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Du und ich

von

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Du und ich
 

Kapitel 1.

Andere Zukunft
 

Die Sonne war gerade erst aufgegangen und dennoch brannte in dem niedlichen Vorstadthäuschen mit dem weißen Gartenzaun bereits Licht. Eine junge Frau mit langen braunen Haaren war in der Küche damit beschäftigt das Frühstück vorzubereiten. Sorgsam belegte sie die Brote und legte sie anschließend auf die ausgebreitete Alufolie. Dann nahm sie einen Apfel aus der Obstschale und wusch ihn ab. Anschließend schnitt sie ihn feine Stückchen und legte sie in eine grüne Kunststoffdose. Ungeduldig sah sie auf die Uhr, welche ihr gegenüber an der Wand hing. Sie wusch sich die Hände und legte das Küchentuch beiseite, dann trat sie in den Flur. Einen Moment horchte sie auf. Sie hörte ein verspieltes Kichern. Gemächlich stieg sie die Stufen hinauf. Und obwohl sie wusste, dass sie eigentlich hätte verärgert seien sollen, zierte ein sanftes Lächeln ihre schmalen Lippen.
 

In der Tür zum Kinderzimmer blieb sie stehen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich am Türrahmen an. Nun beobachtete sie den kleinen Jungen, der völlig fasziniert mit dem roten Feuerwehrauto spielte, den sein Vater ihm mitgebracht hatte. Er hatte sie nicht bemerkt, so vertieft war er in seinem morgendlichen Spielen. Plötzlich hob er seinen blonden Haarschopf und sah sie erschrocken an. Schuldbewusst blickte er zu Boden, doch die junge Frau trat auf ihn zu und hob ihn in ihre Arme. „Du sollest dich doch fertig machen?“ sagte Hitomi sanft und strich ihm mit der Hand über die Wange. Der Junge nickte langsam. „Komm ich helfe dir, dann sind wir rechtzeitig fertig wenn Papa los muss.“ Sagte sie aufmunternd und stupste ihm auf die Nasenspitze. Ein leises Lachen war zu hören. Sie ließ ihn hinunter und folgte ihm dann ins Bad.
 

„Hitomi?“ rief sie eine ihr bekannte Stimme. „Ja, wir sind im Bad.“ Antwortete sie ihrem Ehemann. Fast acht Jahre waren sie nun verheiratet, doch lieben konnte sie ihn immer noch nicht. Aus der anfänglichen Verachtung war eine Beziehung entstanden mit der Beide zu Recht kamen. Sie wurde kurz nach ihrer Rückkehr von dem fremden Planeten Gaia mit ihm Bekannt gemacht. Ihr Vater hatte sie seinen Eltern versprochen. Doch Hitomi glaubte viel mehr daran, dass er sie nur mit einem Mann von der Erde binden wollte. Sie sollte nicht noch einmal auf diesen fernen Planeten zurückkehren. Zurück zu ihrem König. Dem König von Fanelia. Sie hatte mit Van über die Traum und Gedankenebene noch lange Kontakt gehabt. Sie hatte ihm verschwiegen, dass sie heiraten sollte. Sie wusste, dass es ihm das Herz brechen würde. Doch irgendwann blieben ihre Begegnungen aus. Hitomi wusste nicht, ob sie es war, die Unbewusst durch ihre Trauer eine Blockade aufgebaut hatte, um ihm nicht weh zu tun oder ob er es war, der vielleicht doch etwas mitbekommen hatte.
 

Seine Anwesenheit spürte sie zuletzt bei ihrem Selbstmordversuch. Kurz vor der Hochzeit mit Marcello hatte sie sich das Leben nehmen wollen. Als sie da lag, benebelt von den Medikamenten hörte sie seine Stimme. Seine warme, liebevolle Stimme. Und doch glaubte sie seine Trauer spüren zu können. Ja, es zerriss ihm das Herz, zu wissen das sie sich einem anderen Mann hingab. Sie hatte ihn verlassen. Sie spürte seine sanfte Berührung. Er hatte ihr Mut zu gesprochen. Und so nahm Hitomi ihr Schicksal an und akzeptierte es. Immer noch rebellierte alles in ihr, doch sie musste sich dem Beugen. Es gab keinen anderen Weg. Wie oft hatte sie versucht nach Gaia zurück zugelangen. Vergebens. Es blieb ihr nur der eine Weg. Sie musste sich dem Willen ihres Vaters beugen, ihr Schicksal annehmen und der Plan ihres Vaters ging auf. Denn nun, wo ihr Sohn da war, konnte er sich sicher sein.
 

Niemals würde sie das Glück ihres eigenen Sohnes auseinander reißen. Marcello, Hitomis Ehemann, war mit seinen Eltern aus Europa nach Japan gekommen. Marcello hatte sich auf Anhieb in die grünen Augen verliebt. Er selbst war sehr groß und durchtrainiert. Sein blondes Haar, schimmerte golden im Sonnenlicht, seine Augen waren Stahlblau. Marcello hatte sein Jura Studium erfolgreich beendet und arbeitete nun als Rechtsanwalt in einer großen Kanzlei als Juniorpartner. Er wusste, dass sie ihn nicht liebte und dennoch genoss er ihre Gesellschaft. Er liebte diese Frau und er wollte immer bei ihr sein. Er dachte, immer das würde schon noch kommen, als er dann vor vier Jahren von ihr erfuhr, dass sie Schwanger sei, hatte er gehofft, dass sich mit diesem Kind alles ändern würde. Doch vergebens.
 

Ja, sie war freundlich zu ihm. Zeigte ihm manchmal liebevolle Züge, gab sich ihm hin, doch ihr Herz schenkte sie ihm nicht. Aber er wusste das er es entweder so hinnehmen müsste oder sich von ihr trennen sollte. Doch nun war der Krümel da. Ja, sein kleiner Krümel. Kaiko, war nun vier Jahre alt und ging bereits in den Kindergarten, er war sein Morgenstern. Nach außen wirkten sie wie die perfekte kleine Familie. Doch in Wirklichkeit sah es anders aus. Ja, sie lebten zusammen, führten ein Familienleben, doch die Liebe hatte sie nicht erreicht. Immer noch gehörte ihr Herz diesem fremden König aus dem fernen Land. Einem Krieger, der soweit von dieser Welt entfernt war. Hitomi hatte einmal versucht mit Marcello über Gaia zu sprechen. Und obwohl er ihr neugierig und aufmerksam zu hörte, brach sie plötzlich mitten im Satz ab. Dann stand sie kopfschüttelnd auf und verließ den Raum. Er fragte sie auch nicht mehr danach. Marcello wollte sie zu nichts drängen. Er dachte, wenn er ihr nur genug Zeit ließe würde sie sich ihm vielleicht irgendwann öffnen und von ihren Erlebnissen auf Gaia berichten.
 

„Guten Morgen, Schatz.“ Sagte Marcello sanft und gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange. Hitomi lächelte ihm entgegen und half dann ihrem Sohn mit der Zahnbürste. „Guten Morgen, Kaiko!“ meinte er dann und wuschelte seinem Sohn durch das honigblonde Haar. Mit einem breiten Grinsen und einer Zahnpasta verschmierten Schnute begrüßte Kaiko seinen Vater. „Wir sind gleich soweit.“ Sagte Hitomi leise. „Der Kaffee ist schon fertig.“ Fügte sie hinzu und schenkte ihrem Mann ein sanftes Lächeln. „Du bist ein Schatz!“ Sagte er dann und verschwand aus der Tür. Immer wenn sie ihn so ansah, verspürte er ein unglaubliches Kribbeln im Bauch. In der Küche schenkte er sich eine Tasse Kaffee ein und warf einen Blick in die Zeitung während er auf seine Familie wartete. Nach einer Weile erschien auch Hitomi wieder in der Küche. Kaiko rannte an ihr vorbei und sprang auf seinen Stuhl. „Sei vorsichtig.“ Ermahnte sie ihren Sohn und hielt den Stuhl fest, bis er sich richtig hingesetzt hatte. Dann stellte sie ihm eine Schüssel mit Müsli hin. Hungrig begann der kleine Junge zu essen. Abwesend starrte die junge Mutter vor sich hin.

Kapitel 2.

8 Jahre
 

Ihrem Mann war die Nachdenklichkeit seiner Frau nicht entgangen. Sanft legte er ihr einen Finger unter das Kinn und hob es an. „Was ist los?“ fragte er sie besorgt. „Nichts, es ist nur… es ist nichts….., alles in Ordnung.“ Sagte sie dann und überspielte ihre Trauer mit einem Lächeln. „Ihr kommt noch zu spät wenn ihr weiter so rumtrödelt.“ Fügte sie lachend hinzu. Schon war Kaiko im Flur verschwunden und quengelte bereits an der Tür. „Nimm bitte seine Brote mit. Die Tasche ist noch im Auto.“ Sagte Hitomi und bemühte sich nicht niedergeschlagen zu klingen. Nachdem Marcello seinen Sohn sicher im Auto angeschnallt hatte, trat er zu seiner Frau. „Ist auch wirklich alles in Ordnung?“ In seinen Augen spiegelte sich Sorge wieder. „Ja, wirklich. Mach dir keine Sorgen, es geht mir gut.“ Log Hitomi und versuchte ein Lächeln. „In Ordnung.“ Meinte Marcello und akzeptierte, dass seine Frau nicht darüber reden wollte. Niedergeschlagen ging er zurück zu dem silbernen Audi. „Marcello, pass auf dich auf.“ Rief Hitomi ihm nach.
 

Wieder hüpfte sein Herz, immer wenn sie ihn mit ein wenig Zuneigung beglückte, verstärkte sich die Liebe zu ihr nur noch mehr. Immer wieder keimte die Hoffnung in ihm auf.

Erst als der Wagen schon längst verschwunden war, ging Hitomi zurück ins Haus und griff nach dem Telefon. Es dauerte eine Weile bis ihre Freundin ans Telefon ging. „Yukari Seraton.“ Meldete sich ihre langjährige Freundin. „Hallo Yukari, ich bin es, Hitomi.“ „Hitomi wie schön, gerade habe ich an dich gedacht.“ Rief ihre Freundin lachend in den Hörer. „Wie geht es dir?“ fragte sie vorsichtig. Auch die Freundin wusste, welcher Tag heut war. „Es geht.“ Hörte sie ihre Freundin antworten. „Acht Jahre nicht wahr?“ fragte sie dann. „Ja, ganze acht Jahre.“ Meinte Hitomi bedrückt. „Hey, was hältst du davon, wenn wir uns heute einen schönen Vormittag machen? Meinte Yukari und wechselte so geschickt das Thema. „Ja, gern.“ „Gut dann treffen wir uns in einer halben Stunde im Lexi’s, in Ordnung?“ Schlug Yukari vor. „Alles klar, dann bis gleich!“ meinte Hitomi. „Ja, bis gleich.“ Antwortete Yukar bevor sie den Hörer auflegte.
 

Hitomi begutachtete ihr Spiegelbild. Sie hatte sich in den letzten Jahren kaum verändert. Bis auf die langen Haare, sah sie sich immer noch wie vor acht Jahren. Ihr Körper hatte nach der Schwangerschaft wieder eine zierliche, weibliche Form angenommen. Doch wenn sie in ihre Augen blickte, kam es ihr vor, als stünde eine Fremde vor ihr. Es schien als wäre jegliche Lebensfreude aus ihren einst so glänzenden, grünen Augen gewichen. Anders als vor acht Jahren, wo sich alle Lebensgeister in ihr, den Herausforderungen dieser fremden Welt gestellt hatten. Vor acht Jahren, die ihr Leben völlig veränderten. Als sie wieder auf die Erde zurückgekehrt war, wollte der Alltag einfach keinen Einklang finden. Immer wieder sehnte sie sich zurück zu ihrem König, der sie mutig beschützt hatte. Immer wieder erinnerte sie sich an ihre erste Begegnung mit ihm. Wie missmutig und verbissen er ihr entgegen getreten war.
 

Ein Lächeln bildete sich auf ihren schmalen Lippen. Er war so misstrauisch gewesen, doch nach und nach, ohne es wirklich zu merken, verband die Beiden auf einmal mehr als nur das Ziel den Krieg zu beenden.

Doch als sie wieder auf der Erde war, fühlte sie sich so allein. Vollkommen Fremd. Obwohl dies doch ihr geliebter Heimatplanet war. Doch war das noch so? Die ganze Zeit über in der sie auf Gaia gewesen war, hatte sie sich zurück gesehnt, sie wollte nichts anderes als nach Hause. Doch als dies geschehen war. Empfand sie plötzlich ganz anders. Ihr Leben würde nie mehr das sein, was es einmal war. Und obwohl sie sich in ihren Träumen so nah waren, war es nicht dasselbe. Van war seit ihrer Abreise immer sehr offen zu ihr gewesen. Er hatte sich ihr geöffnet und lies sie an seinen Gefühlen teilhaben. Er vertraute sich ihr an. Doch trotz der Zärtlichkeiten, die sie sich schenkten, war und blieb es ein Traum. Plötzlich hatte sie wieder sein Bild vor Augen. Diese wunderschönen braunen Augen. Sein schwarzes Haar, das in der Sonne wunderbar glänzte. „Ach Van!“ seufzte sie leise. Ein letzter Blick in den Spiegel, dann machte sie sich auf den Weg. Sie griff ihre Schlüssel und schloss die Haustür hinter sich.
 

