszeit. Oah, wie freue ich mich schon auf Mamas detailgetreue Ausführung von gewissen OPs an ihren vierbeinigen Patienten. Wetten, heute scherzt sie wieder damit rum, erzählt, dass sie nen Labrador kastriert hat und dann kommt Gordon und…“

Genau in diesem Moment jaulte Churchill aus vollem Leibe und versteckte sich hinter Georg.

Bill musste lachen.

„Ich versteh dich, Süßer. Sehr gut sogar. Ich würde auch jaulen. Okay Tom, wir sehen uns.“

Tom verabschiedete sich erst von Georg, indem er wieder dessen Hand ergriff und schüttelte, bevor er seinem Bruder einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter gab.

„Wir sehen uns heut Abend im ‚Havanna’. Vielleicht hast du auch Lust, mitzukommen?“

Doch Georg lehnte dankend ab.

„Ne du, ist lieb gemeint. Aber ich hatte, glaube ich, genug Aufregung für heute.

Und ich glaube kaum, dass ich meinen Freund heute Abend allein lassen möchte.

Immerhin wohnen wir gerade erst hier, er hatte ein Vorstellungsgespräch und…“

Tom lachte auf. Es war ein ehrlich gemeintes Lachen, keinesfalls abwertend oder amüsierend, das hörte Georg sofort. Ein ehrliches, pures Lachen.

„Ein ‚Nein, ich hab etwas anderes vor’ hätte auch gereicht. Du musst dich doch nicht rechtfertigen, ehm…“

„Oh entschuldige. Georg.“

Tom schmunzelte.

„Wie gesagt, Georg. Ein ‚Nein’ hätte es auch getan. Vielleicht sieht man sich ja so mal…ich mein…trifft man sich…läuft sich über den Weg und…“

Mit einem Mal kam Tom sich so dumm vor, mit dem, was er kaum eine Sekunde zuvor gesagt hatte, verhaspelte sich beim kläglichen Versuch dem Fettnäpfchen doch noch zu entkommen, was dem Braunhaarigen natürlich nicht verborgen blieb.

„Es ist okay. Bis dann.“

Georg lächelte, wand sich wieder in die Richtung, in der er Bill das letzte Mal gehört hatte.

„Du musst mich aber nicht bis nach Hause bringen. Ehrlich. Ich habs bis hierher geschafft, also komm ich auch wieder heim.“

Bill aber ließ sich nicht abwimmeln. Für ihn war es nur Recht, nicht mit zu seinen Eltern zu müssen.

„Es ist schon okay. Du bist immerhin meine Rettung in letzter Minute gewesen. Auf ein nettes Abendessen mit meinen Eltern hatte ich nicht wirklich Lust. Also keine Widerrede jetzt.“

Georg fuhr sonst eigentlich nie mit jemand Fremden, sondern stieg nur zu Gustav in den Wagen. Und dann auch nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ.

Er fühlte sich dann immer so unselbstständig, wollte lieber alles allein für sich regeln. Allein und selbstständig zu den Orten kommen, wo er hinwollte.

Ob nun mit Bus oder Bahn war Georg egal. Hauptsache selbstständig.

Aber in Angesicht dessen, wovor Bill und Tom ihn gerettet haben, nahm er, nach kurzer Überlegung, doch dankend das Angebot an und ließ sich von Bill zu dessen Wagen führen.

„Ich hoffe, dass dein Hund das Autofahren verträgt. Nicht, dass der arme Kerl sich nachher noch übergeben muss.“

Georg lachte.

„Ne, Churchill verträgt so einiges, glaube mir. Sonst wäre er als Blindenhund nicht geeignet gewesen. Aber nett, dass du dir Gedanken machst. Auch wenn ich eher vermute, dass die Sorge eher deinem Wagen galt, als meinem Hund.“

Bill blieb kurz stehen, woraufhin auch Churchill anhielt und seinem Herrchen somit andeutete, warten zu müssen.

„Was denkst du von mir? Und mal so nebenbei erwähnt: es ist der Kombi meines Chefs. Also ist es mir egal.“

Der braunhaarige 22 Jährige lachte erneut auf. Es verwunderte ihn ein wenig, dass Bill mit ihm so locker und normal umging, aber andererseits war er auch gleichzeitig froh darüber.

Nach einigen Metern hatten sie Bills Firmenfahrzeug dann auch erreicht, ein dunkelblauer 5er BMW Touring.

„Warte eben genau hier. Ich fahr den eben ein wenig nach hinten aus dieser verschissenen, engen Parklücke raus. Sonst kannste wirklich nicht einsteigen. Das schaff ja noch nicht mal ich auf der Beifahrerseite!“

Bill regte sich gerade furchtbar über die anderen parkenden Fahrzeuge auf und schreckte auch nicht davor zurück zu fluchen, was das Zeug hielt.

Nachdem er dann endlich den Wagen aus der Parklücke regelrecht heraus manövriert hatte, hielt er genau vor Georg und öffnete ihm die Türe, wobei Churchill als erster den Fahrgastinnenraum inspizierte.

„Hallo Hund und ab auf die Rückbank. Hier sitzt dein Chef!“

Doch der Labradorrüde dachte nicht im Traum daran, auch nur ansatzweise Bills Worten Folge zu leisten.

„Churchill? Nach hinten auf die Bank, hopp.“

Georg löste seinen Hund von dem Geschirr, reichte es Bill, damit er es in den hinteren Fußraum legen konnte und befahl seinem Hund, nach hinten zu springen.

„Und es wird hier nicht wild rumgehechelt, nur weil du das Fenster aufhaben willst. Das hier ist nicht Gustavs Wagen, okay?“

Bill staunte nicht schlecht, als der Hund ohne weitere Umschweife sich auf der Rücksitzbank niederließ und brav liegen blieb.

„Na das nenn ich mal ne gute Erziehung. Also, wohin darf ich dich bringen?“

Georg nannte ihm seine Adresse und Bill fuhr aus der Innenstadt heraus.

Kaum eine Viertelstunde später hatten sie ihr Ziel erreicht und Bill parkte den Wagen ein.

„Ich weiß, es ist nen doofer Spruch aber: magst du noch auf nen Kaffee mit rauf? Ich denke Gustav wird auch schon da sein und wäre schwer beleidigt, wenn ich dich nicht vorstellen würde und dich nicht auf nen Kaffee eingeladen hätte. Er würde dann wieder an meiner guten Erziehung zweifeln.“

Eben Angesprochener ließ den Motor verstummen, überlegte kurz.

Warum eigentlich nicht? Immerhin hatte er sich erfolgreich vor seinen Eltern drücken können und hatte für den weiteren Abend nichts geplant.

„Nicht, dass dein Freund nachher eifersüchtig wird. Oder interpretiere ich das falsch? Er ist doch dein ‚Freund’, oder?“

Bill betonte das Wort ‚Freund’ genau, so dass Georg sofort verstand und einen Moment lang irritiert und verunsichert war.

„Ja…mein Freund. Lebensabschnittspartner. Wir führen ein eheähnliches Verhältnis. Erm… du…hast da doch kein Problem mit oder?“

Jetzt war Bill derjenige, der dumm aus der Wäsche schaute.

Zwar konnte Georg es nicht sehen, aber er spürte die Fassungslosigkeit seines Gegenübers.

„Versteh es jetzt bitte nicht falsch aber… wir sind schon so oft auf die Schnauze gefallen, da wird man vorsichtiger und…“

Doch sein Gegenüber schnitt ihm das Wort ab, ließ ihn nicht ausreden.

„Was denkst du von mir? Hätte ich sonst nachgefragt? Georg, ich bin der Letzte, der damit Probleme hat. Glaube mir.“

Georg atmete hörbar erleichtert auf, öffnete die Tür des BMWs, tastete mit dem Stock kurz nach eventuellen Hindernissen und stieg dann, mit der gewohnten Selbstsicherheit, aus, rief seinen Hund der auch sofort die Rücksitzbank verließ und neben seinem Herrchen stand.

„Kannst du sein Geschirr mit hinauf nehmen?“

Bill bejahte, stieg ebenfalls aus dem Wagen, nahm das Geschirr von Churchill und folgte Georg.

Er bewunderte ihn, mit welch einer Selbstsicherheit er zielsicher das Wohnhaus ansteuerte, den Schlüssel aus seiner Jackentasche zog und die Haustür aufschloss.

„Wir müssen rauf in den dritten Stock. Ich mein, wenn du zu faul bist, kannst du gern den Aufzug nehmen, aber ich werde die Treppen laufen. Ich habs nicht so mit diesen Dingern.“

„Ne ist schon okay. Ich bewege mich eh zu wenig. Ich lauf dir einfach hinterher.“

Bill hatte seine Mühe, mit Georg Schritt zu halten.

„Eh komm gibs zu, du läufst heimlich Marathon oder so.“

Der Braunhaarige grinste nur, als Bill schwer atmend neben ihm im dritten Stock vor der Wohnung stehen blieb.

„Nein, nicht wirklich. Aber ich tu schon nen bisschen was für meine Kondition. Sonst werde ich am Ende nachher noch fett und unbeweglich oder muss mir alles hinterher tragen lassen! Gott, welch grausame Vorstellung.“

Kurz nachdem er die Wohnung aufgeschlossen und die selbige betreten hatte, zog Georg sich die Schuhe aus, kickte sie in die von ihm dafür vorgesehene Ecke, schmiss seine Jacke wie selbstverständlich über den Garderobenständer und ging in die Küche.

„Setz dich ruhig ins Wohnzimmer. Ich versorg eben den Hund und koch dann nen Kaffee, okay?“

Er tat, wie ihm geheißen, begab sich ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch.

Kurz darauf kam Churchill aus der Küche getrottet, legte einen Kopf auf Bills Schoß und verlangte dessen komplette Aufmerksamkeit.

„Wenn er dich nervt, dann schick ihn einfach in sein Körbchen. Sobald du einmal mit dem Kraulen anfängst, lässt er dich nie wieder in Ruhe.“

Mit zwei dampfenden Tassen in der Hand und zielsicher kam Georg ins Wohnzimmer, stellte den Kaffee auf dem kleinen Beistelltisch ab und setzte sich ebenfalls auf die Couch.

„Churchill ins Körbchen jetzt!“

„Na, hättest ihn ruhig hier sitzen lassen können. Stört mich absolut nicht. Das ging aber flott mit dem Kaffee.“

Georg grinste nur, setzte sich bequemer auf die Couch und nahm seine dampfende Tasse wieder vom Tisch.

„Senseo. Idiotensicher das Ding. Mein Freund wäre sonst schon längst am Herztod gestorben, wenn ich den Kaffee so aufbrühen würde. In diesem Punkt ist er ein Weichei.“

Bill musste lachen.

„So lange es nur in diesem Punkt ist.“

Beide waren schnell in ein intensives Gespräch verwickelt und Georg war sichtlich froh darüber, dass er wie ein normaler Mensch behandelt wurde.

