Chapter 11 - Unterwegs (I) - Wolfsgeheul
Die drei Shinobi waren erst wenige Stunden unterwegs, doch noch nicht sehr weit gekommen. Es hatte zwar nicht weiter geschneit, doch war es die letzte Zeit so kalt gewesen, dass der Schnee an der Oberfläche gefroren war und bei jedem Schritt zu scharfen Eissplittern zerbrach. So war es nicht weiter verwunderlich, dass die Füße der drei nicht nur taubgefroren sondern teils sogar aufgeschnitten waren. Trotzdem sagte keiner ein Wort; eisernes Schweigen. Die einzigen Geräusche die zu hören waren, war das brechen und knirschen des Schnees und seiner dünnen Eisschicht und das heulen des Windes, der eisig um die kleine Gruppe wehte.
Doch während die beiden Akatsuki von ihren Mänteln gewärmt wurden, zitterte Sasuke vor sich hin. Sein Outfit war einfach zu dünn, zu freizügig, für diese Witterung. Die Arme fest um seinen halbnackten Oberkörper geschlungen stapfte er seinem großen Bruder nach, darauf bedacht möglichst in seine Fußstapfen zu treten. Nicht nur um seine Füße vor weiteren rasiermesserscharfen Eissplittern zu schützen, sondern auch um Energie zu sparen.
Kisame trottete als Nachhut hinter den beiden Uchiha her, die Augen auf den Rücken Sasukes gerichtet und darauf achtend, dass der Jüngste nicht doch noch versuchte abzuhauen. Doch bislang verhielt er sich ruhig. Trotzdem erhob Kisame das Wort.
„Itachi-San! Haben wir nicht eine Decke oder sowas dabei?“
Der angesprochene blieb stehen und drehte sich um, schaute fragend in die raubtierhaften Augen seines Teamkollegen. Dieser deutete nur auf den Kurzhaarigen, der noch immer zitternd dastand und abwechselnd seine „Reisegefährten“ anschaute.
Itachi schwieg einen Moment, ehe er antwortete: „Iie, haben wir nicht.“
Sein Tonfall war emotionslos wie immer, doch seine Handlung das genaue Gegenteil. Denn statt einfach weiter zu gehen zog er sich den schweren Mantel aus und warf ihn seinem Otouto zu. Dieser fing den schwarzen Stoff verdattert, zog ihn aber dennoch schweigend an. Zumindest aus seinem Oberkörper verschwand die Kälte schlagartig und der Duft seines Aniki hatte insgeheim noch immer eine beruhigende Wirkung auf den Kurzhaarigen. Trotzdem schaute er Itachi fragend an, ehe auch er sich endlich zu Wort meldete.
„Frierst… frierst du jetzt nicht?“
„Ach was, im Gegensatz zu dir geht es mir gut, so schnell fang ich schon nicht an zu frieren.“, antwortete der Langhaarige.
Sasuke glaubte für einen kurzen Moment ein Lächeln auf den Lippen des Älteren zu sehen, doch noch ehe er genauer hinschauen konnte hatte dieser sich wieder abgewandt und setzte den Weg fort.
Auch die anderen beiden setzten sich wieder in Bewegung, schließlich wollten sie sich nicht unnötig lange der beißenden Kälte aussetzen. Mühsam stapften sie also weiter durch das tiefe und verschneite Unterholz.
Es war mitten in der Nacht, als der kleine Trupp an der Höhle ankam, in der sie auch schon auf dem Weg zum Hauptquartier gerastet hatten. Holz hatten die beiden Akatsuki unterwegs immer wiedereingesammelt. Hier und da fand sich nämlich tatsächlich trockenes. Und nun wurde dieses in der Höhle von einem Katon Itachis entflammt. Es dauerte nicht lange bis ihnen wieder anständig warm wurde und sowohl Sasuke als auch Kisame die Mäntel ablegten.
Der blauhäutige Nuke-Nin kramte daraufhin suchend in der Tasche, die er mitgenommen hatte. Es dauerte eine Weile, bis er den Gesuchten Gegenstand fand: Nahrungspillen.
