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Vampire? Die gibt es doch gar nicht!

von

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Kapitel 71-72

Kapitel 71:
 

Der Morgen kam viel zu schnell und ich öffnete die Augen, während Dr. Wilington die Kanüle von meinem Handrücken entfernte. „Hm?“ Ich sah verschlafen auf sein tun. „Guten Morgen, junge Dame. Wie geht es Ihnen?“ Ein Lächeln umspielte meine Lippen nach seinen Worten und ich richtete mich etwas auf. „Morgen. Gut, glaube ich. Wie spät ist es?“

„Kurz vor Neun Uhr.“ Kein Wunder, das ich mich so schläfrig fühlte. „Sollte es Ihnen nicht gut gehen, kommen Sie sofort hier her zurück. Ich habe wenig Erfahrung mit solchen Behandlungen und weiß daher nicht, ob ein Rückfall eintreten kann.“ Ich nickte ihm zu. „Also kann ich gehen?“

„Ich werde Sie hier nicht festhalten. Alles Gute für die Zukunft.“ Mit den Worten verließ er das Zimmer und ich setzte mich langsam auf, schwang die Beine über den Rand des Bettes und rieb mir übers Gesicht. Anschließend ließ ich meinen Blick durchs Zimmer schweifen. Alucard konnte ich nirgends sehen und doch war ich mir sicher, das er bald hier auftauchen würde. Doch zunächst stand ich auf und musste mein Gleichgewicht wieder finden. Im ersten Moment hielt ich mich an der Wand fest, bis ich diese Stützte nicht mehr brauchte. Das Bad war mein Ziel, zusammen mit der provisorischen Dusche dort drinnen. Ich schälte mich aus dem hellblauen Nachthemd und ließ es zu Boden fallen, schaltete anschließend das Wasser an. Mit den Händen stützte ich mich an den weißen Kacheln vor mir ab. Nach der Dusche schlang ich das Handtuch um mich. Es war nicht sehr lang, dennoch konnte ich das nötigste damit verbergen und kam aus dem Bad raus. Zu meiner Überraschung lag sowohl eine Hose, wie auch ein Pullover auf dem Bett. Fragend sah ich mich im Zimmer um und musste schließlich schmunzeln. Ich zog es mir schnell über, auch wenn mir die Unterwäsche fehlte. „Es wird Zeit.“ Überrascht drehte ich mich um. „Verdammt, wann hörst du endlich auf, mich zu erschrecken?“ Ich sah Alucard tadelnd an und musste dann doch lächeln. „Ja, Sorin wird mich sicher schon vermissen und sich Sorgen machen.“

„Der Köter sollte seine Sache besser machen, sonst muss er sich bald über sich selber sorgen.“ Ich wollte grade dazu noch etwas sagen, doch kam ich nicht mehr dazu. Er griff nach meinem Unterarm und zog mich dabei mit sich in die Finsternis. Ohne groß Nachzudenken, griff ich mit der anderen Hand nach dem Saum seines Oberteils und hielt mich daran fest. „Ich werde mich nie daran gewöhnen.“ Mein Blick ging dabei nach unten ins scheinbare Nichts. „Vertraue deinen Fähigkeiten und lass dich von diesen leiten.“

„Als wenn das jemals funktionieren wird.“ Sagte ich leise und schloss die Augen. „Kathrin, dass Einzige, was dich von all dem abhält, bist du selber. Also hör auf zu denken, du kannst das nicht.“

„Deine Zuversicht möchte ich haben.“

„Du brauchst lediglich mehr Selbstvertrauen.“

„Was ich wirklich brauche, sind Erfolgserlebnisse. Bisher habe ich nur kleine gehabt und die Rückschläge waren bei weitem heftiger.“

„Da kann ich schlecht Widersprechen.“ Ein Lachen entstieg seiner Kehle und ich sah finster zu ihm hoch. „Du könntest es versuchen!“

„Warum sollte ich? Vor allem, wenn du es mit solch einer Überzeugung von dir aus sagst.“ Er beugte sich vor und lehnte seine Stirn gegen meine. Ich musste dabei den Atem anhalten und meine Finger verkrampften sich mehr an den Saum seines Stoffes. „Alucard... Willst du noch länger hier an diesem Ort bleiben?“ Ich hätte mich selber Ohrfeigen können, dass ich diesen Moment zerstörte und doch konnte ich so nicht länger mit ihm hier stehen bleiben. „Was hält dich zurück und hindert dich dadran, dich fallen zu lassen?“ Den Sinn dieser Frage verstand ich nicht und sah zu ihm hoch, in seine Augen hinein. „Was meinst du damit?“

„Lass dich fallen und genieße den Moment.“

„An diesem Ort fällt mir das ziemlich schwer.“

„Du solltest lernen die Umgebung nicht nur als Ort wahrzunehmen.“

„Wieso musst du immer so kryptisch reden?“

„Tu ich das?“ Er grinste mich erneut an und noch ehe ich es bejahen konnte, verfestigte ich meinen Griff, da er mich mit sich durch die Finsternis nahm. Tief zog ich die Luft ein, als wir jene verließen.
 

Die Sonne schien und ich musste die Hand schützend über meine Augen halten. „In London war es bewölkt.“ Mir war selber klar, dass diese Anmerkung vollkommen bescheuert war und doch wollte ich irgendwas sagen, zumal ich mich einige Schritte von ihm entfernte. „Da sind ja meine beiden Lieblings Blutsauger. Obwohl, eigentlich nur einer von euch beiden.“ Ich drehte mich um und wank Sorin zu. Er stand an der Hauswand gelehnt und hielt eine Tasse in der Hand. Der Geruch des Kaffees kam bis zu mir. „Übrigens, mit dir muss ich noch reden.“ Dabei sah der Wolf nicht zu mir und ich senkte meinen Arm. „Ich hatte irgendwie mit einem anderen Willkommensgruß gerechnet.“ Sagte ich zu ihm. „Tschuldigung Kleines, aber das ist etwas zwischen Erwachsene.“ Und nach diesen Worten kam ein kehliges Knurren aus meinem Rachen. „Hey hey, nicht böse sein, Kleines. So war das doch gar nicht gemeint.“ Er zwinkerte mir schelmisch zu und dennoch drehte ich mich weg, ging in Richtung des großen Tores. Dort lehnte ich mich gegen die Gitter und ließ die beiden reden. Ein Keuchen entfloh mir, als ein Arm sich auf meine Schulter legte. „Sag, was du zu sagen hast, Köter.“ Überrascht sah ich zu Alucard, welcher jedoch den Blick zu Sorin gerichtet hatte. Dieser wiederum sah verwundert zwischen uns hin und her, bis sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. „Hast du es doch endlich gewagt, Blutsauger? Ich bin glatt sprachlos. Meinen Respekt.“ Er hob die Kaffeetasse an und da ich wusste, dass dieser Kommentar mit mir zu tun hatte, versuchte ich so unbeteiligt, wie es nur ging vor mich hinzustarren. „Du laberst zu viel, Fiffi.“

