Wenn er es einmal wieder will...
Lost Angel – Die Flügel wachsen wieder
Kapitel 5 – Wenn er es einmal wieder will...
Jesko's PoV
Jemil lag mit dem Kopf auf meinem Schoß während ich es mir auf der Couch bequem gemacht
hatte. Immer wieder verließ ein Seufzen seine Kehle. Sicherlich dachte der Vampir über
das Gleiche nach, wie ich.
„Wir müssen von hier weg“, meinte er da auch schon auf einmal. Ich erwiderte ihm ersten
Moment nichts. Eigentlich half es nichts. Sie würden uns doch so oder so finden, wenn es
schon für Talinda und Devin so einfach war.
„Wer ist dieser Luca überhaupt?“, fragte ich schließlich. Von einem Vampir mit diesem
Namen hatte ich eigentlich noch nie etwas gehört. Genauso wenig, wie Jemil wohl von Lana.
„Pios und Talindas kleiner Bruder. Er war in London“, gab der Blonde kaum hörbar von sich
und kuschelte sich nur etwas enger an mich. Es fühlte sich für mich so an, als ob er
Angst hätte.
In den vergangenen Monaten hatte er sich aber auch so gut eingelebt und jetzt müssten wir
wieder weg. Aber es hätte auch keinen Sinn hier zu bleiben. Wir waren wirklich zu einfach
zu finden. Werwölfe und Vampire konnten ganz einfach den Unterschied zwischen Menschen
und Monstern spüren. Es wäre für einen der beiden Rassen ein Leichtes uns zusammen
aufzuspüren.
„Und Lana? Du hast so komisch geschaut, als Devin ihren Namen gesagt hat.“ Jemil hob
leicht den Kopf und blickte zu mir auf.
„Sie steht auf mich“, erwiderte ich nur knapp. Dass wir, genauso wie er und Mila,
eigentlich schon indirekt seit Kindertagen einander versprochen waren, musste der Vampir
nicht unbedingt wissen.
„Liebst du sie?“ Jemil stemmte sich zu mir hoch. Ein trauriger Schimmer lag in seinen
Augen. Erwartete er, dass ich jetzt ja sagen würde?
„Vielleicht etwas“, meinte ich aber nur und senkte den Kopf. Früher mochte ich sie einmal
wirklich. Nur hatte sich das seit ich Jemil kannte geändert. Nur noch er war mir wichtig.
Nur ihn liebte ich. Jemand anderes brauchte ich nicht.
„Wenn du sie liebst, kannst du zu ihr gehen. Wegen mir musst du nicht bleiben.“ Er
krallte die Finger in mein Shirt. Zum Glück hatte er sich die Nägel abgefeilt. Die waren
aber auch viel zu auffällig.
„Und dich allein lassen? Das könnte ich nicht!“ Ich legte einen Arm um seinen Nacken und
zog ihn leicht zu mir hoch. Bevor ich das letzte Stückchen zwischen unseren Lippen
aufheben konnte, tat er das schon.
Es war keiner seiner sonst so leidenschaftlichen Küsse. Nur ein ganz kurzer. Schon nach
wenigen Sekunden löste er sich wieder von mir und stand schließlich auch auf. „Ich schau
nach dem Kleinen“, murmelte er und verließ den Raum. Ließ mich wieder allein zurück.
Es ging ihm nicht gut. Das müsste er nicht einmal versuchen zu verstecken. Wir waren
jetzt schon lange genug zusammen, dass ich es ihm ansah.
Er wollte hier bleiben und sein ruhiges Leben weiter führen. Aber wollte er sich auch
Luca einfach so stellen? Selbst hatte er doch gesagt, dass der Vampir sauer sein würde.
Und das eigentlich auf mich. Ich hatte Pio getötet. Aber auch nur, weil er die Finger
nicht von Jemil lassen konnte. Er hätte ihn nur nicht mehr anfassen müssen und ihn erst
recht nicht wieder versuchen zu vergewaltigen, dann würde er noch leben.
Aber Pio wollte es doch nicht anders. Er hätte sich bewusst sein müssen, dass ich ihn
töten würde. Ich liebte Jemil und tat es immer noch. Er war das einzige für mich, was mir
wichtig war. Mit Felix. Keiner durfte einem von beiden auch nur ein Haar krümmen, außer
er wollte unbedingt Bekanntschaft mit meinem Gebiss und meinen Klauen machen.
Langsam ließ ich den Kopf in den Nacken fallen. Würde es eigentlich etwas bringen, wenn
wir von hier weggingen? Im Grunde würden wir doch so nur noch mehr auf uns aufmerksam
machen. Vielleicht wäre es einfacher, wir blieben einfach hier. Ob wir jetzt wegliefen
und sie uns weiter verfolgen oder wir auf ihre Ankunft warteten, war doch eigentlich egal.
Ich sank auf die Seite und rollte mich zusammen so gut es ging. Meine Nasenspitze
berührte schon fast meine Knie.