Beide merkten zunächst nicht, dass sich die Wohnungstür geöffnet hatte.

„Oh, du bist schon zurück? Das ging aber schnell. Und hast du es schnell gefu…“

Gustav kam direkt ins Wohnzimmer, stockte dann mitten im Satz.

Nicht, dass ihn Besuch stören würde, aber es machte sich sofort ein mulmiges Gefühl in ihm breit.

„Ist alles okay?“

Mit besorgtem Blick ging er direkt auf seinen Freund zu, gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ist dir was passiert? Ich…“

„Es geht mir gut. Wirklich. Mal’ dir doch nicht immer direkt das Schlimmste aus. Ich hatte ne kleine Auseinandersetzung am Bahnhof. Und bevor du nun die Horrorvision schlechthin bekommst: Nein, es war nichts Weltbewegendes. Das hier ist Bill. Er und sein Bruder haben mir geholfen. Und wie du siehst:

Es ist noch alles dran.“

Gustav hatte sich derweil zu den Beiden gesetzt, schaute sie abwechselnd mit immer größer werdenden Augen an.

Bill war die Gesamtsituation mehr als nur unangenehm, was Georg auch sofort spürte.

Und wieder einmal ärgerte er sich maßlos über seinen Freund, da dieser wieder die Übermutti raushängen ließ und Bill mit Fragen bombardierte.

Chap 2: Four damned years were one big lie

Name: Eternal Darkness

Autor: DaddysNightmare

Kapitel:2/?

Warnung: keine

Song: Livin´in a world without you – The Rasmus
 

http://de.youtube.com/watch?v=ycOaLIX3Z7o
 


 


 

~*~

You told me my darling

Without me you’re nothing

You taught me to look in your eyes

And fed me your sweet lies

~*~
 


 

Chap 2: Four damned years were one big lie
 


 

Nachdem Bill die Wohnung der Beiden verlassen hatte, begann Georg damit, wortlos die benutzten Tassen in die Küche zu bringen und abzuspülen.

Gustav blieb natürlich nicht verborgen, dass sein Liebster sichtlich angepisst war.

„Kannst du mir mal verraten, warum du immer so einen Aufriss machen musst? Gustav, ich hatte die Situation unter Kontrolle und…“

Gustav aber ließ seinen Freund nicht ausreden, schnitt ihm das Wort ab.

„´Nen Scheißdreck hattest du! Was wäre denn gewesen, wenn dieser Bill und sein Bruder nicht aufgetaucht wären?

Es ist überhaupt schon ein Wunder, dass die Beiden so viel Zivilcourage besitzen und nicht einfach mit verschlossenen Augen an dir vorbei gegangen sind! Ich hab‘s doch geahnt. Das geht nicht, Georg. Ich kann dich beim besten Willen nicht mehr allein losziehen lassen! Stell dir vor, das passiert wieder. Noch mal so viel Glück wirst du wohl kaum haben.“

Das war der Punkt, an dem Georg die Beherrschung verlor.

Wütend schmetterte er eine Tasse, die er gerade abgespült hatte, dicht am Kopf seines Freundes vorbei, direkt an die Wand.

„Es reicht! Mein Gott ja, ich bin blind. Ja, ich sehe nicht, was um mich herum passiert! Na und? Aber ich spüre es! Ich merke schneller als jeder sehende Mensch, wenn etwas nicht stimmt! Also hör auf mich wie ein kleines, dummes Kind zu behandeln! Du musst mich nicht vor allem angeblich Bösem in dieser fucking Welt beschützen! Gustav, ich muss allein auf die Schnauze fallen und auch allein wieder aufstehen! Und stell dir vor, das kann ich sogar! Also hör auf, mich zu bemuttern! Ich bin ein eigenständiger Mensch! Also LASS MICH ENDLICH! Warum tust du mir das immer wieder an? Du kennst mich doch inzwischen und weißt, dass ich sehr gut allein zu Recht komme!“

Jetzt war Gustav derjenige, dem der Kragen platzte. Nicht, dass er das Temperament seines Freundes nicht kannte, aber was zu viel war, war eindeutig zu viel. Wer war er, dass er es sich gefallen lassen musste, mit Tassen beworfen zu werden?

„Dir ist schon klar, dass du mich beinahe getroffen hättest, oder? Ich glaub ja wohl, dass es dir nicht mehr gut geht! Verdammt Georg, das ist es doch! Du kommst eben alleine definitiv nicht klar in dieser Welt! Deswegen bin ich doch da! Ich helfe dir wo ich nur kann und so dankst du es mir? Indem du versuchst, mir eine TASSE an den Kopf zu werfen? Indem du mich beschimpfst? Komm mal klar im Oberstübchen! Wo wärst du denn ohne mich heute? Richtig, im betreuten Wohnen. Da hättest du ständig jemanden an deinem süßen Arsch kleben, der dich bevormundet! Georg, ich will doch nur, dass es dir gut geht. Versteh mich doch auch einmal!“

Georg brauchte einen Moment, um das Gesagte sacken zu lassen.

Man sah ihm förmlich an, wie es in seinem Kopf arbeitete.

Einen kurzen Moment lang herrschte eisiges Schweigen zwischen ihnen.

„Liebst du mich?“

Gustav, der sich inzwischen wieder ein bisschen beruhigt hatte, schaute von seiner Zeitung auf.

„Bitte was?“

„Ob du mich liebst. Gustav, das ist ne einfache Frage.“

Sichtlich irritiert schaute er seinen Lebensgefährten an.

„Was soll die Frage jetzt, Georg? Was wird das? Ein erneuter Versuch, mir ein noch schlechteres Gewissen zu machen, als ich es eh schon habe?“

Georg traute seinen Ohren nicht. Traurig verließ er die Küche, pfiff nach seinem Hund und zog sich Schuhe und Jacke an.

„Also hat mich mein Gefühl nicht getäuscht. Du bist nur noch aus Mitleid und Pflichtgefühl, von mir aus auch wegen deinem schlechten Gewissen, mit mir zusammen. Weißt du, wie weh das tut? Ich werde… ich brauche frische Luft. Ich… pack einfach deine Sachen und leg den Schlüssel auf den Küchentisch.

Jemanden, der nur wegen seinem Gewissen mit mir zusammen ist, muss ich nicht um mich haben. Auch wenn du es nicht glaubst, ich komme auch sehr gut ohne dich klar. Ciao.“

Und ehe Gustav überhaupt weiter reagieren konnte, hatte Georg die Wohnung verlassen.

Wütend, enttäuscht und auch traurig ob der Tatsache, dass sein Freund, den er so liebte, nur noch aus Mitleid und Schuldgefühl mit ihm zusammen war, flüchtete er sich mit dem Bus wieder in die Berliner Innenstadt.

„Was denkt dieser Trottel sich eigentlich? Klar, und ich Vollidiot fall auch noch drauf rein und bemerke es noch nicht mal!“

Einzelne Tränen liefen über sein Gesicht, während er Churchill über den Kopf strich.

„Komm, wir zwei gehen jetzt erst einmal irgendwo hin. In ein Café oder was weiß ich.“

Vorsichtig führte der Labrador seinen Herrn durch die dichte Menschenmasse der Innenstadt.

Doch Georg war einfach zu aufgewühlt, um großartig Acht auf die Menschen um ihn herum zu geben. Trotz dass Churchill sich alle Mühe gab, ihn unbeschadet durch die Menge zu führen, rempelte der Braunhaarige doch mehrere Male einige Leute an.

Oftmals fielen dumme Bemerkungen von wegen „Pass doch auf!“ oder „Volltrottel!“

Doch das interessierte Georg nicht wirklich. Er nahm es kaum wahr.

Erst als er sanft, aber dennoch bestimmend am Arm gepackt wurde, erwachte er aus seinen Gedanken und drehte sich ruckartig in die Richtung, in der er diese Person vermutete.

„Na? Startest du gerade einen zweiten Versuch zum Bürokomplex zu gelangen?“

Doch Georg antwortete ihm nicht, schniefte ein paar Mal.

„Ah. Ich sehe schon, du hast geweint. Und ich kann mir auch schon denken, wieso.

Pass auf. Wir gehen jetzt in mein Stamm-Café und wenn du magst, dann erzählst du mir, was los ist.

Und wenn du nichts sagen willst, auch gut. Dann genießt du einfach den Kaffee und vergisst deinen Stress für ein paar Minuten.“

Resignierend seufzte Georg. Was sollte er auch schon großartig entgegnen? Innerlich war er froh über Bills Angebot, auch wenn er es ihm nicht offensichtlich zeigte.

Bill führte ihn zu dem Café, brachte ihn an seinen Stammtisch und gab auch direkt die Bestellung auf. Dann herrschte einen Moment lang betretenes Schweigen. Seitens Bill, weil er ihn nicht bedrängen wollte, ihm irgendetwas erzählen zu müssen und seitens Georg, weil er nicht wusste, ob er sein Gegenüber mit den eigenen Problemen belasten sollte.

Churchill lag brav unter dem Tisch und ließ sich nur zu gern von Bill über den Kopf streicheln. Immer, wenn dieser mit seinen Streicheleinheiten aufhörte, grummelte der Labrador leise und stupste Bills Hand mit seiner Schnauze fordernd an.

Dies blieb Georg nicht verborgen, er schmunzelte.

„Ich hatte dich vorhin gewarnt, dass er nicht aufhören würde, wenn du einmal damit anfängst.“

Doch Bill wiederholte nur, dass es ihm absolut nichts ausmachen würde.

Georg schmunzelte, antwortete nicht darauf. Stattdessen verfiel er wieder ins Grübeln, was seinem Gegenüber natürlich nicht verborgen blieb.

Er seufzte.

„Hör zu Georg, es geht mich zwar nichts an, aber ich weiß eine Sache sicher: Grübeln bringt dir nicht wirklich etwas und…“

Doch der Braunhaarige ließ ihn nicht aussprechen.

„Doch, mir schon. Wie kann man nur? Wie kann man nur aus ‚Mitleid’ mit jemandem zusammen bleiben? Hat er wirklich gedacht, ich merke das nicht irgendwann?“

Und ehe Bill sich versah, brach es nur so aus dem 20-Jährigen heraus.

Georg schüttete ihm sein ganzes Herz aus, ließ keine Einzelheit unausgesprochen.

Angefangen vom Unfall damals, über die schwierige Jugend und hinüber zu der Beziehung mit Gustav.

Alles, was sich über die Jahre angestaut hatte, was ihn belastet hatte, sprach er aus. Und das nicht ohne die ein oder andere Träne zu vergießen.

Bill hörte ihm einfach nur zu, unterbrach ihn nicht.

„… ja, und eben hab ich ihn dann rausgeworfen. Ich kann das so nicht mehr. Das ist für mich keine Beziehung. Das war alles nur eine einzige Lüge. Mehr nicht.“

Bill dachte nach. Eigentlich war er nicht der Typ, der sich in Beziehungsstress Dritter einmischte, jedoch hatte er bei Georg das Gefühl, dass er seine Meinung hören wollte.