Sie lief den kurzen Weg durch den Park, dann konnte sie ihre Freundin schon auf der anderen Straßenseite, vor dem gemütlichen Lokal stehen sehen. Übermütig hob Yukari den Arm und begrüßte ihre Freundin. Hitomi erwiderte die freundliche Geste und überquerte dann die Straße. Gemeinsam betraten sie das Lokal. Nachdem sie sich einen Platz ausgesucht hatten musterte Hitomi ihre Freundin eindringlich. „Du siehst gut aus.“ Sagte sie dann und lächelte sanft. Yukari lächelte ihr dankbar entgegen. „Ich fühle mich wie ein Pinguin, ich kann nur noch watscheln. Und mein Rücken wird mein Ende sein.“ Meinte sie dann und verdrehte dramatisch die Augen. Als Hitomi ihren Gesichtsausdruck musste sie lauthals loslachen. Yukari musterte ihre Freundin zufrieden. Endlich sah sie ihre Freundin wieder Lachen. „Lass uns was bestellen, ich bin unheimlich hungrig. Auf das der Bauch noch runder wird.“ Sagte Yukari vergnügt und grinste Hitomi an während sie über ihren gewölbten Bauch strich. „Es dauert ja nicht mehr lang.“ Gab Hitomi besänftigend zurück und legte ihre Hand auf die ihrer Freundin.
 

„Wann kommt Amano denn zurück?“ fragte Hitomi neugierig. „Tja, so wie es aussieht wird er zur Geburt unseres Kindes nicht einmal in Tokio sein. Diese blöden Manager halten ihn in den USA an eisernen Ketten. Ein Auftrag nach dem anderen.“ Antwortete Yukari traurig. „Mach dir keine Sorgen, ich bin für dich da, in Ordnung?“ schlug Hitomi vor und strich liebevoll über die Hand ihrer Freundin. Diese nickte dankbar. „Was darf es denn sein?“ eine der Kellnerinnen unterbrach das Gespräch der Freundinnen höflich. „Ich hätte gern einen Milchkaffee und ein Stück Schokoladentorte.“ Sagte Yukari und grinste Hitomi an.
 

„Für mich nur einen Milchkaffee bitte.“ Antwortete Hitomi der Kellnerin. Nachdem diese gegangen war beugte sich Yukari ein Stück zu ihrer Freundin hinüber. „Das ist der Vorteil am Schwanger sein. Man kann soviel in sich hineinstopfen wie man will.“ Meinte Yukari und zuckte wissend mit den Augenbrauen. Wieder musste Hitomi lachen. Ihre Freundin war wirklich das beste Trostpflaster an diesem Tag, welches Hitomi bekommen konnte. Doch dann wurde sie wieder ernst. „Marcello wünscht sich ein weiteres Kind.“ Sagte sie leise und starrte auf die Kerze, dessen Flamme zu flackern begann. Überrascht hob Yukari die Augenbrauen. „Und wie geht es dir dabei? Möchtest du das auch?“ fragte Yukari behutsam nach. „Ich fürchte er denkt, dass er damit unsere Beziehung, was auch immer das sein mag, verbessern kann. Das ich mich doch noch in ihn verliebe.“ Erwiderte Hitomi leise, dann blickte sie in die Augen ihrer Freundin.

Kapitel 3.

Wirkliches Leben
 

„Hitomi, wäre das denn so furchtbar? Du…!“ als sie sah wie ihre Freundin die Augen verdrehte stoppte sie kurz. „Du wehrst dich so sehr gegen diesen Mann, dass du gar nicht bemerkst wie wundervoll er eigentlich ist.“ Brachte Yukari vorsichtig zu Worte. „Aber ich liebe ihn nun mal nicht. Ich… ich liebe Van, und das auch nach acht Jahren noch. Ich kann mich nicht auf Marcello einlassen. Ich will das nicht. Es… es käme einem Betrug nahe.“ Gab Hitomi verzweifelt von sich und war unbewusst lauter geworden. „Glaubst du nicht auch, dass dieser Verrat oder Betrug, wie auch immer du es nennen willst, schon vor vier Jahren, das Licht der Welt erblickt hat?“ fragte Yukari sarkastisch und blickte ihre Freundin skeptisch an. Ja, in gewisser Weise hatte Yukari noch nicht einmal unrecht. Sie hatte ihr Versprechen gebrochen. Sie hatte einen anderen Mann geheiratet und auch noch ein Kind von ihm bekommen.
 

Aber sie hatte diesen Mann nicht aus Liebe geheiratet. In ihrem Herzen war kein Platz für ihn. Dort war nur Platz für den einen. „Worauf wartest du eigentlich Hitomi? Was erwartest du von deinem Leben noch?“ fragte Yukari plötzlich und verschränkte die Arme vor der Brust. Nachdenklich blickte Hitomi sie an. „Glaubst du immer noch daran, dass ihr eines Tages zusammen sein könnt? Amano und mich trennen Städte, Länder, aber euch beide trennen Welten. Und was viel wichtiger ist, du hast einen Sohn, Hitomi. Du bist verheiratet. Selbst wenn er hier irgendwann auftauchen würde oder du die Möglichkeit hättest nach Gaia zurück zu kehren, was würdest du tun? Du kannst hier nicht einfach so weg.“ Sprach Yukari auf sie ein. „Das weiß ich alles, Yukari, und ich liebe meinen Sohn über alles, aber Van fehlt mir und ich vermisse ihn. Ich fühle mich, als lebte ich in einer leeren Hülle. Alles um mich herum geschieht wie in Trance, nichts ist wirklich. Ständig driften meine Gedanken zu ihm ab. Ich kann an nichts anderes mehr denken. Und das schon so viele Jahre lang. Ich weiß, dass diese Hochzeit und die Geburt von Kaiko es unmöglich macht, dass ich jemals zu ihm zurückkehren könnte. Ich habe es solange versucht, bevor ich Marcello vorgestellt wurde und selbst danach noch. Es sollte nicht sein.“ Endete Hitomi und trank von ihrem Milchkaffee.
 

„Sieh endlich wieder nach vorn. Behalte ihn in guter Erinnerung, wenn dein Herz ihm für immer gehört, dann wird er das spüren, Hitomi. Aber bitte, lebe dein Leben in dieser Welt. Verschließe dich nicht vor deiner Familie. Denn das seit ihr, ob du das willst oder nicht.“ Sagte Yukari ernst und hob wieder die Tasse an ihren Mund. Langsam schüttelte sie den Kopf. „Was?“ fragte Hitomi und musterte ihre Freundin skeptisch. „Ich finde es beeindruckend.“ Sagte Yukari knapp. Mit einem fragenden Blick bohrte Hitomi weiter. „Ich finde es beeindruckend, dass du nach diesen Jahren immer noch so sehr an ihm hängst. Ihr wart noch Kinder, Jungendliche, wie auch immer. Und er hat dich behandelt wie eine Aussätzige.“ Hitomi wollte ihren Ohren nicht trauen, was redete Yukari da nur? „Zu mindestens als er hier ankam!“ fügte sie besänftigend hinzu, als sie sah wie ihrer Freundin die Röte ins Gesicht schoss. Das war zu viel. Was bildete sie sich nur ein? Woher nahm sie das Recht ihre Liebe zu Van so in Frage zu stellen. Hitomi schluckte hart, sie spürte wie ihr Herz immer wilder zu schlagen begann, wie ihr heiß wurde. Ihre Wut, ihr die Kehle zuschnürte. Wortlos stand sie auf, legte das Geld für ihren Kaffee auf den Tisch „Hey, was wird das denn jetzt? Hitomi, so war das doch gar nicht gemeint!“ rief sie ihrer Freundin nach. Doch Hitomi blieb nicht stehen.
 

Kraftvoll drückte sie hohe Glastür auf und marschierte aus dem Kaffee. Mit eiligen Schritten lief sie die Einkaufstraße hinab. Hin und wieder wurde sie von Passanten angerempelt. Immer wieder verfiel sie in einen kurzen Laufschritt, ehe sie wieder normal ging. Das Blut rauschte in ihren Ohren und ihre Gefühle drifteten ab auf eine rasante Achterbahnfahrt. Den Lärm der Stadt nahm sie nicht mehr war, immer wieder hörte sie Yukaris Worte in ihren Ohren. >Du wehrst dich so sehr gegen diesen Mann, dass du gar nicht bemerkst wie wundervoll er eigentlich ist.< >Glaubst du nicht auch, dass dieser Verrat oder Betrug, wie auch immer du es nennen willst, schon vor vier Jahren, das Licht der Welt erblickt hat?< >das du immer noch so sehr an ihm hängst< > Ihr wart noch Kinder, Jungendliche, wie auch immer. Und er hat dich behandelt wie eine Aussätzige< während diese Sätze immer und immer wieder durch ihre Gedanken stürzten, vermischten sie sich mit Bildern aus der Vergangenheit.
 

Es war als würde sie ihren Aufenthalt auf Gaia wie in einem Kurzfilm noch einmal vor Augen geführt bekommen. Und wieder wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie niemals hätte zurückkommen dürfen. Abrupt blieb sie stehen und blickte sich um, eingeschlossen von den hohen Wolkenkratzern, fühlte sie sich eingesperrt. Eingesperrt und in ein Leben gezwungen, dass sie hätte mit jemand anders Leben wollen. Sie musste fort von hier, fort aus der Stadt. Eilig rannte sie die U-Bahn Stufen hinab und erwischte gerade noch die U-Bahn, bevor sich die Türen schlossen. Kraftlos lehnte sie sich an die geschlossene Tür und atmete tief aus, bevor sie sich einen leeren Sitzplatz suchte.
 

War es denn so verwerflich? War es so falsch, an dem festzuhalten was man sich am meisten wünschte? Sie liebte ihn nun mal und daran würde sich auch nichts ändern. Und obwohl sie ihn jetzt schon so lange nicht mehr gesehen hatte, konnte sie sich dennoch ganz genau an ihn erinnern. Seine brauen Augen, die langen schwarzen Wimpern. Das zurückhaltende Lächeln. Wieder wurde es ihr warm ums Herz. Sollte Yukari doch denken was sie wollte, dachte Hitomi grimmig und blickte aus dem Fenster. Und doch nagte der Zweifel an ihr, wuchs ihr Sohn anders auf, nur weil sie seinen Vater nicht liebte? Wie viel bekam der kleine Junge davon mit? Nachdenklich blickte sie auf ihren Ehering. Marcello und sie stritten kaum, allerdings gab es auch nicht sehr viel das die Beiden miteinander teilten, was die Beiden verband, ja, eigentlich verband nur Kaiko die Beiden. Warum nur? Warum durften sie nicht mit Van zusammen sein? Ob Van noch an mich denkt, dachte sie, wieder zuckte ein Bild aus der Vergangenheit an ihr vorbei, unweigerlich musste sie Lächeln. Vielleicht hat er jetzt auch schon Familie, dachte sie weiter und spürte wie es an ihrem Herzen zerrte, ja es würde ihr wehtun.
 

Es würde ihr wehtun, dass eine andere Frau in seinen Armen liegt. Schmerzlich schloss sie die Augen und verdrängte das Bild das sich ihr offenbare wollte. Doch als sie merkte wie egoistisch ihre Gedanken waren, öffnete sie erschrocken die Augen. Van hatte doch schließlich ein Recht darauf Glücklich zu sein. Wer weiß, vielleicht hatte er jemanden gefunden, der ihm genau die Liebe schenkt, die er verdient hatte und die bei ihm war. Auf Gaia, in Fanelia, der wunderschönen Stadt in den Bergen. Und die ihm einen Erben schenkte um Fanelias Überleben für das nächste Jahrhundert zu sichern. Das Bremsen der U-Bahn riss sie aus ihren Gedanken. Sie war da. Schnell stand sie auf und stieg aus der U-Bahn. Dann ging sie zum Ausgang und stieg die Treppen hinauf. Die Sonne erwärmte ihre Haut und sie konnte schon die frische Meeresluft riechen.

Kapitel 4.

Ein Tag am Meer
 

Langsam ging Hitomi über den kleinen Bahnsteig und zog ihre Jacke etwas fester um ihren Körper. Es war kalt geworden, der Winter drängte nun mit aller Gewalt um seinen Einzug zu finden. Er war Menschenleer, es war ein kleiner Vorort am Rande der Stadt. Hier herrschte eine selige Ruhe im Gegensatz zur Stadt. Hitomi mochte die Ruhe, sie wäre gern hierher gezogen. In ein kleines Häuschen mit Garten. Hier, wo die Kinder durch Felder stromern konnten, wo nicht nur Asphalt war. Doch Marcello war gegen ihren Wunsch gewesen. Ihm war es zu ruhig hier draußen und es wäre auch zu weit zur Arbeit gewesen, hatte er gemeint. Doch Hitomi gefiel es hier und immer wenn sie Kummer hatte oder einfach nur mal Abschalten wollte dann kam sie hierher. Dann bog sie in den kleinen Trampelpfad ein. Kurz hielt sie an und schlüpfte aus ihren hohen Schuhen.
 

