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Dämonisch

von

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Hauptangriffsziel

Hauptangriffsziel
 

Also zuerst ein Mal vieeeelen Dank für über 50 Kommis!

*knuffz*

Und dann entschuldigung dass es so lange dauert, aber ich habe im Moment ganz einfach viel zu wenig Zeit!

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Der nächste Tag begann für Mais Geschmack viel zu früh. Durch ihr seltsames Schlafverhalten war ihr gesamter Tagesrythmus durcheinander gekommen und der zusätzliche Muskelkater machte ihr das Leben nicht wirklich leichter. So stolperte sie von Zeit zu Zeit über irgendwelche Bodenunebenheiten oder Steine, während sie versuchte ihr Gähnen zu unterdrücken.
 

Aber da sie sich ja im Reich der Schneefrau befanden, war es unklug sich zu trennen und so musste sie, ob sie wollte oder nicht, bei der Gruppe bleiben. Insgesamt konnte man ihren Zustand als ziemlich seltsam beschreiben: Einerseits beherrschte sie bleierne Müdigkeit, andererseits ebensogroße Langeweile. Und zusätzlich dazu war im Hintergrund immer noch die Angst vor der Yuki Onna vorhanden.
 

Allerdings war ihre Wanderung ziemlich nutzlos. Da sie nicht einen gesamten Berg mit Kameras überwachen konnten, fiel die klassische Vorgehensweise der SPR von Anfang an aus. Sie konnten also nur umhergehen und hoffen, ein Zeichen des verschwundenen Mannes oder der Schneefrau zu entdecken. Beides glich der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Das einzig sichere Mittel um etwas heraus zu finden war im Moment Mais Fähigkeit, was ihrem Ego zugegebener Maßen sehr schmeichelte.
 

Die nächste Pause fand erst wieder am frühen Nachmittag statt. Das Ergebnis des bisherigen Tages war allerdings mehr als enttäuschend: Viel Mühe, gar kein Erfolg. Den gesamten Tag waren sie über Stock und Stein gewandert, hatten aber weder etwas vom vermissten Mann, noch etwas von der Yuki Onna zu Gesicht bekommen. Um vor dem Einbruch der Dunkelheit wieder in die kleine Berghütte zu gelangen, wurde außerdem entschieden an diesem Punkt umzukehren.
 

Völlig am Ende ihrer Kräfte schleppte sie sich schließlich zu Naru, bevor sie, ohne ein weiteres Wort, einfach an seiner Schulter einschlief.
 

Wieder sah sie zwei Personen vor sich, diesmal aber zwei Männer. Den einen erkannte sie wieder, er war der Geliebte der jungen Frau und kniete vor einem edel gekleideten Mann.

„Ihr habt mich rufen lassen, mein Fürst?“

„Allerdings. Ich habe etwas gefunden, dass mein Interesse geweckt hat. Und ich möchte, dass du es mir beschaffst.“
 

Die Augen des Fürsten jagten Mai einen eisigen Schauer über ihr Rückgrad. Sie waren hart und kalt, völlig lieblos aber gierig.

„Und was soll ich Euch beschaffen, Herr?“

Seine Lippen verzogen sich zu einem grauenhaften Grinsen.

„Ein Mädchen. Mit Augen so blau und klar wie ein tiefer Bergsee, Haare, die so weich wie Seide sind und so schwarz wie Kohle, Lippen von der Farbe von frisch vergossenem Blut und einer Haut so makellos wie ein unberührtes Schneefeld. Mir ist zu Ohren gekommen, dass diese Person zu deinem Bekanntenkreis gehört. Bring sie zu mir.“

„My Lord…“

„Irgendwelche Einwände?“

„N-Nein. Natürlich nicht, nein.“

„Hm. Ich weiß sehr wohl, dass sie deine Geliebte ist. Und ich weiß, dass du sie niemals freiwillig ausliefern würdest. Schließlich wärst du ein Narr, würdest du es tun.“

Der Diener schwieg darauf hin und starrte zu Boden, blass wie eine Leiche. Dann schien er sich zu sammeln und starrte dem Fürsten mit stechendem Blick in die Augen. Eine Tat, die sich ein Untergebener seinem Fürsten gegenüber niemals erlauben durfte.