„Ganz ehrlich, Georg? Kannst du, ganz offen und ehrlich gemeint, zu ihm sagen: ‚Ich liebe dich’? Oder belügst du dich inzwischen sogar selbst, weil du dich mit aller Macht an etwas klammerst, was gar nicht mehr da ist? Hör zu, ich sage dir das so, wie ich gerade darüber denke und das unverblümt. Ansonsten hättest du es mir nicht erzählt, oder?“

Jetzt war Georg es, der angestrengt nachdachte. Konnte er diese drei kleinen Worte zu Gustav sagen und es ernst meinen?

„Wenn du so lang darüber nachdenken musst, hatte ich also Recht. Es ist besser, wenn ihr dann die Beziehung beendet. Nur tu dir und ihm einen Gefallen, und mach nen sauberen Abschluss. Lass das nicht alles so stehen.“

Eben Angesprochener nickte. Er wusste, dass Bill Recht mit dem hatte, was er sagte.

„Aber ich kann das nicht. Jetzt noch nicht. Ich bin viel zu wütend und zu aufgebracht. Ich würde nachher nur verletzend werden und…“

Weiter kam er nicht, denn das Klingeln seines Handys, welches auf dem Tisch lag, unterbrach ihn und ließ ihn die Augen verdrehen.

„Mein persönlicher Stalker, wetten? Geh du ran, bitte. Sag ihm, dass es mir gut geht und bla.“

Bill allerdings tat nichts dergleichen, zog nur eine Augenbraue in die Höhe.

„Das machst du schön allein. Du bist blind und nicht stumm. Sag es ihm selbst.“

Und ehe Georg noch großartig weiter meckern konnte, hatte Bill schon den grünen Hörer gedrückt.

„Einen Moment Gustav, ich reich dich weiter.“

Er drückte dem Braunhaarigen das Mobiltelefon in die Hand und Georg blieb nichts anderes, als mit seinem Exfreund zu reden.

Sichtlich um Freundlichkeit bemüht, machte er Gustav klar, dass es besser sei, wenn er auszog und dass sie über all das aber noch einmal sprechen sollten, wenn ein wenig Zeit vergangen war.

„Und du bist dir sicher, dass ich gehen soll? War‘s das jetzt? Georg, so kann‘s doch nicht zu Ende gehen… ich meine… ich… ich hab dich doch lieb.“

Georg schloss die Augen, versuchte mit aller Kraft, die Tränen der Enttäuschung, Trauer und Wut aufzuhalten. Vergeblich.

„Ja, und genau das ist es. Ein ‚Ich hab dich doch lieb’ ist kein ‚Ich liebe dich’. Und das weißt du auch genauso gut wie ich.

Ich hab dich auch lieb, aber das reicht einfach nicht mehr für uns. Das geht so nicht mehr. Bitte, geh heim zu deinen Eltern, zu deiner Schwester. Wir brauchen beide jetzt ´nen bisschen Luft und Abstand. Bitte…“

Gustav merkte schnell, dass Georg es ernst meinte. Ein letztes „Okay“ seinerseits und er beendete das Telefonat, indem er den Hörer auflegte.

„Es ist nie einfach, eine jahrelange Beziehung zu beenden, ich weiß.“

Bill war aufgestanden, hatte sich neben Georg gehockt und ihn in den Arm genommen.

„Aber ihr beide werdet merken, dass das das einzig Richtige und vor allem auch Beste für euch beide war.“

Georg nickte jedoch nur, ließ seinen Gefühlen dann freien Lauf.

„Pass auf, ich zeig dir was. Ich nehme Churchill und dich mit nach Hause zu meinen Eltern, wenn du möchtest. Dann kommst du ein wenig auf andere Gedanken. Okay?“

Wieder nur ein Nicken. Wohin sollte er auch? Die ganze Zeit über im Café sitzen, bis er sicher sein konnte, dass Gustav sein Zeug gepackt und die Wohnung verlassen hatte?

„Okay, dann zahl ich jetzt und wir fahren.“
 

Gustav saß wie gelähmt auf der Couch, musste das, was Georg ihm eben gesagt hatte, erst einmal realisieren.

Trennung.

Er wollte es nicht wahrhaben, dass Georg das so einfach aussprach.

Er solle zu seiner Familie gehen.

Mit genau dieser hatte er doch für ihn gebrochen.
 

Seine Mutter hatte ihn damals gewarnt. Hatte ihm gesagt, dass das nie gut gehen würde. Es wäre eine zu große Belastung.

„Du bist nicht für ihn verantwortlich, Gustav. Er muss allein klar kommen. Sollen seine Eltern sich doch um ihn kümmern. Sie haben es sein ganzes Leben ignoriert, das sie für ihren Sohn da sein müssen. Und du sollst das nun ausbaden, dass sie ihn nicht richtig erzogen haben? Dass er nicht hören konnte und dich immer wieder in diese Bruchbude zum Spielen geschleppt hat? Gustav, werde vernünftig!“

Das waren ihre Worte kurz vor seinem Auszug.

Er hatte es lange verheimlicht, dass er mit Georg zusammen war.

Genau genommen hatte er es vier Jahre seines Lebens vor seinen Eltern geheim gehalten. Und das auch aus gutem Grund.

Nicht nur, dass sie ihm versuchten auszureden mit Georg zusammen zu ziehen, nein.

Nachdem Gustav dann endgültig der Kragen platzte, outete er sich.

„Du bist schwul? Mein Sohn ist schwul?“

Mehr sagte sein Vater nicht. Er schüttelte nur den Kopf, ging in seine Garage und sprach danach nie wieder ein Wort mit seinem einzigen Sohn.

Selbst seine, sonst so verständnisvolle, Schwester Franziska verstand ihren kleinen Bruder nicht.

„Du liebst ihn doch gar nicht, Gustav. Nicht wirklich. Du hast einfach nur ein schlechtes Gewissen. Das ist alles.“
 

Hatte er das gehabt? Ein schlechtes Gewissen? Gustav wusste in diesem Moment gar nicht mehr, was er überhaupt noch denken oder fühlen sollte.

Seufzend schaute er sich noch ein letztes Mal in dem gemeinsamen Schlafzimmer um, bevor er seine Tasche packte und die Wohnung verließ.

Seine restlichen Sachen wollte er dann irgendwann abholen.

Er würde vorerst in einem Hotel in der Innenstadt unterkommen, bis er sich eine neue Wohnung suchte.

Immer noch wie in Trance ging Gustav zu seinem Auto, schmiss die Tasche auf den Beifahrersitz.

Zu welchem Hotel er wollte, wusste er noch nicht genau.

Er wusste gar nichts mehr, außer, dass er sich komisch leer fühlte.

Chap 3: This is the life

Name: Eternal Darkness

Autor: DaddysNightmare

Kapitel:3/?

Warnung: keine

Song: This is the life – Amy MacDonald
 

http://de.youtube.com/watch?v=gKXcHEHm0ps
 

~*~

And you're singing the songs

Thinking this is the life

And you wake up in the morning

and your head feels twice the size

Where you gonna go? Where you gonna go?

Where you gonna sleep tonight?

~*~


 

Chap 3: This is the life
 

Nur zu gern ließ Georg sich von Bill auf andere Gedanken bringen, indem dieser ihn mit zu seiner Familie nahm.

„Wir fahren nen Stück aus Berlin raus. Meine Eltern haben ein kleines Häuschen in Grunewald. Sagt dir wahrscheinlich nicht so viel.“

Georg schüttelte nur mit dem Kopf.

Churchill merkte, dass sein Herrchen bereits wieder in Gedanken versunken war. Der Labrador gab ein leidiges Seufzen von sich, legte seinen Kopf auf die Schulter seines Herrn, als ob er ihm sagen wollte: ‚Denk nicht so viel nach’.

Bill merkte auch, dass sein Mitfahrer gerade gedanklich in anderen Sphären zu schweben schien.

„Wir haben auch ganz viele rosa Kaninchen da und wenn du ganz still in den Wald lauschst, hörst du die Meerschweinchen quieken.“

Georg nickte, zog aber dann die Stirn in Falten als er merkte, WAS Bill ihm da gerade mitgeteilt hatte.

„Meerschweinchen. Alles klar.“

Doch ein Grinsen konnte er sich doch nicht verkneifen.

„Stell dein Grübeln mal ab. Wir sind gleich da.“

Bill fuhr die Einfahrt zum elterlichen Haus hinauf, parkte den Wagen, ganz in seiner Manier direkt vor den anderen zwei Fahrzeugen, so dass weder Tom noch die Eltern hätten wegfahren können, ohne den Schwarzhaarigen vorher zu fragen, ob er nicht die Güte hätte, Platz zu machen.

„Wir sind da. Steig einfach aus, lass deinen Hund raus und bleib neben dem Wagen stehen. Ich führ dich bis zur Türe. Der Weg bis zum Haus ist ziemlich holprig.“

Der Braunhaarige tat wie ihm geheißen und wartete.
 

Im Hause Kaulitz herrschte ein reges Treiben, wie Georg am Geräuschpegel ausmachte.

Ein wenig verschüchtert stand er im Türrahmen zum Wohnzimmer, klammerte sich an seinen Stock.

Tom war der Erste, der ihn und seinen Bruder bemerkte.

„Hey, hi Georg. Ich dachte, du bist zu Hause und…“

Doch Bill machte eine eindeutige Geste, die Tom zeigte, dass er darüber besser den Mund hielt.

Doch nicht nur Tom verstummte, die gesamte Familie Kaulitz senkte den Geräuschpegel und schaute ihren Sohn und dessen Begleitung erwartungsvoll an.

Unsicher klammerte sich Georg mit der einen Hand an seinen Blindenstock und streichelte mit der anderen fahrig durch Churchills Fell.

„Mum? Dad? Das hier ist Georg. Tom und ich haben ihn heut am Bahnhof kennen gelernt und…“

Bills Mutter ließ ihren Sohn nicht ausreden sondern erhob sich vom Tisch, lächelte und ging direkt auf den Besuch zu, ergriff seine Hand um ihn zu begrüßen.

„Hallo Georg. Ich bin Simone, die Mutter von Tom und Bill. Tom hatte vorhin schon von dem unschönen Vorfall am Bahnhof erzählt.

Ich hoffe, es hat dir nicht zu sehr zugesetzt.“

Georg erwiderte die freundliche Geste, verneinte Simones Frage und versicherte ihr, dass es ihr gut ginge.

Kurz darauf gesellte sich auch Gordon zu seiner Frau, ergriff ebenfalls die Hand Georgs und begrüßte ihn.

„Mach dir nichts daraus. Arschlöcher gibt es überall. Nun schau mich nicht so an, Liebes. Ich hab doch Recht mit dem, was ich sage.“

Simone schüttelte nur den Kopf, ging dann wieder zum Esstisch und fing an, diesen abzuräumen.