Barfuss lief sie über den mit Moos bewachsenen Pfad. Irgendwie erinnerte sie das alles ein wenig an Gaias Beschaffenheiten. Sie hörte wie die Vögel zufrieden zwitscherten und wie von selbst beruhigte auch sie sich wieder. Sie schob ihre Zweifel und die offenen Worte von Yukari grob bei Seite und konzentrierte sich nur auf ihre Erinnerungen an Gaia. Und besonders an Van. Von weitem konnte sie die hohen Klippen schon sehen. Sie seufzte geschlagen aus und ging weiter auf den Abgrund zu. Als sie ihn erreicht hatte blieb sie stehen und beobachtete wie die Gischt hinauf spritzte. Die Wellen brachen sich an den hohen Felswänden. Langsam setzte sie sich und schlug die Beine unter. Es war ein wundervoller Ort. Und dennoch brachte diese stille Idylle sie kein Stück weiter. Immer noch wusste sie nicht was sie tun sollte. Wie sollte sie sich gegen eine Liebe wehren, die sich so sehr in ihrem Herzen verankert hatte? Und wie sollte sie sich einem Mann nähern, der kein so wunderbares Gefühl in ihr auslöste? Sie verspürte nicht den Wunsch bei ihm zu sein, mit ihm alt zu werden. Alles in ihr wehrte sich dagegen, diesem Mann auch nur die Chance zu geben.
 

Wieder seufzte sie und blickte auf den Horizont. Doch es war nicht zu ändern. Sie war von Gaia zurück gekehrt. Auf ihren Planeten, den sie so sehnsüchtig vermisst hatte, hätte sie gewusst was sie hier erwartet oder das sie nie wieder zurückkehren kann, zu jenem wundervollen Jungen, der nun bereits ein erwachsener Mann war, dann hätte sie Gaia nie verlassen. Doch sie hatte es getan und die Zeit ließ sich nicht zurückdrehen. Innerlich verfluchte sie sich, dass sie mit dem Kartenlegen aufgehört hatte, vielleicht hätten die ihr dies vorausgesagt? Aber so sehr sie es auch drehen und wenden mochte, sie konnte es nicht ändern. Er würde nur eine Erinnerung bleiben. Und die würde sie bewahren. Nichts und niemand würde ihn aus ihrem Herzen vertreiben können. Van war ein Teil von ihr und sie liebte ihn wie keinen anderen Menschen. Und an all dem war nur ihr Vater schuld gewesen, er hatte sie zu dieser Heirat gezwungen. Hätte sie eine andere Wahl gehabt?
 

Im Alter von 16 Jahren liegt einem die Welt nicht zu Füßen, sie hätte davon laufen können, aber wohin? Und nachdem sie immer und immer wieder festgestellt hatte, dass ihr die Rückkehr nach Gaia verweigert wurde, wollte sie einen anderen Weg gehen um ihrem Schicksal zu entfliehen. Doch da war er wieder. Ihr Engel mit den schönsten braunen Augen, er hatte sie gerettet. Van hatte sie aufgehalten, diesen Schritt zu gehen. Es war der letzte Kontakt zwischen ihnen gewesen. Es trieb ihr Tränen in die Augen, wenn sie daran dachte, dass sie ihn nie wieder sehen würde. Langsam griff sie an ihren Hals, dort wo immer das schöne Amulett seinen Platz hatte. Sie hatte ihre Kette Van geschenkt bevor sie abgereist war. So hatte er etwas um sich an sie zu erinnern. Doch sie… sie hatte nichts von ihm. Nichts was sie anfassen, fühlen konnte. Es machte sie traurig. Sie hatte nur ihre Erinnerung. Und manchmal fragte sie sich sogar ob es alles nur ein Traum gewesen war? War sie jemals auf Gaia gewesen? Gab es diesen wundervollen Planeten überhaupt oder existierte er nur in ihrer Phantasie. Doch dann erinnerte sie sich wieder an ihre Freundin Yukari und Amano, sie hatten den weißen Drachen Escaflowne schließlich auch gesehen. Nein. Sie war nicht verrückt und sie bildete sich diese Erinnerung auch nicht ein.
 

Es war wirklich passiert. Und es war auch passiert, dass sie dort ihr Herz verlor. Hitomi verlor ihr Herz an einen König. Den König von Fanelia, dachte sie Stolz und versuchte ihn sich vorzustellen, wie er wohl jetzt aussehen würde. Ihre Phantasie zauberte ihr einen durchtrainierten, hoch gewachsenen Mann mit schwarzen Haaren und einem kleinen Bart. Der ihr sanft zu lächelte und die Hand nach ihr ausstreckte. Tränen bildeten sich ihren Augen, aber sie lächelte. Ja, so stellte sie ihn sich vor. Vielleicht noch in einem Waffenrock und einer Krone, dachte Hitomi und konnte ein kichern nicht unterdrücken. Sie zog die Knie an und legte ihr Kinn darauf ab. Ihr blick war auf das Meer gerichtet. Ruhig schwappte es über den Ozean. Als Hitomi das nächste Mal auf die Uhr sah war ihr Schreck groß, sie musste zurück. Sie hätte Kaiko vor einer halben Stunde aus dem Kindergarten abholen müssen.
 

Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Die Tage wurden kürzer. Eilig stand sie auf und klopfte sich das Moos und den Sand von ihrer Kleidung. Sie rannte über den Pfad zurück zum Bahnsteig. Hektisch schlüpfte sie in ihre Schuhe und sah bereits die nächste Bahn kommen. Schnell zog sie ein Ticket und stieg ein. Kaum hatte sie einen leeren Platz gefunden, fiel ein Mann in ihr Blickfeld der sie auffällig musterte. Sie empfand seinen Blick als widerlich, immer wieder spürte sie wie sein Blick über ihren Körper glitt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte sich so vor seinen gierigen Blicken zu schützen. Angewidert schloss sie die Augen und hoffte das die Bahn endlich hallten würde. Sie musste hier raus, es waren noch zwei Haltestellen bis zu ihrem eigentlichen Ziel, doch so lange hielt sie es nicht mehr aus. Sie stand auf und ging zu einem der anderen Waggons davon. Kaum hatte sie sich ein paar Meter entfernt, spürte sie wie er ihr folgte.
 

Ihr Herz begann schneller zu schlagen und ihre Schritte wurden schneller. Dann endlich stoppte der Zug. Umgeben von einer Menschenmenge, verlor sie diesen Typen aus den Augen. Von der Masse mitgedrängt stieg sie aus und sah sich mehrmals um, bevor sie ihren Weg fortsetzte. Sie konnte ihn nicht mehr ausmachen. Erleichtert atmete sie aus und ging auf den Ausgang der U-Bahn zu. Als sie wieder ins Tageslicht trat, wusste sie, dass die Kindergärtnerin vermutlich schon Marcello informiert hatte, doch sie musste sich trotzdem auf den Weg zu ihrem Sohn machen. Wenn ihr Mann den Kleinen nicht abholen konnte würde er dort bis heute Abend warten müssen. Also machte sie sich auf den Weg, es würde wieder in einem Streit enden, das wusste sie bereits. Marcello hasste es wenn er bei der Arbeit gestört wurde. Mit dem Gedanken an das bevorstehende seufzte Hitomi schwer. Dann spürte sie wie jemand an ihrem Arm zog. Sie stolperte vor ihrem Angreifer her in eine abgeschiedene Gasse. Er schubste sie weiter bis sie an einen großen Müllcontainer halt fand und sich zu ihm umdrehen konnte. Wieder dieser Typ, dachte Hitomi erschreckt.

Kapitel 5.

Mein Engel

Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu, sie wehrte sich, versuchte ihn zu schlagen und zu beißen. Doch er drückte sich gegen ihren zierlichen Körper und stöhnte erregt. Dann hielt er ihr ein Messer an den Hals. Sofort hielt sie inne und betrachte ihn verschreckt. Seine andere Hand strich über ihr Haar, hinab an ihrem Hals zu ihrer Brust. Angewidert schloss sie die Augen, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie ahnte bereits was dieser Kerl mit ihr vor hatte. Und er würde sie nicht einfach so gehen lassen. „Bitte, nehmen sie meine Brieftasche, meinen Schmuck, aber bitte lassen sie mich gehen.“ Brachte sie mühsam mit zitternder Stimme hervor. „Nein, Schönste, du hast etwas viel Wertvolleres für mich als dein Geld.“ Brachte er keuchend hervor, seine Zunge glitt über ihren Hals, während seine Hand unsanft ihre Brust begrapschte. Van, ihre Gedanken glitten zu jenem Mann, den sie vor Jahren zurückgelassen hatte.
 

Sie hob sich jede Erinnerung an ihn hervor. Sie musste sich ablenken, bis es vorüber war. Sie spürte wie er grob an ihrem Mantel zog, dann hörte sie das Geräusch von reißendem Stoff, er hatte ihre Bluse aufgerissen. Erschrocken zuckte sie zusammen und konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Seine rauen Lippen striffen über ihren Hals hinab zu ihrer Brust. Gequält schloss sie die Augen. Seine Hand glitt zu ihrem Gürtel. Mit aller Kraft zerrte er daran, gierig blickte er sie an. „Sieh mich an.“ Forderte er schnaufend. Nur mit Mühe konnte sich Hitomi dazu überwinden, die Augen zu öffnen. Sie blickte in sein Gesicht und konnte die blanke Erregung darin aufblitzen sehen. Ruckartig zog er an ihrer Jeans, wieder wandte sie den Blick ab. „Ey.“ Motzte er und übte mit dem Messer mehr Druck auf ihren Hals aus. Sie spürte den Schmerz und dann die warme Flüssigkeit die an ihrem Hals hinab lief. Angewidert schrie sie auf und tobte unter seinem Griff. Sie wollte ihn von sich stoßen. Doch er war zu stark.
 

Er griff nach ihrer Kehle und drückte sie gegen den harten Müllcontainer, sie spürte das kalte Metall an ihrem Rücken. Ein Zittern glitt durch ihren Körper. Wieder schloss sie die Augen als sie den Reißverschluss seiner Hose hörte. NEIN, schrie es in ihrem Kopf, doch sie war unfähig sich noch einmal wehren. Sie hörte wie Schritte näher kamen, doch sie konnte nicht aufsehen. „EY, verschwinde, das ist meine Party.“ Grollte der Mann und verstärkte seinen Griff um sie. Doch plötzlich spürte sie wie der Druck nach ließ und der Mann von ihr weggerissen wurde. Ihr Peiniger schrie gequält auf. Langsam sank sie an dem Container hinab und schlang die Arme um ihren Körper. Ihr Peiniger schien mit seinem Gegner zu ringen, dann hörte sie einen fluchenden Ausruf und ein schmerzvolles Stöhnen. Sollte sie so durcheinander sein? Sie kannte diese Stimme, sie klang etwas anders, aber dennoch…., aber… das war unmöglich. Dann hörte sie wie jemand davon rannte. Sie hatte schon jegliche Hoffnung aufgegeben, jetzt würde er es zu ende bringen. Jemand kam langsam näher.
 

Dann spürte sie warme Hände an ihren Schultern. Sanft zog er sie hoch. Immer noch hatte sie die Augen ängstlich zu gekniffen. Es wurde ihr eine Jacke oder ein Mantel umgelegt. Behutsam öffnete sie die Augen. Ungläubig blinzelte sie. „Van.“ Wisperte sie leise. „Ja, ich bin es.“ Antwortete er ihr ruhig. Ihr war sein kühler Tonfall keineswegs entgangen. „Bist du in Ordnung, hat er… hat er…? ….Du bist verletzt!“ stellte Van schockiert fest und neigte ihren Kopf zur Seite um die Verletzung besser sehen zu können. „Es geht mir gut.“ Antwortete sie ihm wie in Trance und blickte zu ihm auf. Langsam hob sie ihre Hand an seine Wange. Doch noch bevor sie ihn erreichen konnte, ergriff er sie. „Wir sollten dich nach Hause bringen.“ Sagte er dann und wich ihrem Blick aus. Er ließ sie los und wandte sich zum gehen. Als er sie so plötzlich los ließ, fühlte sie sich als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggerissen. „Van.“ Hauchte sie gebrochen und schwankte, ihre Beine zitterten. Sie war so erschrocken über seine Kälte, die er ihr zeigte. Dass er überhaupt hier war, verwirrte sie. Doch bevor sie fallen konnte war er schon wieder da und fing sie auf.
 