„Jaja, schon klar. Ich kann es nur nochmal bestätigen. Keine der Blutvorräte weißt eine Verunreinigung auf. Zumindest konnte ich keine riechen und du weißt wohl so gut wie ich, dass Ghulblut verdammt stinkt.“ Selbst ich wusste das bereits und musste mich an den Geruch dieser Dinger erinnern. Ein Schauer durchzog meinen Körper. „Aber ich habe mich im ganzen Haus mal genauer umgesehen und kann nur erneut eines feststellen. Ich hasse Hexen, die spielen nie fair.“

„Hexen?“ Fragte ich und sah wieder zu Sorin hin. „Warum sollte mir eine von denen was antun wollen? Ich habe denen nie etwas zu Leide getan.“

„Was hatte ich dir erst letztens darüber gesagt?“ Ich sah zu Alucard hoch und zuckte mit den Schultern. „Du solltest besser aufpassen.“

„Ich passe auf, aber ich weiß nicht, worauf du hinaus willst.“

„Das Hexen so etwas sind wie Auftragsentgegennehmer. Sie machen wenig aus Eigennutz, sondern bieten ihre Talente ziemlich oft für einen gewissen Preis an.“

„Selbst der Kläffer weiß das.“ Meine Augen wurden zu schlitzen, aus denen ich Alucard finster ansah. „Das beantwortet aber noch immer nicht die Frage.“

„Doch, tut es. Es bedeutet, dass jemand eine auf dich angesetzt hat und ich wette mit dir Kleines, dass es da nur ganz wenige gibt, die ein solch großes Interesse daran haben, um bereit zu sein, den Preis dafür zu zahlen.“ Ich rieb mir über die Stirn. „Wir reden hier erneut von diesen Feuerspuckenenden Echsen?“ Mittlerweile gingen selbst mir die auf den Geist. „Aber er will mich lebend und nicht tot.“ Warf ich dann noch schnell ein. „Ich schätze mal, hätte der Parasit dort dich nicht so schwach gemacht, würde es nicht solch extremen Auswirkungen auf dich haben.“ Überrascht sah ich wieder zu Alucard, welcher seine Augen geschlossen hatte. „Der Köter hat recht. So schnell hätte dich das nicht umgehauen. Dennoch werde selbst ich so langsam wütend.“

„So langsam? Warst du etwa bisher gelassen?“

„Bisher habe ich es lediglich als Spiel betrachtet, aber ab jetzt werde ich in die Offensive gehen.“ Verständnislos sah ich ihn an und wollte etwas sagen, kam aber nicht mehr dazu. „Pass gut auf sie auf, Köter, und rühr sie nicht an.“

„Ich klaue doch anderen nicht ihre Spielsachen.“ Mein Blick glitt von einem zum anderen und dann war Alucard bereits verschwunden. Ich sah nur auf die leere Stelle neben mir. „Und ich soll jetzt einfach hier warten?“

„Vielleicht eher drinnen im Haus?“ Murrend sah ich zu Sorin und dennoch nickte ich.
 

Ich ließ das eben geführte Gespräch nochmal Review passieren und ging an Sorin vorbei, welcher mir einige Fragen stellte, auf die ich nur kurz und knapp antwortete und dann die Treppe nach oben schnellte. Mein Ziel war ein bestimmtes Buch, welches ich noch nicht zu ende lesen konnte und wohl jetzt mehr denn je Sinnvoll war. Ich griff nach dem im blauen Samt gehüllten Buch und schlug es auf. „Sorin, kennst du jemanden, der Gallisch lesen kann?“ Verwundert sah mich der Wolf an und nippte an seinem Kaffee. „Du weißt schon, dass ich auf dich aufpassen soll, oder? Ich glaube kaum, dass deine Bitte zum Vorteil für diese Aufgabe ist.“

„Es geht hier um mich und so langsam reißt selbst mir der Geduldsfaden. Außerdem kann ich Alucard schlecht alles alleine machen lassen.“

„Doch doch, lass ihn das ruhig alleine machen. Ich bin mir sicher, er weiß, was er da tut.“ Während er seine Tasse leerte, fixierte ich ihn mit meinen Blick und schließlich rollte er mit den Augen. „Du machst mich echt fertig, Kleines. Wegen dir werde ich mein Fell bald als Bettvorleger wiedersehen.“

„Ich verrate nichts, wenn du nichts verrätst.“

„Als wenn das nützen würde.“ Er schüttelte den Kopf und sah in seine leere Tasse. „Ich brauche dringend neuen Kaffee und dann ein Telefon.“ Ich biss mir auf die Lippen und ließ meinen Blick im Zimmer umherschweifen. „Gibt es hier denn überhaupt ein Telefon?“ Denn ich hatte bisher keines entdeckt. „Muss ich wohl oder übel in die Stadt... und du auch. Ich lasse dich nicht aus den Augen.“ Mit einem Lächeln sah ich zu ihm. „Gerne doch. Ich ziehe mir nur schnell was anderes an.“ Denn ohne Unterwäsche wollte ich dann doch nicht losgehen. Sorin nickte mir zu und drehte sich dann um. Während er das Zimmer verließ, hörte ich, wie er sich immer wieder fragte, warum er das überhaupt tat.

