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Vampire? Die gibt es doch gar nicht!

von

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Kapitel 47-48

Kapitel 47:
 


 

Noch immer stand ich vor dem geöffneten Tor und bekam nur am Rande mit, wie die Soldaten mich ansprachen. Näher auf mich zu kamen sie aber nicht um ihre Worte Deutlichkeit zu verleihen. Erst das Hupen eines Wagens brachte mich wieder hier her zurück und ich ging sofort aus dem Weg. Die blöde Verrücke saß drinnen und funkelte mich wütend an. Was hatte die nur ständig für ein Problem? Es war doch nicht meine Schuld, das ich hier war und auch nicht mein Wunsch damals gewesen. Reiche Zicke, wollte ich ihr schon nach rufen, als ein weiterer Wagen an mir vorbei fuhr. Dessen Scheiben waren aber vollkommen schwarz getönt, so das ich nicht sehen konnte, wer drinnen saß. Es sollte mich eigentlich auch nicht interessieren, dennoch ging ich nun auch durchs Tor, welches hinter mir geschlossen wurde. Die Wagen hielten vor der Tür zum Villa und ich hätte laufen müssen um dort anzukommen um zu sehen wer das im anderen Auto war, bevor diese nach drinnen verschwanden. Aber ich wollte ja nicht neugierig sein. Von wegen! Ich beeilte mich und stand bald schon an der Ecke der Villa, von wo ich einen besseren Blick hatte. Der Fremde war bereits aus dem Wagen gestiegen und als ich ihn sah, musste ich etwas stutzen. Er kam mir bekannt vor. Es dauerte nur einen Augenblick und ich riss meine Augen weit auf. Der Mann, etwa ende 60, vielleicht Mitte 70, mit einem maßgeschneiderten, schwarzen Anzug, welcher der reichen Zicke rein folgte sah genau so aus wie einer der Männer die damals im Kreis um mich herum gestanden hatten. Zwar hatte er damals andere Sachen an, aber dieses Gesicht von ihm, das konnte man nicht vergessen. Hohe Wangenknochen und die viel zu kurze Nase. Was machte der hier? Ich begann zu zittern und ging schnell rückwärts. Wussten die hier, wer er war? Ich sah nicht nach hinten und konnte daher nicht verhindern mit jemand anderen zusammen zu stoßen, welcher dabei eine Kiste mit Munition fallen ließ. „Pass doch auf!..Ich meine..Tschuldigung.“ Der Soldat schrie mich erst an, dann aber als er mich sah, wurde er Kleinlaut und ging auf Abstand. „Schon gut.“ Meinte ich nur und drehte mich schnell wieder um. Der alte Mann war bereits drinnen verschwunden, doch der Typ, welcher bei seinem Wagen stand sah zu mir und als er lächelte, lief es mir kalt den Rücken runter. Seine Zähne waren wie lauter kleine Dolche, das konnte ich selbst von hier aus sehen. Sah das denn kein anderer? Der Kerl schloss seine Lippen wieder, behielt mich genau im Blick. Ich musste hier dringend weg. Nur wohin? In einem der Gebäude verstecken? Es war zumindest eine Alternative. Zudem wollte ich in jetzt in der Nähe von meiner Handfeuerwaffe sein und machte mich daher auf den Weg dorthin. Der Kerl hatte mich eh im Blick, also versuchte ich jetzt unauffällig zu sein und so zu tun, als wenn er mich einen Dreck interessierte. Zum Glück kam ich ohne Probleme zu meiner Sabroa. Ich legte sofort ein paar Kugeln hinein und setzte mich auf den Boden, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Dabei behielt ich den Eingang genauestens im Blick.
 

Es verging einige Zeit, bis ich neben mir eine Bewegung wahr nahm und sofort meine Waffe darauf richtete. „Du müsstest mittlerweile wissen, das diese mir nichts anhaben können.“ Erleichtert atmete ich aus, als es nur Alucard war. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du deine Pause hier drinnen verbringst.“

„Ich würde auch lieber schlafen gehen...Alucard..der Mann, welcher gerade bei der verrü...ich meine, welcher gerade bei Lady Integra ist, er war damals dort...auf der Wiese wo mich Juraj hingebracht hatte...“

„Wirklich?“ Auf seine Lippen legte sich ein Lächeln und ich nickte. „Das ist nicht witzig! Wer ist das?“ Er zuckte nur mit den Schultern. „Hat mich bis eben nicht interessiert. Bleib hier.“ Und damit war er schon wieder weg, ohne das ich ihn noch fragen konnte, was er vor hatte. Verdammt. Er hätte mich zumindest schnell in mein Zimmer bringen können. Dort hätte ich die Tür verbarrikadiert. Dann aber viel mir wieder der Tunnel ein. Wenn ich mich recht erinnerte, kam ich auf der anderen Seite des Geländes in einem der Lagerhäuser raus. Ohne noch lange nachzudenken, krallte ich mir eine handvoll Munition, steckte die in meine Hosentasche und machte mich schleunigst auf den Weg. Denn man mochte kaum glauben, wie dringend ich auch eine Dusche haben wollte. Immerhin hatte ich in den letzten drei Tagen eher wenig Bekanntschaft mit solch einer gehabt. Mein Plan stand somit. Schnell durch diesen komischen unterirdischen Gang bis in den Keller, mit der Hoffnung das die Tür dort auf war. Dann unter die Dusche ganz schnell und schließlich im Zimmer sich verbarrikadieren.

Der Weg zu dem Lagerhaus war nicht schwer zu finden und zum Glück schien mir dieser unheimliche Typ bei dem Wagen nicht zu folgen. Nochmal sah ich mich um, da keiner zu sehen war, ging ich rein. Die Tür zu dem Gang runter war blockiert durch lauter Kisten. Wie es schien wollte jemand nicht, das man sie benutzte. Tja Pech gehabt. Ich räumte die Kisten schnell zur Seite weg und war hierbei doch froh, das ich die schweren Teile bewegen konnte, wenn auch mit großer Anstrengung. Schließlich hatte ich die Tür frei geräumt und ging durch sie hinein in den Gang. Noch immer keine Lampen, aber egal. Meine Augen hatten sich schnell daran gewöhnt und dieses mal vermied ich es an die Decke zu sehen. Ich würde auch in keine der Räume rein gehen..obwohl, als ich so weiter ging, kam mir der Gedanke, dass sie vielleicht am besten als Versteck hier geeignet waren. Ich hatte immerhin keine Ahnung was der komische Kerl vor hatte und wollte es auch nicht wissen. Da er aber damals dabei war, als Juraj so komisch ausgeflippt war, konnte ich mir schlecht vorstellen, das er unbedeutend ist.