Erst jetzt konnte sie ihn genauer ansehen. Eine lange Narbe zierte seine linke Wange, die kurz über dem Auge begann und dann unter seinem Ohr am Hals entlang endete. Er war größer geworden und sah unheimlich gut aus. Doch seine Augen strahlten Schmerz und Kälte aus, wo waren die warmen braunen Augen, die sie so geliebt hatte? „Was tust du hier?“ fragte Hitomi verwirrt, als sie ihre Stimme wieder fand. „Du hast Hilfe gebraucht.“ Sagte er knapp und löste sich wieder etwas von ihr. „Du hast mich nicht vergessen!“ stellte Hitomi fest und plötzlich wusste sie warum er so betrübt war. Er wusste von allem. Von Marcello, von ihrer Ehe, ihrem Sohn. Er war immer bei ihr gewesen. Er hatte sie gespürt. „Es tut mir so leid!“ flüsterte sie und suchte seinen Blick. Doch wieder verbarg er seine Augen vor ihr. Unruhig blickte er umher. Er wollte der Versuchung nicht nachgeben. Sie hatte sich für ein anderes Leben entschieden. Und er hatte nichts dagegen unternommen. Aber dennoch ließ ihn diese Frau nicht los. Van hatte keinen Augenblick lang gezögert als er ihre Angst spürte. Er wusste, dass sie in Gefahr war und sie dachte an ihn. Er fühlte plötzlich ihre Gegenwart. „Van?“ hauchte sie leise. Langsam hob sie erneut ihre Hände. Sie umfasste sein Gesicht und er ließ es geschehen. Er schloss seine Augen und genoss den Moment, ihre warmen, sanften Berührungen zu spüren. „Sieh mich an, bitte.“ Flüsterte sie sanft. Er hob den Blick und sah sie an.
 

„Ich wollte nicht, dass es so kommt.“ Brachte sie traurig hervor. Er sah sie einfach nur an. „Und dennoch ist es passiert.“ War seine Antwort. Ja, sie hatte ihn verletzt. Sie wusste wie er sich fühlte. Er musste sich fühlen als hätte ihm jemand das Herz herausgerissen. Sie hatte ihm das Herz herausgerissen. „Ich wollte zu dir zurückkehren, Van, ich wollte es um jeden Preis, aber es ging nicht. Immer und immer wieder habe ich es versucht.“ Schluchzte sie. „Ich weiß, Hitomi.“ Sagte er dann und strich zaghaft über ihre Wange. „Ich wollte dir das hier zurückgeben.“ Murmelte er und öffnete seine Hand. Der purpurne Anhänger kam zum Vorschein. Überrascht sah Hitomi ihn an. „Nein Van, es war ein Geschenk und ich möchte, dass du ihn behältst.“ Einen Moment zögerte er, dann nickte er jedoch und legte sich das Amulett wieder um den Hals. „Ich habe es nicht zugelassen, ich war es der das verhindert hat.“ Sagte er dann und blickte erneut zu Boden. Ungläubig starrte sie ihn an. „Was?“ hauchte sie verständnislos. „Ich versuche Monatelang zu dir zu kommen und du willst das nicht?“ brachte sie ihre Gedanken hervor. „Du musst doch gespürt haben, wie sehr du mir fehlst, wie sehr ich dich gebraucht habe.“ Schrie sie ihn an. Wild schlug sie auf seine Brust ein. „Das ist nicht wahr.“ Gab sie kraftlos von sich. Er schlang seine Arme um sie und zog sie an sich heran.
 

Tief atmete er ihren Duft ein und verbarg sein Gesicht in ihrem Haar. „Warum.“ Fragte sie ihn dann tonlos. „Liebst du mich nicht mehr?“ war ihre nächste Frage und sie spürte wie sich sein Griff um sie verstärkte. „Sag so etwas nicht, bitte.“ Flehte er sie an. „Was dann, was ist es dann?“ rief sie verzweifelt und blickte ihn fassungslos an. „Hitomi, ich habe dich nicht zurückkommen lassen um dich zu schützen.“ Erklärte er stockend. „Aber wovor denn?“ rief sie verwirrt aus. „Kurz nachdem du Gaia verlassen hattest… es gab einen neuen Krieg. Fanelia, wurde erneut zerstört. Ich hätte es nicht ertragen wenn ich dich dort verloren hätte. Ich wusste, dass du hier in Sicherheit bist. Ich hätte dich erst geholt wenn alles vorbei ist. Doch als es soweit war… ich meine…als ich dann merkte, dass du verheiratet bist und ein Kind erwartest, dachte ich du wärst glücklich.“ Erklärte Van zögernd, sie spürte seinen Schmerz und als sie ihn reden hörte verflog ihr Zorn. „Oh Van!“ hauchte sie und zog ihn wieder an sich heran. Sie presste sich an ihn und schluchzte verzweifelt.
 

„Ich bin aber nicht glücklich.“ Brachte sie weinend hervor. Sie war gerührt davon, dass er sie schützen wollte, doch dadurch war sie in eine andere Falle getappt, die sie nun ergriffen hatte und vermutlich auch nicht mehr loslassen würde. „Ich weiß.“ Antwortete er ihr gebrochen. Es schien alles so ausweglos.

Noch eine Zeitlang standen sie eng umschlungen da, bevor er sich langsam von ihr löste und mit seinen Fingern sanft ihr Kinn anhob um ihr in die Augen zusehen. „Niemals werde ich dich vergessen können. Ich liebe dich, Hitomi. Und dennoch können wir nicht zusammen sein, du hast Familie Hitomi, dein Platz ist hier.“ Gab er mühsam von sich, sie spürte seinen Widerwillen ihr so etwas zu sagen. „Komm schon, ich bring dich nach Haus.“ Fügte er ruhig hinzu. Schweigend sah sie zu ihm auf, was sollte sie dazu noch sagen. Sie wollte, dass es einen Weg gab, doch sie sah keinen. Sanft schob er sie vor sich her, bis sie wieder die normale Straße erreicht hatten. Immer wieder blickte sich Van verwirrt um.
 

Es gab hier so viel merkwürdiges Zeug. Doch er ließ sich seine Unsicherheit nicht anmerken. „Ich habe alles zerstört was wir hatten.“ Sagte Hitomi nach einer Weile und starrte auf die Straße. Van ruckte herum und drehte sie zu sich. „Es ist nicht deine Schuld.“ Sagte Van dann. „Vielleicht ist es einfach gekommen, wie es hatte kommen müssen.“ Fügte er hinzu, spürte aber selber, dass er daran nicht glaubte. Er hasste sich dafür, dass er sie hier gelassen hatte. Und dennoch war er froh, dass sie lebte. Hitomi musterte sein Gesicht. „Wie ist das passiert.“ Fragte sie leise und strich zärtlich über die Narbe in seinem Gesicht. „Nicht wichtig.“ Erwiderte er und versank in ihren smaragdgrünen Augen.

Kapitel 6.

Ehemann und andere Schwierigkeiten
 

Ihre Hände glitten sanft über seine Brust, während sie sich auf Zehenspitzen stellte und sich zu ihm emporreckte. Zart berührten sich ihre Lippen. Seine Hände glitten über ihre Schultern zu ihrem Rücken, was ihr einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Sanft küssten sich die Beiden, bis Van sich ohne Vorwarnung von ihr löste und zu Boden sah. „Wir dürfen das nicht Hitomi.“ Stammelte er. Doch Hitomi lächelte ihn über sein Pflichtbewusstsein und seinem Respekt für Marcello liebevoll an. „Ich liebe ihn nicht, Van, dir gehört mein Herz.
 

Und ich will bei dir sein.“ Flüsterte sie ihm zu und suchte erneut den Weg zu seinen warmen Lippen. Doch auch diesen Wunsch verwehrte er ihr. Traurig sah er in ihre Augen, wie gerne würde er ihre Lippen fühlen, ihren Körper fühlen, jeden Zentimeter Haut spüren, schmecken. Aber sie war nicht seine Frau, sie hatte einen Ehemann, der daheim auf sie wartete und sich vermutlich furchtbare Sorgen machte. Als Hitomi an ihm hinab blickte bemerkte sie seine Wunde. „Du bist verletzt Van!“ rief sie erschrocken aus und schob sein Hemd hoch. Sanft glitten ihre Hände über seinen durchtrainierten Körper. „Es blutet noch. Komm schon, ich werde mir das zu Hause noch einmal ansehen.“ Sagte sie besorgt und ging eiligen Schrittes weiter. „Das ist nicht nötig Hitomi, wir haben in Fanelia eine sehr gute Ärztin.“
 

Meinte Van dankend. Doch als er ihren Blick sah, gab er sich geschlagen, er hatte nicht vergessen wie Starrköpfig sie seien konnte. Nach einer Weile sah sie ihn wieder an. „Wir sind fast da.“ Sagte sie leise. Irgendwie fürchtete sie sich nach Haus zu kommen. Und dann hatte sie auch noch den Mann dabei, der ihr ein Leben in dieser Welt unmöglich machte. Das Auto stand nicht vor der Garage. Marcello schien noch nicht da zu sein, aber in der Küche brannte Licht. Auf dem Weg die kleine Auffahrt hinauf kramte Hitomi in ihrer Tasche. Klimpernd zog sie ihren Schlüssel hervor. Als sie die Haustür aufschloss, stürzte Magda ihr bereits entgegen, sie war Hitomis Haushaltshilfe. „Hitomi, geht dir gut? Wo warst du denn nur? Marcello hat sich solche Sorgen gemacht, er sucht nach dir?“ sprudelte es aus ihr hervor. Erschrocken hielt sie inne, als sie die Wunde an Hitomis Hals sah. Gerade als Magda sich das genauer ansehen wollte, erschien Van hinter Hitomi. „Es ist alles in Ordnung, Magda, es geht mir gut.
 

Ich hatte einen Schutzengel.“ Sagte sie sanft und wandte sich an Van. Magda nickte ihm zu und zog sich dann taktvoll zurück. „Ich werde deinen Mann benachrichtigen.“ Sagte sie noch als sie in der Küche verschwand. Hitomi antwortete ihr nicht mehr, sie beobachtete Van, wie er sich staunend umsah. „Schön…., hast du es!“ gab er von sich. Hitomi löste sich aus ihrer Starre. „Setz dich hier hin. Ich hole schnell etwas zum reinigen.“ Meinte Hitomi und verschwand im Bad. Kurze Zeit kehrte sie mit Verbandszeug und desinfektionsmittel zurück. „Zieh dein Hemd aus.“ Sagte Hitomi sachlich, spürte aber wie ihr das Blut in die Wangen schoss, allein bei dem Gedanken daran ihn nackt zu sehen. Langsam stand Van auf und striff sich mit einem Stöhnen das Hemd über den Kopf. Verwirrt schüttelte sie den Kopf und wandte sich ihm wieder zu.
 

Da stand er mit einem gut definiertem Oberkörper und den starken Armen, nach dehnen sie sich so sehr gesehnt hatte. „Das brennt jetzt ein bisschen.“ Sagte Hitomi und sah prüfend in seine Augen. Er nickte ihr zu, dann wandte sie sich wieder der Wunde zu. Behutsam sprühte sie das Desinfektionsmittel auf die Schnittwunde, die Gott sei dank, nicht so tief war wie Hitomi befürchtet hatte. Vorsichtig tupfte sie die Wunde ab und klebte danach ein Pflaster auf die Wunde. „Schon fertig.“ Sagte sie dann und schenkte ihm ein Lächeln. Als sie den Schlüssel in der Haustür hörte sah sie Van in die Augen. Er erwiderte ihren Blick mit einer Mischung aus Qual und Liebe. Schließlich wandte sie sich um und verschwand im Flur. Scheu blickte sie ihrem Mann entgegen. „Da bist du ja, Herr Gott wo warst du denn?“ begann er, seine Stimme klang aufgebracht und wütend. „Du hast Kaiko nicht abgeholt. Wo warst du?“ fragte er sie erneut und seine Stimme wurde immer ungeduldiger.
 

„Ich war sogar schon bei Yukari, sie wusste auch nichts, außer das du heute Morgen einfach abgehauen bist. Ich musste früher aus dem Büro kommen! Sprichst du nicht mehr mit mir?“ nun schrie er beinahe. Abwartend sah er sie. Doch anstatt ihm zu antworten, verließ sie den Flur und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Wütend folgte er seiner Frau, gerade als er erneut schreien wollte, fiel Van in sein Blickfeld. „Wer ist das?“ fragte er Hitomi verwirrt. „Das ist Van!“ brachte Hitomi hervor. Jetzt fiel Marcellos Blick auf die Wunde an seinem Bauch, kurz danach sah er auch die Schnittwunde an Hitomis Hals. Eilig lief er auf sie zu und begutachtete ihre Verletzung. „Was ist passiert?“ fragte er dann sanft und blickte in die Augen seiner Frau. Doch anstatt ihm antworten zu können, begann sie zu weinen, er wollte sie in seine Arme ziehen, doch sie hob abwehrend die Hände. Van beobachtete seine Geliebte mit Schmerzen.
 