Nachdem ich meine Sachen gewechselt hatte, kramte ich in dem Schubfach des Nachtschrankes nach etwas und zog schließlich eine kleine Karte raus. Es war jene von dieser Amanda, welche in dem kleinen Laden arbeitete, der nur etwa zwei Kilometer von hier entfernt sein soll. Zu Fuß war das schnell zu schaffen und meine beste Option. Ich faltete die Karte und steckte sie in die Hosentasche. Danach verließ ich das Zimmer und ging runter. Sorin stand in der Küche und trank grade den letzten Rest der Tasse leer. „Bereit für einen kleinen Ausflug, welcher sicher damit enden wird, dass mir der Blutsauger sämtliche Knochen im Leib bricht?“

„Wir werden einfach vor ihm wieder zurück sein.“ Ich deutete auf die Tür und wartete einen Moment, bis Sorin sich seufzend von der Theke abstieß. Zusammen verließen wir das Haus und ich hoffte wirklich sehr, dass Alucard sich zeit ließ und nicht so schnell zurückkam. „Vielleicht sind wir in nicht mal einer Stunde schon wieder zurück. Zwei Kilometer von hier gibt es einen kleinen Laden.“

„Ich weiß.“ Überrascht sah ich zu ihm, bis mir wieder einfiel, dass Sorin ja schon mal dort war. Amanda brachte ihn sogar hier her zurück damals. Das war als dieser komische Formwandler oder was auch immer, mich mit sich riss. Es war so viel geschehen, dass ich manchmal glatt das eine oder andere vergaß. Wir kamen beim Tor an. „Bist du dir ganz sicher? Wir können auch einfach warten, bis er zurück ist und du fragst ihn dann einfach.“

„Er würde ablehnen und das weißt du genau.“

„Aber ich wette mit dir, das tut er nur, um dich zu beschützen.“ Was mir klar war und dennoch deutete ich mit dem Blick zum Tor. Er seufzte nochmal und öffnete es dann schließlich. „Zumindest ist es am helllichten Tag und ich bezweifle, dass irgendjemand hier draußen nur darauf lauert, dass wir raus kommen.“

„Ja, da gebe ich dir recht. Wenn jemand will, kann er auch über den Zaun springen.“ Was er bereits einmal vorgemacht hatte. Wir ließen das Anwesen hinter uns und folgten dem Weg. Die Vögel zwitscherten in den Bäumen und es hatte was Friedliches an sich, der Straße zu folgen. „Mhhh... ich traue dem allem nicht.“ Damit war die friedliche Stimmung dahin. „Sorin.“

„Das kam jetzt falsch rüber. Ich meinte damit lediglich, dass ich die Gestalt wechseln sollte. Dann ist zumindest mein Geruchs- und Gehörsinn besser.“

„Es sind nur zwei Kilometer.“

„In denen wer weiß, was geschehen kann.“ Er zwinkerte mir zu und noch ehe ich etwas erwidern konnte, begann er bereits sich auszuziehen. „Muss das sein?“

„Hey, ich kann es auch an lassen, nur werde ich dann in dem Laden nackt rumlaufen.“ Seufzend drehte ich mich um und ließ ihn machen. Als ich hörte, wie seine Knochen knackten, konnte ich mir ziemlich bildlich vorstellen, wie er sich grade verwandelte. Ein Schauer fegte dabei durch meinen Körper, bis er mich mit der Schnauze anstupste. Ich drehte mich zu ihm und musste kurz tief durchatmen. Etliche male hatte ich ihn schon so gesehen und dennoch war es jedes Mal aufs Neue erstaunlich. Ich hob die Sachen von der Straße auf und ging schließlich mit ihm weiter. Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. Ich musste kurz an Dark denken und dass ich mir komischerweise wünschte, dass er als Hund, oder Wolf, je nachdem, was er wirklich war, neben mir herlaufen würde. Nur war mir mittlerweile auch klar, dank dem Gespräch mit Sera, dass dann Alucard wohl genau wissen würde, was wir grade taten. Die etwa zwei Kilometer brachten wir ohne irgendwelche Zwischenfälle hinter uns und als wir auf einen Parkplatz vor dem Laden ankamen, stupste mich Sorin erneut an und griff mit der Schnauze nach seinen Sachen auf meinem Arm. Ich verstand und ließ sie los. Er trottete zu ein paar Bäumen und nach kurzer Zeit kam er wieder zurück, knöpfte sich dabei das Hemd zu. „Jedes Mal habe ich das Gefühl, mit dir zu leiden, wenn du dich verwandelst.“ Doch winkte er da ab. „Wie schon mal gesagt, nach dem hundertsten Mal, hat man sich an den Schmerz gewöhnt.“
 

Wir überquerten den Parkplatz und betraten schließlich den Laden. Er war nicht so klein, wie ich angenommen hatte und dennoch strahlte er eine Gemütlichkeit aus. „Hey, wen haben wir denn da? Die Bewohner des Dorset Anwesens.“ Ich sah zu Amanda, welche auf uns beiden zukam. „Sorin, freut mich dich wieder zu sehen.“

„Und mich erst, meine Schöne. Du hast irgendwas an dir verändert in den letzten Tagen.“

„Das dir das auffällt, ja, ich war beim Friseur.“ Augenrollend entfernte ich mich von den beiden einige Schritte. Bei dem geflirte musste ich nicht anwesend sein. Ich ließ ihnen aber ein paar Momente, bis ich mich wieder einmischte. „Habt ihr hier ein Telefon, dass wir kurz benutzen könnten?“

„Auf einmal doch? Wie wäre es mit einem Handy? Wir haben einige neue Modelle erst letzte Woche rein bekommen und zudem..“

„Tut mir leid, aber die kann ich mir nicht leisten.“ Etwas enttäuscht sah sie zu mir und drehte sich um, winkte uns aber hinter sich her. „Ich frage mich wirklich, wie du ohne Geld und ohne Handy klar kommst.“

