Zum Inhalt der Seite

Under the surface

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

君にいなくて寂しいよ

Tomo schulterte seine Tasche und verließ mit einem mürrischen Lehrer das Gebäude. Sein Begleitschutz? Wohl kaum. Eher ein Aufpasser, sodass Tomo auch wirklich das Taxi zum Krankenhaus nahm. Würde der Lehrer ihn auch bis zum Krankenhaus begleiten? Tomo seufzte genervt und schlurfte mit hängenden Schultern den steinigen Gehweg entlang. Ihn ärgerte im Moment sehr viel – dass Tohya in der Nacht über Tomos Tasche gefallen war, der ihn somit geweckt hatte, dass er wegen Umi ins Krankenhaus musste und dass Tohyas mitleidige Augen ihm nicht mehr aus dem Kopf gingen. „Warum eigentlich?“ fragte sich Tomo laut und erschrak damit den Lehrer neben sich. Dieser starrte Tomo verwirrt an, doch als sein Blick seitlich von Tomo abdriftete und auf den hinter Tomo liegenden See fiel, weiteten sie sich vor Entsetzen. „Heilige Schei--!“ schrie der Lehrer auf und rannte auf den See zu, einen verwirrten Tomo zurücklassend. Dieser lenkte sein Augenmerk auf das, was den Lehrer so schockierte. Tomo blieb augenblicklich die Luft weg und er fing an zu keuchen. Entgeistert preschte auch er auf den See zu. „Yuh!“ brüllte er verzweifelt und fiel vor dem See auf seine Knie. „Nein…“ flüsterte Tomo, während der Lehrer Yuh und Hina aus dem Wasser zog. Tomo wandte seinen Blick ab. Er war hart im nehmen, liebte es, schlechten Menschen das Leben auszuhauchen und war eigentlich ein Misanthrop, aber das… Ihm wurde speiübel. So ein Ende hatten die beiden nicht verdient und dennoch imponierte ihm die Entschlusskraft dieser jungen Liebenden. Der Lehrer hatte bereits die Direktion davon unterrichtet, als Tomo aus seiner Gedankenwelt zurückkehrte und steckte sein Handy in seine Jackentasche zurück. „Komm! Das Taxi wartet auf dich. Die Direktion ist bereits unterwegs.“ Sagte er kühl zu Tomo und zog diesen am Kragen wieder auf die Beine. Der Lehrer hatte seine Fassung verdammt schnell zurückgewonnen. Tomo war ganz bleich, ging wie in Trance zum Tor, durch eine kleinere Tür im Tor und setzte sich dann auf die Rückbank des Taxis. Der Lehrer stieg nicht dazu. So fuhr das Taxi samt Tomo in eines der vielen, weit entfernten städtischen Krankenhäuser.
 

Tohya stand mit einem schlechten Gewissen auf, da er Tomo mitten in der Nacht geweckt hatte. Sie hatten so viel Spaß bei Rui, dass sie die Zeit vollkommen vergessen hatten. Er gähnte und reckte sich. Dabei fiel sein Blick auf Tomos leeres Bett. „Er ist also weg.“ dachte Tohya seufzend und gönnte sich eine ausgiebige Dusche. Es musste ja keiner mehr nach ihm duschen gehen.