Schließlich hörte sie seine Stimme. „Es ist in Ordnung, Hitomi, ich werde jetzt gehen.“ Erschrocken blickte sie auf. Marcello hatte den Mann nicht verstanden, er sprach in einer Sprache, die er nie zu vor gehört hatte. Und er trug seltsame Kleidung. Marcello verstand das alles nicht. Doch seine Frau schien tief erschüttert zu sein. Starr beobachtete sie wie er sein Hemd aufhob und es überzog, dann griff er nach seinem Umhang. „Nein.“ Flüsterte sie traurig. Als er zum Flur hinüber gehen wollte folgte sie ihm und stellte sich ihm in den Weg. „Du kannst doch nicht einfach so gehen?“ rief sie ihm verzweifelt zu, ihre Hände krallten sich in seinen Umhang. Langsam begriff Marcello wen er dort vor sich hatte. „Ich muss. Ich gehöre nicht hier her.“
 

Antwortete Van ihr und nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. „Ich liebe dich, vergiss das niemals.“ Hauchte er als er sanft ihre Stirn küsste. Dann löste er sich von ihr und schob sich an ihr vorbei. Bewegungsunfähig blieb sie dort stehen, wo er sie zurückgelassen hatte. Marcello blickte zwischen seiner Frau und der offnen Haustür hin und her. Einerseits kochte er vor Eifersucht, doch er spürte auch ihre Sehnsucht und die Verzweiflung, die in ihr brannte.

Einen Moment stand sie wie erstarrt da, doch dann blickte sie sich kurz um und stürmte diesem fremden Mann nach. Entsetzt beobachtete Marcello seine Frau, ehe er sich aus seiner starre lösen und ihr folgen konnte. „Hitomi!“ rief er ihr nach als er bereits an dem kleinen Gartenzaun angekommen war.
 

Als Van den Lärm hinter sich wahr nahm drehte er sich um. Er sah wie sie auf ihn zu gelaufen kam, tränen zierten ihre sanften Wangen, die im schein der Laternen aufblitzten. Er drehte um und ging ihr entgegen. „Du kannst nicht einfach gehen.“ Brachte sie schnaufend hervor und starrte ihn ungläubig an. „Hitomi, das hier ist nicht mein Platz, meine Welt. Es ist nicht mein Leben.“ Sagte er ruhig doch sie spürte seine Traurigkeit. „Aber, wir … wir haben uns solange nicht gesehen, du… du rettest mein Leben und willst dann einfach wieder verschwinden als wäre nie etwas gewesen?“ Verzweifelt baute sie sich vor ihm auf, unbewusst war sie lauter geworden. „Nein, es wird nie so sein, als wäre nichts gewesen, aber ich kann nicht länger hier bleiben, Hitomi.“ Auch er wurde nun unruhig, er wollte doch nur wieder zurück, wenn sie noch länger vor ihm stehen würde und ihn so verzweifelt ansah, dann würde er nicht die Kraft haben sie zu verlassen.
 

Er machte einen Schritt nach vorn und packte sie an den Schultern. „Ich muss zurück, die Menschen brauchen mich in Fanelia, Hitomi der Krieg ist noch nicht überstanden. Du hast hier eine Familie, einen Mann, der dich liebt.“ Er blickte über ihre Schulter zu Marcello, der sich angespannt am Gartenzaun festgekrallt hatte. „Aber ich könnte dir doch helfen, wir haben es schon einmal geschafft.“ Sagte sie überzeugend und nickte ihm zu. „Nein, Hitomi, ich kann das nicht zulassen. Du hast einen kleinen Sohn, er braucht dich hier.“ Sprach er auf sie ein. „Aber ich kann helfen. Meine Fähigkeiten…“ „Nein, Hitomi, wenn dieser Krieg Fanelia besiegt, dann bin ich es auch. Es soll enden, verstehst du?“ brachte er abwesend heraus und starrte auf den Ring an ihrem Finger.
 

„Van!“ entsetzt blickte Hitomi ihn an. „Ich werde dich nicht aufgeben, Van Farnel.“ Rief Hitomi ihm zu und hob ihre Hände an sein Gesicht. Ein Lächeln glitt über seine Lippen. „Ich bin nicht mehr deine Angelegenheit, Hitomi. Du musst deine ganze Kraft nun für den kleinen blonden Jungen einsetzten.“ Erwiderte er ihr sanft und strich über ihr Haar. Dann löste er sich sanft von ihr und schob sie von sich. „Mama, Mama!“ rief ein kleiner Junge, der mit seinem Stofftier und Barfuss in der Auffahrt stand. Tränen strömten über ihr Gesicht. „Das ist nicht fair!“ brachte sie gepresst hervor. „Nein, das ist es nicht!“ antwortete Van ihr und hielt einen Kristall in die Luft. Sanft entlud sich die weiße Lichtsäule auf der grauen Straße. Behutsam zog sie Van mit sich. „Bleib am Leben, hörst du?“ schrie Hitomi ihm nach und sackte auf die Knie. Als eine kleine Hand sie an der Schulter berührte. „Verlässt du uns, Mama?“ fragte der kleine Junge, auch ihm liefen Tränen über die Wangen. Eilig zog sie ihn in ihre Arme. „Nein, mein Schatz, nein. Niemals!“
 


 


 

Hallo ihr lieben!

Hm... vielleicht belasse ich es bei diesem Ende,

aber wenn ihr denkt ich sollte noch ein paar Kapis dran hängen,

dann werde ich mal sehen was ich tun kann ;o)

Aber ich denke das es dieses Mal leider kein Happy End für unsere beiden Lieben geben wird.
 

Eure Nicki

Kapitel 7.

Eine Entscheidung
 

Seit ihrer Begegnung mit Van waren nun vier Wochen vergangen. Abwesend blickte sie auf die Kerze, die immer wieder leicht flackerte. Marcello hatte sie wieder mit zu einem dieser Arbeitsessen mitgeschleppt. Und nun saß sie hier in ihrem edlen Kleid und dem teuren Schmuck. Eigentlich hätte sie Lächeln und sich angeregt mit den Ehefrauen von Marcellos Partnern unterhalten sollen. Doch, ihr war überhaupt nicht nach Lächeln und Smalltalk, sie fühlte sich elend.
 

Der Mann ihres Herzen kämpfte vielleicht gerade um sein Leben während sie hier saß und sich mit einem viel zu teuren Essen voll stopfte. Während andere lachten und Spaß hatten starben auf Gaia Menschen, Menschen die ihr so viel bedeuteten. Immer wieder hatte sie es hin und her gedreht, aber sie konnte nicht fort von hier. Ihr Sohn brauchte sie, aber Van brauchte sie auch. Sie konnte seine letzten Worte einfach nicht vergessen, ebenso wenig den resignierenden Blick, den sie hatte entdecken können.
 

Das war doch sonst nicht seine Art, aufgeben – nein, nicht für Van Fanel. Der einzige Trost für sie war, dass sie ihn seit ihrer letzten Begegnung wieder spüren konnte. Ja, endlich ließ er es wieder zu. Er war noch da, noch war es nicht zu spät. Ein Lächeln glitt über ihre Lippen. Ja, es fühlte sich gut an. Als sie wieder aufsah blickte sie direkt in die Augen ihres Mannes. Zorn, funkelte in seinen blauen Augen. Sie hatten oft gestritten seit Van Hitomi gerettet und wieder nach Hause gebracht hatte. Hitomi hatte befürchtet dass er sie nicht verstehen würde.
 

Trotzig erwiderte sie seinen Blick und wich ihm nicht einen Zentimeter aus. Sie hatte es satt sich dafür schämen zu müssen, sie wollte sich nicht mehr schuldig fühlen für eine Liebe die nun schon so lange andauerte. Und gerade als ihr Mann seinen Blick von ihr abwandte holte Hitomi ein altbekanntes Gefühl wieder ein. Der Raum um sie herum verschwamm, alles drehte sich. Als sie langsam die Augen öffnete fand sie sich in einer Ruine wieder, Staub und Asche wirbelte durch die Luft, langsam drehte sie sich, sie kannte diesen Ort.
 

Von den Häusern war nicht viel übrig, doch die Berge die sich rund um diese Stadt zusammen schlossen bezeugten es. Sie war in Fanelia. Es war wirklich erneut zerstört worden. Hitomi fühlte eine plötzliche Leere die sich in ihr Herz stahl, immer wieder drehte sie sich. Sie konnte es nicht glauben. Alles zerstört, der harte Wiederaufbau - einfach niedergerissen. Sie konnte niemanden erkennen, es war verlassen. Niemand konnte hier Leben. Erneut hatten der Tod und die Zerstörung seinen Weg in diese wunderbare Stadt gefunden, aber warum? Van und sie empfanden doch immer noch dasselbe für einander.
 

War es nicht so? Sollte es nicht so sein, dass Gaia nie wieder Krieg drohte solange sie das gleiche empfinden? War der Hass der anderen Menschen stärker als ihre Liebe? Oder waren sie es? Haben sie gemeinsam diese furchtbare Tragödie zu verantworten? Ein schmerzlicher Stich in ihrem Herzen wollte ihre Vermutung bestätigen. Erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund. Völlig aufgelöst sackte sie auf die Knie. Nein, das durfte nicht sein. Sie liebten sich doch? Ja, sie liebte ihn mit jeder Faser ihres Herzens. „Hitomi!“ eine ihr bekannte Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
 

„Es ist geschehen, hör auf dich zu quälen.“ Sprach er sanft weiter. „Folken, aber was machen sie denn hier?“ fragte Hitomi aufgeregt. „Sie wir… Schuld daran?“ sprach sie ihren Gedanken aus. Folken lächelte ihr sanft zu und trat näher an sie heran. Er reichte ihr seine Hand. Dankend ergriff sie sie und ließ sich mit sanfter Kraft hochziehen. „Es tut mir so leid, Hitomi!“ sprach er leise und blickte sie aus seinen rostroten Augen an. „Aber…!“ verzweifelt reckte sie die Hände in die Luft und versuchte ihre Fassung wieder zu erlangen. „Das alles sollen wir zerstört haben?“ rief sie unter Tränen aus. „Oh Van!“ verzweifelt legte sie ihre Hände vors Gesicht und weinte ungehemmt.
 

„Hitomi, ihr liebt euch immer noch, aber in Van und ebenso in dir ist etwas zerbrochen. Du quälst dich mit deinem Leben, in das du gedrängt wurdest und Van wurde enttäuscht. Und dennoch liebt ihr einander immer noch genauso wie damals.“ Erklärte Folken ruhig, während er beruhigend über ihren Rücken strich. „Aber, warum ist das hier dann geschehen?“ rief sie verzweifelt aus und sah sich ungläubig um. „Eure Verzweiflung hat es zugelassen, ihr habt nicht mehr aneinander geglaubt.!“ Antwortete Folken.
 

„Hitomi, mein Bruder kämpft mit seiner ganzen Kraft um dieses Land, dass er so sehr liebt, aber solange ihr euch nicht entscheidet wird es vergebens sein.“ Sprach er weiter und blickte Hitomi in die Augen. „Aber er hat sich bereits entschieden.“ Murmelte Hitomi abwesend. „Wie meinst du das?“ fragte Folken und packte Hitomi an den Schultern. „Er sagte er sei nicht mehr meine Angelegenheit und das… sollte Fanelia diesen Krieg verlieren, dann sei er es auch.“ Sagte Hitomi stockend. Traurig senkte Folken den Kopf und ließ von Hitomi ab. Er wandte sich um und blickte zwischen den Trümmern umher.
 

„Dann ist er verloren.“ Brachte Folken leise hervor. „Was?“ Hitomi trat eilig an ihn heran. „Mein Bruder wird schon sehr bald sterben.“ Verschreckt stand Hitomi neben Vans Bruder. Völlig Fassungslos über seine Worte. Sie brauchte einen Moment bis ihr Verstand diese Worte verarbeitet hatte. „Nein.“ Sagte sie entschlossen. Überrascht wandte sich Folken ihr zu. „Er wird nicht sterben solange ich es verhindern kann.“ „Hitomi, er kann ohne dich nicht weiter machen, versteh doch, es bricht ihm das Herz.“ Meinte Folken und nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. „Das muss er auch nicht, ich komme zurück!“ brachte sie mühsam hervor, ihre Stimme schwankte, Tränen liefen ihre Wangen hinab.
 

„Hitomi, das ist kein Spiel.“ „Ich spiele auch nicht Folken, ich meine es ernst. Ich werde es nicht zulassen, hörst du?“ knurrte Hitomi energisch und löste sich von ihm. Entschlossen blickte sie ihn an. Noch bevor er ihr antworten konnte verblasste ihr Bild. Benommen blinzelte Hitomi ein paar Mal, ehe sie begriff, dass sie sich wieder im Restaurant befand. Niemand hatte ihre Abwesenheit bemerkt. Ihre Erinnerungen an ihr Gespräch mit Folken eilten durch ihre Gedanken, sie musste zurück. Jetzt. Sofort. Entschlossen stand sie auf.
 