„Es geht. Vor allem, wenn man nie so etwas hatte, vermisst man es auch nicht.“ Das hieß nicht, dass ich nicht an manchen Tagen an die Zeit mit meinem Rechner zurückdachte und wie viel Zeit ich einst davor verbracht hatte. „Das ist mal eine Einstellung. Und du Sorin? Wie wäre es mit dir? Dann könnte ich dich auch ab und an mal anrufen, oder du mich.“ Den letzten Teil sagte sie ziemlich leise, wohingegen Sorin auflachte. „Oh nein, glaub mir, das wäre nicht so gut. Nachher würde ich alles andere um mich herum nur vergessen, weil ich ständig und überall nur auf einen Anruf oder eine Nachricht von dir warten würde.“ Konnte einem eigentlich übel werden, bei so viel geflirte? Zudem fragte ich mich, ob er das alles ernst meinte, was er zu ihr sagte. Wir kamen im hinteren Bereich des Ladens an, was aussah wie eine Informationstheke und Amanda stellte sich dahinter, holte von weiter unten ein Telefon hervor. „Vielleicht können wir heute Abend was zusammen unternehmen.“

„Ob ich heute Abend Zeit hab, weiß ich noch nicht. Aber ich lass es dich wissen.“

„Und wie?“ Er zuckte mit den Schultern. „Wenn ich hier nicht vor Einbruch der Nacht auftauche, weißt du, dass ich keine Zeit hatte.“

„Oder ich komme dich einfach beim Dorset Anwesen abholen.“

„Sorin.“ Ich zeigte auf meine imaginäre Armbanduhr um ihm zu signalisieren, dass wir schneller machen sollten. „Amanda, Süße. Ich werde sehen, was sich machen lässt und wenn ich Zeit habe, komme ich her und gebe dir Bescheid, in Ordnung?“ Sie seufzte resigniert und sah dann zu mir. „Und ihr beide seid sicher nicht zusammen? Nicht das ich mir nachher Hoffnung mache und dabei ist was zwischen euch.“ Wie kam sie jetzt dadrauf? Sofort hob ich meine Hände. „Oh nein, du kannst mir glauben, ich hab nichts mit ihm!“ Verteidigte ich mich sofort. „Zumal derjenige, welcher bereits Anspruch auf sie erhoben hat, mir den Kopf abreißen würde, wenn ich sie anfasse.“

„Oh? Wirklich? Du hast einen Freund?“

„Nein! Habe ich nicht!“ Zischte ich in Sorins Richtung und stieß ihn mit dem Ellbogen gegen die Seite. „Sie machen es komplizierter, als es ist. Aber egal. Wenn du gestattest, das wird ein etwas privateres Telefonat.“

„Na gut, wir können ein anderes Mal darüber reden.“ Sie zwinkerte Sorin zu und ließ uns dann alleine. Ich sah ihr nach, bis sie aus unserem Blickfeld verschwunden war und wendete danach meine Aufmerksamkeit zurück an Sorin. „Warum gehst du nicht einfach mit ihr aus, wenn sie dir gefällt?“ Wollte ich nun wissen, als er nach dem Hörer griff. „Weil ich nicht das gleiche von ihr will, wie sie von mir. Im Gegensatz zu mir ist sie eher eine von den Frauen, die an einer Beziehung interessiert sind.“ Ich stützte meinen Unterarm auf der Theke ab und zog eine Augenbraue nach oben, während er die Zahlentasten auf dem Telefon betätigte. Ich beließ das Thema einfach und schüttelte nur mit dem Kopf. Das folgende Gespräch konnte ich nicht verstehen, da Sorin auf einer anderen Sprache telefonierte und nach etwa zwei Minuten legte er auf. „Er könnte in vier Tagen in der Stadt sein und sich das Buch ansehen.“

„In vier Tagen erst?“

„Hey, nicht jeder kann so schnell reisen, wie dein Freund.“ Ich biss die Zähne zusammen und atmete tief durch. „Er ist nicht mein Freund.“

„Wie du meinst, Kleines.“ Damit wuschelte er mir durch die Haare und ging auf ein Regal zu. Er griff nach einer Packung Trockenfleisch und ich folgte ihm schließlich. „Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als zu warten.“

„Außer du beherrscht bis dahin die Fähigkeit, dich ebenso so schnell von einem Ort zum anderen zu beamen.“

„Das ist kein Beamen. Oh man Sorin.“

„Geduld ist eine Tugend, meine Kleine. Jetzt lass uns zurückgehen, ansonsten steigt nur die Gefahr, dass ich bei lebendigem Leibe gehäutet werde.“ Und dennoch stellte er sich an die Kasse und öffnete die Packung, schob sich ein paar der Trockenfleischstücke in den Mund hinein. „Hey Manuel.“ Er nickte dem Kassierer zu und ich fragte mich, wie viele er hier eigentlich noch kannte. „Sorin, konntest du wieder nicht warten?“

„Die schmecken einfach zu gut. Schreibst du es fürs nächste mal an? Hab mein Geld zu Haus liegen lassen, aber wollte eh morgen wieder meinen Einkauf machen.“

„Wofür brauchst du nur das ganze Fleisch.“

„Hab hungrige Wölfe im Keller.“ Der Kassierer lachte und nickte ihm schließlich zu. „Ist gut, ich setzte es für morgen auf die Rechnung.“

„Danke dir, bis Morgen dann und bestell noch ein paar von den Teilen hier. Die sind echt verdammt lecker.“ Nach dieser Konversation verließen wir den Laden. „Du scheinst dich gut integriert zu haben.“

„Tja, wer weiß wie lange ich noch hier bleiben werde und im Gegensatz zu dir, bin ich nicht ständig eingesperrt. Außerdem sollten wir ein wenig Normalität vorzeigen. Ansonsten werden die Menschen nur misstrauisch. Obwohl, bei dir sind sie es bereits.“

„Ach ja?“ Fragend sah ich ihn an, während wir über den Parkplatz in Richtung Straße gingen, welche zurück zum Anwesen führte. „Na hör mal. Ein junges Mädchen, das die ganze Zeit über Abseits des Ortes in dem verlassenen Anwesen hockt. Was glaubst du denn, entstehen da für Gerüchte? Manche behaupten schon, du seist der Geist einer Verstorbenen, welche vor Jahrhunderten dort gehaust hätte.“ Bei der Äußerung biss ich mir auf die Zunge und sah nach vorne weg. „Ich bin kein Geist, was man wohl sehr gut erkennen kann.“

„Klar kann man das, aber wie gesagt, Menschen neigen dazu, sich die abstrusesten Gedanken zu machen.“ Damit war das Thema beendet und ich ging auch nicht weiter darauf ein. Was sollte ich auch schon machen, um dagegen zu wirken? Nichts.
 