„Da habt Ihr allerdings Recht. Nie werde ich sie ausliefern, mögt ihr mich foltern oder töten, es ist gleichgültig. Aber sie wird nicht in Eure Fänge geraten, das schwöre ich bei allem was mir heilig ist!“
 

Der Fürst lachte nur, leise und eiskalt.

„Oh, das ist ja fast wie in einem dritklassischen melodramatischen Theaterstück! Der edle Ritter, der seine schöne Geliebte vor den Klauen der Bestie rettet und sich selbst heldenmütig opfert.“

Das Grinsen wurde breiter und bestialischer.

„Aber deine Rechnung kann nicht aufgehen, mein heldenmütiger Narr. Du hast einen wichtigen Punkt vergessen- “
 

Er ließ den Satz in der Schwebe und kam dem immer noch knienden Mann näher und sah ihm fest in die Augen.

„Ich kann dich zwingen.“ Flüsterte er beinahe sanft.

Und während er das sagte, weiteten sich seine Pupillen plötzlich so weit, dass seine Augen tiefschwarz wirkten. Und gleichzeitig schien jeder Kampfgeist aus den Augen des Mannes zu verschwinden. Er wirkte wie eine leblose Hülle, vielleicht wie eine besonders plastische Wachspuppe, die man aber doch immer am seelenlosen Blick als unecht erkannte. Nur bewegte sich diese Puppe, atmete und konnte sprechen.

„Geh und bringe deine Geliebte zu mir.“

„Jawohl.“
 

Der Triumph glühte in den Augen des Fürsten, während der Mann sich mit langsamen Schritten entfernte.

„Mögen die Spiele beginnen…“ flüsterte er leise, ehe er anfing zu lachen.
 

Keuchend und schreckensbleich fuhr Mai aus dem Schlaf.

„Beruhige dich. Es war ein Traum.“

Mai überlegte nur einen Sekundenbruchteil, warum sie eigentlich in seinen Armen geschlafen hatte und vergrub zitternd ihr Gesicht in seiner Jacke.
 

Das war PK-LT gewesen- ihre Fähigkeit. Nur war es ihre Fähigkeit in der Hand eines Monsters gewesen. Und zum ersten Mal wurde ihr bewusst wie furchtbar ihre Gabe sein konnte. Wollte sie ihre Fähigkeit überhaupt meistern, wenn ein Mensch damit so furchtbare Dinge tun konnte? Und wie war es weiter gegangen? Was hatte der Mann unter der Kontrolle des Fürsten seiner Geliebten alles angetan?
 

Naru hingegen versuchte, die grinsenden Gesichter der restlichen Gruppe zu ignorieren, die ihn schon genervt hatten seid Mai an seiner Schulter eingeschlafen war.

Sogar ein leises „Awww“ von der Bergführerin hatte er Mitanhören müssen.

Es war nicht besser geworden, als er sie vorsichtig in die Arme genommen hatte, um ihre Lage zu verbessern. Eher das Gegenteil. So war er die gesamte Zeit hin und her gerissen zwischen Mais Wohlergehen und dem blöden Grinsen seiner Kollegen. Mais Wohlergehen hatte gewonnen.

Und wahrscheinlich würden sie ihn damit noch Jahre lang nerven. Wenigstens waren weder der Mönch noch die Miko anwesend, sonst hätte er sich deren Kommentare auch noch anhören müssen. Immerhin war der Priester meistens Taktvoll und Lin eher schweigsam- gute Voraussetzungen, um diesen Vorfall in Vergessenheit geraten zu lassen.
 

Ein Seuftsen unterdrückend wandte er sich wieder an seine aufgelöste Freundin.

„Kannst du weiter gehen?“

Sie nickte nur und stand auf, bei weitem gefasster als zuvor. Und völlig in Gedanken starteten sie den langen und anstrengenden Rückweg, den Mai ausnahmsweise nicht wirklich mitbekam. Vor sich sah sie immer noch das tragische Liebespaar.

Es war nicht direkt der Trauminhalt gewesen, der sie mitgenommen hatte, sondern die Vorstellung was dem Mädchen widerfahren sein musste, um aus ihr die Yuuki Onna zu machen. Und die Vorstellung, zu was für einer grausamen Waffe ihre eigene Fähigkeit werden konnte. Das war es, was ihr Angst machte. Und das war es, was sie aus der Fassung gebracht hatte.
 