Besser gelaunt verließ Tohya das Zimmer und freute sich auf das Frühstück mit Umi, Rui und dessen Zimmergenossen Natsuki, mit denen sich Tohya verabredet hatte. Als Tohya in die Mensa kam, sah er die drei bereits an einem Tisch sitzen. Er ging winkend auf sie zu, ließ es jedoch schnell bleiben, als er die blassen Gesichter sah und die Anspannung spürte. „Was ist passiert? Wo ist Yuh?“ fragte er die Jungs und setzte sich auf einen freien Stuhl. Keiner antwortete. Natsuki starrte nur seine Miso an, Rui hatte die Hände vor dem Gesicht gefaltet und Umi starrte den Nachbartisch an, an welchem drei Mädchen saßen, die nicht weniger blass waren und angespannt miteinander flüsterten. „Yuh…hatte gestern Abend eine Verabredung mit seiner Freundin Hina. Yuh war heute Morgen nicht wieder da.“ Erklärte Umi knapp mit unterdrückter Stimme. Tohya sah verwirrt drein. Daran fand er nichts Außergewöhnliches. Vielleicht hatte er bei seiner Freundin geschlafen. Trotzdem dämmerte es Tohya langsam. „Und Hina…“ „Kam auch nicht zurück.“ Schloss Umi für ihn. „Außerdem soll Hina einen Auftrag bekommen haben…“ fügte Natsuki hinzu und selbst Tohya war es klar, was dies zu bedeuten hatte. „Oh nein…“ flüsterte er, spürte wie sich sein Magen verkrampfte und es ihm eiskalt den Rücken runter lief. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie stumme Tränen über die Wangen der Mädchen liefen. Schon bald würde das ganze Internat davon wissen und seine Folgen Kreise unter den Schülern ziehen.
 

Als Umi diesen Morgen aufwachte und Yuhs Bett leer vorfand, war ihm alles klar, doch es machte nichts leichter. Umi heulte vor Wut, Trauer und über die Unbesonnenheit der beiden. Umi war sich sicher, dass sich sowohl Hina als auch Yuh der Gefahr bewusst waren, welcher sie sich ausgesetzt hatten und heimliche Liebespaare, die sich dessen nicht bewusst waren, wären es spätestens seit heute.

Umi trat gegen die Zimmerwände, schlug auf Yuhs Kissen ein; knickte ein, als die Verzweiflung ihn übermannte. Yuh war innerhalb dieses gottverdammten Internats zu etwas wie Umis besten Freund herangewachsen. Das wurde Umi schmerzhaft im Moment des Verlustes bewusst. Warum nicht früher? Warum hatte er Yuh die ganze Zeit nicht sagen können, welchen Halt er ihm als Freund gegeben hatte? Warum war er nicht in der Lage gewesen, Yuh etwas von seiner Güte zurück zu geben. Warum kommen einem Menschen immer solche Gedanken, wenn es zu spät ist? Warum? Warum?
 

„WARUM?“
 

Umi schrie die Frage in den Raum. „Warum konntest du den aufkommenden Schmerz nicht auch mit auf die andere Seite nehmen?“ rief Umi verzweifelt. Er fühlte sich, als sei die Welt unter ihm zusammen gebrochen. Er war ein Haufen Elend, wie er so da saß, mit dem Kopf in den Händen auf dem Boden kniend. Nach einigen Minuten hob Umi den Kopf an und stützte sich mit seinen Händen, welche er zu Fäusten ballte, ab. Genau in diesem Moment schwor sich Umi, dass sein letzter Auftrag als Killer der an der Direktion sein würde. Der Schmerz über den Verlust würde sein Antrieb sein. Er wischte die Tränen weg, stand auf und begab sich schnellen Schrittes in die Mensa, wo Rui und Natsuki bereits an einem Tisch saßen. Natürlich fiel ihnen sofort auf, dass etwas mit Umi nicht stimmte, fragten ihn jedoch nichts, sondern wechselten stumm besorgte Blicke, denn sie bemerkten, dass Yuh nicht bei ihm war. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Mädchen am Nachbartisch erkannten: Hinas Freundinnen, ohne Hina. Umi wandte seinen Blick ebenfalls dem Mädchentisch zu. Die drei schnappten Gesprächsfetzen auf, obwohl die Mädchen leise miteinander redeten. „Wir hatten sie gewarnt…“ „…als sie gestern Abend den Briefumschlag sah…“ „Mir kamen die Tränen…“ …

Umi seufzte so tief, als hätte er seit zehn Jahren nicht mehr geseufzt. Auch die anderen beiden konnten es nicht fassen und wurden erst aus ihren trüben Gedanken gerissen, als Tohya zu ihnen kam.
 