Als wir den Parkplatz hinter uns ließen, drückte mir Sorin die halbleere Packung Trockenfleisch in die Hand und zuerst sah ich ihn fragend an, doch dann war mir klar, dass er sich wieder verwandeln wollte und drehte mich schnell weg. „Andere würden den Moment nutzen.“

„Es gibt Dinge, die muss ich einfach nicht sehen.“

„Och komm und gib es zu. Du würdest gerne so einiges sehen.“

„Nicht an dir und jetzt mach hinne. Nicht das doch noch irgendwelche Leute auftauchen.“ Sorin lachte, bis seine Knochen erneut begann zu knacksen und ich das Gesicht verzog. Als er fertig war, hob ich seine Sachen erneut auf und wir ginen weiter. Nachdem er mich einige male mit der Schnauze angestoßen hatte, begann ich ihm auf den Weg zum Anwesen immer wieder etwas von dem Trockenfleisch zuzuwerfen. Als wir schließlich ankamen, war die Packung vollkommen leer und ich zerknüllte diese, bevor ich das schwere Tor öffnete. Wie es aussah, hatten wir Glück, denn Alucard schien noch nicht wieder da zu sein. Ich war mir irgendwie sicher, wäre er hier gewesen, hätte er direkt hier auf uns gewartet. Ich verschloss die Kette am Tor und reichte Sorin seine Sachen, welcher sie mit der Schnauze ergriff und sie einfach auf den Boden legte. Während er sich zurückverwandelte, ging ich schon aufs Haus zu und betrat es, schmiss die leere Verpackung in der Küche weg.
 

„Man sollte glauben, dass mehr Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, wenn das Haus schon verlassen wird.“Erschrocken drehte ich mich um und drückte mich mit dem Rücken gegen die Wand. „Hey Kleines, sag mal, hast du was anbrennen lassen?“ Fragte Sorin und kam ebenso rein, doch sofort knurrte er und spannte sich an. „Ihr Lycanthropen seit auch nicht mehr das, was ihr Mal wart. Früher wart ihr loyaler. Doch mittlerweile bietet ihr auch jeden eure Dienste an und wozu? Nur für ein wenig Schutz eures Rudels?“

„Ich werd dich zerfleischen, Drache!“ Doch bevor Sorin die Gelegenheit bekam, sich zu verwandeln, schmiss Reko ihm etwas entgegen, was dieser auffing und ich sehen konnte, wie sämtliche Farbe aus seinem Gesicht wich. „Weißt du, Reinblut. Du machst es einem echt nicht leicht. Was ich alles versucht habe um diesen Vampir von hier wegzulocken. Wer hätte geglaubt, dass es erst funktioniert, wenn man dich fast umbringt. Aber wie heißt es immer so schön. Angriff ist die beste Verteidigung, nicht wahr?“ Er grinste mich an und schlug das eine Bein über sein anderes. „Du hast ihn weggelockt?“

„Ich war mir sicher, dass er nicht länger nur die Beschützerrolle spielen wird, wenn wir dich gezielt angreifen. Wie gut, dass ich recht behielt. Wäre schade um dich gewesen, wenn es dich tatsächlich dahingerafft hätte. Aber genug mit dem Smalltalk.“ Er stand auf und sah grinsend zu Sorin. „Dem Großteil deines Rudels geht es gut, auch wenn sie bis zu deiner Rückkehr ohne ein Alphatier auskommen müssen.“

„Du elender Mistkerl. Sie haben dir nichts getan!!“ Schrie er und ich hätte niemals geglaubt Sorin mit so viel Hass im Gesicht zu sehen. „Ich habe lediglich vorgesorgt und die bestehenden Risiken beseitigt.“ Er vollführte eine wegwerfende Geste mit seiner Hand, während Sorin scheinbar nicht mehr an sich halten konnte und sich schließlich verwandelte, auf den Drachen zu schnellte. Ich sprang zur Seite weg und bekam nur noch mit, wie die ganze Kücheneinrichtung zu Bruch ging. Es dauerte nicht mal 5 Sekunden und Sorin lag am Boden, während Reko den halblädierten Kühlschrank öffnete und sich ein Stück Fleisch raus holte. „Nun zu dir Weibsstück.“ Ich presste mich noch mehr an die Wand und sah zu Sorin, welcher sich versuchte hoch zu stemmen. Zugern hätte ich ihm geholfen, doch wusste ich, dass ich das nicht konnte. Der Drache stellte seinen Fuß auf dessen Nacken und drückte ihn zurück nach unten auf den Boden. „Im Gegensatz zu dir, wird es ihn umbringen, wenn ich sein Genick an dieser Stelle breche. Also sag mir, Weib, wirst du dich fügen, oder dich zieren?“

