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Eistränen

von

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Therapieversuche

Nach dem Abendessen wurde der Tisch abgeräumt und der Tagesplan nahm seinen Lauf. Gruppentherapie stand auf dem Plan. Katsuki nahm mich mit und zeigte mir, wo diese stattfinden sollte. Wir betraten einen grau gestrichenen Raum mit einem blauen, wild gemusterten Teppich, in dem neun Stühle im Kreis aufgestellt waren und setzten uns. Der Therapeut Herr Nashi kam kurz darauf dazu. Neben uns noch sechs weitere Patentinnen. Lelya war nicht dabei. Herr Nashi sah aus, wie man sich einen Psychotherapeuten vorstellt, oder sagen wir, wie ICH ihn mir vorgestellt hatte.

Er war groß und schlaksig, trug ein scheinbar viel zu großes und aus der Mode ge-kommenes braunes Sakko und ein hellblaues Hemd mit einer rot-weiß gestreiften Krawatte. Auf der Knolligen Nase, die irgendwie nicht in sein schmales Gesicht passte, trug er eine übergroße Hornbrille, die er immer wieder nervös nach oben schob. Er setzte sich auf den letzten freien Stuhl und legte sich das Klemmbrett mit einigen leeren Blättern auf den Schoß. Dann sah er in die Runde und erblickte mich.“Ah einen Neuzugang. Stell dich doch erst mal vor, und schildere uns dein Problem“ Ich sah ihn an, fand das alles sehr unpassend. Warum war ich wohl hier?? Aber ich wollte hier aus, also stand ich auf und sah in die Runde. Mein Name ist Kimiko, ich bin achtzehn, und“ ich zuckte die Schultern. „Magersüchtig“ Das hatte für mich gereicht, ich wollte mich wieder setzen aber ich hatte die Rechnung ohne den Therapeuten gemacht, der natürlich weiter bohrte.

„Warum bist du magersüchtig,Kimiko?“

„Weil ich nichts esse.“ In meinen Augen eine logische Erklärung und dennoch kam ich mir unheimlich dämlich vor, aber niemand lachte über mich.

Der Therapeut hatte viel Geduld.

„Natürlich bist du magersüchtig, weil du nichts isst, aber Anorexia Nervosa ist eine psychische Erkrankung, also muss etwas vorgefallen sein, warum du aufgehört hast zu essen.“ Oh oh! Nun wurde es brenzlig. Ich wollte nie mit irgendwem darüber reden, nicht mal meine Eltern hatte ich aus Angst vor Haku eingeweiht und nun sollte ich einem wildfremden Mann und fremden Mädchen von meinem Schicksal erzählen? In mir stieg die Panik auf, ich fing an zu zittern, bekam Schweißausbrüche und wurde kreidebleich. Selbst wenn ich gewollt hätte, ich konnte nicht darüber sprechen. Mein Hals wurde trocken, meine Zunge war schwer wie Blei. Obwohl er mich geduldig ansah und wartete, dass ich etwas sagte, schwieg ich eisern. Schließlich gab er aber nach. „Gut, du bist den ersten Tag hier und ich denke es wäre besser wir klären das im Einzelgespräch, denn nur so können wir dir helfen. Du kannst dich wieder setzen.“ Das tat ich brav und hörte zu als er während der weiteren Therapie die anderen Mitglieder sprechen ließ. Ich war froh, als die Gruppentherapie beendet war aber – wir mussten uns wieder im Speisesaal versammeln denn Zwischenmahlzeit stand an. Schon wieder essen?? Ich war noch immer satt und hatte Magenkrämpfe von der widerlichen Tempura-Fett-Matsche.

Es gab so etwas wie Mousse au Chocolate mit einer dicken Sahnehaube. Ich bin eigentlich die totale Naschkatze, beschränke mich aber meistens auf Obst, wie Kir-schen, Melonen oder Ananas. Schokolade ist weniger meine Welt ich mag lieber Vanille. Man packte uns die braune Pampe, die mehr aussah wie das was man auf der Toilette verrichtet in meiner Ansicht nach, zu große Glasschälchen und stellte uns diese vor die Nase. Man sagt, das Auge isst mit und bei dem Anblick, hätte ich mich beinahe übergeben. Ich hatte auch überhaupt keinen Appetit und dass die Dame, die die Tische eindeckte unvorsichtig war, verschaffte mir einen Vorteil.