Wie lange ich ging? Keine Ahnung. Vielleicht eine halbe Stunde. Dieses mal hatte ich auch einen schnelleren schritt drauf als letztens und als ich dann bei einen der Räume ankam, wo ich damals nicht so überfallen wurde von Spinnen, öffnete ich die Tür. Es war die große Präsidentensuite, wie ich den Raum damals nannte und wo ich das eine mehr als uninteressante Buch gefunden hatte. Die Tür schloss ich wieder hinter mir. Es war irgendwie unheimlich, wenn sie offen stand. Als wenn plötzlich was rein kommen könnte. Viel verändert hatte sich hier nicht, dachte ich lächelnd und ging auf das alte Bett zu. Es lag eine alte Decke drüber. Sie war mit einer dicken Staubschicht bedeckt und ich musste meinen Mut zusammen nehmen um sie runter zu ziehen. Immerhin hätte mich sonst was anspringen oder an krabbeln können. Aber es war nur Staub. Die Decke schmiss ich über den Tisch. Ich setzte mich auf das Bett und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand. Es war kein Bezug drauf. Nur ein altes Kopfkissen, aber darauf wollte ich meinen Kopf ungern parken. Weder zu meiner linken, noch zu meiner rechten und zu meinem Glück auch über mir waren keine Viecher. Ich dankte dem Herren dafür und schloss die Augen. Schlafen wollte ich zwar nicht, doch es verhindern konnte ich eben so wenig. Zu sehr zollten die letzten Tage ihren Tribut.
 

Ungern wollte ich die Augen öffnen, doch kitzelte mich etwas auf der Wange. Ich schlug es weg und wollte weiter schlafen, als es wieder da war. Jetzt erst riss ich meine Augen auf. Ich war noch immer in dem großen Raum. Ich war zur Seite auf das Bett gekippt und sah eine Kellerassel neben mir laufen. Anscheinend war das Ding auf meiner Wange gewesen. Zum Glück nichts anderes. Dennoch stand ich auf und strich über meine Sachen, als wenn noch andere Viecher drauf gewesen wären. Wie lange war ich wohl schon hier? Sollte ich weiter gehen und raus finden ob der Kerl samt Anhängsel bereits weg war? Nein. Es gab auch eine andere Möglichkeit und ich hoffte sehr, das er diesmal keine Mauer um seinen Verstand herum baute. Ich schloss meine Augen und begann mich wieder auf Alucard zu konzentrieren. Zu meiner Erleichterung stieß ich nicht gegen eine Wand. „Alucard, hörst du mich?“

„Klar und deutlich. Wo bist du?“ Ich musste etwas lächeln. Vielleicht sollte ich diesen Ort hier doch als kleinen Rückzugsort ansehen. Er war nicht ganz so weit weg von dem Lagerhaus aus gesehen. „Auf dem Anwesen.“ Das sollte meiner Meinung nach reichen. „Ist er weg?“ Fragte ich nun direkt und wartete auf eine Antwort von ihm, welche aber nicht kam. „Alucard?...Bist du noch da?...Alucard?“ Wieso antwortete er mir nicht mehr? Ich erschrak als sich ein Arm um meine Taille legte und sprang nach vorne. Dabei drehte ich mich um und musste mein Herz erst mal wieder dazu bringen ruhiger zu schlagen. „Verdammt! Du sollst mich doch nicht immer so erschrecken?.. Außerdem, woher weißt du immer wo ich bin?“ Das war es wohl mit dem Rückzugsort nur für mich. „Du strahlst geradezu in der Dunkelheit.“ Ich strahlte? Was meinte er damit wieder? „Egal..also, ist der Mann weg?“

„Seit gut vier Stunden.“ Welch eine Erleichterung. „Ich werde mich nachher noch einmal mit ihm beschäftigen.“ Und wieder sah ich fragend zu ihm. „Wenn er dort war, wo du sagtest, dann ist er kein Mensch.“

„Woher willst du das wissen?“

„Noch einmal. Ein Drache gibt sich nicht mit Menschen ab.“ Dann war in der damaligen Runde keiner ein Mensch gewesen? Wie sollte man dann nur den Unterschied erkennen? Meine Finger begannen zu kribbeln und ich schüttelte die Hand etwas aus. Als ich Alucards Blick bemerkte, zuckte ich nur mit den Schultern. „Meine Hand ist anscheinend eingeschlafen.“ Zumindest fühlte es sich gerade so an. „Wie kommst du eigentlich hier runter?“ Er drehte sich zur Seite und sah zum alten Bett. „Ich hatte Langeweile und war mich umsehen gegangen. Dabei stieß ich auf den Raum hier.“ Das ich dabei die Tür damals eingetreten hatte zu dem Gang, musste ich ja nicht erwähnen.

Das Kribbeln breitete sich von meiner Hand zum ganzen linken Arm aus, bis hoch zur Schulter und ich strich drüber. War das normal? Ich kannte es so gar nicht. Als ich zu Alucard sah, bemerkte ich, wie er seine Lippen bewegten aber ich verstand kein Wort. Es war alles still. Plötzlich begann meine Sicht unscharf zu werden. „Alucard....ich glaube...irgendwas stimmt hier nicht...“ Meine Stimme..sie hörte sich dumpf an, als wenn ich mir die Hand vor dem Mund gehalten hätte. Er drehte sich zu mir und neigte den Kopf dabei zur Seite. Ich versuchte auf ihn zu zugehen, wobei ich jegliches Gefühl im Bein verlor und weg knickte. Bevor ich auf den Boden auftraf, fing er mich auf und drehte mich um. Seine Lippen formten Worte, als ich zu seinem Gesicht hoch sah. Ich glaubte er sagte meinen Namen, doch ich war mir nicht sicher. Die Sicht verschwamm immer mehr und mein Körper fühlte sich zunehmend tauber an. Ich versuchte meine Finger zu bewegen, doch ob ich es schaffte? Ich wusste es nicht, denn ich konnte nicht zu ihnen sehen, geschweige denn den Arm heben. Was geschah mit mir? Die Farben der Umgebung vermischten sich. Das Schwarz und Grau mit den roten Sachen von Alucard. Eigentlich hätte ich Angst haben müssen, aber die hatte ich nicht. Ich fühlte mich ganz ruhig, wie kurz vorm einschlafen und schließlich wurde alles um mich herum schwarz. Ich spürte nur noch eine Wärme in mir drinnen, die sich ausbreitete und sich schließlich um mich legte, aber es fühlte sich nicht richtig an. Ich wollte nicht die Wärme haben, welche mich zu beschützen schien, ich wollte die Kälte, welche versuchte zu mir durch zu kommen. An den Fingerspitzen konnte ich sie fühlen. Sie war außerhalb und lechzte nach mir. Die Wärme sollte verschwinden und ich wollte gegen sie angehen, sie von mir schütteln, aus mir raus schieben, doch es gelang mir nicht als wenn etwas sie dort fest hielt. Ich gab schließlich auf und lies es, wie es war, auch wenn es falsch schien.
 