Der Braunhaarige lächelte unsicher. Hatte Tom also erzählt, was am Bahnhof vorgefallen war. Mit so viel Freundlichkeit konnte er nicht umgehen. Hatte er bis zu diesem Tag doch zu viel Schlechtes in Punkto Reaktion auf ihn und seine Behinderung erfahren müssen.

„Nun mach hier mal nicht auf schüchtern, Georg. Hier frisst dich keiner. Warte, da ist noch jemand, der dich begrüßen will. Lilly? Kommst du?“

Das nächste, was Georg vernahm, war die Stimme eines kleinen Mädchens, kurz darauf folgend… das Geräusch von… Rollen oder Rädern… auf dem Laminat?

Er versuchte auszumachen, aus welcher Richtung dieses Geräusch genau kam.

„Ja ich komm ja schon. Moment, der Stuhl ist im Weg und…mann, Tom! Mach dich doch hier nicht so breit! So! Nun aber: Hallo, ich bin Lilly.“

Sie ergriff Georgs Hand und drückte diese kräftig zum Gruß.

„Du hast aber einen süßen Hund. Wie heißt der denn? Darf ich den mal streicheln?“

Bill merkte sehr schnell, dass sein Gast gerade ein wenig überfordert mit der gesamten Situation war, was vor allem daran lag, dass Lilly ihm nicht so ‚gegenüber trat’ wie es ein Kind sonst tun würde.

Und das verwirrte ihn.

Er stellte sich dicht hinter Georg, legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Keine Bange. Sie ist immer direkt so aufgeschlossen und verdammt neugierig.“

Doch das war es nicht, was den Braunhaarigen so verunsicherte.

„Lilly? Lilly komm‘ zu mir in die Küche. Du musst deine Medikamente noch nehmen und außerdem ist‘s schon spät. Du musst gleich ins Bett.“

Zwar unter leisem Protest und nicht ohne Churchill einmal gestreichelt zu haben, setzte Lilly sich in Bewegung und steuerte auf die Küche zu.

„Bis bald. Gute Nacht zusammen!“

Die Brüder wünschten der Kleinen ebenfalls eine gute Nacht und setzten sich wieder an den Tisch.

„Komm, setz dich zu uns. Magst du etwas trinken?“

Doch Georg verneinte nur, indem er mit dem Kopf schüttelte.

Gordon nickte nur, ging dann ebenfalls in die Küche um seiner Frau zu helfen.

Georg wusste nicht genau, wie er sich verhalten sollte.

Dass Lilly ihm nicht so gegenübertrat, wie jedes andere Kind in ihrem Alter, ging ihm nicht aus dem Kopf.

Das fiel natürlich auch sofort den Brüdern auf.

Bill sah kurz zu seinem Bruder, der aus tiefstem Herzen seufzte.

„Georg? Bevor du dir nun weiter dein Hirn zermaterst: Lilly sitzt im Rollstuhl. Sie… sie hatte einen furchtbaren Unfall vor sieben Jahren. Sie war gerade drei und…“

Bill stoppte seine Erklärung, da Tom gerade vom Tisch aufstand und mit einem „Ich geh Mum in der Küche helfen“ das Weite suchte.

Mit einem fragenden Gesichtsausdruck wandte sich Georg wieder Bill zu.

„Ihn nimmt das alles noch furchtbar mit, weißt du? Er hatte damals die Verantwortung für sie, als das passierte. Wir waren ja selbst noch klein. Gerade mal 12 Jahre. Aber er hat sich das nie verziehen, dass sie damals in den Pool gefallen ist und er sie nicht schnell genug rausholen konnte. Dadurch wurde ihr Gehirn nicht genug mit Sauerstoff versorgt und der Teil der fürs Laufen zuständig ist, um es mal vereinfacht auszudrücken, funktioniert nicht mehr.

Tom kann selbst nicht schwimmen und seitdem macht er erst recht einen großen Bogen um Pools, Schwimmbäder, Seen und dergleichen.“

Georg traute seinen Ohren nicht.

Er kannte Bill gerade mal wenige Stunden, die Familie gerade erst einmal 30 Minuten und Bill erzählt ihre Geschichte mit einer solchen Selbstverständlichkeit, die ihn schon fast ein wenig beängstigte.

Wie bekannt ihm das doch vorkam.

Auch wenn es inhaltlich eine andere Geschichte war, so waren sie seiner eigenen doch sehr ähnlich.

„Tom hat also dasselbe Problem wie dein Gustav. Er macht sich Vorwürfe ohne Ende, weil er nicht schnell genug war, weil er ihr nicht schnell genug helfen konnte. Und das, obwohl er keine Schuld trägt. Es war eben Schicksal. Sie war klein und zu schnell, er noch zu jung um die Gefahr zu sehen.“

Georg nickte nur, denn er wusste in diesem Moment nicht, was er großartig sagen sollte.

„Es gehört zum Leben dazu, Georg. Ja, du und Lilly, ihr habt ein Handicap. Aber keines, womit es sich nicht selbstständig leben lässt. Ihr beide seid der lebende Beweis dafür. Oder meinst du, dass Lilly sich dabei helfen lässt, wenn sie mal aufs Klo muss? Sie zetert ja schon, wenn wir ihr die Türen aufmachen.

Du fragst dich bestimmt, warum ich dir das alles jetzt erzähle aber… ich will dir nur erklären, warum wir dich wie jeden anderen, sehenden Menschen behandeln.

Klar, es gibt Dinge, bei denen ihr Hilfe benötigt aber hey; ihr findet selbst und völlig allein raus, welche es sind und dann habt ihr nen Mund zum Fragen.“

Bill lächelte Georg freundlich an. Zwar sah er es nicht, aber er konnte es deutlich spüren.

„Das ist echt krass. Wieso gibt’s nicht mehr Menschen wie euch? Ich meine…selbstverständlich ist es nicht und…“

„Aber umso wichtiger ist es für dich, dass wir so sind, wie wir eben sind. So, ich hab jetzt Durst. Du auch? Dann komm mit in die Küche.“

Der Braunhaarige nickte, erhob sich und befahl seinem Hund, der sich ebenfalls schon aufgerichtet hatte, sich wieder hinzulegen.

„Hey Mum. Wo sind ‘n Tom und Gordon?“

Simone, die gerade im Begriff war, das restliche Geschirr in die Spülmaschine zu räumen, sah ihren Sohn und dessen Begleitung an und zog ihre Stirn in Falten.

„Gordon bringt Lilly gerade ins Bett und Tom… hat sich nach draußen in den Garten verkrochen. Wieder.

So langsam frage ich mich wirklich, wann er endlich begreift, dass er keine Schuld an ihrem Unfall trägt.

Es ist doch schon jetzt so lange her und…hach ja. Tom hätte die Therapie damals nicht abbrechen dürfen. Egal. Oh Gott Georg, wir schütten dich hier mit unserem Familienmüll zu. Du bekommst ja nachher noch ein vollkommen falsches Bild von uns.“

Eben Angesprochener aber schüttelte nur den Kopf.

„Nein, nein es ist vollkommen okay. Mich fasziniert es sogar, dass ihr alle so offen und ehrlich damit umgeht.“

Bills Mutter streichelte Georg einmal kurz über die Schulter, sagte dann, dass sie doch noch einmal nach oben zu Lilly müsse, ihr einen gute Nacht-Kuss geben.

„Ja. Unser kleines Lilly Kröti. Hey, du hattest Durst, richtig? Cola?“

Georg nickte nur.

„Cola also. Hier hast du ein Glas, rechts von dir ist der Kühlschrank. Nimm sie dir selbst. Fühl’ dich wie zu Hause.“

Mit diesem Worten drückte Bill ihm ein Glas in die Hand, drehte sich dann um und ging zum Küchentisch.

Damit hatte der Braunhaarige absolut nicht gerechnet.

Er sollte einfach so an den Kühlschrank von Fremden gehen?

Mit fragendem Gesichtsausdruck drehte er sich in die Richtung, in der er Bills Schritte das letzte Mal vernahm.

„Na was denn?

Wie nen Kühlschrank aufgeht, weißt du. Wie man nen Glas füllt, ebenfalls.

Ich sitze ca. 3 m links von dir am Küchentisch.“

In der Stimme des Schwarzhaarigen hörte Georg wieder diese Selbstverständlichkeit.

„Du kannst es, Georg. Also mach es auch. Die Flasche steht ganz rechts in der Tür.“

Kopfschüttelnd und mit einem Grinsen auf den Lippen drehte sich Georg wieder um, tastete nach dem Kühlschrank. Nahm die Cola heraus und goss sein Glas, in das er seinen Zeigefinger hielt, damit er wusste wie weit er schütten konnte, halbvoll.

Wenn Gustav bei ihm gewesen wäre, hätte er schon wieder zu viel bekommen und ihm das Glas abgenommen.

Zwar vorsichtig, aber dennoch zielstrebig ging er auf die Sitzecke in der Küche zu, tastete sich mit seinem Stock vor, um nicht wohlmöglich doch noch zu stolpern.

Georg wusste ja, dass er es konnte. Nur hatte er so lange schon nicht mehr selbstständig agieren können.

Selbst das, was er gerade getan hatte, eine der einfachsten Sachen, hatte sein Exfreund ihm immer abgenommen.

Er kam wieder ins Grübeln über die Vergangenheit, über die Zukunft und spürte schnell, dass die 'Sache Gustav' für ihn noch für lange, lange Zeit nicht abgeschlossen sein würde.

Bill legte ihm verständnisvoll eine Hand auf die Schulter, zog ihn ein Stück zu sich.

„Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich weiß, es ist einfach gesagt. Genauso wie heute vielleicht zwischen euch Sachen gesagt wurden, die ihr beide gar nicht so meintet. Ihr braucht Zeit und zwar beide.“

Georg schloss für einen Moment die Augen, lehnte den Kopf gegen die stützende Schulter Bills.

„Es heißt immer, die Zeit heilt alle Wunden. Aber vergessen kann ich es trotzdem nicht.“

Und ohne es wirklich zu wollen, rollten ihm wieder vereinzelte Tränen über die Wangen.

Chap 4: Sail away

Name: Eternal Darkness

Autor: DaddysNightmare

Kapitel:4/?

Warnung: keine

Song: The Rasmus – Sail away
 

http://de.youtube.com/watch?v=-nvsutehw4M
 

~*~

Once upon a time

We used to burn candles

We had a place to call a home

The dream that we lived

Was better than divine

Every day was like a gift


 

~*~


 

Chap 4: Sail away
 

Gustav hatte sich derweil ein für ihn annehmbares Hotel gesucht und dort eingecheckt. Seufzend schmiss er seine Tasche achtlos auf den Boden und ließ sich längs auf das große Doppelbett fallen.

Das war es nun also gewesen. Aus. Schluss. Vorbei.

Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er schon geahnt, dass das irgendwann einmal passieren würde.

Nur dass es so schnell ging, hätte auch er sich nicht träumen lassen.