Tomo lag ganz ruhig da. Er wartete darauf, dass das Narkosemittel endlich zu wirken begann und die Ärzte mit der blöden Operation anfangen konnten. Seine Gedanken wirbelten um her und als der Wirbel stärker wurde, versank Tomo betäubt in einem traumlosen Schlaf…
 

Leises Vogelgezwitscher, sanftes Kindergelächter und geflüsterte Gespräche drangen zu seinen Ohren vor. Der warme Sonnenschein, der durchs Fenster auf ihn fiel, kitzelte sanft seine blasse Haut. Vorsichtig und ganz langsam öffnete Tomo seine Augen, doch er sah alles nur verschwommen und so schloss er sie wieder. Seine Sinne wurden schärfer und somit die Eindrücke intensiver. Wie lange hatte er geschlafen?

Der braunhaarige öffnete seine Augen erneut. Diesmal konnte er seine Umgebung klar erkennen. Er versuchte sich aufzusetzen und merkte im selben Moment, wie ihn ein starker Schwindel überfiel. Er seufzte schwer als er sich mit seinen Händen abstützen musste.

„Sie sind also endlich wach?“

Dies galt Tomo. Vorsichtig drehte er sich um und sah einen jungen Arzt auf sich zu kommen. „Wir dachten schon, dass wir Ihre Schule informieren müssten, dass Sie für immer weiter schlafen würden. Wie Dornröschen.“ Sagte der Arzt kichernd und kam dabei Tomo immer näher. Tomo musterte den Arzt ebenfalls gespannt, doch dieser missdeutete Tomos Blick. „Sie haben einen ganzen Tag geschlafen. Viel zu lang für so eine geringe Dosis an Narkosemittel.“ Erklärte er Tomo mit dem Anflug eines hämischen Grinsens.

Tomo gefiel das Grinsen nicht, doch noch weniger gefiel ihm, dass der Arzt ihm so nahe stand und so erschrak der junge Mann auch, als der Arzt ihn plötzlich am Kinn griff und Tomos Gesicht näher zu sich zog. „Die Schwellung wird bald zurückgehen, nur keine Sorge. Auch die Schmerzen werden bald nachlassen.“ Teilte der Arzt mit und ließ den perplexen Tomo wieder los. „Hm? Stimmt was nicht?“ horchte der junge Arzt nach und brachte Tomo damit in Verlegenheit. „Nichts.“ Nuschelte Tomo, wandte seinen Blick ab und sah zu seiner linken aus dem Fenster. Es war wirklich ein schöner, sonniger Tag und Tomo war überraschenderweise ziemlich froh über die Auszeit. So sehr er auch Blut liebte, sein Alltag war schrecklich kräftezehrend und nahm ihn ziemlich mit. So lange er im Krankenhaus war, konnte Tomo etwas abschalten und neue Kräfte sammeln, damit er es Umi bei seiner Rückkehr heim zahlen konnte.
 

„Das würde ich an Ihrer Stelle lieber bleiben lassen. Wir haben Ihnen die Nase zwar wieder gerichtet, aber trotz allem braucht es Zeit, bis der Bruch vollends verheilt ist.“ Erklärte ihm der Arzt frei Schnauze, fast so, als hätte er Tomos Gedanken gelesen. Er verabschiedete sich von Tomo und setzte seine Visite fort, ließ aber einen verwirrt verärgerten Tomo zurück und überließ ihn seinen dunklen Grübeleien. Er hatte Tomos Unruhe gespürt.
 