„...aufwachen...rin...auf...mich....Kat...hörst du...Kathrin? Wach auf....“ Nur langsam kamen die Worte zu mir durch. Ich kniff meine Augen zusammen und schüttelte den Kopf. „Kathrin..wach auf...Kathrin, hörst du mich?“

„Mhh..ja..du bist zu laut...“ Ich öffnete meine Augen und sah in die von Sera. Sie hatte ein Tuch in der Hand, welches sie auf meine Stirn legte und drüber wisch. „Du bist wach, endlich. Ich hatte mir solche Sorgen gemacht, nachdem dich mein Meister hergebracht hatte.“ Ihr Meister? Ach ja, so nannte sie Alucard immer. „Was ist passiert?“ Ich wollte mich aufrichten, doch drückte sie mich sofort zurück ins Bett. „Nicht bewegen. Ich weiß nicht was geschehen ist, aber du warst so blass wie eine Leiche.“ War ich das? Derzeit fühlte ich mich eher träge, doch ich konnte meinen Körper wieder spüren, sogar wie ich mit den Zehen wackelte. „Fräulein Polizistin, lass uns alleine.“ Seine Stimme, sie schien von überall her zu kommen und Sera stand sofort auf. „Ich komme nachher wieder nach dir sehen.“ Lächelnd nahm sie das nasse Tuch mit, welches sie auf meiner Stirn gelegt hatte und verschwand. Nachdem sie die Tür hinter sich schloss, tauchte Alucard aus dem Schatten aus und sah mit einem Lächeln auf den Lippen zu mir. „Was war los?“ Konnte er es mir sagen? Wieder versuchte ich mich aufzurichten. Weder half er mir, noch drückte er mich zurück ins Bett. Er beobachtete mich einfach nur, bis ich endlich mich aufgesetzt hatte und mit dem Rücken gegen die Wand lehnte. „Es hat begonnen.“ Was? Wollte ich wissen und sah zu ihm. Noch immer sah er mich lächelnd an und sein Blick schien umher zu huschen. Langsam sah ich an mir runter. Ich hatte nur ein weißes Shirt an, dazu einen schwarzen Slip. Mehr nicht. Hatte Sera mich gewaschen und umgezogen? Ich schnappte mir die Decke und legte diese sofort über mich drüber. „Was hat begonnen?“ Er kam auf mich zu und nahm seine Brille runter, legte diese auf den Tisch. Anschließend streifte er sich den Mantel ab, welchen er über die Stuhllehne hing. Was wurde das jetzt? Ich beobachtete ihn ganz genau, als er den anderen Stuhl zu sich zog und drauf setzte.
 

„Deine Verwandlung. Der Zauber scheint sich von dir zu lösen.“ War es wirklich das? Ich sah auf meine Hände und drehte diese hin und her, konnte aber keine Veränderung sehen. „Ich..fühle mich aber nicht anders. Außer etwas kaputt.“

„Noch ist es auch nicht ganz vollzogen und ich muss gestehen, ich bin froh darüber.“ Was? Ich sah zu ihm hoch und verstand nicht so recht. „Du wärst beinahe drauf gegangen. Aus welchem Grund auch immer. Dein Körper scheint sich dagegen zu wehren und das hätte fast dazu geführt, dass ich dich verloren hätte.“ Das letzte sagte er sehr leise, dennoch hörte ich es und war nun wirklich verwundert. Hatte er etwa Angst mich zu verlieren. Doch bei seinem Blick schien es eine andere Bedeutung zu haben, denn ich sah keine Trauer, Mitleid oder sonst was. Nur sein Lächeln. Ich schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Wand. „Ich hatte eine Wärme in mir gespürt, doch habe ich mir die Kälte gewünscht.“ Schilderte ich ihm und danach noch das andere. Wie es anfing. Zuerst mit dem Kribbeln in der Hand und wie später meine Sicht sich komplett veränderte. Auch wie ich die Wärme spürte und die Kälte mir wünschte. „Es war wie..in den Schatten..“ Er sah mich nun fragend an. „Vielleicht ist es nur Einbildung, aber wenn ich in die Schatten gehe, fühlt es sich an, als wenn ein warmer Umhang sich um mich legt..doch ab und an habe ich es jetzt auch schon erlebt, dass ich mich der Kälte hingeben kann und dann scheint alles möglich zu sein. Es ist eigenartig. Mit der Wärme um mich herum fühle ich mich zwar Sicher und geborgen, aber auch eingeengt. Bei der Kälte hingegen fühle ich mich verloren und einsam, aber auch zu allem fähig.“ Ich sah bei den letzten Worten zu ihm hoch und zuckte mit den Schultern. „Wie ist es bei dir?“ Eventuell konnte er mir dahingehend einen Rat geben. Bisher dachte ich ja nicht, dies könnte etwas mit einander zu tun haben. Aber vielleicht war es ja der Grund, warum ich mich so bescheiden in den Schatten bewegen konnte und die Fähigkeit nicht wirklich bei mir funktionierte. „Weder Kälte noch Wärme fühle ich dort. Es ist leer von jeglichen Gefühlen.“

„Oh?..Wirklich?“ Nun war ich erstaunt. „Ist es denn so unterschiedlich?“

„Nein. Ich hab noch von keinem gehört, das er Wärme oder Kälte in den Schatten fühlte.“ Na super! Ich hob die Hände und seufzte resigniert. „Kann auch mal irgendwas normal bei mir sein??“

„Dann wäre es doch langweilig.“ Ich funkelte ihn böse an und als er wieder anfing zu lachen, schmiss ich einfach das Kopfkissen zu ihm hin. Er fing es aber auf und legte es neben seiner Brille auf den Tisch. „Okay. Was soll ich machen, wenn es wieder so weit ist?“

„Vertraue deinen Instinkten. Wenn du sagst, die Kälte fühlt sich richtig an, dann lass diese in dich rein fließen.“

„Das hatte ich versucht, aber es nicht geschafft...Sehen wir es doch ein, ich bin einfach zu nichts zu gebrauchen!“ Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen und hätte ich weinen können, ich hätte es getan. Doch dazu war mir nicht zu mute. „Vielleicht liegt es auch daran. Du machst dich ständig Kleiner als du bist. Redest dir ein, nichts besonderes zu sein und machst deine Fähigkeiten runter.“