„Sasuke… wenn du schon nichts Essen willst, dann nimm wenigstens die. Dein Körper macht sonst nicht mehr lange mit, es grenzt sowieso schon an ein Wunder, dass du noch unter uns weilst.“, kommentierte der ehemalige Kiri-Nin und reichte dem jungen Uchiha die Pillen.
Dieser sah sie einen Moment schweigend an, ehe er zögerlich nach einer der kleinen Kügelchen in der großen blauen Hand Kisames griff.
„Wenn eine ausreicht…?“
„Hai, eine reicht schon. Itachi-San und ich wollen doch nur nicht, dass du uns hier wegstirbst.“, antwortete der Älteste mit einem breiten, Zähne entblößendem Grinsen.
Wäre Sasuke in der Verfassung gewesen, hätte er dieses vermutlich lustig gefunden. Immerhin machte Kisame so einen ziemlich – im positiven Sinne – dämlichen Eindruck, was ihn aber auch irgendwie wieder sympathisch machte.
Widerwillig schluckte der Kurzhaarige also die kleine Pille, spülte sie mit etwas Wasser, welches ihm von dem haiähnlichen Mann gereicht wurde, hinunter.
Itachi hingegen saß nahe dem Höhleneingang und stierte in die nun herrschende Finsternis der Nacht. Nur eine dünne Mondsichel spendete noch klägliches, silbernes Licht.
„Itachi… komm doch näher hier her, du erkältest dich noch…“, Sasuke wusste selbst nicht, woher die Sorge um seinen Aniki kam, sie war einfach da.
Vielleicht hasste er ihn doch nicht so sehr, wie er es sich selbst einreden wollte? Vielleicht hing er noch immer an ihm? Schließlich hatte er ihn vor der Kälte und dann auch noch vor Orochimaru gerettet. Und nun wollte er ihn an einen Ort bringen, den er für seinen Otouto am sichersten hielt. Er konnte also nicht dieser miese Bastard sein, für den ihn Sasuke seit jener Nacht, seit dem Clanmassaker, gehalten hatte. Vielleicht… ja, vielleicht war er doch noch der Itachi, von dem er selbst behauptet hatte, ihn nur zu spielen. Vielleicht war er ja doch der liebe, fürsorgliche große Bruder den der Kurzhaarige noch aus seiner Kindheit kannte?
Nein! Da war schon wieder der Anflug von Hoffnung! Hastig schüttelte Sasuke den Kopf, wollte den Gedanken loswerden, fing sich dabei aber skeptische Blicke seitens der beiden Akatsuki – Itachi war in Zwischenzeit tatsächlich näher ans Feuer gerückt.
„Ist alles in Ordnung mit dir, Otouto? Du wirkst konfus.“, erkundigte Itachi sich mit einem Stirnrunzeln.
„Hm? Äh… hai, alles in Ordnung…“, schwindelte der Angesprochene schnell.
Zwar blieben die Blicke der beiden Akatsuki skeptisch, doch keiner der beiden fragte weiter nach. Schweigend saßen sie nun wieder um das kleine Lagerfeuer herum und starrten in die orangeroten Flammen. Draußen blieb es weiterhin ruhig. Nur das konstante pfeifen des Windes war zu hören, hin und wieder konnte man auch eine Eule hören; einmal sogar das Heulen eines Wolfes. Ein Heulen, dass keine Antwort erhielt.
Wieder verfiel der Jüngste der kleinen Gruppe in Gedanken. So wie dieser Wolf sich fühlen musste, hatte er sich vor Jahren auch gefühlt. Nach dem Massaker hatte er immer wieder verzweifelt nach Hilfe gerufen, manchmal in der Hoffnung, dass doch einer seiner Verwandten – außer Itachi – überlebt hatte und sich jetzt seiner annehmen würde. Doch es kam niemand. Die anderen Dorfbewohner waren wie andere Lebewesen. So wie die Eule jetzt wohl für den Wolf war. Sie war da, aber beide konnten nichts miteinander anfangen. Und noch immer fühlte sich Sasuke alleine. Er hatte nicht das Gefühl, dass sein Bruder ihm die verlorene Familie ersetzte, auch wenn sie vom selben Schlag waren. Und auch, wenn er sich irgendwie geborgen in seiner Gegenwart fühlte. Er hatte nicht das Gefühl, wieder ‚Zuhause‘ zu sein.