Tomo kam ein schreckliches Bild vor Augen. Blutrot gefärbtes Wasser, in welchem zwei leblose Körper schwammen. Tomo unterdrückte das Gefühl der Übelkeit und versuchte den Gedanken aus seinem Kopf zu verjagen. Allerdings wurde ihm schwindlig aufgrund des Kopfschüttelns und auch die Schmerzen wurden stärker. Somit war er mit seinen Gedanken bei der Wurzel seines Übels zurück gekehrt. Umi. Tomo schluckte einen wüsten Fluch herunter und sah wieder aus dem Fenster. Es half ja alles nichts. Sich über eine Person zu ärgern, die just in dem Moment am anderen Ende der Stadt und somit in seiner Lage unerreichbar war, schürte nur die Ungeduld des jungen Mörders. So blieb Tomo also nichts anderes übrig, als sich seinem Schicksal zu fügen und die paar freien Tage im Krankenhaus zu genießen. Dies würde eine willkommene Abwechslung bieten.
 

Schnarrend flog der Pfeil von der Sehne und mitten ins rotgefärbte Ziel. Gedankenverloren zog Rui den nächsten Pfeil aus dem Kescher und legte erneut an. Falten bildeten sich zwischen seinen Augenbraun und Schweiß perlte von seinem Nasenrücken, als er sich auf das weiter entfernte Ziel konzentrierte. Im Bogenschießen war Rui ungeschlagen, da konnten selbst Umi und Tomo nicht mithalten, die sonst in allen Kategorien gleichrangig die Internatsbesten waren. Aber das hatte Rui noch nie sonderlich interessiert und so ließ er den nächsten Pfeil surrend von der Sehne schnellen. Als der langhaarige alle Pfeile aus seinem Kescher abgefeuert hatte, drehte er sich zu seinem kleinen Nebenmann um. Tohya war zwar noch nicht länger als eine Woche auf dem Internat, dennoch konnte man schon eine Steigerung seiner Leistungen erkennen. Vielleicht lag es daran, dass er die letzten paar Tage nicht mit Tomo unterwegs war, der ja erst am folgenden Tag aus dem Krankenhaus entlassen werden würde. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Tohya wider Erwarten den Haudegen vermisste und sich in seiner Abwesenheit deswegen so bemühte, besser zu werden, damit er von ihm etwas Anerkennung bekommen könnte. Ein Lächeln stahl sich auf Ruis sanftes Gesicht. Egal wie sehr Tohya Tomo verehrte, Tomo würde sich nie auf einen Menschen näher einlassen. In so fern konnte einem der Welpe auch echt leidtun, aber Rui wusste, dass er Tohya trösten konnte, indem er selbst zu einem guten Freund des kleinen werden würde.
 

Die mittags Hitze war auf dem Sportplatz, der mit keiner Ecke im Schatten lag, echt unerträglich und so lief jedem der wenigen Schüler aus Ruis und Tohyas Klasse der Schweiß in Strömen und ihre Kleidung klebte nur so an ihnen.

Erleichtert seufzend drehte sich Tohya zu Rui um, nachdem er seinen letzten Pfeil abgefeuert hatte. „Was müssen wir als nächstes machen?“ „Hürden – und Dauerlauf.“ Es war Umi der anstelle von Rui antwortete. Überrascht drehten sich die zwei anderen zu ihm um. So ohne Yuh sah er sehr einsam und noch mürrischer aus als vorher. „Hey Umi“ grüßte Tohya den anderen und lächelte ihm zaghaft zu. Tohya hatte vorher schon nicht gewusst, wie er sich Umi gegenüber verhalten sollte und obwohl er die letzten paar Tage viel mit ihm zu tun hatte, bereitete ihm Umis Nähe Unbehagen. „Hi. Du machst dich wirklich gut. Man kann erkennen, dass du dir viel Mühe gibst.“ Umis Komplimente trieben die Schamesröte in Tohyas Wangen. „Danke. Aber ich bin immer noch viel zu schlecht…“ „Mach dir keinen Kopf, dass kommt mit der Übung.“ Diesmal antwortete Rui für Umi und beide lächelten sich zu. Auch Rui spürte die Trauer in Umi. Zwar redete er freundlich mit allen und gab Tohya sogar Komplimente, doch normalerweise war das nicht seine Art. Er machte das wohl, weil Yuh das in dieser Situation so gemacht hätte, dachte sich Rui und klopfte seinem Kumpel auf die Schulter. Umi verstand, was Rui damit aussagen wollte und nickte nur bedrückt.
 