Was musste einem durch und durch guten Menschen alles geschehen, damit aus ihm eine hasserfüllte, mordlustige Bestie wurde? Wenn sie das Glückserfüllte Lachen aus ihrem Traum mit dem gespenstischen Kichern auf dem Schneefeld verglich, würde sie nie auf die Idee kommen dass es möglicherweise von derselben Person stammen konnte. Und die Angst, dass sie es bald herausfinden würde, wurde ebenfalls immer nagender.
 

So mit ihren Gedanken beschäftigt merkte sie erst, dass sie an der Berghütte angekommen waren, als sie schon direkt davor stand. Seuftsend sammelte sie sich und fing endlich an den anderen zu erzählen was sie gesehen hatte. Stockend erklärte sie schließlich auch ihre Gedankengänge.
 

Eine kleine Weile schwieg die Gruppe noch, bevor Midori stockend bemerkte, dass sie jetzt am besten das Abendessen machte. Während Lin sich wieder den Unterlagen zuwandte, zog sich John taktvoll wie gewohnt zurück um dem jungen Paar Zeit für sich zu geben.
 

„Deine Träume bringen allmählich Licht in die Sache.“ Meinte Naru schließlich, als Mai immer noch schwieg.

„Ja. Aber vor dem nächsten habe ich Angst. Kannst du dir vorstellen, was das Mädchen durchgemacht haben muss, um zur Yuki Onna zu werden? ICH werde es bald erfahren.“
 

Wieder schwiegen beide einen Moment. Schließlich seuftste Mai schwer.

„Am Besten bringe ich es schnell hinter mich. Es wird nicht leichter wenn ich es vor mir her schiebe.“

„Willst du, dass ich dich wecke wenn ich sehe, dass du einen Alptraum hast?“
 

Mai erstarrte einen Moment. Bot er ihr tatsächlich gerade an, neben ihr zu sitzen und sie zu bewachen während sie schlief??? Oder interpretierte sie zu viel in seine Worte und er meinte es völlig anders? Aber was könnte er sonst meinen? Zu verwirrt um zu antworten nickte sie schließlich.

„Ja… bitte. Ich glaube, das würde mich beruhigen.“
 

Letztendlich lag sie also neben dem Tischchen kaum einen halben Meter von Naru entfernt am Boden und versuchte zu schlafen. Und da der Tag unglaublich anstrengend gewesen war, schaffte sie es trotz der Angst vor dem gewöhnlich folgenden Traum.
 

Währenddessen wurde sie von Naru scharf im Auge behalten, der sehr überzeugend so tat als würde er sich nur und zwar wirklich ausschließlich nur mit seiner Arbeit beschäftigen.

So klang der Abend langsam aus und letzten Endes war er der Einzige der noch wach war.
 

„Jetzt gib schon deinen Kommentar ab.“ Murrte er schließlich leise und neben ihm tauchte ein breit grinsender Gene auf.

„Du musst ja schon fast platzen vor lachen.“ Sagte er sarkastisch.

„Stimmt.“ Gluckste sein toter Zwillingsbruder vergnügt.

„Wer hätte gedacht, dass es dich einmal so erwischen würde??? Mai ist wirklich ein außergewöhnliches Mädchen.“

„Das hatten wir alles schon einmal.“

„Stimmt, aber das du für ein Mädchen deine Arbeit links liegen lässt hatten wir noch nie. Das ist ja sooooooo romantisch!“

Er hatte es also bemerkt. Natürlich hatte er es bemerkt, das war ja schließlich Gene.
 

„Bist du jetzt fertig?“

„Nein! Noch lange nicht! Ich hab heute wirklich ein paar süße Bilder von euch aufgeschnappt, Mum und Dad werden sich freuen.“
 

Irgendwie hatte er das plötzliche verlangen seinen Kopf an die Tischplatte zu donnern.