Ich begann zu mogeln. Langsam schob ich mir Löffel, für Löffel in den Mund, ließ die Pampe zergehen –sie schmeckte wirklich abartig – und immer wenn niemand hinsah, wischte ich mir den Mund mit der Servierte ab, das war die Unvorsichtigkeit, die ich eben erwähnte, denn eigentlich sollten keine Servierten auf dem Tisch liegen. Immer wenn ich die Servierte zum Mund führte, spuckte ich das Mousse au Ekel hinein. Irgendwann war mein Schälchen leer und ich ließ die volle Servierte in meiner Hosentasche verschwinden. Mit einem frischen Taschentuch putze ich mir die Nase, wobei ich mich von den anderen wegdrehte, steckte es zurück in die Ta-sche, damit es nicht auffiel und holte ein weiteres frisches Taschentuch heraus, mit dem ich mir den Mund abputze und es unter das Schälchen legte. Ich war nicht dumm, jeder hatte eine Servierte neben seinem Teller liegen, sodass es aufgefallen wäre, wenn ich als einzige keine daliegen hatte. Niemandem war das aufgefallen. Gott sei dank!

Da ich fertig mit dem Essen war, langweilte ich mich zu Tode und ich musste zur Toilette. Ich erhob mich und wurde direkt von Frau Kawashima angesprochen. „Hinsetzen Kimiko!“ sagte sie barsch. „Ich muss zur Toilette.“ Sagte ich entschuldigend. „Nichts da! Wir wollen doch nicht, dass du dich auf der Toilette übergibst.“ //Da gibt’s nichts zu übergeben// dachte ich und sagte, dass ich für kleine Mädchen müsse. Das entsprach der Wahrheit und bei dieser Gelegenheit wollte ich meine Mousse au Servierte verschwinden lassen. „Frau Hamaki wird dich begleiten, man hört ja, ob sich jemand übergibt.“ Ich nickte. Frau Hamaki war eine hochgewachsene, streng wirkende Person, die viel älter wirkte, als sie offenbar war. Das graumelierte Haar hatte sie zu einem strengen Knoten nach hinten gebunden. Sie trug eine frisch gestärkte Bluse und einen langen Rock. Für mich wirkte sie, wie jemand aus der 30er Jahren. Sie begleitete mich auf die Toilette und ich schloss mich in der Kabine ein um meine Blase zu entleeren, somit entsorgte ich gleichzeitig meine Taschentuchfraktion und überprüfte, ob ich Flecken des Mousse au Chocolate in der Hosentasche hatte. Das war nicht der Fall und so spülte ich meine Zwischenmahlzeit das Klo herunter, erleichtert, dass es geklappt hatte und ging ans Waschbecken um mir die Hände zu waschen. Frau Hamaki nickte zufrieden, als sie registrierte, dass ich wirklich nur Pipi machen war und so folgte ich ihr zurück in den Speisesaal. Sie flüsterte Frau Kawashima ins Ohr, dass ich mich nicht übergeben hätte und ich setzte mich wieder auf meinen Platz. Die anderen am Tisch zwängten sich das Essen herunter und ich beobachtete Onuma dabei, wie sie sich das Essen in die Haare schmierte. Angeekelt wand ich den Blick ab, aber Frau Kawashima hatte das gesehen und sprang auf wie von der Tarantel gestochen. „ONUMA!“ herrschte sie sie an. „KOMM SOFORT HER!“ Onuma erhob sich nicht. „ICH SAGS NICHT GERN ZWEIMAL!“ schrie Frau Kawashima weiter. Dann ging sie zu Onumas Platz, zog sie hoch und kontrollierte ihre Haare. Mit einer einzigen Handbewegung strich sie ihr durchs Haar und zog die Hand, die braun war von der Schokolade hervor. „Du weißt was das bedeutet!“ sagte sie ruhig, aber drohend. Onuma setzte sich, sichtlich enttäuscht, dass sie erwischt wurde, an einen Einzelplatz und die Küchenfrau brachte ihr die doppelte Portion der Mousse au Chocholate. Während Frau Hamaki uns weiter im Auge behielt, setzte sich Frau Kawashima direkt neben Onuma und befahl ihr, das Schälchen leer zu essen. Nun hatte das arme Ding keine Chance mehr zu mogeln und schob sich angewidert Löffel für Löffel in den Mund, bis sie schon fast grün vor Übelkeit aussah. Ich beobachtete die ganze Situation, niemand sagte ein Wort. Ich ertappte mich dabei, wie ich sichtlich schadenfroh zu ihr rüber sah. Stolz darüber, dass ich schlauer ge-wesen war. Mir war klar, dass ich das nicht jeden Tag machen konnte, ich musste mir etwas anderes einfallen lassen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Christian-Grey
2010-09-16T20:27:04+00:00 16.09.2010 22:27
ahhh kimiko ist ja clever echt gut gemoggelt für das erste mal XDDDD
Bin gespannt was als nächstes kommt^^


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