„Was ist los, Sasuke? Du wirkst so abwesend.“, ertönte plötzlich die dunkle Stimme Itachis neben ihm.
Verwirrt schaute der Jüngere auf, dann umher. Das Feuer war kleiner als zuvor und Kisame schien inzwischen schon zu schlafen. Auch der Mond schien höher zu stehen, denn er konnte ihn durch den Höhleneingang nicht mehr sehen.
„Es ist nichts… ich habe nur nachgedacht…“, antwortete der Kurzhaarige nun doch leise.
„Sicher? Du hast so traurig geguckt.“
„Sicher… ich bin wirklich nur meinen Gedanken nachgehangen… Aber sag mal… wieso kümmert es dich so sehr was mit mir ist? Sobald du mich in Konoha abgeliefert hast gehst du doch eh wieder nur deiner Wege ohne dich darum zu scheren, was mit mir wird.“
„Das stimmt so nicht. Natürlich mache ich mir Sorgen, ob es dir wirklich gut geht. Aber was soll ich machen? Ich bin ein Nuke-Nin und kann wohl kaum einfach mal so ganz offensichtlich in Konoha herumspazieren und nach dir schauen. Sie würden sofort versuchen mich gefangen zu nehmen.“
„Dann müsstest du ein Henge benutzen.“
„Früher oder später würden sie mich trotzdem ausfindig machen. Mein Chakra kann ich schließlich nicht ändern, daran würden sie mich erkennen.
…Aber kann es sein, dass du gar nicht von mir wegwillst, Otouto?“
„Spinn nicht rum! Du bist schließlich Schuld daran, dass mein Leben so aus den Fugen gelaufen ist.“
„Ich weiß. Und ich wünschte wirklich, ich könnte es wieder rückgängig machen. Ich wollte nie, dass du solche Qualen durchmachen musst.“
Sasuke schaute seinen Aniki einen Moment schweigend an. War das gerade Reue gewesen, die in seiner Stimme zu hören war? Oder hatte er sich das bloß eingebildet?
„Beantworte mir eine Frage, Aniki.“
„Die da wäre?“
„…Wieso hat unser Clan überhaupt versucht Konoha zu übernehmen? Es muss doch einen Grund gehabt haben, oder?“
„Natürlich gab es einen Grund. Aber es ist eine lange Geschichte und eigentlich möchte ich sie dir nicht erzählen. Sie würde deine Ansichten über den Clan und vermutlich über ganz Konohagakure verändern.“
„Ich möchte es trotzdem wissen. Ich habe ein gutes Recht darauf, schließlich ist es auch MEINE Familie.“
Itachi seufzte. Sollte er dem Jüngeren wirklich erzählen wieso es so gekommen war? Er wollte nicht, dass er Konoha am Ende hasste.
„Sagen wir so… der Uchiha-Clan hat sich von Konoha unterdrückt und missverstanden gefühlt. Reicht dir das?“
„Nein, tut es nicht. Ich will die ganze Geschichte hören! Ich will wissen, was wirklich los war!“
„Sasuke, bitte! Das ist zu viel für dich. Ich bezweifle, dass du mit den ganzen Informationen in deinem jetzigen Zustand wirklich klar kommst!“
Sasuke biss sich auf die Unterlippe. Natürlich, da hatte sein Bruder recht. Er war noch immer nicht wieder völlig auf dem Damm, vielleicht würden diese Informationen seine Genesung behindern. Aber zugeben wollte er das nicht, nie im Leben! Er bemerkte gar nicht, dass er sich bei dem Gedanken, wie er den Älteren wohl dazu bringen könnte ihm alles zu erzählen, die Unterlippe schon blutig gebissen hatte. Dafür bemerkte er umso genauer, was Itachi tat. Ohne Vorwarnung hatte er den Kurzhaarigen am Kinn gegriffen, ihn zu sich gedreht und leckte ihm nun das austretende Blut von der Lippe. Überrascht weitete der Kleinere die Augen, wurde aber schlagartig von all den Erinnerungen aus der Zeit bei Orochimaru übermannt. Er hatte ihn auch oft so am Kinn gefasst, hatte ihm oft über die Lippen geleckt. Heftig begann Sasuke zu zittern, die Überraschung wich aus seinen Augen, machte der Angst Platz. Fast schon panisch stieß er Itachi von sich, fixierte ihn mit den Augen, aktivierte sogar sein Sharingan. Der Weggestoßene schaute den Jüngeren einen Moment perplex an, erkannte seinen Fehler dann aber von selbst und rückte noch etwas von Sasuke weg.