„Na, besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“, sagte er mehr zu sich, als dass es jemand hören konnte.

Wie es nun für ihn weiterging, wusste er noch nicht genau.

Vorerst würde er in diesem Hotel bleiben, bis er eine kleine Wohnung für sich gefunden hatte.

Zwar gab es davon so einige in Berlin, jedoch die passende zu finden, die Gustav auch finanzieren konnte, würde durchaus schwieriger werden.

Sein Kopf puckerte bereits von all den wirren Gedanken, die sich dort breit gemacht hatten und er erkannte, dass er diese, wenn auch vorerst nur für diesen Abend, ausschalten musste. Wie, das wusste der Blonde noch nicht genau.

Zunächst tigerte er unruhig im Hotelzimmer hin und her, bevor er beschloss, sich erst einmal unten an die hoteleigene Bar zu setzen.

Dort angekommen, fackelte er auch nicht lange und bestellte sich direkt einen Kurzen und ein Pils. Doch bei diesen beiden Getränken sollte es nicht bleiben und ehe er sich versah, hatte Gustav auch schon eine beachtliche Menge an Strichen auf seinem Deckel gesammelt.

Kritisch wurde er vom Barkeeper beäugt.

Nachdem Gustav noch zwei weitere Wodka pur geleert hatte und noch einen dritten bestellen wollte, bekam er aber anstelle des gewünschten Alkohols nur ein Glas Wasser hingestellt.

„Ich denke, du hast genug. Zwar ist es nicht meine Aufgabe, die Kunden vom Trinken abzuhalten, aber ich hab so etwas wie Verantwortungsgefühl.“

Gustav lachte nur gekünstelt auf und schüttelte nur den Kopf, nahm dann aber doch dankbar das Wasser und trank es in einem Zug leer.

„Sag mal, hat der ach so edle Ritter auch einen Namen? Und wo wir gerade dabei sind: Wo ist denn dein weißes Ross?“

Doch der Barkeeper hatte nur ein Lächeln für den frustrierten jungen Mann übrig.

„Der edle Ritter heißt Elijah (1*) und das weiße Ross steht in Form eines Opel Astras OPC(2*) auf dem Angestelltenparkplatz. Warum dieser Zynismus? Wer oder was ist dir über die Leber gelaufen?“

Kritisch beäugte Gustav sein Gegenüber und dachte kurz nach, ob er sich einfach mal Luft machen sollte.

Doch dank des ziemlich angestiegenen Alkoholpegels warf er die kurzzeitig auftretenden Bedenken über Bord, zog seine Brieftasche hervor, öffnete sie und zeigte Elijah ein Bild von Georg.

Kurz besah dieser es sich.

„Verstehe. Pass auf; ich hab nun gleich Feierabend. Dann setzen wir uns in eine andere Bar und du kotzt dich einfach mal bei mir aus, okay?“

Gustav nickte zustimmend, bezahlte seinen Deckel und folgte Elijah kurze Zeit später in ein kleineres, gemütliches Lokal, das an einen englischen Pub erinnerte.

Nachdem sie sich eine ruhige Ecke gesucht und bei der Bedienung ihre Bestellung aufgegeben hatten, schaute Elijah Gustav erwartungsvoll an.

Doch der Blonde dachte gar nicht daran, ihm irgendetwas zu erzählen. Vielmehr war er damit beschäftigt, den Barkeeper zu mustern.

Ihm gefielen die kurzen schwarzen Haare, die dunklen Augen und die große, schlanke Statur. Das blieb Elijah natürlich nicht verborgen und er musste sich ein Grinsen doch sehr verkneifen.

„Alles okay? Nimm dir dein Handy und mach 'n Foto, wenn du so fasziniert bist. Starre es später von mir aus an. Aber jetzt wollten wir doch reden, oder?“

Kaltschnäuzig. Frech. Das musste Gustav ihm lassen und - es gefiel ihm.

Und dank des hohen Alkoholpegels weckte genau das bei dem Blonden den Jagdtrieb.

Die Gedanken und die Wut waren der Lust auf Neues, auf ein Abenteuer, gewichen.

Scheinbar entspannt lehnte er sich zurück.

„Viel zu reden gibt es da nicht. Mein Ex meinte, ich würde ihn aufgrund seiner Behinderung einfach zu sehr bemuttern, wollte nicht, dass ich ihm weiterhin helfend zur Seite stehe und behauptet eiskalt, dass ich nur aus Schuldgefühl oder Mitleid mit ihm zusammen war. Punkt.“

Elijah zog eine Augenbraue in die Höhe. Zwar konnte er sich denken, warum Gustav gerade so abgeklärt war, schließlich wollten sie beide im Grunde nur auf das Eine hinaus. Jedoch hatte er keine Lust darauf, danach einen gebrochenen Mann neben sich liegen zu haben, der bereute.

„Eine Frage: War es so?“

Gustav überlegte kurz. Wie sollte er diese Frage nun ehrlich beantworten? War es denn so?

„Nein, nicht immer. Ich… ich habe ihn geliebt. Vielleicht tue ich das ja immer noch. Ich weiß es nicht. Kann ich dir nicht verraten. Ich weiß nur, dass ich ihn irgendwie vermisse und…“

Das genügte dem jungen schwarzhaarigen Barkeeper als Antwort. Er wusste nun, dass Gustav Ablenkung suchte, einfach nur vergessen wollte und nicht nur aus heiterem Himmel einen anonymen Fick brauchte.

„Okay, okay. Denk nicht weiter darüber nach. Du wolltest Ablenkung? Et voila, da bin ich.“

Und ehe Gustav überhaupt reagieren konnte, hatte sich Elijah schon rittlings auf seinen Schoß gesetzt, legte dem Blonden die Lippen auf und verwickelte ihn in einen heißen Kuss.
 


 


 

Bill hatte Georg noch in der Nacht nach Haus gebracht und blieb, auf Wunsch des Braunhaarigen, auch die ganze Nacht dort.

Gegen Morgen wurde Bill, für seine Verhältnisse, ungewöhnlich früh wach.

Wirklich gut hatte er nicht geschlafen, denn Georg war in der Nacht ein paar Mal aufgestanden, weil er wohl keinen Schlaf gefunden hatte.

Müde rieb Bill sich die Augen, richtete sich auf und streckte sich, versuchte seine Knochen zu sortieren. Auf der Couch zu schlafen war alles andere als gemütlich und vor allem alles andere als gut für seinen Rücken.

Gerade als er sich, etwas umständlich, versuchte von der Couch zu erheben, hörte er wie die Wohnungstüre aufgeschlossen wurde.

Ruckartig drehte er den Kopf und entdeckte zuerst Churchill der freudig schwanzwedelnd auf ihn zukam.

„Wo kommst'n du auf einmal her, hm?“

Der Schwarzhaarige streichelte den Kopf des Hundes, der es ihm mit einem feuchten Handkuss à la Labradorrüden dankte.

„Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken. Aber Churchill musste raus, und da hab ich direkt frische Brötchen mitgebracht.“

Bill staunte nicht schlecht. War Georg doch gestern noch extrem niedergeschlagen, so war er an diesem Morgen alles andere als traurig oder gar schlecht gelaunt. Dementsprechend schaute er verwundert drein.

Bills Schweigen ließ den Gastgeber kurz stutzen. Georg drehte sich in Richtung Couch.

„Na? Morgens wohl noch nicht so gesprächig, hm? Kenn ich aber, ich bin normal auch ein Morgenmuffel. Wenn du duschen willst, dann nur zu. Ist alles im Badezimmer, Handtücher liegen dort im Regal.“

Dankend nahm Bill das Angebot an, begab sich unter die Dusche, während Georg, wenn auch etwas umständlich, begann, den Tisch zu decken.

Immer wieder aufs Neue merkte er, wie viel er doch ‚verlernt’ hatte, bzw. wie viel er einfach hatte von Gustav erledigen lassen. Sei es nun aus Bequemlichkeit oder einfach, weil er es gewohnt war. Sicher, Georg wusste wie er mit der Kaffeemaschine umzugehen hatte und er wusste auch, wo alles stand; dennoch war es ungewohnt. Doch er wollte es ja nicht anders. Georg wollte nicht nur Gustav und allen anderen beweisen, dass er sehr gut allein für sich sorgen konnte, sondern in erster Linie wollte er es sich selbst beweisen. Sich selbst deutlich machen, dass er durchaus allein überlebensfähig war.

Bill brauchte im Bad nicht wirklich lange, war nach gut zehn Minuten fertig und stand, bereits angezogen, lässig im Türrahmen der Küche gelehnt und beobachtete Georg, wie dieser die Sachen für das Frühstück auf dem Küchentisch platzierte. Kaum zwei Minuten später war der Tisch gedeckt, der Kaffee stand dampfend in zwei Tassen an den Plätzen.

„Willst du da Wurzeln schlagen, oder doch lieber mit mir frühstücken?“

Frech grinste Georg. Er wusste genau, dass Bill in der Türe stand und ihn still und heimlich beobachtete. Und Bill wusste genau, dass Georg ihn schon länger bemerkt haben musste.

„Wow. Siehst du, du kannst es doch.“

„Ich hatte auch nie daran gezweifelt. Bin halt nur ein bisschen, ja sagen wir, aus der Übung. Hau rein und lass es dir schmecken.“

Das ließ sich Georgs Gast natürlich nicht zweimal sagen.

Doch Georg hingegen trank nur seinen Kaffee.

Ein wenig wunderte es Bill schon, hatte sein Gastgeber doch einen Haufen Brötchen geholt.

„Frühstückst du denn gar nicht?“

Zunächst reagierte Georg überhaupt nicht auf Bills Frage, da er mit den Gedanken woanders zu sein schien. Erst nachdem Bill ihn ein zweites und drittes Mal angesprochen und dann sogar leicht angestupst hatte, erschrak Georg sich kurz und entschuldigte sich.

„Nee du, ich… keine Ahnung. Ich hab irgendwie keinen Hunger und…“

Doch die Ausrede ‚keinen Hunger’ kannte Bill von seinem Zwillingsbruder nur zu gut. Und er wusste, dass dieses ‚keinen Hunger’ nur mit Gustav und den dazugehörigen, wirren Gedankengängen, zu tun hatte.

„Hör zu: Dass du grübelst, ist okay. Dass du das alles, die ganze Zeit, nicht so einfach vergessen kannst, ist auch vollkommen normal, das habe ich dir gestern Abend auch schon mehrfach gesagt. Ich würde mir Sorgen machen, wenn dem nicht so wäre. Aber deswegen in den Hungerstreik zu treten, ist absolut nicht okay. Und ich denke, egal was auch immer gewesen ist, dass es das nicht wert ist. Also sei so gut und iss etwas. Bitte.“

Seufzend resignierte Georg, nahm sich aus dem Brötchenkorb ein Brötchen heraus, schnitt es durch und legte die eine Hälfte wieder hinein.