„Weil es doch auch alles so ist! Ich kann selbst nach Monaten des Trainings noch nicht mal die Augen in der Finsternis öffnen! Mich kaum dort drinnen bewegen! Ich bringe es nicht fertig meinen Durst zu kontrollieren und ich werde wohl für den Rest meines Lebens, welches scheinbar nicht mehr lange ist, im Körper einer 17 jährigen bleiben!“ Es war alles so verdammt viel und kotzte mich dermaßen an. Und den Teil, das ich verdammt nochmal keine Jungfrau sein wollte bei meinem Tod, konnte ich mir gerade noch so verkneifen. Ich hatte die Knie angezogen, als ich spürte wie die Matratze sich bewegte. Er nahm meine Hände und zog sie von meinem Gesicht weg. „Wenn ich wüsste, das es dich nicht umbringen würde, würde ich dir jetzt jedes dieser Worte aus dem Leib prügeln.“

„Wie nett du doch mal wieder zu mir bist.“ Mit dem linken Bein kniete er auf der Matratze vor mir. Das rechte hatte er ausgestreckt auf dem Boden vor dem Bett stehen. „Seit Anfang an versuche ich dir klar zu machen, das du nicht normal bist und das du dich glücklich schätzen solltest. Schon mal daran gedacht, dass du dich selber blockierst? Du versuchst normal zu sein. Lass es endlich! Du bist es nicht und wirst es auch nie sein! Fang an zu begreifen was du wirklich bist und fang an deine Grenzen auszutesten. Du versteckst dich in dir drinnen und trägst deine Unsicherheit als Schutzschild vor dich. Wenn das so weiter geht, verliere ich bald endgültig meine Beherrschung.“

„Aber ich...“

„Kein Aber mehr! Lerne dich richtig kennen! Halte dich nicht mehr zurück und nimm dir was du willst!“ Das klang ziemlich egoistisch und das letzte von ihm verstand ich so gar nicht. „Wieso mir nehmen, was ich will?“ Fragte ich und sah nur, wie er sich von mir weg stieß und seinen Mantel, so wie seine Brille nahm, die er aufsetzte. Danach drehte er sich wieder grinsend zu mir um. „In einer Stunde im Trainingsraum. Versuchen wir dich noch etwas zu formen.“

„Warte! Alucard!“ Und schon war er wieder weg. Konnte er nicht mal in klaren Sätzen mir sagen, was er da meinte? Ich sollte mich nicht mehr zurück halten und mir das nehmen was ich wollte? Was wollte ich mir denn nehmen? Ich sah mich im Zimmer um und überlegte. Ich wollte zu meinen Eltern, aber das konnte ich mir nicht nehmen, das konnte ich nur irgendwann erreichen. Ich wollte Leben..aber auch das war nichts zum nehmen und wo ich mich zurück hielt. Einige Zeit dachte ich noch über seine Worte nach, verstand sie aber nicht und irgendwann stand ich schließlich auf. Ich fühlte mich nicht mehr so schwach wie vorhin. Außerdem wollte ich duschen gehen.
 

„Kathrin. Du solltest noch liegen bleiben.“

„Nein, mir geht es schon viel besser. Danke übrigens fürs umziehen und frisch machen, Sera.“ Ich lächelte sie an und wollte dann schon weiter gehen. „Ich habe nur die kalten Umschläge auf deine Stirn gelegt.“ Sie sah mich verwundert an, aber genau so sehr sah ich sie fragend an. „Aber ich hatte vorhin andere Sachen an..“

„Tut mir leid. Als mein Meister mich rief und sagte ich solle mich um dich kümmern, warst du schon in den Sachen.“ Als ihr...hieß das etwa? Oh bitte lass es nicht so sein. Er konnte mich doch nicht ausgezogen und gewaschen haben, oder etwa doch? Als ich daran dachte, wurde mir plötzlich ganz anders zu mute. Ich hoffte wirklich, das vielleicht eine der Dienerinnen von der Verrückten damit was zu tun hatten. Wie automatisch ging ich zur Dusche und zog mir danach eine schwarze Jogginghose, so wie ein dunkelgraues Shirt über, nachdem ich meine Unterwäsche angezogen hatte. Die nassen Haaren band ich zu einem Pferdeschwanz zusammen und schlüpfte in meine Sneakers. Gleich danach ging ich zu der Trainingshalle. Meine Sabroa lag nirgends im Zimmer, sonst hätte ich sie vorher weg gebracht. Vielleicht war sie noch in dem einen Raum.

Alucard war schon da und lag auf eine der Bänke an der Seite des Raumes. Er sah lächelnd zu mir rüber und hatte die Arme hinterm Kopf verschränkt. „Du bist früher als vereinbart.“

„Ich..ja...“ Ich wollte ihn fragen ob er mich umgezogen hatte, aber brachte es nicht fertig. Was wenn ja? Alleine bei dem Gedanken lief ich wieder Feuerrot an. „An was denkst du gerade?“

„An nichts!...“

„Du weißt das ich es heraus finden kann?“

„In Träumen ja, aber auch in der Wirklichkeit?“

„Ich könnte in einem deiner Träume wieder zu dir kommen und mir die Information holen.“ Also konnte er es nicht außerhalb dieser? Welch ein Glück und Erleichterung. „Musst du nicht. Ich bin nur am überlegen, wie ich es schaffen kann um mich auf nächsten mal vorzubereiten.“

„Dann lass uns anfangen.“ Ich wollte gerade nicken, als er schon verschwunden war und ich plötzlich auf dem Boden lag. Er hatte sein Knie auf meinem Brustbein liegend und sah zu mir runter. „Werd schneller.“ Ich wollte gerade etwas sagen, doch kamen mir dann wieder die Bilder ins Gedächtnis, welche ich mir unter der Dusche vorgestellt hatte. Das war doch nicht zum aushalten! „Du bist in Gedanken wo anders. Sag es mir.“ Er wollte mich foltern, ich war mir ganz sicher und versuchte ihn von mir runter zu drücken, was ich aber nicht schaffte. „Sag mir was dich ablenkt und ich werde dich aufstehen lassen.“ Das machte es nicht einfacher. „Ich..hast du mich umgezogen, vorhin?“ Jetzt war es raus und ich wohl wieder rot wie eine Tomate. Ich konnte ihm nicht mal in die Augen sehen. „Kathrin. Du kannst mir glauben, du bist nicht die erste Frau, welche ich nackt gesehen habe.“ Also hatte er wirklich? Das war mir so was von peinlich. „Wie konntest du nur?.. und das ist nicht witzig!!“ Schrie ich ihn an, als er wieder lächelte. Ich wollte ihn erneut von mir runter drücken und nutzte dabei auch meinen Zorn auf ihn. Plötzlich sprang er von mir runter und stellte sich mir mit etwa 5 Schritten Abstand gegenüber. „Du kannst mich doch nicht einfach ausziehen!!“