„Schon gut, ich hör ja schon auf… Sag Mal…. Wird Mai nicht irgendwie unruhiger…?“

„Ja- sie träumt wieder.“
 

Mai konnte nur tatenlos zusehen als der kontrollierte Mann seine Geliebte direkt zu dem Fürsten führte. Konnte nur zusehen, als er seine Geliebte verhöhnte und sogar schlug, ihr erklärte wie dumm sie doch gewesen war, anzunehmen, dass er nur wegen einem Mädchen seinen Fürsten verraten würde. Und sie konnte auch nichts tun als das Herz des Mädchens brach und der Fürst anfing sein grausames Spiel mit ihr zu spielen, mit dem Ziel ihren Willen zu brechen, letztendlich aber das ganze Mädchen zerbrach.
 

Sie wollte sich am liebsten abwenden als sie mit ansah, wie er sie auf verschiedenste Weisen misshandelte, beschmutzte und verletzte, aber sie konnte sich nicht abwenden. Und endlich wurde sie vom Grauen erlöst und es wurde dünkler und die Szenerie veränderte sich.
 

Das Mädchen, völlig gebrochen und am Ende ihrer Kräfte, saß in einer Zelle, aber immerhin alleine. Ihr Zustand war eine scheußliche Karikatur ihrer einstigen Schönheit, wie sie völlig zerschunden und ohne Kleidung in der Zelle saß. Bis schließlich sogar der Wachmann den Anblick nicht mehr ertragen konnte und die Zelle aufsperrte, ihr einen einfachen Kimono in die Hand drückte und sie gehen ließ. Allerdings kam sie nicht weit. In den Bergen war der Winter bereits eingebrochen, sodass sie schließlich im Schnee zusammenbrach und erfror.
 

Wieder änderte sich die Szenerie: Das Mädchen, schön wie vorher aber mit schrecklich kalten Augen streifte als rastlose Seele in den Bergen umher, wo ein einsamer Wanderer sie entdeckte und mit begierigen Blicken musterte. Und die Yuki Onna war geboren.
 

„Mai, wach endlich auf!“

Mit rasendem Herzen riss sie die Augen auf, und erst jetzt wurde ihr bewusst dass sie schrie. Die Gruppe stand mit bleichen Gesichtern und schreckensweiten Augen um sie herum, während Naru sie an den Schultern gefasst hatte, scheinbar in dem Versuch sie aufzuwecken. Die Bilder wirbelten nach wie vor in ihrem Kopf umher und das war mehr als sie im Moment ertragen konnte. Sie sprang auf, lief aus der Hütte und übergab sich am nächsten kahlen Gestrüpp, während sie von Schluchzern geschüttelt wurde.
 

Im nächsten Moment spürte sie eine Jacke um ihre Schultern, anschließend zwei Arme die sie umfingen.

Ohne ein Wort zu sagen hielt er sie fest und wiegte sie vorsichtig, während ihr Gesicht nach wie vor von Tränen überströmt war. Und ausnahmsweise verkniff er sich den Kommentar, dass sie doch nicht einfach so alleine aus der Hütte laufen konnte, wo doch die Schneefrau nach wie vor anwesend war und sie angreifen konnte.
 

„N-Na-Naru…. Es….war einfach…. Furchtbar- das… das arme M-Mädchen.“

„Du kannst später erzählen was du gesehen hast. Im Moment solltest du dich beruhigen.“
 

Sie nickte nur leise und schluckte schwer, während er sie wieder in die Hütte zurückführte. Bei einem heißen Tee und unter den besorgten Blicken der anderen gewann sie schließlich langsam ihre Fassung wieder.
 

„Er hat sie ausgeliefert.“ Murmelte Mai schließlich dumpf.

„Und…der Fürst….“

An dieser Stelle brach ihr kurzzeitig die Stimme weg.

„Er hat sie gefoltert und Misshandelt. Auf alle Arten die ihr euch nur so vorstellen könnt, es war ziemlich sicher alles dabei was man einem Menschen antun kann. Es war ohne Ausnahme das schlimmste was ich je gesehen habe. Weißt du, Urado hat die Mädchen gleich umgebracht, ohne sie zu foltern oder so. Aber das da…. Das war… das war noch schlimmer als Urado. Weit schlimmer. Für sie war der Tod eine Erlösung, aber… durch ihre furchtbaren Umstände… da konnte sie keine Ruhe finden. Und durch die schrecklichen Erfahrungen mit Männern, die sie gemacht hat, hat sie gelernt sie alle zu hassen.“
 

„Was ist mit dem Mann passiert, der sie ausgeliefert hat?“

„Ich… ich weiß es nicht.“

Wieder machte Naru ein zutiefst nachdenkliches Gesicht.