Zusammen gingen die drei den anderen Schülern voran zum Hürdenlauf, dehnten ihre Muskeln und liefen sich etwas warm, damit ihnen die Muskeln nach dem Sportunterricht nicht so schmerzen würden. Mit Grauen sah Tohya dem Hürden- und Dauerlauf entgegen. Selbst wenn er Fortschritte machte, seine Kondition war fast gleich schlecht geblieben und so würde er danach wirklich total entkräftet sein. Er hatte ja sehr lange mit dem Muskelkater der letzten Sportstunden zu kämpfen und da sie täglich Sport hatten, hörte sein Muskelkater im Prinzip gar nicht mehr auf. Der kleine Welpe hoffte inständig, dass irgendwann einmal der Tag kommen würde, an dem er ohne Muskelkater aufwachen würde. Tohya stand zwischen Umi und Rui, warf beiden einen flüchtigen Blick zu und bemerkte, dass ein dunkler Schatten über Umis Gesicht hang. Sie alle waren traurig über den Verlust von Yuh, aber Umi schien die Sache besonders mitzunehmen und das obwohl er wie ein einsamer Wolf wirkte. Wobei, gestand sich Tohya ein, eher Tomo der einsame Wolf war und er sich selbst nur zum Deppen machte, solange er dem anderen hinter herlief. Nur schwach nahm er das Pfeifen der Lehrerin wahr, das den Start des Laufes signalisierte, sodass er von hinten von anderen Mitschülern angerempelt und beschimpft wurde. „Sorry“ flüsterte der Neue und begann loszulaufen. Trotz seinen Startschwierigkeiten, holte er ein paar Schüler wieder ein, doch zu Umi und Rui schloss er nicht mehr auf, was weder ihn noch die zwei anderen verwunderte. Am Ende des Unterrichts war der kleine am Ende seiner Kräfte und sackte mit dem Rücken gegen die Wand. Trotzallem war er nicht derjenige gewesen, der als letztes ins Ziel kam, was keiner geglaubt hatte.
 

Den ganzen Weg zum Internatsgebäude zog der junge Tohya seine Sporttasche durch den Dreck hinter sich her. Er hatte einfach nicht genügend Kraft mehr in den Armen, um die Tasche noch tragen zu können. Die Hitze flirrte um ihn herum und nur sehr schwach streifte der Mittagswind ein paar Baumkronen zu Seiten des Sees. Tohya hob den Kopf, sah sich um und nahm nur ein rauschendes Flimmern war, sodass ihm entferntere Dinge verschwommen im Blickfeld lagen und glaubte, dass das Zirpen der Zikaden augenblicklich angeschwollen war. Der Junge Strauchelte, taumelte und schaffte es im letzten Moment, sich aufzufangen. „Das ist nicht gut, gar nicht gut…“ Hilflos blickte sich der dunkelhaarige um, sah die Bäume zu seiner Rechten und steuerte auf sie zu. Etwas Schatten und Kühle würden ihm sicher gut tun und dafür sorgen, dass er im nächsten Augenblick nicht schon wieder zusammen klappen würde. In Gedanken versunken schleppte Tohya sich in den Schatten eines großen und kräftigen Baumes, ließ sich gegen den Stamm fallen und sackte an ihm zusammen. Innerhalb weniger Augenblicke war er sitzend eingeschlafen. Vor Erschöpfung. So merkte der Welpe nicht, wo er gerade eingeschlafen war, denn vor ihm lag halb im Schatten des Baumes ein großer See, in dem es immer noch ganz leicht rötlich glänzte.
 