„Ich hab dich auch wieder angezogen.“

„Na und? Das geht so nicht!“ Ich schlang die Arme um meinen Körper. „Wo liegt das Problem? Du warst durchgeschwitzt und deine Sachen klatsch nass. Ich hab dich ausgezogen, unter die Dusche gestellt und danach was übergezogen und ins Bett gelegt.“ Er tat so, als wenn es das natürlichste der ganzen Welt wäre. Verstand er denn nicht, das er mich damit vollkommen fertig machte? Ich schämte mich regelrecht. „Du bist ein Mann, verdammt noch mal!!“ Schrie ich ihm entgegen und ging noch ein paar Schritte weiter von ihm weg. „Das ist dein Problem?“

„Ja verdammt nochmal!! Das ist mein Problem! Ich hab mich noch nie vor einem Jungen ausgezogen! Geschweige denn vor einem Mann!!“

„Ich bitte dich. Erinnerst du dich, als du vor dem Spiegel gestanden hattest? Damals hatte ich dich auch ohne Sachen gesehen und du hast nicht solch einen Aufriss gemacht.“

„Da hatte ich auch gehofft du hast nicht viel gesehen!“

„Da muss ich dich enttäuschen und in deinem Traum, als ich dich zeigen ließ, an was du gerade denkst?“ Ein diabolisches Lächeln legte sich auf seine Lippen.
 

Er hatte es nicht vergessen und wieder lief ich feuerrot an. Es schien fast so, als wenn meine Brust sich verengen würde und ich keine Luft mehr bekam. Ich musste mich schnellstens beruhigen, doch als er noch etwas sagte, reichte es mir und ich funkelte ihn zornig an. Ich wusste nicht wie oder was ich gemacht hatte, aber von einem Moment zum anderen stand ich vor ihm und schlug meinen Ellbogen in seinen Magen. Gleich danach traf ich mit meiner Faust gegen sein Kiefer und griff nach seinem Kragen. Daran warf ich ihn über meine Schulter und lies mein Knie in seinen Bauch fallen, blieb so auf ihn und schlug ihm immer wieder ins Gesicht. Mir taten bereits die Fingerknöchel weh, doch ignorierte ich den Schmerz einfach und konnte nicht aufhören. Ich merkte nicht mal, ob er sich überhaupt wehrte. Das nächste was ich noch mit bekam war, wie ich meine Zähne vor lauter Wut in seinen Hals versenkte. Ich wollte ihm nur weh tun, ihm Schmerzen bereiten und einfach nur beißen, doch als ich sein Blut auf meiner Zunge spürte, wollte ich mehr! Ich konnte seine Brust unter mir beben fühlen und sein Lachen hallte in meinen Ohren wieder. Langsam kam ich wieder zu mir und als ich merkte, was ich gerade tat, ließ ich sofort von ihm ab und kroch von ihm runter. Ich saß auf den Boden und sah geschockt zu ihm hin. Doch Alucard richtete sich nur auf und strich über die Stelle an seinem Hals. Die Verletzungen in seinem Gesicht waren schon fast komplett geheilt. Er hatte noch einen kleinen Riss an der Lippe, doch innerhalb von Sekunden war auch dieser weg, genau wie die Bisswunde an seinem Hals, welche nicht mehr zu sehen war. „Du hast mich gebissen.“ Keine Frage, eine Feststellung und ich nickte. Doch sah ich dann auch wieder ernst zu ihm. „Zieh mich nie wieder aus ohne das ich zustimme! Und komme gefälligst nicht in mein Zimmer, wenn ich mich umziehe!!“ Schrie ich ihm zu und sah ihn wieder finster an. „Wenn du darauf so reagierst wie gerade, werde ich nächsten mal vielleicht mehr machen.“ Er leckte sich ein wenig seines Blutes von der Unterlippe und grinste mir zu. „Wag es dir und ich werde...“

„Was?“ Jetzt stand er schließlich auf und sah zu mir runter. Irgendwie kam ich mir dabei gerade ziemlich Klein im Gegensatz zu ihm vor. „Was wirst du machen? Mich umbringen?....versuch es.“ Die letzten zwei Worte hauchte er gegen meine Kehle. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, wie er seine Zähne in meinen Hals schlug. Ich schlang dabei die Arme um ihn. Eigentlich wollte ich ihn von mir drücken, konnte aber nicht. Es fühlte sich...gut an.
 


 

Kapitel 48:
 


 

War das genau so, wenn ich von jemanden trank? Ich fühlte mich wirklich gut und wollte nicht, das Alucard aufhörte. Als er es dann aber doch machte, fiel gerade zu ein Schleier von meinem Verstand und ich registrierte jetzt erst, was eben passiert war. Sofort legte ich meine Finger auf die Stelle an meinem Hals und sah mit großen Augen zu ihm hin. „Was du mir nimmst, hole ich mir doppelt und dreifach wieder.“ sagte er grinsend und leckte sich über den Mundwinkel, wo eine kleine Blutspur war. „Ich.. Wollte das nicht..“

„Nein, du wolltest nur mal knabbern.“ Ich lief etwas rot an, als er lachte und zu mir runter sah. „Nun steh auf. Fang an zu üben. Wer weiß wie viel Zeit dir noch bleibt.“ Wollte er das Thema wechseln? Ein wenig war ich dankbar dafür. Dennoch aber würde ich ihn irgendwann nochmal mit dem Thema konfrontieren. Es konnte nicht angehen, das er mich einfach auszog oder sonst was.. Wieder lief ein Schauer über meine Haut, als ich darüber nach dachte. Jetzt jedoch stand ich auf und keuchte leicht auf. Ich spürte ein ziehen am Hals und strich wieder drüber. Die Bisswunde von ihm konnte ich noch immer fühlen und fragte mich, wie lange es wohl bei mir dauerte bis sie verschwunden war. Es war eigenartig.. Irgendwie wollte ich gerne das sie etwas da blieb, zumindest bis ich sie im Spiegel wenigstens mal gesehen hatte. Aber er hatte recht. Ich musste mich auf andere Sachen konzentrieren. „Bereit?“ fragte er mich und ich sah zu ihm hin. „Wofür?“ Doch keine Antwort. Er griff nach meiner Schulter und zog mich mit sich in die Schatten. War ja klar, das er dies meinte. Ich hatte die Augen wieder geschlossen und versuchte sie zu öffnen, was aber nicht funktionierte.
 