„Gut. Mai, du solltest dich ausruhen.”

Damit wandte er sich Lin zu und besprach sich mit ihm, während Mai fühlte dass sie sich entspannte. Er hatte einen Plan, dass sah sie ihm schon an der Nasenspitze an. Und er war gerade dabei ihn mit Lin umzusetzen. Für gewöhnlich bedeutete das, dass der Fall dem Ende zuging.
 

Da es allerdings immer noch mitten in der Nacht war, legte sich der Rest der Gruppe wieder schlafen und auch Mai konnte ihre Augen nicht viel länger offen halten und schlief ein, diesmal ohne Angst vor weiteren furchtbaren Träumen. Immerhin hatte sie schon alles gesehen, was sich ereignet hatte. So verlief die Nacht angenehm ruhig- bis sie schließlich völlig unvermittelt und scheinbar ohne Grund mitten in der Nacht ein weiteres Mal aus dem Schlaf fuhr.
 

Verwirrt blinzelte sie in die Dunkelheit und versuchte den Grund ihres Aufwachens zu finden, allerdings ohne Erfolg. Es war stockdunkel und totenstill- erst jetzt fiel ihr auf, dass es ZU still war. Nicht einmal der Wind war zu hören. Bis ihr ein leises Knirschen auffiel. Es hörte sich an, als würde jemand über ein Schneefeld laufen. Sie schluckte schwer und stand mit zitternden Beinen auf um einen Blick aus dem Fenster zu wagen- und dann sah sie die Gestalt. Sie trug einen schneeweißen Kimono und war wohl das schönste Wesen das Mai je gesehen hatte. Und gleichzeitig auch das schrecklichste.
 

Ihr war, als würde sich die Hütte einfach auflösen und verschwinden, und bevor sie irgendwie reagieren konnte stand sie allein mit der Yuki Onna auf einem unberührten Schneefeld.

Doch nichts geschah.
 

Schließlich kam die Schneefrau mit langsamen Schritten auf sie zu und berührte sie beinahe sanft an der Wange. Ihre Berührung war allerdings kälter als Eis.

„So dumm…so jung... so rein… und so ähnlich.“

Zitternd und verwirrt sah sie die junge Frau an.

„W-Wem bin ich ähnlich?“
 

Die Yuki Onna gluckste leise, allerdings genauso kalt und freudlos wie auch ihr Lachen gewesen war.

„Mir natürlich. Wir sind-… WAREN uns ähnlich. Genauso dumm, genauso naiv,…“

Ihre Augen wurden beinahe weich, während sie ihren Blick über Mai wandern ließ.

Doch plötzlich schlug ihre Stimmung um und ihre Augen wurden stechend.

„So dumm, dass ich es nicht mehr ertragen kann. So ähnlich, dass ich es nicht mehr sehen will.“

Die Hand, die an ihrer Wange geruht hatte glitt tiefer und packte sie am Hals.

„Deine Existenz ist mir lästig. Deswegen wirst du mein nächstes Opfer!“
 

Und in diesem Moment fuhr sie erneut keuchend aus dem Schlaf. War das gerade ein Traum im Traum gewesen? Verwirrt schüttelte sie ihren Kopf und fuhr mit der Hand an ihre Wange. Sie war eiskalt, wo die Schneefrau sie berührt hatte. Nein, das war kein Traum gewesen. Und selbst wenn, dann war es kein normaler. Sie hatte mit der Schneefrau gesprochen. Und diese hatte sie gerade zu ihrem nächsten Opfer erklärt. Weil sie sich ähnlich gewesen waren. Weil sie die Schneefrau an ihr jugendliches Selbst erinnerte. Wunderbar, ein wütender und mordlustiger Geist setzte alles daran, sie zu töten. Genau das, was sie brauchen konnte.
 

Zögernd kroch sie unter ihrer Decke hervor und näherte sich einem offensichtlich schon schlafenden Naru. Zwar konnte sie seine Gesichtszüge in der Finsternis nicht erkennen, doch sie war sich ziemlich sicher dass er es war. Scheu stuppste sie ihn an.