„Alucard wird dich umbringen.“ Zischte ich ihm entgegen und ein Keuchen entfloh meiner Kehle, als ich das leise Knackgeräusch hörte, während der Drache mit seinem Bein druck ausübte. „Niemand lebt ewig und zu meinem Glück, wirst du dann bereits bei meinem Vater sein. Soll er sich mit ihm herum Ärgern.“ Wieder ein leichtes Knacken und meine Knie gaben leicht nach. „Nicht! Hör auf! Bitte!“ Ich sah in Sorins Augen und konnte den Schmerz dadrinnen lesen und dieser zeugte nicht vom körperlichen. „Selbst wenn ich mit dir komme, du bist nicht in der Lage durch die Schatten zu reisen und ich ebenso wenig. Einen Wagen habe ich nirgends gesehen. Glaubst du ernsthaft, du schaffst es weit genug weg?“ Ein letzter Versuch meiner Seits, in der Hoffnung damit nicht Sorins Todesurteil unterzeichnet zu haben. „Du hast wohl vergessen, was ich bin?“ Er grinste mich an und ich konnte nur zusehen, wie er sich vor meinen Augen verwandelte. Ein lautes jaulen war dabei von Sorin zu hören und ohne groß nach zu denken, lief ich auf ihn zu, versuchte Reko von ihn zu stoßen, doch ohne Erfolg. Während er sich in seine Drachengestalt verwandelte, erhöhte er den Druck auf dessen Genick. „ICH KOMME MIT DIR!!!“ Schrie ich unter Tränen raus und hoffte nur, dass es nicht zu spät war, als er endlich von ihm abließ. Durch seine Verwandlung brachte er das ganze Haus zum Einsturz, doch war mir dies nicht so wichtig, wie Sorin, welcher kaum noch zu atmen schien. Durch seine Gestalt schützte Reko mich und somit Sorin vor den Trümmern des Hauses, die auf uns runter stürzten. Ich griff in sein Fell und strich mit zitternden Händen über dieses. „Halte durch ... er wird bald zurück sein und dir helfen.“ Flüsterte ich ihm zu und vergrub mein Gesicht in dessen Fell. Ich hoffte so sehr, dass er dies überlebte. Doch mehr Zeit blieb mir nicht mehr. Der Drache war gut an die 20 Meter groß und seine Schuppen reflektierten das Licht, als er mit seiner großen Pranke mich umschloss und von Sorin wegzog. Einmal war ich bisher geflogen und das in einem Flugzeug. Mit dem hier war dies jedoch kein bisschen zu vergleichen. Panik hatte sich in mir ausgebreitet und die Angst plötzlich fallen Gelassen zu werden. Dennoch riskierte ich einen Blick zurück und sah nur noch die Trümmer des einstigen Anwesens. Es schmerzte mich, dies zu sehen, und ich schwor, dafür würde der Drache büßen.
 


 

Kapitel 72:
 


 

Wenn ich eine Uhr gehabt hätte, dann könnte ich erahnen, wie lange der Flug gedauert hatte. Doch leider fehlte mir diese, weswegen ich nur eine Schätzung abgeben konnte. Vielleicht fünf oder sieben Stunden waren wir in der Luft und der eiskalte Wind peitschte mir immer wieder ins Gesicht. Ich war mir sicher, wäre ich nur ein Mensch, ich hätte das nicht überlebt. Die Gegend zog schnell vorbei. Ich hielt mich, so gut es ging an den Klauen von Reko fest, um nicht doch nach unten wegzufallen. Wie gerne säße ich jetzt in einem Flugzeug. Noch während ich weiter davon träumte und den Drachen verfluchte, schrie ich auf, als dieser plötzlich die Richtung nach unten einschlug. Es ging alles so schnell, dass ich nicht mal richtig mitbekam, wann er mich losgelassen hatte, schon landete ich mit Wucht auf dem nackten Stein. Mir taten sämtliche Knochen im Leib weh, als ich grob am Oberarm nach oben gezogen wurde. Erst jetzt konnte ich mich etwas umsehen. Es war wohl ein Balkon, auf welchem wir gelandet waren, jedoch ohne Geländer. Mir wurde alleine schon bei dem Ausblick nach unten mulmig in der Magengegend. Das Gebäude stand auf einer Klippe und trotz des Schnees, welcher die Gegend bedeckte, peitschte Wasser gegen die nackten Felsen unten uns. „Wenn du versuchst abzuhauen, habe ich keinerlei Hemmungen, dich dort runter zu schmeißen.“

„Und du denkst, das kann mich umbringen?“ Ich wollte bereits lachen, als sich auf seinem Gesicht ein breites Grinsen entfaltete. „Wer sagt denn, dass ich dich umbringen will? Es wird schon reichen, wenn du dir alle Knochen im Leib brichst und dich nicht mehr bewegen kannst.“ Mit einem murren sah ich ihn an und hätte am liebsten noch irgendwas gesagt, doch fiel mir nichts Gescheites ein, weswegen ich den Mund hielt. „Jetzt los! Ich will hier nur solange wie nötig verweilen.“

„Hey, mir geht es genau so, also wenn du auch nicht hierbleiben willst, kannst du mich sofort wieder zurück nach England bringen.“

„Als wenn ich gerne in dieses elende Land reisen will.“ Er stieß mich an der Schulter Richtung Eingang. Drinnen waren die Wände kahl und es hingen in einigen Metern entfernt Fackeln an den Wänden. „Wo bin ich hier? Im Mittelalter?“

„An manchen Orten bleibt die Zeit still stehen.“ Ich vernahm, dass er es ebenso nicht sonderlich mochte. Vielleicht ließ sich damit noch was anfangen. Wir kamen an einigen Wesen vorbei, wo ich mir sicher war, dass dies keine Drachen sein konnten. Sie gingen selbst mir grade mal bis zum Schlüsselbein. Deren Haut war gräulich und die Haare mehr als dünn. Man sollte zwar keine Vorurteile gegenüber anderen haben, aber denen wollte ich nicht zu nah kommen. „Was sind die?“ Fragte ich daher leise über die Schultern zu meinem unfreiwilligen Begleiter. „Unser Fressen, wenn sie nicht jene Aufgaben gut erfüllen, die wir ihnen auftragen.“ Das beantwortete selbstverständlich all meine Fragen. Ich rollte nur mit den Augen bei dieser Aussage. „Weiter.“ Wieder stieß er mich an der Schulter und ich ging den Gang entlang, der nicht ein bisschen gemütlicher wurde.
 