„Kälte oder Wärme?“ Seine Stimme kam von überall, ich könnte nicht sagen, wo er sich gerade befand. „Wärme...“ Brachte ich heraus und wollte mich immer kleiner zusammen rollen. Sie legte sich wieder um mich und gab mir Sicherheit. Ich wusste, ich sollte sie nicht an mich ran lassen aber konnte es nicht unterbinden. „Versuche sie von dir zu streifen.“ Als wenn dies so einfach war, wie er es sich vorstellte. Ich konnte sie nicht wie einen alten Mantel ablegen und in die Ecke hängen. Noch bevor ich etwas anderes machen konnte, atmete ich erschrocken aus. Er hatte mich aus den Schatten raus gezogen und wir standen wieder in der Halle. Wieso wollte es nicht funktionieren? Was machte ich nur falsch? „Nochmal.“ Bevor er nach mir greifen konnte, sprang ich ein paar Schritte zurück. „Warte!..Ich weiß nicht ob es stimmt, aber...ich würde es gerne alleine versuchen..also ich meine..könntest du mich alleine lassen?“ Vielleicht machte ich mir gerade etwas vor, oder aber ich hatte eine Ahnung und hoffte, sie war richtig. Sein Blick wandelte sich zu einem fragenden und schließlich verschwand er, mal wieder einfach so ohne die Tür zu benutzen. „10 Minuten.“ Hörte ich ihn noch sagen, doch sollten die vollkommen ausreichen. Ich wusste ja nicht mal, wie lange ich noch in den Schatten aushielt, ehe ich mich darin vollkommen verlieren würde. Tief ein und ausatmend schloss ich meine Augen und begann mich zu konzentrieren. Ich spürte, wie die Dunkelheit sich zu mir ausbreitete und mich berührte, umhüllte und zu sich hinein zog. Es war immer wieder eigenartig, wie leicht andere es hinbekamen in sie einzutauchen und zu bleiben, während ich mich extremste konzentrieren musste um hinein zu finden und rechtzeitig wieder raus zu kommen.
 

Meine ganze Aufmerksamkeit galt meiner Umgebung. Ich konnte nichts sehen, weil ich meine Augen noch immer nicht auf bekam, aber...ich spürte auch keine Wärme. Zu erst machte es mir wieder etwas Angst, doch schob ich das Gefühl schnell zur Seite und konnte sie wieder spüren. Die Kälte. Sie war an meinen Fingerspitzen, kroch über die Glieder, die Arme und breitete sich in meinem Körper aus. Ich spannte mich etwas an, doch nur weil ich erst wieder dachte zu erfrieren. Schließlich aber hieß ich sie Willkommen. Ich versuchte erst gar nicht meine Augen zu öffnen, das würde zu viel Kraft verbrauchen. Statt dessen versuchte ich mich zu bewegen. Meine Haut spannte und es schien mich zu zerreißen, doch vom letzten Mal her weiß ich noch, das es sich damals genau so angefühlt hatte und kämpfte nicht dagegen an, bis ich es endlich schaffte. Wieder nur ein kleines Stück. Ich ließ die Schatten hinter mich und tauchte aus ihnen auf, befand mich in der Halle, aber am anderen Ende von dieser. Hatte sich meine Vermutung bewahrheitet? Als ich darüber nachgedacht hatte, wann ich die Wärme und wann die Kälte spürte, war mir nur eines aufgefallen. Alucards Nähe. Ich verstand nicht, was dies mit ihm zu tun hatte, aber jedes mal wenn er in der Nähe war, fühlte ich mich geborgen, beschützt und da lag wohl das Problem. Er tauchte vor mir auf und wollte gerade etwas sagen, als ich meine Hand hob um ihn zum schweigen zu bringen. „Ich weiß nicht wieso oder warum, aber du bist schuld!“ Verständnislos sah er zu mir und neigte dabei den Kopf etwas zur Seite. „Wenn ich in den Schatten bin..kann es sein, dass du dort irgendwas machst?“ Ein diabolisches Grinsen legte sich auf seine Lippen und er ging einige Schritte um mich herum, was mir wieder eine Gänsehaut bescherte. „Es gibt vieles, das ich machen könnte und doch habe ich mich bisher zurück gehalten und dich nur beobachtet.“ Ich glaubte ihn einfach mal und rieb mir dennoch über die Arme, als ein kleiner Schauer drüber huschte.
 

„Aber warum kann ich mich dann nur bewegen, wenn du nicht in meiner Nähe bist?“

„Vielleicht musst du es alleine lernen.“ Er stand hinter mir, weswegen ich mich umdrehte. „Wie war es bei dir? Als du es gelernt hast? Jemand muss dir doch auch alles beigebracht haben.“ Ein schallendes Lachen kam von ihm. „Mir etwas beigebracht? Mit Nichten.“ Hieß das, er hatte sich alles selber beigebracht? „Woher wusstest du dann, was und wie du etwas zu machen hast?“

„Intuition?....“ Jetzt schwieg er und sah von mir weg. „Es ist schon so lange her. Vielleicht würde ich mich daran erinnern, wie ich es lernte, vielleicht auch nicht.“

„Wie kann man so etwas denn vergessen?“

„Warum sich dies merken, wenn man die Fähigkeiten nutzen kann?“ Wieder einmal begann ich mich zu fragen, wie alt er nun tatsächlich war. So etwas konnte man doch nicht einfach vergessen. Wenn er es wirklich selber lernte und rein aus Intuition her, müsste er sich doch wahnsinnig erschrocken haben damals. Mir zumindest wäre es so ergangen. „Wer bist du wirklich, Alucard?“ Diese Frage stellte ich sehr leise und sah ihn dabei nachdenklich an. „Zerbrich dir über mich nicht deinen Kopf. Vielleicht wirst du es irgendwann erfahren..“

„Oder vielleicht auch nicht.“ Beendete ich seinen Satz und bekam von ihm ein Grinsen. „Du verheimlichst ziemlich viel.“

„Es ist nie ratsam viel von sich preis zu geben. Das solltest du dir merken für die Zukunft. Lass keinen wissen, was du wirklich kannst, außer du willst ihn ängstigen.“ Und anhand seiner Gestik und Mimik konnte ich genau erkennen, das ihm dies mehr als die größte Freude bereitete. Er spielte gerne mit anderen, das hatte ich bereits früh herausgefunden und es wurde mir gerade wieder deutlich. „Wenn ich nicht die Tochter von Vladiana wäre..müsste ich Angst vor dir haben?“

„Warum über etwas nachdenken, das nicht geschehen wird?“

„Weil ich noch immer nicht weiß, ob ich dir trauen kann.“

„Vertraue niemanden, außer dir selbst.“ Nun, ich hatte gefragt und bekam eine Antwort. „Was hat dich so kalt werden lassen?“ Doch eine Antwort bekam ich auf diese Frage nicht und ich glaubte sogar zu spüren, das er sich von mir zurück zog. Es legte sich auch kein Lächeln auf seine Lippen, wie sonst immer. Er wirkte eher ernst und in Gedanken vertieft. „Lerne dich darauf zu konzentrieren am Leben zu bleiben, ich werde mich um den Fremden kümmern.“ Und wieder war er weg. „Warte!!“ Ich griff ins leere, als ich ihn aufhalten wollte. Wieso haute er jetzt ab? Ich war mir sicher, das es nur eine Ausrede war, dass er sich jetzt dem Kerl annahm, welcher letztens hier war und den ich wieder erkannt hatte. Warum nur machte er das?
 