„N-Naru?“ flüsterte sie leise und bemüht, die anderen nicht zu wecken.

„Mai?“
 

Seine Stimme klang dumpf und eindeutig verschlafen.

„Was ist los?“

„Die Yuki Onna hat mich soeben zu ihrem Freiwild erklärt.“

„Bitte?“
 

Sie seuftste leise und erzählte ihren Traum nach, während Naru schweigend zuhörte.

„Ehrlich gesagt überrascht mich das nicht.“ Kam der trockene Kommentar am Ende ihrer Erzählung.

„Und warum nicht?“

„Weil die Yuki Onna von Anfang an am stärksten auf dich reagiert hat. Das einzige was sich mit dieser Aussage geändert hat ist, dass wir wissen WARUM sie so auf dich reagiert.“
 

Mai biss sich auf die Lippe und sagte nichts mehr. Sollte das heißen, dass sie ihn völlig umsonst geweckt hatte? Hatte er ihr das nicht soeben auch durch die Blume gesagt? Ob er sauer war?

Ihm schien es ja schließlich nicht das geringste aus zu machen, dass ein jahrhunderte alter, starker und mordlustiger Geist sie zu seinem Hauptangriffsziel Nummer eins erklärt hatte.

Sie schluckte Nervosität, Angst und Beunruhigung hinunter oder versuchte zumindest so zu wirken, während sie wider zu sprechen anfing.

„Oh- ja. Na dann... Dann tut es mir wirklich sehr leid, dass ich dich unnötig geweckt habe. Ja, also… dann geh ich mal wieder schlafen.“
 

Sie lachte ein wenig zittrig, während sie sich umdrehte um wieder zurück zu gehen. Zumindest hatte sie vor zurück zu gehen. Unerwarteter Weise hielt Naru sie zurück, indem er sie an ihrer Hand packte und zu sich zog. Durch den veränderten Schwerpunkt fiel sie ihm, gleichgültig ob freiwillig oder nicht, in den Schoß.

„Damit wollte ich nicht sagen, dass du mich unnötig geweckt hast. Im Gegenteil, wenn ein mordlustiger Geist dich zu seinem Hauptangriffsziel erklärt, solltest du es mir immer sofort sagen. Damit wollte ich sagen, dass ich damit gerechnet habe und schon lange die Sicherheitsmaßnahmen um dich herum verstärkt habe. Risa und Gene bewachen dich beide rund um die Uhr. Egal ob die Yuki Onna dich töten möchte oder nicht, sie kann nicht an dich heran kommen. Mal davon abgesehen das Lin, John und ich dich ebenfalls mit all unseren Kräften beschützen werden. Und das sollte ja wohl reichen, oder?“
 

Der letzte Satz hatte, im Gegensatz zu den anderen, einen ironischen Tonfall angenommen. Immerhin waren sie eine fähige Gruppe. Schließlich war John der Beste wenn es um Exorzismus ging und Lin war ein fähiger Onmyouji mit mehreren Shiki und dann waren da noch Risa und Gene, die beide sehr starke Geister waren. Und naturlich Naru. Immerhin hatte der schon Dämonen zur Strecke gebracht, da könnte er es wohl auch völlig alleine mit der Yuki Onna aufnehmen. Aber er war ja nicht alleine.

Sie atmete einmal tief durch und entspannte sich wieder. Zwar musste sie vorsichtig sein, aber eigentlich schwebte sie nicht wirklich in Lebensgefahr. Immerhin hatte sie ja jemanden, der sie beschützen würde.
 

„Du solltest jetzt wieder schlafen gehen. Morgen wird ein anstrengender Tag.“

Sie nickte, auch wenn sie wusste dass sie wohl nicht einschlafen können würde. Auch wenn sie beschützt wurde, das Bewusstsein dass die Yuki Onna hinter einem her war, wirkte nicht gerade beruhigend.

Naru seuftste leise.