Nach etlichen Metern schlug mir ein Geruch entgegen, der nach verbranntem Fleisch und vor allen Haaren roch. Ich hielt mir die Hand vor der Nase, um den Geruch nicht zu stark einzuatmen. Der Gang wurde breiter und höher, als ich auf eine Tür zuging, die gut 4 Meter hoch schien. Mit einem mulmigen Gefühl ging ich unfreiwillig durch diese. Vor mir lagen dutzende Körperteile und sie wirkten ziemlich frisch. Nur ebenso auch ziemlich angebraten. „Hast du mich endlich einmal nicht enttäuscht?“ Ich blieb nahe bei Reko stehen und sah auf die andere Seite des großen Raumes. Meine Gesichtszüge entgleisten dabei, ohne das ich etwas dagegen tun konnte. Am anderen Ende des Raumes stand eine Mischung aus Mensch und Drache. Er sah aus wie ein Ding, das nur ein psychisch Kranker hätte zeichnen können. Die Beine waren die eines Drachen, der untere Teil des Körpers der eines Menschen. Die Arme konnten sich scheinbar nicht entscheiden, was sie werden wollte und der Kopf war überdimensional groß zum restlichen Körper. „Was ist das?“ Fragte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen und konnte den Blick nicht abwenden. „Mein Vater.“

„Das Ding? Nie und nimmer. Du verarschst mich doch.“ Ich zeigte dabei auf das komische Ding und wäre wohl in einen hysterischen Lachanfall versunken, wenn mir nicht lieber zu weinen zumute war. „Nein. Er mag es, beide Seiten seines Wesens zu zeigen, wenn Besuch da ist.“

„Na danke auch, dann verzichte ich gerne darauf hier Besucher zu sein.“

„Ich hab sie gebracht, damit sind meine Verpflichtungen dir gegenüber beendet!“

„Hey warte mal! Du haust doch jetzt nicht etwa ab?!“ Fragte ich geschockt zu ihm. Klar, ich konnte ihn nicht leiden und wünschte ihm nach der Aktion mit Sorin den Tod an den Hals, aber das war doch sicher nicht sein ernst! Ich konnte es einfach nicht fassen und griff nach seinem Unterarm. „Wenn du mich jetzt alleine lässt, werde ich dich irgendwann finden und dir irgendwas antun, dass du es bitter bereust.“

„Lerne erst mal, jemanden gescheit zu drohen, bevor du irgendwas sagst.“ Mit finsteren Blicken strafte ich ihn. Wenn Blicke töten könnte, lege er bereits in Scheiben geschnitten vor mir. „Du scheinst dich gut mit ihr zu verstehen, mein Sohn.“ Ich drehte mich eher unfreiwillig zu diesem Monster, oder was er auch immer war, um. Zu meinem Glück verwandelte er sich endlich in eine Gestalt. Er sah fast genauso aus wie Reko, lediglich ein wenig älter und dazu um gut einen Kopf größer. Nur eines störte mich, und zwar das er es wohl bevorzugte nackt herumzulaufen. „Selbst wenn, mir egal. Ich habe sie dir gebracht wie gewünscht und werde nun gehen.“

„Mh. Aber aber. Nicht so schnell, Villads. Wenn du dich so gut mit ihr verstehst, wirst du hierbleiben und dafür sorgen, dass sie nicht verschwindet. Ich will doch mein neues Geschenk nicht sofort wieder missen.“ Villads? Ich sah den Drachen neben mir fragend an. War das sein richtiger Name? „Sie kann nirgendwo hin. Sie ist so schwach wie ein kleines Kind. Also wirst du mich nicht brauchen.“

„Das hast du nicht zu entscheiden!“ Die Stimme des Älteren brachte die Wände regelrecht zum Wackeln. „Ja, Vater.“ Aus zusammengebissenen Zähnen presste Reko dies hervor und neigte seinen Kopf. „Wenn Ihr es wünscht.“

„Ich befehle es dir. Von wünschen ist hier keine Rede! Und lass mich mein Geschenk genauer betrachten.“ Mittlerweile stand der ältere Drache genau vor mir und griff nach meinem Kinn, drehte es in verschiedene Richtungen und griff mit einer festen Bewegung in meinem Kiefer, dass ich automatisch den Mund öffnen musste. „Was soll das? Lass mich los!“ Ich schlug seine Hand von mir weg. Immerhin war ich doch kein Pferd! „Störrisch. Aber sie hat mir nicht mal ansatzweise Schmerzen zugefügt.“

„Weil sie es nicht kann. Ich sagte doch, dass sie schwach ist... unreif.“ Wie das klang. Es regte mich auf, wie die beiden über mich sprachen und doch schluckte ich meinen Widerwillen hinunter. Was sollte ich auch sonst anderes tun? Es war mir schon klar, dass ich keinen der beiden ernsthaft verletzen konnte. „Das wird sich noch ändern. Spätestens wenn wir sie genügend gefüttert haben.“ Jetzt kam ich mir echt wie ein Pferd vor. Ob ich ihm sagen sollte, dass es keinen Sinn hatte? Ich griff mit der Hand an meine Brust und hoffte wirklich, dass dieser Gegenstand von Alucard dort drinnen das hielt, was er versprach. Nicht auszudenken, wenn mein anderes Ich hier zum Vorschein kam und ich es nie wieder unter Kontrolle bekam. „Lass ihre Fähigkeiten erst mal versiegeln und danach bring sie in eines der Verliese. Bleib bei ihr in der Nähe und nun verschwinde.“ Mit einer wegwerfenden Handbewegung drehte er sich um, beugte sich vor und griff nach einem Stück verbrannten Fleisch, welches er von dem Knochen regelrecht mit den Zähnen abriss. Ich spürte Rekos Hand auf meiner Schulter und folgte ihm mehr als freiwillig. Nur weg von diesem was auch immer. „Du weißt, du könntest jetzt auch einfach abhauen und mich mit nehmen. Ich würde hier sicher nicht freiwillig wieder her kommen und dem irgendwas verraten.“ Sagte ich über meine Schulter hinweg, während er mich in irgend eine Richtung dirigierte. „Du spielst gern mit dem Feuer, oder?“

„Um ehrlich zu sein, fange ich grade an eine Abneigung gegen dieses zu entwickeln.“ Wir schritten immer weiter voran und gingen dadurch immer tiefer in den Gebäudekomplex hinein. Einige von diesen komisch aussehenden Wesen kam an uns vorbei und wollten sich vor Reko noch kleiner machen, als sie eh schon waren. Den ganzen Weg über dachte ich darüber nach, wie ich von hier verschwinden konnte. Mit einer aussichtslosen Lage wollte ich mich nicht abfinden.
 