„Ganz ruhig Sasuke, ich wollte dich nicht so erschrecken.“, versuchte er ihn dabei zu beruhigen.
Glücklicher Weise hatte Sasuke sich noch nicht so in seine Panikattacke rein gesteigert, sodass er sein Sharingan schnell wieder deaktivierte und seine Atmung sich, die durch den Schock immens beschleunigt wurde, auch bald wieder normalisiert hatte. Nun schaute er betroffen auf einen der Äste, die in dem Feuer knackten.
„Ich mache dir keinen Vorwurf, es war mein Fehler. Ich habe vergessen, was du durchmachen musstest. Es tut mir Leid.“, sprach Itachi mit ruhiger Stimme weiter.
Sasuke schüttelte nur den Kopf, ehe er meinte: „Schon… schon in Ordnung, ich hab überreagiert. Ich glaub… ich glaub ich leg mich jetzt besser auch schlafen…“
Und mit diesen Worten legte er sich auf die Seite, den Rücken Itachi zugewandt und schloss die Augen. Schlafen konnte er aber trotzdem nicht. Der Schock saß noch zu tief in seinen Knochen. Schön und gut, früher hatte Itachi ihm oft das Blut weggeleckt, wenn er sich mal verletzt hatte, aber damals war die Welt noch in Ordnung gewesen. Wieso handelte er jetzt also immer noch so, wenn er doch genau wissen müsste, dass Sasuke ihn mehr als nur nicht mehr leiden konnte?! Der Kurzhaarige verstand es einfach nicht. Oder aber er wollte nicht verstehen. Das tat nun aber auch nichts mehr zur Sache, denn langsam übermannte ihn nun doch die Müdigkeit. Der Marsch bis zur Höhle war anstrengender gewesen, als er gedacht hatte. Erschöpft lies er es nun also zu, dass er langsam in einen flachen Schlaf abdriftete. Den Tiefschlaf hatte er sich während des Aufenthalts im Hauptquartier der Akatsuki abgewöhnt. Auf Albträume konnte er immer noch sehr gut verzichten! Außerdem würde er es so mitbekommen, wenn sein ehemaliger ‚Sensei‘ noch einmal versuchte, ihn wieder mit sich zu nehmen.
Auch Itachi schien zu schlafen, oder zumindest zu dösen, denn seine Augen waren geschlossen und seine Atmung ging tief und gleichmäßig. Die Nacht blieb weiterhin ruhig, bis auf das erneute Heulen des Wolfes. Nur das er diesmal eine Antwort erhielt.
*~*
Uff, nach über zwei Monaten endlich ein neues Kap >.<
Gomen nasai, dass ihr so lange warten musstet, das Kap war schon lange lange fertig, aber es ist allein durch die Ferien ziemlich viel dazwischen gekommen, weswegen sich das Betalesen und Hochladen verzögert haben
Ich hoffe aber, dass euch das Kapi gefällt und sich das warten somit für euch gelohnt hat, meine lieben LeserInnen <3
Und nielen lieben Dank für all die Kommis und Favos!
Das spornt wirklich unglaublich an, dafür hab ich euch echt lieb X3
LG
PlanTeaWolf