„Du wirst nicht schlafen können, oder?“

„Nein. Sobald ich alleine in meinem Bett liege, drängen sich diese Ängste nun einmal unwillkürlich auf.“

„Und wenn du nicht alleine liegst?“
 

Unwillkürlich starrte sie ihn an. Hatte sie sich gerade eben verhört? Oder bot er ihr tatsächlich an, dass sie bei ihm bleiben konnte? Nun ja, sie hatten doch schließlich schon in einem Bett geschlafen, also warum nicht? Wortlos und zögerlich schlüpfte sie unter seine Decke. Die Wirkung trat sofort und schlagartig in Form von grenzenloser Müdigkeit ein. Und sogar bevor sie sich bewusst nieder gelegt hatte war sie auch schon eingeschlafen. Und endlich schlief sie den Rest der Nacht traumlos und ohne weitere Störungen durch.

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Tja- eigentlich hätte in diesem Kapitel noch vieeel mehr passieren sollen, aber da ihr sowieso schon so lange wartet habe ich mir gedacht, hier ist eine gute Stelle um das Kapitel zu teilen. Ich hoffe es hat gefallen! :) (da ich die Angewohnheit habe mit allen Kapiteln irgendwie unzufrieden zu sein, kann ich das nie so recht einschätzen. Deshalb lass ich die Qualität meiner eigenen Arbeit ab jetzt lieber unkommentiert^^)

lg

naias
 

P.S: Voraussichtlich wird das nächste Kapi "Im Angesicht der Schneefrau" heißen, wen auch immer es interessiert.



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Kommentare zu diesem Kapitel (10)

Kommentar schreiben
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Von:  hard-peel_soft-core
2012-05-16T21:07:04+00:00 16.05.2012 23:07
Du wirst wirklich von Kapitel zu Kapitel besser. Ich liebe deine Geschichte. Du hast die Charaktere soooo gut getroffen und auch deine Erklärung für Narus kaltes distanziertes Verhalten gefällt mir total gut.
Von: LostChild666
2011-05-23T14:41:43+00:00 23.05.2011 16:41
Auf jeden Fall sehr geil, inhaltlich wie sprachlich. Du wirst besser und langsam kommt dieser fall zu seinem Höhepunkt. ^^

Mach weiter so!

LG, LostChild666
Von:  Annie
2010-10-21T19:32:31+00:00 21.10.2010 21:32
das mit dem gefahren anziehen kommt mir i.wie bekannt vor??
da kam auch sowas vor mit in flaschen abfüllen?... mhh... wenn ich nur wüsste wo ich das gesehn oder gelesen hab -.- << alzheimer. xD

aufjedenfall tolles kapitel und wenn auch leicht schaurig, süßes ende ;)

lg tonia
Von:  Takiii
2009-12-30T01:01:44+00:00 30.12.2009 02:01
wow, hast du wirklichi geschichte der Yuki Onna genommen?
oder ging die ganz anders, spielt ja keine Rolle.
DAs Chapter war ist Klasse, kann kaum dein nächstes erwarten :D

liebe grüsse yeelloow91
Von:  Sayuri1989
2009-12-29T22:20:14+00:00 29.12.2009 23:20
dieses kapi ist einfach der hammer
freu mich schön auf das nächste kapi
Von: abgemeldet
2009-12-28T21:06:58+00:00 28.12.2009 22:06
Endlich!!!!
Ich hab schon gedacht du schreibst nicht mehr...
Ein super Kappi:)Schreib SCHNRLL weiter ok?XD
deine miki15
Von:  Kirika88
2009-12-28T00:24:48+00:00 28.12.2009 01:24
Wow, wieder mal ein gelungenes Kapitel ^^ Ich les deine FF hier echt gern ^^ Und auch ich kann es kaum erwarten bis es weiter geht *-* Aber stress dich nich! Das ist nicht gut für dich =.O Ganz liebe Grüße, Kiri ;-)
Von:  Lady_Luna
2009-12-27T23:15:11+00:00 28.12.2009 00:15
endlich ein neues kappi ^^
freu mich schon auf das nächste ^^
Von: abgemeldet
2009-12-27T16:06:26+00:00 27.12.2009 17:06
supi kappi!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!:)
freu mich schon auf das nächste *jippi*

Von:  Lilly0207
2009-12-27T13:56:53+00:00 27.12.2009 14:56
Juhuuuuuuu!!!! Endlich ein neues Kappi. Kann gar nicht warten bis das nächste da ist. Beeil dich ok? xD
LG Lilly0207


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