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Himmel und Hölle

von

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Pepe hatte sich sein Gewehr gegriffen und war dann wie der Teufel in sein Auto gehechtet und den Wanderweg von der anderen Seite hinauf gefahren. Er hoffte, Kieran oder das Mädchen auf dem Weg zu treffen aber er fuhr den Weg bis zum Ende, ohne jemanden zu sehen. Auch in der anderen Richtung war auf dem gesamten Weg niemand unterwegs. Pepe begann, sich Sorgen zu machen. Die beiden waren anscheinend in den Wald gegangen, ausgerechnet! Aber wenn sie auf den Wegen gingen, hatte er noch eine Chance. Also lenkte er sein Auto auf den unbefestigten Waldweg über Schlaglöcher und spritzende Pfützen bis er am anderen Ende wieder auf asphaltiertem Boden landete. Keine Spur von ihnen! Sie waren verschwunden, einfach weg! Ob der Ausbrecher sie vielleicht schon in ihrer Gewalt hatte? Doch dann kam Pepe ein anderer Gedanke.

„Die beiden werden doch wohl nicht…“ er wagte es kaum, zu Ende zu denken. „Wenn sie einfach so in den Wald gelaufen sind, dann Mahlzeit! Da finde ich sie nie!!“ Pepe stand einen Moment lang da und wusste nicht, was er tun sollte. Die Polizei rufen? Aber was konnte die schon tun? Deshalb beschloss Pepe, etwas Aussichtsloses und zudem noch reichlich Unvernünftiges zu tun. Aus dem Handschuhfach holte er seine Taschenlampe, und sein stets für die Jagd gepackter Rucksack auf dem Rücksitz würde heute bestimmt mal nötig sein. Die beiden jungen Leute hatten ja nichts dabei. Die Sonne war inzwischen schon recht tief gesunken und es wurde kälter. Pepe schnallte sich den Rucksack auf, in dem eine Flasche Wasser, zwei Tafeln Schokolade, ein Verbandskasten, ein Schweizer Taschenmesser und ein Kompass steckten, hängte sich sein Gewehr über die Schulter und marschierte los.
 

Endlich ließ das Brennen in Daylas Auge nach. Offenbar war ihr eine kleine Fliege oder Mücke ins Auge geflogen. Das Viech musste wohl noch gelebt und tüchtig gestrampelt haben, um solche Schmerzen zu verursachen. Aber jetzt fühlte Dayla, dass es im unteren Augenlid steckte. Sie rieb vorsichtig von außen nach innen über das Lid und sah eine kleine Fruchtfliege an ihrem Finger kleben.

„Da haben wir dich ja, du kleiner Nervtöter“, sagte sie schadenfroh. „Na, das machst du bestimmt kein zweites Mal.“ Sie rieb ihren Finger an ihrer Hose und ging dann weiter. Sie zog den Ärmel ihres Pullis ein Stück unter dem Ärmel der Regenjacke hervor, um sich den Rest der Tränenflüssigkeit abzuwischen, als sie plötzlich einen Mann neben einem Baum hervorkommen sah. Etwas erschrocken grüßte sie ihn. Wenn das mal nicht der Förster war, dann bekam sie jetzt gewaltigen Ärger, denn sie wusste natürlich, dass sie hier mitten im Wald nichts zu suchen hatte. Aufgeregt wartete sie auf eine Standpauke, mehr schon auf eine richtige Schimpftirade aber der Mann mit dem grauen Overall, der etwa zehn Meter von ihr entfernt war, starrte sie nur an.

Dayla beruhigte sich etwas. Das war wohl doch nicht der Förster. Dann konnte sie ja ebenso gut weitergehen. Allerdings entschloss sie sich, nicht weiter dem Bach zu folgen, da sie sonst genau auf den Mann zugehen müsste und sie wollte schließlich allein sein. Also machte sie eine Kehrtwendung und ging wieder zurück. Es wurde auch schon ziemlich dunkel und wenn sie sich nicht verlaufen wollte, wurde es langsam wirklich Zeit für den Rückweg.

Etwas schneller als vorher machte sich Dayla also auf den Rückweg. Nach ein paar Schritten drehte sie sich um, weil sie ein merkwürdiges Gefühl von Beklemmung verspürte, als würde sie jemand verfolgen. Der Mann mit dem grauen Overall stand immer noch an seinem Baum, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und lächelte. Selbst aus dieser Entfernung konnte Dayla seine merkwürdig hellgrauen Augen leuchten sehen, beinahe wie Katzenaugen.