Mehr als gefrustet trat ich gegen die metallene Tür. Vor nicht mal einer Minute hatte der Drache mich doch wirklich in diesen fünf mal fünf großen Raum gestoßen und die Tür hinter mir verschlossen. Hier waren nicht mal Fenster an den Wänden. Hätte ich nicht etwas im dunkel sehen können, ich würde nur in einer einzigen Schwärze mich befinden. Aber eines stand fest, es war bei weitem nicht so schlimm wie in dem Raum, auf diesem Anwesen der Verrückten. Gefrustet ließ ich mich an der steinernen Wand nach unten gleiten und saß seufzend auf dem verdreckten Boden. Vom Saubermachen schienen die hier auch noch nie was gehört zu haben. Wie gerne hätte ich jetzt meine Fähigkeit einfach so mit Alucard zu kommunizieren, aber scheinbar blieb mir dazu nur eine einzige Alternative und in Hoffnung, das er irgendwann schlief, und ich es schaffte, schloss ich meine Augen. Ich war nicht im Geringsten müde, trotz der letzten Stunden und schlug irgendwann gefrustet mit der Faust auf den Boden neben mir. Der Staub vom Boden verteilte sich dabei im Raum und brachte mich mehrmals zum Niesen. „Verdammt..ich sollte froh sein, das hier zumindest nicht alles voll mit Urin ist.“ Sagte ich zu mir selber, um auch ein wenig die Einsamkeit zu überspielen. Seufzend lehnte ich mit dem Kopf gegen die steinerne Mauer. Was jetzt wohl geschah? Ich hatte noch immer keine Ahnung, was ich hier überhaupt sollte und was die, oder besser gesagt, dieser komische Drache von mir wollte. Ich ging in Gedanken das Gespräch, oder Aufeinandertreffen, je nachdem wie man es formulierte nochmal durch. Wie es schien, verstand sich Reko nicht sonderlich gut mit seinem Vater. Ob ich ihn überzeugen könnte mir zu helfen? Aber was könnte ich ihm anbieten? Ich hatte nichts. Verzweifelt rieb ich mir die Augen und hörte sofort damit auf, als die Tür aufgemacht wurde. „Ich will doch nicht, das du verhungerst.“ Reko schmiss eine Plastikflasche zu mir, welche ich reflexartig auffing. „Frisch abgezapft.“ Meinte er dazu und wollte die Tür schon wieder schließen, doch stand ich direkt auf. „Warte!“ Vergebens, denn die Tür fiel bereits wieder ins Schloss und wurde zugesperrt. Gefrustet schlug und trat ich dagegen.
 

Irgendwann hatte ich es mir auf dem Boden wieder bequem gemacht und den Schraubverschluss der einstmaligen Wasserflasche geöffnet. Ich setzte sie an und trank das Blut. Den ganzen halben Liter auf einmal. Woher er es hatte, fragte ich mich schon, doch konnte ich ihn schlecht fragen. Denn dafür musste er ja erst mal mit mir reden. Wie viel Zeit genau verging, konnte ich nicht sagen. Fünf, sechs Stunden vielleicht, in denen ich irgendwann begann mit dem Hinterkopf immer wieder leicht gegen die Steinwand zu schlagen. Ich hatte sogar überlegt, dieses Amulett mir selber aus der Brust zu reißen, wo ich es vermutete. Doch dann kamen mir wieder Alucards Worte in den Sinn. Ich würde keinen Erfolg damit haben. Hätte er nicht irgend eine Sicherung miteinbauen können? Irgend so ein Zauberwort, womit ich es selber deaktivieren konnte? Das Schlafen wollte sich ebenso wenig einstellen. Ich hatte es immer wieder versucht. Selbst Schäfchen hatte ich gezählt ohne Effekt. Ich spielte am Saum meiner Kleidung herum, nur um irgendwas zu tun zu haben. Selbst ein Buch hätte ich jetzt gerne hier gehabt zum Lesen. Was nützte es überhaupt, mich zu entführen, nur um mich dann einzusperren? Das ergab doch gar keinen Sinn. Nach, meiner Schätzung zufolge bestimmt gut 10 Stunden, lag ich seitlich auf dem Boden und zog mit dem Zeigefinger kleine Zeichnungen durch den Dreck. Hier mal ein Haus, dort ein Baum oder einfach nur irgendwelche Kreise. Zum Glück gab es hier so verdammt viel Dreck, das es oftmals reichte, ein paar mal drüber zu wischen und es lag wieder genügend Schmutz vor mir um von vorne zu beginnen. Meine Augen fielen mir dabei sogar zu, aber schlafen? Ach iwo, wie kam ich überhaupt nur darauf, daran zu denken? Ich drehte mich auf den Bauch und legte die Stirn auf die vor mir verschränkten Arme. Dabei vermied ich es, durch den Mund zu atmen. Als die Tür erneut geöffnete wurde, drehte ich den Kopf zur Seite und versuchte so hinter mich zu blicken. Da es mir nicht recht geling, drehte ich mich zurück auf sie Seite. „Ist dir langweilig?“ Ein grinsen lag auf den Lippen des Drachens, und ich sah ihn finster an. „Ne! Überhaupt nicht! Endlich komme ich mal dazu, all das zu erledigen, was ich schon immer wollte! Und mir zu überlegen wie ich ein Drachennest am besten ausräuchere, steht dabei ganz oben!“

„Dann viel Erfolg damit. Ich bezweifle, dass du es hinbekommen wirst.“ Er hielt wieder eine kleine Flasche und schwenkte diese mit Zeige- und Mittelfinger am Flaschenhals hin und her. „Sag lieb Bitte Bitte.“ Das Knurren bahnte sich seinen Weg ganz alleine aus meiner Kehle. „Dann eben nicht. Wird es wohl gerinnen und nicht mehr zu gebrauchen sein.“ Mit einem Achselzucken wollte er schon wieder raus gehen. „Wie lange noch?“ Verwirrt blieb er stehen und sah mich an. „Wie lange muss ich hier noch eingesperrt bleiben?“

„Weiß ich doch nicht. Mir auch egal. Hauptsache ich kann hier bald weg.“ Den letzten Teil flüsterte er nur, dennoch vernahm ich es und sah mal wieder auf die sich zufallende Tür. Damit traf mein Kopf auch erneut auf den kalten Boden.



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