„Okay, dir zuliebe.“

Und das war genau das, was Bill so gar nicht hören wollte.

„Für mich musst du nichts essen. Für mich musst du gar nichts tun. Du bist wichtig. Du an erster Stelle. Und das heißt auch, dass du auf dich achten musst. Oder glaubst du wirklich, dass ich nun immer bei dir hocke oder dich gar unter die Fittiche nehme? Wenn du Hilfe brauchst, bin ich für dich da. Keine Sache. Aber du musst in erster Linie nun endlich allein klar kommen. Das wolltest du doch immer. Selbstständigkeit. Jetzt hast du die Chance dazu. Nutz sie also. Und vor allem nutze sie sinnvoll. Wenn dein Arzt mitbekommt, dass du nun allein bist, wird er dir eine Betreuung auf den Hals hetzen. Und die sollen doch nicht den Eindruck bekommen, dass du allein nicht überlebensfähig wärst, oder?“

Georg schluckte. Sicher, Selbstständigkeit. Das war das, was er eigentlich immer gewollt hatte.

Nun hatte er also das, was er so lange sehnlichst herbei gewünscht hatte. Aber war er jetzt wirklich zufrieden mit dem, was er bekam?

Bill bemerkte Georgs innere Unsicherheit. Er ließ ihn noch einen Moment lang überlegen, bevor er nachfragte.

„Was geht dir gerade durch den Kopf?“

„Was mir gerade durch den Kopf geht? Ja, vieles. Was nun alles auf mich zukommt. Was ich nicht vergessen darf, was wichtig ist und…“

Bill bemerkte schnell, dass Georg nun gar nicht wusste, wie er mit seiner neu errungenen Freiheit überhaupt umzugehen hatte. Es war also doch schwieriger, als er zu Beginn dachte.

Er unterbrach Georg, indem er ihm die eigene Hand auf die seine legte und mit ruhiger Stimme zu ihm sprach.

„Mach mal halblang. Das klingt alles momentan so viel und so unwahrscheinlich unmachbar. Wir sollten nach dem Frühstück mal in Ruhe überlegen, was du zuerst machen solltest. Ich hab dir gesagt und ich wiederhole mich gern, dass ich dir helfen werde. Okay?“

Da war er. Der von Georg gefürchtete große Berg. Die dicke Mauer, vor der er Angst hatte, sie nicht allein einreißen zu können. Auch wenn er Bill an seiner Seite wusste, so kam Georg sich mit einem Mal so klein und hilflos vor.

Auch wenn er sonst immer nach außen hin ein starkes Selbstbewusstsein zeigte, so war er ganz tief im Inneren doch alles andere als von sich und seinem Können überzeugt.
 


 

*1 (Anmerkung der Autorin: Tut mir einen Gefallen, und sprecht es englisch aus)
 

*2 http://www.autoplenum.de/Bilder/P/pOPEL%2520OPC%2520Edition%2520N%25C3%25BCrburgring%2520%25282008%2529-611388/OPEL/OPEL-Astra-OPC-Edition-Nuerburgring--2008-.jpg

Chap 5: So much pain – hold me close again

Name: Eternal Darkness

Autor: DaddysNightmare

Kapitel:5/?

Warnung: keine

Song: Reamonn – Pain
 

http://www.youtube.com/watch?v=uZ2EfjrGjGo
 


 

~*~

So much Pain, so much Pain

is coming down will you

hold me close again,

hold me close again.

~*~
 


 


 


 

Chap 5: So much pain – hold me close again
 


 

Ziemlich gerädert und nicht ohne einen gewissen stechenden Schmerz in den Schläfen, wachte Gustav am nächsten Morgen auf. Wie spät es war, wusste er nicht, da nirgends eine Art von Wecker oder Uhr zu sehen war.

Wo war er hier gelandet? Gustav ließ sich wieder nach hinten in die Kissen sinken, starrte an die Decke.

Krampfhaft versuchte er sich an den vergangenen Abend, an die vergangene Nacht zu erinnern. Er drehte sich um und schaute in Elijahs Gesicht. Er schlief noch tief und fest, lächelte hin und wieder ein wenig. Scheinbar träumte er von dem, woran Gustav sich gerade zu erinnern versuchte.

Und die Erinnerung ließ beim Anblick dieses wunderschönen Körpers neben ihm natürlich nicht lange auf sich warten.

Mit den gemischten Gefühlen schälte er sich aus dem Laken, schlich Richtung Badezimmer, um unter der Dusche wieder einen halbwegs klaren Kopf zu bekommen.

Einen One Night Stand aus Liebeskummer.

Er konnte nicht glauben, dass er sich zu so etwas herabgelassen hatte.

Früher hatte er Bekannte, Freunde immer verurteilt, wenn sie ihm ihr Leid und die Reaktion in Form eines One Night Stands erzählt hatten.

Und jetzt?

Klar verkackt und Eigentor geschossen.

Seufzend wusch er sich, spülte sich den Schaum von Haaren und Körper, verließ die Dusche und trocknete sich ab.

Den Blick in den Spiegel vermied er bewusst, konnte sich selbst in diesem Moment nicht in die Augen schauen.

Als er das Hotelzimmer wieder betrat sah Gustav, dass auch Elijah inzwischen aufgewacht war.

Nur mit der Boxershorts bekleidet lehnte er am offenen Terrassenfenster und rauchte genüsslich seine Zigarette.

Unaufhaltsam und penetrant wie eine Fliege nagte das Gewissen an Gustav und er wollte am liebsten nur noch im Erdboden versinken und die ganze Sache damit ungeschehen machen.

Nicht, dass ihm die Nacht nicht gefallen hatte, denn schließlich hatten er und Georg schon seit Ewigkeiten keinen Sex mehr gehabt. Aber dennoch bereute er es zutiefst. Und das blieb natürlich auch Elijah nicht verborgen.

Seufzend schnippte dieser die Zigarette hinaus, schloss das Fenster, ging zum Bett. Auf dem der Blonde zuvor Platz genommen hat.

„Du bereust es also doch, habe ich Recht?“

Die Ellbogen auf den Knien abgestützt, den Kopf in den Händen vergraben, schüttelte der junge Berliner nur den selbigen. Er brauchte einen Moment um Elijah in die Augen schauen zu können, musste sich regelrecht dazu zwingen.

Wie er genau beschreiben sollte was ihm gerade durch den Kopf ging, wusste er nicht genau. Er wusste nur, dass er ihm eine Antwort schuldig war.

„Weißte Elijah… es ist ja nicht so, dass die Nacht nicht verdammt geil war, aber…“

Elijah schüttelte jedoch nur lächelnd den Kopf, legte ihm einen Finger auf die Lippen.

„Du musst nichts erklären. Es war ein One Night Stand, nichts weiter.

Und enttäuscht bin ich sicher nicht. Wie du schon sagtest, es war verdammt geil. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Zumindest weißt du nun, dass du ihn wirklich noch liebst.“

Eigentlich war nun genau das eingetreten, was Elijah am Abend zuvor genau nicht erleben wollte. Ein ONS der im Nachhinein alles bereute.

Gustav seufzte noch einmal resignierend.

„Dumm nur, dass mir das nun auch nichts mehr bringt. Ich hab ihn zu lang… ja keine Ahnung. Bevormundet? Bemuttert? Ihn nicht einfach so leben lassen, wie er es wollte. Und ich habe ihm eben nicht gezeigt, dass ich ihn liebe. Wie auch immer.“

Egal was er nun tun würde, es würde ihm Georg nicht mehr zurückbringen, da war er sich mehr als nur sicher.

Nur langsam konnte er sich aufraffen um seine Klamotten anzuziehen.

Insgeheim hofft der Blonde, dass Elijah es dabei beließ, ihn nicht weiter mit guten Ratschlägen zutextete und dezent verschwand.

Eigentlich eher unverschämt, dass er so dachte, aber im Moment wollte Gustav nur noch allein sein und sich selbst bemitleiden.

„Ja, wie auch immer. Oder aber du strengst deinen hübschen Kopf an und überlegst dir, wie du das wieder hinbekommst. Natürlich kannst du auch hier rumvegetieren, dich selbst bemitleiden und die restliche Welt als Arschloch betiteln. Jedoch zweifle ich in dem Fall an meiner Menschenkenntnis. Gustav? Ich will dich hier nicht zusabbeln, deswegen werde ich nun auch gehen. War nett, vielleicht sehen wir uns irgendwann ja noch mal.“

Und ehe Gustav das eben Gesagte verarbeiten konnte, war Elijah auch schon verschwunden und er mit seinen Gedanken wieder ganz allein in seinem Hotelzimmer.

Ihm wurde schmerzlich bewusst, dass er dringend mit Georg reden musste.

Jedoch kannte er seinen Ex-Freund nur zu gut und wusste, dass dieser sehr verletzt war und mit Sicherheit nun nicht mit sich reden ließ.

Aber andererseits hatte er Angst, dass er, wenn er zu viel Zeit verstreichen ließ, überhaupt nicht mehr an Georg ran kam.

Seufzend ließ er sich nach hinten in die Kissen fallen, fuhr sich abermals mit den Händen durchs Gesicht.

„Das darf doch alles nicht wahr sein!“
 


 


 


 

Zwischenzeitlich waren sie mit Churchill schon bei Bills Mutter gewesen, da er seine jährliche Impfung noch benötigte.

Bill und Georg saßen in der Küche am Tisch und hatten derweil zusammengefasst, was Georg noch alles zu erledigen hatte. Schließlich wohnte er gerade einmal ein paar Tage in Berlin und musste nun die lästigen Dinge wie Ummeldung und diversen anderen Kram der mit dem Umzug verbunden war, erledigen.

Er fühlte sich regelrecht erschlagen.

„Scheiße. Und zum Arzt muss ich auch noch. Ich hab total vergessen, dass meine Sumatriptan* leer sind.“

Der Braunhaarige rieb sich die Schläfen. Er hatte ständig vergessen sich neue zu besorgen, wenn seine Migränemittel leer waren. Und dann war Gustav immer zur Stelle, um neue zu besorgen oder ihn zur Not zum Arzt zu fahren, damit er eine Infusion bekam.

Mit jedem noch so kleinen Detail merkte Georg mehr und mehr, dass er sich eigentlich um gar nichts mehr hatte kümmern müssen.

Bevormundet, bemuttert und für total Unselbstständig gehalten. Und das Ganze auch noch schleichend! Alles hatte er ihm abgenommen.

Zur maßlosen Enttäuschung wegen seines Ex-Freundes kam jetzt wieder die Wut hinzu.

„Oh. Migräne?“

Ein müdes Nicken seitens Georgs war die Antwort auf Bills Frage, die wohl eher einer Feststellung glich.

Langsam und vorsichtig ließ er seinen Kopf auf die kühle Tischplatte sinken.

Bill seufzte.

Dass Georg nun schlapp machen zu schien, passte irgendwie überhaupt nicht auf die To Do Liste, die der 20 Jährige sich selbst erstellt hatte.