Umi hatte sich schneller als sonst umgezogen und ging zügigen Schrittes in den Wohntrakt des Internats zurück, auf sein und Yuhs Zimmer und kam sich fast schon töricht vor, gehofft zu haben, einen noch lebenden Yuh vorzufinden. Entsetzt ließ er seine Sporttasche zu Boden fallen und sich direkt nebendran. Wie konnte es soweit kommen? Dass Umi einem anderen Menschen so einen großen Teil seines Herzen zugestand? Schon wieder saß er auf dem Boden, fragte sich nach dem Warum und fand wieder keine Antwort. Mit Tränen in den Augen blickte er hoch, den Kopf in den Nacken gelegt, starrte die Deck an ohne sie wirklich anzustarren. Langsam, fast schüchtern liefen dir Tränen Umis Wangen entlang, perlten vom Kinn auf seine Brust. Ein Bild von Yuh, lächelnd, lebendig erschien ihm vor seinen Augen und Verzweiflung packte Umi. Absolut versonnen trommelten seine Fäuste wie wild auf den Boden ein. Wie ein getretenes Kind schrie er seinen Schmerz aus sich heraus und spürte dennoch keine Linderung. Den aufkommenden Schmerz in seinen Händen ignorierend schlug Umi weiter und weiter auf den harten Dielenboden in seinem Zimmer ein. Es interessierte ihn nicht, dass es an der Zimmertür klopfte, dass man sanft seinen Namen rief, dass er immer noch am schreien war, dass man seine Schläge durch den ganzen Gang hören konnte.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis Umi die Kräfte versagten und sein Schreien leiser wurde, seine Schläge seltener, seine Tränen versiegten. Zusammengekauert lag der junge Kerl nun auf dem kalten Holzboden mit leeren Augen die verärgert in die Ferne zu blicken schienen. Es dauerte wieder eine halbe Ewigkeit bis sich Umi erneut bewegte. Apathisch setzte er sich auf, ging auf wackeligen Beinen in das kleine Bad, entledigte sich seiner Kleidung und stieg unter die Dusche. Eiskaltes Wasser rann ihm von den Schultern hinab zu seinen Füßen und abwärts in den engen weitläufigen Kreislauf des Wassers hin zur Kläranlage. Gänsehaut überzog den zierlichen Körper, ehe sich Umi aufraffen konnte, auch das warme Wasser aufzudrehen. Mit geschlossenen Augen ließ er das Wasser auf sich einwirken, seine Tränen wegspülen.
 