Verwirrte Blicke lagen auf ihrem Körper. „Schatz, was ist denn los? Wo willst du hin?“ fragte Marcello und bemühte sich um ein Lächeln. „Würden Sie mich bitte entschuldigen ich muss gehen.“ Sagte sie höflich und drehte sich um. Mit schnellen Schritten hatte sie die Tür erreicht und trat ins freie. Es dauerte nicht lange als sie schnelle Schritte hinter sich hörte. „Wo willst du hin?“ rief er ihr zu, doch sie blieb nicht stehen. Als er sie erreicht hatte packte er sie grob am Arm. „Aua, du tust mir weh. Lass mich los!“ rief sie verzweifelt, doch der eiserne Griff um ihren Arm lockerte sich nicht. „Erst wenn du mir sagst wo du hin willst, du machst mich hier vollkommen lächerlich, willst du das? Willst du dich für die Streitereien an mir rächen?“ schrie er sie wütend an.
 

„Es geht nicht immer nur um dich, verdammt.“ Rief sie ihm zu. „Ich werde dich verlassen.“ Schrie sie ihm entgegen und zerrte wieder an ihrem Arm. „Was? Nein, das lasse ich nicht zu. Wo willst du hin? Zu ihm? Ist es das?“ wütend verstärkte Marcello seinen Griff um ihren Arm. Tränen bildeten sich in ihren Augen, es tat unheimlich weh, doch sie bemühte sich stark zu sein. „Ich habe mich entschieden, es ist vorbei!“ sagte sie ruhig, dabei blickte sie in seine blauen Augen, die vor lauter Wut zu lodern schienen.

Kapitel 8.

Zeit zu handeln
 

„Ich werde nach Gaia zurückkehren.“ Sagte sie entschlossen und hielt ganz still. Ihre Bemühungen von ihm loszukommen hatte sie für den Moment eingestellt. Nun blickte sie ihm entschlossen ins Gesicht. Gerade als er ihr antworten wollte unterbrach sie ihn. „Und ich werde Kaiko mitnehmen.“ Fügte sie ruhig hinzu. Marcello schien explodieren zu wollen, sein Kopf war ganz rot angelaufen, seine Augen strahlten Wut, Verzweiflung und wilden Zorn aus, doch Hitomi verspürte keine Angst mehr. Bald würde sie wieder bei Van sein, allein dieser Gedanke verlieh ihr eine unglaubliche Ruhe. „Du kannst mich nicht aufhalten, hörst du, ich werde gehen.“ Sagte sie erneut und gewann erneut an Kraft sich ihm entgegen zu stellen.
 

„Das lasse ich nicht zu.“ Brachte Marcello mühsam hervor. Hitomi konnte sehen wie schwer es ihm fiel die Beherrschung nicht zu verlieren. Und gerade als sie dachte, sie könnte ihn doch umstimmen, schlug er heftig zu. Der brennende Schmerz in ihrem Gesicht bestätigte es. Er hatte sie geschlagen. Sofort setzte ein dröhnender Kopfschmerz ein. Wieder begann sich alles zu drehen, Marcello und die Umgebung verschwammen vor ihren Augen. Ihr wurde schwindelig und sie taumelt rückwärts auf die Straße. Bevor sie realisieren konnte was geschah war es bereits geschehen. Sie spürte einen stechenden Schmerz als der Wagen sie erfasste und mit sich riss. Das letzte was sie wahrnahm war das laute quietschen von Reifen und die grellen Scheinwerfer. Dann wurde es um Hitomi dunkel.
 

Van war gerade dabei mit seinem Kommandanten der Streitmacht neue Pläne für die bevorstehende Schlacht durchzusprechen, als sein Herz ein langes schmerzhaftes Stechen durchzog. Keuchend presste er seine Hand auf seine Brust. Sofort stützte ihn der Kommandant. „Majestät, geht es Euch gut?“ rief er dem König aufgeregt zu. „Wache!“ brüllte er in Richtung Ausgang, sofort erschien ein großer Mann in voller Rüstung in dem Eingang zu ihrem Versteck. „Holt Ritter Allen her! Schnell!“ befahl er seinem Unterstellten. Sobald dieser davon geeilt war, wandte sich Kommandant Ricks wieder seinem König zu. „Majestät?“ sprach er ihn behutsam an, stützte ihn aber weiterhin. Verwirrt starrte der König auf die ausgebreiteten Pläne vor sich, doch er schien durch sie hin durch zu sehen. „Hitomi!“ flüsterte Van kaum hörbar, doch Kommandant Ricks hatte ihn verstanden, er wusste um wenn es sich handelte.
 

Es dauerte nicht lang als Allen bei ihnen eintraf. Völlig außer Atem trat er in die Besprechungskammer. „Van, was ist denn hier los? Geht es dir gut?“ fragte Allen zwischen einigen Atemstößen. Der König hatte sich wieder gefasst, doch noch immer durchzog ein eigenartiger Schmerz sein Herz. Seine Hand ruhte immer noch auf seiner Brust, seine Finger hatten sich in den weichen Stoff gegraben. Er vermochte nicht sie zu lösen, aus Angst etwas könnte zerbrechen. Er hatte sich geschworen sie zu schützen… und nun… irgendetwas war geschehen. Etwas Furchtbares. Als Van nicht reagierte trat der Ritter langsam auf seinen Freund zu. Er ist verstört, was ist nur geschehen?“ fragte sich Allen stumm und drehte sich Ricks zu, doch dieser zuckte nur mit den Schultern und schüttelte ahnungslos den Kopf. „Hitomi!“ flüsterte Van erneut. Ungläubig starrte Allen ihn an. „Was?“ fragte er Van laut und packte ihn an den Schultern. „Hitomi? Was ist mit ihr? Hast du sie gesehen? Van, rede mit mir!“ forderte Allen ihn auf.
 

Verwirrt sah Van auf, in die blauen Augen seines Freundes die ihn fragend ansahen. „Ich muss zurück!“ sagte Van mit fester Stimme und erwiderte den Blickkontakt hartnäckig. „Zurück?“ fragte Allen erstaunt nach. „Du kannst hier nicht weg Van, wir befinden uns im Krieg, wir brauchen dich hier, dich und Escaflowne.“ Brachte Allen aufgebracht heraus. Langsam fast vorsichtig löste Van seine Hand von seiner Brust und schob dann Allens Arme von seinen Schultern. „Irgendetwas ist passiert, ich muss wissen, ob es ihr gut geht!“ schrie Van ihm entgegen. „Van, ich versteh dich, aber Farnelia steht ein neuer Angriff bevor, du musst hier sein wenn das geschieht. Das sind deine Leute da draußen.“ Nur Mühsam konnte der Ritter den Drang ebenfalls zu schreien unterdrücken. „Warte bis der Angriff vorüber ist.“ Versuchte Allen den König zu beschwichtigen.
 

„Allen, sie hat schmerzen. Ich muss zu ihr.“ Wiederholte Van und schob Allen beiseite. Energisch trat der König ins Freie. Sofort folgte ihm der Ritter. „Woher weißt du das?“ fragte Allen misstrauisch und musterte seinen Freund eingehend. Augenblicklich blieb Van stehen. Wieder durchzog sein Herz der wilde Schmerz. Er schloss einen Moment die Augen und versuchte sich vorzustellen, was wohl mit ihm passieren würde, sollte sie wirklich sterben. Er wusste es nicht, bei diesem Gedanken stahl sich eine unendliche Leere durch seinen Geist – er wäre verloren. Er würde sich das nie verzeihen können. Langsam drehte sich Van zu Allen um. „Ich fühle sie.“ sagte Van leise und blickte den Ritter lange an ehe er den Blick senkte und sich dann flott fort bewegte.
 

Sie lieben sich immer noch, dachte Allen verletzt. Auch er liebte die junge Frau mit den smaragdgrünen Augen, die vor so vielen Jahren fort gegangen war, immer noch. Doch sie hatte sich damals für Van entschieden, ja… und so war es. Für immer und ewig eins. Auf immer verbunden. „Van?“ rief Allen ihm nach. Noch einmal blieb Van stehen und blickte über seine Schulter zurück. „Ich werde dich würdig während deiner Abwesenheit vertreten, Farnelia wird bei mir Schutz finden, so lange du fort bist.“ Sagte Allen und verneigte sich leicht. Ein Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, er verneigte sich ebenfalls. Als Van sich erneut zum gehen wandte hielt Allen ihn erneut auf. „Bring sie zurück Van, bring sie zurück!“ murmelte der Ritter, doch Van verstand ihn. Er nickte ihm zu und verschwand in der Dunkelheit.

Kapitel 9.

Im Krankenhaus
 

Schockiert stand Marcello da und blickte auf seine Frau, die vor dem Wagen auf dem Boden lag. Unfähig sich zu bewegen stand er da. Während der Fahrer des Wagens hektisch aus dem Auto sprang und sich neben sie kniete, ebenso seine Beifahrerin. Sie strich Hitomi das lange Haar aus dem Gesicht und sprach sie immer wieder an, doch sie reagierte nicht. Ihr Partner rief währenddessen einen Krankenwagen. Es dauerte nicht lang und man hörte bereits die Sirenen, einen Augenblick später sah man auch das Blaulicht. Auch Marcello war inzwischen näher getreten, stand aber immer noch völlig unter Schock. „Sie wollte mich verlassen!“ stammelte er immer wieder. Der Fahrer des Wagens sah misstrauisch auf und berührte seine Freundin leicht am Arm. „Ich ruf die Polizei, bleib bei ihr!“ flüsterte er ihr zu. Eilig nickte sie und strich Hitomi wieder über die Wange.
 

Als Van vor dem Haus von Hitomi stand atmete er noch einmal tief durch. Er wusste, dass sie nicht hier war. Aber sie hätte es so gewollt, da war er sich sicher, langsam schritt er die Auffahrt hinauf. Dann erblickte er die ältere Dame an der Tür. Als Van bei ihr angekommen war und in ihre blassgrauen Augen blickte, da spürte Magda sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Eine tiefe Sorge lag in seinen braunen Augen. „Kommen sie doch rein.“ Bat Magda und er verstand sie, sie sprach seine Sprache. Verwundert blickte er die ältere Frau noch einen Moment an, dann aber trat er an ihr vorbei und blieb im Wohnzimmer stehen. „Ich bin hier um den Jungen abzuholen. Ich werde ihn zu seiner Mutter bringen.“ Sagte Van ruhig. „Was ist mit ihr?“ fragte Magda verunsichert. „Ich weiß es nicht genau, aber sie hat furchtbare Schmerzen und ich muss zu ihr!“ erklärte Van und blickte zu Boden.
 

„Sie denken, sie könnte…!“ flüsterte Magda schockiert. „Wo ist Mama?“ hörten sie eine sanfte Stimme fragen. Der blonde Junge hockte auf der Treppe, mit seinem Stofftier im Arm blickte er durch das Geländer. Van trat auf ihn zu und legte behutsam seine Hände auf die des kleinen Jungen. „ Ich bin Van, deiner Mama geht es nicht gut, ich werde dich zu ihr bringen!“ Erklärte Van ihm langsam. „Wo ist Papa?“ fragte Kaiko ängstlich. „Er ist bestimmt bei ihr!“ vermutete Van und spürte wie sich Wut in ihm breit machte. „Nimmst du mir meine Mama weg?“ fragte Kaiko dann. „Nein,… nein, das werde ich nicht tun.“ Sagte Van ehrlich. „Aber vielleicht möchtest du sie begleiten.“ Erwiderte Van stattdessen. Der kleine Junge nickte. Dann löste er sich von Van und stieg die Stufen hinunter. Magda zog dem kleinen Jungen schnell seine Jacke an und steckte ihn in seine Schuhe. Als er fertig angezogen war hob Van ihn hoch. „Dann bringe ich dich jetzt zu ihr, einverstanden?“ fragte Van und stupste Kaiko auf die Nase. Der kleine Junge nickte ihm scheu zu.
 

Er ähnelt Hitomi so sehr, dachte Van und lächelte unwillkürlich. Er war bereits genauso vertrauensvoll wie seine Mutter, kein misstrauen herrschte in dem blonden Jungen. Und seine Augen, ja, seine Augen hatte er von Hitomi, diese leuchtend grünen Augen. Ein weiterer Stich lies Vans Herz aufschreien. Es ging ihr zunehmend schlechter, er musste sich beeilen. „Magst du Drachen?“ fragte er Kaiko. Der Junge nickte eifrig. Van zog das Drachenherz hervor und streckte seinen Arm in die Luft. Ein böiger Wind kam auf. Und als beide ihre Augen wieder öffneten stand er vor ihnen. Escaflowne. „Das ist Escaflowne, Kaiko. Er beschützt uns.“ Meinte Van und blickte dem staunenden Jungen in die Augen. Nachdem er mit dem Jungen hinaufgeklettert war und er festen halt hatte brachte er Escaflowne in die Luft. Geschmeidig flog der Drache in den Himmel. Van hörte wie der Junge ein Kichern von sich gab.
 