„Okay dann erm… sollten wir nen Arzt aufsuchen und…“

Doch weiter kam er nicht, denn Georg machte ihm mit einer eindeutigen Handbewegung klar, dass jedes gesprochene Wort seinen Kopf noch mehr schmerzen ließ.

Doch ganz ohne Kommunikation ging es eben nicht. Schließlich musste Bill ja in Erfahrung bringen, zu welchem Arzt er musste.

Der Schwarzhaarige hockte sich neben Georg, legte ihm eine Hand auf die Schulter und sprach flüsternd auf ihn ein.

„Es tut mir ja Leid, aber ich muss schon wissen, wo du genau hinmusst. Ich kann dich schlecht zu irgendeinem x-Beliebigen Arzt fahren, nehme ich an.“

Kaum merklich nickte Georg.

„Dr. Mariter.“

Kam es kaum hörbar von ihm. Bill nickte nur, schnappte sich das Telefonbuch und sein Handy, verließ den Raum um besagten Arzt anzurufen.

Ohne Anmeldung brauchte man in Berlin erst gar nicht bei einem niedergelassenen Arzt auftauchen.

Es sei denn man liegt im Sterben… oder ist schon tot.

Und selbst dann wurde man noch nach zehn Euro Praxisgebühr und Krankenkassenkarte gefragt.

„.. Hören sie. Es wird doch wohl möglich sein, dass ihr Chef eben herkommt und ihm die Spritze setzt. Er scheint ja wohl zu wissen, dass Herr Listing alles andere als transportfähig ist, wenn er einen Migräneanfall hat. Und außerdem…bitte?“

Bill musste stark an sich halten, um nicht laut loszuschreien. Immerhin versuchte Georg in der Küche gerade nicht wahnsinnig vor Kopfschmerz zu werden.

„Ich soll also einen Krankenwagen rufen, ja? Ja vielen Dank auch für ihre Kooperationsbereitschaft!“

Doch viel Zeit konnte Bill nicht damit verwenden, sich über diese sture Arzthelferin aufzuregen.

Zielstrebig ging er zurück in die Küche, hockte sich abermals neben Georg und sprach ruhig auf ihn ein.

„Planänderung. Ich fahr‘ dich hin, okay?“

Doch kaum hatte er diesen Satz ausgesprochen, richtete Georg sich auf und taumelte Richtung Badezimmer.

Bill reagierte schnell, griff ihm unter die Arme und schleppte ihn ins Badezimmer, wo Georg sich vor die Toilette kniete und sich übergab.

Sein ganzer Körper wurde von mehreren Krämpfen durchgeschüttelt und seinem Helfer wurde es auch schon flau im Magen.

Doch er wusste, dass er ihn nun nicht allein lassen konnte.

So schob er sein ganzes Ekelgefühl von sich, stellte sich hinter Georg, hielt ihm die Haare aus dem Gesicht und streichelte ihm immer wieder beruhigend über den Rücken.
 


 


 


 

Bill hatte es dann doch geschafft, Dr. Mariter zu einem Hausbesuch zu bewegen. Sprich: er hatte es geschafft, ihn selbst an den Hörer zu bekommen.

Der Arzt versprach sofort vorbei zu kommen, sobald er ein wenig Luft bekäme.

Gut eine dreiviertel Stunde nach dem Telefonat traf Georgs Hausarzt auch ein, versorgte seinen Patienten direkt mit einer schmerzstillenden Spritze, was Georg auch nach kurzer Zeit einschlafen ließ.

Leise gingen Bill und er ins Wohnzimmer und Dr. Mariter stellte noch ein Rezept aus, welches Bill noch einlösen sollte.
 

„Herr Kaulitz, sie müssen entschuldigen. Normalerweise sind meine Mitarbeiterinnen nicht so gereizt. Wir sind zurzeit nur leider unterbesetzt und es tut Frau Haider auch wirklich leid.

Die Tabletten sollten sie alsbald abholen, denn wenn Georg einmal eine solch schlimme Attacke hatte, dann folgt auch binnen 24 Stunden die zweite.

Normalerweise hat er aber immer welche daheim. Dass Herr Schäfer dieses Mal vergessen hat, das Rezept abzuholen, wundert mich ehrlich gesagt ein wenig. Er war doch sonst immer so zuverlässig.“
 

Bill seufzte, setzte sich auf die Couch.

„Gustav…also Herr Schäfer und Georg… sie sind nicht mehr zusammen. Er ist gestern ausgezogen.“
 

Der Arzt zog eine Augenbraue in die Höhe, musterte Bill kritisch. Seufzte dann aber ebenfalls und setzte sich neben Bill auf die Couch.

„Wissen sie, Herr Kaulitz… ich kann ihnen nicht alle Dinge über Georg verraten. Denn immerhin bin ich an die ärztliche Schweigepflicht gebunden und Georg hatte nur gegenüber Herrn Schäfer mich von dieser befreit.

Aber ich kann ihnen sagen, dass Georgs Betreuer nun des Öfteren auftauchen wird. Und das wird ihm ganz und gar nicht gefallen.

Ich denke sie können sich vorstellen, dass Georg regelrecht auf die Barrikaden gehen wird, wenn er merkt, dass Herr Beckers nun wieder volle Kontrolle über sein Leben haben wird. Von den Kontoauszügen angefangen bis hin zur Haushaltskasse.“
 

Bill ahnte böses.

Er kannte Georg zwar erst seit knappen 40 Stunden, jedoch hatte dieser ihm mehr als nur einmal deutlich gemacht was er davon hielt, kontrolliert und bemuttert zu werden.

Schließlich war das einer der Gründe, wieso er sich von Gustav getrennt hatte.

„Na da kommt doch Freude auf. Er wird regelrechte Luftsprünge machen, wenn er davon erfährt.“
 


 

*http://pharmazie-medikamente.suite101.de/article.cfm/triptane

Chap 6: I hate everything about you - but I still love you

Name: Eternal Darkness

Autor: DaddysNightmare

Kapitel:6/?

Warnung: keine

Song: Three Days Grace – I hate everything about you
 


 

~*~
 

I hate everything about you

Why do I love you

I hate everything about you

Why do I love you

You hate everything about me...why do you love me?
 

~*~
 


 

Chap 6: I hate everything about you - but I still love you
 

Gustav beschloss nach seinem ersten Arbeitstag bei Georg vorbei zu fahren.

Er wollte noch schnell ins Hotel um zu duschen. Etwas zu essen wollte er sich unterwegs besorgen.

Dass ihm die Trennung und die damit verbundenen wirren Gedankengänge alles andere als dienlich bei seinem ersten Arbeitstag waren, bemerkte auch sein Chef. Doch dieser zeigte sich ihm gegenüber, Gott sei Dank, verständig.
 

„Sie sind nervös. Neue Stadt, neuer Job, neue Wohnung. Da kann man schon einmal durch den Wind sein. Ihr Zeugnis ihres ehemaligen Arbeitgebers sagt nur Gutes über Sie aus. Gehen Sie nach Hause, entspannen Sie ein wenig und morgen sieht die Sache schon wieder anders aus.“
 

Gustav hatte nur müde gelächelt und geschwiegen. Denn seinem Chef direkt am ersten Tag zu stecken, dass er schwul war und sein blinder Freund ihn achtkantig aus der gemeinsamen, neuen Wohnung geworfen hatte, wollte er ganz und gar nicht.

Auch wenn er in Berlin lebte, so war er sehr misstrauisch was das Thema anging.
 

Er war extra einen Umweg gefahren, weil er sich mit einem Mal doch nicht mehr sicher war, dass das der richtige Weg sein würde.

Georg würde immer noch sauer und schwer enttäuscht sein, da war er sich sicher.

Vor allem als er die Frage, ob Gustav ihn noch lieben würde, nicht sofort und ohne nachzudenken mit einem ‚Natürlich liebe ich dich‘ sondern mit einem ‚ ich hab dich lieb‘ beantwortet hatte.

Gustav wusste, dass das falsch war und dass er ihn nicht ‚nur‘ lieb hatte, sondern dass er Georg wirklich und von ganzem Herzen liebte.

Ihm war ebenso bewusst geworden, dass er seinem Freund immer wieder die einfachsten Dinge abgenommen hatte und ihn somit auch immer wieder kontrollierte und ihm Vorschriften machte.

Wie konnte er nur so dumm sein?
 

Seufzend parkte er seinen Wagen vor dem Mietshaus.

Der Blonde wusste, dass er sich glücklich schätzen konnte, wenn Georg ihm überhaupt die Tür öffnen würde.

Dass er dann später ohne Blessuren und seelischem Zusammenbruch die Wohnung auch wieder verlassen konnte, war eher unwahrscheinlich.

Langsam, ja schon fast schleichend ging er zur Haustür, atmete noch einmal tief durch und betätigte den Klingelknopf.

„Ich muss Masochist sein. Eindeutig.“, murmelte er eher zu sich selbst, als dass es jemand mitbekommen sollte.
 

Kurze Zeit regte sich nichts und insgeheim hoffte Gustav, trotz dass er beschlossen hatte um Georg und um die Beziehung zu kämpfen, dass sein Ex-Freund nicht zu Hause war.

Er wollte sich gerade umdrehen und schon fast fluchtartig die Wohnsiedlung wieder verlassen, als…

„Ja bitte?“

Es war kaum hörbar und, was Gustav noch viel stutziger machte, es war nicht Georgs Stimme, sondern die von… Bill?

Doch schnell besann er sich.

„Ehm ja, ich bin es. Gustav. Ist… ist Georg da?“

Doch anstelle einer Antwort hörte er das Surren des Türöffners, drückte die Tür auf und betrat das Treppenhaus.
 

An der Wohnungstür angekommen, stand Bill vor dieser, lächelte Gustav an.

„Hey. Doch, Georg ist hier. Aber ihm geht es nicht so gut und er schläft.

Er hatte gestern noch einen schweren Migräneanfall. Da zehrt er heute noch von.“

Gustav war erschrocken und zugleich besorgt.

„Schläft er? Ich mein… hast du ihm gestern zum Arzt gefahren? Die Tabletten müssten eigentlich langsam leer sein und…“

Doch Bill unterbrach Gustavs besorgten Redeschwall, indem er ihm Finger auf den Mund hielt.

„Ssscht. Jetzt mach mal halblang. Der Doc war hier und die Medis habe ich gestern auch noch geholt.

Er schläft jetzt und alles ist soweit okay.

Komm rein, dann mach ich uns ΄nen Kaffee. Du willst bestimmt noch ein paar deiner Sachen abholen?“

Gustav folgte Bill stumm in die Wohnung und ging zielstrebig in die Küche.

Es war ein komisches Gefühl, diese vier Wände wieder zu betreten.

Und was noch viel schlimmer war: dieses Mal nur als Gast.

Er setzte sich an den Küchentisch und sah Bill aus müden Augen an.

Bill konnte in seinem Blick genau erkennen, dass Gustav die Trennung und der vorausgegangene Streit sehr mitnahmen.