Ich rieb mir über die Stirn und sollte nicht mehr darüber nachdenken. Er hatte sicher seine Gründe, auch wenn ich die Zugern erfahren hätte. Vielleicht bot sich irgendwann die Möglichkeit. Ein Buch mit sieben Siegeln würde meine Mutter jetzt sagen.

Es vergingen Minuten bis ich mich wieder auf das Konzentrierte, warum ich überhaupt hier war. Er hatte recht, ich sollte weiter üben. Wer wusste schon, wann ich wieder in solch eine Situation kam wie vorhin und ob ich die überstand. Was war wenn nicht? Es legte sich geradezu ein Stein in meinen Hals und ich konnte kaum schlucken. Was wenn das hier und heute mein letzter Tag wäre? Nein! Ich durfte nicht an so etwas denken! In den letzten Wochen hätte ich einige male drauf gehen können und dennoch stand ich hier! Da packte ich doch das alle mal! Ich ballte die Hand zur Faust und drehte mich anschließend zur Seite. Jetzt keinen Rückzieher machen. Ich richtete meine ganze Aufmerksamkeit auf die Schatten vor mir und lud sie ein, mich zu umschließen.

Nach nicht mal einer halben Stunde kniete ich erschöpft auf dem Boden. Ich hatte kein einziges mal die schützende Wärme um mich herum gespürt und war mir sicher den-je, dass dies etwas mit Alucard zu tun hatte, wenn ich auch nicht wusste warum.

„..wobei ich im Endeffekt den Laden verließ und die kleine...“ Ich hörte Stimmen und sah sofort zur Tür. Mehrere Leute kamen gerade rein. Es waren Soldaten, was ich an ihren Sachen sehen konnte. „Vorsicht!“

„Lasst uns lieber verschwinden.“

„Ja, besser ist es..“ Sie hatten Angst vor mir, und das obwohl ich vollkommen fertig auf dem Boden kniete. Sollte mich das jetzt glücklich machen? Tat es nicht. Ich wollte nicht, das sie sich vor mir fürchteten, dennoch machten sie auf der Stelle kehrt und verließen die Halle wieder. Langsam richtete ich mich auf und stand auf etwas wackeligen Beinen. Ich brauchte eine Pause und die wollte ich nicht hier drinnen verbringen. Nach einigen Schritten hatte ich die Balance wieder und verließ schließlich die Halle. Ich ging jedoch auch nicht zur Villa, sondern zu dem Garten dahinter. Es war gerade spät Nachmittag, als ich mich ins etwas feuchte Gras legte. Da es nicht geregnet hatte, musste jemand dieses gegossen haben. Ich beobachtete die Wolken über mir, wie sie vorbei zogen und entspannte mich.
 

Nach kurzer Zeit begann jedoch meine Haut zu kribbeln und ich strich über den linken Arm. Als es nicht aufhörte, sah ich hin in der Annahme ein Grashalm oder vielleicht etwas anderes wäre darauf, aber nichts zu sehen. Einen Moment dauerte es, bis mir das Herz in die Hose rutschte. Begann es gerade wieder? Vor Schreck stand ich sofort auf. „Alucard!“ Ich versuchte ihn in Gedanken zu erreichen, doch prallte ich dabei gegen eine Mauer und musste mir die Schläfen massieren. Gleich darauf wollte ich es nochmal probieren, doch hielt ich mich selber zurück. Was machte ich hier? Wenn meine Annahme richtig war, hielt seine Gegenwart mich aus irgend einem Grund zurück. Aber was wenn ich falsch lag und ich jemanden brauchte, der mir dabei zur Seite stand? Den Blick ließ ich nochmal nach oben gleiten und sah zu den vorbeiziehenden Wolken. Das Kribbeln breitete sich weiter aus, als wusste mein Körper, das ich mich darauf einließ. Das Zwitschern der Vögel verstummte, genau wie die anderen Geräusche um mich herum. Es wurde ruhig und doch wusste ich nun, das es an mir lag. Das Kribbeln wandelte sich zu Taubheit und vielleicht hätte ich versuchen sollen in mein Zimmer zu gehen, aber war es nicht eigentlich egal? Bevor ich auf den Boden gefallen wäre, ließ ich mich auf die Knie nieder und sackte schließlich zur Seite weg. Mein Körper fühlte sich schwer an und ich versuchte mich zu bewegen, was jedoch nicht klappte. Schließlich schloss ich meine Augen und spürte, wie mich die Dunkelheit hinab zog. Dennoch fühlte es sich anders an. Vielleicht lag es daran, dass mein Körper taub war, oder wurde er gar nicht mit hinab gezogen? Dann aber spürte ich sie, die Kälte. Sie strich über meine Fingerspitzen und ich versuchte mich nach ihr zu strecken. Langsam kroch sie meinen Handrücken entlang und breitete sich immer weiter aus. Im Gegensatz zum letzten mal, fühlte sich dies richtig an, auch wenn es mir eine Heiden Angst einjagte. Immer schneller sickerte sie in mich hinein und es kostete mich viel Überwindung nicht zu versuchen dagegen anzugehen. Als sie meine Brust erreichte, schien sie mich geradezu zuzuschnüren. Das Atmen fiel mir schwer und ich konnte nur noch flache Atemzüge nehmen. Ich hörte wie mein Blut durch meine Adern rauschte und wie dieses immer langsamer wurde. Allmählich veränderte sich die Kälte. Sie wurde zu einen Brennen. Zu erst spürte ich es am Bein. Als wenn jemand ein Feuerzeug gegen meine Haut halten würde. Danach kam mein Rücken dran und schließlich mein Nacken. Hatte Alucard nicht gesagt, er hatte damals seinen Intuitionen vertraut? Genau darauf setzte ich jetzt auch.