In Jogginganzug und Sandalen verließ Umi das Zimmer, dass ihn die letzten Tage zu erdrücken schien und schlurfte durch die Gänge, besah sich seine Fäuste. Dunkelrot bis bläulich und im Begriff anzuschwellen. Seufzend stecke er sie zurück in die Jackentasche und ließ den Kopf hängen. Vor dem Tor des Wohntrakts angekommen, hob Umi kurz den Kopf, aber nur um zu schauen, dass er die richtige Tür erwischte und drückte sich in die Nachmittagshitze hinaus. Vielleicht verflog sich dann auch die Kälte, die seinen Körper gefangen hielt. Leise fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, ermutigte Umi, weiter zu gehen und sich vorerst nicht umzudrehen. Ohne auch nur irgendeinen Gedanken zu denken, ging Umi auf den See drauf zu und blieb zwischen Bank und See stehen. Dort, wo… Zikaden zirpten, Blätter im Wind raschelten, Grashalme sich verbogen, Umi dastand und sich Yuh zurückwünschte. Umis Augen wanderten von dem wolkenlosen Himmel hinab zu dem dunklen See, welcher immer noch einen leichten Rotschimmer an vereinzelten Stellen aufwies. Da es die letzten Tage nicht geregnet hatte, war das Blut noch nicht ganz verschwunden. Bei der Menge eigentlich auch kein Wunder, doch das besänftigte Umi nicht. Vorsichtig setzte sich der junge Mann auf die Bank, ohne einen Blick nach hinten zu verschwenden, wenn er gefallen wäre, so wäre er tief gefallen und hart gelandet. Schlaff hingen seine Arme runter, sein Kopf hing über der Lehne der Bank; Umi hatte einfach keine Kraft mehr im Körper. Natürlich war Umi physisch in bester Verfassung, nur psychisch war er so angeschlagen, dass sein Körper sich auf stur stellte. Mit geschlossenen Augen saß er für einige Zeit lang regungslos da und horchte auf die Stimme des Windes in der Baumkrone über ihm. Erst nach vielen weiteren Minuten bemerkte er aus dem Wind noch ein anderes Geräusch. Es war ganz leise und sanft. Verwundert richtete sich Umi auf und blickte sich um. Mehr aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er die Ursache des sanften, leisen Geräusches. Tohya saß an den Baum gelehnt und schlief friedlich. Sein Kopf war auf seine Schulter gesunken und lag vollkommen im Schatten. „Das hier ist doch kein Ort zum schlafen!“ dachte Umi und seufzte tief. Er blickte noch einige Minuten zu Tohya, bemerkte wie fertig und zermürbt der junge Welpe wirkte und wandte seinen Blick von ihm ab. Tohya mochte äußerlich total zermürbt aussehen, doch hatte er ein blühendes Herz. Umi hingegen wirkte nach außen hin gesund, war aber innerlich absolut zermürbt. Nur hatte er es sich selbst nicht eingestehen wollen. Hätte Yuh sich nicht umgebracht, würde es sich Umi auch immer noch nicht eingestehen. Der Tod seines Kameraden hatte ihn verändert. Sehr sogar. Mehr als es dem Attentäter lieb war, je lieb gewesen wäre. Doch das konnte er nicht ändern. Nicht mehr. Nicht jetzt, da… Leise hörte er Tohya seufzen und drehte sich erneut zu dem kleinen Welpen um. Er schien friedliche Träume zu haben. Gut, dass Tohya nicht von toten Kameraden verfolgt wurde. Gut, dass er zu unerfahren war, um Aufträge zugeteilt zu bekommen. Gut, dass er sich nicht von Tomos Gemüt hatte anstecke lassen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Gedankenchaotin
2011-05-31T15:55:18+00:00 31.05.2011 17:55
Umi kann einem schon leid tun..
aber.. *umi anguck* ... hätte dir auch ruhig mal früher einfallen können,
dass Yuh ein richtig guter Freund geworden ist.
Ich bin mir sicher, er wird nun in dessen.. Ermessen handeln.

Tohya stell ich mir so derbst knuffig schlafend am Baum vor. *ihm ne Decke reich*
Lange wird er so friedlich sicherlich nicht mehr schlafen. oO

Nun denn, ich freu mich auf mehr ..~

Gedankenchaotin
Von:  T0HYA
2011-05-31T15:07:16+00:00 31.05.2011 17:07
chie, u know what? du bist doof XD
du hoerst immer da auf wo es am spannensten ist *lach*

ich finds voll traurig zu lesen wie umi die ganze zeit leidet, sau schlimm~ und iwi kann ich das auch krass nachvollziehen, wenn man vorher immer 'n freund neben sich hatte, der irgendwann.. einfach nicht mehr da ist.

mal n' themenwechsel~
ich finds SO PUTZIG das du tohya immer als welpe aufgrund seines neuseins betitelst XD ich stell mir dann immer sonen kleinen baby schaeferhund mit kulleraugen vor ( kulleraugen + tohya ftw XD )~
und das er aufgrund von erschoepfung am baum eingepennt war, fand ich iwi auch suess 8D
auch wenn der ort iwi doch der falsche war.. wie umi schon andeutete *hust, hust*

nundenn. du weisst ich freu mich auf mehr!
und mehr praezision von rui ( auch wenn der bei pfeil und bogen sowieso immer in die 9ne trifft ~ )

tohya. ♥


Zurück