Der Schwarzhaarige setzte Gustav nach kurzem Schweigen eine dampfende Tasse Kaffee unter die Nase.

„Danke. Eigentlich… ja eigentlich wollte ich mit Georg reden, verstehst du?

Ich weiß, ich habe viele Fehler gemacht und ich weiß auch, dass ich ihn wirklich liebe.“

Bill rührte in seinem Kaffee, schaute Gustav direkt in die Augen und hörte aufmerksam zu.

„… und vor allem frage ich mich, wie suizidgefährdet ich sein muss, nach so kurzer Zeit hier aufzutauchen und auch nur ansatzweise daran zu glauben, dass er mir auch nur einen Augenblick zuhören wird, ohne mich dabei mit Tassen und Tellern zu bewerfen.“

Der junge Berliner grinste ihm frech und wissend entgegen.

„Du kennst ihn besser als ich. Aber dass er ein ausgesprochen ausgeprägt temperamentvoller Mensch ist, kann ich mir durchaus vorstellen. Ansatzweise habe auch ich das schon mitbekommen. Jedoch habe ich auch mitbekommen, wie sehr ihn das, was in letzter Zeit zwischen euch passiert, oder eher nicht passiert ist, verletzt.

Ich will mich nicht allzu sehr in eure Beziehung einmischen. Das Recht dazu habe ich gar nicht.

Jedoch weiß ich eins ganz genau:

Er liebt dich. Auch wenn er vielleicht gesagt hat, dass dem nicht so ist.“
 

Mit kritischem Gesichtsausdruck musterte er Bill und versuchte das von ihm Gesagte, zu verinnerlichen.

Einerseits machte es ihn unwahrscheinlich glücklich, zu wissen, dass Georg ihn scheinbar doch noch liebte, aber andererseits kannte er Bill auch erst kurz und war sich nicht sicher, ob er Georg wirklich schon so gut einschätzen konnte, wie Gustav selbst.

Bill sah seine Zweifel und lenkte ein.

„Weißt du, wir haben viel gesprochen in den letzten zwei Tagen, also bevor er diese fiese Schmerzattacke bekam. Er ist zwar sehr temperamentvoll und stur, aber in den letzten 48 Stunden war er einfach nur verletzt und brauchte eine starke Schulter.“

Gustav konnte kaum glauben, dass Bill hier von seinem Georg sprach.

Er hatte Georg nur ein einziges Mal wirklich verletzt gesehen und das war, als er ihm nicht in die Augen schauen und die drei kleinen, aber dennoch wichtigsten Worte einer Beziehung, frei vom Herzen weg sagen konnte.

„Wir sprechen hier aber schon von Georg Listing, oder? Versteh mich bitte nicht falsch, aber…hach.“

Trotz dass er einfach nur müde und vollkommen erledigt war, sprang Gustav schon fast vom Stuhl auf, fuhr sich durch die Haare und tigerte unruhig in der Küche auf und ab.

„Er ist verdammt stur und er wird mir nicht zuhören. Er wird Church auf mich hetzen. Und wenn er nur das tut, dann habe ich noch Glück gehabt.“

Bill beobachtete ihn einen Moment, stand dann ebenfalls auf und stellte sich vor Gustav.

„Wovor hast du eigentlich Angst?“

Der Blonde stockte, erwiderte dann aber den intensiven Blick von Bill.
 

„Wovor ich Angst habe? Dass der Bockmist, den ich in unserer Beziehung gebaut habe, so groß ist, dass er mir dieses Mal nicht mehr verzeihen wird.

Dass er mir nicht zuhört und vor allem: Dass er mir nicht glaubt.

Dass er immer noch davon überzeugt sein wird, dass ich aus Mitleid oder Schuldgefühlen wieder zurückgekommen bin. Kurzum: dass er mir nicht glaubt, dass ich ihn wirklich noch liebe. Und ich weiß auch nicht, ob er mich noch wirklich liebt.“
 

Jetzt war Bill derjenige, der die Augenbraue gen Höhe zog.

„Ist das so? Liebst du ihn wirklich? Oder ist es das Schuldgefühl?“
 

Bill wollte Gustav ein wenig provozieren, ihn herausfordern. Denn wenn Menschen unter Druck stehen, dann sagten sie meist die Wahrheit, das wusste er.

„Es ist das Schuldgefühl, da bin ich mir sicher. Sonst hättest du ihm nicht immer alles abgenommen und ihn auch einmal selbst machen lassen. Sonst hättest du ihm ins Gesicht gesagt, dass du ihn liebst, bevor all der ganze Scheiß hier passiert ist.

Gustav, ich kenn' euch beide erst wenige Tage, aber, wie schon erwähnt, habe ich lange Gespräche mit Georg geführt, eben WEIL ihm nie wirklich jemand zugehört hatte und weil sich da so einige Dinge bei ihm angestaut haben und es war nur 'ne Frage der Zeit, bis er innerlich explodierte.

Ich konnte mir ein eigenes Bild über dich machen, ob ich es wollte oder nicht.

Und Gustav, ganz ehrlich? SO sieht Liebe nicht aus.“
 

Gustav traute seinen Ohren kaum. Was nahm dieser Kerl sich eigentlich heraus? Gerade Bill wusste doch am Wenigsten, was in Georg vorging, wie Gustavs Wesen eigentlich war.

Von ein paar tiefsinnigeren Gesprächen?

„Du lehnst dich verdammt weit aus dem Fenster, weißt du das eigentlich? Erst sagst du, es geht dich nichts an. Und jetzt lässt du hier Dinge vom Stapel, von denen du absolut keine Ahnung hast! Das muss ich mir echt nicht gefallen lassen. Weißt du was, Bill? Sag ihm einfach, dass ich hier war, dass ich mit ihm reden will. Ich mach mich vom Acker. Das muss ich mir echt nicht geben! Ich hab viel Scheiße gebaut, ja. Dessen bin ich mir durchaus bewusst! Aber mich deswegen von einem vollkommen Fremden zur Sau machen zu lassen…Danke. Hey, ich hab wirklich kurzzeitig geglaubt, dass du einfach nur nett bist und nicht das Arschloch, das sich gerade in seiner vollen Pracht hier zeigt!“
 

Seiner Meinung nach hatte Gustav sich schon zu viel von Bill sagen lassen.

Er wusste durchaus ob seiner Fehler und er war schließlich hergekommen, um diese vor Georg einzugestehen. Aber das was Bill ihm da frech an den Kopf geknallt hatte, ging eindeutig zu weit.

Was glaubte dieser Dahergelaufene eigentlich, wer er war? Und vor allem: was glaubte er, welchen Status er hier hätte?
 

Gerade wollte Gustav auf dem Absatz kehrt machen, als Georg im Türrahmen stand.

Er wirkte schwach, sah blass aus und seine Stimme klang brüchig und leise.
 

„Warum brüllst du hier so rum, Gustav? Was willst du eigentlich hier? Deine Klamotten abholen? Fein, dafür brauchst du dann ja eigentlich nicht länger als eine halbe Stunde.“

Gustav verharrte einen Moment in seiner Aufbruchsposition, seufzte dann und wandte sich seinem Ex-Freund zu.
 

„Meine Klamotten komme ich holen, sobald ich eine eigene Wohnung gefunden habe. Ich wollte eigentlich nur mit dir reden. Aber wie ich sehe, komm' ich da wohl eher ungelegen.“

Der Braunhaarige lachte gekünstelt auf.

„Reden? Du willst also reden, ja? Und über was…genau? Über dein schlechtes Gewissen mir gegenüber? Oder darüber, dass du all die Jahre nur Mitleid anstatt Liebe für mich empfunden hast?“

Nachdem Georg den letzten Satz energisch beendet hatte, kam er zielstrebig in die Küche hinein, zog einen der freien Stühle zurück und setzte sich.

„Na komm Gustav! Du wolltest reden. Also rede!“
 

Die Stimme des blinden jungen Mannes war fest und zugleich forsch.

Dass es alles andere als einfach werden würde, das wusste Gustav schon bevor er die Wohnung betrat.

Er wollte reden, ja. Er sollte das bekommen, wonach er verlangte. Allerdings wollte er die Dinge gern mit Georg allein klären und nicht noch mit Bill, dessen Art ihm sowieso schon immens gegen den Strich ging.

Ergeben seufzte der Blonde, setzte sich wieder zu den beiden jungen Männern an den Tisch.

„Ja, lass uns reden. Aber bitte…allein!“
 

Da diese ‚Bitte‘ für Bill unmissverständlich war, erhob er sich und verließ, jedoch nicht ohne ein Grinsen im Gesicht, die Küche.
 

„Macht ihr zwei Mal. Churchill und ich brauchen eh einen ausgedehnten Spaziergang“

Und ehe Gustav sich versah, war Bill nebst Hund auch schon verschwunden und er allein mit Georg in der Küche.

Der 22-Jährige fasste sich ein Herz, seufzte einmal und suchte nach den richtigen Worten.

„Georg ich… ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich…“

Georg zog die Beine dicht an seinen Körper, schlang die Arme darum und hörte aufmerksam zu.

„Ich weiß… ich kann das nicht mehr gut machen und ich… es wird auch nie wieder so werden wie vorher aber…“

Angesprochener wandte sich Gustav zu und war mit einem Mal schon versöhnlicher als noch zwei Minuten zuvor.

„Ich hoffe, dass du es wenigstens versuchst wieder hinzubiegen. Auch wenn es nie wieder so wird, wie es mal war. Damit hast du wohl Recht.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ito-chan
2009-01-28T21:32:24+00:00 28.01.2009 22:32
Hi ^^

Also, ich bin faul, ich gestehe...
Aber... ich hab keine Ahnung, was ich dir dazu sagen soll.
Ich finde es im Moment noch sehr undurchsichtig und vor allem doch etwas schwierig zu lesen. Nicht wegen deinem Stil oder so, sondern einfach weil ich selbst mal eine Themenrecherche brauche...
*lacht*
Also alles in allem zwar gut gelungen, aber ich muss mich noch ins Thema einarbeiten.

Alles Liebe
Ito
Von:  Ito-chan
2009-01-19T23:27:58+00:00 20.01.2009 00:27
Hi Lucy!

Ich kam nicht umhin, mich jetzt schon zu belohnen und das obwohl ich so schlecht zwischen zwei verschiedenen Stories vom selben Autor switschen kann. Aber ich denke, dass ich bei "Angel" schnell wieder reinkomme ^^
*lächelt*
Ich muss gestehen: Ich mag deinen Auftakt sehr ^^
Es hat etwas und es ist eine schöne Idee.
Und ich bin die Allerletzte, die es dir übel nimmt, wenn du etwas länger brauchst für diese Sache.
Denn Recherche ist wichtig, vor allem bei so etwas ^^
Ergo: Ein toller Prolog und ich freue mich immer mal wieder etwas davon zu lesen ^^

Alles Liebe


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