Jeder Zentimeter meiner Haut brannte, als würde ich in Flammen stehen und ich biss die Zähne zusammen. Wie lange konnte ich das durchhalten? Sekunden? Minuten? Es schien für mich schon viel zu lange zu sein. Doch dann glaubte ich, das es vorbei sei. Das Brennen nahm ab und machte der Kälte wieder platz, welche sich hiernach richtig wohltuend anfühlte. Es war aber nur von kurzer Dauer, denn kaum hatte ich geglaubt, es sei vorbei, durchzog ein heftiger Schmerz meinen ganzen Körper und ich fühlte mich, als wenn mich etwas von innen her zerreißt. Meine Haut spannte sich und schien gleich darauf aufzuplatzen. War es nur ein Gefühl? Aber es schien so real zu sein, das ich mich begann zu wehren. Ich schrie, flehte das es aufhören solle und versuchte um mich zu schlagen, doch etwas hielt mich fest. Ich konnte mich nicht bewegen. Dort wo es sich so anfühlte, als hätte ich keine Haut mehr, dachte ich plötzlich kleine Krallen würden sich hinein graben und die Muskelfasern einzeln auseinander reißen. Ich konnte nicht mehr, Tränen flossen über mein Gesicht und selbst diese brannten wie Säure und schienen sich ins Fleisch zu ätzen. Die einzige Erlösung welche ich schließlich fand, war jene der Ohnmacht nach all den Schmerzen und ich wehrte mich kein bisschen dagegen.
 

Wie lange diese anhielt? Ich hatte keine Ahnung, doch ging ein Ruck durch meinen Körper und ich öffnete mit einem tiefen Atemzug die Augen, saß dabei geradezu senkrecht im Gras. Jede Stelle meiner Haut schmerzte bei meinen Bewegungen. Ich nahm nur langsam die Umgebung um mich herum wahr. Es standen etliche Soldaten von hier im Abstand um mich herum. Richteten sie die Waffen gerade auf mich? Meine Sicht musste sich einstellen, da ich vieles nur verschwommen wahr nahm und nur langsam es scharf wurde. Endlich sah ich auch, dass das Gras unter mir nicht mehr grün war. Es hatte sich rot gefärbt...durch mein eigenes Blut. War es vielleicht keine Einbildung gewesen was ich gespürt hatte? Aber wie konnte ich dann noch hier sein? Doch nicht nur das Gras war in Blut getränkt wurden. Meine ganzen Sachen waren schwer und nass und ich war dankbar dafür, das es mein eigenes war. Wäre es das von jemand anderen gewesen, ich hätte nicht gewusst, wie ich darauf reagiert hätte in dem Moment. Die Geräusche begannen zurück zu kehren. Stimmengewirr. Alarm. Hektische Herzschläge und Atmungen. Sie alle waren in Alarmbereitschaft und hatten Angst. Ich leckte mir über einen meiner Eckzähne und fühlte mich plötzlich wie ausgehungert. Vorsichtig stand ich auf. Meine Schultern hingen etwas nach vorne, bekam diese jedoch durch die schwere und nasse Kleidung nicht gerade. Langsam begann ich mich zu drehen, aber nur um sie alle genau anzusehen. vielleicht 50? Oder mehr? Zu wenig, sagte etwas in mir drinnen und ich konnte nur zustimmen. Es waren zu wenige. Ich bog meine Finger vor und zurück, wobei sie begannen zu knacken und begann zu lächeln. Lass uns Spaß haben. Wieder diese Stimme in mir drinnen und wieder konnte ich nur zustimmen. Es hielt mich nichts mehr und ich lief los. Die Soldaten begannen zu schreien, irgendwelche Befehle wurden von sich gegeben und die ersten Schüsse lösten sich. Ich spürte kleine Rückstöße beim laufen. Es waren die Kugeln, welche mich trafen und dennoch hielt ich nicht an. Sein vor Schreck und Angst verzerrtes Gesicht konnte ich noch wahrnehmen und wollte ihn am liebsten in der Luft zerreißen, mich drunter stellen und sein Blut mit der Zunge auffangen. Mit den Fingernägeln kratzte ich ihm bereits die Brust auf, wurde dann jedoch zurück gezerrt und schrie, wehrte mich dagegen. Ich wollte zu dem Blut, welches sich dort auf dem Boden begann zu sammeln.
 

Der Widerstand wurde stärker und als ich mich erneut mit aller Kraft dagegen lehnen wollte, wurde ich in die Finsternis gezogen. Plötzlich befand ich mich an einem Ort, wo ich nicht einmal die Hand vor Augen sehen konnte. Ich schrie meinen Frust hinaus, wurde meines Spaßes und Essens beraubt! Etwas packte mich wieder von hinten und zog mich von den Füßen. Ich landete mit den Schultern vorneweg auf den harten Steinboden. Danach spürte ich ein Gewicht auf meinen Brustkorb, der mich runter drückte. Ich versuchte mich dagegen zu stemmen und als es mir nicht gelang, fletschte ich die Zähne. „Es reicht! Reiß dich zusammen!“ Die Stimme...sie kam mir bekannt vor. „Geh runter von mir und ich lass dich am leben!“ Zischte ich der Stimme zu und war überrascht, wie dumpf sie klang. Doch lange hielt ich mich damit nicht auf und stemmte mich noch einmal gegen jenes, was mich am Boden hielt. Als wenn ich mir den Arm abreißen würde und doch machte ich weiter. Der Widerstand ließ nach und schließlich konnte ich mich wieder aufrecht hinstellen. Dennoch fühlte sich etwas links komisch an und ich versuchte meinen Arm zu bewegen. Er hing nur noch ein paar Muskeln. Hätte ich ihn mir wirklich beinahe abgerissen? Welch ein jammer. Ich begann zu grinsen und leckte mir über die Lippen. Noch immer konnte ich nichts sehen, doch ich hörte ihn. Er bewegte sich, versuchte hinter mich zu kommen und mich von dort aus anzugreifen. Als ich es merke, wisch ich aus und griff nach ihm. Doch auch er war schnell und entkam mir. Wir umkreisten uns etliche male und versuchten gegenseitig den jeweils anderen zu Boden zu bringen. Mein Hunger wurde dabei immer größer und ich spürte langsam eine Lethargie über mich kommen. Mein Verstand fühlte sich an wie in Watte gepackt. Lass uns den Hunger stillen. Nichts lieber als das hätte ich getan, doch ich kam nicht dazu und blieb schließlich stehen. Langsam schlossen sich meine Augen und ich kippte nach hinten weg. Bevor ich auf den Boden auftraf, wurde ich aufgefangen. „Ruh dich aus.“ Ich wollte mich nicht ausruhen, ich wollte essen... wollte Spaß haben. Wieso verstand er das denn nicht? Dennoch driftete ich immer mehr weg und lag schließlich ruhig dort, begann mich zu entspannen.



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