„Wenn du Fell und einen Wolfsschwanz hättest, wärst du wirklich ein Wolf“, meinte da auf
einmal Jemil. Mit einem leichten Lächeln stand er in der Wohnzimmertür, als ich den Kopf
hob.
„Es wäre wohl ein Leichtes, dass auch noch zu bekommen“, erwiderte ich mit einem etwas
mürrischen Unterton.
Ich müsste mich nur verwandeln. Dann wäre ich einem Wolf ähnlich genug. Nur hatte ich
immer noch zu viel Angst, dass mir die Kontrolle über meinen Körper verloren ging. Weiß
Gott was ich dann mit Jemil anstellen würde. Nur einmal, als wir miteinander geschlafen
hatten, wäre beinahe das Monster in mir durchgebrochen.
Meine Augen hätten sich damals schwarz gefärbt und nicht ein einziges Gefühl mehr
gezeigt, hatte mir Jemil damals danach gesagt. Dass ich ihm in dieser Nacht wehgetan
hatte erfuhr ich dafür erst ein paar Tage später, als ich durch Zufall einmal seinen
Rücken zu Gesicht bekommen hatte. Rote Schrammen hatten sich dort abgezeichnet. Von
Klauen verursacht. Anfänglich wollte er es nicht einmal zugeben. Aber wer sonst sollte
ihn verletzten können? Felix sicher nicht. Der war viel zu klein dafür.
„Was schaust du denn so bedrückt?“
Der Vampir war vor mich getreten und hatte jetzt die Arme um meine Schultern geschlungen.
Selten machte er das wirklich um mich zu trösten. Sondern eigentlich um selbst Halt zu
haben. Was für Angst er doch davor hatte zu sinken. Abzurutschen und in die Finsternis zu
fallen. Wenn er mich umarmte, wüsste er, dass das nicht ging. Zumindest meinte er das
manchmal zu mir. Ich verstand das gar nicht richtig.
„Es hilft nichts wegzulaufen“, murmelte ich leise.
Bei Pio hatte es uns damals doch auch nichts geholfen. Er hatte uns einfach so eingeholt
und dann wollte er sich auch noch einfach so wieder an Jemil vergehen. Es widerte mich
selbst jetzt noch an, dass ich erst so spät damit anfangen konnte, es zu verhindern.
Hätte ich damals nur früher fliehen wollen, dann wäre ich möglicherweise auch früher bei
Jemil gewesen. Wir hätten uns nicht so spät kennen – und lieben? - gelernt. Vielleicht
wäre er auch noch nicht so zerbrochen gewesen. Pio war doch im Grunde dafür schuld, dass
der Blonde so gefühlskalt war.
„Ist für Felix auch besser. Wir sollten ihm gar keine Angst deswegen machen“, murmelte
der Vampir und schmiegte sich an mich. Er genoss es doch immer wieder, wenn er etwas mit
mir kuscheln konnte. Sein Körper – und vor allem seine Seele – brauchten es manchmal,
dass er sich einfach an mich drücken konnte.
Ich strich über seine flauschigen Nackenhärchen. Eigentlich war ich doch der Hund, der es
lieben sollte, wenn man ihn kraulte – und ich tat es auch –, aber Jemil war genauso
scharf darauf.
Zaghaft legte er sich wieder zu mir und schloss auch schließlich langsam die Augen.
Während ich mit den Fingern über seine Taille glitt und dann auch vorsichtig unter sein
Shirt.
„Jesko, deine Hände sind kalt“, maulte der Vampir dann aber auch schon los. Mir entfuhr
nur ein leises Kichern. „Dann lass sie mich doch an dir wärmen.“
Mit sanfter Gewalt drückte ich ihn aufs Sofa und beugte mich über ihn um ihn zu küssen.
Meine Finger bahnten sich derweil ihren Weg unter seinem Oberteil nach oben zu seiner
Brust. Vorsichtig begann ich seine Brustwarzen zu massieren.
„Hör auf“, brauchte der Ältere unter einem Keuchen heraus. „Wieso denn?“, fragte ich und
stellte mich dumm. Wieso sollten wir es jetzt lassen?
„Felix... er wird uns hören.“
Das war doch langsam nicht mehr schön. Das er mit der Ausrede kommen würde, war doch klar.
„Erstens denke ich einmal, dass er noch schläft und zweitens weiß er, dass wir zusammen
sind und uns gelegentlich auch einmal so lieben müssen. So kindlich, wie du denkst, ist
er nicht.“
Ich zog Jemil einfach das Shirt aus, obwohl er sich mit aller Gewalt dagegen wehrte. Doch
kaum dass ich ihn davon 'befreit' hatte, wollte er mich schon von sich wegstoßen. So
leicht ließ ich mich aber nun auch nicht überrumpeln.
Fast mühelos drückte ich ihn wieder zurück und presste seine Arme über seinen Kopf auf
die Couch. Genüsslich begann ich seine Brustwarzen zu liebkosen. Dass es ihm nicht gefiel
könnte er mir jetzt nicht mehr weiß machen.
Ihm entfuhr immer wieder ein leises Stöhnen. Wollte er es wirklich noch unterdrücken?