Van hatte keine Ahnung wo er Hitomi finden konnte. Aber sein Herz würde ihn schon zu ihr bringen. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf sie. Wieder er schien das Pendel vor seinem inneren Auge, es führte ihn. Sie befand sich in einem hohen Gebäude. Auf dem Dach landete Escaflowne. Van sprang hinab und hob Kaiko hinunter. Dann bot Van ihm seine Hand, vertrauensvoll ergriff der kleine Junge sie. Neben seinem kleinen Schützling folgte Van weiterhin seinem Instinkt, seinem Herzen. Es führte ihn schnurstracks zu ihr. Sie liefen durch das Treppenhaus und danach in einen hell erleuchteten Gang. Und auch Marcello konnte er bereits von weitem sehen. Er saß auf einem der Stühle, die Ellenbogen auf den Knien abgestützt und den Kopf in die Hände gelegt saß er da. Doch der kleine Junge machte keinerlei Anstalten um sich von Van loszureißen. Er blieb brav an seiner Hand und schritt weiterhin auf den blonden Mann zu. Ungläubig erblickte Marcello die Beiden, er wollte seinen Augen nicht trauen. Was zum Henker machte dieser Typ hier und warum hatte er Kaiko bei sich? Eilig stand er auf und schritt Van energisch entgegen. Als Kaiko den wütenden Gesichtsausdruck seines Vaters sah wurde er langsamer und blieb schließlich stehen. Ängstlich wich er zurück und versteckte sich hinter Van.
 

Entsetzt beobachtete Marcello das Geschehen. Auch er blieb stehen und sah seinen Sohn traurig an. Dann glitt sein Blick zu Van. Wieder funkelte der Zorn in seinen Augen. Van drehte sich dem kleinen Jungen zu und hockte sich neben ihn. „Was ist denn? Warum hast du Angst?“ fragte er den kleinen Jungen. „Ich habe gesehen, was er mit Mama gemacht hat?“ brachte Kaiko ängstlich heraus. „Er hat sie gehauen.“ Fügte Kaiko an. Vans Augen blickten schockiert auf den kleinen Jungen. „Wann hast du das gesehen, Kaiko?“ fragte Van nach. „Kurz bevor du gekommen bist.“ Meinte der Junge. Visionen, dachte Van, ja, das muss es sein, er hat diese Gabe geerbt. Marcello verstand sie nicht, sie sprachen in dieser merkwürdigen Sprache, die er nicht kannte. „Was hast du mit meinem Sohn gemacht?“ fauchte Marcello und ging nun wieder auf Van zu. Van erhob sich und sah Marcello entgegen. „Was hast du mit deiner Frau gemacht?“ hörte er plötzlich eine vertraute Stimme hinter sich. Magda stand im Flur und drückte ihre Handflächen gegen die Scheibe die Hitomis Zimmer frei gab. Dort lag sie. Mehrere Maschinen standen im Raum. Schläuche steckten in ihren Händen.

Über ihrem linken Auge befand sich eine Platzwunde und war grün und blau angelaufen.
 

Aufgeschreckt von Magdas schrillem Tonfall hob Van Kaiko auf den Arm und ging eilig an Marcello vorbei. Dieser folgte ihm und packte ihn am Arm. „Gib mir meinen Sohn.“ Knurrte er wütend. Doch Van schubste ihn mit einem kräftigem Stoss von sich und übergab Magda den kleinen Jungen. Dann trat auch Van an die Scheibe. Ihm stockte der Atem, Fassungslosigkeit machte sich in ihm breit und wieder verfolgte ihn das beklemmende Gefühl der Leere. Wieder kam Marcello auf ihn zu. Seine Augen funkelten zornig als er Van angriff. Immer noch schockiert von ihrem Anblick war Van vollkommen starr, als ihn der Schlag traf. Er taumelte einige Schritte zur Seite, schmeckte Blut im Mund. Wütend sah er auf in die funkelnden Augen ihres Ehemannes. „Du nimmst sie mir nicht weg.“ Knurrte er zornig. Energisch trat Van auf ihn zu und packte Marcello am Kragen. „Halte dich fern von ihr oder ich schwöre beim heiligen Drachengott, dass ich dich töten werde.“ Gab Van gepresst von sich. Marcello verstand kein Wort von dem was Van sagte, hatte aber eine grobe Ahnung davon was es gewesen sein könnte.
 

„Du sollst dich von ihr fernhalten oder er tötet dich?“ übersetzte Magda in Kurzform. „Meinen Sohn, gib mir meinen Sohn Kaiko!“ meinte Marcello und spukte die Worte förmlich aus. Doch Van schüttelte nur den Kopf. „Er gehört zu seiner Mutter, jemand wie du hat es nicht verdient Vater zu sein.“ Zischte Van und stieß Marcello von sich. Grinsend wich Marcello einige Schritte zurück. „Sicherheitsdienst, Sicherheitsdienst, dieser Mann bedroht meine Familie!“ rief er aus. Van sah sich Hilfe suchend nach Magda um. Sie nickte ihm beruhigend zu und lief zu Van. Als die Männer um die Ecke bogen ging Magda sofort auf sie zu. „Hören Sie, er hat ihr das angetan, er ist schuld daran und er bedroht seinen vierjährigen Sohn.“ Erzählte Magda und drückte den Kleinen an sich.
 

Skeptische Blicke der Sicherheitsleute huschten zwischen Van und Marcello hin und her. Sie wunderten sich über die merkwürdige Kleidung die der dunkelhaarige Mann trug. „Er arbeitet im Theater.“ Erklärte Magda eilig. Marcello lachte laut und begann zu erzählen. Niemand glaubte ihm. Die Sicherheitsleute packten ihn und drehten ihm die Arme auf den Rücken. Er tobte wild in ihren Armen, doch sie ließen nicht los. Schließlich führten sie ihn ab und entschuldigten sich für diesen Zwischenfall. Marcello wurde der Polizei übergeben, denn auch das Pärchen welches Hitomi angefahren hatte belastete den Ehemann ausreichend.

Kapitel 10

Wenn sie stirbt
 

Immer noch lehnte Van an der Glasscheibe, er spürte die Kälte der Scheibe an seinen Händen. Wieder und wieder, bei jedem Atemstoß beschlug die Scheibe etwas. Der König von Farnelia war vollkommen Machtlos, nichts konnte er ausrichten. Nur warten. Darauf warten, dass ein Wunder geschieht, sie die Augen aufschlug und ihn wieder so verliebt ansehen würde wie bei ihrer letzten Begegnung. Langsam schloss er die Augen, sofort sah er sie vor sich. Bilder aus der Vergangenheit mischten sich mit denen aus der Gegenwart. Sie durfte nicht von ihm gehen. Und wieder quälte Van die Frage was wohl mit ihm geschehen würde, wenn sie nicht mehr da war. Würde er einfach so weitermachen können?
 

Er hatte ein Volk zu schützen, war es da richtig sich seinem eigenen Schmerz so hinzugeben? Nicht mehr Leben zu wollen? Nicht mehr Leben zu können? Und obwohl er wusste das ihm diese Antwort egoistisch und eigennützig vor kam, so wusste er schon, seit er ihren Schmerz verspürt hatte, er würde nur noch eine leere Hülle sein, sollte sie wirklich sterben. Hitomi, war es die ihm wieder ein Stück Leben zurückgeben hatte, damals als sie im großen Krieg gemeinsam gekämpft haben. Sie hat ihn vertrauen lassen, hat sein Herz geheilt und es zu neuem Vertrauen ermutigt. Hitomi nährte sein Herz mit allem was der König brauchte. Sie war sein Gegenpol. Sie war es die ihm immer Hoffnung gab, die ihm sein Lachen zurück gebracht hatte.
 

Sie war es die ihm aufrichtig ihr Herz geschenkt hatte. Und sie war es die ihn immer noch liebte, nach all diesen Jahren. Ein tiefer Atemzug entwich dem König, warum nur hatte er sie nicht zu sich geholt? Schuldgefühle plagten ihn seit jeher und seit dem heutigen Tag war es schlimmer als je zu vor. Wenn er sie nur mit sich genommen hätte oder bei ihr geblieben wäre, dann… dann wäre das niemals passiert. Ein sanfte Berührung lies ihn die Augen öffnen. Magda stand neben ihm und sah ihn mitfühlend an. Kaiko war auf ihrem Arm eingeschlafen. „Soll ich ihn Ihnen abnehmen?“ bot Van sich an und nickte ihr gewinnend zu. Magda freute sich darüber, denn der Junge war bereits seit einigen Stunden auf ihrem Arm und so langsam verließen sie die Kräfte. Vorsichtig übergab Magda den kleinen Jungen.
 

Besorgt blickte Van auf den blonden Haarschopf, was sollte nur aus ihm werden, wenn Hitomi nicht mehr aufwachte? Schnell verdrängt Van diesen Gedanken. Er hatte selbst viel zu früh erfahren müssen wie es ist wenn ein Elternteil stirbt. Dann fiel sein Blick auf Magda, die ebenfalls starr auf Hitomi blickte, als wolle sie sie mit ihren Blicken zwingen endlich aufzuwachen. „Wer sind Sie wirklich?“ flüsterte Van und musterte Magda neugierig. „Die Haushälterin.“ Antwortete Magda ruhig und hob ihren Blick nicht von Hitomi. Van beugte sich vor, so dass sie ihn ansehen musste. Er zog eine Augenbraue hoch und sah sie erneut fordernd an. Magda blickte kurz zu Boden und dann wieder in die fragenden Augen ihres Gegenübers. „Ich bin sein Schutzengel, wenn man so will!“ meinte die Alte und lächelte.
 

„Ich bin eine Samurai-Kriegerin Gayas. Mir wurde er anvertraut, er trägt die Zukunft in sich.“ Sagte sie und blickte bedeutungsvoll auf den kleinen Jungen. „Ich verstehe nicht! Was hat er mit Gaya zu tun?“ fragte Van verwirrt. „Er hat die Gabe seiner Mutter geerbt, er kann in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft blicken, so wie sie! Er ist der erste männliche Nachfahre, der mit dieser Gabe zur Welt kam. In den letzten Jahrhunderten waren es immer weibliche Wesen, die diese Gabe hervor brachten. Er könnte irgendwann einmal sehr wichtig für Gaya sein.“ Nachdenklich lies Van ihre Worte auf sich wirken.
 

„Weiß Hitomi wer Sie wirklich sind?“ fragte Van. „Nein, ich konnte es ihr nicht sagen, sie würde niemals zulassen, dass ich ihn mit mir nehme. Und das würde sie zweifelfrei sofort vermuten wenn sie meine wahre Identität kennen würde.“ Erklärte Magda und blickte auf Hitomi. „Sie ist eine starke Frau, sie kämpft für ihr Kind wie eine Löwin, nur deshalb ist sie bei ihm geblieben. Doch, glauben Sie mir, es ist kein Tag vergangen an dem sie nicht an Sie gedacht hat. Ihre Augen, sie waren, sie waren so leer viele Jahre lang. Doch als Sie bei ihr waren, da wurde mir bewusst wie sehr sie Sie lieben muss. Ein Leuchten ging von ihr aus was mir vollkommen unbekannt war.“
 

Van schwieg eine Weile und blickte wieder auf ihr Krankenbett. Er konnten nicht verhindern das die Angst ihm wieder einmal das Blut in den Adern gefrieren lies, sein Herz zwang panisch zu werden und wieder diese unendliche Leere in sich zu fühlen. Als würde er in ein schwarzes Loch fallen, dass nicht enden wollte. Kein erlösender Aufschlag, kein Seil an dem sich festhalten konnte. Nur der freie Fall, der unendliche Fall. Ja, der fanelische Engel fiel und er wusste, dass sein Herz diese Leere nicht unendlich würde aushalten können. Doch noch gab es Hoffnung und immer und immer wieder zwang er sich daran festzuhalten. Es war seine einzige Rettung, seine einzige Chance, dass in diesem schwarzen Loch irgendwann ein Licht die Dunkelheit vertreiben würde.
 

„Wollten Sie ihn mitnehmen?“ hakte Van nach und wandte seinen Blick Magda zu. Er musste ihr bei dieser Frage in die Augen sehen. „Nein, niemals hätte ich ihn ihr weggenommen. Wir wussten das es nur eine Frage der Zeit sein würde, dass sie von allein hätte zurückkehren wollen. Ihretwegen.“ Erklärte Magda ruhig und erwiderte seinen Blick. „Die Liebe die sie verbunden hält ist wie eine eiserne Kette, die nicht zu zerstören ist.“ Magda lachte leise und sah Van liebevoll an. „Sie müssen an sie glauben, glauben sie an Hitomi, das ist ihre einzige Chance.“ Fügte sie an und blickte wieder auf die Patientin.

Kapitel 11.