Das Gefühl von Beklemmung verschwand jedoch nicht, als Dayla sah, dass der Mann sich keinen Schritt bewegt hatte. Es wurde sogar noch stärker und ihr Gehtempo erhöhte sich. Ihr Herz klopfte heftig und langsam geriet sie auch etwas außer Atem. Ohne es zu merken, war sie dazu übergegangen, zu rennen. Sie rannte wie von Sinnen.
 

Kieran hatte die ganze Szene beobachtet. Als er denn Mann an dem Baum stehen sah, bekam er ein ungutes Gefühl. Irgendwas an diesem Kerl kam ihm komisch vor. Vielleicht, weil er kein Wort sagte oder war es dieses merkwürdig zufriedene Lächeln? Kieran bekam eine Gänsehaut. Als er sich nach dem Mädchen umdrehte, stelle er fest, dass sie verschwunden war. Verdammt! Er hatte sie tatsächlich aus den Augen verloren! Was jetzt? Ob sie den gleichen Weg zurück nehmen würde, den sie herkommen war?

Während Kieran noch überlegte und ob es besser war, ihr zu folgen oder lieber noch eine Weile diesen Kerl zu beobachten, ließ der seine Arme sinken und setzte sich langsam in Bewegung. Seine Augen hatten einen Ausdruck des Wahnsinns angenommen. Er leckte sich über die Lippen und – verfolgte das Mädchen! Kieran geriet in Panik und hatte keine Ahnung, was er nun tun sollte. Er musste sie auf jeden Fall warnen! Aber konnte er ihr auch helfen, wenn es dazu kommen sollte? Kieran war zwar fast einen Meter neunzig groß und kräftig gebaut aber er war weder gewalttätig noch streitsüchtig. Er war sanft und ungefährlich und dieser Typ machte den Eindruck, als sei ihm Gewalt nicht fremd, eher willkommen.

Kieran beschloss, den beiden erst einmal zu folgen. Wenn sie es sicher aus dem Wald heraus schaffte, konnte ihr ja nichts mehr passieren, sofern sie den Wanderweg bis zur Straße hinunterlief, sofort in ihr Auto stieg und machte, dass sie weg kam.

Kieran rannte so schnell er konnte ohne bemerkt zu werden, hinter dem Kerl her. Wenn der ihn entdeckte, konnte er sich gleich eingraben. Er hatte es eindeutig auf das Mädchen abgesehen und würde sich von Kieran sicher nicht aufhalten lassen. Dieser wahnsinnige Blick und dieses irre Lächeln! Der war gemeingefährlich!

Auf einmal fiel Kieran ein, was ihn so stutzig gemacht hatte. Der Overall! Diese Dinger hatte er schon mal gesehen, als er mit dem Fahrrad an der Haftanstalt im Dahlhofer Tal vorbei gefahren war. Um Himmels Willen! Dieser Typ war ein Sträfling! Ausgebrochen und wahrscheinlich gefährlich und zu allem entschlossen. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, überkam Kieran ein furchtbarer Gedanke, noch furchtbarer als alles, was er sich vorstellen konnte: was wenn das nun ein Vergewaltiger war? Kieran rannte schneller. Sein Puls raste und die Panik schnürte ihm die Lunge zu - nahm ihm fast die Luft. Mit den schrecklichsten Gedanken im Kopf und den grauenhaftesten Bildern vor Augen ließ seine Aufmerksamkeit nach. Er übersah einen Baumstumpf, stolperte und schlug sich den Kopf an einem Stein auf. Bewusstlos blieb er liegen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Caro-kun
2009-02-15T10:08:07+00:00 15.02.2009 11:08
Eine Sache find ich wirklich ganz toll, das ist mir bei der ersten FF die ich von dir gelesen hab schon aufgefallen:
Du gibst den Nebencharakteren, auf die man am Anfang nicht so wirklich achtete, im Laufe der Geschichte, sehr wichtige und bedeutende Rollen, wie hier jetzt Pepe.
Immerhin liegt Daylas Schicksal in seinen Händen. Kieran ist ja bewusstlos und dieser Dieter P. sieht so gefährlich aus, dass ich beim Lesen deiner Beschreibung von ihm ne richtige Gänsehaut gekriegt hab.



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