„Lass es schon raus.“ Nur noch mit einer Hand hielt ich seine Arme fest, als ich ihm das
ins Ohr hauchte.
Die Finger meiner anderen Hand bahnten sich gerade ihren Weg nach unten zu seiner Hose,
die ich ihm ausziehen wollte. Dagegen sträubte er sich aber auch wieder. Dieses Mal sogar
kräftiger.
Auf einmal landete ich durch ihn auf dem Boden. Fast schon triumphierend blieb er auf mir
sitzen. Gerade hätte ich diesen verdammten Hosenknopf aufbekommen. Und dann tauschte er
jetzt gerade unsere Positionen.
Er hatte sich meine Arme gekrallt und drückte sie auf den Boden, bevor er anfing mich zu
küssen. Erst auf die Lippen, dann wanderte er an meinem Unterkieferkochen entlang zu
meinem Ohr. Von dort meinen Hals hinunter. Bis zum Schlüsselbeinknochen.
Ich wand mich unter ihm, aber einmal ließ er wohl dem Vampir in sich freien Lauf. Dadurch
musste er wohl sogar stärker sein, als ich. Zumindest kam es mir so vor.
Doch mit einer Hand konnte er meine Arme trotzdem nicht festhalten, als er mein Shirt mit
der anderen hoch schieben wollte. Da konnte ich mich aus seinem Griff befreien und
brauchte ihn wieder unter mich.
„Pech gehabt, Fledermaus“, meinte ich grinsend.
Endgültig brachte ich endlich seine Jeans von ihm los und kurz darauf auch seine Shorts.
Wie er es doch eigentlich hasste, wenn er so völlig entblößt vor mir liegen musste.
Mürrisch ließ er den Kopf zu Seite fallen. Da hörte ich aber auf einmal etwas. Ganz
leise. Ein Wimmern?
„Verdammt“, murmelte ich und sprang auf. Ließ den irritiert dreinschauenden Jemil einfach
so liegen. Aber Felix war jetzt wohl oder übel wichtiger, als dass ich meine Lust stillen
konnte.
Der Kleine war aufgewacht und hatte sich zusammen gekauert. Ängstlich blickte er mich an.
„Was ist denn?“, fragte ich verwirrt und ging vor seinem Bett in die Hocke. Doch er
schlang nur die Arme um mich und presste seinen Kopf gegen meine Brust.
„Ich hab solchen Durst“, flüsterte er schließlich.
Von mir konnte er nur nichts haben. Mein Blut war tabu. Nicht nur für ihn. Auch für
Jemil. Und gerade der wusste, dass ich es möglicherweise nicht überstehen könnte.
„Ich hol dir was. Bin gleich wieder da.“
Zärtlich küsste ich den Kleinen auf die Stirn, bevor ich in den Gang hinaus lief und von
dort aus in die Küche.
Als ich mit einer Blutkonserve wieder den Rückweg antreten wollte stand auf einmal Jemil
in der Küchentür. Nackt.
„Bin gleich bei dir.“ Ich gab ihm flüchtig einen Kuss auf die Wange. Aber scheinbar
stimmte das ihn nicht unbedingt glücklich. Da hatte er sich einmal wieder dazu erweichen
lassen, dass wir miteinander schliefen und dann ließ ich ihn liegen.
Ich beeilte mich bei Felix. Obwohl der das scheinbar auch tat. Binnen weniger Sekunden
hatte er die Blutkonserve leer getrunken.
„Geht's wieder?“, fragte ich besorgt und der Hybride nickte langsam.
„Bleibst du noch etwas hier?“, wollte er wissen und beinahe hätte ich sogar ja gesagt,
aber da kam mir der Vampir schon wieder in den Sinn.
„Geht nicht. Jemil braucht mich.“
Ob es jetzt wirklich brauchen war? Eigentlich könnte er sich genauso gut selbst einen
runter holen. Aber das wäre wohl nicht so schön, wie mit mir.
Noch einmal küsste ich Felix auf die Stirn und deckte ihn fürsorglich zu, bevor ich
zurück ins Wohnzimmer ging. Nur war da kein junger, nackter Vampir mehr.
Etwas irritiert sah ich mich um. Seine Klamotten lagen noch immer auf dem Boden. Also
hatte er die zumindest nicht mehr angezogen.
Ich machte auf den Haken kehrt. Es gab doch jetzt wirklich nur einen Ort, wo er sein
konnte.
Leicht hob ich eine Augenbraue, als ich die Küche wieder betrat. Der junge Vampir saß auf
den Küchentisch und schlürfte genüsslich ein Glas Blut.
„Auf dem Küchentisch?“, fragte ich etwas irritiert und hob die zweite Augenbraue.
„Wieso nicht oder willst du auf einmal nicht mehr?“ Etwas von der roten Flüssigkeit floss
an Jemils Mundwinkel hinunter.
„Im Wohnzimmer wäre mir lieber gewesen. Aber so ist es auch gut“ Zärtlich leckte ich ihm
das Blut aus dem Gesicht.
Solange wir es überhaupt taten.