Ein langer Weg
 

Ungeduldig wartete Van mit Magda und dem kleinen Kaiko vor Hitomis Zimmer, der Arzt war gerade bei ihr und untersuchte sie ein weiteres Mal. Magda hielt inzwischen wieder den Jungen, während Van, neben ihr auf dem Stuhl saß. Den Kopf in die Hände gestützt saß er da, das Gesicht unter seinen Händen verborgen. Mit Sorgenvoller Miene trat der Arzt aus ihrem Zimmer, als Van hörte wie sich die Tür zu ihrem Zimmer öffnete war er sofort aufgesprungen. Magda trat neben ihn. „Es geht ihr ziemlich schlecht. Bei dem Autounfall hat sie einiges abbekommen. Ihre Lunge ist gequetscht worden, sie hatte starke innere Blutungen, die wir zum Glück während der Operation stillen konnten. Ihr Trommelfell ist gerissen, vermutlich durch einen Schlag auf den Kopf, es könnte sein, dass sie auf diesem Ohr ihr Gehör verliert. Mit Sicherheit können wir das aber erst sagen wenn sie aufwacht. Sie hat zu dem eine starke Gehirnerschütterung.
 

Zurzeit nimmt sich ihr Körper einfach die Auszeit die er braucht. Wir können nicht genau sagen wann sie aufwacht.“ Erklärte der Arzt ruhig und blickte die Leute vor sich mitfühlend an. „Wacht sie wieder auf?“ stellte Van die Frage, die ihn am meisten beschäftigte. „Wird sie wieder Gesund werden?“ fügte er an und spürte wie sich das bodenlose Loch vor seinen Füßen erneut auftat. Magda übersetzte für ihn, der Arzt sah ihn mitfühlend an. „Das können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Es geht ihr wirklich sehr schlecht. Sie hat Fieber bekommen, aber sie kämpft.“ Erklärte der Arzt behutsam und blickte auf seine Patientin. Ein kaum merkliches Nicken ging von Van aus. „Dürfen wir… dürfen wir zu ihr?“ fragte er dann mit schwacher Stimme. Wieder war es Magda, die zwischen ihm und dem Arzt vermittelte. „Ja, natürlich. Aber sie braucht absolute Ruhe!“ meinte der Arzt, er reichte beiden noch die Hand und verabschiedete sich dann.
 

Van blickte auf ihr Krankenbett. Dann schritt er entschlossen in den Raum, Magda folgte ihm. Kaiko schlief auf ihrem Arm tief und fest. Van deutete ihr an ihn in das leere Bett neben Hitomi hinzulegen. Die ältere Frau nickte und legte den Jungen behutsam ins Bett, dann deckte sie ihn sorgsam zu und strich ihm über die Wange. Nun wandte sie sich um und setzte sich auf den Stuhl der am Fußende des Bettes stand. Während Van auf dem Stuhl an Hitomis Seite platz nahm. Sanft strich er über ihre Hand, dann schob er seine Hand unter ihre und umschloss sie fest. Während seine andere Hand, ihre nun ganz umschloss. Vorsichtig hauchte er einen Kuss auf ihren zarten Handrücken.
 

Sie atmete ruhig und gleichmäßig. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Vans Blick war starr auf ihre schmale Hand gerichtet, die langen filigranen Finger, an dessen Ringfinger sich immer noch ihr Ring befand. Wieder versank er in Erinnerungen aus längst vergangenen Tagen. So lange war es nun schon her und dennoch lebte die Erinnerung in ihm weiter als wäre es erst gestern gewesen, als sie ihn verlassen hatte. Immer wieder sah er sie vor sich, wie sie ihn gerettet hatte vor Dilandaus angriffen, wie sie ihn angelacht hatte und wie sie ihm eine schallende Ohrfeige verpasst hatte. Ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen, ja, damals hatte er ihr nicht den wahren Grund gesagt warum er wollte, dass sie bei ihm blieb. Er hatte gelogen, ihre Fähigkeit vorgeschoben, doch so war es nicht. Nein, schon damals in der Mühle wollte er sie, wollte das sie bei ihm blieb an seiner Seite. Niemals wieder wollte er dieses wundervolle Lachen missen. Van wollte sie um sich haben, sie hatte ihn gelernt zu vertrauen, wieder das Leben in sein Herz zu lassen. Wut und Angst zu vertreiben.
 

Doch er war noch nicht bereit dazu, damals in der Mühle. Zu groß war die Angst vor einer weiteren Enttäuschung. Aber sie hatte ihn doch nie enttäuscht! Und dennoch, hatte er gelogen. Es musste sie sehr verletzt haben, das war ihm kurz danach bewusst geworden. Ja, er hatte sie verletzt und verärgert und direkt in die Arme von Allen getrieben. Er hatte ihr das Gefühl gegeben sie nur auszunutzen, das hatte er nicht gewollt. Und… na ja… zu guter letzt hatte sie sich für ihn entschieden. Erneut lächelte der König von Fanelia und strich erneut über ihre Finger. „Komm zurück zu mir, ich bitte dich, Hitomi. Komm zurück!“ wisperte er und blickte auf ihr entspanntes Gesicht. Es wirkte blass. Magda wischte ihr immer wieder mit einem feuchten Tuch über die Stirn. Wann war sie aufgestanden? Van hatte es nicht bemerkt. Verwirrt sah er die ältere Frau an. Diese lächelte ihm zu „Sie sollten etwas schlafen. Ich gebe acht auf sie.“ sprach sie leise. „Nein, ich kann nicht, ich muss bei ihr sein, wenn sie aufwacht.“ Entgegnete Van und richtete seinen Blick wieder auf ihr Gesicht.
 

Magda nickte ihm zu und kümmerte sich dann wieder um Hitomi, immer wieder tauchte sie das Tuch in die Schale mit dem kalten Wasser. „Wer kümmert sich um Euer Land während Ihr fort seid?“ fragte sie plötzlich und musterte den jungen König. „Ein sehr guter Krieger, Ritter Allen, ein Ritter des Himmels.“ Sagte Van anerkennend, ja zwischen ihm und dem Ritter hatte sich wahrlich eine Freundschaft entwickelt. „Und er führt Fanelia durch den Krieg?“ fragte Magda ungläubig weiter. „Ja, warum nicht, er ist ein hervorragender Krieger. Doch ich denke, der Krieg um Fanelia wird vorüber sein!“ sagte Van entschlossen. „Wie kommt Ihr darauf?“ fragte Magda verwirrt und ließ das Tuch in ihren Händen sinken.
 

„Wir glauben aneinander. Unsere Träume gestalten Gaias Zukunft. Ich glaube immer noch fest daran.“ Sagte Van leise und blickte Magda fest in die Augen. „Sie wird zu mir zurück kommen, daran Zweifel ich nicht mehr. Sie liebt mich wirklich immer noch!“ murmelte Van sanft und blickte auf Hitomis Gesicht.
 

Es waren mehrere Tage vergangen, alle unverändert, immer noch schlief sie tief und fest. Die Ärzte nannten es Koma, Van wusste nicht genau was das bedeutete, aber sie lag immer noch unverändert dort. Viele Schläuche und Maschinen standen an ihrem Bett. Van blickte auf die Flüssigkeit, die aus einem Beutel durch einen langen Schlauch und eine Nadel durch ihre Hand in ihren Körper geleitet wurde. Durch eine Berührung an seinem Bein wurde er aufmerksam. Kaiko stand bei ihm und sah ihn mit großen Augen an. „Wird meine Mama wieder Gesund?“ fragte er mit krächzender Stimme, er war kurz davor zu weinen. Van sah ihn mitfühlend an und hob ihn auf seinen Schoss. „Deine Mama wird wieder ganz Gesund werden. Du musst ganz fest an sie glauben. Vertrau deiner Mama, sie wird zu dir zurückkommen. Du bist für sie das wichtigste auf der Welt.“ Sagte Van ruhig und strich dem blonden Jungen die Haare aus dem Gesicht. Tränen liefen an Kaikos Wangen hinab.
 

Ja, es war schwer für ein Kind seine Eltern so zu sehen. Wenn Van ihn ansah fühlte er sich in der Zeit zurückversetzt. Auch er war ungefähr in Kaikos Alter als sein Vater starb. „Weine nicht.“ Sagte Van sanft und strich die Tränen von Kaikos Wangen. „Deine Mama wäre sehr traurig wenn sie dich so sehen würde. Sei Tapfer für sie.“ ermutigte Van ihn. Der kleine Junge atmete tief ein und nickte schließlich. Dann blickte er von Van auf Hitomi und legte seine Hand auf Vans die immer noch Hitomis Hand fest umschlossen hielt. „Sie wird wieder Gesund!“ sagte Van noch einmal überzeugt und drückte den Jungen an sich. Kaiko kuschelte sich an ihn und beobachtete seine Mutter, die immer noch ganz ruhig da lag und gleichmäßig atmete.



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Kommentare zu dieser Fanfic (23)
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Von:  kleinYugi5000
2010-05-26T21:02:52+00:00 26.05.2010 23:02
oh gott ich glaube ich habe noch nie bei einem ff so geheult **flenn** wahnsinn...aber trotzdem unglaublich schön und so herzzereißend...
büdde sag mir das du den ff weiterschreibst...ja?
das wäre soooo toll
sag bescheid wenn es soweit ist

deine Soph-chan
Von: abgemeldet
2008-12-18T15:09:25+00:00 18.12.2008 16:09
hallo!

War das ein super Kapitel! So mitfühlend hast du das beschrieben und vorallem Van wäre so ein toller Papa und Kaiko vertraut Van eh schon!

Ich bin gespannt wann und vorallem wird sie wieder ganz gesund??

Bitte schreib weiter!

Lg RanMori

P.s. Das andere Kapitel habe ich nach gelesen und es war super wie die anderen Kapitel! Du bist wahrhaftig ein Talent und du weißt wie man die Leser am Ball behält!
Schreibst du die anderen Geschichten nicht mehr weiter? :)
(Vorallem Blauer Nebel!)
Von: abgemeldet
2008-12-17T15:43:45+00:00 17.12.2008 16:43
hamma kapitel.
kaiko ist super.. van würde einen tollen papa abgeben..
hitomi soll schnell wieder aufwachen.. oh mein gott...
mach weiter soooo
lg, yesilli
Von:  Rani
2008-12-12T08:03:28+00:00 12.12.2008 09:03
Also das sit echt spannend ich bin so neugierig ob sie erwacht, ich weiss nciht ob das so sein sollte aber wenn ich das Kap lese kommt irgendwie starker Schmerz hervor vielleicht bilde ich mir das auch nur ein aber ich finde es ist sehr emotional geworden, wenn es weiter geht wüßrde ich mich freuen wenn du mir eine ENS schickst bis dann

lg Rani
Von: abgemeldet
2008-12-02T15:18:46+00:00 02.12.2008 16:18
wird ja immer spannender..
hitmo soll schnell aufwachen.. was passiert eiglt. während dessen
auf Gaia?? mach weiter soooo
lg, yesilli
Von: abgemeldet
2008-11-28T22:23:49+00:00 28.11.2008 23:23
hitmois sohn ist klasse.
dass er so schnell vertrauen findet und sich mit van gut versteht,
find ich auch klasse^^
der junge hat schon visionen? oha.. wie heftig..
wer ist magda wirklich???
mach weiter sooo
lg, yesilli
Von: abgemeldet
2008-11-28T16:44:33+00:00 28.11.2008 17:44
Ich hoffe jetzt kriegt er endlich das was er verdient.....hoffentlich geht es Hitomi bald wieder besser und Van niemt sie und ihren Sohn mit....schreib schnell weiter...brenne darauf wie es weitergeht
Von: abgemeldet
2008-11-28T14:19:28+00:00 28.11.2008 15:19
hallo!

Das ging aber flott! Und ich muss sagen du hast das soooooooo super beschrieben! Du hast den kleinen Jungen so super beschrieben, und wie er Van gleich vertraut hat, ist einfach nur beeindruckend!!

Arme Hitomi! Wird sie es überleben und wie geht es weiter? Wird Van die beiden mitnehmen!?

Oh ich freue mich jetzt schon auf den neuen Part!

Lg RanMori
Von: abgemeldet
2008-11-28T06:43:40+00:00 28.11.2008 07:43
Hoffentlich geht es Hitomi gut und Van nimm sie mit sich.....Ich hoffe Marcello kriegt von Van richtig eins aufs Maul....screib schnell weiter, bin echt gespannt wie es weitergeht
Von: abgemeldet
2008-11-27T22:26:30+00:00 27.11.2008 23:26
Dieses Schwein!!!! Marcello ist so was von gemein, Hitomi einfach zu schlagen und dann wird sie auch noch vom Auto erfasst! Arme Hitomi! :(

Aber Vans Verbindung zu Hitomi ist immer noch da und du hast diese Szene so super schön beschrieben!!!

Van geht wirklich zurück und ich bin gespannt was dort passiert!!! Ich bin gespannt ob er Hitomi mitnimmt!!!

Danke das du weiter schreibst!

Lg RanMori


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